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Bachelorarbeit, 2020
35 Seiten, Note: 2,2
Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Handelsgesetzbuch
2.1 Die Entstehung und Entwicklung des HGB
2.2 DerAufbau
2.3 Der Geltungsbereich
2.4 Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
2.4.1 GrundsatzderVollständigkeit
2.4.2 GrundsatzderRichtigkeitundWillkürfreiheit
2.4.3 Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit
2.4.4 GrundsatzderVorsicht
2.4.5 GrundsatzderEinzelbewertung
3 Das Handelsregister
3.1 Historische Entwicklung
3.2 SystematikundZweck
3.2.1 Aufbau
3.2.2 EintragungspflichtigeundeintragungsunfähigeTatsachen
3.3 DieFunktionendesHandelsregisters
3.3.1 Publikations-.Kontroll-undBeweisfunktion
3.3.2 Publizitätsfunktion
4 Der Rosinentheoriefall - BGHZ 65, 309
4.1 DerSachverhalt
4.2 Das Urteil
4.3 Problematik und Kritik
5 Handlungsempfehlung und Fazit
Literaturverzeichnis
Das Vertrauen in die Schutzfunktionen des Handelsregisters, sowie der Verlässlichkeit als Informationsquelle im handelsrechtlichen Geschäftsverkehrwird häufig thematisiert.
Für einen umfangreichen und zuverlässigen Schutz des rechtsgeschäftlichen Verkehrs bietet das Handelsregister und das Handelsrecht eine Vielzahl von Funktionen und Vorschriften zur Regelung bestimmter Sachverhalte.
Das Ziel meiner Arbeit ist es diese Schutzfunktionen und Bestimmungen ausführlich zu erläutern und zu analysieren, um aufzuzeigen, dass der rechtsgeschäftliche Verkehr umfangreich und verlässlich geschützt ist.
Um diese Behauptung zu begründen, wird der Schutz des handelsrechtlichen Verkehrs in Verbindung mit dem HR als Informationsquelle exemplarisch am BGH-Urteil - BGHZ 65, 309 - „Rosinentheoriefall“ - analysiert.
Unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände wird im Rahmen der Zielsetzung ein Fazit gezogen und eine Handlungsempfehlung zur weiteren Behandlung der „Rosinenfalltheorie“ erläutert.
Trust in the protective functions of the commercial register and its reliability as a source of information in commercial transactions is a frequent topic of discussion.
For a comprehensive and reliable protection of legal transactions, the commercial register and commercial law offers a variety of functions and regulations for the regulation of certain circumstances.
The aim of my work is to explain and analyse these protective functions and regulations in detail in order to show that legal transactions are comprehensively and reliably protected.
In order to substantiate this claim, the protection of commercial transactions in connection with the commercial register as a source of information is analysed using the BGH judgement - BGHZ 65, 309 - "Rosinentheoriefall" as an example.
Taking into account the totality of the circumstances, a conclusion is drawn within the scope of the objective and a recommendation for action for the further treatment of the “Rosinentheoriefall” is explained.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Mittelpunkt dieser Bachelor-Thesis steht das Handelsregister als Informationsquelle im rechtsgeschäftlichen Verkehr.
Das Handelsregister steht im Zusammenhang mit dem Handels- und Gesellschaftsrecht, daher werden diese im zweiten Kapitel anhand des Handelsgesetzbuches vorgestellt.
Dabei werden ebenfalls die umfangreichen und wirkungsvollen Funktionen des Handelsrechts dargestellt, die einen reibungslosen und verlässlichen Ablauf des handelsrechtlichen Geschäftsverkehres ermöglichen. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die handelsrechtlichen Kaufleute, einschließlich ihrer Pflichten und Grundsätze erläutert.
Dabei erhebe ich nachfolgende Hypothese:
„Durch die bestehenden Informations-, Schutz- und Kontrollfunktionen des Handelsregisters, sowie durch die vorhandenen handels- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, ist ein umfangreicher Schutz (Vertrauensschutz) im Rahmen des handelsrechtlichen Rechtsverkehrs gewährleistet.“
Die Ausführungen zum Handelsregister im dritten Kapitel dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung werden anhand der Systematik und des Zwecks erläutert, um ein umfangreiches Verständnis für die Schutzfunktionen zu ermöglichen.
Die Funktionen des Handelsregisters, insbesondere die Publizitätsfunktion nach § 15 HGB sind für den im Kapitel 4 dargestellten Rosinentheoriefall von erheblicher Bedeutung.
Dabei wird das Handelsregister als Informationsquelle im rechtsgeschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes exemplarisch analysiert, um zum Abschluss dieser Ausarbeitung das Fazit einschließlich Handlungsempfehlung vorzustellen.
In diesem Kapitel geht es um das deutsche Handelsgesetzbuch. Dabei wird die Entstehungsgeschichte, sowie die Systematik des HGB näher betrachtet. In diesem Zusammenhang stellen der Aufbau und der Regelungsbereich des HGB grundlegendes Wissen zur Vertiefung des Themengebietes dar. Zum Abschluss des Kapitels werden die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung für Kaufleute i.S.d. HGB erläutert.
Für ein grundlegendes Verständnis des heutigen Handelsrechts wird nachfolgend die Entstehungsgeschichte des HGB durch die bedeutendsten Vorgänger und Änderungen zusammengefasst.
Nach der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung (1848-1850), wurde im Jahre 1861 das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch eingeführt.1
Durch die andauernde Ausgestaltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in den nachfolgenden Jahren, stand das ADHGB nicht mehr im Einklang mit den Vorschriften des BGB, sodass im Jahre 1900 das heutigen HGB in Kraft trat.2
Ein Unterschied zum heutigen HGB bestand innerhalb der Regelungen der Kaufmannseigenschaft, wobei das ADHGB ein gewerbsmäßiges Handelsgeschäft voraussetzte und eine abschließende Auflistung der entsprechenden Geschäfte in den Grundhandelsgeschäften festlegte, wohingegen eine Eintragung in das Handelsregister zur Erlangung der Kaufmannseigenschaft nicht relevant gewesen ist.3
In der ursprünglichen Fassung des HGB wurden die jeweiligen Kaufmannsarten auch bei Nichtvorhandensein eines Handelsgeschäftes als Kaufleute bezeichnet, wodurch Ihnen nicht die Möglichkeit der Wiederlegung dadurch möglich war, dass ihre Tätigkeit keinen in kaufmännischer weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte.4
Eine bedeutende Änderung durchlief das heutige HGB durch die Ausgliederung des Aktienrechts.5
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das aktuelle deutsche Handelsgesetzbuch bis zur heutigen Fassung eine, über zahlreiche Jahrzehnte andauernde, Entwicklung und umfangreiche Änderungen durchlaufen hat.
Für ein umfangreiches Verständnis des Handelsgesetzbuches ist die Kenntnis über den Aufbau ein erforderlicher Bestandteil.
Das HGB ist in fünf Bücher aufgeteilt, beginnend mit dem ersten Buch „Handelsstand“ (§§ 1-104a HGB). In den insgesamt neun Abschnitten sind Begriffsbestimmungen und Grundlagen des Handelsrechts normiert, u.a. der Kaufmannsbegriff und der Rahmen des Handel- und Unternehmensregisters. Näheres zum Kaufmannsbegriff wird im Unterkapitel „Der Geltungsbereich“ erläutert.
Das zweite Buch trägt den Titel „Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft“ (§§ 105237 HGB) und ist in drei weitere Abschnitte gegliedert.
Als Handelsgesellschaften i.S.d. HGB sind die OHG (§§ 105ff. HGB) und die KG (§§ 161ff. HGB)geregelt.
Sie werden nach h.M. nicht als juristische Personen betrachtet, sind denen jedoch durch § 124 HGB angenähert und können somit eigene Rechtsfähigkeit erlangen, wobei die tatsächliche Sachherrschaft den Gesellschaftern zugerechnet wird.6
Nach § 161 Abs. 2 HGB sind die Vorschriften der OHG auf die KG anzuwenden, wenn innerhalb der §§ 161 ff. HGB keine speziellen Regelungen getroffen sind. Im Falle der Rechtsfähigkeit ist dies zutreffend, sodass für die KG das zuvor genannte gilt.
Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft in den §§ 230 ff. HGB geregelt und ist nicht Kaufmann i.S.d. Handelsrechts. Die Funktion des Kaufmannsbegriff in Verbindung mit dem Handelsrecht wird im Zusammenhang mit dem Handelsregister in Kapitel 3 analysiert.
Das dritte Buch mit dem Titel „Handelsbücher“ (§§ 238-342e HGB) enthält die Rechnungslegungsvorschriften für Kaufleute, insbesondere die Buchführungspflicht (§ 238 HGB) und die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung (§ 239 HGB), welche im Unterkapitel 2.4 ausführlich dargestellt werden.
§ 238 HGB regelt die grundsätzliche Buchführungspflicht für alle Kaufleute. Die Norm verpflichtet zum Führen von Grundbüchern, welche die Geschäftsvorfälle des Unternehmens in zeitlicherAbfolge darstellen sollen.7
Des Weiteren besteht die Pflicht zur Aufstellung von Hauptbüchern, welche der strukturierten Abbildung der Geschäftsvorfälle dienen, sowie von Nebenbüchern, die als Hilfsbücher eine Ergänzungsfunktion bestimmter Teilbereiche der Hauptbücher einnehmen.8
Im vierten Buch „Handelsgeschäfte“ (§§ 343-475h HGB) wird in § 343 HGB der sachliche Anwendungsbereich des Buches festgelegt. Die Handelsgeschäfte i.S.d. HGB stehen in Zusammenhang mit der Kaufmannseigenschaft und sind nach § 343 Absatz 1 HGB die Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Dabei istzwischen einseitigen und mehrseitigen Handelsgeschäften zu unterscheiden.
Das mehrseitige Handelsgeschäft ist dadurch geprägt, dass sich auf beiden Seiten des Geschäftes Kaufleute befinden, im Gegensatz dazu sind einseitige Handelsgeschäfte solche, die nur für einen der Beteiligten ein Handelsgeschäft darstellen.
Das fünfte und letzte Buch trägt den Titel „Seehandel“ (§§ 476-619 HGB) und ist eine Sonderthematik des Frachtrechts aus dem vierten Buch des Handelsgesetzbuches.9
In diesem Unterkapitel wird der Regelungsbereich des Handelsgesetzbuches erläutert. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der§ 1 HGB den Geltungsbereich respektive die Normadressaten definiert, er verweist auf die Kaufmannseigenschaft als Voraussetzung.
Das HGB ist ein Teil des Privatrechts und entfaltet neben den Vorschriften des BGB seine Wirkung als Sonderprivatrecht für Kaufleute.
Für ein umfangreiches Verständnis der Systematik wird nachfolgend insbesondere der Kaufmannsbegriff analysiert. Das HGB unterscheidet hauptsächlich zwischen drei Kaufmannsarten. Den Kaufleuten kraft Handelsgewerbe, dem sog. „Ist-Kaufmann“ (§ 1 Abs. 2 HGB), den Kaufleuten kraft Rechtsform, dem sog. „Formkaufmann“ (§ 6 HGB) und den Kaufleuten kraft fakultativer Eintragung in das Handelsregister, dem sog. „Kann-Kaufmann“ (§§ 2 und 3 HGB).
§ 1 Abs. 2 HGB regelt den Kaufmann kraft Gewerbebetriebes, der ein Handelsgewerbe voraussetzt, wobei diese Vorschrift nurfürjene gilt, die nicht schon kraft Rechtsform die Kaufmannseigenschaft besitzen.10
Ein Handelsgewerbe setzt einerseits den Betrieb eines Gewerbes voraus und zum zweiten eine gewisse Mindestbetriebsgröße.11
Der Gewerbebegrifft ist gesetzlich nicht einheitlich normiert, er wurde von der ständigen Rechtsprechung abgeleitet und muss für jeden Einzelfall anlassbezogen und individuell geprüft werden.12
Nach § 1 Abs. 2 HGB ist ein Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, das Unternehmen erfordert nach Art oder Umfang nicht einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb.
Durch die Rechtsprechung haben sich nachfolgende elementare Voraussetzungen des Gewerbebegrifft ergeben, welche zusammengefasst dargestellt werden.
Ein Gewerbe i.S.d. HGB setzt eine rechtliche Selbstständigkeit voraus, wodurch grundsätzlich Arbeitnehmer und Beamte nicht zum Personenkreis der Selbstständigen gehören.
Die Selbstständigkeit muss gesamtheitlich geprüft werden unter Beachtung der rechtlichen Freiheit, der konkreten Handhabung und der vorliegenden vertraglichen Regelungen.13
Weiterhin setzt die h.M. eine Markttätigkeit voraus, wodurch der Gewerbebetrieb nach außen hin als solcher erkennbar sein muss und somit eine vollumfänglich im privaten Bereich ausgeführte Tätigkeit ausschließt.14
Des Weiteren muss die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer ausgerichtet sein und schließt folglich gelegentliche Tätigkeiten aus.15
Zur Erfüllung dieses Merkmals kommt es jedoch nicht auf den tatsächlichen Zeitraum der Ausführung und den Geschäftsumfang an, entscheidend ist alleine die unternehmerische Tätigkeit.16
Als weiteres Merkmal ist die Gewinnerzielungsabsicht definiert, dabei kommt es lediglich auf die Absicht der Gewinnerzielung an und nicht auf die tatsächliche Gewinnrealisierung, jedoch sind die ausschließliche Absicht der Kostendeckung sowie gemeinnützige Zwecke ausgeschlossen.17
Die beiden letzten Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes sind, dass keine reine Vermögensverwaltung vorliegt und die Tätigkeit keinem der freien Berufe (z.B. Rechtsanwalt, Steuerberater) zuzuordnen ist.18
Sind die zuvor genannten Merkmale erfüllt, handelt es sich um einen Gewerbebetrieb i.S.d. Handelsgesetzbuches, dadurch liegen die Voraussetzungen für einen Kaufmann kraft Gewerbebetrieb nach § 1 Abs. 2 HGB vor.
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist für den Kaufmann eine Eintragung zwingend (§ 29 HGB) und steht nicht zur Disposition, dabei handelt es sich um eine deklaratorische Eintragung, d.h. der Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister ist nicht ausschlaggebend für die Erlangung der Kaufmannseigenschaft, durch Vorliegen der Merkmale wird die Kaufmannseigenschaft begründet und die Eintragung hat nur eine erklärende Wirkung.19
Die zweite Kaufmannseigenschaft ist der Kaufmann kraft fakultativer Eintragung in das Handelsregister nach den §§ 2, 3 HGB.
Der § 2 HGB legt fest, dass ein gewerbliches Unternehmen, welches nicht durch den § 1 Abs. 2 HGB erfasst ist, als Handelsgewerbe gilt, wenn die Firma des Unternehmers in das Handelsregister eingetragen wird.
Diese Vorschrift gibt Kleingewerbetreibende, welche nicht unter § 1 Abs. 2 HGB fallen, die Möglichkeit zur Erlangung der Kaufmannseigenschaft durch Eintragung in das Handelsregister zum Erwerb der Rechte und Pflichten eines Kaufmanns.
Auf Personengesellschaften (OHG, KG), die kein Handelsgewerbe betreiben, findet diese Vorschrift ebenfalls Anwendung, wodurch kleingewerblichen PersG ebenfalls ein Wahlrecht zusteht.20
Für die Anwendung der Vorschrift respektive die Inanspruchnahme der Möglichkeit wird ein Gewerbe vorausgesetzt, wohingegen es in diesem Falle nicht auf den in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (Handelsgewerbe) ankommt, welcher den § 2 HGB ausschließen würde, da § 1 HGB die Anwendung des § 2 HGB verdrängt.21
Die Eintragung erfolgt auf einen freiwilligen Antrag und wirkt, im Gegensatz zum Kaufmann kraft Gewerbebetriebes, konstitutiv, d.h. der Zeitpunkt der Eintragung ist maßgeblich für die Erlangung der Kaufmannseigenschaft, nicht schon die Tätigkeit alleine führt zum Erwerb der Eigenschaft.22
DerAntrag erfolgt durch Anmeldung, dazu befugt sind der entsprechende Unternehmer und die Gesellschaftsorgane bzw. Gesellschafter des Unternehmens.23
Innerhalb des Antragsverfahrens wird das Registergericht prüfen, ob die entsprechenden Voraussetzungen (Gewerbe) vorliegen und nicht schon die Merkmale für einen Kaufmann kraft Gewerbebetriebes erfüllt sind, andernfalls ist diese Möglichkeit der Eintragung abzulehnen.24
DerAntrag auf Eintragung kann bis zur tatsächlichen Eintragung zurückgenommen werden und kann auch nach erfolgter Eintragung auf Antrag gelöscht werden, soweit nicht inzwischen die Voraussetzungen für den Kaufmann kraft Gewerbebetriebes i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB vorliegen.25
Des Weiteren besteht nach § 3 HGB für Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, welche grundsätzlich kein Gewerbe i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB betreiben, die Möglichkeit auf Eintragung (konstitutiv) und Erlangung der Kaufmannseigenschaft, wenn ihr Unternehmen nach Art und Umfang einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
Somit können die vorgenannten Personenkreise respektive Unternehmen die Kaufmannseigenschaft mit allen Rechten und Pflichten kraft fakultativer Eintragung in das Handelsregister erlangen.
Die letzte Kaufmannsart ist der Kaufmann kraft Rechtsform „Formkaufmann“ nach § 6 HGB. In diesem Zusammenhang sind die PersG (§§ 105, 161 HGB) und die KapG (§ 13Abs. 3 GmbHG, §§ 3, 278 Abs. 3 AktG, § 17Abs. 2 GenG) zu nennen.26
Personengesellschaften (OHG, KG) die ein Handelsgewerbe (Personenhandelsgesellschaften) betreiben, sind nach §§ 6 i.V.m. 105 Abs. 2 bzw. 161 Abs. 2 HGB Kaufmann kraft Rechtsform, wobei die Eintragung ebenfalls deklaratorische Wirkung entfaltet.27
Die zuvor genannten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Handelsgewerbes sind entsprechend anzuwenden.
Im Gegensatz dazu ist die Kaufmannseigenschaft bei Kapitalgesellschaften zwingend gesetzlich normiert.
Dabei kommt es nicht auf das Vorliegen der zuvor erläuterten Merkmale oder die Unternehmensgröße an, ausschlaggebend ist allein die Rechtsform als Kapitalgesellschaft, die Eintragung wirkt konstitutiv (rechtsbegründend).28
Anwendung findet diese Vorschrift auf die GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG), die AG (§ 3 AktG), die KGaA (278 Abs. 3 AktG) und die eingetragene Genossenschaft (§ 17 Abs. 2 GenG).29
Vorstehend wurden die drei Kaufmannsarten vorgestellt und erläutert, der Kaufmann kraft Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB), der Kaufmann kraft Rechtsform (§ 6 HGB) und der Kaufmann kraft fakultativer Eintragung in das Handelsregister (§§ 2, 3 HGB), um nun im nächsten Kapitel die essentiellsten Pflichten des Kaufmanns zu erläutern.
In diesem Unterkapitel geht es um die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. In diesem Zusammenhang werden die Pflichten eines Kaufmanns im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit definiert und erläutert.
Die GoB stellen die Richtlinien für Kaufleute dar, innerhalb dessen sie unter Beachtung des Gläubigerschutzes ihre Buchführung vornehmen und den JA aufstellen.30
Sie stellen einen gesetzlich unbestimmten Rechtsbegriff dar und wurden insbesondere durch die ständige Rechtsprechung definiert.31
In diesem Zusammenhang werden die Grundsätze der Vollständigkeit, der Richtigkeit und Willkürfreiheit, der Klarheit und Übersichtlichkeit, der Einzelbewertung und derVor- sicht definiert.
Der Grundsatz derVollständigkeit ist in den §§ 239 Abs. 2, 246 HGB verankert und regelt die Vollständigkeit für die Bilanz und die GuV, insbesondere für VG, Schulden und RAP des Kaufmanns respektive seines Unternehmens, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Des Weiteren besteht ein Verrechnungsverbot für die Posten der Bilanz und der GuV.
Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Vollständigkeit steht die Aussagekraft des JA, wobei der Grundsatz durch die bestehenden Ansatzwahlrechte und Ansatzverbote eingeschränkt wird.32
Nachfolgend wird der Grundsatz der Vollständigkeit anhand der VG, der Schulden und der RAP im Zusammenhang mit der jeweiligen Aktivierung bzw. Passivierung verdichtet erläutert.
Zu erfassen sind jene VG, Schulden und RAP, die unter personeller Betrachtung dem Kaufmann selbst und unter sachlichen Gesichtspunkten dem BV zuzurechnen sind, sowie unter Beachtung derzeitlichen Zuordnung (Zugangs-ZAbgangsbewertung).33
Eine Aktivierungspflicht und -fähigkeit setzt den Begriff des Vermögensgegenstandes voraus, wobei es auf die selbstständige Verkehrsfähigkeit ankommt, wodurch dieser insbesondere durch den Kaufmann erworben und veräußert werden kann, folglich einen eigenen Wert darstellen muss.34
Die personelle Zuordnung erfolgt über das wirtschaftliche Eigentum, d.h. die tatsächliche Sachherrschaft über den VG.35
Die sachliche Zuordnung erfolgt bei EK aus handelsrechtlicher Sicht durch Abgrenzung des Privatvermögens vom Betriebsvermögen, insbesondere durch die Widmung des Kaufmanns für den entsprechenden Verwendungszweck des VG, dieser muss äußerlich nachvollziehbar und in der BF aufgenommen sein.36
Aus steuerrechtlicher Sicht muss zwischen notwendigem BV (ausschließlich und unmittelbar), dem notwendigen Privatvermögen (weitestgehend private Nutzung), dem gewillkürten BV (keine Zuordnung zu einer der vorgenannten Gruppen, jedoch objektiv dem Betrieb dienend und geeignet) und der gemischten Nutzung (betriebliche Nutzung nicht wenigerals 10%) im Rahmen derBilanzierung differenziert werden.37
Die sachliche Zuordnung bei Personenhandelsgesellschaften erfolgt aus handelsrechtlicher Sicht im Rahmen der Zuordnung zum Gesamthandsvermögen, ungeachtet des Zwecks der Nutzung.38
Aus steuerrechtlicher Sicht gelten die Äußerungen zur handelsrechtlichen Bewertung nebst zurechenbaren Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer.39
Im Zusammenhang mit einer Kapitalgesellschaft sind diese Voraussetzungen nicht ausschlaggebend, da diese gesetzlich kein Privatvermögen besitzen kann, es gelten ausschließlich die grundsätzlichen Vertretungsvorschriften.40
[...]
1 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 1 Rn. 9.
2 Vgl. Lexoffice, Jahr unbekannt, Handelsgesetzbuch (HGB), www.Lexoffice.de.
3 Vgl. Kindler, Ebenroth, Boujong, Joost, Strohn, 2020, Handelsgesetzbuch, § 5 Rn. 5.
4 Vgl. Kindler et al., 2020, Handelsgesetzbuch, § 5 Rn. 7-8.
5 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 1 Rn. 11.
6 Vgl. Schäfer, 2020, Münchener Kommentar zum BGB, BGB § 854 Rn. 42.
7 Vgl. Böcking, Gros, Wirth, Ebenroth, Boujong, Strohn, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 238 Rn. 14.
8 Vgl. Böcking et al., 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 238 Rn. 15-16.
9 Vgl. Paschke, Oetker, 2019, Handelsgesetzbuch, Vorbemerkung Rn. 2.
10 Vgl. Kindler, Ebenroth, Boujong, Joost, Strohn, 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 1.
11 Vgl. Kindleretal., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 9.
12 Vgl. Körber, Oetker, 2019, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 11.
13 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 14.
14 Vgl. Kindler et al., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 22.
15 Vgl. Kindler et al., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 23.
16 Vgl. Kindleretal., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 24-25.
17 Vgl. Kindler et al., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 26.
18 Vgl. Kindleretal., 2020, Handelsgesetzbuch, § 1 Rn. 32, 38.
19 Vgl. Schmidt, 2016, MünchenerKommentarzum HGB, HGB § 1 Rn. 6.
20 Vgl. Schneider, Breithaupt, Ottersbach, 2010, Kompendium Gesellschaftsrecht, B. Handelsrecht Rn. 44.
21 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 2 Rn. 2.
22 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 2 Rn. 3.
23 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 2 Rn. 4.
24 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 2 Rn. 7-8.
25 Vgl. Baumbach, Hopt, 2020, Handelsgesetzbuch, HGB § 2 Rn. 4, 9.
26 Vgl. Schneider, Breithaupt, Ottersbach, 2010, Kompendium Gesellschaftsrecht, B. Handelsrecht Rn. 27.
27 Vgl. Schneider, Breithaupt, Ottersbach, 2010, Kompendium Gesellschaftsrecht, B. Handelsrecht Rn. 43.
28 Vgl. Schneider, Breithaupt, Ottersbach, 2010, Kompendium Gesellschaftsrecht, B. Handelsrecht Rn. 45.
29 Vgl. Schneider, Breithaupt, Ottersbach, 2010, Kompendium Gesellschaftsrecht, B. Handelsrecht Rn. 45.
30 Vgl. Helm, Haaf, Drinhausen, Eckstein, 2018, Beck’sches Handbuch derAG, Rechnungslegung und Aufstellung des Jahresabschlusses § 10 Rn. 55.
31 Vgl. Helm etal., 2018, Beck’sches Handbuch derAG, Rechnungslegung und Aufstellung des Jahresabschlusses § 10 Rn. 56.
32 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 2.
33 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 2.
34 Vgl. Morck, Drüen, Koller, Kindler, Roth, 2019, Handelsgesetzbuch, HGB § 246 Rn. 2.
35 Vgl. Morck et al., 2019, Handelsgesetzbuch, HGB § 246 Rn. 3.
36 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 55-56.
37 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 58-62.
38 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 63.
39 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 65.
40 Vgl. Schmidt, Ries, 2020, Beck’scher Bilanz-Kommentar, HGB § 246 Rn. 66.