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Bachelorarbeit, 2022
80 Seiten, Note: 1,7
I. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
II. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Methodisches Vorgehen und Struktur der Arbeit
2 FAST FASHION
2.1 Definition des Geschäftsmodells
2.2 Mode und ihr Stellenwert in der Gesellschaft
2.3 Die Ursachen für Fast Fashion
2.3.1 Das Konsumverhalten
2.3.2 Einfluss von Influencern und sozialen Medien
2.3.3 Schnelle Gewinnerzielung und Bindung der Kundschaft
2.3.4 Globalisierung
2.4 Slow Fashion als Gegenbewegung
2.5 Zwischenfazit
3 SOZIALE NACHHALTIGKEIT
3.1 Ursprung: Das Drei-Säulen-Modell
3.2 Die sozialen Ziele der Agenda 2030
3.3 Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
3.4 Corporate Social Responsibility
3.4.1 CSR-Kommunikation
3.4.2 CSR-Instrumente und Ma8nahmen für mehr Glaubwürdigkeit
3.4.2.1 CodeofConduct
3.4.2.2 Sustainability-Reporting
3.4.2.3 Zertifizierung durch Textilsiegel
3.4.2.4 Beitritt in Sozialstandardinitiativen
3.5 Zwischenfazit
4 GREENWASHING
4.1 Definition
4.2 Kritik an CSR-Mabnahmen
4.3 Methoden des Greenwashings
4.3.1 Verwirrende und vage Begriffe
4.3.2 Selbstentworfene und -erfundene Labels
4.3.3 Unbelegte Aussagen treffen
4.3.4 Einseitige Betrachtung von Produktmerkmalen
4.3.5 Manipulative und suggestive Bilder
4.4 Zwischenfazit
5 SOZIALE MISSSTÄNDE IN DER MODEBRANCHE
5.1 Fallbeispiel: Einsturz des Rana Plaza in Bangladesch
5.2 Fallbeispiel: Die Corona-Pandemie
5.3 Kritische Arbeitsbedingungen und soziale Auswirkungen
5.3.1 Nicht existenzsichernde Löhne
5.3.2 ÜBERMÄßiGE Arbeitszeiten
5.3.3 Fehlende Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
5.3.4 Zwangs-und Kinderarbeit
5.3.5 Diskriminierung von Frauen und Chancenungleichheit
5.4 Zwischenfazit
6 KRITISCHE BETRACHTUNG DER SOZIALEN NACHHALTIGKEIT BEI H&M
6.1 Das Unternehmen H&M
6.2 CSR AUF SOZIALER EBENE BEI H&M
6.3 Externe Beurteilung und kritische Betrachtung der sozialen Nachhaltigkeit
6.4 Zwischenfazit
7 FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
An dieser Stelle möchte ich mich gerne bei meinem Erstprüfer Herrn Dr. Armin Vohr herzlich bedanken, der stets ein offenes Ohr hatte. Ich danke Ihnen für die Zeit, Mühe und Geduld, die sie seit März 2022 in mich investiert haben. Ihre konstruktive Kritik, die zahlreichen Meetings und ihre hilfreichen Gedankenanregungen haben mich immer mehr motiviert. Meinen nächsten Dank gebühre ich Frau Prof. Dr. Lena Evertz, die die Zweitprüfern meinerArbeit ist.
Zusätzlich danke ich auch meinem Mann, der während dieser Zeit mich mitbegleitet hat. Du warst immer für mich da und ich weiß auch, dass du immer für mich da sein wirst. Dich während dieser stressigen Zeit geheiratet zu haben, war die schönste Entscheidung meines Lebens.
Abschließend möchte ich mich bei meiner Familie bedanken, die mir das Studium ermöglicht hat. Ich weiß eure Liebe zu schätzen und ich danke euch, dass ihr auch in einer meiner stressigsten Phasen meines Lebens an meiner Seite wart und mich immer unterstützt habt. Dank euch bin ich heute hier.
Düsseldorf,der 18.10.2022
Selin Akgül
Vermerk: Die vorliegende Arbeit wurde mit den Gestaltungshinweisen für die Abschlussarbeit aus dem Jahre 2019 erstellt, da sie im Oktober 2022 erneuert wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNG 1:MERKMALEV0N FAST FASHION
ABBILDUNG 2: DAS DREI-SÄULEN-MODELL
ABBILDUNG 3: KRITERIEN FÜR SOZIALE NACHHALTIGKEIT
ABBILDUNG 4: DIE AGENDA 2030 - 17 SDGS DER VEREINTEN NATIONEN
„Fast Fashion isn’t free. Someone, somewhere is paying.“
- Lucy Siegle
Fast Fashion ermöglicht den Konsum von Mode zu günstigen Preisen. Wird für einen beliebigen Anlass ein T-Shirt benötigt, kann es etwa bereits für 4,95€ bei bekannten Modeunternehmen der Fast-Fashion-Branche wie H&M, Primark und Zara erworben werden. Das T-Shirt soll modisch und günstig sein; das ist, was die konsumierende Person will und Fast Fashion bietet. Erstere lässt sich von den günstigen Preisen der großen Modekonzerne beeinflussen, die sie dazu bringen, mehr zu kaufen als eigentlich notwendig. Dieser Konsum ist durch stetig neuerscheinende Kleidung fortlaufend.
Informationen wie z. B. ,Made in Bangladesh' im Etikett des T-Shirts sagen dabei nichts über die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiterinnen in den Produktionsländern aus. Im Falle eines H&M-T-Shirts für 4,95€ entfallen etwa 2,6 % des Verkaufspreises auf die Näherinnen in Bangladesch.1 Dies entspricht ca. 0,13 € pro T-Shirt, die den Nähenden zusteht. Nimmt man an, dass die nähende Person in Bangladesch in acht Stunden z. B. 70 T-Shirts produziert, entspricht dies 9,10€ pro Acht-Stunden-Schicht, während Bürgerinnen in Industrieländern wie Deutschland einen Stundenlohn von 12 € erhalten. Anhand dessen wird klar, dass ungerechte Verhältnisse herrschen.
Mehr als 60 Millionen Menschen auf der Welt arbeiten in der Textil- und Bekleidungsbranche, und davon ist die Mehrheit in Entwicklungs- bzw. Schwellenländern tätig.2 Die Näherinnen in Entwicklungsländern arbeiten in unzumutbaren Zuständen und erhalten wenig Lohn. Dieser ist so gering, dass er weder für die eigene Existenzsicherung noch für die einer Familie ausreicht, dabei ist doch das Ziel der sozialen Nachhaltigkeit, jedem ein schönes Leben zu ermöglichen.
Laut der Nichtregierungsorganisation Greenpeace wird bis 2025 der Vertrieb von Kleidung um 2,1 Billionen US-Dollar zunehmen.3 Diese hohe Summe verdeutlicht, dass es an der Zeit ist, Bewusstsein und Klarheit über die sozialen Folgen der Fast-Fashion-Branche zu schaffen, denn Verbraucherinnen scheinen im Kaufprozess die Kehrseite dieses Erfolgsgeschäftsmodells nicht zu berücksichtigen. Durch Aufklärung ist es möglich, ein Umdenken in der Wegwerf- bzw. Überflussgesellschaft herbeizuführen. Doch für einen Umbruch im Konsumverhalten sind letztlich nicht nur Konsumierende verantwortlich, sondern auch die Modeunternehmen.
Immer mehr Unternehmen versuchen dabei, auf Corporate Social Responsibility (kurz: CSR), also die soziale Verantwortung von Unternehmen zu setzen, denn sie haben erkannt, dass es auch Konsumierende gibt, die gesellschaftliche Verantwortung verlangen und voraussetzen. CSR umfasst zwar auch die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, in der vorliegenden Arbeit geht es jedoch hauptsächlich um die soziale Nachhaltigkeit, da sie die Dimension ist, die bislang unterschätzt und untergeordnet wurde.4 Dabei soll nicht die interne soziale Nachhaltigkeit in einem Unternehmen, sondern die externe soziale Nachhaltigkeit betrachtet werden, also die Beziehung des Unternehmens zu Stakeholdern wie z. B. Lieferanten.
Die Meinungen bezüglich CSR sind gespalten. CSR soll das nachhaltige Wirtschaften der Unternehmen fördern und verbessern. Andererseits soll sie nur als Wegweiser für mehr Profit und als Marketingmaßnahme dienen.5 Modeunternehmen versprechen zwar, auf Sozialstandards und Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten, doch die Realität spiegelt das Gegenteil wider, wie z. B. der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 verdeutlicht. Die globale COVID-19-Krise ist ebenfalls als Sinnbild für das fehlende Tragen von Verantwortung in den Lieferketten der Modeunternehmen zu verstehen. Es ist es kaum mehr differenzierbar, welches CSR-Engagement glaubwürdig ist und welche Unternehmen Greenwashing betreiben. Das Problem liegt darin, dass die Eigendarstellung im Hinblick auf CSR häufig den aufgedeckten Realitäten widerspricht. Doch um sozial nachhaltig zu sein, ist transparentes Wirtschaften und Handeln notwendig. Der schwedische Fast-Fashion-Pionier Hennes & Mauritz (H&M) ist z. B. ein Modeunternehmen, das auf CSR auf sozialer Ebene setzt und mit ,Fair & Equal' wirbt.6
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, aufzuzeigen, inwiefern die Fast-FashionBranche sozial nachhaltig oder nicht ist. Darüber hinaus wird H&M als FastFashion-Unternehmen auf die Glaubwürdigkeit hinsichtlich des sozialen CSR- Engagements hin kritisch betrachtet. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:
1. Inwiefern ist die Fast-Fashion-Branche eine sozial nachhaltige Branche?
2. Inwiefern ist das CSR-Engagement von H&M hinsichtlich der sozialen Nachhaltigkeit als glaubwürdig zu betrachten und inwiefern unterscheidet sich das von H&M dargestellte soziale CSR-Engagement von der Wirklichkeit?
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit basiert auf einer umfangreichen Literaturund Internetrecherche. Die Kapitel 2 bis 4 bilden den theoretischen Rahmen der Arbeit, während Kapitel 5 und 6 den praktischen Teil darstellen. In Kapitel 2 wird erörtert, was Fast Fashion ist, weshalb sie wichtig ist und was die Gründe für ihren Erfolg sind.
Anschließend wird in Kapitel 3 auf die soziale Nachhaltigkeit eingegangen, indem erläutert wird, was diese ausmacht und was sie bezweckt. Darüber hinaus werden in diesem Kapitel das Konzept von CSR vorgestellt sowie CSR-Instrumente und - Maßnahmen durchleuchtet, die die Glaubwürdigkeit des Unternehmens auf sozialer Ebene fördern sollen.
In Kapitel 4 werden Greenwashing thematisiert, indem CSR-Maßnahmen kritisch betrachtet werden, und getarnte Methoden des Greenwashings vorgestellt. Kapitel 5 umfasst die sozialen Missstände in der Modebranche und die Thematisierung der ersten Forschungsfrage anhand der Analyse kritischer Arbeitsbedingungen und sozialer Auswirkungen von Fast Fashion. Hierfür wurden vor allem Studien von Nichtregierungsorganisationen angewendet.
Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit H&M und seiner Glaubwürdigkeit hinsichtlich sozialer Nachhaltigkeit. Hier geht es vor allem darum, die zweite Forschungsfrage zu thematisieren. Zu diesem Zweck wurden H&Ms Homepage sowie die Homepage der H&M Group, Nachhaltigkeitsberichte und Geschäftsberichte aus dem Jahr 2021 genutzt. Darüber hinaus wurden für die externe Beurteilung und kritische Betrachtung in Kapitel 6 die Darstellung auf der Homepage sowie Aussagen von H&M kritisch betrachtet sowie diesbezüglich angewandte Methoden des Greenwashings aufgezeigt. Hierfür wurde eine Studie der Clean Clothes Campaign, einer NGO, benutzt. Die vorliegende Arbeit schließt mit einem Fazit in Kapitel 7 ab.
Fast Fashion ist bereits seit den 1990er-Jahren ein ökonomisch erfolgreiches Geschäftsmodell7, das von vielen Textilhandelsunternehmen wie z. B. H&M, Zara, C&A oder Primark praktisch umgesetzt wird und in der Mode- und Textilindustrie verankert ist. Im Folgenden werden das Geschäftsmodell definiert und der Stellenwert von Mode in der Gesellschaft erläutert. Überdies werden die Ursachen für das erfolgversprechende Businessmodell dargestellt und untersucht. Zum Ende des Kapitels wird das Konzept von Slow Fashion als Gegenbewegung zu Fast Fashion beschrieben.
,Fast Fashion' bedeutet ins Deutsche übersetzt .schnelle Mode'. Sie ermöglicht es, Kleidungsstücke (z. B. entsprechend neuer Modetrends) in einem stark beschleunigten und kostengünstigen Produktionsprozess herzustellen.8 Das FastFashion-System basiert auf modischer Massenware, die durch Endverbraucherinnen zu Niedrigpreisen konsumiert werden kann.9 Der günstige Preis kann durch die minderwertigen Materialien, die während der Produktion genutzt werden, und mangelnde Qualität erzielt werden. Jedes vierte FastFashion-Kleidungsstück ist von mangelhafter Qualität und weist bereits nach drei Wäschegängen eine äußerliche Abnutzung auf.10 Laut einer Qualitätsanalyse von Tewes, Buschmann und Schewe haben 31 % der Fast-Fashion-Artikel Löcher oder lose Fäden und damit eine kürzere Lebensdauer.11 Dieses große und sich schnell ändernde Sortiment reduziert die Lebensdauer einzelner Kleidungsstücke und begünstigt so die schnelle Beseitigung und Neuanschaffung von Kleidung.12
Fast-Fashion-Unternehmen imitieren dabei aktuelle Trends von Luxushändlern.13 Vor allem spielt der Faktor Zeit im Fast-Fashion-System eine bedeutende Rolle. Textilhandelsunternehmen können durch diese Vertriebsstrategie schneller auf Wünsche und Nachfragen der Kundschaft reagieren und diese umsetzen. Der spanische Bekleidungshersteller Zara, der zur Inditex-Gruppe gehört, ist ein Pionier in der Fast-Fashion-Branche.14 Das Unternehmen schafft es jährlich, bis zu 24 neue Kollektionen auf den Markt zu bringen.15 In nur zwei bis fünf Wochen reagiert Zara auf Nachfragen und ermöglicht es so, die Kleidung in relativ kurzer Zeit für den Verkauf herzustellen.16 Der schwedische Konzern H&M lässt zwölf bis 16 Kollektionen jährlich produzieren.17 Die Modekonzerne bieten demnach ein breit gefächertes Sortiment an. Des Weiteren können sie innerhalb weniger Wochen hergestellte Kollektionen weltweit distribuieren und verkaufen.
Nicht nur in lokalen Geschäften sind diese Kollektionen zu finden, sondern auch in Onlineshops. Globale Fast-Fashion-Handelsunternehmen nutzen E-Commerce, da das Shoppen von zu Hause aus immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch während der Corona-Pandemie kauften Konsumierende in europäischen Regionen vor allem online Kleidungsstücke. Im Jahr 2021 gehörten Kleidungsstücke in Deutschland mit 70% zu den meistgekauften Online-Waren.18 Die Kundschaft kann im Online-Shop oder über die mobile App der Modekonzerne (falls verfügbar) zwischen diversen Zahlungsmöglichkeiten auswählen, sich die Ware nach Hause liefern lassen und sie, falls sie ihrer Vorstellungen nicht entspricht, kostenlos retournieren. Dementsprechend wird das Einkäufen von Mode bei Fast-Fashion-Unternehmen fürVerbraucheninnen bequemlicher.
Dennoch müssen auch die negativen Aspekte der Fast-Fashion-Branche beachtet werden. So ist diese etwa von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen geprägt und maßgeblich an der Umweltverschmutzung beteiligt.19 In Abbildung 1 sind die Hauptmerkmale der Fast-Fashion-Branche abgebildet und zusammengefasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Merkmalevon Fast Fashion
Quelle: Eigene Darstellung.
Mode kann als ein sichtbares Kommunikationsmittel und ein maßgebliches soziales Zeichensystem im täglichen Leben betrachtet werden.20 Demnach wird der Mode auch eine soziologische und psychologische Funktion zugewiesen. Kleidung widerspiegelt den sozialen Status, die Gruppenzugehörigkeit, eine Lebensart und die eigene Identität.21 Darüber hinaus verdeutlicht die Kleidung anderen Teilnehmenden der Gesellschaft, welchen Beruf eine Person ausübt, wie alt sie ist oder welche religiöse oder politische Einstellung sie hat. Wer nicht aktuellen Modetrends folgt oder sich in einem Stil kleidet, der nicht den Vorstellungen und Ansprüchen der Gesellschaft entspricht, wird womöglich gesellschaftlich ausgegrenzt.
Kleidung visualisiert demnach, wer ein Mensch ist, was er besitzt, was er nicht besitzt und wie er sich selbst fühlt. Ein Mann, der in einem dunklen Sakko und mit einer Aktentasche erscheint, wird von der Gesellschaft etwa als seriöser, professioneller und erfolgreicher Geschäftsmann einer höheren Gesellschaftsschicht wahrgenommen. Mit einer Polizeiuniform verbinden viele Menschen ein Gefühl von „Sicherheit und Ordnung, Kompetenz und Seriosität, Neutralität und Gesetzestreue“.22 Mode ermöglicht Individuen, einen persönlichen Ausdruck zu schaffen und eine eigene Identität zu bilden.23
Ein Kleidungsstück, das der heutigen Mode entspricht, muss in der Zukunft nicht unbedingt, dasselbe ausdrücken, weshalb Menschen allgemein versuchen, ihren Kleidungsstil den aktuellen Modetrends anzupassen. Dies geschieht, um als Teil der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Kleidung ist demnach nicht nur ein Konsumgut, denn sie dient unter anderem auch der Selbstinszenierung, da sie die eigene Individualität akzentuiert.
Das Fast-Fashion-Modell ist für viele Unternehmen dieser Branche erfolgsversprechend. Dabei stellt sich die Frage, welche Gründe dies hat.
Ein wichtiger Grund für die Popularität von Fast Fashion liegt im Konsumverhalten der Gesellschaft. Der Konsum von Mode hat in den letzten Jahren vermehrt zugenommen. Heute hat der deutsche Konsumierende viermal so viel Kleidung in den Kleiderschränken hängen als wie noch im Jahre 1980.24
Im Vergleich zum Jahr 2020 sind die Konsumausgaben gestiegen, da es aufgrund der Corona-Krise zu Beschränkungen für den Einzelhandel kam. Im Jahr 2021, in dem es teilweise Auflockerungen gab, lagen die Konsumausgaben der privaten Haushalte für Bekleidung und Schuhe bei knapp 67 Milliarden Euro, wobei er im Jahr 2020 bei ca. 65 Milliarden Euro lag.25 Diese Summe verdeutlicht, dass Bekleidung auch zu einer der umsatzstärksten Konsumgüter gehört, während man bedenkt, dass z. B. im Jahr 2021 für Nahrungsmittel ca. 176 Milliarden Euro ausgegeben wurden sind.26
Durchschnittlich kauft eine konsumierende Person in Deutschland im Jahr 60 Kleidungsstücke.27 Aufgrund der Kurzlebigkeit und der günstigen Preise von Mode übersteigt der Konsum das Notwendige, was wiederum eine Wegwerf- und Überflussgesellschaft schafft und so den Grundsatz von Fast Fashion fördert. Im Jahr 2015 führte Greenpeace eine Onlineumfrage mit 1011 Teilnehmenden zwischen 18 und 69 Jahren durch.28 Ein bemerkenswertes Ergebnis dieser Untersuchung war, dass der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung 5,2 Milliarden Kleidungsstücke besitzt und davon 2 Milliarden selten getragen bzw. ungetragen im Schrank liegen.29 Von den Befragten haben 43 % 50 bis 100 Teile im Kleiderschrank, während ein Drittel 100 bis 300 Teile besitzt.
Aspekte, die die Quantität im Kleiderschrank bestimmen, sind unter anderem die Bildung, das Einkommen, das Geschlecht und die Herkunft einer Person. Je gebildeter diese ist und je mehr sie verdient, desto mehr Kleidung besitzt sie. Die durchschnittliche Frau besitzt außerdem 118 Kleidungsstücke mehr als der durchschnittliche Mann. Auffallend ist auch, dass jedes fünfte Kleidungsstück selten getragen und knapp 40 % der Kleidung nicht getragen wird. Hinzuzufügen ist, dass fast jede zweite Person in Deutschland innerhalb von weniger als einem Jahr Schuhe, Oberteile und Schuhe aussortiert und Platz in seinem Kleiderschrank schafft.
Die am häufigsten genannten Beweggründe für das Aussortieren sind Mängel und Abnutzung der Kleidung, dass diese nicht mehr passt, dass sie den Besitzenden nicht mehr gefällt und dass sie nicht mehr modisch ist. Das bedeutet, dass die sich rapide wechselnden Geschmackspräferenzen die Gesellschaft dazu bringt, ihre Kleidung auszumisten. Die aussortierte Kleidung wird dabei von den meisten Konsumierenden weggeworfen und nicht wiederverwertet.30 Es hat sich durch die Online-Umfrage gezeigt, dass Kleidung sich zu einem Wegwerfgut entwickelt hat.31 Das Aussortieren der Kleidung leitet Konsumierende dazu, die dadurch entstandene Leere im Kleiderschrank wieder aufzufüllen, und da Fast Fashion billig ist, ist es ihnen möglich, dies zu einem geringen Preis zu tun.
Ferner beeinflussen lnfluencer:innen, also Meinungsführerinnen und Beeinflusser im digitalen Raum, die Kaufentscheidungen der Gesellschaft. Sie prägen die Wahrnehmung und das Kaufverhalten der Verbrauchenden, indem sie ihr Fachwissen zu spezifischen Themen nutzen, um Produkte zu bewerten und zu empfehlen.32 Influencer:innen können durch ihre Autorität und Bekanntheit die Ansichten und Verhaltensweisen der Rezipierenden beeinflussen.33 Dafür nutzen sie soziale Netzwerke wie z. B. Instagram, TikTok oderYouTube, um durch Usergenerated Content wie Bilder, Videos, Audios oder Texte in eine soziale Interaktion mit ihrer Community zu treten und diese durch regelmäßige Posts zu unterhalten.
Außerdem betreiben Fast-Fashion-Unternehmen auch eigene Kanäle auf sozialen Plattformen wie Instagram, um Botschaften und ihr Unternehmensimage zu verbreiten und zu verstärken.34 Das Fast-Fashion-Unternehmen Zara hat auf Instagram 53,6 Millionen Followeninnen (Stand September 2022).35 Durch die Nutzung sozialer Medien verfolgen Unternehmen das Ziel, potenzieller Kundschaft Produkte zu vermitteln und diese in die Geschäfte oder auf den Online-Shop zu führen.36
Durch soziale Medien ist es den Nutzerinnen möglich, schneller Erfahrungen, persönliche Meinungen sowie Informationen auszutauschen.37 Die Anhängerschaft empfindet mit dem Idealbild einer influencenden Person Merkmale wie „Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Authentizität und Ausstrahlung“.38 Deswegen werden lnfluencer:innen von Unternehmen als Multiplikatoren eingesetzt, um die Marke, Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens durch Botschaften über ihre digitalen Kommunikationskanäle wie z. B. soziale Medien zu bewerben.39 Folglich können sie sich positiv auf die Markenwahrnehmung und den Verkauf der Marke auswirken.40 Zugleich können sie aber auch die Reputation einer Marke fördern.41 Infolgedessen gehen lnfluencer:innen oft bezahlte Kooperationen mit den Unternehmen ein, durch die sie die Ware kostenlos zugeschickt bekommen und als Gegenleistung dafür in ihren Storys, Postings oder Videos bewerben. Dabei stellen die Unternehmen den Influencenden Rabattcodes zur Verfügung, die über einen direkten Affiliate-Link im Online-Shop eingegeben werden können.
Den Konsumierenden ist hierbei oft nicht bewusst, dass die Produktion von FastFashion-Waren durch die Kooperation zwischen Unternehmen und Influencenden begünstigt wird, wenn letztere den Konsum durch Rabattcodes begünstigen. Eine kritische Hinterfragung seitens der Konsumierenden bezüglich sozialer und ökologischer Folgen vor der Kaufentscheidung gibt es häufig nicht, da diese aufgrund von Unwissenheit im Kaufprozess eine untergeordnete Rolle spielen.42
Insbesondere jüngere Menschen lassen sich durch die Beeinflusser beeindrucken, weswegen Social-Media-Bekanntheiten für Firmen attraktiv sind.43 Die jüngere Generation lässt sich von authentischen Meinungen und Empfehlungen der influencenden Person überzeugen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, die im Auftrag des Handelsverbands Österreich durchgeführt wurde, gaben 30,9 % der Befragten der Generation Z an, dass sie mindestens einmal aufgrund einer influencenden Person ein Produkt erworben haben. Diese Kaufentscheidungen wurden vor allem durch Produktpräsentationen (82,1 %) ausgelöst, aber auch von influencenden Personen inspiriert (75,6 %), im Vertrauen gegenüber diesen getroffen (71 %) und aufgrund von Rabattaktionen getroffen (63,4 %).44 Mode ist unteranderem auch ein beliebtes Themenfeld unter Influencenden.45
Nurfadila und Riyanto erklären: „social influencers therefore have a great deal of influence on consumers purchasing decisions and can influence what becomes a trend and a "must have” fashion as consumers tend to copy their style and believe that they are the experts within the product category. Consumers in today’s society are therefore influenced by social influencers to a greater extent than before.“46
Vorteilhaft aus Sicht des Unternehmens ist, dass durch den schnellen Herstellungsprozess und Verkauf eines breiten Sortiments in kurzer Zeit hohe Gewinne erzielt werden können. Die Inditex-Gruppe, der auch Zara angehört, konnte 2021 einen Nettoumsatz von 27,716 Milliarden Euro erwirtschaften, wobei ZarasAnteil 19,586 Millionen Euro betrug.47
Außerdem ist es durch schnelle Warenrotation und fluktuierende Modetrends möglich, die Kundschaft langfristig an das Unternehmen zu binden, aber auch die Aufmerksamkeit neuer Kundschaft zu gewinnen. Zusätzlich haben die Verbraucherinnen eine größere Auswahl an Bekleidung. Besonders finanziell benachteiligte Haushalte profitieren von diesen günstigen Preisen, da sie nicht in der Lage sind, höherpreisige Artikel zu kaufen. Günstige Preise und Rabattaktionen führen aber auch zu einem unüberlegten Kaufverhalten und spontanen Impulskäufen, was die intendierte Gewinnmaximierung der Unternehmen fördert.
Auch die Globalisierung in der Mode- und Textilindustrie kann als eine Ursache für die Entstehung von Fast Fashion definiert werden, denn die Branche ist von globalisierten Märkten bestimmt.48 Sie ist stark von globalem Handel und internationaler dezentralisierter Arbeit betroffen und profitiert davon.49 Die Globalisierung der Lieferketten in der Modeindustrie führt dazu, dass FastFashion-Unternehmen mit Sitz in Industrieländern ihre Produktionsstätten zunehmend in Entwicklungsländer bzw. Niedriglohnländer verlagern und somit eine billige Massenproduktion sicherstellen können. Durch die günstige Produktion in Niedriglohnländern können Unternehmen folglich einen höheren Gewinn erwirtschaften, da die Produktion im Inland deutlich kostenintensiver wäre.50
Rund 90 % der Bekleidung in Deutschland werden aus dem asiatischen Raum importiert.51 Zu den für Deutschland wichtigsten Bekleidungsexportländern zählten 2021 unter anderem China, Bangladesch und die Türkei.52 Aufgrund der Verlagerung der Produktionsstätten kommt es häufiger zur Ausbeutung von Arbeitskräften in diesen Ländern, da es dort leichter ist, Gesetze zu missachten und Sozialstandards nicht einzuhalten, obwohl durch die Globalisierung in diesen Gebieten mehr Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden (siehe Kapitel 5.3.2 Bangladesch dafür als Beispiel). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeit unter fairen, gerechten und menschenwürdigen Bedingungen stattfindet. Die Mode- und Textilindustrie sowie Fast-Fashion-Unternehmen stehen zunehmend unter Kritik, da vor allem diese Branche unteranderem durch Zwangs- und Kinderarbeit geprägt ist. Die Lieferketten der Textil- und Bekleidungsbranche sind meistens so weit verflochten53, dass es an Transparenz und Überschaubarkeit fehlt.
Das Slow-Fashion-Geschäftsmodell verfolgt den Zweck, gegenteilig zur Fast Fashion zu operieren, um negative soziale und ökonomische Auswirkungen zu minimieren. Hierzu soll die Produktion von Mode entschleunigter, umweltschonender und sozialverträglicher ablaufen. Ein Merkmal von Siow Fashion ist, dass ein verlangsamter Kleidungsverbrauch sichergestellt werden soll, indem die Nutzungsdauer der Kleidung verlängert wird. Das geschieht aufgrund der Verwendung bestimmter Materialien.54 So zielt das Slow-Fashion-Modell darauf ab, einer schnellen Wegwerf- und Konsumgesellschaft entgegenzuwirken und stattdessen einen nachhaltigen und bewussten Umgang mit langlebiger Kleidung anzuregen.
Fast Fashion ist trotz öffentlicher Kritik bis heute ein Erfolgsmodell, wie sich durch die Umsatzzahlen von Unternehmen dieser Branche belegen lässt. Anhand der Untersuchungen der Ursachen ist festzustellen, dass vor allem menschliche Bedürfnisse und unbedachte Konsumlust Hauptgründe dafür sind, dass die FastFashion-Branche weiterhin wächst. Die Unternehmen versuchen dabei, auf die Wünsche der Kundschaft zu reagieren und durch Influencerinnen-Marketing und soziale Medien Aufmerksamkeit zu erregen. Nur durch eine Produktion in Entwicklungsländern ist die Massenproduktion günstiger Kleidung möglich. Viele Verbraucherinnen und Unternehmen haben erkannt, dass Fast Fashion kein ökologisches und sozial nachhaltiges Geschäftsmodell ist, weshalb das Konzept der Slow Fashion entwickelt wurde.
Nachhaltigkeit gewinnt für Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Diese entwickeln ihre eigenen Nachhaltigkeitsstrategien, um ihr Image zu fördern. Denn es ist bekannt, dass ein grünes Unternehmen, das nachhaltig wirtschaftet, neue Kundschaft anwerben, bislang zufriedene Kundschaft binden und ein grünes, positives und engagiertes Bild von sich in der Öffentlichkeit schaffen kann.
Soziale Nachhaltigkeit ist für Fast-Fashion-Unternehmen ebenfalls relevant, da gesunde und würdige Arbeitsbedingungen eine zentrale Rolle in einer sozial nachhaltigen Entwicklung spielen. Um soziale Nachhaltigkeit zu fördern, setzen in der Politik Tätige z. B. Bestimmungen wie das Lieferkettengesetz um oder führen Vorsätze wie die 17 Nachhaltigkeitsziele ein. Doch auch diese weisen einige Schwachstellen auf. Um soziale Nachhaltigkeit mit den Anspruchsgruppen zu kommunizieren, gibt es CSR-Instrumente und -Maßnahmen, die es ermöglichen, einen vertieften Einblick in das CSR-Engagement eines Fast-FashionUnternehmens zu erlangen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Drei-Säulen-Modell
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Aachner Stiftung Kathy Beys (2015).
Das wohl bekannteste theoretische Modell der Nachhaltigkeit ist das klassische
Drei-Säulen-Modell (s. Abb. 3). Dieses stellt das Leitbild einer nachhaltigen
Entwicklung für Unternehmen und Wirtschaft sowie die Grundlage der sozialen Nachhaltigkeit dar. Es beinhaltet die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension und dient dem Zweck, für eine nachhaltigere Zukunft, aber auch für eine verbesserte Lebenssituation in der heutigen Gesellschaft zu sorgen, indem die drei Säulen gleichgewichtet und gleichrangig betrachtet werden.55 Eine nachhaltigere Entwicklung bzw. Nachhaltigkeit bedeutet, die aktuellen Interessen und Bedürfnisse der Menschheit abzudecken und zu befriedigen, sodass allerdings auch für die künftigen Generationen die Möglichkeit besteht, ein gutes Leben zu genießen.56 Jede Säule ist ein Teilaspekt der Nachhaltigkeit und verfügt über eine eigene Relevanz, ist jedoch wiederum von den anderen beiden Säulen abhängig, um das Dach der Nachhaltigkeit aufrechterhalten zu können. Erst wenn die drei Säulen harmonieren und in einem Zustand der Balance bzw. Stabilität sind, ist es also möglich, eine nachhaltigere Entwicklung für heute, aber auch für die Zukunft zu schaffen.57
In der Realität ist es dennoch nicht einfach, das Drei-Säulen-Modell umzusetzen, weil jede Säule eine gewisse Instabilität aufweist. Bei Betrachtung der sozialen Dimension hinsichtlich der Fast-Fashion-Branche ist etwa festzustellen, dass eine sozial nachhaltige Entwicklung nicht gewährleistet ist. Durch die drei Dimensionen werden unterschiedliche Ziele verfolgt, die im weiteren Verlauf erläutert werden, wobei die soziale Dimension genauer betrachtet wird.
Ökologische Nachhaltigkeit
Die ökologische Dimension betrifft Umwelt und Natur. Sie erfordert eine natürliche Ressourcen- und Rohstoffnutzung und einen mäßigen und rücksichtsvollen Umgang mit der Natur, um besagte Ressourcen auch auf Dauer wahren zu können.58 Natürliche Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft sowie die natürliche Vielfalt sollen nicht geschädigt werden. Bei dieser Dimension geht es um die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen und Abfällen, die Einhaltung des Umweltschutzes und den Erhalt der Biodiversität.59
Ökonomische Nachhaltigkeit
Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit beschreibt das nachhaltige Wirtschaften eines Unternehmens oder einer Organisation. Dabei soll das Wirtschaftssystem dauerhaft fortbestehen, ohne ökologische Grenzen herauszufordern und benötigte Ressourcen zu schädigen.60 Benötigte Ressourcen sind unter anderem: „Güter, Waren, Kapital oder Dienste“.61 Das Ziel dieser Dimension ist nicht Besitzmehrung, sondern vielmehr eine Sicherung von Lebensqualität.62
Soziale Nachhaltigkeit
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“63
Die soziale Nachhaltigkeit thematisiert vor allem die gesellschaftliche Entwicklung und den einzelnen Menschen. Wenn es um soziale Nachhaltigkeit geht, ist die soziale Dimension, diejenige, die bislang benachteiligt und unterbewertet wurde.64 Durch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit sollen vor allem menschenwürdige Lebensbedingungen und faire, aber auch gesunde Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, zu arbeiten, um der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Die Arbeit darf dem Menschen jedoch in keiner Hinsicht schaden. „Soziale Stabilität, Individualität, Solidarität, Demokratie, Freiheit, soziale Gerechtigkeit bzw. Sicherheit, Wohlstand und Rechtsstaatlichkeit“65 sind soziale Ressourcen einer nachhaltigen Zukunft. Diese sollen eine andauernde gesellschaftliche Zusammenbindung sowie die Beibehaltung der gesellschaftlichen Zufriedenheit verwirklichen.66 Zudem kennzeichnen sie eine werteorientierte Führung.67 Für jeden Menschen sollen gleiche und gerechte Entwicklungschancen bestehen. Das heißt, jeder Mensch sollte neben seinen Grundbedürfnissen wie z. B. Unterkunft, Kleidung und der Versorgung mit Lebensrnitteln ein Recht haben auf:68
- einefaireBezahlung,
- Chancengleichheit,
- einen menschenwürdigen Arbeitsplatz,
- persönliche Entwicklung,
- Bildungs- und Ausbildungsangebote,
- Schutz und Absicherung der Gesundheit,
- Erwerbsfähigkeit,
- Arbeitsmöglichkeiten,
- eine Alterssicherung.
Niemand soll in Armut und Hunger leben oder sozial benachteiligt werden, denn alle gegenwärtigen und künftigen Generationen sollen gleiche Chancen und Lebensqualität genießen können. Jeder Mensch soll respektiert und toleriert werden.69 Es soll im Verantwortungsbereich des Unternehmens liegen, die Produzenten fair zu bezahlen, gerecht zu behandeln und unter sicheren Arbeitsschutzmaßnahmen zu beschäftigen. Auch die Gleichstellung der Geschlechter in den Produktionsbetrieben ist maßgeblich. Frauen sollen genauso behandelt und angesehen werden wie Männer und umgekehrt. Darüber hinaus müssen Unternehmen arbeitsbezogenen Gesundheitsschutz, Arbeits- und Menschenrechte sowie bestimmte Sozialstandards für nachhaltiges Handeln und Wirtschaften einhalten. Gewalt, die Sklaven-, Kinder- und Zwangsarbeit umfasst, darf nicht als Instrument für ökonomisches Bestreben betrachtet werden.70 Im Zuge der sozialen Nachhaltigkeit wird ebenso von einer Kluft zwischen arm und reich und von Diskriminierung abgesehen.71 Soziale Ungleichheiten soll es demnach nicht geben. Abbildung 4 visualisiert die Kriterien für eine soziale Nachhaltigkeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kriterien für soziale Nachhaltigkeit
Quelle: Eigene Darstellung.
Am 25. September 2015 wurde die Agenda 2030 mit dem Titel .Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung' von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) verabschiedet.72 Dabei handelt es sich um einen Aktionsplan, der eine wirtschaftliche, ökologische und soziale nachhaltige Entwicklung festlegt. Es wurden 17 Ziele bzw. Sustainable- Development-Goals (kurz: SGDs) und 169 Zielvorgaben definiert, anhand derer eine Welt frei von Hunger, Armut, Konflikten und Krankheiten angestrebt werden soll. Stattdessen sollen Gesellschaften das Leben in Frieden, Würde, Wohlstand und ohne jegliche Unterdrückung genießen dürfen.73 Diese Nachhaltigkeitsziele stellen das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung dar, die bis 2030 bewältigt werden sollen.
Im Hinblick auf die soziale Nachhaltigkeit sind die sozialen Aspekte der Agenda 2030 zentral. Diese sind in den Zielen 1,2,3, 4, 5,8,10 und 16 festgelegt (s. Abb. 4). Das erste Ziel ist es, die Armut bis 2030 in all ihren Erscheinungsformen überall zu beenden bzw. zu halbieren und Menschen in extremer Armut mit sozialen Sicherheitsleistungen abzusichern. Ziel 2 ist es, den Hunger zu beenden und alle Menschen mit ausreichenden Lebensrnitteln zu versorgen. Ziel 3 ist ein gesundes Leben für alle. Das vierte Ziel ist eine gleichberechtigte und hochwertige Bildung für alle Menschen; alle sollen die Chance auf Bildungsmöglichkeiten und Zugang zu Bildung haben. Das fünfte Ziel betrifft die Gleichstellung der Geschlechter. Frauen und junge Mädchen sollen nicht diskriminiert werden und nicht mit körperlicher Gewalt und Ausbeutung in Berührung kommen. Frauen sollen auch die Chance erhalten, Führungspositionen einzunehmen. Ziel 8 soll menschenwürdige Arbeit, Arbeitsrechte und einen sicheren Arbeitsplatz fördern, dabei ist in Unterziel 8.7 definiert, dass bis 2025 keine Kinder mehr ausgebeutet oder versklavt werden sollen und jegliche Art der Kinderarbeit beendet werden soll. Ziel 10 soll Ungleichheiten in Ländern, aber auch zwischen Ländern minimieren. Das soll durch eine Abschaffung diskriminierender Gesetze und Politikmaßnahmen stattfinden. Bis 2030 soll schrittweise ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum für die ärmsten 40 Prozent erreicht und beibehalten werden. Schließlich soll Ziel 16 für eine friedliche und gerechte Welt sorgen.74 Bei diesem Aktionsplan handelt es sich nicht um einen rechtsverpflichtenden Plan, denn eine Garantiehaftung für das Nichterreichen der Ziele besteht nicht. Die teilnehmenden Länder sollen sich also eigenverantwortlich bemühen, diese Ziele zu erfüllen.
[...]
1 Vgl. Burckhardt, G. (2015), S. 200 f.
2 Vgl. BMZ (o.J.-a).
3 Vgl. Greenpeace e.V. (2017), S. 2.
4 Vgl. Pufé, I. (2017), S. 102.
5 Vgl. Burckhardt, G. (2013b), S. V.
6 Vgl. H&M Group (o. J.-b).
7 Vgl. Banz, C. (2015), S.11.
8 Vgl. Cachon, G.P./Swinney R. (2011), S. 778; Schnalke, F./Boßow-Thies, S./Krol, B. (2022), S. 152.
9 Vgl. Fletcher, K. (2010), S. 260; Schnalke, F./Boßow-Thies, S./Krol, B. (2022), S. 152.
10 Vgl. Tewes, C./Buschmann, A./Schewe, G. (2019), S. 7 f.
11 Vgl. Tewes, C./Buschmann, A./Schewe, G. (2019a), S. 1.
12 Vgl. Schnalke, F./Boßow-Thies, S./Krol, B. (2022), S. 152.
13 Vgl. Greenpeace e. V. (2012), S. 28.
14 Vgl. Buzzo, A./Abreu M. (2019), S. 1.
15 Vgl. Remy, N./Speelman, E./Swartz, S. (2016).
16 Vgl. Taplin, I. (2014), S. 255.
17 Vgl. Remy, N./Speelman, E./Swartz, S. (2016).
18 Vgl. Statistisches Bundesamt (2022b).
19 Vgl. Greenpeace e. V. (2017), S. 3.
20 Vgl. Haberler, V. (2012), S. 23.
21 Vgl. ebd.
22 Landtag Rheinland-Pfalz (2018).
23 Vgl. Nurfadila, S./Riyanto, S. (2020), S. 5.
24 Vgl. Greenpeace e. V. (2012), S. 28.
25 Vgl. Statistisches Bundesamt (2022a), S. 22.
26 Vgl. ebd.
27 Vgl. BMUV (o. J.).
28 Vgl. Greenpeace e. V. (2015), S. 1-7.
29 Vgl. ebd.
30 Vgl. ebd.
31 Vgl. ebd.
32 Vgl. Deges, F. (2018), S. 1.
33 Vgl. Jahnke, M. (2021), S. 9.
34 Vgl. Rossenkamp, K. (2018), S. 323.
35 Vgl. Zara (o. J.-b).
36 Vgl. Rossenkamp, K. (2018), S. 323.
37 Vgl. Deges, F. (2018), S.2f.
38 ebd., S. 16.
39 Vgl. Jahnke, M. (2021), S. 9.
40 Vgl. Kilian, K. (2022), S. 460.
41 Vgl. Buchenau, P./Fürtbauer, D. (2015), S. 88.
42 Vgl. BMUV (o. J.)
43 Vgl. Kilian, K. (2022), S. 463.
44 Vgl. Handelsverband Österreich (2019), S. 8.
45 Vgl. Kilian, K. (2022), S. 460.
46 Nurfadila, S./Riyanto, S. (2020), S. 5.
47 Vgl. Inditex (2021), S. 61 und S. 125.
48 Vgl. Umweltbundesamt (2019).
49 Vgl. Schmidpeter, R. (2018b), S. V.
50 Vgl. Burckhardt, G. (2017), S. 412.
51 Vgl. Umweltbundesamt (2019).
52 Vgl. Statista (2021b).
53 Vgl. BMZ (o.J.-a).
54 Vgl. Gardemin, D./Kleinhückelkotten, S. (2017), S. 280.
55 Vgl. Kropp, A. (2019), S.11; vgl. hierzu auch Grunwald, A./Kopfmüller, J. (2012), S. 11.
56 Vgl. BMZ (o.J.-b).
57 Vgl. Kropp.A. (2019), S. 5.
58 Vgl. ebd., S.11.
59 Vgl. Zuberbühler, C./Weiss, C. (2017), S. 194.
60 Vgl. Kropp, A. (2019), S.11f.; vgl. hierzu auch Leymann, F. (2018).
61 Leymann, F. (2018).
62 Vgl. Pufé, I. (2017), S. 102.
63 Art. 1 Ab. 1 S. 1 GG.
64 Vgl. Pufé, I. (2017), S. 102.
65 Enquete Kommission (1998), S. 20-27.
66 Vgl. Grunwald, A/Kopfmüller, J. (2012), S. 58.
67 Vgl. Dillerup, R./Stoi, R. (2013), S. 78.
68 Vgl. Enquete Kommission (1998), S. 23-27.
69 Vgl. Dillerup, R./Stoi, R. (2013), S. 73.
70 Vgl. ebd.
71 Vgl. Pufé, I. (2017), S. 102.
72 Vgl. United Nations (2015). S. 1f.
73 Vgl. ebd.
74 Vgl. ebd., S. 15-28.