Diplomarbeit, 2008
154 Seiten, Note: 1,3
Bilderverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungs- und Akronymverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
2 Terminologische Grundlagen
2.1 Mergers & Acquisitions
2.1.1 Der M&A-Begriff
2.1.2 Die M&A-Formen
2.1.2.1 Differenzierung anhand der Bindungsintensität
2.1.2.1.1 Kooperationen
2.1.2.1.2 Mergers & Acquisitions im engen Sinne
2.1.2.2 Differenzierung anhand der verbundenen Wirtschaftsstufen
2.1.3 Wissenschaftliche Erklärungsansätze zu Mergers & Acquisitions
2.1.3.1 Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik
2.1.3.1.1 Der Transaktionskostenansatz
2.1.3.1.2 Der Prinzipal-Agent-Ansatz
2.1.3.2 Erklärungsansätze der Strategietheorie
2.1.3.2.1 Der marktorientierte Ansatz (Market-based View)
2.1.3.2.2 Der ressourcenorientierte Ansatz (Resource-based View)
2.1.3.2.3 Die Portfoliotheorie
2.1.3.3 Zusammenfassende Bemerkung
2.1.4 Motive, Ziele und Risiken
2.1.4.1 Gründe für Mergers & Acquisitions
2.1.4.2 Ziele bei Mergers & Acquisitions
2.1.4.3 Risiken bei Mergers & Acquisitions
2.1.5 Die Planung und Durchführung von Mergers & Acquisitions
2.1.5.1 Die Vorbereitungsphase (Pre-Merger-Phase)
2.1.5.2 Die Transaktionsphase
2.1.5.3 Die Integrationsphase (Post-Merger-Phase)
2.2 Die Informationstechnologie
2.2.1 Historische Entwicklung der Informationstechnologie
2.2.2 Das IT-System von Unternehmen
2.2.3 Beitrag der IT zum Unternehmenserfolg
2.2.4 Die Integration der IT in die Unternehmensstrategie
2.2.4.1 Strategic Alignment
2.2.4.2 Aufgaben und Anforderungen an das IT-Management
2.2.5 Zusammenfassende Bemerkung
3 Bezugsrahmen der Informationstechnologie und Mergers & Acquisitions
3.1 Die Integration
3.1.1 Das Integrationsverständnis bei Mergers & Acquisitions
3.1.1.1 Integrationskonzepte der M&A-Forschung
3.1.1.2 Konstitutive Merkmale des Integrationsbegriffes
3.1.2 Das Integrationsverständnis der Wirtschaftsinformatik
3.1.2.1 Integrationskonzepte der Wirtschaftsinformatik
3.1.2.2 Der Integrationsbegriff nach L INß
3.1.3 Das Integrationsverständnis dieser Arbeit
3.1.3.1 Prozessverständnis
3.1.3.2 Ergebnisorientierung
3.1.3.3 Integrationsobjekt IT-Ressourcen
3.1.3.4 Integrationsziel Synergieeffekte
3.2 Zusammenfassende Abgrenzung des Untersuchungsbereiches
4 IT-Integration bei Mergers & Acquisitions in Wissenschaft und Praxis
4.1 IT-Integration bei Mergers & Acquisitions in der präskriptiven Literatur
4.1.1 Ziel- und Erfolgsbeiträge
4.1.2 Planungsaspekte
4.1.3 Hard- und Systemsoftware
4.1.4 Kommunikations- und Netzwerktechnik
4.1.5 Anwendungssysteme
4.1.6 Organisation und Management
4.1.6.1 Strategische Abstimmung als Problem der Integrationsgestaltung
4.1.6.2 Zeitdauer als Problem der Integrationsgestaltung
4.1.7 Zusammenfassende Bemerkung zur IT-Integration in der präskriptiven Literatur
4.2 Empirische Forschung und wissenschaftliche Literatur zur IT-Integration bei Mergers & Acquisitions
4.2.1 Kritische Würdigung der Konzeptionen und Ergebnisse empirischer Forschung
4.2.2 Bemerkung zur weiteren wissenschaftlichen Literatur
5 Systematische IT-Integration bei M&A-Transaktionen
5.1 Ausgangssituation
5.2 Zielformulierung
5.2.1 Sachziele
5.2.1.1 Strategische Abstimmung von Organisation und Informatik
5.2.1.2 IT als unterstützender Faktor der Gesamtintegration
5.2.2 Formalziele
5.3 Vorgehensmodell zur IT-Integration bei Mergers & Acquisitions
5.3.1 IT Due Diligence
5.3.1.1 Ziele der IT Due Diligence
5.3.1.2 Aktivitäten in der IT Due Diligence
5.3.1.3 Arbeitsergebnisse der IT Due Diligence
5.3.2 Detailed Assessment
5.3.2.1 Das „As-Is-Model“
5.3.2.2 Das „To-Be-Model”
5.3.3 Integration
5.3.3.1 Planung der IT-Integration
5.3.3.2 Durchführung der IT-Integration
5.3.4 Post Integration Review
5.3.5 Zusammenfassende Bemerkung zum Vorgehensmodell der IT-Integration
6 Fazit und Ausblick
Anhang I – Übersicht der empirischen Forschung zur Integration der Informationstechnologie bei Mergers & Acquisitions
Bild 1 Formen von Unternehmenszusammenschlüssen
Bild 2 Unternehmensverbindungen nach Art der verbundenen Wirtschaftsstufen
Bild 3 Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Bild 4 Gegenüberstellung der grundlegenden Wirkungsketten des marktorientierten und ressourcenorientierten Ansatzes
Bild 5 Motive für M&A-Entscheidungen
Bild 6 Vereinfachte Darstellung des M&A-Phasenmodells
Bild 7 Sechs Zielebenen der Integration
Bild 8 Phasen, Aufgaben und Methoden des IT-Managements
Bild 9 Strategic Alignment Model
Bild 10 Integrationsbegriff nach LINß
Bild 11 Gesamtkonzeption der Integrierten Informationsverarbeitung
Bild 12 Verwendete Konzeption von Integration der Informationstechnologie
Bild 13 Modell des IT-Integrationsprozesses
Bild 14 IT-Integration bei M&A nach VIELBA und VIELBA
Bild 15 IT-Integration bei M&A nach RENTROP
Bild 16 Due Diligence Informationssammlung
Bild 17 Due Diligence Report
Bild 18 Anforderungen an das „As-Is-Model“
Bild 19 Beispiel einer Szenarioplanung
Bild 20 Anforderungen an das „To-Be-Model“
Bild 21 Detailplan zur IT-Integration
Tabelle 1 Definition des M&A-Begriffs
Tabelle 2 Historische Entwicklung des M&A-Marktes
Tabelle 3 IT- und von der IT abgeleitete Synergien
Tabelle 4 Abgrenzung des Untersuchungsbereiches
Tabelle 5 Rezeption alternativer Ansätze der Anwendungssystemintegration in der präskriptiven Literatur
Tabelle 6 Ziele der Informatik in der Post-Merger Phase
Tabelle 7 Faktoren zur Beurteilung der Geschäftsprozesse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieses Kapitel gibt einen ersten Einblick in den Zusammenhang der Informationstechnologie (IT) und Mergers & Acquisitions (M&A).1 Darauf aufbauend wird die Relevanz von Mergers & Acquisitions sowie die momentane Problematik des IT-Integrationsprozesses bei M&A-Transaktionen dargestellt (Kapitel 1.1) und ein Arbeitsziel definiert (Kapitel 1.2).
Bereits im Oktober 2007 hat das weltweite Fusionsvolumen bei Unternehmen branchenübergreifend ein neues jährliches Rekordvolumen von drei Billionen US-Dollar erreicht (Köhler und Eck 2007). Fusionen sind zu einem alltäglichen Geschäft geworden. Tageszeitungen und Wirtschaftsmagazine haben im Hinblick auf das in der Historie intervallartige verstärkte vielleicht oft krankhaft euphorisch erscheinende Auftreten von Fusionen den Begriff der „Fusionitis“ geprägt (Picot 2002a, S. 16; ARD 2006; Wels 2007). Aber längst hat sich neben dem Weltmarkt für Produkte und Dienstleistungen ein Markt für Unternehmen entwickelt (Picot 2002a, S. 3). Die Aktivitäten auf diesem Markt werden in der Literatur im Allgemeinen mit dem englischen Begriff „ Mergers and Acquisitions “ beschrieben, was sich für ein erstes Verständnis mit „ Unternehmenszusammenschlüsse und -übernahmen “ ins Deutsche übersetzen lässt (Picot 2002a, S. 19).
Die Motivation, auf diesem Markt tätig zu werden, liegt nach SEIDENSCHWARZ (2006a, S. 3) in den jeweiligen strategischen Unternehmenszielen. Mergers & Acquisitions werden heute als „[...] zentrales Instrument der strategischen Unternehmensentwicklung [...]“ angesehen, um auf in- und externe Einflussfaktoren, z. B. politische und technologische Veränderungen, Globalisierung, Veränderungen der Wertschöpfungskette sowie Share- und Stakeholder Value, angemessen reagieren zu können (Seidenschwarz 2006a, S. 2-3). SEIDENSCHWARZ (2006a, S. 13) schreibt in diesem Kontext auch von einer obligatorischen „[...] Notwendigkeit der Konsistenz zwischen M&A-Vorhaben und übergreifender Unternehmensstrategie [...]“.
Als primäre Fusionsziele lassen sich somit die Stärkung der Wettbewerbsposition, die Erzielung von Synergieeffekten und der Zukauf von neuen Technologien ausmachen (Picot 2002a, S. 22). Der dementsprechende gewünschte Eintritt dieser Ziele wird dabei von diversen qualitativen und quantitativen Risiken innerhalb eines M&A-Projektes beeinflusst. Um diese im Vorfeld zu identifizieren, bedienen sich die Fusionspartner der Due Diligence (Robert 2002, S. 14). Diese umfasst eine detaillierte Unternehmensanalyse unter vorher festgelegten Schwerpunkten hinsichtlich der Stärken und Schwächen des Zielobjektes. Folglich hat sie zum Ziel, die wesentlichen Einflussfaktoren für eine Verhandlungsgrundlage beider Parteien für eine geplante M&A-Transaktion aufzuzeigen (Blöcher 2002, S. 31).
Problematisch erweist sich aber an dieser Stelle, dass in Intervallen verstärkter Fusionsaktivitäten Manager und Berater immer weniger Zeit von der Unternehmensleitung zugewiesen bekommen, um eine umfangreiche Due Diligence durchzuführen (Picot 2000, S. 49). Ausgehend von diesem Basisproblem in der Planungs- und Durchführungsphase, lässt sich das spätere Ausbleiben von Synergieeffekten auszugsweise noch auf weitere Faktoren beziehen (Vielba und Vielba 2006, S. 36-55):
- Zu große Abhängigkeit des Projekts vom Chief Executive Officer (CEO),
- keine Integration des Chief Information Officer (CIO),
- Vision wurde nicht klar oder gar nicht kommuniziert,
- Mangel an Strategie, grundsätzlicher Kommunikation, Verständnis von kulturellen Unterschieden und Sensibilität für Details
- Unterschätzen der Kosten und Komplexität,
- mangelhafte Umsetzungsplanung und Unterstützung sowie
- keine detaillierte Post-Merger-Planung.
Dabei sieht PICOT (2002a, S. 17-18) in der gegenteiligen Wirkung der o. a. Merkmale „harte“ und „weiche“ Erfolgsfaktoren, die in der wichtigen Integrationsphase starken Einfluss auf den Erfolg eines M&A-Projektes haben. Eine weitere entscheidende, aber bisher wenig beachtete Sichtweise ist, dass diese Faktoren Implikationen für die Informationstechnologie beinhalten.
Viele Veröffentlichungen in dem Bereich der Mergers & Acquisitions beobachten und beschreiben die Transaktionen aus wirtschaftlicher, finanzieller, rechtlicher, steuerlicher, umwelttechnischer oder kultureller Sicht (Heisse 2006, S. 70-72). Die Perspektive der Informationstechnologie in diesem Bezugsrahmen findet erst seit kurzer Zeit Beachtung. Eine dahingehende Orientierung ist aber unerlässlich, da sich die Informationstechnologie in den vergangenen 40 Jahren vom Automatisierungs- und Rationalisierungsinstrument hin zu einem wertsteigernden, geschäftsprozess-unterstützenden und -optimierenden Element innerhalb der Geschäftsstruktur entwickelt hat (Tiemeyer 2006, S. 9-10). Diese Entwicklung lässt sich auch in der in Kapitel 2 vorgestellten Studie von PRICEWATERHOUSECOOPERS (2000) feststellen. VIELBA und VIELBA (2006, S. 3) gehen außerdem davon aus, dass die anteiligen IT-Kosten bis zu 50 % der gesamten M&A-Integrationskosten ausmachen können und somit die Informationstechnologie schon in den ersten Phasen des M&A-Projektes eine übergeordnete Rolle im M&A-Management spielen muss.
Basierend auf den in Kapitel 1.1 geschilderten Sachverhalten, setzt sich diese Arbeit zum Ziel, die IT-Integration bei Mergers & Acquisitions vom heutigen Standpunkt aus detaillierter zu betrachten und auf der Grundlage von im Verlauf dieser Untersuchung getroffenen Annahmen ein Vorgehensmodell in diesem Rahmen vorzustellen. Aufgrund der vielseitigen Verwendung der Termini „Mergers & Acquisitions“ und „Informationstechnologie“ müssen diese aber zunächst in einem arbeitsspezifischen Kontext abgegrenzt werden (Kapitel 2). Weiterhin bietet auch der Begriff der „Integration“ verschiedene Interpretationsweisen. Die Betrachtung der Integration in Kapitel 3 dient als Rahmenkonzept, um Mergers & Acquisitions auf der einen und die Informationstechnologie auf der anderen Seite zusammenzuführen. Das Ziel an dieser Stelle wird sein, ein untersuchungsspezifisches Integrationsverständnis für die Informationstechnologie bei Mergers & Acquisitions zu definieren. Auf dieser Grundlage lassen sich anschließend verschiedene Beiträge zum Thema dieser Arbeit basierend auf den Untersuchungen von KROMER (2001) analysieren, so dass ein Status-Quo über den Forschungsstand zur IT-Integration bei Mergers & Acquisitions abgegeben werden kann. Die daraus gewonnen Erkenntnisse dienen anschließend dazu, ein geeignetes Vorgehensmodell zu identifizieren, um einen IT-Integrationsprozess bei Mergers & Acquisitions zu skizzieren.
Mergers & Acquisitions können als Sammelbegriff für Instrumente strategischer Entscheidungen auf Unternehmensebene, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung von Unternehmen sowie Kooperationen, Fusionen oder Akquisitionen stehen, angesehen werden (Gösche 1991, S. 11). Sie werden dennoch selten in Veröffentlichungen zur Einführung in die Betriebswirtschaftslehre näher erläutert. Wenn eine Einführung und Begriffsklärung expliziert wird, ist sie meist stark geprägt durch den Hintergrund der jeweiligen Autoren (Jansen 1998, S. 29). Zu Beginn der Arbeit ist es deshalb erforderlich, das Themengebiet der Mergers & Acquisitions in einem arbeitsspezifischen Kontext genau abzugrenzen, um in Kapitel 3 entsprechende Rahmenbedingungen festzulegen. Auf eine detaillierte Betrachtung der finanzwissenschaftlichen, steuerlichen und (wirtschafts-)rechtlichen Perspektiven wird in diesem Zusammenhang weitestgehend bewusst verzichtet, da sie zur IT-Integration zu geringe Schnittmengen aufweisen.
Ausgehend von einer Betrachtung der Mergers & Acquisitions folgt eine anschließende Vorstellung und Abgrenzung der Informationstechnologie. Anhand der verschiedenen Methoden und Werkzeuge des IT-Managements werden in dieser Arbeit Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Informationstechnologie bei M&A-Transaktionen integriert werden kann.
Unternehmenszusammenschlüsse sind und waren immer von großer welt- und volkswirtschaftlicher Bedeutung (Kapitel 1.1). Historisch betrachtet sind von Ende des 19. bis Ende des 20. Jahrhunderts fünf zyklische Intervalle mit verstärkter Fusionsaktivität zu beobachten. Diese sind „[...] von technologischen Fortschritten, politischen Veränderungen oder Managementtrends begründet und bisher alle mit einem Börsencrash beendet [wurden.]“ worden (Wirtz 2003, S. 88-91). Demnach folgt auf Zeiten mit volumenmäßig hoher M&A-Aktivität stets eine volkswirtschaftliche Rezession. Durch zahlreiche Ereignisse in der jungen Vergangenheit (unfreundliche Übernahmen, strategische Allianzen, EG-Binnenmarkt, Triaden-Theorie, Internet-Boom u. ä.) sind Unternehmenszusammenschlüsse wieder stark in das allgemeine Bewusstsein gerufen worden. HOPFENBECK (2000, S. 245) stellt in diesem Zusammenhang neben den Übernahmewellen auch eine deutliche Zunahme bei den Kooperationsformen (Gemeinschaftsunternehmen, Joint Ventures, Minderheitsbeteiligungen u. ä.) zwischen Unternehmen fest. Die Globalisierung der Märkte ermöglicht, dass Partner für Übernahmen und Kooperationen weltweit gefunden werden können. Dabei basiert die Entscheidung zwischen diesen beiden Formen auf der strategischen Ausrichtung des Unternehmens (Wachstums-, Wettbewerbsvorteils- und Wertsteigerungsstrategie) und der Überlegung, dass diese Ziele mit eigenen Ressourcen allein nicht erreicht werden können (Hopfenbeck 2000, S. 245).
In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff „Mergers & Acquisitions“ manifestiert. Er beschreibt für HOPFENBECK (2000, S. 310) allgemein „[...] alle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit Erwerb bzw. Veräußerung von Unternehmens/-teilen [...]“ und weiter gefasst auch mit Formen der Desinvestition/Spin-Off oder Sanierung stehen. Die dementsprechende komplexe Natur von Mergers & Acquisitions hat dazu geführt, dass sie bisher in zahlreichen wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen, organisationstheoretischen, finanzwissenschaftlichen sowie kartell- und steuerrechtlichen Publikationen untersucht wurden (Wirtz 2003, S. 7).
Die aufgezählten wissenschaftlichen Herangehensweisen bieten aber keine einheitliche Definition bezüglich der Begrifflichkeit, Formen und Ausprägungen von Mergers & Acquisitions. Kartelle, Joint Ventures, strategische Allianzen und Fusionen können ebenso zu dem Themengebiet gezählt werden wie im weiteren Sinne Unternehmenssicherungen und –nachfolgen, Management Buy-In und Buy-Out, Börsengänge/IPO, Umwandlungsmaßnahmen und Restrukturierungen (Hopfenbeck 2000, S. 310; Picot 2003a, S. 20-21; Wirtz 2003, S. 9). Dabei lassen sie sich durch verschiedene Charakteristika, z. B. strategische Grundausrichtung, Kooperations- und Integrationsintensität, Kosten, Kommunikationsbedarf, Risiko- und Beteiligungsgrad sowie rechtliche und steuerliche Ausprägung, voneinander abgrenzen (Meerkatt et al. 2004, S. 24; Seidenschwarz 2006a, S. 18-19). Wie es bereits in vielen Publikationen zu Mergers & Acquisitions üblich ist, machen die unterschiedlichen Erscheinungsformen somit eine frühzeitige Klärung der Begrifflichkeit des Themenkreises zu Beginn der vorliegenden Arbeit notwendig.
In einem ersten Schritt wird daher der Fokus auf den M&A-Begriff gelegt (Kapitel 2.1.1). Anschließend werden relevante Erscheinungsformen vorgestellt (Kapitel 2.1.2) und auf verschiedene wissenschaftliche Erklärungsansätze Bezug genommen (Kapitel 2.1.3). Die Darstellung der Chancen und Risiken (Kapitel 2.1.4) von M&A-Transaktionen sowie der M&A-Planungsphasen (Kapitel 2.1.5) bilden den Abschluss.
Das ursprünglich angloamerikanische Begriffspaar „Mergers and Acquisitions“ stammt aus der ersten Übernahmewelle (1895 – 1904) in den USA und wird inzwischen auch im deutschen Sprachgebrauch angewendet (Wirtz 2003, S. 10). DUDEN (2001) und BROCKHAUS (2007) übersetzen das Paar mit „ Fusion und Akquisition “ und beschreiben damit wie PICOT (2003a, S. 20) grundsätzliche Aktivitäten im Bereich der „Unternehmenszusammenschlüsse und Unternehmensübernahmen“. Eine einheitliche Abgrenzung des M&A-Begriffs findet in der deutschsprachigen Literatur aber nicht statt (Gösche 1991, S. 11). PICOT (2003a, S. 20) sieht einen Grund dafür in der nicht einheitlich definierten Basis der deutschen Begrifflichkeit. Da eine genaue Abgrenzung der Termini „Unternehmen“ bzw. „Unternehmenskauf“ im deutschen Recht nicht existiert, sind die Versuche einer Begriffsbestimmung zahlreich. Aus zivilrechtlicher Perspektive definieren RÖDDER ET AL. (2003, S. 7) ein Unternehmen als „[...] eine selbstständige Organisations- und Funktionseinheit, die aus einer Gesamtheit von Sachen und Rechten besteht und in der Menschen, immaterielle Faktoren, tatsächliche Beziehungen und Erfahrungen mit dem Ziel zusammenwirken [...] wirtschaftliche Aktivitäten zu entfalten [...]“. Die Betriebswirtschaftslehre sieht „[...] das Unternehmen als ökonomische Einheit der Gesamtwirtschaft, die [...] auf eigene Rechnung und Gefahr zum Zwecke des Erwerbs betrieben wird“ (Picot 2003a, S. 20). Diese Erläuterungen beruhen aber wiederum auf Annahmen und weiteren Begriffen, die ihrerseits einer genauen kontextspezifischen Definition bedürfen (z. B. Kauf und Verkauf von immateriellen Faktoren, Beziehungen und Erfahrungen). Ein weiterer Grund für eine nicht einheitliche Abgrenzung des M&A-Begriffes kann der Vorrang eines pragmatischen Vorgehens bei M&A-Transaktionen vor einer wissenschaftlichen definitorischen Exaktheit sein.
Selbst in der angloamerikanischen Literatur ist daher keine einheitliche Begriffsverwendung ausfindig zu machen. Einige Autoren verwenden die Fachausdrücke „Mergers“ und „Acquisitions“ synonym (Ansoff und Weston 1962, S. 56; Napier et al. 1989, S. 105), während andere sie getrennt betrachten und ihnen unterschiedliche Bedeutungen beimessen (Buono und Bowditch 1989, S. 18-19; Cartwright und Cooper 1992, S. 30).
Die dargestellte Uneinigkeit in der Begriffsdefinition bewirkt, dass der Term „Mergers & Acquisitions“ in der globalen Wirtschaft gleichbedeutend für ein weites Themengebiet verwendet wird (Kapitel 2.1.1).
Die nachfolgende Tabelle 1 stellt in Anlehnung an WIRTZ (2003, S. 11) die Definitionsansätze (D1 bis D6) einiger Autoren zu Mergers & Acquisitions dar, um anschließend Gemeinsamkeiten für eine arbeitsspezifische Abgrenzung zu liefern.
Tabelle 1 Definition des M&A-Begriffs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an WIRTZ (2003, S. 11)
Bei einer vergleichenden Betrachtung dieser Definitionsansätze ist als zentrale Eigenschaft der Transaktionscharakter zu identifizieren (D3 bis D6), womit eine gestaltungsorientierte Sicht verbunden ist. Viele Begriffsbestimmungen weisen ergänzend eine ziel- und zweckbestimmte Perspektive auf, indem sie sich auf die Übertragung von Eigentumsrechten mit Weisungs- und Kontrollbefugnis beziehen (D3 bis D6). Weitere Ansätze sehen in Mergers & Acquisitions ein Instrumentarium der Unternehmensstrategie (D1, D5). Eine eher weite Auslegung integriert jedwede Dienstleistungsaktivität in diesem Bereich und berücksichtigt somit die Berater- und Bankenperspektive (D5), während eine andere Definition unterschiedliche Kooperationsformen einbezieht (D1).
Der Transaktionsansatz führt dazu, Mergers & Acquisitions als einen ganzheitlichen und phasenübergreifenden Prozess anzusehen, der einer allumfassenden Planung, Steuerung und Kontrolle bedarf. WIRTZ (2003, S. 12) bezieht sich auf diese Überlegungen und definiert in diesem Kontext das M&A-Management:
„Das M&A-Management umfasst den Prozess und das Ergebnis des strategisch motivierten Kaufs bzw. Zusammenschlusses von Unternehmen oder Unternehmensteilen und deren anschließender Integration oder Weiterveräußerung. Damit verbunden ist eine Übertragung der Leitungs-, Kontroll- und Verfügungsbefugnisse.“
Dieser Ansatz berücksichtigt gleichermaßen die strategische Ausrichtung sowie die operative Umsetzungsproblematik innerhalb des M&A-Prozesses. Darüber hinaus umfasst diese Definition neben dem Akquisitions- und Integrationsmanagement auch das Demerger-Management, die Weiterveräußerung von Unternehmens(teil)bereichen nach Abschluss der Akquisitions- und Fusionsverhandlungen. Des Weiteren ergänzt sich die o. g. Definition mit den Ausführungen von JANSEN (1998, S. 29), Mergers & Acquisitions als einen Sammelbegriff zu verstehen, „[...] der sich auf Unternehmensebene zu einem Instrument strategischer Entscheidungen [...] entwickelt hat.“
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf diese Begriffsbestimmung weiter Bezug genommen. Der verwendete Term des „Unternehmenszusammenschlusses“ fand bisher keine klare Abgrenzung, weshalb im Folgenden die unterschiedlichen Ausprägungsarten vorgestellt werden.
Mergers & Acquisitions und Unternehmenszusammenschlüsse bezeichnen im weiten Sinne sämtliche vertragliche und kapitalrechtliche Verbindungen zwischen mehreren rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen zu einer größeren Wirtschaftseinheit und zielen auf die Verfolgung gemeinschaftlicher wirtschaftlicher Interessen ab (Paprottka 1996, S. 5; Robert 2002, S. 4; Picot 2003a, S. 20-21).2 Sie können anhand der Bindungsintensität und Art der verbundenen Wirtschaftsstufen klassifiziert werden (Hopfenbeck 2000, S. 252-255; Wöhe und Döring 2002, S. 302). Mittels des Systematisierungskriteriums der Bindungsintensität, die den Eingriffsgrad in die wirtschaftliche und rechtliche Selbstständigkeit der beteiligten Unternehmen darstellt, lassen sie sich in Kooperationen und Konzentrationen unterscheiden (Wöhe und Döring 2002, S. 302; Sperling 2007, S. 36-37):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1 Formen von Unternehmenszusammenschlüssen
Quelle: In Anlehnung an HOPFENBECK (2000, S. 253), WÖHE und DÖRING (2002, S. 302) und PICOT (2003a, S. 20–21)
Der Begriff der „Unternehmenskooperation“ ist in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert. Je nach Auslegung werden sehr enge oder sehr weit gefasste Interpretationen deutlich. Neben diesem Terminus haben sich weitere Fachbegriffe wie z. B. strategische Allianzen, Joint Ventures, Netzwerke und Koalitionen etabliert, die bedeutungsgleich oder differenzierend verwendet werden. Grundsätzlich beschreibt die Kooperation eine „[...] freiwillige Form der Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehr rechtlich und wirtschaftlich weitgehend selbständigen Unternehmen [...], bei der zum Zwecke einer besseren Zielerreichung der Beteiligten bestimmte Funktionen gemeinsam realisiert werden [...]“ (Balling 1997, S. 8). Dabei bleiben die Partnerunternehmen rechtlich und in den nicht von der Kooperation betroffenen Bereichen wirtschaftlich selbstständig (Paprottka 1996, S. 8-9). In Kapitel 2.1.2.2 werden wichtige Formen der Unternehmenskooperation zusammengefasst dargestellt.
Neben den Kooperationen werden die Unternehmenskonzentrationen oder Mergers & Acquisitions im engen Sinne unterschieden. Von dieser Form sind im Gegensatz zu erstgenannter nicht nur einzelne, sondern alle Funktionsbereiche (z. B. Einkauf, Produktion, Forschung und Entwicklung) der zusammengeschlossenen Unternehmen mit der Zielsetzung der gemeinsamen Ausübung betroffen. Ein Hauptmerkmal der Konzentration ist der Verlust der wirtschaftlichen Selbstständigkeit von mindestens einem beteiligten Unternehmen (Wirtz 2003, S. 15).3 Die Führung der verbundenen Unternehmen obliegt letztendlich einer einheitlichen Leitung, der sich alle betroffenen Unternehmen unterzuordnen haben (Wöhe und Döring 2002, S. 286). Bezüglich wirtschaftlicher und rechtlicher Kriterien sind grundsätzlich zwei Unterformen zu differenzieren, die Fusion (Merger) und die Konzernierung oder Akquisition (Acquisition). Diese Ausprägungen werden im Kapitel 2.1.2.1 näher erläutert.
Eine weitere Differenzierung von Unternehmensverbindungen beruht auf dem Systematisierungskriterium der verbundenen Wirtschaftsstufen. Nach allgemeiner Meinung lassen sich Unternehmenszusammenschlüsse in horizontale, vertikale und konglomerate Verbindungen unterteilen (Hopfenbeck 2000, S. 254-255; Wirtz 2003, S. 18-19; Wöhe und Döring 2005, S. 286-287). Daraus ergibt sich folgende Übersicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 2 Unternehmensverbindungen nach Art der verbundenen Wirtschaftsstufen
Quelle: Eigene Darstellung
Diese Darstellung scheint auf den ersten Blick von eher simpler Bedeutung, ist aber innerhalb eines M&A-Prozesses von enormer Wichtigkeit. Die Wahl einer bestimmten Verbindungsart, determiniert durch die Ähnlichkeit bzw. Diversität der von den beteiligten Unternehmen bearbeiteten Produkt-Marktfelder, gibt Rückschlüsse auf die notwendigen Aktivitäten hinsichtlich Bedarf und Ausmaß für ein erfolgreiches M&A-Projekt.4 Außerdem stehen sie im Zusammenhang mit kartellrechtlichen Fragen (WIRTZ 2003, S. 18).
Die vorgestellten Differenzierungen weisen im Hinblick auf das Thema dieser Arbeit unterschiedliche Implikationen bezüglich der Integrationsart und -tiefe auf. Sie werden daher in Kapitel 2.1.2.2 einer genaueren Betrachtung unterzogen.
Die systematische Einteilung von Unternehmenszusammenschlüssen anhand der Bindungsintensität in Kooperationen und Konzentrationen wurde im vorangegangenen Kapitel dargestellt. Die beschriebenen Formen weisen auf den ersten Blick aus betriebswirtschaftlicher, informatischer und rechtlicher Sicht und daraus resultierend auch aus wirtschaftsinformatischer Sicht unterschiedliche Implikationen bezüglich eines bevorstehenden IT-Integrationsvorhabens auf. Für eine grundsätzliche Differenzierung werden sie im nächsten Abschnitt eingehender betrachtet.
Kooperationen sind grundsätzlich durch eine freiwillige Zusammenarbeit von Unternehmen geprägt (Bild 1). Diese hat i. d. R. zum Ziel, durch die Zusammenlegung einzelner Unternehmensfunktionen (z. B. Einkauf, Forschung und Entwicklung) und die gemeinschaftliche Erfüllung von wirtschaftlichen Aufgaben die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb eines beschränkten Zeitraums zu steigern (Paprottka 1996, S. 8-9; Schaper-Rinkel 1998, S. 20-21; Wöhe und Döring 2002, S. 303). Zusätzlich zählen zu den wesentlichen Eigenschaften der Kooperation (Sperling 2007, S. 38):
- Eine gleichberechtigte Abstimmung und/oder gemeinsame Erfüllung von Teilaufgaben zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels,
- außerhalb des Aufgabengebiets der Kooperation rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen,
- eine vertragliche Vereinbarung und
- eine freiwillige und legitime Basis.
Auf diesen konstitutiven Merkmalen basierend lassen sich weitere Unterscheidungen und eine Vielfalt von Begriffen finden, die die Diversität bei der interorganisationalen Zusammenarbeit widerspiegeln. Nach BALLING (1997, S. 12) können diese Begriffe in „ältere“ und „neuere“ unterschieden werden, wobei letztgenannte für ihn auf „[...] der Wiederentdeckung des Kooperationsphänomens in der Managementpraxis in den achtziger Jahren [...] (z. B. Strategische Allianzen, Value Added Partnerships, Strategische Netzwerke etc.) [...]“ zurückzuführen sind. Dieser Adaptionsprozess hat zur Folge, dass damals bekannte und langverwendete Ausdrücke nun inhaltlich unterschiedlich interpretiert werden und neue Bezeichnungen noch ohne klare inhaltliche Zuordnung sind.5
Ohne eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen autorenabhängigen Begriffsdefinitionen wird an dieser Stelle der Ansatz von WIRTZ (2003, S. 13) und SPERLING (2007, S. 37-39) vorgestellt. Sie differenzieren Joint Ventures und Allianzen als strategische und z. B. virtuelle Organisationen, Interessengemeinschaften und Wirtschaftsverbände als operative Erscheinungsform der Kooperationen.6
Ein Joint Venture oder auch Gemeinschaftsunternehmen entsteht durch die Kooperation von zwei oder mehreren wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Partnerunternehmen. Die Zusammenarbeit findet dabei in Form des Erwerbs oder der Gründung eines eigenen rechtlich unabhängigen Unternehmens statt, in dem i. d. R. mindestens zwei Kooperierende gemeinsam die Leitungsmacht ausüben.
Der Terminus der strategischen Allianz entstand aus dem Koalitionsbegriff und bezeichnet eine Kooperationsform unterschiedlicher Bindungsrichtungen von rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Organisationen mit einem niedrigeren Institutionalisierungsgrad (Paprottka 1996, S. 8-9). Als besondere Merkmale der strategischen Allianz gelten die vornehmlich strategische und inhaltlich begrenzte Zusammenarbeit, ein langfristiger, aber dennoch begrenzter Zeithorizont und die abgestimmte gemeinschaftliche Ausführung von Marktaktivitäten (Sperling 2007, S. 39).
Die virtuelle Organisation sei hier stellvertretend für alle weiteren operativen Unternehmenskooperationen aufgeführt. Auch für die Begriffe der „virtuellen Organisation“ oder des „virtuellen Unternehmens“ existieren in der Literatur keine einheitliche Begriffsabgrenzungen (Sperling 2007, S.38). REISS ET AL. (1997, S. 78) bezeichnen sie als „[...] besonders anpassungsfähige[n] Formen von informationstechnisch unterstützten und zeitlich befristeten Kooperationen zwischen juristisch selbständigen Firmen und Personen zur Erfüllung von Kundenaufträgen.“ Die kooperierenden Unternehmen beteiligen sich innerhalb einer virtuellen Organisation vorrangig mit ihren Kernkompetenzen und treten gegenüber Dritten wie ein einheitliches Unternehmen auf, ohne dabei ein neues rechtlich selbstständiges Unternehmen zu gründen (Gora und Scheid 2001, S. 12-13).7
Die vorgestellten Erscheinungsformen der Unternehmenskooperation werden ergänzt durch die Unternehmenskonzentrationen oder Mergers & Acquisitions im engen Sinne.
Mergers & Acquisitions im engen Sinne oder Unternehmenskonzentrationen unterteilen sich in Fusionen (Mergers) und Akquisitionen bzw. Konzernierungen oder auch Übernahmen (Acquisitions). Im Gegensatz zur Kooperation verlieren die Unternehmen bei der Durchführung von Fusionen und Übernahmen ihre wirtschaftliche und fakultativ ihre rechtliche Selbstständigkeit.
Akquisitionen
Akquisitionen (Acquisitions) von Geschäftsfeldern oder gesamten Unternehmen sind in der Praxis eine sehr häufig gewählte Form zur Portfolioveränderung (Kapitel 2.1.3.2.3) und externen Entwicklung. Sie werden allgemein in „Asset Deal“ und „Share Deal“ kategorisiert (Paprottka 1996, S. 7). Ein „Asset Deal“ beschreibt eine Akquisition durch den Erwerb von sämtlichen Wirtschaftsgütern durch das akquirierende Unternehmen, wohingegen ein „Share Deal“ auf dem Erwerb von Unternehmensanteilen basiert.
Bei einer gesamtheitlichen Akquisition (z. B. BMW-Rover oder Deutsche Bank-Bankers Trust) übernimmt das akquirierende Unternehmen ein eigenständiges Unternehmen inklusive dessen Geschäftsfelder, wobei auch nur der Erwerb von einzelnen Teilen im Sinne einer Akquisition denkbar wäre. Bei einer Share Deal-Transaktion sind, um ein eigenständiges Unternehmen zu erwerben, in der Regel mehr als 50 % der Eigentümeranteile zu erwerben, damit gegenüber dem akquirierten Unternehmen eine dominante Rolle eingenommen werden kann. Bei einem Erwerb von bis zu 100 % der Anteile besteht nach deutschem Recht die Möglichkeit für das akquirierende Unternehmen, das übernommene Unternehmen aktienrechtlich einzugliedern oder dessen rechtliche Selbstständigkeit aufzuheben (Hungenberg 2006, S. 508-509).8 Letztendlich entsteht eine für beide Unternehmen übergeordnete einheitliche Leitung (Schaper-Rinkel 1998, S. 19).
Fusionen
Fusionen (Mergers) beschreiben den Vorgang der Verschmelzung von zwei oder mehreren selbstständigen Unternehmen zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit. Das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG, § 2) unterscheidet zum einen die Fusion durch Aufnahme, bei der mindestens ein Unternehmen durch den Fusionsprozess seine rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit verliert und das annektierende Unternehmen sämtliche Vermögensgegenstände übernimmt, und zum anderen die Fusion durch Neugründung, bei der alle beteiligten Unternehmen ihre bisherige rechtliche Identität verlieren und das neue Unternehmen die Gesamtrechtsnachfolge antritt (Robert 2002, S. 3-6; Sperling 2007, S. 40).
In den folgenden Abschnitten wird der Begriff „Mergers & Acquisitions“ dennoch zunächst im weiten Sinn, also synonym zu dem Begriff „Unternehmenszusammenschlüsse“ verwendet. Begründet ist dies dadurch, dass der M&A-Begriff selber für ein größeres Tätigkeitsgebiet steht, als seine beinhalteten verknüpften Einzeltermini „Mergers“ und „Acquisitions“.
Die Systematisierung von Unternehmenszusammenschlüssen anhand des Merkmals der verbundenen Wirtschaftsstufen sieht eine generelle Dreiteilung in horizontale, vertikale und konglomerate Verbindungen vor.9 Die einzelnen Ausprägungen können dabei mit den Unterteilungen der Bindungsintensität in Bezug gesetzt werden.
Horizontale Verbindungen
Horizontale Verbindungen sind Vereinigungen zwischen Unternehmen innerhalb derselben Produktions- oder Handelsstufe und Branche (z. B. mehrere Handelshäuser, mehrere Musikfirmen oder mehrere Brauereien). Die angedeutete kartellrechtliche Relevanz beruht darauf, dass es im Zuge des Zusammenschlusses je nach Ausmaß der Partnerschaft zu einer drastischen Verschiebung der Marktmachtverhältnisse innerhalb der Wirtschaftsstufe kommen kann (Robert 2002, S. 7). Zusammenschlüsse auf dieser Ebene können aus verschiedenen Motivationen und Zielen erfolgen (Wöhe und Döring 2005, S. 286-287):
- Ausschaltung der bisher bestehenden Konkurrenz,
- Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung gegenüber nicht angeschlossenen Unternehmen,
- Erringen gemeinsamer Marktmacht gegenüber Lieferanten und Abnehmern sowie
- Koordinierung oder gemeinsame Durchführung bestimmter Funktionen (z. B. Bildung von Bankenkonsortien zur Emission von Wertpapieren).
Vertikale Verbindungen
Als vertikale Verbindungen bezeichnet man hingegen Vereinigungen von Unternehmen von aufeinander folgenden Produktions- und Handelsstufen. Je nach Sichtweise sind bei dieser Art die Rückwärts- und die Vorwärtsintegration zu unterscheiden. Erstgenannte bezeichnet eine Verbindung mit einem Partner der vorgelagerten Produktionsstufe, so dass die Versorgungssicherung mit Rohstoffen oder Fertigteilen im Vordergrund steht. Letztgenannte beschreibt den Zusammenschluss mit einem Partner der nachgelagerten Produktionsstufe und ist durch die Sicherung des Absatzes und die Möglichkeit eines internen Gewinn-Verlustausgleichs motiviert. Vertikale Zusammenschlüsse können daher häufig auch als Wertschöpfungspartnerschaften bezeichnet werden (Hopfenbeck 2000, S. 254; Wöhe und Döring 2005, S. 287).
Konglomerate Verbindungen
Eine konglomerate Verbindung liegt vor, wenn die Bedingungen eines horizontalen oder vertikalen Zusammenschlusses nicht gegeben sind. Folglich werden unter dem Begriff alle Partnerschaften zwischen Unternehmen unterschiedlicher Produktions- und Handelsstufen subsummiert. Konglomerate Zusammenschlüsse sind durch finanzpolitische Überlegungen motiviert und werden aus Gründen der Risikodiversifikation getätigt. Ein weiterer Grund kann in dem Wunsch nach der Teilnahme an Wachstumsbranchen gesucht werden. Die Auswirkungen auf den Marktwettbewerb sind dabei als eher schwach einzustufen (Hopfenbeck 2000, S. 254-255; Wöhe und Döring 2005, S. 287).
Die Ausprägung eines Zusammenschlusses ist folglich von einer vorgegebenen unternehmensspezifischen Strategie abhängig. Diese Strategie beruht auf langfristig ausgelegten Planungen, in deren Rahmen Mergers & Acquisitions als eine Alternative zur Zielerreichung angesehen werden können. Aus der Perspektive verschiedener wissenschaftlicher Erklärungsansätze wird im folgenden Kapitel dargestellt, warum Unternehmenszusammenschlüsse in der Praxis stattfinden.
Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Bedeutsamkeit des Themas erläutert, die Begrifflichkeiten abgegrenzt und die unterschiedlichen Ausprägungen und Formen von Mergers & Acquisitions vorgestellt wurden, wird im Folgenden auf die ökonomisch- und strategietheoretischen Ansätze, die für Unternehmens-zusammenschlüsse bedeutsam sind, eingegangen. Die präsentierten Theorien dienen in Kapitel 2.1.4 dazu, Motive und Zielsetzungen für Mergers & Acquisitions abzuleiten.
Die neoklassische Theorie muss bei der Suche nach einem wissenschaftlichen Erklärungsansatz für Mergers & Acquisitions ausgeschlossen werden, da die reale Existenz von verschiedenen Organisationsformen (Institutionen), marktbedingten Informationsasymmetrien und Transaktionskosten nicht mit ihr vereinbar ist. Sie basiert im Gegensatz zur Neuen Institutionenökonomik auf vollkommenen und friktionslosen Märkten, die ohne Informations- oder Transaktionskosten genutzt werden dürfen. Das Ziel der Marktteilnehmer liegt dabei in der individuellen Nutzenmaximierung (Kräkel 2007, S. 6). Die Neue Institutionenökonomik bietet geeignetere Betrachtungsweisen: Sie versucht, „[...] durch die explizite Betrachtung verschiedener Marktunvollkommenheiten zu erläutern, warum Märkte durch Institutionen und Organisationen umgangen werden und inwiefern Institutionen und Organisationen als Kompensationsmechanismus für Märkte angesehen werden können“ (Wirtz 2003, S. 24). Durch die Betrachtung der Abhängigkeiten zwischen Institutionen und dem menschlichen Verhalten wird ein Erklärungsansatz für die Existenz und den Wandel von Institutionen abgeleitet (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 149). Im Mittelpunkt stehen dabei drei wesentliche Erklärungsansätze, die verschiedene Aspekte der neoklassischen Theorie auflösen und somit unterschiedliche Marktunvollkommenheiten analysieren:
- Der Transaktionskostenansatz,
- der Prinzipal-Agent-Ansatz (Agency-Theorie) und
- der Property-Rights-Ansatz (Theorie der Verfügungsrechte).
Von diesen Erklärungsansätzen liefern nach WIRTZ (2003, S. 24-25) lediglich der Transaktionskosten- sowie der Prinzipal-Agent-Ansatz Bezugspunkte zu Mergers & Acquisitions. Diese werden nachstehend dargestellt und im M&A-Kontext betrachtet.
Der Transaktionskostenansatz ist auf die grundlegenden Beiträge von COMMONS (1924) und COASE (1937) zurückzuführen und wurde von WILLIAMSON (1985) erweitert. Er versucht im Wesentlichen, eine Antwort auf die Frage zu liefern, warum Institutionen existieren und warum in einer Marktwirtschaft nicht alle Transaktionen direkt zwischen den Einzelakteuren realisiert werden (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 149).
Zentraler Aspekt der Transaktionskostentheorie sind Transaktionen, die allgemein die Übertragung von Verfügungsrechten10 und (Dienst-)Leistungen beschreiben. Der Transaktionskostenansatz geht davon aus, dass jeder Analysegegenstand, der sich explizit oder implizit vertraglich fixieren lässt, aus transaktionskostentheoretischer Sicht systematisiert werden kann (Nienhüser und Jans 2004, S. 2). Je nach Perspektive können die Kosten, i. d. S. auch Transaktionskosten genannt, die für die Vertragsakteure vor, während und nach dem Vertragsprozess entstehen, kategorisiert werden. WILLIAMSON (1985, S. 20) verwendet für seine Einteilung in Ex ante- und Ex post-Transaktionskosten eine zeitpunktbezogene Differenzierung, wohingegen RICHTER und FURUBOTN (2003, S. 53-64) interne organisationsbezogene, externe marktbezogene und politische Transaktionskosten unterscheiden. Folgt man der Klassifikation von PICOT (2005, S. 53-54), so fallen Kosten der Information und Kommunikation für die Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung von Verträgen unter die Transaktionskosten. Sie treten zusätzlich zu den Kosten des direkten Faktoreinsatzes, den Produktionskosten, auf und sind von diesen zu trennen (Kräkel 2007, S. 7).
Darüber hinaus identifiziert WILLIAMSON (1985, S. 52) die Variablen der Verhaltensannahme, der Umweltfaktoren und der Transaktionsatmosphäre bzw. -häufigkeit als zentrale Einflussgrößen bei der Bestimmung der Transaktionskosten. Die in diesem Kontext handelnden Individuen weisen dabei zwei zentrale Verhaltensmerkmale auf, die der begrenzten Rationalität und des Opportunismus. In Verbindung mit den Umweltmerkmalen (Unsicherheit, Spezifität und strategische Bedeutung) und der Häufigkeit einer Transaktion können sie je nach Kombination von Ausmaß und Ausprägung die Transaktionskosten positiv wie negativ beeinflussen (Picot 2005, S. 53-57).
Die Handlungsweise von Unternehmen lässt sich mit dem Erklärungsansatz von C OASE (1937) 11 zur Existenz von Organisationen mit Hilfe von Transaktionskosten zusammenfassend darstellen. Demnach übernehmen „[...] Unternehmen die Transaktionen solange selbst [...], bis die internen Koordinationskosten für die Einbeziehung einer weiteren Transaktion diejenigen Kosten übersteigen, die bei der Abwicklung dieser Transaktion über den Markt anfallen würden“ (Wirtz 2003, S. 26).
Auf den M&A-Kontext bezogen bedeutet dies, dass Unternehmenszusammenschlüsse aus transaktionskostentheoretischer Sicht begründet sind, wenn die anfallenden Transaktionskosten im Vergleich zu einer marktorientierten Abwicklung reduziert werden können. Dieses Vorgehen bedarf aber einer kontinuierlichen Prüfung, da es bei einem Anstieg der internalisierten Kosten gegenüber den „Marktkosten“ aus transaktionskostentheoretischer Perspektive zu einer Anpassung kommen muss, was im Falle eines Unternehmenszusammenschlusses die Wiederveräußerung eines Unternehmensbereiches bedeuten würde (Wirtz 2003, S. 26-27).12
Der speziellere Erklärungsansatz von Williamson (1985) 13 zur Gründung bzw. Existenz von Unternehmen und anderen Organisationen bietet ebenfalls Bezugspunkte zu Mergers & Acquisitions. Basierend auf der Annahme von unvollständigen Verträgen und beschränkt rational und opportunistisch handelnden Vertragspartnern sowie hoher Unsicherheit bei wiederkehrenden und spezifischen Transaktionen kann nach WIRTZ (2003, S. 56) „[...] die Internalisierung der Transaktion durch eine Akquisition oder Fusion sinnvoll sein, um Unterinvestitions- und Hold-up-Probleme (opportunistisches Verhalten des Akteurs, der nicht die transaktionsspezifische Investition getätigt hat) zu vermeiden“.
Einen weiteren zentralen Ansatz zur wissenschaftlichen Erklärung von Mergers & Acquisitions stellt der im Wesentlichen durch ROSS (1973), JENSEN und MECKLING (1976) sowie PRATT und ZECKHAUSER (1985) geprägte Prinzipal-Agent-Ansatz dar. Die Prinzipal-Agent-Modelle thematisieren i. d. R. Vertragsprobleme, die aufgrund von asymmetrisch verteilten Informationen entstehen. Die Rolle der besser informierten Partei fällt üblicherweise den Agenten zu, während es sich beim Prinzipal um die schlechter informierte Fraktion handelt (Kräkel 2007, S. 20). Ziel des Ansatzes ist, möglichst optimale Verträge zwischen Prinzipalen und Agenten zu entwickeln (Wirtz 2003, S. 29). Eine Vertragsbeziehung kann hierbei durch zwei grundsätzliche Typen von asymmetrisch verteilten Informationen unterschieden werden (Kräkel 2007, S. 21):
- hidden action: Der Agent verfügt über Handlungsalternativen, die vom Prinzipal weder erahnt noch beobachtet werden können.
- hidden information: Der Agent hat gegenüber dem Prinzipal einen Informationsvorsprung hinsichtlich der eigenen Situation oder entscheidungsrelevanter Zustände.
WIRTZ (2003, S. 29-35) bringt in seiner Veröffentlichung diesen Ansatz in Bezug zu Mergers & Acquisitions i. e. S. und definiert für Akquisitionen und Fusionen relevante unterschiedliche Agency-Beziehungen und Optimierungsprobleme. Während einer Akquisition ist demzufolge die Rolle des Prinzipals dem Käufer und die des Agenten dem Verkäufer überlassen, so dass als Optimierungsproblem der Kaufvertrag gilt. Bei Fusionen hingegen existieren beiderseitige Agency-Beziehungen, da beide Vertragspartner jeweils besser über die eigene Situation informiert sind. Der Fusionsvertrag bildet in diesem Fall das Optimierungsproblem. Diese Basis benutzt WIRTZ (2003, S. 31-35), um Informationsasymmetrien vor („hidden information“) und nach Vertragsschluss („hidden action“) darzustellen und daraus folgernd Lösungsvorschläge zu unterbreiten, wie Informationsasymmetrien zwischen den unterschiedlichen Akteuren für eine erfolgreiche M&A-Transaktion minimiert werden können.
Die Überlegungen zum strategischen Management von Unternehmen sind seit den 1960er Jahren als wissenschaftliche Disziplin verankert und mittlerweile fester Bestandteil der unternehmerischen Praxis (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 8-9).14 Im Laufe der Zeit haben sich viele verschiedene Ansätze entwickelt, „[...] um die langfristigen Erfolgsunterschiede zwischen Unternehmen zu erklären und Faktoren zur Generierung dauerhafter, strategiebedingter Renten zu identifizieren“ 15 (Wirtz 2003, S. 35).
Die Wahl der zu betrachtenden strategischen Ansätze im Rahmen dieser Arbeit fällt dabei auf den marktorientierten (Market-based View, MBV) und den ressourcenorientierten Ansatz (Resource-based View, RBV). Auf letztgenannten aufbauend wird zusätzlich kurz auf die fähigkeitsorientierte (Capability-based View, CBV) und wissensbasierte Perspektive (Knowledge-based View, KBV) eingegangen. Diese Auswahl bietet die Möglichkeit, die M&A-Thematik aus einer unternehmensexternen und –internen Sicht zu beleuchten. Außerdem ist somit ein Bezug auf die „[...] bahnbrechenden Arbeiten in den 80er Jahren [...]“ (Wirtz 2003, S. 35) von PORTER (1980, 1985) bezüglich des MBV und auf „[...] eine der fruchtbarsten theoretischen Strömungen der letzten Jahre [...]“ (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 356), dem RBV, gegeben.
Der MBV basiert auf den industrieökonomischen Überlegungen von MASON (1949) und BAIN (1956) und zeichnet sich durch eine Analyse der externen Einflüsse zur Interpretation von nachhaltigen überdurchschnittlichen Unternehmensergebnissen aus. In dem ursprünglichen Structure-Conduct-Performance-Paradigma kommt zum Ausdruck, dass der strategiebedingte dauerhafte Erfolg (Performance) von Unternehmen zum einen durch die Struktur der Branche (Structure) und dem strategischen Verhalten des Unternehmens innerhalb dieser Branche (Conduct) abhängig ist (Outside-in-Perspektive) (Bea und Haas 2005, S. 26). Die Positionierung des Unternehmens innerhalb eines attraktiven Marktsegmentes stellt zum einen die größte Herausforderung für das Management und zum anderen die entscheidende Determinante für den Unternehmenserfolg dar (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 145-148).
Das Konzept der fünf Wettbewerbskräfte (Lieferanten, Kunden, Substitute, neue und alte Wettbewerber) nach PORTER (2000, S. 29-33) kann dabei ein Instrument zur Analyse der Attraktivität einer Branche sein. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht, wie diese Kräfte auf den Wettbewerber einwirken und somit die Rentabilität beeinflussen (Porter 1990, S. 26):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 3 Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Quelle: PORTER (1990, S. 26)
Daraus ableitend schlägt PORTER (1980, S. 41) drei grundlegende Strategien zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen vor, die gleichzeitig im M&A-Bezug betrachtet werden (Bea und Haas 2005, S. 26-28):
- Strategie der Differenzierung: Das Unternehmen bietet ein Produkt an, das sich durch sein Leistungs- und Qualitätsniveau von der Konkurrenz abhebt (Jansen 1998, S. 70). Sind die Stückdifferenzierungskosten geringer als die von den Kunden bezahlte Preisprämie, so kann das Unternehmen strategiebedingte Rente abschöpfen. Zur Umsetzung der Differenzierungsstrategie besteht für Unternehmen die Möglichkeit, sich mit einem profitablen differenzierten Unternehmen innerhalb einer Akquisition oder Fusion zusammenzuschließen (Wirtz 2003, S. 37).
- Strategie der Kostenführerschaft: Das Unternehmen versucht durch die Produktion standardisierter Produkte in möglichst großen Mengen, unter der Prämisse der Stückkostenminimierung, seine Produkte zum geringeren oder gleichen Preis wie die Konkurrenz am Markt abzusetzen (Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 147). Gelingt die Etablierung als Kostenführer, kann dauerhafte strategiebedingte Rente abgeschöpft werden. Kostensenkungspotenziale können durch das Lernkurvenkonzept sowie den „economies of scales“ realisiert werden (Jansen 1998, S. 70).16 Im M&A-Kontext bieten sich insbesondere Akquisitionen und Fusionen auf horizontaler Ebene (Kapitel 2.1.2.2) zur Generierung von strategiebedingten Renten an. Einerseits kann durch die Erweiterung der Produktionskapazität der notwendige Größenvorteil zur Verfolgung der Kostenführerschaftsstrategie erlangt werden, andererseits lässt sich durch den Zusammenschluss die Wettbewerbsintensität verringern (Robert 2002, S. 7).
- Nischenstrategie: Im Rahmen der Nischenstrategie beschränken sich Unternehmen auf bestimmte Arten von Marktnischen wie z. B. Produktliniensegmente oder geografische Märkte und entwickeln spezielle Lösungen für sie. Oftmals fehlen diesen Unternehmen die liquiden Mittel, um einen breiten Markt zu bedienen oder sie streben eine gezielte Differenzierung in dieser Nische an. Die Gründe für Zusammenschlüsse lassen sich an den Risiken der Nischenstrategie erläutern. Falls das Segment für den breiten Markt attraktiv wird und finanzkräftige Unternehmen in den Markt drängen, sind „Nischen“-Unternehmen häufig gezielte Kandidaten von Übernahmen und Fusionen.17
Ein wesentlicher Kritikpunkt am marktorientierten Ansatz ist die einseitige Ausrichtung an externen Einflüssen zur Erklärung der strategiebedingten Renten, wobei anzunehmen ist, dass in diesem Kontext auch internen Faktoren eine große Bedeutung zufällt. Aus diesen Überlegungen heraus richtete sich das Forschungsinteresse Anfang der 1990er Jahre auf die unternehmensinternen Faktoren, wie z. B. Strukturen und Prozesse oder zur Leistungserstellung eingesetzte Ressourcen als Ursache für strategiebedingte Renten (Wirtz 2003, S. 37; Müller-Stewens und Lechner 2005, S. 13). Auf den so entstandenen Resource-based View wird im folgenden Abschnitt eingegangen.
Der ressourcenorientierte Ansatz stützt sich auf die theoretischen Arbeiten von PENROSE (1957), in denen erstmals Unternehmen nicht als administrative Einheiten, sondern als System produktiver Ressourcen konzeptualisiert wurden. Nach einem Vergleich unterschiedlicher Definitionen verallgemeinern MÜLLER-STEWENS und LECHNER (2005, S. 357) in diesem Zusammenhang den Begriff „Ressource“ als eine Bezeichnung für all das, „[...] was einem Unternehmen zur Verfügung steht und worauf es direkt oder indirekt zugreifen kann.“ Die Grundidee des RBV besteht demnach darin, die Wettbewerbsvorteile der Unternehmen gegenüber anderen Anbietern nicht nur durch die Stellung am Produktmarkt, sondern auch durch die Qualität von Unternehmensressourcen zu erklären (Inside-out-Perspektive) (Knyphausen-Aufsess 1995, S. 82). Unter dieser Betrachtungsweise lassen sich Erfolgsunterschiede zwischen Marktwettbewerbern auf die effiziente Nutzung und Kombination von Ressourcen zurückführen. Bezogen auf das grundlegende Structure-Conduct-Performance Paradigma des marktorientierten Ansatzes verkehren die Anhänger des ressourcenorientierten Ansatzes diesen, wie in der folgenden Abbildung in Anlehnung an CORSTEN (1998, S. 17) zu sehen ist, in eine Resource-Conduct-Performance-Wirkungskette.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 4 Gegenüberstellung der grundlegenden Wirkungsketten des marktorientierten und ressourcenorientierten Ansatzes
Quelle: In Anlehnung an CORSTEN (1998, S. 17)
Bei RASCHE (1994, S. 68-90) lassen sich unter der Prämisse von unvollkommenen Faktormärkten und Ressourcenheterogenität vier Aspekte (Nicht-Immitierbarkeit, Unternehmensspezifität, Nicht-Substituierbarkeit und Nutzengenerierung für Marktteilnehmer) für strategisch relevante erfolgsgenerierende Unternehmensressourcen ausfindig machen. Durch den Schutz bzw. Ausbau dieser Ressourceneigenschaften gegenüber weiteren Marktteilnehmern können Unternehmen zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen gelangen.
Aus ressourcenorientierter Sicht besteht im M&A-Kontext für Unternehmen, die überdurchschnittlichen Erfolg beabsichtigen, jedoch nicht über die notwendigen geeigneten eigenen Ressourcen verfügen, die Möglichkeit, sich mit Unternehmen, die über eine dem Ziel entsprechende Ressourcenbasis verfügen, zusammenzuschließen (Wirtz 2003, S. 42-43). Der Erwerb von Erfolg versprechenden Ressourcen ist eines der Leitmotive von Mergers & Acquisitions (Kapitel 2.1.4).
Eine Weiterentwicklung des ressourcenorientierten Ansatzes stellt der fähigkeitsorientierte Ansatz (Capability-based View, CBV) dar. Von gleichen Umweltbedingungen (Ressourcenheterogenität, unvollkommene Faktormärkte) ausgehend, erklärt der fähigkeitsorientierte Ansatz Erfolgsdifferenzen zwischen Unternehmen nicht durch unterschiedliche Ressourcenbasen, sondern durch die unternehmenseigene Fähigkeit, Ressourcen effizient einzusetzen. (Wirtz 2003, S. 44) Die Komplexität der unternehmensspezifischen Fähigkeiten, Ressourcen effizient einzusetzen, verhindert, dass diese auf andere Unternehmen transferiert oder von ihnen imitiert werden können. Unternehmenszusammenschlüsse sind oft die einzige Möglichkeit, um Zugriff auf diese Fähigkeiten bzw. Kompetenzen zu erhalten. (Wirtz 2003, S. 56)
Eine weitere Perspektive zur Begründung von Unternehmenszusammenschlüssen bietet der wissensorientierte Ansatz (Knowledge-based View, KBV). Die Vertreter dieser Theorie, wie z. B. POLANYI (1958) oder GRANT (1996), verfolgen den Gedanken, dass nachhaltige Erfolgsdifferenzen zwischen Unternehmen auf Wissensdifferenzen zurückzuführen sind. Das Ausmaß der Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten lässt sich demzufolge durch den Transfer und die Imitation von bestimmten Typen von Wissen beeinflussen. Allgemein wird in diesem Kontext zwischen implizitem Wissen (Wissen, über das sich der Träger nicht bewusst ist) und explizitem Wissen (Wissen, über das sich der Träger bewusst ist) unterschieden. Da das Wissen fest mit dem jeweiligen Träger, in diesem Fall einer Organisation, verbunden ist, stellen Zusammenschlüsse mit Unternehmen, die über wertvolles Wissen verfügen, eine Möglichkeit dar, auf dieses Wissen zuzugreifen.
[...]
1 Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Begriffe „Mergers & Acquisitions“ sowie „Informationstechnologie“ als alleinstehender Ausdruck ausgeschrieben. Bei mit einem Bindestrich zusammengefügten Wörtern oder sonstigen sprachlichen Verknüpfungen wird die gebräuchliche Abkürzung „M&A“ bzw. „IT“ verwendet (z. B. M&A-Transaktion oder IT-System).
2 Der Begriff der „(Unternehmens-)Verbindungen“ wird in der Literatur, wie auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit, synonym zu „(Unternehmens-)Zusammenschlüssen“ oder auch „ Mergers & Acquisitions i. w. S.“ verwendet. Vgl. PAPROTTKA (1996, S. 5), WÖHE und DÖRING (2002, S. 302-303) und SPERLING (2007, S. 36).
3 WÖHE und DÖRING (2005, S. 286) gehen im Gegensatz von einem Verlust der wirtschaftlichen Selbstständigkeit bei allen beteiligten Unternehmen aus.
4 Eine M&A-spezifische Abgrenzung des Terms „Erfolg“ ist u. a. bei MECKL ET AL. (2006, S. 165-167) zu finden.
5 Nach PAPROTTKA (1996, S. 8) wurde der Begriff der „Kooperation“ vorher für Unternehmenszusammenschlüsse aller Art verwendet, bevor die neuere Literatur zwischen „Kooperationen“ und „Konzentrationen“ differenzierte.
6 SPERLING (2007, S. 37) weist in diesem Zusammenhang auf die unklare Begriffshierarchie zwischen „ Joint Ventures“ und „Allianzen“ hin. Im angelsächsischen Raum wird der Begriff „Joint Venture“ als Oberbegriff für Kooperationen verstanden, während im deutschsprachigen Raum diese Funktion dem Begriff der „Allianz“ vorbehalten zu sein scheint. Vgl. HOPFENBECK (2000, S. 299-309). In dieser Arbeit wird weiterhin von einer Trennung dieser beiden Begrifflichkeiten ausgegangen.
7 Weitere Informationen zum Thema „Virtuelle Organisationen“ lassen sich u. a. in den Beiträgen bei GORA und BAUER (2001) finden.
8 Bei einem Anteilserwerb von weniger als 50 % spricht man allgemein von einer Finanzbeteiligung. (Hungenberg 2006, S. 509) Dieser Fall wird aber nicht weiter betrachtet. Nach Paprottka (1996, S.7-9) beginnen Akquisitionen ab einem Beteiligungsgrad von größer 75 %.
9 In der Literatur hat sich neben dem Begriff der „konglomeraten Verbindung“ synonym der Ausdruck der „diagonalen, heterogenen oder anorganischen Verbindung“ etabliert (Hopfenbeck 2000, S. 254).
10 vgl. Kapitel 2.1.2.1.2 insbesondere Asset Deal bzw. Share Deal
11 Der Erklärungsansatz von COASE (1937) wird an dieser Stelle nur zusammenfassend dargestellt. Für eine detaillierte Betrachtung sei auf COASE (1937) selber verwiesen.
12 Erfolgen Übernahmen und Fusionen schon von Beginn an mit der Absicht der Wiederveräußerung, so kann der Erklärungsansatz der Transaktionskostentheorie nicht greifen.
13 Der Erklärungsansatz von WILLIAMSON (1985) wird in dieser Arbeit nur im M&A-Kontext dargestellt. Weiterführende Informationen zum theoretischen Ansatz lassen sich in den Veröffentlichungen von WILLIAMSON (1985) sowie zusammenfassend bei KRÄKEL (2007, S. 11) finden.
14 MÜLLER-STEWENS und LECHNER (2005, S. 8-23) stellen im ersten Kapitel ihrer Veröffentlichung einen historischen Überblick und grundlegende Fragestellungen zum strategischen Management dar. Für einen Überblick der verschiedenen Ansätze siehe MÜLLER-STEWENS und LECHNER (2005, S. 104).
15 Unter dem Begriff der „Rente“ verstehen MÜLLER-STEWENS und LECHNER (2005, S. 357) in diesem Kontext „[...] Erträge, die die Opportunitätskosten des Ressourceneinsatzes in einem Industriezweig überschreiten, ohne neue Wettbewerber anzuziehen.“
16 Informationen zum Lernkurveneffekt und „economies of scale“ sind u. a. bei JANSEN (1998, S. 52-87) zu finden.
17 Das vormals selbstständige Online-Videoportal YouTube.com wurde nach immer steigender Beliebtheit Mitte 2006 von der ursprünglich als Suchmaschinenbetrieb gegründeten Google Inc. übernommen (Tagesschau 2006).
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