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Masterarbeit, 2022
107 Seiten, Note: 1.3
Abstract
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Untersuchungskontext
2.1.1 Berufsgruppe: Medizinische Fachangestellte
2.1.2 Struktur der Gesundheitsversorgung
2.1.3 Entwicklung zu einer Unterversorgung – Auswirkungen des demographischen Wandels
2.2 Definitionen und theoretische Modelle
2.2.1 Arbeitszufriedenheit
2.2.2 Wechselbereitschaft
2.2.3 Zufriedenheit mit dem Berufserfolg
2.2.4 Wertschätzung durch Führungskraft
2.2.5 Arbeitsstress
2.3 Untersuchungsmodell
2.4 Forschungsstand und Hypothesen
2.4.1 H1: Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft
2.4.2 H2: Zufriedenheit mit dem Berufserfolg und Arbeitszufriedenheit
2.4.3 H3: Wertschätzender Führungsstil und Arbeitszufriedenheit
2.4.4 H4: Arbeitsstress und Arbeitszufriedenheit
2.4.5 H5: Arbeitsstress und Wechselbereitschaft
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Untersuchungsdesign
3.2 Stichprobe
3.2.1 Stichprobenauswahl
3.2.2 Stichprobenbeschreibung
3.3 Erhebungsinstrumente und -material
3.4 Studienablauf
3.5 Statistische Analyse
4 Empirische Ergebnisse
4.1 Deskriptive Ergebnisse
4.2 Hypothesentests
4.2.1 Ergebnisse H
4.2.2 Ergebnisse H
4.2.3 Ergebnisse H
4.2.4 Ergebnisse H
4.2.5 Ergebnisse H
4.3 Sonstige Ergebnisse
5 Diskussion und Handlungsempfehlungen der empirischen Ergebnisse
5.1 Zusammenfassung der Hauptergebnisse
5.2 Einordnung der Ergebnisse in die Literatur
5.3 Einschränkungen der Studie und Implikationen für weitere Forschungen
5.4 Beitrag der Studie
5.5 Implikationen der Studie für die Praxis & Handlungsempfehlungen
Literaturverzeichnis
Vor dem Hintergrund eines sich zuspitzenden Fachkräftemangels im Gesundheitswesen, dem steigenden Versorgungsbedarf in Folge des demografischen Wandels und der Erwartung, dass Medizinische Fachangestellte (MFA) stärker in die medizinische Versorgung eingebunden werden sollen, ist die Arbeitszufriedenheit der MFA maßgeblich für einen langfristigen Verbleib im Beruf. Die Feststellung dieser dient als relevante Variable zur Vorhersage der Bereitschaft, den Arbeitsplatz zu wechseln (Wechselbereitschaft). Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Testung von Faktoren, welche die Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft von MFA voraussagen.
Im Rahmen einer quantitativen Querschnittstudie nahmen angestellte MFA aus Schleswig-Holstein an einer Online-Umfrage teil. Insgesamt wurden die vollständigen Daten von N = 136 Teilnehmer:innen der Befragung ausgewertet. Die Analysen umfassten Korrelations-, Regressions- sowie Varianzanalysen, die mit dem Statistik-Programm R gerechnet wurden. Den größten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg, t (134) = 4.70, p < .001, welche 37 % der Gesamtvarianz des Kriteriums Arbeitszufriedenheit erklärt (R2 = .37). Hinsichtlich der Wechselbereitschaft werden 53 % der Gesamtvarianz durch die Arbeitszufriedenheit erklärt (R2 = .53), wobei diese auch den größten Einfluss auf die Wechselbereitschaft hat, t (134) = -7.36, p < .001.
Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg den größten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat. Das bedeutet, dass Maßnahmen wie Teambesprechungen, Weiterbildungsmaßnahmen oder Feedbackgespräche, in denen beispielsweise Meilensteine durch Vereinbarungen gesetzt werden, stärker in den Fokus von Führungskräften rücken sollten, um die MFA langfristig zu binden. Auf politischer Ebene werden eine Anpassung des Systems und die Anerkennung der MFA gefordert.
Schließlich dient die Ausarbeitung der Erweiterung und Öffnung des Blickwinkels um die Berufsgruppe der MFA. Vorstellbar sind weitere Forschungen zu gesundheitlichen Folgen oder zu Generationenunterschieden.
Anhang: Fragebogen „Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft von MFA“
Die Thesis hat einen Umfang von 20.264 Wörtern.
Grundlage ist der Leitfaden zum wissenschaftlichen Arbeiten in der Wirtschaftspsychologie in der Version 1.4 vom 01.10.2022.
α Cronbachs Alpha
CSS Career Satisfaction Scale
H Hypothese
H0 Nullhypothese
H1 Gegenhypothese
JDC Job-Demands-Control-Model
JDI Job Descriptive Index
KAFA Kurzfragebogen zur Erfassung von allgemeiner und facettenspezifischer Arbeitszufriedenheit
M Mittelwert
MFA Medizinische:r Fachangestellte
MVZ Medizinisches Versorgungszentrum
N Gesamtstichprobe
n Teilstichprobe
TIS 6 Turnover intention Scale
p Signifikanzniveau, Irrtumswahrscheinlichkeit (p-Value)
r Korrelationskoeffizient
SD Standardabweichung
SLS Servant Leadership Survey
WBF Wirtschaft, Bildung und Forschung
xlsx Exceldatei
Abbildung 1 Altersstruktur in Schleswig-Holstein (Bundesinstitut für Bevölkerungsbefragung, 2022)
Abbildung 2 Erweitertes Modell des Zürcher Modells der Arbeitszufriedenheit (Büssing et al., 2005, S. 139)
Abbildung 3 The unfolding Model of Voluntary Employee Turnover (Lee & Mitchell, 1994, S. 51-90)
Abbildung 4 Job-Demand-Control-Model (Karasek, 1979, S. 288)
Abbildung 5 Untersuchunsmodell (Eigene Darstellung)
Abbildung 6 Histogramm allgemeine Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 7 Boxplot allgemeine Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 8 Histogramm Zufriedenheit mit dem Berufserfolg (Eigene Darstellung)
Abbildung 9 Boxplot Zufriedenheit mit dem Berufserfolg (Eigene Darstellung)
Abbildung 10 Histogramm wertschätzender Führungsstil (Eigene Darstellung)
Abbildung 11 Boxplot wertschätzender Führungsstil (Eigene Darstellung)
Abbildung 12 Histogramm Arbeitsstress (Eigene Darstellung)
Abbildung 13 Boxplot Arbeitsstress (Eigene Darstellung)
Abbildung 14 Histogramm Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Abbildung 15 Boxplot Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Abbildung 16 Histogramm Residuen allgemeine Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 17 Streudiagramm Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Abbildung 18 Histogramm Residuen Zufriedenheit mit dem Berufserfolg (Eigene Darstellung)
Abbildung 19 Streudiagramm Zufriedenheit mit dem Berufserfolg und Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 20 Histogramm Residuen wertschätzender Führungsstil (Eigene Darstellung)
Abbildung 21 Streudiagramm wertschätzende Führungsstil und Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 22 Histogramm Residuen Arbeitsstress (Eigene Darstellung)
Abbildung 23 Streudiagramm Arbeitsstress und Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Abbildung 24 Histogramm Residuen Arbeitsstress und Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Abbildung 25 Streudiagramm Arbeitsstress und Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Tabelle 1 Soziodemografie. Tabellarische Darstellung der erhobenen soziodemografischen Daten (Eigene Darstellung)
Tabelle 2 Skalenscores der Subskalen des KAFA (Eigene Darstellung)
Tabelle 3 Subskalen Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft. Werte Korrelation und multiple Regression der sechs Subskalen von Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Tabelle 4 Korrelationstabelle Arbeitszufriedenheit KAFA (Eigene Darstellung)
Tabelle 5 Korrelationstabelle abhängige Variable Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Tabelle 6 Unabhängige Variablen und Arbeitszufriedenheit. Werte Korrelation und multiple Regression von den unabhängigen Variablen und Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Tabelle 7 Unabhängige Variablen und Wechselbereitschaft. Werte Korrelation und multiple Regression von den unabhängigen Variablen und Wechselbereitschaft (Eigene Darstellung)
Tabelle 8 Korrelationstabelle Bezahlung KAFA (Eigene Darstellung)
Tabelle 9 Korrelationstabelle abhängige Variable Arbeitszufriedenheit (Eigene Darstellung)
Ein:e Ärzt:in allein bildet keine Arztpraxis: Deutschland droht der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, wodurch die ambulante Versorgung gefährdet ist (Gerber, 2022; Virchowbund, 2021). Zahlreiche Arztpraxen reduzieren ihre Praxistätigkeit, weil es an Medizinischen Fachangestellten (MFA) mangelt. Bei einer Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung gaben sogar 17 % der Befragten an, dass sie aufgrund des Personalmangels über eine Praxisaufgabe nachdenken (Gerber, 2022). Auch die Bundesagentur für Arbeit bestätigt den Mangel. In dem Jahr 2022 kamen deutschlandweit nur noch 75 MFA auf 100 offiziell gemeldete Stellen (Aerztezeitung, 2022). Um einer Reduktion des ambulanten Angebots entgegenzuwirken, gilt es, die Gründe für den Fachkräftemangel bei MFA näher zu beleuchten. Veröffentlichten Studien kann entnommen werden, dass als ein Grund die Arbeitszufriedenheit der MFA genannt wird (Gerber, 2022, Oettel et al., 2021). Obwohl der Beruf der MFA auf Platz eins der beliebtesten Ausbildungsberufe steht, führt die Unzufriedenheit der ausgebildeten Fachkräfte dazu, dass sie nicht in der Praxis gehalten werden können (Aerzteblatt, 2022; Oettel et al., 2021; Smettan & Kleineidam, 2018). Die eigens ausgebildeten MFA wandern in andere Berufe oder den stationären Bereich ab (Gerber, 2022).
Dabei wurde, insbesondere während der pandemischen Lage in Deutschland, die Systemrelevanz der ambulanten Gesundheitsversorgung deutlich (Bundesärztekammer, 2020; Jacobs et al., 2019). Die Folgen des demografischen Wandels unterstreichen die Notwendigkeit der Fachkräfte in diesem Sektor (Bundesministerium für Gesundheit, 2016; Krull, 2015). Für die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung gilt es, die Arbeitszufriedenheit von MFA zu steigern, um diese langfristig an den Beruf zu binden und der Bereitschaft den Arbeitsplatz zu wechseln (Wechselbereitschaft) entgegenzuwirken.
Die generelle Studienlage zu der Berufsgruppe MFA ist überschaubar. Hinsichtlich der Determinanten der Arbeitszufriedenheit von MFA sowie der Hintergründe zu der Wechselbereitschaft liegen vereinzelt Studien vor (Mergenthal et al., 2014; Oettel et al., 2021; Zaroti, 2015). Es lässt sich vermuten, dass die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg, ein wertschätzender Führungsstil oder Arbeitsstress mit der Arbeitszufriedenheit sowie mit der Wechselbereitschaft im Zusammenhang stehen (Gerber, 2022; Mergenthal et a.l., 2014; Oettel et al., 2021). Um diese Faktoren zu bestätigen, sind weitere Studien notwendig, da die wenigen Forschungen aus dem bestehenden Diskurs aus kleinen Stichproben oder aus Stichproben bestehen, bei denen die MFA bestimmte Voraussetzungen erfüllen mussten.
Aufgrunddessen verfolgt die vorliegende Ausarbeitung das Ziel, diese Faktoren zu untersuchen, um zu verstehen und ableiten zu können, welche Maßnahmen vorgenommen werden müssen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Daraus lässt sich die bislang noch nicht ausreichend erforschte Forschungsfrage ableiten:
Welche Faktoren sagen die Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft von MFA voraus?
Zur Beantwortung der Forschungsfrage beruht die Masterthesis auf einer empirischen Forschung. Hierfür wurden Daten berufstätiger MFA aus Schleswig-Holstein mit einer eigens durchgeführten quantitativen Online-Umfrage erhoben. Die Daten werden mit dem Statistik-Programm R ausgewertet und zur Beantwortung der Fragestellung analysiert.
Die Thesis ist in fünf Kapitel gegliedert. Zu Beginn dieser Arbeit (Kapitel 2) werden die theoretischen Grundlagen aufgezeigt, wobei der Untersuchungskontext erläutert, die relevanten Variablen definiert und theoretische Modelle vorgestellt werden. Anschließend wird das Untersuchungsmodell abgeleitet, der Forschungsstand des bestehenden Diskurses herangezogen und die Hypothesen aufgestellt. Im darauffolgenden Kapitel 3 wird das methodische Vorgehen beschrieben, wobei das Untersuchungsdesign, die Stichprobe, das Erhebungsinstrument mit den verwendeten Skalen sowie die statistische Analyse aufgezeigt werden. Des Weiteren werden deskriptive Ergebnisse, Ergebnisse der Hypothesentests und sonstige Ergebnisse vorgestellt. Schlussendlich fasst das Kapitel der Diskussion die Hauptergebnisse zusammen, ordnet diese in die Literatur ein, zeigt die Einschränkungen auf, verweist auf Implikationen für weitere Forschungen, beschreibt den Beitrag der Studie und zeigt Implikationen für die Praxis auf, wovon Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Dieses Kapitel bildet die Basis der vorliegenden Studie. Zu Beginn wird der Untersuchungskontext dargestellt, die relevanten Variablen definiert und mittels theoretischer Modelle abgerundet. Anschließend wird das davon abgeleitete Untersuchungsmodell aufgezeigt und der aktuelle Forschungsstand mit den daraus resultierenden Hypothesen vorgestellt.
Folgend wird der Kontext, in dem die Problemlage eingebettet ist, dargestellt. Dazu wird die Berufsgruppe der MFA vorgestellt, die Struktur der Gesundheitsversorgung beschrieben und die sich entwickelnde Unterversorgung als Folge des demografischen Wandels aufgezeigt.
Die MFA sollen einen reibungslosen Ablauf in dem Praxis- und Klinikalltag garantieren und als Bindeglied zwischen ärztlichem Fachpersonal und Patient:in fungieren: MFA sind nicht nur eine der größten Berufsgruppen in der ambulanten Versorgung, sondern auch die beliebteste Berufsgruppe, wenn es bei jungen Frauen um die Wahl des Ausbildungsberufes geht (Aerzteblatt, 2022). In dem Jahr 2021 haben deutschlandweit 17.841 Auszubildende die Abschlussprüfung zur/zum MFA bestanden (Aerztekammer Schleswig-Holstein, 2022). Insgesamt 498 Auszubildende haben in dem Jahr 2020 ihre Prüfung in Schleswig-Holstein ablegt (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2021). Nach erfolgreichem Abschluss der dualen Ausbildung zur/zum MFA sind diese optimal auf die Arbeit in Hausarzt:in- und Facharzt:inpraxen, Krankenhäusern sowie anderen medizinischen Versorgungseinrichtungen vorbereitet. Die Übernahme nach der Ausbildung wird jedoch immer häufiger von den MFA abgelehnt, welche folglich nicht in der Einrichtung oder in dem Beruf gehalten werden können (Aerzteblatt, 2022).
Das Berufsbild der MFA ist vielfältig. Das medizinische Personal übernimmt abwechslungsreiche, selbstständige Aufgaben und arbeitet in einem Team mit den Ärzt:innen, organisatorisch und medizinisch, zusammen. Zu den spezifischen Tätigkeiten einer MFA zählen unter anderem die Patient:innenbetreuung und -beratung, die Assistenz bei ärztlicher Diagnostik, Verwaltungstätigkeiten und Abrechnung (Feuchte et al., 2019). In Deutschland sind ca. 678.000 MFA in Berufen der Arzt- und Praxishilfe beschäftigt (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2022a).
Rund 83 Millionen Einwohner:innen gilt es in Deutschland medizinisch zu versorgen. Von diesen sind 2.922.005 in Schleswig-Holstein angesiedelt (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2022b). Die für diese Forschung relevanten Versorgungsformen beschränken sich auf den stationären und ambulanten Sektor, da in diesen Einrichtungen die im Fokus stehende Zielgruppe beschäftigt ist (Besl, 2011).
Zunächst erfolgt die Betrachtung der stationären Gesundheitsversorgung. Diese zeichnet sich durch eine zeitlich ununterbrochene Behandlung, bei der die oder der Patient:in mindestens eine Nacht versorgt oder beobachtet werden muss, aus. Diese Versorgung kommt in Frage, wenn das Behandlungsziel durch eine teilstationäre oder ambulante Behandlung nicht erreicht werden kann. Zu stationären Einrichtungen gehören neben Krankenhäusern auch Tageskliniken, Pflegeheime und Einrichtungen zur Rehabilitation (Bundesärztekammer, 2022).
Zu der ambulanten Gesundheitsversorgung zählen alle Leistungen, bei denen die oder der Patient:in den Behandlungsort nach der Versorgung wieder verlässt (Brennecke & Schach, 1987). Bestandteil dessen sind grundsätzlich alle Behandlungen, Reha-Maßnahmen und Therapien, die außerhalb von Kliniken erbracht werden. Innerhalb von Kliniken kann eine ambulante Versorgung in den Ambulanzen durchgeführt werden (Bundesministerium für Gesundheit, 2020). Damit in den Regionen keine Über- oder Unterversorgung entsteht und entweder zu viel ärztliches Fachpersonal für zu wenig Patient:innen oder zu wenig ärztliches Fachpersonal für zu viele Patient:innen in einem Gebiet ansässig sind, sorgt die Bedarfsplanung als zentrales Instrument für eine optimale Sicherstellung ambulanter Behandlungen (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2022). Seit 2007 wird hierfür eine stärkere Einbindung nichtärztlicher Berufe in die Versorgung als Möglichkeit diskutiert, dem demografischen Wandel entgegenzuwirken (Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, 2008). Dennoch wird eine Entwicklung zu einer Unterversorgung sichtbar, welche im Kapitel 2.1.3 aufgezeigt wird.
Die Gesellschaft altert – der demografische Wandel ist in Deutschland längst angekommen. Mit dem weiter steigenden Durchschnittsalter in Deutschland wächst auch der Behandlungsbedarf und damit die Relevanz der Gesundheitsversorgung (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2015). Die von dem Statistischen Bundesamt (2021) erhobenen Daten können dies bestätigen. Die Anzahl jüngerer Personen sinkt, während gleichzeitig die Anzahl älterer Menschen steigt. Die Folge ist eine Verschiebung des demografischen Rahmens. Jede zweite Person in Deutschland ist älter als 45 Jahre und jede Fünfte älter als 66 Jahre (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2021).
Eine Betrachtung der Altersstruktur in Schleswig-Holstein zeigt, dass im Jahr 1970 fast jede:r dritte Einwohner:in jünger als 20 Jahre alt war. Aktuell trifft das auf nicht einmal jede:n Fünfte:n zu. Im selben Zeitraum ist der Anteil der über 65-Jährigen von 15 % auf 23 % gestiegen. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass die Zahl der älteren Personen bis 2050 weiter zunehmen wird (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2021). Die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung lässt in der Abbildung 1 darauf schließen, dass die Anzahl an Personen im typischen Erwerbsalter abnimmt (Bundesinstitut für Bevölkerungsbefragung, 2022).
Abbildung 1 Altersstruktur in Schleswig-Holstein (Bundesinstitut für Bevölkerungsbefragung, 2022)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Entwicklung ist voraussichtlich nicht reversibel, da die geburtenstarken Jahrgänge zunehmend eine höhere Lebenserwartung erreichen. Zu erwarten ist, dass der demografische Alterungsprozess und damit eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur Auswirkungen auf den Versorgungsbedarf mit sich bringt (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2015).
Gleichzeitig bringt der Fachkräftemangel Arztpraxen in Not. Der erhöhte Versorgungsbedarf kann nicht geleistet werden. Die Praxen finden kaum noch MFA. Eine Reduktion des Leistungsspektrums sowie teilweise oder ganze Schließungen der Praxen sind Folgen des Personalmangels. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung hat diesbezüglich eine repräsentative Studie im August 2021 veröffentlicht. Von 5.300 befragten Praxen melden rund 15 % ein verkürztes Leistungsangebot aufgrund des Fachkräftemangels. Zwei Drittel der Praxen rechnen auch künftig mit substanziellen Personalproblemen (Oettel et al., 2021, Gerber, 2022).
Durch die Reduzierung der Leistungsangebote sowie Schließungen der Praxen kann beobachtet werden, dass die ambulanten Versorgungszahlen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zunehmen. Diese sind überfüllt und MFA in den Ambulanzen der Klinken überlastet (Searle et al., 2015).
Die Kombination aus dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel, der damit einhergehenden Reduktion des Versorgungsangebotes und dem vermehrten Behandlungsaufwand in den Ambulanzen der Kliniken, unterstreichen die Relevanz der Thematik.
Für die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung sind die MFA somit unabdingbar. Da die Arbeitszufriedenheit als Grund des Fachkräftemangels genannt wird, gilt es diese zu stärken, um der Wechselbereitschaft entgegenzuwirken (Gerber, 2022; Oettel et. al, 2021). Dazu werden die Variablen Arbeitszufriedenheit und die Wechselbereitschaft selbst und die damit im Zusammenhang stehenden Variablen Zufriedenheit mit dem Berufserfolg, ein wertschätzender Führungsstil und Arbeitsstress untersucht und folgend vorgestellt.
Die in dieser Studie behandelten Konstrukte werden auf Basis gängiger wissenschaftlicher Definitionen beschrieben und relevante Modelle zu den Konstrukten vorgestellt.
Arbeitszufriedenheit gilt als eines der populärsten und am besten erforschten Konstrukte im Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie (Kirchler, 2011; Spector, 1997). Trotz der Popularität der Thematik konnte sich die Wissenschaft jedoch nicht auf eine einheitliche Definition des Begriffs der Arbeitszufriedenheit einigen (Locke, 1976). Als häufig genannte Bezeichnung kann die Arbeitszufriedenheit vermehrt als die Einstellung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers gegenüber der Erwerbstätigkeit verstanden werden (Kirchler, 2011; Neuberger, 1974; Robbins, 2001; Weiss, 2002). Dabei sind verschiedene Facetten wie Arbeitsaufgaben, Beziehungen zu Kolleg:innen und Vorgesetzten sowie Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen. Die Arbeitszufriedenheit kann eine positive oder negative Ausprägung haben, welche von der Erfüllung der Erwartungshaltung sowie vergangenen Erfahrungen abhängt (Felfe & Six, 2006). Die Arbeitnehmer:innen wägen tatsächliche „Ist-Situationen“ mit dem ab, wie eine Situation sein soll. Das „Sollen“ richtet sich dabei nach individuellen Bedürfnissen, welche von der Person selbst geprägt sind und von dem Umfeld beeinflusst werden. Das Ergebnis dieses Abwägungsprozesses wird als Arbeitszufriedenheit deklariert. Für die Untersuchung der in dieser Arbeit aufgestellten Hypothesen wird ausschließlich die allgemeine Arbeitszufriedenheit betrachtet (Neuberger, 1974).
In dem bestehenden Diskurs können viele Theorien zu dem Thema Arbeitszufriedenheit verzeichnet werden (Bruggemann, 1974; Hackman & Oldham G R, 1980; Herzberg et al., 1959). Zu den bedeutsamsten Theorien zählen die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg et al. (1959), das Job Characteristic Model von Hackman und Oldham (1980) und das Zürcher Modell der Arbeitszufriedenheit von Bruggemann (1974). In dieser Ausarbeitung wird dem Modell der Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann eine große Bedeutung zugemessen. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Forschern hat Bruggemann nicht danach gesucht, was Personen grundsätzlich motiviert, sondern danach geforscht, wie Menschen auf den Unterschied zwischen ihren Erwartungen an die Bedürfnisbefriedigung am Arbeitsplatz und den tatsächlichen Möglichkeiten zu dieser Bedürfnisbefriedigung reagieren (Bruggemann, 1974).
Der Ausgangspunkt des Zürcher Modells der Arbeitszufriedenheit beinhaltet den individuellen Abgleich von Soll- und Ist-Werten. Zur Verdeutlichung der folgenden Zusammenhänge dient die Abbildung 2, in der das beschriebene Modell aufgezeigt wird. Die Abkürzung „KV“ steht hierbei für Kernvariable. Die beschriebenen Typen der Arbeitszufriedenheit sind mit „AZ Typ“ abgekürzt.
Abbildung 2 Erweitertes Modell des Zürcher Modells der Arbeitszufriedenheit (Büssing et al., 2005, S. 139)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sofern eine Situation mindestens den Erwartungen einer Person entspricht (kongruent), führt dies zur stabilisierenden Zufriedenheit. Folgend strebt diese Person entweder nach einer Erhöhung des Anspruchsniveaus (progressive Arbeitszufriedenheit) oder nach der Aufrechterhaltung (stabilisierte Arbeitszufriedenheit). Weichen die Erwartungen von den Vorstellungen ab (diskrepant), entsteht eine diffuse Unzufriedenheit, die unterschiedlich verarbeitet wird. Das Anspruchsniveau kann zum Ausgleich der Soll-Ist-Differenz gesenkt (resignative Arbeitszufriedenheit) oder aufrechterhalten werden. Eine Aufrechterhaltung kann dazu führen, dass eine Verfälschung der Situationswahrnehmung erfolgt (Pseudo-Arbeitszufriedenheit), fehlende Problemlösungsversuche vorliegen (fixierte Arbeitsunzufriedenheit) oder Problemlösungen versucht werden (konstruktive Arbeitsunzufriedenheit). Ein Unterschied zwischen Erwartungen (bzw. Bedürfnissen) und der Arbeitssituation resultiert immer in einem Rückkopplungsprozess zwischen diesen beiden Komponenten (Baumgartner & Udris, 2005; Bruggemann, 1974).
Für die Definition des Begriffs „Wechselbereitschaft“ muss zunächst der Begriff „Wechsel“ im Rahmen des Arbeitskontexts eingeordnet werden. Dieser beschreibt die Personalveränderung und -bewegung innerhalb einer Organisation oder die Abwanderung zu einem anderen Unternehmen (Goossens, 1961). Der Begriff „Bereitschaft“ meint die momentane Bereitwilligkeit eines Individuums, auf einen Reiz eine bestimmte Verhaltensweise zu zeigen. Die Auslösbarkeit und Reaktionsstärke sind nicht nur von dem Reiz, sondern auch von weiteren exogenen und endogenen Faktoren abhängig (Sandler, 1976). Der Begriff „Wechselbereitschaft“ umfasst demnach für diese Arbeit den aktiven Willen eines Individuums, die persönliche Arbeitssituation in Abhängigkeit von inneren und äußeren Reizen verändern zu wollen.
Ein enger Zusammenhang besteht zwischen den Begriffen Wechselbereitschaft und Fluktuation. Mit einer Fluktuation sind Schwankungen gemeint, welche sich im Arbeitskontext auf Personalbewegungen beziehen (Goossens, 1961). Fluktuationen beziehen sich demnach auf Personalabgänge aufgrund beidseitiger Vereinbarungen oder als autonome Entscheidungen von Beschäftigten das Arbeitsverhältnis zu beenden (Olfert, 2019). Ebenso gelten unfreiwillige Arbeitsaustritte, wie der Ruhestand oder der Tod als natürliche Fluktuation (Goossens, 1961; Smettan & Kleineidam, 2018).
Als Theorie, die zur Erklärung der Wechselbereitschaft dient, kann „The unfolding Model“ von Lee und Mitchell (1994) herangezogen werden. Das Modell erfasst den Entscheidungsprozess, in dem Personen die eigenen Gefühle, die persönliche Situation und die Arbeitsumgebung bewerten, um in einem Unternehmen zu bleiben oder einen Wechsel anzustreben. Dabei gehen Lee und Mitchell (1994) davon aus, dass Beschäftigte ihre Arbeit nicht erst bewerten, wenn sie sich bereits zu einer Kündigung entschieden haben, sondern eine Bewertung auf Basis von aufkommenden Situationen vornehmen. Diese Situationen werden in dem Modell als „Schocks“ deklariert und werden als Ereignisse beschrieben, die Beschäftigte dazu zwingen, deren Arbeit zu bewerten. Das Modell stellt vier verschiedene Pfade mit Situationen vor, die Beschäftigte erleben können und dazu führen, dass sie ihren derzeitigen Job verlassen. Die Wege werden in der Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3 The unfolding Model of Voluntary Employee Turnover (Lee & Mitchell, 1994, S. 51-90)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der erste Pfad beschreibt die Bewertung einer Situation aufgrund vorheriger Erfahrungen und führt zu einer schnellen Entscheidung. Demgegenüber werden Entscheidungen bei dem zweiten Pfad aufgrund auftretender Ereignisse getroffen. Bei dem dritten Weg sorgen unerwartete Jobangebote dafür, dass die Beschäftigten einen Vergleich zwischen den Angeboten und dem aktuellen Job ziehen und zusätzlich weitere Angebote einholen, woraufhin eine Entscheidung getroffen wird. In dem vierten Pfad erlebt der Beschäftigte ständig Arbeitsunzufriedenheit, die dazu führt, dass dieser seinen Job entweder unmittelbar kündigt oder eine Jobsuche durchführt und anschließend kündigt (Lee & Mitchell, 1994). Dieses radikal disruptive Modell hat in der Forschung verstärkt Aufmerksamkeit genossen und konnte von den Ergebnissen weiterer Studien untermauert werden (Goossens, 1961; Mitchell et al., 2001; Pinder, 2015; Smettan & Kleineidam, 2018).
Erfolg im Beruf gilt als ein wesentliches Merkmal eines erfolgreichen Erwachsenenlebens und stellt daher eine der bedeutendsten Zielsetzungen menschlicher Individuen (Abele, 2002). Das kann insbesondere auf den großen Zeitanteil zurückgeführt werden, den die meisten Menschen zwischen 20 und ca. 65 Jahren im beruflichen Kontext verbringen. Während dieser Zeit möchte die Mehrheit der Berufstätigen erfolgreich und/ oder zufrieden sein (Hohner, 2006; Sozio-oekonomisches Panel [SOEP], 2009).
In dem psychologischen Diskurs wird der „Berufserfolg“ als tatsächliche oder wahrgenommene Errungenschaft definiert, die eine Person bei der beruflichen Erfahrung erzielt hat (Judge et al., 1999b). Berufserfolg gilt als ein Prädiktor für Wohlbefinden hinsichtlich der allgemeinen Zufriedenheit. Sollte sich der Berufserfolg nicht einstellen, können Resignation und Demotivierung, „innere Kündigung“, Leistungsabfall sowie psychosomatische Beschwerden die Folge sein, was die Relevanz der Zufriedenheit mit dem Berufserfolg unterstreicht (Walsh et al., 2018).
Unterschieden wird zwischen dem objektiven und subjektiven Berufserfolg. Der objektive Erfolg wird als direkt messbar und überprüfbar definiert, während der subjektive Erfolg als individuelle Reaktion des Individuums auf berufliche Erfahrungen verstanden wird. Kriterien des objektiven Erfolges sind unter anderem Einkommen respektive Veränderung des Einkommens, Beförderungen, Verantwortungssituationen sowie die Hierarchieebene der eigenen Position. Zu den Kriterien des subjektiven Erfolges zählen unter anderem Zufriedenheitsurteile, wie die Zufriedenheit mit dem Verlauf der eigenen Karriere oder Zufriedenheit mit dem eignen Arbeitsplatz, aber auch Vergleichsurteile, bei denen sich eine Person mit bestimmten Standards vergleicht, z. B. Vergleich des eigenen Berufserfolgs mit dem von Kolleg:innen oder aber auch der Vergleich des erreichten Berufserfolgs zu fremdgesetzten Zielen (Abele et al., 2011). Daraus lässt sich folgern, dass Berufserfolg ein zusammengesetztes Konstrukt ist, das auf der einen Seite aus objektiven Merkmalen besteht, die über äußere Kriterien messbar sind. Auf der anderen Seite lässt sich Berufserfolg über subjektive Merkmale herleiten, die sich vor allem auf individuelle Selbstberichte und Zufriedenheitsurteile beziehen (Dette, 2005). Diese unterschiedlichen Facetten werden in der vorliegenden Forschung nicht vollumfänglich berücksichtigt. Neben der Untersuchung der objektiven Erfolgskriterien wird daher zusätzlich ein Fokus auf die persönlich erzielten Erfolge in der Berufslaufbahn, die erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten und den bisherigen beruflichen Karriereverlauf gerichtet. Der Vergleich mit Dritten oder extern gesetzten Zielen wird nicht betrachtet.
Die Zufriedenheit von MFA ist insbesondere in Bezug auf die zuvor genannten Facetten von Berufserfolg von großem Interesse, da sich diese Berufsgruppe weniger mit anderen Berufsgruppen vergleicht, als dass sie die eigene berufliche Entwicklung hinterfragt. In Anlehnung an vorhandene Studien zu Pflegeberufen kann für den Beruf der/des MFA abgeleitet werden, dass sich der Erfolg im Beruf vorzugsweise auf das Wohl der/des Patient:in bezieht (Blank et al., 2021). Davon ableitend kann der Berufserfolg für diese Ausarbeitung als persönlicher Fortschritt des bisherigen Berufsverlaufs und in der eigenen Position ohne Berücksichtigung äußerer Faktoren zusammengefasst werden. Die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg wird als Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber seinem bisherigen Erfolg in seiner Berufslaufbahn verstanden.
Gesellschaftliche Lebensweisen wandeln sich und damit die Vorstellungen, wie gelebt und gearbeitet werden will. Mit diesem Wandel geht auch eine Neustrukturierung der Führungskultur in Organisationen einher (Janssen & Grün, 2017). Eine immer wichtiger werdende Komponente ist die Wertschätzung der Mitarbeiter:innen, um diese langfristig an das Unternehmen zu binden (Massini, 2018). Der Begriff „Wertschätzung“ ist in der Literatur nicht einheitlich definiert. Die Vorstellungen reichen von einer kleinen Aufmerksamkeit, wie einem freundlichen Gruß, bis hin zu größeren Gesten, wie einem Firmenwagen (Zwack et al., 2011). Zielgerichtete und menschliche Führung sind Bestandteile der wertschätzenden Führung. Sie beinhaltet zudem eine achtungsvolle Kommunikation und Abstimmung, die Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses sowie das Gegenübertreten auf Augenhöhe (Massini, 2018). Für diese Ausarbeitung wird die Wertschätzung als eine Grundhaltung und Lebenseinstellung beschrieben, aus der eine Führungskraft authentische Entscheidungen trifft, wobei sie die Mitarbeiter:innen mit einbezieht.
In der Literatur wird zwischen einer Vielzahl an Führungsstilen unterschieden (Rixgens, 2005; Schmidt & Richter, 2009; Verdorfer & Peus, 2014; Zbinden, 2022). Einer immer höher werdenden Aufmerksamkeit wird dem Servant Leadership beigemessen. Da dieser die zuvor beschriebenen Bestandteile der Wertschätzung abbildet, wird er für diese Ausarbeitung fokussiert. Der Begriff kann mit „dienender Führung“ übersetzt werden. Dienende Führungskräfte haben eine ausgeprägte Fähigkeit zum Zuhören, eine gute Selbstwahrnehmung und Einfühlungsvermögen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen möchten. Sie orientieren sich an den Bedürfnissen und Interessen der Beschäftigten (Zbinden, 2022). Der Servant Leadership stellt eine altruistische Grundhaltung und das Eintreten für Andere in den Mittelpunkt. Diese Merkmale kristallisieren sich als Alleinstellungsmerkmal im Vergleich mit anderen Führungsstilen heraus (Verdorfer & Peus, 2014). Der Servant Leadership berücksichtigt mit der Variable Empowerment die Wertschätzung, weshalb er in dieser Ausarbeitung als zentraler Stil in den Vordergrund rückt.
Der deutsche Begriff „Stress“ lässt sich aus dem Englischen („stress“) mit „Anspannung“ oder „Druck“ übersetzen. Dabei wird ein subjektiv unangenehmer Zustand, bei dem das Gefühl der Anstrengung, Spannung oder innerlichen Schwere empfunden wird, von Individuen beschrieben (Lyon, 2012). In dem bestehenden Diskurs setzt sich Stress aus den beiden Faktoren Stressoren und Stressreaktionen zusammen. Erstgenanntes kann mit dem Begriff „Reiz“ gleichgesetzt werden. Auslösende Reize können positiv oder negative Erlebnisse, Bedrohungen oder Anforderungen sein, die auf den Organismus einwirken. Durch Reize wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Individuum Stressreaktionen erfährt. Eine Stressreaktion ist demnach die Wirkung auf die Reize (Briese-Neumann, 1997; Dragano, 2016; Nerdinger et al., 2019).
Lösen bestimmte Reize eine Bedrohung aus, wird Stress als Auswirkung einer psychischen Belastung erfahren (Lazarus, 1966). Eine psychische Belastung wird als die Gesamtheit der erfassbaren Einflüsse, die von außen auf das Individuum zukommen und auf dieses psychisch wirken, verstanden. Individuen erleben diese Belastung, wenn eine Spanne zwischen den konfrontierten Anforderungen und der eigenen Bewältigungsstrategie wahrgenommen wird (Demerouti et al., 2012). Die Reaktionen auf diese Belastung werden als psychische Beanspruchungen deklariert. Diese sind die individuellen, zeitlich unmittelbaren und nicht langfristigen Auswirkungen der psychischen Belastung eines Individuums in Verbindung mit den individuellen Voraussetzungen und dem Zustand. Bereits im Jahr 1987 wurde die DIN 33405 „Psychische Belastung und Beanspruchung: Allgemeines, Begriffe“ in Deutschland verabschiedet, die grundlegenden Begrifflichkeiten und das erläuterte Belastungs-Beanspruchungskonzept im Bereich der psychischen Belastung beschreibt (Deutsches Institut für Normung e. V., 1987, 1991).
Insbesondere im Arbeitskontext sind die Begrifflichkeiten „Belastung“ und „Beanspruchung“ vermehrt zu finden. Aus der organisationalen Perspektive sind die betrieblichen Ursachen und Wirkungen von Stress relevant. Diese werden unter dem Begriff Arbeitsstress zusammengefasst. Die soziale Struktur und die damit einhergehenden Ungleichheiten beeinflussen die Arbeitslast (Dragano, 2016). Zusätzlich können der technische Fortschritt (Technologie), die Globalisierung sowie die Veränderung in der Erwerbsbevölkerung, Gesellschaft und Nachhaltigkeit die Verteilung der Arbeitslast verändern und neue Stressoren kreieren oder bestehende verstärken. Für diese Forschung hat die Veränderung in der Erwerbsbevölkerung eine erhöhte Relevanz (Dewe & Cooper, 2017). Dabei hat jedes Individuum eine subjektive Wahrnehmung und priorisiert die Arbeitslast im Arbeitskontext individuell, sodass die Stressoren unterschiedlich kreiert werden (Lyon, 2012; Dragano 2016). Die Dimension der subjektiv empfundenen Arbeitsbelastung steht im Fokus der Variable Arbeitsstress in dieser Ausarbeitung.
Veröffentlichte Forschungen zeigen bereits viele Erkenntnisse zu Ursachen sowie Auswirkungen von Arbeitsstress und zu arbeitsbezogenen Stressoren (Dragano, 2016; Karasek, 1979; Lazarus, 1966; Nerdinger et al., 2019). Darüber hinaus finden Stressmodelle Anwendung, die speziell für den Arbeitskontext entwickelt wurden (Lazarus, 1966). In dieser Ausarbeitung wird ausschließlich das Job-Demands-Control-Model (JDC), Anforderungs-Kontroll-Modell, von (Karasek, 1979) näher beleuchtet. Das Modell, dargestellt in Abbildung 4, dient der Einschätzung von Belastungs- und Beanspruchungsfaktoren im Arbeitsumfeld sowie der Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt (Karasek, 1979).
Abbildung 4 Job-Demand-Control-Model (Karasek, 1979, S. 288)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei beinhaltet das JDC die an den Arbeitnehmer gestellten Arbeitsanforderungen (Psychological Demands) und die zur Verfügung stehenden Entscheidungs- und Handlungsspielräume (Job Decision Latitude - Control), aus denen sich vier Kombinationsmöglichkeiten ergeben. Die Anforderungen und Spielräume können sowohl in geringer als auch in hoher Ausprägung vorliegen. Dabei wird davon ausgegangen, dass starke Belastungen am Arbeitsplatz entstehen, wenn die Arbeitsanforderungen hoch sind, aber dem Arbeitenden nur ein geringer Handlungsspielraum aufgrund fehlender Autonomie zur Verfügung steht (Nerdinger et al., 2019).
Das aus der Theorie abzuleitende Untersuchungsmodell, welches im Fokus dieser Forschung steht, wird in derAbbildung 5aufgezeigt.
Abbildung 5 Untersuchunsmodell (Eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die abhängige Variable Arbeitszufriedenheit, mittig der Abbildung, wird durch die links aufgeführten unabhängigen Variablen Zufriedenheit mit dem Berufserfolg, einen wertschätzenden Führungsstil sowie Arbeitsstress erklärt. Auf den Einfluss dieser unabhängigen Variablen reagiert die abhängige Variable und wird daher auch als Reaktionsvariable bezeichnet. Die Variable Arbeitsstress wirkt zusätzlich direkt auf die abhänge Variable Wechselbereitschaft ein. Die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg und ein wertschätzender Führungsstil wirken immer zuerst auf die Arbeitszufriedenheit, bevor diese die Wechselbereitschaft beeinflusst. In Bezug auf die Wechselbereitschaft dient die Arbeitszufriedenheit als unabhängige Variable, welche auf die Wechselbereitschaft einwirkt.
Mithilfe der Ergebnisse bestehender Studien beginnen die folgenden Kapitel mit dem aktuellen Forschungsstand, von dem anschließend die Hypothesen (H) abgeleitet werden. Alle Hypothesen werden gerichtet aufgestellt und sollen Zusammenhänge beschreiben, sodass die Forschungslücke geschlossen werden kann.
In dem bestehenden Diskurs untersuchen zahlreiche Studien bereits seit Anfang der siebziger Jahre berufsübergreifend die Zufriedenheit und Fluktuation von Mitarbeiter:innen (Deloitte Consulting GmbH, 2019; Fietze, 2011; Locke, 1976; Nanz, 1965; Steinle, 1978). Dabei wird die Fluktuation als ein Indikator für Arbeitszufriedenheit erachtet. Maßnahmen zur Fluktuationsbeeinflussung beziehen sich vorwiegend auf materielle Anreize, wie unter anderem eine bessere Entlohnung oder eine Ausweitung betrieblicher Sozialleistungen, die sich auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen auswirken (Nanz, 1965). Arbeitgeber:innen können die Unzufriedenheit ihrer Mitarbeiter:innen demnach daran identifizieren, dass sich deren Fehlzeiten summieren oder ein erhöhtes Fluktuationstreiben sichtbar wird (Frick, 1995; Kirchler, 2011). Folglich entwickeln zufriedene Mitarbeiter:innen eine höhere Bindung an die Organisation (Kirchler, 2011). Gebert und von Rosenstiel (2002) bestätigen diese Ergebnisse und ermittelten vor 20 Jahren negative Korrelationen zwischen der Fluktuation und Arbeitszufriedenheit in Höhe von -.25 bis -.40. Konträr zu diesen Resultaten zeigen weitere Untersuchungen, dass der Aussage, dass die Arbeitszufriedenheit die Fluktuationswahrscheinlich senkt, keiner absoluten Gültigkeit beigemessen werden kann (Porter et al., 1975). Als Begründung wird angeführt, dass die Arbeitszufriedenheit als einziges Kriterium für eine Fluktuation allein nicht haltbar sei (Porter et al., 1975). Dies bestätigen auch die Ergebnisse von Thompson und Terpening (1983), welche zeigen, dass zusätzlich inhaltliche Aspekte der Berufstätigkeit, aber auch die Qualifikation für die Tätigkeit, das Ausmaß der Fluktuation, wie auch die Beziehung zwischen Arbeitszufriedenheit und Fluktuation, wesentlich beeinflussen (Thompson & Terpening, 1983). Die Forsa-Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass eine positive Arbeitsatmosphäre und das Vorgesetztenverhältnis mit 96 % bei einem Jobwechsel am wichtigsten sind (New Work SE, 2016). Im aktuellen Jahr 2022 heißt es, dass die Wechselbereitschaft in Deutschland noch nie zuvor so hoch war, wie zum gegenwertigen Zeitpunkt (New Work SE, 2022). Die repräsentative New Hiring-Studie zeigt, dass sich 37 % der Deutschen einen Jobwechsel aktiv vorstellen können oder bereits konkrete Schritte eingeleitet haben. Insbesondere den Befragten der älteren Generationen waren das Wohlbefinden und der Führungsstil wichtig. Wider Erwarten konnte festgestellt werden, dass bei den jüngeren Generationen (Y1 und Z2 ) das Gehalt zu einem endgültigen Jobwechsel führt (New Work SE, 2022). Außerdem kann zunehmend beobachtet werden, dass eine Wechselbereitschaft auch bei einer hohen Arbeitszufriedenheit vorhanden ist und auf die neuen Werte der Generationen zurückgeführt werden kann (Smettan & Kleineidam, 2018). Dennoch kann festgehalten werden, dass die Zufriedenheit als Ursache für Arbeitsplatzwechsel bislang vorwiegend untersucht wurde (Smettan & Kleineidam, 2018).
Hinsichtlich der Forschungen im Gesundheitswesen in Bezug auf die Arbeitszufriedenheit und der Wechselbereitschaft liegen ebenfalls Studien vor (HDI Berufe-Studie, 2021; Hiemisch et al., 2019; Zander & De, 2016). Die Studie des Marktforschungsinstituts YouGov zeigt, dass vier von zehn Beschäftigten im Gesundheitsbereich ihren Beruf nicht weiterempfehlen (HDI Berufe-Studie, 2021). Eine wichtige Rolle spielt hier die zunehmend negative Berufseinstellung nach den Erfahrungen mit der Coronavirus-Pandemie3, die über die Hälfte stärker ausfällt als im Durchschnitt der anderen Berufsgruppen. So gibt inzwischen jede:r Vierte im Gesundheitswesen diese Unzufriedenheit an (HDI Berufe-Studie, 2021). Vorzugsweise wurden die Themen der erhöhten Wechselbereitschaft und der Fluktuation für das Pflegepersonal in einer Vielzahl von (inter)nationalen Studien untersucht (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2021; Institut für Demoskopie Allensbach, 2021; Zander & De, 2016). Die Unzufriedenheit wird deutlich, wächst kontinuierlich und wirkt sich auf die Wechselbereitschaft aus (Institut für Demoskopie Allensbach, 2021). Etwa 42 % des nicht-ärztlichen Personals wandern in andere Praxen oder in Medizinische Versorgungszentren ab. 54 % des abwandernden Personals verlässt den Versorgungsbereich in Gänze. Zu den Hauptgründen dieser Wechsel zählen eine geringe Arbeitszufriedenheit und ungünstige Arbeitsbedingungen, wie unter anderem der Personalmangel (Oettel et al., 2021). Die Ergebnisse der Zi-Sonderbefragung zur „Personalsituation in Vertragspraxen“ zeigen bezogen auf die Jahre 2019/2020, dass deutlich mehr als die Hälfte der befragten vertragsärztlichen Praxen ausbilden und hiermit einen Beitrag dazu geleistet haben, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Allerdings sind etwa ein Viertel dieser Praxen von einer Abwanderung ihres selbst ausgebildeten Praxispersonals betroffen (Oettel et al., 2021). Eine aktuell laufende Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung untersucht derzeit die Arbeitszufriedenheit und Verbleibmotivation von akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonal in deutschen Krankenhäusern und die Identifikation von Maßnahmen der Rekrutierung und Mitarbeiter:innenbindung auf Management- und Politikebene (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2021). Deutlich wird, dass sich diese Studien vorwiegend auf das ärztliche Personal oder den Pflegebereich beziehen. So wird der Pflegeberuf um weitere Studien ergänzt, jedoch nur rudimentär um weitere Berufsgruppen im Gesundheitswesen ausgebaut (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2021; HDI Berufe-Studie, 2021; Mergenthal et al., 2014; Oettel et al., 2021).
Folglich lassen sich Studien für MFA hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft nur vereinzelt verzeichnen (Mergenthal et al., 2014; Oettel et al., 2021; Zaroti, 2015). Bei einer qualitativen Befragung von MFA wurden als Hauptgründe für eine Abwanderungsabsicht ein hohes Arbeitspensum, eine geringe Arbeitszufriedenheit und zwischenmenschliche Konflikte angegeben. In diesem Zusammenhang konnte festgestellt werden, dass bereits bis zu 50 % der MFA mehrfach über einen Arbeitgeberwechsel nachgedacht haben (Oettel et al., 2021). Ergebnisse einer quantitativen Studie zur Arbeitszufriedenheit sagen eine mittlere Arbeitszufriedenheit voraus. Die höchsten Zufriedenheitswerte konnten hinsichtlich der Kolleg:innen, der Arbeitsstunden und des Grades der Abwechslung erreicht werden. Mit dem Einkommen und der Anerkennung waren die MFA weniger zufrieden. Zu beachten ist, dass bei dieser Studie die Hälfte der MFA in Hausarztpraxen angestellt war, wovon 52 % in Einzelpraxis tätig waren und sich die Stichprobe ausschließlich an fortbildungsinteressierte MFA richtete (Mergenthal et al., 2014). Diese Ergebnisse werden durch weitere Studien, die sich auf Ärzt:innen und MFA in Hausarztpraxen fokussieren, bestätigt (Goetz et al., 2011; Praxisorganisation, 2022). Hinsichtlich der Berufswechselabsicht von MFA zeigt eine aktuelle Online-Umfrage zur Gehalts- und Arbeitssituation, dass ein großer Teil dieser Berufsgruppe über einen Berufswechsel nachdenkt: Von 3.900 befragten MFA erklärten 46 %, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten mehrere Male über einen Ausstieg aus dem Beruf nachdachten. Im Vergleich zu einer Umfrage aus dem Jahr 2017 ist eine Erhöhung von 24 % zu erkennen (Oettel et al., 2021; Sicking, 2022).
Es wird deutlich, dass der Berufsgruppe der MFA bislang generell keine große Aufmerksamkeit geschenkt wurde und die Studien aus dem bestehenden Diskurs andere Schwerpunkte behandeln und/ oder zeitlich nicht aktuell sind. Ableitend von dieser Forschungslücke beschäftigt sich die vorliegende Ausarbeitung mit der folgenden Frage:
Welche Faktoren sagen die Arbeitszufriedenheit und Wechselbereitschaft von MFA voraus?
Die Ausarbeitung soll an dieser Stelle eine Erweiterung und Öffnung des Blickwinkels bei einer immer relevanter werdenden Berufsgruppe sein. Es gilt herauszufinden, welchen Einfluss die Arbeitszufriedenheit der MFA auf die Wechselbereitschaft des Individuums hat (Zusammenhänge zwischen zwei Merkmalen mit mehreren Ausprägungen). Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wird die folgende Hypothese aufgestellt. H1: „Je höher die Arbeitszufriedenheit der MFA, desto geringer ist die Wechselbereitschaft“.
Wird in dem bestehenden Diskurs nach Studien zur Zufriedenheit mit dem Berufserfolg recherchiert, werden diverse wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema Erfolg im Berufsleben angezeigt (Abele, 2002; Iaffaldano & Muchinsky, 1985; Judge et al., 2001; Kirchmeyer, 1998). Zusätzlich können Studien zum Karriereverlauf verzeichnet werden (Abele, 2006; Dette et al., 2004). Beide Begrifflichkeiten werden hierbei synonym verwendet oder als Laufbahnerfolg zusammengefasst, weshalb die folgenden Studien den Karriereerfolg, den Berufserfolg und den Laufbahnerfolg berücksichtigen (Dette et al., 2004).
Hinsichtlich der allgemeinen Laufbahnzufriedenheit entdeckte Burchard (2000) in seiner Studie des Karriereerfolgs bei mittleren Führungsebenen deutscher Großunternehmen eine kleine positive Korrelation zwischen der erreichten Hierarchieposition und der Laufbahnzufriedenheit. Ähnlich dokumentieren Mayrhofer et al. (2008) in ihrer Studie mit betriebswirtschaftlichen Universitätsabsolventen kleine positive Zusammenhänge zwischen der Anzahl der leitenden Aufgaben und der Laufbahnzufriedenheit. In den klassischen Arbeiten von Thorndike et al. (1934) und Stott (1950) konnte die Arbeitszufriedenheit zu den Kriterien von Berufserfolg gezählt werden. Als weitere Kriterien für den Berufserfolg wurden neutrale Kennzahlen, wie das Gehalt, das Arbeitsniveau oder der berufliche Aufstieg verwendet (Stott, 1950; Thorndike et al., 1934). Spurk und Volmer nannten 2013 als Faktoren, die eine Zufriedenheit mit dem Berufserfolg voraussagen, Förderungsmaßnahmen, Trainings oder Weiterbildungsmaßnahmen sowie auch das Gehalt und Beförderungen. Als eine wichtige Variable zur Vorhersage von Zufriedenheit mit dem Berufserfolg erwies sich ebenfalls der berufliche Optimismus (Spurk & Volmer, 2013). Auch Abele et. al (2002) und Stief (2001) zählen Zufriedenheit zum Berufserfolg hinzu, da Zielbefragungen zeigen, dass zu den persönlichen beruflichen Zielen die Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit und dem Berufsverlauf zentral dazugehören, sodass deren Erreichung auch als Erfolg gewertet wird (Abele et al., 2002; Stief, 2001). Zudem kann eine empirisch enge Korrelation zwischen Zufriedenheit und motivkongruenten Zielen festgestellt werden (Brunstein, 2001; Brunstein et al., 1998; Locke, 1976; Locke & Latham, 1990; Sheldon & Kasser, 1998). Autor:innen, die zwischen objektivem Berufserfolg und subjektivem Berufserfolg differenzieren, berücksichtigen ebenfalls Zufriedenheitseinschätzungen als Bestandteil von Erfolg (Judge et al., 1995, 1999a). Im Einzelnen konnten Boudreau et al. (2001) kleine positive Korrelationen zwischen der Arbeitszufriedenheit und dem objektiven Berufserfolgskriterium, dem Gehalt, ermitteln. Befragt wurden in dieser Studie Führungskräfte aus den USA und Europa (Boudreau et al., 2001). In einer Metaanalyse auf Basis von 25 Studien fand (Dette et al., 2004) ein moderater Zusammenhang von .30 zwischen dem, anhand von Karriere-Indikatoren gemessenen, objektiven Berufserfolg und der Laufbahnzufriedenheit statt (Dette et al., 2004). Aus den Studien kann abgeleitet werden, dass eine Zufriedenheit mit dem Berufserfolg zu einer Arbeitszufriedenheit führt (Abele et al., 2002; Brunstein, 2001; Stief, 2001). Konträr dazu grenzen Bruggemann et al. (1975) die Arbeitszufriedenheit gegen den Arbeitserfolg ab und argumentieren, dass Arbeitszufriedenheit sich auf Bereiche wie Lohn, Kolleg:innen, Vorgesetzte:r, Arbeitsmittel, Arbeitszeit, Arbeitstätigkeit usw. beziehen, nicht jedoch auf Leistung oder Erfolg. Diese Ergebnisse können durch andere Studien jedoch nicht bestätigt werden (Abele et al., 2002; Brunstein, 2001; Stief, 2001).
Veröffentlichte Studien fokussieren vorwiegend Führungskräfte, mittlere Führungsebenen, Studierende, Mitarbeitende mit Führungsfunktionen, wie Delegationsbefugnis, Leitungsfunktionen oder Vorgesetztenstatus oder Mitarbeitende die studienadäquat beschäftigt sind (Abele & Spurk, 2006; Burchard, 2000; Mayrhofer et al., 2008). Ein geringer Anteil an vorhandenen Studien berücksichtigt den Erfolg in dem Bereich der Pflege. Eine Übertragung des Berufserfolgs in die Gesundheits- und Krankenpflege ist subjektiv gesehen nicht spiegelbildlich möglich (Stiller, 2004). Stiller (2004) untersucht, was Erfolg und Leistung in der Pflege darstellen kann. Sie kommt zu den Ergebnissen, dass Gefühlsarbeit und Gefühlsmanagement notwendige Kernleistungen der Pflege und der Arbeitszufriedenheit sind. Der größte Erfolg stellt sich ein, wenn ein:e Patient:in beispielsweise aus einem Krankenhaus wieder gesund oder schmerzfrei nach Hause entlassen werden kann (Stiller, 2004). Auch für die Altenpflege kann als wichtigster Erfolg aus Beschäftigtensicht die Freude am Beruf festgestellt werden (Stummer & Eith, 2009). Zusammenhänge zwischen dem Berufserfolg des Pflegepersonals und der Arbeitszufriedenheit konnten der Recherche nicht entnommen werden.
In Bezug auf die im Fokus stehende Berufsgruppe, MFA, können vereinzelt qualitative Studien zu dem Berufserfolg verzeichnet werden (Blank et al., 2021; Bleidorn et al., 2014). Zu erkennen ist, dass die hier als Erfolg deklarierten Faktoren mit den Studien des Pflegepersonals übereinstimmen (Blank et al., 2021; Stiller, 2004) Zudem liegt der Fokus erneut auf MFA, die in Hausarztpraxen tätig sind (Blank et al., 2021; Bleidorn et al., 2014). Jedoch konnten auch für diese Berufsgruppe keine Zusammenhänge zwischen dem Berufserfolg und der Arbeitszufriedenheit verzeichnet werden. Auf Basis der Annahmen und den veröffentlichten Studien wurde folgende Hypothese aufgestellt: H2: „ Je höher die Zufriedenheit mit dem Berufserfolg der MFA, desto höher ist die Arbeitszufriedenheit “.
Zahlreiche Studien untersuchen Führungsstile im Hinblick auf deren Auswirkung auf die Mitarbeiter:innen. Positive und negative Aspekte konnten nachgewiesen werden (Judge & Piccolo, 2004; Kauffeld et al., 2014; Schyns & Schilling, 2013; Tödtmann, 2017). Im Fokus stehen hierbei vermehrt die Leistung, der Erfolg, die Motivation, die Gesundheit und die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen (Einarsen et al., 2007; Gregersen et al., 2011; Kauffeld et al., 2014; Rigotti et al., 2014; Skogstad et al., 2014).
Inwieweit sich das Führungsverhalten auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt, wurde von Skogstad et al. (2014) in einer Langzeitstudie erforscht. Betrachtet wurde das tyrannische Führungsverhalten, wobei die Führungskraft versucht, die eigenen Ziele auf Kosten der Mitarbeiter:innen zu erreichen und deren Motivation durch Manipulation zu schädigen. Außerdem das Laissez-faire Führungsverhalten, bei dem Führungskräfte nur wenig Interesse an ihren Mitarbeiter:innen zeigen und weder Verantwortung übernehmen noch Entscheidungen treffen möchten. Zuletzt wurde das konstruktive Führungsverhalten, welches sich dadurch auszeichnet, dass die Führungskräfte im Einklang mit den Unternehmenszielen handeln und ihre Mitarbeiter:innen motivieren betrachtet (Einarsen et al., 2007). Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl tyrannisches als auch laissez-faires Führungsverhalten die Arbeitszufriedenheit negativ beeinflussen und zu einer langfristigen Unzufriedenheit führen. Konstruktive Führung zeigt nur kurzfristige, aber keinerlei langfristige Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit (Einarsen et al., 2007; Rigotti et al., 2014; Skogstad et al., 2014). Eine Studie von Kauffeld et al. (2014) bestätigt diese Ergebnisse und ergänzt, dass die Arbeitszufriedenheit und die -leistung durch systematische Teamarbeit und engagierte Vorgesetzte gesteigert werden können. Ein mangelhaftes Führungsverhalten, wie das Ausüben von Druck oder ein schlechtes Konfliktmanagement, wirkt sich nachweislich negativ auf die Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeiter:innen aus (Gregersen et al., 2011). Aus den vorliegenden Studienergebnissen lässt sich daher ableiten, dass Führungskräfte die Möglichkeit haben, die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter:innen positiv zu beeinflussen. Insbesondere hinsichtlich der Wertschätzung. Eine Bevölkerungsbefragung in Deutschland der ManpowerGroup Deutschland (2019) zeigt, dass 91 % der 1010 Teilnehmenden die Wertschätzung von Führungskräften sowie ehrliches Feedback und Interesse am Menschen, die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter:innen verbessern. Die Ergebnisse von Repräsentativerhebungen zeigen in dem Gebiet der Anerkennung starke Führungsdefizite. Mit wenigen Einschränkungen erklärten die Mitarbeiter:innen aller Hierarchieebenen, insgesamt zu wenig Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten (Gregersen et al., 2011; Kauffeld et al., 2014; ManpowerGroup Deutschland, 2019).
Als ein wertschätzender Führungsstil wird der Servant Leadership im Diskurs genannt (Canavesi & Minelli, 2022). Studien hierzu zeigen, dass positive Zusammenhänge mit der erlebten Beziehung zum/zur Vorgesetzten, der Arbeitszufriedenheit, den Verpflichtungen und dem freiwilligen Arbeitsengagement vorliegen (Canavesi & Minelli, 2022; Rivkin et al., 2022; Verdorfer & Peus, 2014). Auch die Gesundheit der Mitarbeiter:innen wird durch diesen Führungsstil positiv beeinflusst (Rivkin et al., 2022).
In Bezug auf das Pflegepersonal untersuchten Cummings et al. (2010) die Beziehungen zwischen verschiedenen Führungsstilen und das Arbeitsumfeld von Pflegekräften. Bei einer Literaturanalyse fanden die Autoren heraus, dass 24 Studien nachwiesen, dass Führungsstile, die sich auf Menschen und Beziehungen konzentrieren (transformierend, resonant, unterstützend und rücksichtsvoll), mit einer höheren Arbeitszufriedenheit der Pflegekraft verbunden waren, während zehn Studien herausfanden, dass Führungsstile, die sich auf die Aufgabe konzentrieren (dissonant, instrumental und Management by exception) mit einer geringeren Arbeitszufriedenheit in der Pflege verbunden waren (Cummings et al., 2010). Führung, die sich allein auf die Bewältigung von Aufgaben konzentriert, reicht nicht aus, um optimale Ergebnisse für das Pflegepersonal zu erzielen. Bemühungen von Organisationen und Einzelpersonen zur Förderung und Entwicklung von Transformations- und Beziehungsführung sind erforderlich, um die Arbeitszufriedenheit, Rekrutierung, Bindung und ein gesundes Arbeitsumfeld von Pflegekräften zu verbessern, insbesondere in diesem aktuellen und sich verschärfenden Pflegekräftemangel (Cummings et al., 2010). In Bezug auf den Servant Leadership kann festgehalten werden, dass dieser in keiner Studie für das Pflegepersonal Anwendung fand. Ausschließlich in einem Buch wird dieser Führungsstil, aufgrund des starken Einflusses auf die Jobzufriedenheit, für Pflegekräfte empfohlen (Johns et al., 2018).
Die Ergebnisse der vorherigen Studien können auf die Berufsgruppe der MFA übertragen werden. Den größten Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit bei den MFA hat die Anerkennung und Wertschätzung, die sie für ihre Arbeit bekommen. Dies bestätigt explizit eine aktuelle MFA-Studie des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. (Verband medizinischer fachberufe e.V., 2022). Spezifische Forschungen hinsichtlich wertschätzender Führungsstile oder ein Bezug zu dem Servant Leadership bei MFA liegen nicht vor.
Aus den Studien lässt sich ableiten, dass ein wertschätzendes Verhalten der Führungskraft zur Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeiter:innen führt. Die genannten Faktoren sind Aspekte des Führungsmodells Servant Leadership und stellen in nachfolgenden Untersuchungen Subskalen dar. Im Rahmen dieser Arbeit wird folgende Hypothese aufgestellt: H3: „Je wertschätzender der Führungsstil, desto höher ist die Arbeitszufriedenheit der MFA.“
Ein hohes Stressempfinden kann neben gesundheitlichen Auswirkungen einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit haben (Klingenberg, 2021). Im Jahr 2010 wurde vom Eidgenössischen Department für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), Staatssekretariat für Wirtschaft SECO eine Stressstudie in Auftrag gegeben, welche einen Zusammenhang zwischen Stress und reduzierter Arbeitszufriedenheit zeigt. Die stärksten negativen Faktoren sind hierbei emotionale Dissonanz, Organisationsprobleme und unklare Anweisungen der Führungskräfte. Je höher die Arbeitszufriedenheit ist, desto geringer ist das Stressempfinden. Hohes Stressempfinden korreliert folglich mit hoher Arbeitsunzufriedenheit (Grebner et al., 2010). Weitere Studien bestätigen diese Korrelation (Klingenberg, 2021; Schmidt et al., 2021; Ulshöfer & Jensen, 2022). Seit dem Jahr 2014 wird der Job-Stress-Index als Kennzahlen für die Auswirkung von arbeitsbedingtem Stress auf Gesundheit und Produktivtät von Erwerbstätigen ermittelt. Der Anteil der Erwerbstätigen, deren Job-Stress-Index sich im kritischen Bereich befindet, beträgt 28,2 %. Der Anteil der Erwerbstätigen, die sich emotional erschöpft fühlen, übersteigt die 30 %-Grenze (Ulshöfer & Jensen, 2022). Unzufriedenheiten lassen sich entsprechend ableiten. Insbesondere junge Mitarbeiter:innen sind häufiger gestresst und erschöpft (Ulshöfer & Jensen, 2022). Die bestehenden Forschungen zielen vorwiegend auf die Verbesserung der betrieblichen Gesundheitsförderung, Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und Reduktion der emotionalen Erschöpfung ab (Turgut et al., 2014; Ulshöfer & Jensen, 2022).
Eine Betrachtung des medizinisches Bereiches zeigt, dass hinsichtlich des Arbeitsstresses und der Arbeitszufriedenheit bei Ärzten und Ärztinnen bereits seit dem Jahr 1993 umfangreiche Untersuchungen vorliegen (HDI Berufe-Studie, 2021; Heim, 1991; Lewis et al., 1993b, 1993a; Marburger Bund, 2022). Studien, die das pflegerische Berufsbild betrachtrachten, ermitteln vergleichbare Ergebnisse: Unzufriedenheit mit der Arbeit gilt als Stressfolge (Rohwer et al., 2020). Eine Längsschnittstudie aus Deutschland bei 305 Pflegekräften in Altenpflegeeinrichtungen stellt die Relevanz der Zufriedenheit mit der Versorgung in Bezug auf die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der stationären Pflegekräfe dar (Schmidt et al., 2014). Studien zur Stressbewältigung von Pflegekräften zeigen, dass ein hohes Stressempfinden sowohl gesundheitliche Auswirkungen hat, als auch einen negativen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit (Klingenberg, 2021). Zudem geht hervor, dass Pflegekräfte im Vergleich zu anderen Berufen im Hinblick auf psychische und physische Arbeitsbelastungen überdurchschnittlich schlecht abschneiden. Die häufigsten Stressoren sind dabei Zeitdruck, höhere Arbeitslast, Emotionsarbeit, Unzufriedenheit und mangelnde Gratifikation (Schmucker, 2020; Wasner, 2021). Schlussendlich kann festgehalten werden, dass in Pflegeheimen, Krankenhäusern und ambulanten Pflegediensten Unzufriedenheit herrscht, was insbesondere auf die zu hohe Arbeitsbelastung zurückgeführt werden kann, welche durch die Corona-Pandemie verstärkt zunimmt (HDI Berufe-Studie, 2021; Institut für Demoskopie Allensbach, 2021).
Während in der Forschung bislang vor allem Ärzt:innen und Pflegekräfte im Fokus standen, sind die Erkenntnisse zu MFA begrenzt. Die ermittelten Ergebnisse bestehender Studien zu Ärzt:innen und Pflegekräften können jedoch auf MFA übertragen werden (Praxisnah, 2019; Schluckebier, 2020; Vu-Eickmann & Loerbroks, 2017; Wasner, 2021). Zudem beschäftigen sich Forscher:innen des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf seit dem Jahr 2015 mit den psychosozialen Arbeitsbedingungen von MFA. Ergebnisse der veröffentlichen Studien zeigen auf, dass ein hohes Arbeitspensum und nicht planbare Erlebnisse als ausgeprägte berufsbezogene Stressoren erlebt werden (Schluckebier, 2020). Insbesondere die Corona-Pandemie führt zu einem hohen Stresslevel bei MFA, wobei drei von vier MFA bestätigen, dass sie unter Stress stehen (Praxisnah, 2019; Wasner, 2021). Eine weitere qualitative Studie bestätigt die Aussage, dass die Arbeitszufriedenheit von MFA, bezogen auf das Einkommen und die Anerkennung für die geleistete Arbeit, am geringsten ausgeprägt ist. Die Ergebnisse der Studie leisten einen Beitrag zum Verständnis arbeitsbezogener Stressoren und Ressourcen unter MFA, sollte jedoch quantitativ überprüft werden (Vu-Eickmann & Loerbroks, 2017). Festzustellen ist, dass die Berufsgruppe MFA hinsichtlich des Stressempfinden und der Arbeitszufriedenheit vermehrt an Aufmerksamkeit gewinnt. In Anlehnung an die bestehenden Studien wird die folgende Hypothese formuliert: H4: „ Je höher der Stress der MFA, desto geringer ist die Arbeitszufriedenheit“.
Stress erhöht die Wechselbereitschaft: Diese Ergebnisse bestätigen zahlreiche aktuelle Studien aus dem bestehenden Diskurs (Half, 2017; Willis Towers Watson, 2021). Nicht nur die Absicht erhöht sich, auch die Auswirkungen von Stress führen zu tatsächlichen Organisationswechseln (Applebaum et al., 2010; Cavanaugh et al., 2000; Klingenberg, 2021). Die Zunahme von Kündigungen und Jobwechseln in andere Branchen können beobachtet werden (Schmucker, 2020). Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Willis Towers Watson (2021) zeigt, dass Personalverantwortliche einen signifikanten Anstieg der Fluktuationsrate feststellen. Das vorrangige Problem ist hierbei der generelle Stress am Arbeitsplatz. Mit 98 % belastet Stress die Befragten am meisten und führt zu Jobwechselüberlegungen (Willis Towers Watson, 2021). Arbeitsstress reduziert die Produktivität, vermehrt Absenzen und führt folglich zu einer höheren Fluktuationsrate. Der Wunsch nach einer beruflichen Veränderung ist laut der aktuellen Qualtrics-Studie (2021) vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Beschäftigten gestresst oder ausgebrannt fühlen (Qualtrics, 2021).
Diese Erkenntnisse können auch im medizinischen Bereich festgestellt werden. Die dauerhafte Erschöpfung der Ärzt:innen führt dazu, dass sich jede vierte Ärztin bzw. jeder vierte Arzt beruflich umorientieren möchte (Marburger Bund, 2022). Davon sind insbesondere unerfahrene Ärzt:innen betroffen. 58 % dieser teilen in einer deutschlandweiten Befragung mit, dass sie vorzugweise von den Dokumentationspflichten, der geringen Zeit pro Patient:in und der wenigen Pausenzeit gestresst sind. Aus der Umfrage geht ebenfalls hervor, dass Ärzt:innen in Kliniken mehr belastet sind, als angestellte Ärzt:innen in Arztpraxen (Asklepios, 2017). Auch bei den Mitarbeiter:innen in pflegerischen Berufen kann eine erhöhte Wechselbereitschaft aufgrund von Arbeitsstress abgeleitet werden (Breinbauer, 2020). Zahlreiche Studien untersuchen die Belastung in Pflegeberufen und ermitteln Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Die Mehrheit der Pflegekräfte leidet unter Arbeitsdruck und die Arbeitsunfähigkeitstage sowie Fehlzeiten nehmen zu (Aerzteblatt, 2018; Breinbauer, 2020; Hans Bröckler Stiftung, 2022; Mojtahedzadeh et al., 2021; Rohwer et al., 2020). Aktuelle Studien erforschen die Rückgewinnung bereits abgewanderter Pflegekräfte und leiten Maßnahmen ab (Hans Bröckler Stiftung, 2022). Die Ergebnisse aus der Studie über das Potenzial zur Rückgewinnung von Pflegekräften zeigen die enorme Bereitschaft in die Pflegeberufe zurückzukehren respektive Teilzeitverträge aufzustocken, wenn die Bedingungen zufriedenstellend sind. Als Bedingungen werden unter anderem eine bedarfsorientierte Personalbemessung, wertschätzende Kommunikationskultur oder feste Arbeitszeiten genannt (Auffenberg & Heß, 2021).
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1 Die Generation Y ist zwischen 1981 und 1995 geboren (Klaffke, 2014).
2 Die Generation Z ist zwischen 1995 und 2010 geboren (Klaffke, 2014).
3 weltweiter Ausbruch der Infektionskrankheit COVID-19 seit dem Jahr 2020 bis heute (Prado-Vivar et al., 2020; Robert Koch Institut, 2021).