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Bachelorarbeit, 2012
52 Seiten, Note: 2,00
Darstellungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1. Definitionen der Sucht
2.1.1. Stoffgebundene Sucht
2.1.2. Stoffungebundene Sucht
2.2. Historische Aspekte des Glückspiels
2.3. Rechtslage in Österreich
2.4. Pathologisches Glücksspiel
2.4.1. Definition pathologische Spielsucht
2.4.2. SpielerInnentypologien
2.4.3. Glückspielarten
2.4.4. Die Entstehung und der Verlauf von krankhaftem Glückspiel
2.5. Gesellschaftliche Faktoren der Glückspielsucht bei Männern
2.6. Komorbidität
2.7. Theoriekonzepte
2.8. Organisationsspezifischer Kontext
2.8.1. Die Stiftung Maria Ebene
2.8.2. Fall aus der Praxis
2.8.3. Behandlungskonzepte der Stiftung
2.8.3.1. Stationäre Behandlung
2.8.3.2. Ambulante Behandlung
2.8.4. Alternative Behandlungsmöglichkeiten nach dem Stand der Forschung
2.8.4.1. Stationäre Behandlung
2.8.4.2. Ambulante Behandlung
2.8.4.3. Selbsthilfegruppen
2.9. Aufgaben der Sozialen Arbeit
3. Resümee
4. Literaturverzeichnis
Das Spielen ist schon seit langer Zeit ein fester Bestandteil der Kultur des Menschen. Das Glückspiel kann ebenso auf eine lange Geschichte zurückgeführt werden und ist Teil des Alltags der Gesellschaft geworden. Die daraus entstandene Spielsucht ist eine Form der stoffungebundenen Süchte. In der folgenden Arbeit wird die Entstehung und Behandlung dieser Sucht beschrieben. Neben den Definitionen der wichtigsten Begriffe werden die historischen, gesellschaftlichen, theoretischen und rechtlichen Aspekte beleuchtet. Darüber hinaus wird das Glückspiel in seinen verschiedenen Formen näher betrachtet sowie die oftmals vorhandene Komorbidität mit anderen Süchten untersucht. Der zentrale Bestandteil der Arbeit befasst sich mit der Behandlung der Spielsucht. Anhand eines Falles der Stiftung Maria Ebene werden aktuelle Behandlungskonzepte vorgestellt und nach dem derzeitigen Stand der Suchtforschung Alternativen aufgezeigt. Auch die Aufgabe der Sozialen Arbeit im Bereich der Spielsucht wird dabei näher erforscht. Die Arbeit wurde nach dem Sprachleitfaden für geschlechtergerechte Kommunikation verfasst. Dabei können gekürzt Paarformen auftreten, die eine bessere Lesbarkeit gewährleisten.
The plays are already since a long time a firm component of the culture of mankind. The gambling can be led back also on a long history and has become a part of the everyday life of the society. The resulted compulsive gambling is a form of the material-unbound addictions. In the following work the origin and treatment of this addiction is described. Beside the definitions of the most important terms the historical, social, theoretical and juridical aspects are lighted up. In addition, the gambling is looked in his different forms closer as well as the often available co morbidity with other addictions is examined. The central component of the work deals with the treatment of the compulsive gambling. On the basis of a case of the endowment Maria Ebene topical draughts of treatment are introduced and indicated according to the present state of the addiction research alternatives. Besides, also the job of the social work in the area of the compulsive gambling is investigated closer. The work was written after the linguistic guide for communication appropriate for gender. Besides, the pair forms which guarantee a better legibility can appear shortened.
Darst.1: Häufigkeit der Spielformen
Darst.2: Häufigkeit komorbider Störungen bei Spielsucht
Darst.3: Inhalte spielsuchtspezifischer Gruppentherapie
In der Zeit meines Praktikums, im Krankenhaus der Stiftung Maria Ebene, habe ich viele verschiedene Suchterkrankungen kennengelernt. Hauptsächlich werden Alkohol- und Medikamentenabhängige behandelt, aber auch PatientInnen mit stoffungebundenen Süchten wie der Spielsucht oder Kaufsucht. Ich konnte durch die Teilnahme an verschiedenen Gruppen und durch viele Gespräche mit den PatientInnen einen guten Eindruck der Suchtarbeit gewinnen. Jedoch ist mir dabei aufgefallen, dass PatientInnen mit stoffungebundenen Süchten aufgrund eines fehlenden spezifischen Angebotes oftmals untergehen und nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten. Diese Gruppe stellt zwar eine deutliche Minderheit dar, sollte aber meiner Meinung nach dennoch stärker berücksichtigt werden. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, meine Bachelorarbeit dem Thema Spielsucht zu widmen.
Die Arbeit wird mit den wichtigsten Begriffsdefinitionen eingeleitet. Danach werden die historische Entwicklung des Glückspiels sowie die Rechtslage in Österreich beschrieben. Nach dieser Einführung erfolgt eine Erklärung der Typologie von SpielerInnen und der Glückspielarten, ebenso werden die Entstehung und der Verlauf der Spielsucht näher betrachtet.
Das zentrale Thema dieser Arbeit befasst sich mit der derzeitigen Behandlung von spielsüchtigen PatientInnen in der Stiftung Maria Ebene sowie mit alternativen Konzepten und Methoden, nach dem aktuellen Stand der Forschung. Auch die Aufgabe der Sozialen Arbeit stellt einen wichtigen Teil der Auseinandersetzung mit dem Thema dar. Anhand eines Falles wird der Praxisbezug hergestellt und es werden meine Aufgaben während des Praktikums beschrieben. Neben dem Praxisteil erfolgt die Erklärung der Theoriekonzepte sowie der verschiedenen bedeutenden Aspekte des Glückspiels, insbesondere die gesellschaftlichen Faktoren und die Begleiterkrankungen mit anderen Süchten werden detailliert betrachtet.
Die Zielsetzung bezieht sich daher auf die Recherche nach alternativen Behandlungskonzepten und eine mögliche Umsetzung im Krankenhaus Maria Ebene.
Das Glückspiel ist in unserem Alltag stark vertreten. Sei es im Casino, bei Lotterien oder Sportwetten. Auch das Internet bietet im Bereich des Glückspiels zahlreiche Angebote an, die in den Medien stark beworben werden. Es handelt sich hierbei um eine aktuelle Problematik mit hoher Relevanz, deshalb ist es meiner Meinung nach auch notwendig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und spezifische Angebote zur Prävention und Behandlung zugänglich zu machen.
Die WHO (World Health Organization) hat den Begriff der Sucht durch Abhängigkeit ersetzt. Heute werden beide Begriffe benutzt, aber auch die Bezeichnungen Missbrauch oder schädlicher Gebrauch sind üblich. (Vgl. Mediscope 2006, Definition)
Die Definition der WHO: Sucht ist "ein Zustand von periodischem oder chronischem Angewiesen sein auf bestimmte Substanzen oder Verhaltensweisen. Eine Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch das Auftreten von Entzugserscheinungen bei Abwesenheit der Substanz oder der Tätigkeit sowie durch Toleranzentwicklung und die dadurch erforderliche Dosissteigerung ohne Rücksicht auf körperliche oder psychische Zerstörungszeichen. (Mediscope 2006, Definition)
In der Suchtarbeit gibt es die Unterscheidung von stoffgebundenen und stoffungebundenen Süchten. Diese Begriffe kommen in dieser Arbeit häufig vor, weshalb zuerst eine genauere Beschreibung erfolgt.
Das ICD-10 (International Classification of Diseases, in der 10. Revision) wird von der WHO publiziert. Darin werden psychische Störungen nach klinisch diagnostischen Leitlinien klassifiziert. Das ICD-10 verwendet nicht die Bezeichnung Sucht, sondern Störungen durch psychotrope Substanzen.
Das ICD-10 unterscheidet verschiedene psychotrope Substanzen, die in F10 – F19 unterteilt sind. Dazu zählen z.B. Alkohol, Opioide, Cannabinoide, Kokain, Tabak, Halluzinogene etc. (Vgl. Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 87)
Bei einem Abhängigkeitssyndrom nach ICD-10 (F10-F19) handelt es sich um eine Gruppe körperlicher-, Verhaltens- und kognitiver Phänomene, bei denen der Konsum einer Substanz für die betroffene Person Vorrang hat, gegenüber anderen Verhaltensweisen, die von der Person früher höher bewertet wurden. Ein entscheidendes Charakteristikum der Abhängigkeit ist der oft starke, gelegentlich übermächtige Wunsch psychotrope Substanzen, Medikamente, Alkohol oder Tabak zu konsumieren. (Vgl. Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 92)
Die sichere Diagnose „Abhängigkeit“ sollte nur gestellt werden, wenn irgendwann während des letzten Jahres drei oder mehr der folgenden Kriterien gleichzeitig vorhanden waren:
1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
3. Ein körperliches Entzugssyndrom (…) bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.
4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich.
5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums, erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (…). Es sollte dabei festgestellt werden, daß der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder daß zumindest davon auszugehen ist. (Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 92 f)
Die stoffungebundenen Süchte werden auch als Verhaltenssüchte bezeichnet. Die damit verbundenen Verhaltensweisen können zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit und des Sozialverhaltens führen. Häufige Verhaltenssüchte sind: Spielsucht, Essstörungen, Arbeitssucht, Sexsucht, Internet- oder Computersucht.
Im ICD-10 sind diese mit „abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“ (F63) bezeichnet. Verhaltensstörungen sind charakterisiert durch wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation, die im Allgemeinen die Interessen der betroffenen Person oder anderer Menschen schädigen. Betroffene berichten von unkontrollierbaren Impulsen. (Vgl. Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 237)
Auch „Zwangsstörungen“ (F42), kennzeichnen sich durch wiederkehrende Zwangsgedanken und Zwangshandlungen (z.B. Putzsucht, Internetsucht). Die betroffene Person versucht erfolglos Widerstand zu leisten. Diese Handlungen werden oft als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das Ihnen Schaden bringen kann, ausgeführt. (Vgl. Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 164)
Der spielende Mensch „Homo ludens“: Die Meinungen über die Funktionen und Ursachen des Spielens gehen weit auseinander. So werden ein „Sich entlasten“, ein „Nachahmungstrieb“ oder die Übung in „Selbstbeherrschung“ genannt. Andere sehen darin ein angeborenes Bedürfnis, etwas zu können oder zu versuchen oder das Verlangen mit anderen in Wettbewerb zu treten. Das Spiel ist dabei an keine Sprache, Kulturstufe oder Weltanschauung gebunden und findet selbst im Tierreich statt. Der Historiker Johan Huizinga bezeichnet den Menschen als Spieler (Homo ludens). (Vgl. Huizinga 2004, S. 10 f)
Der Ursprung des Spielens reicht bis in die Antike zurück. Schon damals gehörte das Spielen zu den häufigsten und leidenschaftlichsten Beschäftigungen der Menschen. Die Faszination galt vor allem den Bereichen Magie, Religion und Wahrsagung. In der damaligen Zeit wurde hauptsächlich Persönliches als Einsatz verwendet z.B. Finger, Zähne oder das eigene Leben. In der heutigen materialistischen Gesellschaft wird vorwiegend um Geld gespielt. (Vgl. Verein Anonyme Spieler 1989, S. 114 f)
Europäische Glückspielgeschichte: Die römischen Legionäre brachten die Brettspiele zu den Germanen, die bald darauf die Spieltische beherrschten. Das heitere Spiel wurde jedoch rasch „verteufelt“. SpielerInnen die eine verlorene Summe nicht sofort begleichen konnten verschuldeten sich. Aufgrund der neuen Problematik der Spielschulden mussten erstmals Spielregeln erdacht werden. Diese wurden vom sog. „Stadtrecht“ geregelt. In manchen Städten war es verboten nachts zu spielen und es wurden die ersten Konzessionen an bestimmte Häuser verliehen. Am Ende des 14. Jahrhunderts kam es zu einer Umstellung der Spielweise. Anstatt mit Brett und Würfel wurde vermehrt mit Karten gespielt. Dadurch verbreitete sich auch das „Falschspiel“. Die Falsch-SpielerInnen wurden von der Bevölkerung stark verurteilt. Die Spielleidenschaft fand im 15. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Im 16. Jahrhundert waren leidenschaftliche SpielerInnen öffentlich geächtet. In dieser Zeit entstand auch das italienische Lotto aus einem politischen Vorgang. Bei einer Wahl sollten aus 90 KandidatInnen 5 ausgewählt werden. Die KandidatInnen wurden durch Zahlen ersetzt und es wurde ein Spiel daraus gemacht, dass noch heute in ähnlicher Form als Lotto sehr erfolgreich ist. Etwas später wurde das Roulette-Spiel legalisiert. Geselligkeit ohne Spieltisch war zu dieser Zeit nicht mehr vorstellbar. (Vgl. Verein Anonyme Spieler 1989, S. 116-118)
In Österreich war das Glückspiel bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch nicht sehr stark verbreitet. 1751 wurde auch in Österreich das Zahlenlotto eingeführt und 1787 verstaatlicht. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die ersten Spielbanken eröffnet. Der Staat profitierte von den Pachteinnahmen und das Spielbankengeschäft blühte auf. 1838 wurde das Glückspiel in England und Frankreich für illegal erklärt. Deutschland und Monaco konnten stark von diesem Verbot profitieren, bis im Jahr 1892 auch in Deutschland das Spielverbot erlassen wurde. Über Nacht wurde das arme Volk von Monaco reich, da SpielerInnen aus den verschiedensten Ländern nach Monaco reisten und ihr Geld verspielten. 1934 wurden die ersten Casinos in Österreich eröffnet. 1948 wurde in Bayern erstmals das Wetten auf Fußballspiele erlaubt. In den 70er Jahren gab es im deutschen Sprachraum einen regelrechten Gründungsboom. Zu dieser Zeit wurden auch die Geldspielautomaten immer zahlreicher und somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten illegalen Automaten, die einen höheren Einsatz erlaubten, auftauchten. Im Jahr 1979 wurde in Österreich das Glückspielgesetz novelliert, um die nicht mehr zu kontrollierenden Einnahmen durch illegale Automaten besser verfolgen zu können. (Vgl. Verein Anonyme Spieler 1989, S. 118-125)
Die Rechtslage des Glückspiels beruht in Österreich auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen:
1. dem Lottopatent von 1813, 2. dem Brieflotteriegesetz, Zahlenlotto und Klassenlotteriegesetz von 1913, 3. dem Sport- und Pferdetotogesetz von 1923, 4. der Spielbankverordnung von 1936. (Vgl. Verein Anonyme Spieler 1989, S. 100)
Generell wird das österreichische Glückspiel mit dem Bundesgesetz zur Regelung des Glückspielwesens, geregelt. Dieses Glückspielgesetz besteht seit 1962. (Vgl. Verein Anonyme Spieler 1989, S. 100)
Im Folgenden einige wichtige Auszüge aus dem Gesetz:
- Gewinn und Verlust müssen ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen (§ 1).
- Das Recht zur Durchführung von Glückspielen ist sofern nicht anders geregelt dem Bund vorbehalten (Glückspielmonopol § 3).
- Die sog. kleinen Glücksspiele mit Spielautomaten fallen in den Zuständigkeitsbereich der Landesgesetzgebung. Jedes Bundesland kann individuell entscheiden, wie viele Automaten zugelassen sind (§ 5).
- Generelles Glückspielverbot für Kinder und Jugendliche (§ 25 (1)). (Vgl. Rechtsinformationssystem des Bundes 2012)
Glückspielgesetz-Novellen 2008 und 2010:
Die Novelle des Jahres 2008 enthielt verschiedene Anpassungen des Europarechtes und des Steuerrechtes. Zudem wurden Begriffsdefinitionen verschärft. Ein gesetzlicher Graubereich sollte damit verhindert und der Schutz der SpielerInnen von illegalen AnbieterInnen gewährleistet werden. Das „kleine Wirtshauspoker“ wurde legalisiert, die VeranstalterInnen müssen jedoch die Informationspflichten einhalten. (Vgl. Offizieller Amtshelfer für Österreich 2011, Glückspielgesetz-Novellen)
Mit der Novelle 2010 wurde die Glückspiellandschaft in Österreich umfassend geändert. Insbesondere der Bereich der Glückspielautomaten und der Video Lotterie Terminals ist davon betroffen. Es wurden beispielsweise einheitliche Rahmenvorgaben geschaffen, damit kein Auseinanderdriften zwischen den Bundesländern mehr möglich ist. Dieser Rahmen kann zusätzlich noch per Landesgesetz verschärft werden. Diese Maßnahme soll dem Schutz der SpielerInnen dienen. Anstelle der bisher 12 Spielbanken wird es zukünftig 15 Spielbanken geben. Die Änderungen traten mit Kundmachung, teilweise mit 1.Jänner 2011, in Kraft. (Vgl. Offizieller Amtshelfer für Österreich 2011, Glückspielgesetz-Novellen)
Neues Vorarlberger-Glückspielgesetz 2011:
In Vorarlberg wurden 289 Spielautomaten beschlagnahmt. Im Zuge dessen wurde ein Gesetz beschlossen, um das illegale Glückspiel einzudämmen. Das einstimmig beschlossene Gesetz fordert mehr Verantwortung der GlückspielbetreiberInnen bei den Alterskontrollen, das Wettengesetz wurde ausgedehnt, um die Flucht in das Gewerberecht zu stoppen und Livewetten dürfen nur noch auf Endresultate abgegeben werden. (Vgl. Vorarlberg Online 2011)
Das folgende Kapitel befasst sich konkreter mit dem pathologischen Glückspiel. Es werden zuerst Definitionen vorgestellt, anschließend verschiedene SpielerInnentypologien und Glückspielarten erläutert. Danach werden der Verlauf und die Entwicklung einer typischen krankhaften Glückspielkarriere beschrieben.
Durch eine gestiegene Behandlungsnachfrage und der damit verbundenen wissenschaftlichen und theoretischen Auseinandersetzung von süchtigen SpielerInnen, wurde die Akzeptanz als psychische Störung gefördert. Seit 1991 ist die pathologische Spielsucht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Die WHO ordnet diese Verhaltensstörung unter „abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle ein“ (ICD-10 – F63). (Vgl. Poppelreuter/Gross 2000, S. 2 f)
Diagnostische Leitlinien: Das Hauptmerkmal dieser Störung ist beharrliches, wiederholtes Glücksspiel, das anhält und sich oft noch trotz negativer sozialer Konsequenzen, wie Verarmung, gestörte Familienbeziehungen und Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse steigert. ( Dilling/Mombour/Schmidt 2000, S. 237 f)
In das „Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen“ (DSM-IV), wurde dieses Krankheitsbild 1996 aufgenommen. Es wird als „Störung der Impulskontrolle“ (312.31) bezeichnet. (Vgl. Poppelreuter/Gross 2000, S. 2-4)
Im Gegensatz zu den diagnostischen Merkmalen des ICD-10 liefert das DSM-IV differenziertere Kriterien.
Die Diagnose „pathologisches Spielen“ ist zu stellen, wenn mindestens fünf der folgenden Merkmale vorliegen:
Die Person…
1. ist stark eingenommen vom Glückspiel (gedankliches Nacherleben der Spielerfahrung, Geld Beschaffung etc.),
2. muss mit immer höheren Einsätzen spielen (Dosissteigerung),
3. hat wiederholt erfolglos versucht das Spielen einzugrenzen, zu kontrollieren oder aufzugeben,
4. ist unruhig und gereizt beim Versuch das Spielen einzuschränken,
5. spielt um Problemen zu entkommen oder eine dysphorische Stimmung (Angst, Depression etc.) zu erleichtern,
6. versucht den Verlust von verlorenem Geld auszugleichen,
7. belügt Familienmitglieder oder andere Personen, um das Ausmaß des Spielens zu vertuschen,
8. hat illegale Handlungen zur Finanzierung der Sucht durchgeführt (Betrug, Diebstahl etc.),
9. hat eine wichtige Beziehung, den Arbeitsplatz, Ausbildungs- oder Aufstiegschancen gefährdet oder verloren,
10. verlässt sich auf die finanzielle Unterstützung anderer, um die hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden. (Vgl. Poppelreuter/Gross 2000, S. 3 f)
Die Unterscheidung von problemlosem Glückspiel und süchtigem Glückspiel erfolgt durch verschiedene Merkmale, wie der Spielfrequenz, der Ausprägung der Symptome oder der Schwere der Probleme. Anhand dieser Merkmale ist eine genauere Differenzierung der wichtigsten SpielerInnentypen möglich. (Vgl. Meyer/Bachmann 2005, S. 50)
Gelegenheits- oder soziale SpielerInnen: Dies ist die größte Gruppe unter den SpielerInnen. Diese Personen suchen vorrangig Abwechslung und Unterhaltung, es kommt zu keinen Auffälligkeiten. Das Glücksspiel dient hauptsächlich dem Vergnügen und es wird mit geringen Einsätzen gespielt. (Vgl. Meyer/Bachmann 2005, S. 50)
Professionelle SpielerInnen: Dies ist eine sehr kleine Gruppe von SpielerInnen, die ihren Lebensunterhalt mit Glückspielen verdient und sich häufig im illegalen Bereich bewegt. Sie haben ein distanziertes Verhältnis zum Glückspiel und spielen kühl und mit kontrollierten Einsätzen. Bei Spielen wie Poker, wo es auf die individuellen Fähigkeiten der SpielerInnen ankommt, besteht jedoch immer die Gefahr eines Kontrollverlustes. (Vgl. Meyer/Bachmann 2005, S. 50 f)
Problematische SpielerInnen: Dies sind gefährdete SpielerInnen die das Glückspiel häufig als Problemlöser missbrauchen und es als Beruhigungs- oder Aufputschmittel einsetzten. Es hat sich allerdings noch keine Eigendynamik und kein Suchtverhalten entwickelt. Charakteristische Merkmale sind Schuldgefühle, erste Anzeichen von Depression, heimliches Spielen oder den Verlusten hinterherzujagen. (Vgl. Meyer/Bachmann 2005, S. 51)
Pathologische SpielerInnen: Die betroffenen Personen weißen schwerwiegende Probleme mit dem Glückspiel auf, die den diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV entsprechen. (Vgl. Meyer/Bachmann 2005, S. 51) Die Entwicklung des pathologischen Glückspiels wird im Kapitel 5.4. noch genauer betrachtet.
Das kommerzielle Glückspiel gehört zu den großen Wirtschaftszweigen in Europa, mit einem geschätzten Jahresumsatz von ca. 600 Milliarden Euro und einer jährlichen Wachstumsrate von fünf bis zehn Prozent. Mit diesen Umsatzsteigerungen ist auch ein Anstieg der Spielsüchtigen verbunden. In Österreich wird jedoch nur ein geringer Teil der erwirtschafteten Einnahmen für präventive Maßnahmen eingesetzt. (Vgl. Haller u.a. 2005, S. 3)
Wie im historischen Rückblick beschrieben, wurden die ersten Spiele noch mit Brett und Würfel ausgetragen. Später kam das Kartenspiel dazu, das einen wahren „Boom“ auslöste. Mit der Eröffnung der ersten Casinos wurden immer neue Spielvarianten eingeführt und die Spielautomaten haben sich rasant verbreitet. Heute kann ein rasches Wachstum an Internetportalen, die das Spielen rund um die Uhr ermöglichen, beobachtet werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Glückspielarten näher vorgestellt.
Lotto: Das Lottotippen gehört zu den weniger gefährlichen Spielarten, da meist niedrige Einsätze gespielt werden und sich die SpielerInnen ein kleines Stück Hoffnung auf ein besseres Leben machen möchten. Es gibt jedoch auch SystemspielerInnen die wöchentlich über einen längeren Zeitraum mit höheren Einsätzen spielen. Diese Gruppe ist auch am stärksten gefährdet, süchtig zu werden. Die Gewinnchancen sind allerdings ausgesprochen niedrig, bei jeder Ziehung verlieren 98 Prozent der TeilnehmerInnen. Die Wahrscheinlichkeit sechs Richtige zu ziehen oder den Jackpot zu erhalten ist bekanntermaßen gleich groß wie von einem Blitz erschlagen zu werden. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 16)
Casinospiele: Das Angebot der Spielbanken lässt sich in das sog. „Kleine Spiel“ und das „Große Spiel“ einteilen. Das große Spiel wird auch Lebendspiel genannt, da es vom Menschen „bedient“ werden muss. Hierzu zählen Glückspiele wie Roulette, Blackjack, Baccara und Poker. Das kleine Spiel bezieht seinen Namen aus der Tatsache, dass es ursprünglich mit kleinen Münzen gespielt wurde. Heutzutage funktionieren diese Automatenspielgeräte aber auch mit Banknoten und erwirtschaften einen Großteil des Gewinns in Spielbanken. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 16 f)
Sportwetten: In Wettbüros kann auf die verschiedensten Sportarten getippt werden. So ist es beim Fußball z.B. möglich auf die nächste Ecke oder die nächste Rote Karte zu setzen. Durch die hohen Auszahlungsquoten besitzen die Wetten eine hohe Attraktivität. Mit der Verbreitung des Internets haben sich auch die Online-Wetten stark ausgeweitet. Viele dieser Wettportale werden jedoch ohne behördliche Bewilligung betrieben und sind somit illegal. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 17 f)
Kartenspiele: Kartenspiele wie Blackjack oder Poker finden bei den SpielerInnen großen Anklang. Die Poker Variante „Texas Hold´em“ ist in den letzten Jahren sehr beliebt geworden. Es brach eine regelrechte Pokerwelle los. Die Ursache dafür liegt auch darin, dass die amerikanischen Behörden wirksame Restriktionen gegen das Online-Glückspiel durchsetzen konnten. Den FinanzdienstleisterInnen ist es damit untersagt, Geschäfte mit Online- GlückspielanbieterInnen zu tätigen. Somit haben sich die betroffenen UnternehmerInnen auf den europäischen und asiatischen Markt ausgerichtet. Durch internationale Turniere und Fernsehübertragungen werden diese Spiele offensiv beworben. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 18 f)
Geldspielautomaten: Die Automaten sind so konstruiert, dass sie das Gefühl vermitteln die SpielerInnen könnten in den Spielablauf eingreifen und diesen steuern. Durch häufige „Beinahe-Gewinne“ wird diese Illusion noch verstärkt. Die Automaten bieten zudem eine sog. „Risiko Taste“, womit die erzielten Gewinne nach dem Prinzip „alles oder nichts“ gesetzt werden können. Moderne Geräte bieten eine Fülle an verschiedenen Spielen an. Die AutomatenspielerInnen sind am stärksten suchtgefährdet und stellen die Mehrheit der SpielerInnen, die Beratungsstellen oder Fachkliniken aufsuchen, dar. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 19-21)
Börsenspiele: Darunter fallen hochriskante kurzfristige Zufallswetten an der Börse. Eine Variante stellt das „Day-Trading“ dar, bei dieser Form wird innerhalb eines Tages auf Währungsschwankungen gewettet. Nicht vergleichbar sind jedoch Börsenspekulationen, da diese nicht nach dem Zufallssystem durchgeführt werden, sondern mit dem Hintergrund von Fachwissen. Diese Art von GlückspielerInnen ist nur selten in Beratungsstellen anzutreffen. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 21)
Online-Glückspiel: Es gibt eine Reihe von Faktoren die zu einer Erhöhung des Risikos bei Online-Glückspielen beitragen. Die Möglichkeit zu Spielen besteht 24 Stunden am Tag, die meisten Haushalte verfügen über einen Internetanschluss. Durch das Internet geht zudem der reale Bezug zum Geld verloren. Diese Art des Glückspiels ist noch nicht sehr gut erforscht und eine wirksame Überprüfung des Alters gestaltet sich schwierig. Deshalb ist diese Art des Spiels gerade für Jugendliche besonders gefährlich. (Vgl. Haller u.a. 2005, S. 8)
Laut einer Studie von Kreutzer Fischer & Partner stiegen die Online-Umsätze im Jahr 2010 auf 93 Mio. Euro an. Für das Jahr 2012 werden weitere Steigerungen erwartet, während bei den Umsätzen der Casinos und Spielautomaten mit Rückgängen zu rechnen ist. (Vgl. ORF Online 2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darst.1: Häufigkeit der Spielformen Quelle: Haller u.a. 2005, S. 9.
In der Darstellung 1 lässt sich erkennen, dass das Automatenspiel mit großem Abstand am häufigsten gespielt wird, vielfach auch in Kombinationen mit anderen Glückspielarten. Dies ist auch jene Gruppe der SpielerInnen die am häufigsten in Behandlung ist. Anzumerken ist bei dieser Darstellung, dass die Online-Angebote nicht berücksichtigt wurden.
Zu Beginn ist das Glückspielverhalten meist unproblematisch, es wird aus Nervenkitzel oder zur Unterhaltung gespielt und die Einsätze sind gering. Beim Großteil der Menschen bleibt es auch dabei. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 22)
Wie aber entsteht aus diesem „Freizeitvergnügen“ ein süchtiges Verhalten? Wieso wird trotz immer größerer Verluste dennoch weitergespielt? Wer ist besonders gefährdet süchtig zu werden und wie verläuft eine typische Spielsuchtkarriere?
Wenn die SpielerInnen zu Beginn regelmäßig Gewinne erzielen, versuchen sie dieses Gewinnerlebnis zu wiederholen. Mit der Häufigkeit des Spielens steigen auch die Einsätze und die Spieldauer an. Das Ziel bezieht sich nicht mehr ausschließlich darauf einen Gewinn zu erzielen, sondern es steht die Ablenkung von privaten Problemen oder das Entfliehen von Stress im Vordergrund. Die Zeit die SpielerInnen vor einem Automaten verbringen wird häufig als befreiend und entspannend beschrieben. Wenn ein Gewinn erzielt wird, wird dieser nicht dem Zufall zugeschrieben, sondern den eigenen Fähigkeiten. Gerade diese Erlebnisse geben den Anlass weiterzuspielen, weil das System jetzt „durchschaut“ wurde oder gerade alles so gut läuft. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 22)
Genau umgekehrt verhält es sich bei Verlusten. Es entstehen Schuldgefühle oder Scham und die Verluste werden nicht den eigenen Fähigkeiten zugeschrieben, sondern auf äußere Umstände geschoben. Ab diesem Zeitpunkt kann es bereits gefährlich werden, nämlich dann, wenn das Glückspiel zum festen Bestandteil des Tagesablaufes und damit zur Gewohnheit wird. Die Gefahr besteht darin, die Kontrolle über das Spielen zu verlieren. Wie bei stoffgebundenen Süchten kann es dann zum Kontrollverlust kommen. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 22 f)
Die zunehmenden Schulden und andere durch das Spielen verursachte Probleme fördern die Flucht in das Glückspiel, um dem Stress kurzfristig zu entgehen. Dieser Kreislauf führt schließlich zur Spielsucht, es entsteht ein starkes Verlangen zu spielen (der sog. Suchtdruck oder Spieldruck). Viele SpielerInnen schildern, sie wollen noch ein letztes Mal Spielen um einen Gewinn zu erzielen der alle Verluste ausgleicht und damit alle Probleme löst. Gewinne werden dabei höher bewertet, Verluste werden ausgeklammert. Die SpielerInnen glauben das Spiel beeinflussen zu können, vergessen jedoch, dass die Gesetze der Wahrscheinlichkeitstheorie gelten. Die Casinos fördern diese Denkweisen, indem sie beispielsweise beim Roulette die Liste der zuletzt eingetroffenen Zahlen auf einer Tafel darstellen. Beim Automatenspiel wird versucht durch visuelle Reize wie Ton, Licht und Farbeffekte sowie gelegentliche Auszahlungen erhöhte Gewinnchancen vorzugaukeln. Dies geht sogar so weit, dass einzelne Tasten der Automaten gar keinen Einfluss auf das Spielgeschehen haben, da diese so vorprogrammiert sind. Die SpielerInnen glauben aber an die Illusion, das Spiel beeinflussen zu können. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 24 f)
Aus der Gesundheitspsychologie sind Verhaltensweisen bekannt, die trotz wissentlich bestehender Nachteile aufrechterhalten werden. SpielerInnen investieren im Laufe ihrer „Karriere“ nicht nur Geld, sondern auch Gefühle. Je mehr sie schon investiert haben, umso schwieriger fällt es ihnen loszulassen, wodurch sich dieser Lebensstil immer mehr verfestigt. Ähnlich verhält es sich bei LottospielerInnen die Jahre lang die gleichen Zahlen spielen. Sie können nicht mehr von diesen Zahlen abweichen, weil der Gewinn doch noch eintreten könnte. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 25)
Glückspiele sind immer mit Gefahren verbunden, je größer das Angebot wird, umso mehr problematische und pathologische SpielerInnen wird es geben. Besonders gefährdet sind Menschen, die schwierige familiäre, soziale oder berufliche Lebenssituationen aufweisen. Ebenso Personen aufgrund ihrer psychischen Veranlagung, aber auch Jugendliche, deren Entwicklung noch nicht beendet ist. Häufig verfügen SpielerInnen über ein geringes Selbstbewusstsein. CasinospielerInnen beschreiben einen Rollenwechsel während des Spielens, der es ihnen ermöglicht vorübergehend eine angesehene starke Person zu sein. (Vgl. Petry, I.F./Petry, J. 2010, S. 26)
Der Verlauf einer Spielerkarriere kann in unterschiedliche Phasen eingeteilt werden.
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