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Bachelorarbeit, 2022
57 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Bildungsauftrag der beruflichen Schulen
2.1 Handlungsorientierter Unterricht
2.2 Kompetenzorientierter Unterricht
2.3 Lernfeld konzept
3 Rahmenbedingungen und pädagogischer Sinn der Methode Schülerfirma
4 Ziele einer Schülerfirma in den Gastronomieberufen
4.1 Berufsorientierung
4.2 Inklusion
4.2.1 Inklusion Jugendlicher mit Behinderung
4.2.2 Inklusion Jugendlicher mit Migrationshintergrund
5 Schülerfirmen zum Erlangen beruflicher Handlungskompetenz
5.1 Sozialkompetenzen
5.2 Selbstkompetenz
5.3 Methodenkompetenz
5.4 Fachkompetenz
5.5 Zukunftskompetenzen
5.5.1 Medienkompetenz
5.5.2 Kompetenzen für nachhaltige Entwicklung
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1 Übersicht überdas niedersächsische Schulwesen, berufsbildende Schulen
Abbildung 2 Modell der vollständigen Handlung
Abbildung 3 Kriterien zur Ausbildungsreife
Abbildung 4 Schritte zur Inklusion
„Menschen lernen nicht durch Aufforderungen, Belehrungen und Erläuterungen, sondern nur durch das eigene Erleben in konkreten Situationen nachhaltig und kompetenzbildend“ -Rolf Arnold (*1952), Professor für Pädagogik Im Profil von Bewerberinnen und Bewerbern wird nach Kompetenzen gesucht. Kompetenzen zu besitzen oder die Sicherheit, dass jemand kompetent sei, gibt der/dem betreffenden Mitarbeiterin/Mitarbeiter Selbstvertrauen und Selbstbestätigung. Kompetenz bedeutet sinngemäß Fähigkeit (lat. competentia - Eignung). Berufliche Schulen haben die Hauptaufgabe, eine berufliche Handlungskompetenz zu vermitteln (vgl. KMK 2021a, S. 15). Schülerinnen und Schüler sollen demnach geeignet sein, beruflich zu handeln. Rolf Arnold verdeutlicht mit seiner Aussage, dass dies nicht allein durch theoretische Wissensvermittlung möglich sei. Die Jugendlichen sollen sowohl durch praktische als auch theoretische Erfahrung in der Lage sein, im Wirtschaftsleben zu bestehen.
Eine Möglichkeit hierfür ist die Gründung einer Schülerfirma.
Dies ist eine komplexe Unterrichtsmethode, mit der unternehmerische Strukturen und Handlungsabläufe abgebildet werden können. Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, betriebliche Entscheidungen und Probleme handelnd zu lösen. Im Bereich der Gastronomie ist eine Schülerfirma denkbar, die Dienstleitungen (z. B. Catering) anbietet. Es fließen reale Geld- und Warenströme zwischen der Schülerfirma und außerschulischen Kontakten. Neben fachwissenschaftlichen Inhalten lernen die Schülerinnen und Schüler weitere wichtige Arbeitsfelder eines gastronomischen Unternehmens kennen: Waren- und Materialkunde, Wäschepflege, Sicherheits- und Hygienevorschriften, rechtlichen Anforderungen an einen Gastronomiebetrieb, Abrechnung, Buchführung, Lagerhaltung, usw.
Das Konzept außerhalb des Klassenraums zu lernen, dabei sinnstiftend zu arbeiten und nebenbei Geld zu erwirtschaften, ist für Schülerinnen, Schüler und betreuender Lehrkraft gleichermaßen attraktiv. Daher befasst sich die Arbeit, ausgehend von der handlungsorientierten Konzeption, mit der Frage, welchen Nutzen und Mehrwert die Arbeit in einer gastronomischen Schülerfirma für die Schülerinnen und Schüler hat.
In der Literatur wird überwiegend über die Gründung und die didaktische Umsetzung der Schülerfirma geschrieben. Sowohl die Vermittlung von Fachwissen als auch das Erlernen praktischer Fähigkeiten im Rahmen dieser Methode, ist in der Fachliteratur abgebildet. Dabei ist der Fokus nicht auf eine bestimmte Fachrichtung gelegt, sondern bezieht sich auf die Methode im Allgemeinen. Ebenso wird über Instrumente der Berufsorientierung und der Inklusion geschrieben. Das Instrument der Schülerfirma bleibt weitestgehend unbeachtet. Darüber hinaus sind diverse Fachartikel über die Vermittlung von Handlungskompetenzen und den didaktischen Konzepten der Handlungsund Kompetenzorientierung zu finden.
Der Fokus auf den Schwerpunkt der Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft bzw. der Arbeit in einer gastronomischen Schülerfirma steht bisher aus.
Dabei ist die Darstellung der Unterrichtsmethode Schülerfirma als theoretisches Konstrukt anzusehen, das als Idealvorstellung verstanden werden kann. Die Nachteile der Methode sowie die Vor- und Nachteile speziell für die Lehrkraft bleiben, durch den beschränkten Umfang dieser Ausarbeitung, weitestgehend unbeachtet.
Um die Vorteile der Makromethode Schülerfirma darzustellen, wird zunächst der Bildungsauftrag der beruflichen Schulen skizziert. Dafür wird die Gliederung der Bildungsgänge an den Berufsschulen umrissen und die didaktischen Konzepte der Hand- lungs- und Kompetenzorientierung im Unterricht der Berufsschulen erläutert. Neben dem Lernfeld unterricht werden auch die Bedeutungen der Begriffe Handlungssituation und Handlungsergebnis thematisiert.
Im Anschluss wird die Methode Schülerfirma hinsichtlich ihrer Rahmenbedingungen und ihres pädagogischen Sinns untersucht. Der Nutzen einer Schülerfirmenarbeit wird hinsichtlich der berufsorientierenden Wirkung beurteilt. Dabei dient das Erlangen der Ausbildungsreife als Grundlage.
Aufgrund der steigenden Heterogenität in der beruflichen Bildung, wird im nächsten Kapitel das Ziel der Inklusion beschrieben. Dabei wird die Methode Schülerfirma insbesondere in den gastronomischen Berufen als Instrument herangezogen und vertiefend auf die Inklusion von Menschen mit Behinderung und mit Migrationshintergrund eingegangen. Im letzten Kapitel wird die berufliche Handlungskompetenz in die Bereiche Sozial-, Selbst-, Methoden-, Fach- und Zukunftskompetenz und ihre Charakteristika unterteilt, bevor die Ausarbeitung mit der Vermittlung dieser Kompetenzen im Rahmen der Arbeit in einer gastronomischen Schülerfirma schließt.
Im beruflichen Schulwesen werden in Niedersachsen die Bildungsgänge Berufsschule, Berufseinstiegsschule, Berufsfachschule, berufliches Gymnasium, Fachoberschule, Berufsoberschule und Fachschule angeboten (vgl. Abbildung 1). Ziel aller Schulformen ist es, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer Verantwortung mitzugestalten (vgl. Riedl 2011, S. 47). Das heißt konkret, dass die berufliche Bildung Aufgaben neben der berufsspezifischen Bildung auch Aufgaben wie Umweltbildung, Freizeitgestaltung, Mediennutzung, Verbraucherbildung und Bildung gegen politische Radikalisierung übernimmt (vgl. Schelten 2008).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Übersicht über das niedersächsische Schulwesen, berufsbildende Schulen (Niedersächsisches Kultusministerium, elektron. Pub.)
Da die Eingangsvoraussetzungen und Abschlüsse für die weitere Ausarbeitung eine untergeordnete Rolle spielen, werden sie nicht weiter ausgeführt, können aber der Abbildung 1 entnommen werden.
Das Berufsbildungssystems lässt sich in drei Sektoren gliedern: Das Duales System, das Schulberufssystem und der Übergangssektor (vgl. BIBB 2020, elektron. Pub.). Im 6 Schulberufssystem überwiegend die theoretische Ausbildung am Lernort Schule (vgl. ebd.). Die Auszubildenden erlernen den angestrebten Beruf im schulischen Kontext und die theoretischen Grundlagen werden durch praktische Übungen oder betrieblichen Praktika vertieft (vgl. ebd.). Das Übergangssystem richtet sich an Jugendliche, die weder im schulischen noch im dualen System einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Sie können verschiedenen Bildungsgängen teilnehmen (bspw. Berufseinstiegsschule, Berufsfachschule) (vgl. Abbildung 1) um dort ihre beruflichen persönlichen Kompetenzen zu verbessern.
Besonders ist das duale System der Berufsausbildung. Die Kombination zweier Lernorte ist hierfür bezeichnend: Betrieb und Schule (vgl. Riedl 2011, S. 24).
Im Jahr 2020 gab es in Deutschland rund 700.000 Schulabgänger/-absolventen (vgl. Destatis 2021, elektron. Pub.) an allgemeinbildenden Schulen. Mehr als die Hälfte der Schulabgänger beginnen eine anerkannte Ausbildung im dualen System. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland ca. 465.000 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen (vgl. Datenbank Auszubildende BIBB, elektron. Pub.). Die Absolventinnen und Absolventen können sich zwischen 324 anerkannten Ausbildungsberufen entscheiden. Diese sind aufgeteilt in sieben Zuständigkeitsbereichen (Industrie und Handel, Handwerk, Öffentlicher Dienst, Landwirtschaft, Freie Berufe, Hauswirtschaft, Seeschifffahrt) (vgl. BIBB 2021, elektron. Pub.).
Deutschland hat im europäischen Vergleich eine sehr geringe Jugendarbeitslosigkeit (vgl. Eurostat 2021). Möller et al. (2015) bezeichnen das duale System der beruflichen Bildung als einen entscheidenden Grund, dass diese Quote seit Jahren signifikant geringer als der europäische Durchschnitt ist. Der hohe Anteil an praktischem Lernen in der Kombination mit theoretischer Beschulung dienen der Beschaffung und Förderung von Fachkräften. So können Jugendliche nahtlos nach Abschluss ihrer Ausbildung ohne weitere Einarbeitung in die Vollbeschäftigung in den Betrieben übergehen.
Innerhalb des Berufsschulunterrichts im dualen System werden berufsbezogene und berufsübergreifende Kompetenzen vermittelt, die für die praktische Ausbildung im Betrieb benötigt werden (vgl. ebd.). Die Schülerinnen und Schüler sollen für das im Betrieb Gelernte (Verfahrenswissen) ein größeres Verständnis erlangen, indem sie es begründen, erweitern und vertiefen (Begründungswissen) (vgl. Schelten 2008). So entsteht ein ganzheitlicher Bildungsprozess (vgl. ebd.). Dabei ist die Schule als eigenständiger und gleichberechtigter Partner der Betriebe anzusehen (vgl. KMK 2015, S. 2).
Die berufliche Bildung unterliegt in allen Bereichen einer sehr hohen Dynamik und ist abhängig von diversen technischen, politischen, institutionellen und wirtschaftlichen Einflussfaktoren (vgl. Riedl 2011, S. 19). Technischen Einfluss nehmen in den Gastronomieberufen beispielsweise veränderte Informations- oder Kommunikationstechnologien, wie Kassensysteme oder Hotelbuchungsportale. Veränderungen in relevanten Gesetzen (Arbeitszeitschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, u.a.) steuern die Ausbildungsinhalte ebenso, wie der zunehmende Bedarf an individueller Förderung Benachteiligter im Rahmen des Regelunterricht (vgl. ebd.). Durch die Einführung neuer und sich ständig verändernden Anforderungen der bereits bestehenden Ausbildungsberufe, muss die Vermittlung der Inhalte der Lernfelder flexibel gestaltet werden.
Unabhängig von arbeitsmarktpolitischen Veränderungen, hat ein Wandel der Werte und Normen Einfluss auf den beruflichen Unterricht (vgl. Schelten 2008).
Wird die Vorbildung der Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag 2020 betrachtet (vgl. BIBB 2021, elektron. Pub.), ist das überwiegend ausgeglichene Verhältnis der Abschlüsse der Schülerinnen und Schüler auffällig. Ungefähr 465.00 Neuabschlüsse teilen sich fast zu gleichen Teilen in Schülerinnen und Schüler mit Haupt- und Realschulabschluss oder Abitur auf. Ohne Schulabschluss beginnen nur ca. 2,3 %. Die restlichen Abschlüsse sind von Auszubildenden mit einem im Ausland erworbenen oder nicht zuzuordnenden vorherigen Abschluss (vgl. ebd.).
Doch nicht allein durch die unterschiedliche Vorbildung der Schülerinnen und Schüler im dualen System ist eine neue Aufgabe der beruflichen Bildung die Förderung von Benachteiligten (vgl. Schelten 2008). Sozioökonomische, migrationsbedingte und behinderungsbedingte Heterogenität ist in allen Bereichen der beruflichen Bildung gegenwärtig. Neben Schulformen, die ohne allgemeinbildenden Schulabschluss besucht werden können, werden auch Bildungsgänge zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife angeboten. Darüber hinaus sind Erstausbildungen sowie Weiterbildungen auf Fachkraft-, Meister-, Techniker-, Assistentenstufen zu finden. Besonders im Berufsfeld der Ernährung und Hauswirtschaft umfasst die Spannbreite Berufe mit gewerblichtechnischem Charakter (Fachkraft für Lebensmitteltechnologie), Berufe mit vorwiegend kaufmännischen Aufgaben (HotelkaufmannZ-kauffrau) und Berufe der personenbezogenen Dienstleistungen (RestaurantfachfrauZ-fachmann) (vgl. Kettschau 2013).
Maßgeblich in der beruflichen Bildung ist die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler (vgl. Schewior-Popp 2014, S. 3). Diese soll sowohl 8 in Bezug auf die gesellschaftliche Verantwortung als auch auf die Qualifizierung für die Ausübung des gewählten Berufs angestrebt werden (vgl. ebd.). Damit ergibt sich als Hauptaufgabe der berufsbildenden Schulen in Deutschland die Vermittlung einer ganzheitlichen beruflichen Handlungskompetenz (vgl. KMK 2021a, S. 15). Maßgeblich für die Erfüllung dieses Ziels, ist ein differenziertes Bildungsangebot, das die unterschiedlichen Erfahrungen, Fähigkeiten und Begabungen aller Schülerinnen und Schüler berücksichtigt (vgl. ebd., S. 14). Darüber hinaus werden die Lernenden dabei unterstützt in der digitalen Welt zu bestehen (vgl. ebd.). Die Schülerinnen und Schüler werden für eine nachhaltige Entwicklung der Arbeits- und Lebenswelt sowie eine selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft vorbereitet (vgl. ebd., 14 f.)
Als Instrument haben sich drei Konzepte durchgesetzt, die Handlungsorientierung, die Kompetenzorientierung und das Unterrichten in Lernfeldern. Trotz des gleichen Ziels legen die pädagogischen Konzepte unterschiedliche Schwerpunkte, die im Folgenden erläutert werden.
Aufgrund des technischen und sozioökonomischen Wandels der Arbeitswelt (vgl. Riedl 2011, S. 185), hat in der beruflichen Bildung das Konzept des handlungsorientierten Unterrichts etabliert (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 314; Riedl 2015). Darunter ist ein ganzheitlicher Unterricht zu verstehen, der die Schülerinnen und Schüler aktiviert, mit allen Sinnen zu lernen. Als Ziel des Unterrichtsverlaufs ist ein zwischen Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkraft vereinbartes Handlungsergebnis gesetzt, das sowohl durch geistige als auch praktische Arbeit erreicht werden soll (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 315). Dieses kann sowohl ein materielles Produkt als auch ein szenisches oder sprachliches Ergebnis sein (vgl. ebd., S. 319). Ausgangspunkt für den Unterricht ist eine berufsrelevante Handlungssituation, die eine berufliche, fachliche, gesellschaftliche oder private Situation aufgreift (vgl. SchuCu- BBS, elektron. Pub.). Für die vorgegebene Aufgaben-, Frage- oder Problemstellung suchen sich die Schülerinnen und Schüler eigenständig Informationen und erschließen das Sachgebiet selbstständig (vgl. Riedl 2011, S. 194 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Modell der vollständigen Handlung (eigene Darstellung nach SchuCu-BBS, elektron. Pub.)
Aus dieser komplexen Ausgangssituation leiten sich die Lernenden Teilziele ab, setzen Anforderungen und Rahmenbedingungen, planen ihre Arbeitsschritte, präsentieren Ergebnisse und kontrollieren diese eigenverantwortlich (vgl. Abbildung 2).
In der Informationsphase analysieren die Lernenden die Handlungssituation und es wir ein Handlungsergebniss gesetzt (vgl. SchuCu-BBS, elektron. Pub.). Daran anschließend planen die Schülerinnen und Schüler ihr Vorgehen bei der Bearbeitung und Dokumentation. Sie erstellen einen vorläufigen Ablaufplan und suchen sich die benötigten Informationen zur Bearbeitung der Aufgabenstellung (vgl. ebd.). Im Anschluss ist ein Lösungsweg, die Vorgehensweise, der Zeitrahmen, die Verantwortlichkeiten und die Beurteilungskriterien festzulegen (vgl. ebd.). In der Phase der Ausführung wird die Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung entsprechend der vorherigen Planung bearbeitet (vgl. ebd.). Die Schaffung weiterer Informationen und deren Verarbeitung führt schließlich zum Handlungsergebnis und dessen Präsentation (vgl. ebd.).
Der Ablauf dieser vollständigen Handlung wird für eine Situation exemplarisch durchgeführt und kann von den Schülerinnen und Schülern auf andere Situationen angewendet werden. Den Abschluss der vollständigen Hanldung bilden das Kontrollieren und Reflektieren. Die Vollständigkeit und Plausibilität werden im Hinblick auf die festgelegten Beurteilungskriterien bewertet sowie das Arbeitsvorgehen reflektiert (vgl. ebd.). Dabei werden Stärken und Verbesserungpotenziale identifiziert.
Jank und Meyer (2009, S. 315) beschreiben das Ziel des handlungsorientierten Unterrichts insofern, dass die Schülerinnen und Schüler „...nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit den Händen und Füßen, mit dem Herzen und allen Sinnen lernen können.“
Handlungsorientierter Unterricht hat zum einen das Ziel die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, gesellschaftsfähige Entscheidungen für ihre Lebensweise zu treffen (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 325). Andererseits wird angestrebt, dass sie in berufsrelevanten Situationen selbstständig Entscheidungen treffen können oder diese zumindest konkret nachvollzogen werden können (vgl. Riedl 2011, S. 193).
Dieses ist nicht durch rein theoretischen Unterricht erreichbar (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 325 f.) und muss von jedem individuell vollzogen werden. Dabei müssen die Schülerinnen und Schüler Verantwortung für Erlebnisse übernehmen, diese reflektieren und für neue Situationen adaptieren.
Jank, Meyer (2009, S. 316 ff.) und Schelten (2000) führen verschiedene Merkmale des handlungsorientieren Unterrichts auf, die im Folgenden genauer erläutert werden.
Interessensorientierung
Die Unterrichtsform bezieht sich auf das subjektive Interesse der Schülerinnen und Schüler (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 316). Inhaltlich orientiert sich der Unterricht nicht ausschließlich am bereits vorhandenen Interesse der Lernenden, sondern es sollen sich auch Neigungen durch das Bewusstwerden von Themen und Problemen ergeben. Eben dies führt dazu, dass die Relevanz neuer Aspekte für ihre (berufsbezogenen) Erfahrungswelt verdeutlicht wird. Es wird angestrebt, dass Schülerinnen und Schüler ihre Vorzüge kritisch reflektieren und weiterentwickeln (vgl. ebd.). Gleichzeitig soll durch die Anknüpfung an die Interessen der Lernenden die Lernbereitschaft und Motivation erhöht werden.
Selbstständigkeit, Führung
Die Intention ist, dass die Schülerinnen und Schüler durch eigenes Erkunden, Erproben, Entdecken, Erörtern, Planen und Verwerfen den Unterricht aktiv mitgestalten (vgl. ebd.). Die Lernenden zunehmend Verantwortung für ihren Lern- und Arbeitsprozess (vgl. SchuCu-BBS, elektron. Pub.), indem sie Arbeitsweg und Arbeitsmittel weitestgehend frei wählen können. Diese Situation ist mit berufstypischen Handlungsanforderungen zu vergleichen und grenzt sich deutlich vom traditionellen lehrerzentrierten Unterricht ab.
Dabei hat die Lehrkraft eine große Verantwortung, denn sie muss ein Thema so attraktiv darstellen, dass die Lernenden eine Eigenmotivation zur Bearbeitung des Gebiets entwickeln (vgl. ebd., S. 248). Die Lehrerin oder der Lehrer nimmt im selbsttätigen Lernprozess eine Moderatorenrolle ein und dient als Lernhelfer. Sie gibt Ratschläge, kümmert sich um die methodische Umsetzung, stellt, falls nötig, zusätzliche Materialien zur Verfügung und regt zur Reflexion des Lernwegs an (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 248.). Motivation und Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler ist jedoch nicht das alleinige Ziel im Sinne des handlungsorientierten Unterrichts. Jank und Meyer (2009, S. 316) legen auch Wert darauf, dass ein sinnvolles Handlungsergebnis erzielt wird. Damit ist gemeint, dass das Lernen und das Produkt dem Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler dienen.
Verknüpfung von Kopf- und Handarbeit
Unter Kopfarbeit werden alle geistigen Denk-Handlungen beschrieben. Diese können nicht nur sprachlich artikuliert, sondern auch mental ablaufend sein (vgl. ebd., S. 317). Handarbeit bezeichnet „...alle mit Hilfe des Körpers bzw. durch ihn ausgeführten materiellen Handlungen“ (ebd., S. 316). Handlungsorientierter Unterricht fordert eine engere Verknüpfung der beiden Disziplinen. In der heutigen Gesellschaft wird die Kopfarbeit meist als anspruchsvoller gesehen (vgl. ebd.), obwohl diese in einer dynamischen Wechselwirkung zur Handarbeit steht. Der Bezug zur beruflichen Praxis ist signifikant. Bevor eine Handlung praktisch durchführbar ist, muss deren Umsetzung geistig verstanden worden sein. Dafür müssen notwendige Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erkannt und lernbar gemacht werden (vgl. Schelten 2000). Auf diese Weise wird ein ganzheitlicher Lernprozess erreicht, der das Festigen der Unterrichtsinhalte fördert und einen langfristigen Lernerfolg begünstigt.
Einübung in solidarisches Handeln
Handeln kann in kommunikatives und instrumentelles Handeln unterschieden werden (vgl. Habermas 1981, S. 384). Beim kommunikativen Handeln wird sich sprachlich und über den Weg zur Lösung verständigt. Dabei werden Probleme analysiert und beurteilt (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 318). Innerhalb einer Gruppe ist zu argumentieren, kritisieren, ordnen, es sind Entscheidungen zu treffen und dafür Rechenschaft zu tragen.
Das instrumentelle Handeln ist im Gegensatz dazu die zielgerichtete Arbeit, um eine Handlungsaufgabe gemeinsam zu lösen. Die Handlungen ergeben sich hier aus der Sache selbst (vgl. ebd.). Jank und Meyer ergänzen diese Arten um das solidarische Handeln (2009, S. 318). Diese ist für den Schulkontext von besonderer Bedeutung. Sie ist die Fusion der kommunikativen und zielgerichteten Handlung. In Übereinstimmung mit der beruflichen Praxis orientieren sich die Schülerinnen und Schüler dabei nicht an ihrem persönlichen Interesse, sondern am gemeinsamen Nutzen (vgl. ebd., S. 319). Auch im Betrieb müssen persönliche Belange häufig hinter die Bestrebungen des Betriebs gestellt werden. Folglich werden Aufgaben kollegial für das Wohl des Betriebs als Ganzes bewältigt. Innerhalb einer Lerngruppe sind die Beteiligten auf Teamarbeit angewiesen und es entsteht eine kooperative Lehr-Lernform. Idealerweise ist der Klassenverband weitestgehend aufgelöst und die Lernenden teilen sich Arbeitsaufgaben gemäß ihren individuellen Stärken und Lerngeschwindigkeit eigenverantwortlich auf (vgl. Schelten 2000).
Produktorientierung
Wie bereits genannt, zielt der handlungsorientierte Unterricht auf die Fertigung eines Handlungsergebnis ab. Darunter werden „...[veröffentlichungsfähige] Ergebnisse der Unterrichtsarbeit' (ebd., S. 319) verstanden. Diese können entweder hergestellt (bspw. Modelle, Produkte, Schriftstücke) oder inszeniert (bspw. Tanz, Theater, Standbild) sein. Idealtypisch können sich die Schülerinnen und Schüler mit diesem Produkt identifizieren. Es sollte auch eine Grundlage bieten, um ihren Lernprozess und ihr Ergebnis kritisch auszuwerten und zu reflektieren (vgl. ebd.). Relevant für die berufliche Arbeit ist das Anstreben eines Ergebnisses, denn jede Tätigkeit innerhalb des Betriebs hat ein Handlungsergebnis zum Ziel. In gastronomisches Berufen kann dies beispielsweise eine Speise, ein gedeckter Tisch oder eine freundliche Interaktion mit einem Gast sein, die zu einem positiven Feedback führt.
Für den handlungsorientierten Unterricht ergibt sich eine didaktische Strukturierung, die als Ausgangpunkt eine interessensorientierte, entwicklungsbezogene Aufgabenstellung bietet (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 326). Diese entspricht den subjektiven Interessen der Schülerinnen und Schüler und ist angelehnt an bereits gemachte Erfahrungen. Daran anschließend lässt sich die Handlungsplanung produktbezogen gestalten, die Lernenden identifizieren sich bestenfalls mit diesem Produkt und entwickeln eine eigene Motivation. Dabei ist die Themenstellung situations- sowie problemorientiert und ergibt sich aus dem angestrebten Produkt, nicht aus der Fachsystematik (vgl. ebd.). Um den Unterricht für die Lernenden motivierend zu gestalten, sind Lernsituationen authentisch, lebens- und berufsnah (vgl. Riedl 2011, S. 185). Da es keine genaue Zielformulierung gibt, ist der Verlaufsplan offen gestaltet. Die Schülerinnen und Schüler können aktiv an der Unterrichtsgestaltung (Planung, Durchführung, Auswertung) mitwirken. Im Bereich der beruflichen Praxis treffen die Schülerinnen und Schüler häufig auf Situationen, die eine eigenständige vollständige Handlung erfordern. Sie müssen die Bewältigung der Situation/des Problems selbstständig planen, daraufhin agieren und anschließend auswerten. Wobei die Reflexion zugleich selbst- und fremdgesteuert (positives/negatives Feedback vom Gast) denkbar ist.
Idealtypisch wechselt die Lehrkraft die Perspektive, indem sie überwiegend beobachtend agiert. Sie setzt Grenzen, legt die Gewichtung einzelner Themen fest und überprüft die Einhaltung von methodischen und thematischen Vorgaben (vgl. ebd. S. 328). Außerdem hat die Lehrkraft zur Aufgabe, die Interessen der Schülerinnen und Schüler zu erkennen, die richtigen Lernvoraussetzungen zu erkennen bzw. zu gestalten und die Entwicklungsperspektiven festzulegen (vgl. Jank und Meyer 2009, S. 326).
Angestrebt ist, wie oben erwähnt, die Vermittlung einer beruflichen Handlungskompetenz. Diese lässt sich beschreiben „...als die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (vgl. KMK 2021a, S. 32). Dabei zielt die Handlungskompetenz nicht allein auf fachliches Wissen ab, sondern setzt fachübergreifende, methodische, soziale und personale Ziele. Berufliche Handlungskompetenz ist laut der KMK (2000, S. 15) in die ineinandergreifenden Bereiche Sozialkompetenz, Selbstkompetenz[I], Methodenkompetenz und Fachkompetenz untergliedert (vgl. ebd.). In der vorliegenden Arbeit sind die einzelnen Kompetenzen in einem späteren Kapitel beschrieben (vgl. Kapitel 5) und um Zukunftskompetenzen erweitert.
Zum Erlangen einer vollständigen beruflichen Handlungskompetenz ist die Schaffung eines Handlungswissens notwendig (vgl. Schelten 2008). Dieses ist aufzuteilen in Faktenwissen (was?), Verfahrenswissen (wie?), Begründungswissen (warum?) und Zugriffs-/Einsatzwissen (wann?) (vgl. ebd.). Die Aufgabe der beruflichen Bildung ist es, die Handlungsfähigkeit der Auszubildenden systematisch innerhalb der Lernprozesse zu vermitteln. Der Prozess kann nicht innerhalb einer Unterrichtsstunde abgeschlossen werden. Demnach ist kompetenzorientierter Unterricht auf einen langen Zeitraum ausgelegt, wobei die Schülerinnen und Schüler im Laufe derZeit bereits verschiedene Stufen der Kompetenz erreichen können (vgl. ebd.). Dieser Kompetenzerwerb im Laufe der Biografie wird Lebenslanges Lernen bezeichnet (vgl. BLK o. D., elekt- ron. Pub.). Während im Kinder- und Jugendalter Kompetenzen meist allein durch einen theoretischen Zugang erreicht werden, ist das Lernen eines jungen Erwachsenen geprägt durch Praxisnähe und Transferorientierung (vgl. ebd.). Die Gründe, die Art und Weise und der Ort des Lernens unterscheidet sich. Besonders Jugendlichen in der beruflichen Bildung erfahren eine Kombination aus formalem (Institutionen) und nichtformalem Lernens (Betrieb), welche charakteristisch für einen lebenslangen Kompetenzerwerb ist (vgl. ebd.).
Kompetentes Handeln äußert sich laut Vonken (2005, S. 127) darin, „...selbständig, selbstverantwortlich, kreativ, selbstorganisierend und flexibel Entscheidungen zur Reduktion von Komplexität zu treffen.“ Berufliche Handlungskompetenz zielt folglich auf das eigenverantwortliche Handeln innerhalb eines beruflichen Kontextes ab. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf dem Verständnis im instrumentellen Handeln, sondern auch auf dem Verständnis und der Begabung in kommunikativen Tätigkeiten im Beruf (z. B. Kundengespräche, Teamfähigkeit) (vgl. Schelten 2008). Zielformulierungen mit der Absicht, Kompetenzen zu entwickeln werden innerhalb einzelner Lernfelder dazu genutzt, die Erwartungen an Schülerinnen und Schüler zu konkretisieren.
Eine Schülerin oder ein Schüler, der ein hohes Niveau einer bestimmten Kompetenz erreicht hat, weiß in einer Situation „...nicht nur, was zu tun ist, wie es zu tun ist, und auf welches Wissen dabei zurückgegriffen werden muss, sondern sie oder er kann es auch tun - und zwar nicht zufällig, sondern in verschiedenen Situationen mehr oder minder verlässlich und erfolgreich“ (Prettenthaler 2012, S. 73). Wobei festzuhalten ist, dass eine Kompetenz nicht vollständig erworben werden kann, sondern Informationen und Erfahrungen lebenslang zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen verarbeitet werden (vgl. BLK o. D.).
Zusammengefasst zielt die berufliche Bildung auf den Erwerb der beruflichen Handlungskompetenz oder die Vermittlung von Grundlagen hierfür ab (vgl. Schelten 2008).
Gestützt auf die Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen, die erstmals 1997 von der Kultusministerkonferenz veröffentlicht wurde, hat sich nach Auflösung der Fächersystematik in der beruflichen Bildung eine Ordnung in Lernfeldern etabliert. Diese stellen nach Themenbereichen geordnet einen klaren Praxisbezug her (vgl. Schewior-Popp 2014, S. 3). Im Gegensatz zum curricularen Lehrplankonzept, welches nach fachlich-inhaltlich zusammengehörenden Themen geordnet ist, stehen nun konkrete, berufsbezogene Aufgabenfelder im Mittelpunkt (vgl. Riedl 2015). Den Auszubildenden werden Handlungssituationen vorgegeben, die konkrete, berufliche Lagen abbilden. Diese beziehen ebenfalls die individuelle und gesellschaftliche Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler mit ein. Es wird eine engere Verzahnung von Theorie und Praxis angestrebt (vgl. KMK 2021b, S. 8 f.). Die Planung und Ausführung der Schritte zur Bewältigung oder die gedankliche Nachvollziehbarkeit der Lernsituation werden selbstständig erarbeitet (vgl. ebd., S. 7). Primärerlangen die Schülerinnen und Schüler „...kognitive Qualifikationen, die für die Ausübung ihres Berufes erforderlich sind“ (Schelten 2008). Schewior-Popp (2014, S. 8) legt Wert darauf, dass Lernfelder nicht allein den Erwerb von Qualifikationen zum Gegenstand haben, sondern auch auf die Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden abzielen. Es ist eine Verbindung zwischen dem Lernort Berufsschule und den Anforderungen des Betriebs herzustellen.
Dabei bieten die Lernfelder einen großen Gestaltungsspielraum (vgl. ebd., S. 8). Die Zielformulierungen der Rahmenlehrpläne sind auf wenige Stichworte begrenzt (vgl. z. B. KMK 2021 b; Lernfeld 3 In der Küche arbeiten - [Sie] bereiten einfache Speisen [...] zu, S. 13). Daher kann die Lehrkraft individuell entscheiden, in welcher konkreten Handlung, das Lernziel erreicht wird. Dabei ist es denkbar, dass einzelne Lernfelder von zwei Pädagoginnen oder Pädagogen im Team (z. B. Fachpraxis und Fachtheorie) unterrichtet werden. So wird eine praktische Ausführung an die theoretische Erarbeitung angeschlossen (vgl. Schelten 2008). Den Schülerinnen und Schülern kann dabei ein individuelles Lerntempo gewährt werden.
Für die Umsetzung der Lernfeldarbeit im berufsbildenden Kontext sind laut Riedl (2015) fünf Teilaufgaben zu bewältigen: Zielpräzisierung, didaktische Jahresplanung, Entwicklung komplexer Lehr-Lern-Arrangements, Durchführung des Unterrichts und die Reflexion der Einheit. Am Beispiel des Rahmenlehrplans für die Köchin/den Koch werden die Teilaufgaben beispielhaft vorgestellt. Dafür wird das Lernfeld 10: Süßspeisen herstellen und präsentieren betrachtet (Anhang 1).
Als erstes Lernziel ist festgelegt, dass die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, Süßspeisen herzustellen (vgl. KMK2021b, S. 20). Bezugnehmend auf dieses Ziel sind beispielsweise die folgenden Inhalte definiert (ebd.):
- Analysieren eines Auftrags
- Informieren über Milch, Milchprodukte, Käse
- Unterscheiden von Zubereitungsarten, Angebotsformen, Garnierungen
- Planen der Herstellung
- Wählen der Süßspeise
- Zubereiten, Präsentieren der Süßspeise
- Reflektieren und Bewerten des Arbeitsablaufs
Innerhalb des Rahmenlehrplans sind die Ziele hier konkretisiert. Die didaktische Jahresplanung befasst sich anschließend mit der Frage, in welcher Reihenfolge die einzelnen Kompetenzen und Ziele erarbeitet werden. Denkbar ist es, dass sich der Fachtheorieunterricht mit dem ersten Teilziel beschäftigt und die Punkte anhand einer oder mehrerer Nachspeisen erarbeitet. Das komplexe Lehr-Lern-Arrangement fokussiert sich entweder auf eine bestimme Art der Nachspeise oder behandelt beispielsweise verschiedene Teige im Vergleich. Die Vor- und Zubereitung wird ergänzend im Fachpraxisunterricht behandelt. Wichtig bei der gesamten Gestaltung ist, dass nicht die Lehrkraft, die zu lernenden Informationen vorgibt, sondern die angehenden Köchinnen und Köche sie eigenständig erarbeiten. Bei der Reflexion am Ende der Einheit kann sowohl der Unterrichtsverlauf als auch die gefundene Lösung der Lernsituation besprochen werden.
Lernsituationen können im Rahmen einer Lernsimulation in Form der Methode Schülerfirma umgesetzt werden. Schülerfirmen stellen innerhalb einer komplexen Unterrichtsmethode unternehmerische Strukturen und Handlungsabläufe dar (vgl. Penning 2018, S. 1). Eine Schülerfirma ist eine Projektarbeit, die innerhalb oder außerhalb des Unterrichts (z. B. Arbeitsgemeinschaft, Wahlpflichtunterricht) ausgeführt werden kann (vgl. Hammer et. al. 2012, S. 109) und sie bildet Vorgänge eines Wirtschaftsunternehmens in vereinfachter Struktur ab (vgl. Penning 2018, S. 1). Dabei bekommen die Schülerinnen und Schüler beispielsweise einen Einblick in die Bereiche Personalmanagement, Marketing, Buchhaltung, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung oder Verkauf. Potenziell ergeben sich je nach Schwerpunkt der Schülerfirma weitere Themenbereiche wie Infektionsschutz, Arbeitsschutz, Urheber-, Marken- oder Patentrecht (vgl. ebd., S. 21).
Die Mitgliederder Firma planen, produzieren und verkaufen Produkte und/oder Dienstleistungen (vgl. Brzozowska 2012, S. 276). Typische Beispiele in den Gastronomieberufen sind das Führen einer Schulkantine oder der Aufbau eines Cateringservices. In diesem Zusammenhang erfahren die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit realen Außen kontakten (Gästen, Kunden), arbeiten kostendeckend oder erwirtschaften reale Gewinne (vgl. Penning 2018, S. 1). Wobei die Gewinnmaximierung nicht im Vordergrund stehen sollte (vgl. Abramowicz 2020, S. 480). So hat die Schülerfirma überwiegend einen pädagogischen Nutzen. Die Schülerinnen und Schüler bekommen die Möglichkeit in einem wirklichkeitsnahen Umfeld, erste wirtschaftliche Erfahrungen zu sammeln (vgl. Dasecke und Südbeck 2019, S. 214).
Ziele der Arbeit in einer Schülerfirma sind beispielsweise (vgl. Hämmeret. al. 2012, S. 110):
- Ideenfindung, Gründung und Leitung eines Unternehmens
- Unternehmerisches, selbstständiges Denken und Handeln erproben
- Schlüsselkompetenzen entwickeln
- Eigene Kompetenzen und Vorlieben ausprobieren oder weiterentwickeln
- Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Beruf entdecken und entwickeln
- Wirtschaftswissen aneignen
[...]
1 Der Begriff Selbstkompetenz ersetzt laut KMK (2021a, S. 15) den bisher verwendeten Begriff Humankompetenz. Die Begriffe werden in verwendeten Quellen als Synonym angesehen.