Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Bachelorarbeit, 2022
45 Seiten, Note: 1,7
Einleitung
1. Begriffsbestimmungen: Übergang und Transition
1.1 Übergang - der Versuch einer Definition
1.2 DerTransitionsbegriff
1.3 Der Übergang in die Grundschulefür Kindergartenkinder
2 Veränderungen beim Übergang in die Grundschule
2.1 Institutionen im Vergleich: Kindergarten - Grundschule
2.2 Veränderungen beim Kind und in seiner Umgebung
2.3 Veränderungen auf individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene
3 Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen als Herausforderungen
3.1 KognitiveEntwicklung
3.2 Entwicklung des Lernens
3.3 Entwicklung des Spielverhaltens
3.4 Sprachentwicklung
3.5 Entwicklung der Motivation
4 Stand der Forschung - Wie Kinder den Übergang sehen
4.1 Übersicht über die Studien
4.2 Lernen und Spielen in den Institutionen
4.2.1 Spielen in den Institutionen
4.2.2 Sicht der Kinder aufdas Lernen in den Institutionen
4.3 Beziehungen von Kindern beim Übergang
4.3.1 Beziehung zu anderen Kindern
4.3.2 Beziehungen zu Erwachsenen
4.3.3 Familiäre Beziehungen
4.4 Institutionen aus Sicht der Kinder
4.4.1 SichtaufdieSchule
4.4.2 Das Kinderbildungshaus mit Unterscheidung zum Kindergarten und der Grundschule
4.4.3 SichtaufdenKindergarten
5 Gegenüberstellungdertheoretischen Erkenntnisseund des aktuellen Forschungsstands
Fazit
I. Quellenverzeichnisse
II. Abbildungsverzeichnis
Menschen erfahren im Laufe ihres Lebens einige Bildungsübergänge: der Übergang vom Zuhause in den Kindergarten, von dort aus geht es in die Schule, danach folgt die weiterführende Schule und nicht zuletzt wird der Weg in die Berufswelt beschritten. Diese Übergänge sind gekennzeichnet von unterschiedlichen Gefühlslagen wie beispielsweise Unsicherheit, Aufgeregtheit, Neugier oderÄngstlichkeit. Eines dieser Erlebnisse in derfrühen Kindheit stellt der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule dar. Vor allem dieser kann für Kinder eine fordernde Aufgabe bedeuten, da sie von ihrer erstbesuchten, gewohnten Einrichtung in eine ihnen fremde Institution wechseln, in der sie sich erneut zurechtfinden müssen. Forschungen in diesem Feld fokussieren sich jedoch überwiegend auf die Sichtweisen von pädagogischen Fachkräften, Lehrkräften und Eltern. Obwohl Kinder Expertinnen für ihren individuellen Übergang sind, sie diesen aktiv miterleben und verarbeiten, wurden deren Perspektiven in der Forschung bisher kaum berücksichtigt (vgl. Seddig 2020, S. 51). Kinder sind die Hauptakteure dieses Lebensereignisses und somit im Stande, sich dazu zu äußern (vgl. ebd.).
Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit mit der Sicht der Kinder auf die Herausforderungen, die ihnen beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule bevorstehen. Anhand von drei Studien wird aufgezeigt, wie Kinder diesen Übergang wahrnehmen und mit weichen Hindernissen sie sich konfrontiert sehen.
Die Arbeit ist in fünf Kapitel aufgeteilt, wobei sich die ersten drei Kapitel mit dem theoretischen Hintergrund auseinandersetzen. Es werden zunächst die Begrifflichkeiten .Übergang' und .Transition' näher beleuchtet sowie dargelegt, was der Übergang in die Grundschule für Kinder bedeutet. Daraufhin werden im zweiten Kapitel die Veränderungen beschrieben, denen sich Kinder beim Übergang in die Grundschule stellen müssen. Dabei werden zum einen die Institutionen Kindergarten und Grundschule verglichen und zum anderen die Veränderungen betrachtet, die sich auf individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene ergeben. Kinder stehen im Übergang vor einer bedeutsamen Veränderung, wofür sie bestimmte Fähigkeiten und Kompetenzen benötigen, damit sie den Übergang bewältigen können. Dies wird als Herausforderung angesehen, womit sich im dritten Kapitel befasst wird. In diesen drei Teilen der Arbeit wird der Fokus auf das Kind im Übergang gelegt, jedoch nicht auf die Sichtweisen der Kinder. Diese werden im vierten Teil der Arbeit behandelt, indem drei Studien analysiert werden. Darin wurden Kinder sowohl vor als auch nach der Einschulung zu ihren individuellen Einstellungen in den Bereichen Spielen, Lernen, Beziehungen und Institutionen befragt. Im Anschluss sollen Theorie und Forschung im fünften Teil der Arbeit gegenübergestellt werden. Zum Schluss wird ein kapitelübergreifendes Fazit zur Leitfrage gezogen.
Im Folgenden wird der Versuch von Definitionen der Begriffe .Übergang' und .Transition' vorgenommen. Zudem wird der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule beschrieben und erklärt, warum dieser meist als Transition bezeichnet wird.
Der Begriff .Übergang' wird in den Lexika als „Überqueren, Überschreiten, Hinübergehen“ (Bibliographisches Institut GmbH o. J.) oder als „Wechsel zu etwas anderem, Neuen, in ein anderes Stadium“ (ebd.) definiert. „Übergänge allgemein finden (...) statt, wenn Veränderungen im Leben von Menschen eintreten“ (Seddig 2020, S. 30). Diese Veränderungen können unterschiedlich bewältigt und verarbeitet werden (vgl. ebd.). Dadurch kann der Übergang als kritisches Lebensereignis angesehen werden, da hierbei neue Situationen auftauchen, die mit bisherigen Bewältigungsstrategien nicht überwunden werden können und die „tief greifende emotionale Umstellungen erforder[n]“ (Knörzer & Grass 2000, S. 151). Zudem können sie „als Stress- oder Belastungssituationen erlebt werden“ (Streffer 2020, S. 55). Solche Belastungssituationen sind für die Weiterentwicklung eines Menschen jedoch unerlässlich. Sie heben sich vom Alltag ab und haben eine zeitliche Beschränkung (vgl. Knörzer & Grass 2000, S. 152). Wie diese Entwicklung verläuft, hängt vom Individuum und seiner Umgebung ab (vgl. Streffer 2020, S. 55). Übergänge können beispielsweise der Übergang in die Grundschule, „der Auszug aus dem Elternhaus, Berufseintritt, (...) das Zusammenziehen mit und die die Trennung von einem Partner, (...) Tod des Lebenspartners [oder die] Pensionierung“ (Knörzer & Grass 2000, S.151 f.) sein. Der in dieser Arbeit behandelte Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist institutioneller Natur (vgl. Grotz 2005, S. 17). Er wird durch Lernprozesse und soziale Prozesse bewältigt (vgl. Seddig 2020, S. 30).
.Transition' ist „ein psychologischer Begriff mit einem konkreten dahinterliegenden theoretischen Konstrukt“ (Seddig 2020, S. 30) und wird in der Fachdiskussion anstelle des Übergangsbegriffes verwendet (vgl. Kordulla 2017, S. 25). Der Transitionsbegriff („lat. transitus = Übergang, Durchgang“ (Vollmer 2012, S. 227)) wird benutzt, wenn Menschen einen bedeutenden Übergang in ihrem Leben durchlaufen, der Veränderungen mit sich bringt (vgl. ebd.). „Es ist nicht das Lebensereignis als solches, das es zu einer Transition werden lässt, sondern im entwicklungspsychologischen Sinne dessen Verarbeitung und Bewältigung“ (Griebel & Niesel 2004, S. 36). So kann nur von einer Transition gesprochen werden, wenn ein Individuum sich mit Veränderungen auf drei verschiedenen Ebenen auseinandersetzt: der individuellen, interaktionalen und kontextuellen Ebene (Griebel & Niesel 2004, S. 36). Diese Ebenen werden in Kapitel 2.3 näher beschrieben. Der Mensch, der eine Transition erlebt, muss sich dabei mit „seiner sozialen Umwelt und gesellschaftlichen Herausforderungen“ (Seddig 2020, S. 31) sowie ,,Widersprüche[n] zwischen Individuum und seiner Umwelt“ (Streffer2020, S. 55) beschäftigen, was sich wiederum auf die Entwicklung und Erfahrung des Menschen auswirkt (vgl. Seddig 2020, S. 31).
Der Schuleintritt ist einer von zahlreichen Übergängen im Leben eines Menschen. Er kann als kritisches Ereignis im Leben eines Kindes angesehen werden, das entweder erfolgreich oder nicht erfolgreich bewältigt werden kann (vgl. Doblinger2019, S. 57; Kordulla 2017, S. 25). „Er wird dabei als eine besonders sensible Phase im Leben des Kindes betrachtet, da er den Grundstein für die Bewältigung folgender Übergänge legt“ (Kordulla 2017, S. 25). Diese Phase kann für das Kind je nach individueller Resilienz kritisch oder stressreich werden (vgl. Vollmer 2012, S. 227). Deshalb wird der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule meist als .Transition' beschrieben (vgl. Döblinger 2019, S. 57). Der Übergang bietet aber zudem neue, aufregende Erfahrungen und Chancen, die von Kindern als positiv wahrgenommen werden. Dafür wird von ihnen eine enorme Anpassungsleistung erwartet (vgl. Kordulla 2017, S. 28). Der Übergang in die Grundschule kann bei Kindern in drei verschiedene Ebenen eingeteilt werden, „der individuellen, der interaktionalen und der kontextuellen Ebene“ (Kordulla 2017, S. 25), wobei sich die interaktionaler Ebene verschiedene Akteure Einfluss haben.
Kinder sind die Hauptakteure im Übergang in die Grundschule. Sie bewältigen den Übergang nicht allein, sondern werden von verschiedenen Akteur*innen, wie Eltern, Geschwistern, Erzieherinnen und Lehrkräften, unterstützt und gefördert (vgl. Vollmer 2012, S. 227). Damit der Übergang erfolgreich bewältigt werden kann, ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten unerlässlich. Griebel und Niesel (2011) erarbeiteten hierfür ein Transitionsmodell, das den ko- konstruktiven Prozess zusammenfasst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Transitionen als ko-konstruktiver Prozess (Griebel & Niesel 2011, S. 116)
In dieser Abbildung ist zu erkennen, dass Kinder und Eltern beim Übergang aktiv mitwirken, Erzieherinnen, Lehrkräfte und weitere Akteurinnen aus Kindergarten und Grundschule spielen dabei eine passive Rolle, da sie den Übergang nicht selbst durchlaufen müssen. Damit Kindergartenkinder zu Schulkindern werden und Eltern eines Kindergartenkindes zu Eltern eines Schulkindes, müssen sie Basiskompetenzen sowie lernziel- und schulnahe Fähigkeiten entwickeln und fördern, um die Transition bewältigen zu können. „Den Fachkräften kommt die Rolle zu, den Transitionsprozess zu moderieren, indem sie mit Eltern und Kindern kommunizieren und an dem Prozess teilnehmen“ (Sauerhering 2013, S. 5).
Die meisten Kinder freuen sich auf den Schuleintritt. Die Einschulung bedeutet für Kinder, Neues kennenzulernen und die Einsicht zu gewinnen, dass sie keine Kindergartenkinder mehr sind, sondern zu ,den Großen1 gehören (vgl. Döblinger 2019, S. 57 f.). Dabei bilden sie neue Kompetenzen aus und setzen sich mit ihrer noch fremden Umgebung auseinander. Der Eintritt in die Schule wird für Kinder zum schnellen Wechsel zwischen zwei Institutionen, wodurch sie einerseits mit der räumlichen und zeitgebundenen Umstellung zu kämpfen haben, andererseits Beziehungen mit neuen Bezugspersonen und Freundesgruppen aufbauen müssen (vgl. ebd., S. 57). Zusätzlich bringt die Schule eine gewisse Leistungsanforderung mit sich. Der „unmittelbare Vergleich mit den Mitschülerinnen und Mitschülern in der kompetitiven Schulwelt [...] [kann] von Kindern als belastend erlebt werden“ (ebd., S. 58).
Beim Übergang lernen die Kinder etwas Neues kennen, wodurch sie sich weiterentwickeln. Dies kann von den Kindern verschieden aufgenommen werden. Es kommt sowohl zu positiven als auch negativen Erfahrungen. Positive Erfahrungen werden von Kindern problemlos verarbeitet. Falls jedoch ein Kind mit der Veränderung nicht zurechtkommt, kann ihm dies schnell Schwierigkeiten bereiten (vgl. Döblinger 2019, S. 57 f.), sodass als Folge beispielsweise Stressbelastungen auftreten können (vgl. ebd., S. 63).
Zusammenfassend sind folgende Erkenntnisse der Transitionsforschung der letzten Jahre essenziell:
Der Eintritt in die Grundschule ist eine Entwicklungsaufgabe, die die Kinder zu bewerkstelligen haben. Dabei müssen sie „verschiedene Aufgaben bewältigen und benötigen dazu verschiedene Fähigkeiten und Kompetenzen“ (Vollmer 2012, S. 228), wie beispielsweise Sprachkompetenzen und kognitive Fähigkeiten. Während der Transition kann bei Kindern Stress auftreten. Damit müssen die Kinder lernen, umzugehen ohne sich überwältigen zu lassen (vgl. ebd.). „Für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern ist es von entscheidender Bedeutung, dass Übergänge nicht als Brüche erlebt werden“ (Sauerhering 2013, S. 4).
Nach Griebel und Niesel (2005) wird „von einem erfolgreichen Übergang [...] gesprochen, wenn das Kind sich emotional, psychisch, physisch und intellektuell angemessen in der Schule präsentiert“ (Griebel & Niesel 2005). Es sieht sich selbst als Schulkind und bewältigt Herausforderungen in der Schule, es hat keine Ängste und Probleme, sich in der Schule zurechtzufinden (vgl. ebd.).
Beim Übergang in die Grundschule sehen Kinder sich mit zahlreichen Umstellungen konfrontiert. Diese Veränderungen betreffen sowohl die Institutionen, die Ansprechpersonen, wie Erzieherinnen und Lehrkräfte als auch Freundschaften oder den Tagesablauf. Im Folgenden werden zunächst die Institutionen Kindergarten und Grundschule verglichen, daraufhin werden die Veränderungen, die sich in der Umgebung des Kindes ergeben, aufgezeigt. Relevant sind dabei die Bereiche Identität, Freundschaften, Wege von Zuhause aus, Tagesablaufund neue Lernsituation. Zuletzt werden die Veränderungen auf individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene erläutert.
Dieser Vergleich bezieht sich ausschließlich auf die vom Land Baden-Württemberg vorgegebenen Richtlinien.
Der Übergang aus dem Kindergarten in die Grundschule ist ein bedeutendes Ereignis für Kinder sowie Institutionen.
Den Kindergarten besuchen Kinder ab drei bis sechs oder sieben Jahren. Die Gruppen im Kindergarten sind altersgemischt. Der Kindergarten ist nach dem Elternhaus die erste Sozialisationsinstanz. Jedes Kind hat in Deutschland den Anspruch auf einen Kindergartenplatz. „Der Kindergarten hat als Bildungseinrichtung einen eigenständigen Billdungs- und Erziehungsauftrag“ (Vollmer 2012, S. 234), an dem sich die Erzieherinnen orientieren. Die Grundschule soll, genau wie der Kindergarten, für alle Kinder zugänglich sein, wodurch sie vor allem vor der Aufgabe steht, Bildung für alle Kinder zu ermöglichen. Die Grundschule wird meist von Kindern zwischen sechs und elf Jahren besucht. Die Kinder sind im Gegensatz zu Kindergartenkindern in Altersklassen aufgeteilt (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2019, S. 107, 109).
Der Kindergarten hat das Ziel, „Kinder in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, o. J.). Die Grundschule hat dagegen die Absicht, für alle „eine grundlegende schulische Bildung zu ermöglichen“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2019, S. 107). Dabei wird der Schwerpunkt insbesondere auf den Erwerb von Kompetenzen im Lesen, Schreiben und in der Mathematik gelegt (vgl. ebd.).
Kinder im Kindergartenalter sind lernbegeistert und wissbegierig, sie möchten ihr Wissen zeigen und teilen. Fehlt Kindern die Erfahrung, Informationen aufzusaugen und kennenzulernen, so kann dies zu Defiziten im späteren Leben des Kindes führen, da es große Anstrengung benötigt, um das Verpasste nachzuholen. Solche Defizite können beispielsweise motorische Entwicklungsdefizite sein, welche im Kindergarten jedoch gefördert werden kann. Dadurch verringert sich dieser Defizit und ermöglicht dem Kind einen einfacheren Übergang in die Grundschule (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011, S. 10). Kinder lernen im Kindergarten spielerisch und forschend. Das Kind übt, „soziale Integrationen [...] und Ablöseprozesse [...] zu bewältigen und sich in seinen psychomotorischen Fähigkeiten zu stabilisieren“ (Iwers-Stelljes 2004). Dieses Lernen kann allein sowie zusammen stattfinden. Gerade im Kindergarten, in dem Kinder aus verschiedenen Altersgruppen zusammen sind, lernen sie mit- und voneinander. So werden soziale Kompetenzen aufgebaut, von denen das Kind später profitieren kann. Für Kinder in diesem Alter bedeuten „Lernen und Spielen [...] ein und dasselbe“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011, S. 11). Das Spiel als Lernmedium ist zentraler Bestandteil, da Kinder dadurch ihre Umwelt und sich selbst besser kennenlernen. Es verändert sich über die Zeit, es wird komplexer, wodurch Kinder auf die Schule und das Leben vorbereitet werden, indem sie bestimmte Kompetenzen und Fähigkeiten ausbilden (vgl. ebd.). Diese können beispielsweise motorischen Fähigkeiten sein, jedoch auch soziale Kompetenzen oder Fantasie- und Rollenspiele, welche die Imagination fördert und hierdurch wiederum die Geschichtenerzählung fürden Deutschunterricht fördern kann (ebd., S.11 f.).
Die Schule hingegen entfernt sich vom spielerischen Lernen und versucht, Kinder „zu den systematischeren Formen des schulischen Lernens“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2019, S. 107) hinzuführen. Dabei sollen vor allem Lesen, Schreiben und Mathematik gelehrt werden, um allen den gleichen Standard zu gewähren (vgl. ebd.). Der Tagesablauf unterscheidet sich von dem im Kindergarten. Die Kinder sollen ruhig sitzen, sich auf die Lehrkraft oder das Arbeitsmaterial konzentrieren, dabei etwas lernen und nur in den Pausen mit den Klassenkameradinnen spielen (vgl. Döblinger 2019, S. 58). Das Lernen soll individualisiert sein, damit jedem Kind die gleichen Chancen ermöglicht werden können. Im Kindergarten geht es hauptsächlich ums Spielen. In diesem Sinne wird die Förderung von Kindern spielerisch betrieben. Die Grundschule hingegen hat vor allem den Wissenserwerb und die Leistungssteigerung als Ziel (vgl. Urech 2010.S.31).
Erzieherinnen haben die Aufgabe, Kinder zum Denken anzuregen, indem sie sie „begleiten, [...] unterstützen und [...] fördern.“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden- Württemberg 2011). Sie sollen individuell auf die Kinder eingehen und diese anstoßen, ihre Umgebung eigenständig zu erkunden. Außerdem sind Erzieherinnen vor allem dafür zuständig, den Kindern „Orientierung, Sicherheit und Halt durch liebevolle Zuwendung [zu] geben“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011). Besonders während der sensiblen Eingewöhnungszeit sind Kinder auf diese Rahmenbedingungen angewiesen (vgl. ebd.). Lehrkräfte sind ebenfalls dafür zuständig, wenn es von Nöten ist. Während im Kindergarten ein Kleinteam von Erzieherinnen für eine Kindergartengruppe zuständig ist, ist die Bezugsperson in der Grundschule die Klassenlehrkraft. In den ersten zwei Grundschuljahren wird versucht, so wenig Fachlehrkräfte wie möglich in einer Klasse einzusetzen, damit die Kinder „sich auf wenige Bezugspersonen konzentrieren können und nicht mit einer Vielzahl von Fachlehrkräften zu tun haben“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2019, S. 109). Diese Lehrkräfte haben die Aufgabe, im Unterricht, „inhaltliche und didaktische Entscheidungen“ (ebd., S. 107) zu treffen und verschiedene „Methoden, Sozialformen, Arbeitsweisen und Aufgabenformate“ (ebd.) im Unterricht zu ermöglichen, um Individualisierung zu realisieren (vgl. ebd.). Ein solcher Unterricht benötigt „verhaltenswirksame Regeln und Störungspräventionen“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland 2015, S. 21), um den Kindern ein angenehmes Unterrichtsklima zu ermöglichen.
Wenn ein Kind in die Grundschule kommt, verändert sich die eigene Identität, die Rolle vom Kindergarten- zum Schulkind und dessen Beziehungen (vgl. Textor 2009).
Im Kindergarten war das Kind in seinem letzten Jahr eines der ältesten Kinder, es hatte für die jüngeren Kinder meist eine Vorbildfunktion und konnte ihnen Hilfestellung geben. In der Schule jedoch ist es das jüngste Kind, für das alles neu ist und das Hilfe von den älteren Schulkindern in Anspruch nehmen muss (vgl. ebd.).
Kinder gehen meist in die Schule, die sich in der Nähe des Elternhauses befindet. Hierbei spielt es für das Kind eine große Rolle, ob sich der Kindergarten ebenso in der Nähe befand. War dies der Fall, ist es wahrscheinlicher, dass Freunde im gleichen Alter mit in dieselbe Schule wechseln. Gleichzeitig verliert das Kind jedoch Freunde aus den Augen, die jünger sind oder auf eine andere Schule gehen. Infolgedessen muss das Kind neue Beziehungen nach der Einschulung knüpfen und „seine Rolle in der Klasse finden“ (ebd.). Dies kann vor allem für Kinder anspruchsvoll werden, die Schwierigkeiten beim sozialen Austausch haben und Zeit dafür brauchen (vgl. ebd.). Dieser soziale Austausch ist in der Schule, im Gegensatz zum Kindergarten zeitlich begrenzt, wodurch die Kinder diesen vor allem vor dem Unterrichtsbeginn, während den Pausen oder nach der Schule erfahren können (vgl. ebd.).
Durch den Übergang verliert das Kindergartenkind nicht nur Freundschaften, sondern auch die bisherigen Bezugspersonen, die Erzieherinnen. Dieser Verlust kann mit Trennungsangst und Trauer einhergehen, zudem kann Angst vor der zukünftigen Lehrkraft hinzukommen, da diese noch unbekannt sein könnte. Die Lehrkraft unterschiedet sich vor allem durch ihr autoritäreres und ordnungsgemäßeres Auftreten von den Erzieherinnen (vgl. Beelmann 2006, S. 51). Diese Angst verfliegt schnell wieder, wenn die Schule angefangen hat und die Kinder die Lehrkraft nicht mehr als fremde Person ansehen (vgl. Textor 2009).
Der Schultag ist mit Regeln und Erwartungen versehen, an die sich Kinder erst gewöhnen müssen. Im Kindergarten durften sie spielen, basteln, toben und lernten dadurch spielerisch. Der Kindergartenalltag war geprägt vom Miteinander und gegenseitigem Helfen. Der Schwerpunkt verlagert sich in der Schule hin zu mehr Pflichtbewusstsein. Die Kinder müssen im Unterricht sitzen oder zu einem vorgegebenen Zeitpunkt Mathe lernen. Außerdem gibt es Regeln, wie „still sein, zuhören, sich melden“ (Textor 2009). Bei einem Kind, das Schwierigkeiten beim Übergang von der spielerischen Lernform in die strukturelle Arbeitsform aufweist, können Komplikationen auftreten, da es in der Schule vor allem auf Leistung ankommt (vgl. Beelmann 2006, S. 51).
Die Kindergartenkinder erleben ihren Tagesablauf als flexibel und nicht immer strukturiert. Dahingegen ist der Schulalltag durch getaktete Schulstunden, Pausen und vorgegebene Busfahrzeiten oder einem Schulweg, welcher zu bestimmten Zeiten gelaufen werden muss, strukturiert. Der Nachmittag der Kinder ist durch den Ganztagesunterricht, oder aber durch Hausaufgaben und verschiedene sportliche Aktivitäten in der Freizeit der Kinder ebenso organisierter (vgl. Textor 2009).
Während der Transition in die Grundschule unterlaufen Kinder Veränderungen auf drei verschiedenen Ebenen: „der individuellen, der interaktionalen und der kontextuellen Ebene“ (Griebel & Niesel 2004, S. 123). Diese Ebenen „lassen sich als Entwicklungsaufgaben charakterisieren“ (ebd.). Auf diesen Ebenen müssen Kinder demnach Aufgaben bewältigen, die typisch für den Übergang in die Grundschule sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Transition in die Grundschule (eigene Abbildung nach Griebel & Niesel 2011, S. 123 f.; Plieninger 2007, S.14f)
Die individuelle Ebene befasst sich mit den Veränderungen, die das Kind selbst durchlebt. So erhält das Kind nach dem Übergang den Status eines Schulkindes. Damit gehen verschiedene Emotionen einher. Sie müssen vom Kind bewältigt und reguliert werden (vgl. Griebel & Niesel 2011, S. 123; Straffer 2020, S. 64). Diese Emotionen können von Vorfreude, Neugier und Stolz bis hin zu Unsicherheit und Angst unterschiedlich sein. Während der Transition und der ersten Schuljahre erwirbt das Kind neue Kompetenzen, wie Selbstständigkeit und die Kulturtechniken (vgl. Griebel & Niesel 2004, S. 123; Plieninger 2007, S. 14) sowie schul- und lernzielnahe Kompetenzen (vgl. Straffer 2020, S. 64), um im Anfangsunterricht zurechtzukommen. Scheitert das Kind auf der individuellen Ebene, kann dies „entsprechend den Schulstart des Kindes beeinflussen“ (ebd.).
Die interaktive Ebene umfasst die Veränderungen bezüglich der sozialen Beziehungen und der Rollenfindung. Dazu gehört zum einen, eine Beziehung zu einer neuen Bezugsperson, der Lehrkraft, aufzubauen und zum anderen neue Freundschaften mit den Mitschülerinnen zu schließen. Die bisherigen Beziehungen zu Erzieherinnen sowie Kindergartenfreunden verändern sich und gehen teilweise verloren. Innerhalb der Familie kann es ebenso zu einer Beziehungsveränderung kommen. „Zur Rolle des Kindes in der Familie kommt die Rolle des Schulkindes mit Rollenerwartungen und Rollensanktionen hinzu“ (Griebel & Niesel 2004, S. 124). Die Erwartungen an ein Schulkind sind andere als an ein Kindergartenkind.
[...]