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Bachelorarbeit, 2021
52 Seiten, Note: 2
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Forschungsfragen
1.3. Zielsetzung
1.4. Methodisches Vorgehen
2. Biologie von Mann und Frau
2.1. Genetik
2.1.1. Organe
2.1.2. Hormone
2.1.3. Biochemie
2.2. Sozialisierung
2.2.1. Geschlechtstypische Persönlichkeitsmerkmale
2.2.2. Geschlechtsunterschiede nach behavioristischem Ansatz
2.2.3. Geschlechtsunterschiede nach evolutionärem Ansatz
2.3. Verhalten
2.3.1. Geschlechtstypisches Verhalten
2.3.2. Kognitive Geschlechtsunterschiede
2.3.3. Gedanken und Emotionen
2.3.4. Exkurs
3. Führung
3.1. Führungskraft
3.2. Führungsstile
3.3. Führung durch Frauen und Männer
4. Empirischer Teil
4.1. Forschungsstand und Methodik
4.2. Methodenauswahl (Online-Befragung)
4.3. Ergebnisse der Umfrage
4.3.1. Stichprobenbeschreibung
4.4. Ergebnisse der Interviews
5. Diskussion, Limitationen und Fazit
5.1. Limitation der Ergebnisse
5.2. Diskussion der Ergebnisse
5.3. Fazit
I. Anhänge
II. Abbildungsverzeichnis
III. Literaturverzeichnis
Noch in den 50er Jahren wurden Frauen die Fähigkeit, ein Unternehmen zu leiten und Mitarbeiter zu führen, abgesprochen. Das Prinzip der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau hielt sich tapfer in der Gesellschaft. Männer gingen zur Arbeit, brachten das Geld nach Hause, während Frauen die Kinder betreuten und umsorgten, den Haushalt führten, Angehörige pflegten und die sogenannten „rückwärtigen Dienste“ ausführten. Allein im Jahr 1991 glaubten noch fast 50% der deutschen Bevölkerung, dass eine Frau am besten daheim ausgehoben ist. Auch im Jahr 2000 waren noch knapp 40% der westdeutschen Bevölkerung der Ansicht, Frauen sollten sich ausschließlich um die Familie kümmern, damit der Mann einen freien Rücken zum Arbeiten hat.1
Viele Jahre später kamen Frauen auch in die Unternehmen und besetzten Führungspositionen, jedoch waren sie dort mehr geduldet als akzeptiert.
Demnach befanden sich sehr lange Zeit kaum Frauen in Führungspositionen der Unternehmen. Erst in den 90er Jahren kämpften sich Führungsstile durch, die eine weibliche Tendenz aufwiesen. So hieß es, dass Frauen sich besser dazu eignen würden, unternehmerische Beziehungen zu pflegen und aufrecht zu halten oder aber, dass sie sich in einer transformationalen2Führung den Männern gegenüber besser zeigten. Auch wird ihnen ein Vorteil im kooperativen Handeln zugesprochen und sie neigen dazu, ihre Mitarbeiter weniger zu kontrollieren und ihnen mit mehr Einfühlungsvermögen zu begegnen.3Aber ist diese Ansicht auch im Allgemeinen übertragbar und auf jedes Unternehmen und jede Frau anzuwenden?4
Ist Führung denn wirklich eine Sache des Geschlechts?
Obwohl wir nahezu genauso viele Frauen in der deutschen Bevölkerung haben, wie Männer und auch nahezu Frauen in derselben Anzahl wie Männer ein Studium absolvieren, somit ebenso hohe Qualifizierungen haben wie Männer, ist die Zahl der Frauen in Organisationen und Unternehmen unverändert niedrig. Vor allen sind Positionen im absoluten Spitzen-Management (Vorstand, Aufsichtsräte) sehr männlich belastet. Das lässt sich durch Zahlen nachfolgend eindeutig belegen. 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten5 6 7 8
Abbildung 1 - Tabelle eigene Darstellung: Verteilung der Erwerbstätigen auf die Bevölkerung
Die ersten Studien zum Thema ,Frauen in Führungspositionen‘ gab es ganz schleichend erst in den 80er Jahren. Jedoch wurden diese wenigen Frauen oft als nicht familiär dargestellt oder jede Form der Weiblichkeit wurde ihnen abgesprochen.
Trotz einer mittlerweile veränderten Ansicht zu den Geschlechterrollen, dem gesteigerten Bildungsniveau von Frauen und vielfältigen Maßnahmen in der heutigen Arbeitspolitik sind Frauen nach wie vor in einer ausgeprägten Minderheit in Führungspositionen zu finden. Rund mehr als die Hälfte der Universitätsabschlüsse werden von Frauen absolviert, aber nur rund 30% der Führungspositionen sind von Frauen besetzt. Im Jahr 2016 waren sogar nur knapp 5% der Frauen im Vorstand vertreten.9
Nun bleibt zu erkunden, ob die Ursache für diese Unterrepräsentanz in der menschlichen Biologie zu finden ist oder ob sich eine Andersartigkeit der Führung bei Frauen durch unsere Evolution samt ihrer Sozialisierung gezeigt hat. Zudem muss auch betrachtet werden, ob sich die menschliche Biologie aufgrund von immer wieder wandelbaren sozialen Konstrukten im Laufe der Jahrtausende angepasst hat. Diese Fragen und Gedanken abschließend zu klären, wird sich jedoch, trotz vieler umfangreicher Studien, als schwierig gestalten. Diverse Studien belegen zwar, wie groß der Anteil an Frauen in Führungspositionen ist und wie es sich in welchen wirtschaftlichen Sektoren prozentual verteilt, jedoch halten sich Studien zur Ursachenfindung in der menschlichen Biologie eher rar.
Die Ursache für die Minderheit von Frauen in den oberen Ebenen der Unternehmen, konnte bisher jedoch nie abschließend gefunden und geklärt werden.
„Das Genie hat kein Geschlecht.“
BaroninGermaine-Anne-LouisevonStaël-Holstein(1766-1817)
Dieses Zitat wurde einst von der französischen Schriftstellerin Baronin Germaine-Anne-Louise von Staël-Holstein geäußert und findet in vielen Bereichen seine Anwendung. So auch stellt sich die Frage, ob dieses Zitat auf den Erfolg und das Handeln eines Menschen in seiner / ihrer beruflichen Karriere angewendet werden kann. Angesichts der Tatsache, dass sich Frauen nach wie vor in einer führungstechnischen Minderheit befinden, bleibt zu hinterfragen, ob Erfolg gegebenenfalls doch ein Geschlecht hat und inwiefern Erfolg zu definieren ist.
Bei der Fragestellung, worin die Unterrepräsentanz zu begründen ist, stellen sich womöglich mehrere Fragen auf. Können Frauen nicht führen? Wollen Frauen nicht führen? Bekommen Frauen gar nicht erst die Möglichkeit zu führen? Führen Frauen anders und sind damit schon gar nicht erst im „Rennen“? Müssen Frauen sich Stigmatisierungen stellen und werden dadurch gebremst? Inwieweit spielen hier geschlechterbasierte Stereotypen eine Rolle und inwieweit blockieren Frauen sich hierbei selbst? Zudem ist es notwendig zu schauen, ob Frauen weniger an Führungspositionen interessiert sind als Männer. Oder sind es vielleicht die Frauen selbst, die davon ausgehen, dass ihnen die Chance auf eine Führungsposition seitens der Unternehmen verwehrt bleibt, obwohl sie selbst eine hohe Bereitschaft zur Führung besitzen.
Diese Arbeit wird sich damit beschäftigen, wie hoch der Anteil an Frauen im Vergleich zu Männern ist und inwieweit ihre biologischen Gegebenheiten einen Einfluss auf die Bereitschaft zu führen, die Kompetenz zu führen und die Ressourcen haben.
Aus der bereits genannten Problematik ergibt sich die Forschungsfrage, inwieweit sich Frauen in der Führung von Unternehmen von Männern unterscheiden und ob diese Unterschiede primär in der menschlichen Biologie begründet liegen oder ob weitere mögliche Ursachen und Einflüsse, wie menschliche Evolution und Sozialisierung diskutabel sind.
Die vorliegende Arbeit wird analysieren, ob und auf welche Art und Weise, die menschliche Biologie eine Ursache für die Art der Führung in Unternehmen mit verantwortlich sein können. Dazu werden mitunter auch Evolution und Sozialisierung knapp beleuchtet. Einzig der kulturelle Aspekt wird in dieser Arbeit ausgeblendet, da dies länderübergreifend zu viel zu großen Schwankungen und Ungleichheiten führen würde.
Ein Ziel ist es, herauszufinden, worin sich die geringe Zahl an Frauen in Führungspositionen begründen lässt und ob sich diese durch Veränderungen in der Sozialisierung, durch beeinflussen der Biochemie verändern lässt oder ob es durch unsere Evolution in Stein gemeißelt ist. Eine weitere Zielsetzung besteht darin, zu erfahren, ob die Art wie Frauen führen ein Grund für die mindere Besetzung in Unternehmen sein kann.
Zudem wird beantwortet, ob die aktuell herrschende ungleiche Besetzung zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen ein wirtschaftliches Problem für Unternehmen darstellt oder ob Unternehmen mit einer männerdominierten Führung wirtschaftlich erfolgreicher sind.
Diese Arbeit soll einen Beitrag leisten, bei welchem untersucht wird, ob biologische Veranlagungen bei Männern und Frauen die jeweilige Führung beeinflussen und welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede sich heraus filtern lassen.
Zudem soll eine Möglichkeit gegeben werden, ein besseres und umfangreicheres Verständnis für die weiblichen und männlichen Führungskräfte zu erlangen und aufzeigen, worin sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede begründen lassen. Hierbei werden die Verhaltensweisen beider Geschlechter betrachtet, jedoch soll schlussendlich der Fokus mehr auf dem Führungsverhalten der Frauen liegen.
Diese Arbeit gliedert sich in zwei Bereiche - einen theoretischen und einen empirischen Teil. Als Grundlage für diese Arbeit werde ich eine interdisziplinäre (geschichtlich, medizinischen, soziologisch, psychologisch) Literaturrecherche durchführen und gewonnene Zahlen sowie Fakten auswerten. Dazu gehört auch das Auswerten nationaler Statistiken als sekundäre Datenerhebung. Hierbei wird bewusst Wert auf die begrenzte Nationalität gelegt, um gravierende kulturelle Unterschiede in dieser Arbeit auszublenden.
Der theoretische Teil beschäftigt sich mit den Begrifflichkeiten, Definitionen, Zahlen und Fakten sowie mit der Analyse des Verhaltens von Frauen in Führungspositionen. Die Ansätze reichen hier von der Biologie, über die Sozialisierung bis hin zu geschlechterspezifischen Stereotypen und evolutionsbedingte Aspekte. Die gesellschaftspolitischen, religiösen und kulturspezifischen Aspekte werden hierbei nur am Rande erwähnt. Die Vielfalt der Ursachen einzubeziehen, ist in diesem Fall wichtig, da oftmals nicht nur eine einzelne Gegebenheit ursächlich für die möglichen Führungsunterschiede bei Männern und Frauen ist.
Als weiteren Aspekt im theoretischen Teil werde ich im Detail auf die verschiedenen Führungsstile eingehen und Führung sowie die Führungskraft als Mensch genauer definieren.
Der empirische Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit einer Umfrage von Arbeitnehmern und Interviews mit Menschen, die in einer non-binären geschlechtlichen Identität leben. Die Umfragen soll womöglich aufzeigen, inwieweit Geschlechterunterschiede bestehen und wo möglicherweise die Ursachen liegen. Zudem soll beleuchtet werden, ob sich eine Veränderung der menschlichen Biologie samt des Hormonstatus innerhalb einer Person auf deren Verhalten auswirkt. Die Interviews mit Transgender-Menschen sollen darlegen, ob künstlich hervorgerufene Veränderungen der Biochemie am menschlichen Körper auch automatisch veränderte Verhaltensweisen mit sich bringen.
Das genetische Geschlecht (engl. sex) wird anhand von mess- und sichtbaren Faktoren, wie Chromosomen und Hormonen (Östrogen, Testosteron) sowie inneren und äußeren Geschlechtsorganen festgelegt. In der Medizin gibt es klare Festlegungen für die zwei menschlichen Geschlechter - männlich und weiblich. In unserer Gesellschaft existieren jedoch mehrere akzeptierte Geschlechter - die nonbinären Geschlechter, wozu mitunter Transmenschen, Homosexuelle und asexuelle oder intersexuelle Menschen zählen. Dass sich männlich und weiblich geborene Körper unterscheiden, ist hinreichend bekannt. Wo jedoch genau die Unterschiede liegen und wie sie zu begründen sind, wird in den folgenden Abschnitten erklärt.
Wie uns heute bekannt ist, sind unsere Chromosomen eine Mischung aus menschlicher DNA und Proteinen (Eiweißen). Diese enthalten sehr viele genetische Informationen über das Individuum. Bei einem gesunden Menschen treten diese paarweise auf und jedes Chromosom kommt ein Teil des Vaters und ein Teil der Mutter. Frauen besitzen zwei X-Chromosomen und Männer jeweils ein X- und ein Y-Chromosom.10
Das kleinere Y-Chromosom des Mannes trägt die Gene in sich, die das Geschlecht festlegen. Das X-Chromosom ist etwas größer und enthält somit auch sehr viel mehr Gene als das Y-Chromosom. Es wird vermutet, dass das Y-Chromosom aus einem vorläufigen X-Chromosom in der Evolution entstanden ist.11
Welche Rolle jedoch spielen die Chromosomen nun im Verhalten von Mann und Frau?
Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass genetische Faktoren zwar einen Einfluss auf das Verhalten ausüben können, es jedoch immer den Umwelteinflüssen bedarf, damit genetische Faktoren und deren Informationen transportiert werden können.12
Ein Beispiel hierfür sind Depressionen oder ADHS13. Ob ein Mensch veranlagt ist, eine Depression oder ADHS zu bekommen, liegt nur zu 20% an der Genetik. Die restlichen 80% sind die Umwelteinflüsse, wie Erziehung, Sozialisation und Kultur, welche bestimmen, ob es tatsächlich zu einem Ausbruch der Erkrankung kommt.14
In der Verhaltensgenetik ist es nicht so, dass es ein bestimmtes Gen gibt, welches ein bestimmtes Verhalten hervorruft. Vielmehr ist es ein großes Paket aus Genen, die ein Verhalten bestimmen können. Hier bedarf es demnach viele Gene und viele Umweltfaktoren, damit ein gewissen Verhalten gezeigt wird.
Weiteres ist es wichtig zu erwähnen, dass kein ganzes bzw. gebündeltes Genpaket für bestimmte Störungen in der menschlichen Psyche verantwortlich gemacht werden kann. Das Auftreten bestimmter psychischen Probleme / Krankheiten oder der Einfluss auf das Sozialverhalten ist mehr eine empirische Wissenschaft als dass es festgelegte Werte dafür gibt. Abhängig ist auch, wie stark die Gene miteinander und untereinander wirken und nicht wie hoch die Erblichkeit für etwas ist.15Gene und Umweltfaktoren sind folglich ein enges Zusammenspiel und können nur schwer bis gar nicht in Hinblick auf das menschliche Verhalten voneinander abgegrenzt werden.
Was jedoch ganz klar voneinander abzutrennen geht, ist das optische Erscheinungsbild von Mann und Frau. Ein Frauenkörper zeigt eindeutige Anlagen, die in unserer Gesellschaft eine Frau auch als solche erkennen lassen. Dies ist beispielsweise die Vulva als äußeres Geschlechtsorgan oder aber Gebärmutter und Eierstöcke als innere Geschlechtsorgane. Die meisten Frauen haben eine hohe eher weichere Stimme. An Männern hingegen zeigen sich äußerlich meist ganz klar sein Penis und sein Hodensack. Stimmlich besitzen die meisten Männer eher eine tiefere Stimme. Der stimmliche Unterschied zwischen Mann und Frau begründet sich in den Längen der Stimmlippen, welche bei dem Mann länger sind und somit bis zu zwei Oktaven tiefere Töne verursachen.
Dennoch bleibt ein wichtiges Organ unbedingt zu erwähnen: Das Gehirn. Viele Wissenschaftler haben mittels Tests, Gehirnscans und diversen weiteren Untersuchungen versucht herauszufinden, ob und wie weit sich die Gehirne von Männern und Frauen unterscheiden und wie groß der Anteil des menschlichen Verhaltens in den Strukturen des Gehirns begründet liegt. Männergehirne sind im Gegensatz zum weiblichen Gehirn rund 100 Gramm schwerer und haben rund 10% mehr Volumen. Der Bereich des Nucleus caudatus16ist beispielsweise voluminöser. Dieser Bereich steuert und kontrolliert Bewegungsabläufe von Menschen. Festgestellt werden konnte auch, dass männliche Gehirne meist um die 23 Milliarden Neuronen in der Hirnstruktur der neuronalen Basis (welche für
kognitive Funktionen zuständig ist) besitzen und Frauen nur rund 20 Milliarden Neuronen. Ebenso finden sich unter der Großhirnrinde diverse Unterschiede der Sexualdimorphismen17.
Die Amygdala bei Männern, welche für das Gedächtnis zuständig ist, ist größer als bei Frauen. Frauen hingegen haben einen größeren Hippocampus. Das ist der Teil im Gehirn, der für das Lernen zuständig ist. Der Hypothalamus, zuständig für die Körpertemperatur, Sexualität, Hunger und Müdigkeit ist wiederum bei Männern größer. Neben den anatomischen Unterschieden zeigen sich auch funktionelle Unterschiede bei Männern und Frauen. Prozesse im Gehirn, wie zum Beispiel die Sprache oder das Verarbeiten von Gesichtern sind auf entweder die linke oder die rechte Gehirnhälfte verteilt. Bei Männern ist diese Asymmetrie im Gehirn sehr stark ausgeprägt, bei Frauen hingegen recht gleich verteilt.18
Was jedoch in der Wissenschaft mittlerweile klar belegt werden konnte, ist der Umstand, dass Form und Strukturen nicht zwangsläufig ein typisch männliches oder typisch weibliches Gehirn ausmachen. Im Durschnitt ist beispielsweise der Hippocampus bei Männern größer als bei Frauen, jedoch gab es in den Studien19auch etliche Frauen mit einem vergrößerten Hippocampus - genauso wie es auch Männer mit einem verkleinerten Hippocampus gab. Somit zeigte sich, dass schlussendlich nur 6% aller untersuchten Gehirne20typisch männliche oder typische weibliche Formen auswies. Jedoch konnte abschließend bisher nicht geklärt werden, ob die Gehirnstrukturen maßgeblich für das Verhalten von Männern und Frauen sind oder ob das Verhalten die Strukturen des Gehirns erst beeinflusst. Möglich ist hierbei auch das Wechselspiel aus beiden Faktoren. Hierbei müssen Hormone und ihre Wirkung mit betrachtet werden.
Was jedoch in aufwendigen technischen Untersuchungen männlicher und weiblicher Gehirne festgestellt werden konnte, ist die unterschiedliche Arbeitsweise derer. Damit ein Mann die gesprochene Sprache im Gehirn entschlüsseln kann, nutzt er die linke Hemisphäre seines Gehirns, Frauen hingegen nutzen beide Gehirnhälften. Ebenso zeigen bei mathematischen Aufgabenstellungen und emotionalen Themen beide Gehirne unterschiedliche Energien und Nutzungen auf. In manchen Bereichen zeigten Frauen dieselben Reaktionen im Gehirn wie Männer, jedoch war dies abhängig von gezielt abgefragten Fertigkeiten. Diese Studien sind jedoch nur bedingt repräsentativ, da sie nicht über eine sonderlich große Anzahl von Teilnehmern verfügten.21
Die wichtigsten Hormone bei einer Frau sind Östradiol, Progesteron, Östrogen, Östron und Testosteron. Diese geschlechtsspezifischen Hormone sorgen dafür, dass sich spezielle geschlechtstypische Merkmale im Gehirn herausbilden. Bei den Männern finden sich vermehrt Hormone wie Testosteron, DHEA22, HGH23, LH24und FSH25. Das DHEA wird je nach Bedarf im Körper zu Östrogen oder Testosteron umgewandelt. Es richtet sich nach dem, was gerade benötigt wird. Dieses Hormon steigert die Gedächtnisleistung, fördert den Aufbau der Muskelmasse und kann die Leistung steigern. Das Wachstumshormon HGH hat einen positiven Einfluss auf die Stimmung des Mannes. LH und FSH sorgen für eine gesunde Spermienentwicklung.
Die Wechselwirkung zwischen den Hormonen und dem seelischen, emotionalen Zustand ist vielschichtig und mehrfach wissenschaftlich belegt. Ein sehr bekanntes Beispiel sind die gehäuft festgestellten Depressionen im Wochenbett bei Frauen.26
Interessant zu erwähnen ist der Umstand, dass in der Embryonalentwicklung die weiblichen Anteile, unabhängig, ob ein Junge oder ein Mädchen geboren wird, bereits als erstes im Körper anliegen. Erst im zweiten Stadium der embryonalen Entwicklung, wird ein möglicher männlicher Körper mit maskulinen Ausprägungen ausgestattet. Erst hier bildet sich das Y-Chromosom der männlichen Keimdrüse aus und auch hier beginnt erst die Produktion von männlichen Hormonen. Sie sorgen für die geschlechtstypische Entwicklung der Hoden und bestimmen die unterschiedliche Entwicklung in den Gehirnen zwischen Mann und Frau. Die große Besonderheit liegt darin, dass die eigentlichen Basis-Hormone weiblich sind. Aus dem weiblichen Östradiol wird erst in Verbindung mit diversen Enzymen das notwendige männliche Hormon gebildet. Somit werden in der embryonalen Entwicklung weibliche Gehirne mittels spezieller Proteine vor einer „Vermännlichung“ durch Testosteron geschützt. Im Gegenzug produziert der weibliche Körper vermehrt Progesteron. Testosteron jedoch ist immer im weiblichen Körper nachzuweisen und ein ganzes Leben vorhanden. 27
Testosteron, welches bei Frauen und Männern vorhanden ist, hat Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten des Menschen. Inwieweit dies beeinflusst ist, wurde und wird immer wieder in Studien versucht zu erfassen. In Studien konnte mittlerweile festgestellt werden, dass sich das Testosteron auf Fähigkeiten, wie die Motorik, das strategische Planen und den Grad der Wachheit auswirkt. So lässt sich annehmen, dass es Männer mit einem höheren Testosteronhaushalt einfacher haben, eine strategische Planung zu durchlaufen, ihr Gehirn wesentlich besser durchblutet ist und sich Antrieb und Stimmung dadurch sehr positiv zeigen.28
Ein weiteres Beispiel für den Einfluss von Hormonen auf die Psyche und das daraus resultierende Verhalten ist die Hormonersatztherapie bei Frauen in der Menopause. Die hormonellen Schwankungen können Depressionen, Panikattacken und Angstzustände auslösen. Die künstliche Zugabe von Östrogenen und Progesteron vermindern diese Erscheinungen und können sie sogar vollständig beseitigen.29
Studien an Frauen, die zu verschiedenen Zeiten in ihrem Menstruationszyklus durchgeführt wurden, zeigten auf, dass Frauen in der Phase des erhöhten Östrogenspiegels in den Sprachtests sehr gut abschnitten, jedoch nur wenig räumliche Fähig- und Fertigkeiten besaßen.30
Wenn Führungskräfte mit der Biochemie und der Neurobiologie des Menschen vertraut sind, können sie dieses Wissen nutzen, um erfolgreicher im Führen der Mitarbeiter sein.
Im umgekehrten Schluss beeinflusst somit die Biochemie des Menschen auch das Handeln von Männern und Frauen in ihrer Aufgabe als Führungskraft.
Was ist jedoch bedeutet der Begriff 'Biochemie' und was macht es in unserem Körper? Die Biochemie umfasst ganz grob die chemischen Abläufe und Vorgänge in unserem menschlichen Körper. Sie untersucht den Stoffwechsel, die körperlichen Funktionen (wie beispielsweise Atmung und Verdauung) und den Aufbau von Molekülen in Geweben und Zellen.31
Die Neurobiologie hingegen befasst sich mit dem Erleben, Verhalten und Bewusstsein von Menschen gepaart mit ihren biochemischen Vorgängen im Körper und untersucht, inwieweit chemische Vorgänge einen Einfluss auf Emotionen, Intensionen und Potenzial haben.32
Der Mensch hat für jedes Handeln in seinem Leben immer ein Motiv oder einen Beweggrund. Motive sind hierbei - meist unbewusste - Anreize, um eine Handlung auszuführen. Sie treiben den Menschen an, weil sie meist mit positiven Emotionen verbunden sind.
Bestimmte Areale im Gehirn, die sogenannten Belohnungszentren, sind mit Neuronen bestückt und je nach Ausprägung für unsere Motivation zuständig.
Oxytocin wird vor allem dann ausgeschüttet, wenn es um körperliche Nähe geht. Testosteron wird freigegeben, wenn jemand machtvoll agieren will und einen Status zu bedienen hat. Wenn es um das Abverlangen einer großen Leistung geht, wird Dopamin ausgeschüttet.33
Werden, wie bereits erwähnt, die unbewussten Motive befriedigt, kommt es zu einer intrinsischen (von innen heraus) Belohnung, die man zusätzlich mit einer extrinsischen (von außen kommend) Belohnung, wie materielle Güter, verstärken kann.
Unser menschliches Gehirn bildet eine Vielfalt an Botenstoffen, durch diese dann unser Verhalten in Führungspositionen beeinflusst wird.
Forscher der Stanford University fanden heraus, dass die Menschen die die Funktion als Führungskraft erfüllen, am wenigsten Angst im Leben haben und folglich sehr mutig sind.
Führung hängt weniger von Stärke und Klugheit ab, sondern davon, wie bereit man ist, abgeklärt und kontrolliert in ein Bündnis mit seinem Gegenüber zu gehen.34
Der Forscher R. M. Sapolsky fand heraus, dass charismatische Menschen, wie es einst der Apple- Gründer Steve Jobs (ψ2011) war, eine äußerst günstige Hirnstruktur haben und zudem mit ihrer Mischung an Hormonen sehr gut mit Stress umgehen können. Charismatische Menschen bewahren stets die Ruhe, vollkommen gleich, wie das Unternehmen mit Problemen zu kämpfen hat.35
Der Wissenschaftler Michael Raleigh macht eine sehr revolutionäre Erkenntnis. Er stellte fest, dass eine Gruppe führenden Affenmännchen und Affenweibchen einen sehr hohen Serotoninspiegel auswies. Nachdem er nun die oberste Führungskraft aus der Gruppe entfernte, übernahm sofort der nächste Affe in der Rangfolge die Führungsrolle und auch da stieg der Serotoninspiegel an. Nun entfernte Raleigh alle Führungstiere aus der Gruppe und gab dem schüchternsten und schwächsten Affen eine Serotoninspritze in Form eines Boosters. Von dem Moment an veränderte sich das Verhalten des Affen und er begann die Führung der Gruppe zu übernehmen. Raleigh erzielte sehr ähnliche Ergebnisse bei Tests an Menschen und fand heraus, dass Menschen in Führungspositionen sehr hohe Serotoninwerte aufzeigen, während Menschen mit sehr wenig Serotonin eher zu Depressionen und Rückzug neigen.36
Was ist Serotonin jedoch eigentlich und wozu benötigt der menschliche Körper diesen Botenstoff? Serotonin ist ein Neurotransmitter37des zentralen Nervensystems und wirkt zum einen hormonell und zum anderen peripher, also dort wo es gezielt benötigt wird.
[...]
1 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Statistisches Bundesamt, Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Datenreport 2011 - Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland (pdf), Berlin, Oktober 2011. - Grafik siehe Anhang.
2 Transformationale Führung: Mitarbeiter werden darin unterstützt, eigenverantwortlich zu arbeiten. Prinzip der Ermutigung und Motivation.
3 Kruckeberg S. 39.
4 In der folgenden Tabelle sind Zahlen gerundet; differenzierte Darstellung im Unterpunkt 2.0 Führen Frauen anders.
5 Quelle: GENESIS-Online: Bevölkerung: Altersjahre, Geschlecht (04/2020) - https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61538/altersgruppen (zuletzt aktualisiert 04/2020).
6 Die Arbeitsmarktsituation von Männer und Frauen 2018; Statistik der Bundesagentur für Arbeit; https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Frauen-und- Maenner/generische-Publikationen/Frauen-Maenner-Arbeitsmarkt.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt aktualisiert: 04/2019.
7 Statistisches Bundesamt Oktober 2020, https://de-statista- com.pxz.iubh.de:8443/statistik/daten/studie/249318/umfrage/frauenanteile-an-hochschulen-in-deutschland/.
8 Die Arbeitsmarktsituation von Männern und Frauen 2018; Statistik der Bundesagentur für Arbeit.
9 Vgl. Koch et al, 2014, Wissenschaftsjournal für die Personalpraxis, S. 46.
10 Vgl. Henderson, 2013.
11 Pschyrembel Online, 04.21.
12 Vgl. Faller, 2003.
13 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung.
14 Vgl. Prof. Dr. Christian Schaaf, Audiobeitrag zum Thema: Intelligenz und Sozialverhalten.
15 Vgl. Faller, 2003.
16 Kerngebiet im Endhirn, mitunter verantwortlich für die Kontrolle der Bewegungen des Körpers.
17 Dimorphismus: Zwei verschiedene Formen können nebeneinander bestehen.
18 Vgl. M. Hirnstein / M. Hausmann, Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung, S. 69.
19 Quelle: Siyuan Liu (National Institute of Mental Health, Bethesda) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences.
20 14.000 untersuchte Gehirne von Menschen im Alter zwischen 13 und 85 Jahren; https://www.geo.de/wissen/22301-rtkl-geschlechterforschung-wie-sich-frau-und-mann-unterscheiden- verblueffende.
21 Vgl. H. Hilbig, Zeitschrift „Spektrum“ - Geschlechtsunterschiede aus neurowissenschaftlicher Sicht.
22 DHEA: Dehydroepiandrosteron (Vorstufe für männliche und weibliche Sexualhormone).
23 HGH: Human Growth Hormone (Hormon, welches die Zellen zum Wachsen und Teilen anregt).
24 LH: Luteinisierendes Hormon (Gelbkörperreifungshormon, Hormon zur Reifung der Spermien).
25 FSH: Follikelstimulierendes Hormon (bei beiden Geschlechtern in der Adenohypophyse gebildet).
26 Vgl. Strowitzky, 2011.
27 Vgl. M. Hausmann - Auszug aus dem Buch „Gehirn und Geschlecht“.
28 Leiber et al, 2010
29 Baldinger et al, 2013
30 H. Hilbig, Zeitschrift „Spektrum“ - Geschlechtsunterschiede aus neurowissenschaftlicher Sicht, S. 14
31 Pschyrembel online, 04.2020
32 Pschyrembel online, 04. 2016
33 Fachartikel busines-wissen.de, 02.2021, H. J. Kolitsch.
34 Focus Magazin Nr. 3 (1993).
35 Focus Magazin Nr. 3 (1993).
36 Vgl. Physiol. Behav. 1992.
37 Neurotransmitter: Botenstoffe von Nervenzellen; Übertragen Informationen zwischen den Nervenzellen.