Diplomarbeit, 2009
89 Seiten, Note: 1,0
Abstract
Kurzfassung
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Aktualität der Arbeit
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
2 Definition des industriellen Mittelstands in Deutschland
2.1 Grundlagen und terminologische Abgrenzung
2.1.1 Quantitative Abgrenzung
2.1.2 Qualitative Abgrenzung
2.2 Zusammenspiel quantitativer und qualitativer Mittelstandskriterien
3 Theoretische Überlegungen zum Unternehmenswachstum
3.1 Abgrenzung des Wachstumsbegriffs
3.2 Erfolgsfaktoren mittelständischer Wachstumsunternehmen
4 Globaler Wandel und seine Herausforderungen für den Mittelstand
4.1 Globaler Wandel als stetiger Prozess
4.2 Kernprobleme des globalen Wandels
4.2.1 Klimawandel
4.2.2 Ressourcenverknappung
4.2.3 Demografischer Wandel
5 Ausgangssituation mittelständischer Unternehmen im globalen Wandel
5.1 Entwicklung von Wachstumsstrategien
5.2 Stärken und Schwächen von mittelständischen Unternehmen
5.3 Chancen und Risiken des globalen Wandels für den Mittelstand
5.4 Integration der Umwelt- und Unternehmensanalyse in eine zukünftige globale Wachstumsstrategie
6 Strategische Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen zur Wachstumssicherung mittelständischer Unternehmen
6.1 Strategic Foresight
6.1.1 Strategischer Foresight-Prozess
6.1.2 Strategic Foresight in der Praxis
6.2 Employee Relationship Management 52 Matthias Götz, 1085675 V
6.2.1 Employer Branding
6.2.2 Aufbau einer attraktiven Employer Brand
6.2.3 Wirkungsdimensionen des Employer Branding
6.3 Wachstumsfinanzierung
6.3.1 Unternehmensfinanzierung im Wandel
6.3.2 Private Equity
6.3.3 Mezzanine-Finanzierungen
6.4 Open Innovation
6.4.1 Die Idee von Open Innovation: Von Kundenorientierung zu Kundenintegration
6.4.2 Der interaktive Innovationsprozess
6.4.3 Der Weg zu Open Innovation
7 Schlussbetrachtung
7.1 Fazit
7.2 Grenzen der Arbeit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Within the framework of this diploma thesis, strategic fields of action will be identified and dedicated recommendations for activities will be deducted to ensure a profitable growth in the industry of small and medium-sized enterprises during the global change. The thesis tries to approximate these complex entrepreneurial tasks and challenges by an integrated-interdisciplinary and at the same time clearly arranged demonstration in order to suggest dedicated and practical solutions.
The global change includes long-term acting change processes with fundamental character, which affects the ecological, economical and social environment. The economy and the society are currently most concerned about the climate change, the shortage of resources and the demographic change. One of the targets of this diploma thesis is to determine the initial situation of small and medium-sized enterprises within the global change. Based on the strengths and weaknesses of medium-sized enterprises as well as the opportunities and threats of the global change strategic fields of action are derived in the context of a SWOT (Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats) analysis.
As the result of this thesis Strategic Foresight will support medium-sized enterprises to manage the global change processes by systematic generation of Pictures of the Future. Employer Branding enables small and medium-sized enterprises to stand out by a strong employer brand in the war for talents and to demonstrate their potential. Private equity and mezzanine as alternative financial instruments to the traditional bank credit ensure the financing of the next growth spurt, which significantly depends on innovation within the global change. Open innovation as an additional strategy to the well-known innovation and product management allows the small and medium sized enterprises to involve a big, undefined network of players in their development tasks and problems solving in order to make their innovation processes more efficient and effective.
Zielsetzung dieser Arbeit ist das Aufzeigen der strategischen Handlungsfelder und die Ableitung von Handlungsempfehlungen für ein profitables Wachstum in der mittelständischen Industrie im Zeichen des globalen Wandels. Es wird versucht sich diesen vielschichtigen unternehmerischen Aufgaben und Herausforderungen in einer ganzheitlich-interdisziplinären und zugleich übersichtlichen Darstellung zu nähern und mit konkreten Lösungsvorschlägen für die Praxis zu überzeugen.
Der globale Wandel umfasst langfristig wirkende Prozesse mit Veränderungen grundlegender Art, welche die ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Umwelt betreffen. Dem Klimawandel, der Ressourcenverknappung sowie dem demografischen Wandel schenkt sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft zurzeit die meiste Bedeutung. Es zählt zu den Zielen dieser Arbeit, die Ausgangs- situation mittelständischer Unternehmen im globalen Wandel zu ermitteln. Die Betrachtung der Stärken und Schwächen mittelständischer Unternehmen sowie die Chancen und Risiken des globalen Wandels ergibt im Rahmen einer SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities and Threats) die Möglichkeit der systematischen Ableitung von strategischen Handlungsfeldern.
Als Ergebnis dieser Arbeit kann konstatiert werden: Strategic Foresight unterstützt mittelständische Unternehmen bei der Steuerung ihrer Anpassungs- prozesse durch die systematische Generierung von sogenannten „Pictures of the Future“. Durch Employer Branding eröffnet sich dem Mittelstand die Chance sich durch eine starke Arbeitgebermarke im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte zu differenzieren und seine Potenziale gezielt zu unterstreichen. Private Equity und Mezzanine als alternative Finanzinstrumente zum klassischen Bankkredit sichern mittelständischen Unternehmen die Finanzierung des nächsten Wachstumsschubs, der im globalen Wandel maßgeblich von Innovationen abhängt. Der Open Innovation Ansatz, als eine ergänzende Strategie zum bekannten Innovations- und Produktmanagement, ermöglicht es mittelständischen Unternehmen ein vielfältiges Netzwerk an Akteuren mit in ihre Entwicklungsaufgaben und Problemlösungen einzubeziehen um dadurch die Effizienz- und Effektivität ihres Innovationsprozesses zu steigern.
Abb. 1: SWOT-Matrix zur Entwicklung einer globalen Wachstumsstrategie
Abb. 2: Idealtypischer Strategic Foresight-Prozess (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Pillkahn [2007b])
Abb. 3: Foresight-Strategie-Kette bei Landbell (Quelle: Burmeister u.a. [2008, S. 24])
Abb. 4: Vorgehen zum Aufbau einer Employer Brand (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Compamedia [2008, S. 7] und Stotz u.a. [2009, S. 89])
Abb. 5: Funktionen und Wirkungsbereiche des strategischen Employer Brandings (Quelle: Stotz u.a. [2009, S. 29] u. DEBA [2006b, S. 2])
Abb. 6: Finanzinstrumente in den unterschiedlichen Unternehmens- phasen (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kinne u.a. [2006, S. 265] sowie BVK [2009a, S. 2])
Abb. 7: Im etablierten Mittelstand tätige Finanzinvestoren mit Sitz in Deutschland (Quelle: Uhde [2009a, S. 29])
Abb. 8: Phasen eines idealtypischen Innovationsprozesses und Ansatzpunkte für Open Innovation (Quelle: Piller u.a. [2009, S. 52])
Abb. 9: Besonderheiten von KMU im Innovationsmanagement (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Rammer u.a. [2006, S. 16 ff.])
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Fast growth is a nice problem to have -
but a hard one to manage well [HEMP 2004, S. 66-74]”.
Im Zeichen der Globalisierung hat sich die Finanzmarktkrise zur weltweit größten Wirtschaftskrise entwickelt, in der sich der große Vorteil der deutschen Unternehmen, ihre starke Stellung auf den internationalen Märkten, in einen Nachteil für das ganze Land wendet [vgl. KFW 2008, BEISE 2009 u. SCHÄFER 2009]. Die deutsche Wirtschaftsleistung nahm im letzten Quartal vergangenen Jahres um 2,1 Prozent ab, wohingegen das Bruttoinlandsprodukt in Europa nur um durchschnittlich 1,5 Prozent sank [vgl. FINKE 2009]. Im Speziellen ist der in der Literatur oft als Rückgrat der deutschen Wirtschaft oder auch als tragende Säule bezeichnete industrielle Mittelstand von der Krise betroffen [vgl. BDI 2008a, S. 2, STATISTISCHES BUNDESAMT 2008a, S. 1]. Die Wirtschafts- entwicklung in Deutschland ist auf Grund seiner hohen Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie von Familienunternehmen eng mit der Entwicklung des Mittelstands verbunden [vgl. KPMG 2007, S. 8 u. KANN U.A. 2008, S. 4]. Zwar hat sich der Mittelstand gegenüber den Auswirkungen der Finanzkrise im Herbst 2008 noch erstaunlich robust erwiesen [vgl. CREDITREFORM 2008, S. 1], dennoch stellten sie diesen einige Monate später vor ebenso große Herausforderungen. Als Konsequenz der Finanzkrise hat der Mittelstand Auftragsrückgänge zu verbuchen und muss seine Finanzierungs- konzepte überdenken [vgl. PRICEWATERHOUSE COPPERS 2008a, S. 6 f.]. Im Jahr 2009 prägen der globale Abschwung und die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Finanzkrise die konjunkturelle Lage mittelständischer Unternehmen in Deutschland, deren Geschäftsklima sich im Verlauf des Jahres 2008 rasch und massiv verschlechtert hat [vgl. BORGER U.A. 2009]. In erster Linie erwarten alle Unternehmen im deutschen Mittelstand einen Rückgang im Inlandsgeschäft [vgl. ERNST & YOUNG 2009, S. 18 ff. u. DZ BANK 2009]. Darüber hinaus trifft der der Rückgang im Auslandsgeschäfts besonders die Industrieunternehmen mittlerer Größe, die ihre Nische auf den globalen Märkten gefunden haben [vgl. HEISMANN 2009, S. 107 ff., MATTHES 2009, S. 112 f. u. ERNST & YOUNG 2009, S. 20].
Die Globalisierung, deren Chancen der industrielle Mittelstand in der Vergangenheit durch Exportstärke und Innovationskraft erfolgreich wahrgenommen hat, zeigt sich nun von einer anderen, durch besondere Risiken geprägten Seite [vgl. DZ BANK 2006 S. 9, KFW 2006, KPMG 2007, S. 3 u. BDI U.A. 2009, S. 4]. Neben der Globalisierung und weltweiten Arbeitsteilung, die sich laut der Unternehmensberatung McKinsey bis 2020 unvermindert fortsetzen wird, zählen aber auch die Umweltverträglichkeit und der Klimawandel, die Demografie und die gesellschaftliche Entwicklung sowie die technologische Transformation zu einem der vier übergeordneten Trends, die in den Zukunftsperspektiven für die deutsche Wirtschaft eine zentrale Rolle spielen [vgl. MCKINSEY & COMPANY 2008, S. 7 f.]. An anderer Stelle ist von wirkungsmächtigen Einflussgrößen die Rede, die die Märkte der Zukunft prägen [vgl. BURMEISTER 2008]. Dazu zählen unter anderem der demografische Wandel, die wissensbasierte Ökonomie, der Wandel der Arbeitswelt oder auch der Klimawandel im Zusammenhang mit der Umweltbelastung sowie die Ressourcenverknappung [vgl. BURMEISTER 2008 u. BMU 2008a]. In der Literatur werden diese Themenbereiche, die gleichzeitig eine Vielzahl von aktuellen und zukünftigen zentralen Problemen und Entwicklungen aufgreifen, oft unter dem Begriff des globalen Wandels subsumiert [vgl. BIEBELER U.A. 2008, S. 4].
Gegenwärtig befinden sich die Familien- und Mittelstandsunternehmen in der Situation, dass auch sie den globalen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft bewältigen müssen [vgl. PICOT 2008, S. 1-35]. Durch die großen Veränderungen im globalen Maßstab ergeben sich für diese Unternehmen neue strategische Chancen und Risiken, die einerseits das bisherige Geschäftsmodell bedrohen und andererseits neue Möglichkeiten des Wachstums eröffnen [vgl. RÖHL 2008, BIEBELER U.A. 2008]. Viele deutsche mittelständische Unternehmen sehen gerade im Wachstum eines ihrer wichtigsten Unternehmensziele [vgl. RÖHL 2008, S. 28]. Im Vordergrund steht dabei das organische Wachstum aus eigener Kraft durch eine Ausweitung der Kernkompetenzen und weniger das Wachstum durch Joint Ventures und Mergers & Acquisitions, die in aller Regel mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden sind [vgl. KPMG 2007, S. 4, BDI U.A. 2008, S. 24 f. u. BDI 2008b, S. 300]. Gerade die Nachhaltigkeit des Wachstums ist bei diesen Unternehmen von zentraler Bedeutung [vgl. KPMG 2007, S. 3 f.].
Auf Basis der beschriebenen Problemstellung befasst sich die vorliegende Arbeit mit den Wachstumsstrategien mittelständischer Unternehmen im Zeichen des globalen Wandels. Konkretes Ziel dieser Untersuchung ist ein wissenschaftlicher Beitrag zur Erfolgsgrundlage des internen Wachstums von mittelständischen Unternehmen, damit diese auch in Zukunft das gesamtwirtschaftliche Wachstum der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig stützen können. Diese Ausarbeitung soll dabei zu den Kernproblemen des globalen Wandels und den damit verbundenen Herausforderungen für den deutschen Mittelstand Stellung beziehen, vor allem aber die Ausgangssituation mittelständischer Unternehmen im globalen Wandel bestimmen und daraus folgend strategische Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen für ein nachhaltiges Wachstum in der mittelständischen Industrie aufzeigen.
In den vorangegangenen Abschnitten wurde eine Einführung in die Thematik des Unternehmenswachstums von mittelständischen Unternehmen im Zeichen des globalen Wandels vorgenommen. Um die aufgeworfenen wissenschaftlichen Fragestellungen mit Erkenntnissen zahlreicher theoretischer und empirischer Studien zu hinterlegen, bedarf es in Kapitel zwei zunächst der definitorischen Abgrenzung des industriellen Mittelstands in Deutschland.
Grundlage des Kapitels drei sind theoretische Überlegungen zum Unternehmenswachstum im Mittelstand. Zunächst erfolgt die für diese Arbeit wichtige Begriffsdefinition des Unternehmenswachstums. Seinen Abschluss findet Kapitel drei in der systematischen Darlegung der Erfolgsfaktoren mittelständischer Wachstumsunternehmen mit Weltmarktanspruch.
Wie bereits beschrieben, ist der globale Wandel ein komplexer, langfristig wirkender Prozess mit einer Vielzahl von relevanten Problemfeldern, Themenbereichen und Einzelaspekten. Da die Gesamtthematik nicht Objekt einer einzelnen Untersuchung sein kann, ist eine Schwerpunktsetzung erforderlich.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit steht die Einschätzung des globalen Wandels aus Sicht der deutschen mittelständischen Unternehmen im Vordergrund. Mit Blick auf diese Zielsetzung wurde versucht, durch die Auswahl der Themen zum einen viele bereits genannte Kernprobleme und Einzelaspekte des globalen Wandels abzudecken, denen der deutsche Mittelstand eine besondere Bedeutung beimisst. Zum anderen sollen thematische Überschneidungen so weit wie möglich vermieden werden. Es wurden dazu drei Themenschwerpunkte des globalen Wandels ausgewählt, auf die das Kapitel vier näher eingeht: Klimawandel, Ressourcenverknappung und demografischer Wandel. Diesen Themenschwer- punkten wird auch im Managementbereich der Mittelstandsunternehmen ein hoher Stellenwert - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - beigemessen [vgl. DZ BANK 2006, DZ BANK 2007, DZ BANK 2008, HUG 2008 u. SIMON KUCHER & PARTNERS 2007].
Das Kapitel fünf befasst sich mit der Ausgangssituation mittelständischer Unternehmen im globalen Wandel. Die Ergebnisse der internen Analyse von Stärken und Schwächen mittelständischer Unternehmen als auch der externen Umweltanalyse dienen als Entscheidungsgrundlage für die Wahl des strategischen Ansatzes sowie für die spätere strategische Stoßrichtung.
Zielsetzung des Kapitels sechs ist das Aufzeigen der strategischen Handlungsfelder und die Ableitung von Handlungsempfehlungen für ein profitables Wachstum in der mittelständischen Industrie im Zeichen des globalen Wandels. Es wird versucht sich diesen vielschichtigen unternehmerischen Aufgaben und Herausforderungen in einer ganzheitlich-interdisziplinären und zugleich übersichtlichen Darstellung zu nähern und mit konkreten Lösungsvorschlägen für die Praxis zu überzeugen.
Im letzten Teil der Arbeit werden die Handlungsempfehlungen der einzelnen strategischen Handlungsfelder zu einer globalen Wachstumsstrategie für mittelständische Unternehmen der deutschen Wirtschaft zusammengefasst.
Der industrielle Mittelstand als solcher ist eine abstrakte und je nach Art und Spannbreite der Definition eine sehr heterogene und vielfältige Größe. Als Synonyme zur Bezeichnung des Mittelstands in Deutschland finden sich in der Literatur oftmals die Formulierungen „kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“ oder „small and medium-sized enterprises (SME)“ sowie die Begriffe „mittelständisches Unternehmen“ oder auch „Familienunternehmen“ wieder [vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT 2008a, S. 1]. Eine einheitliche wissenschaftliche Definition für den Wirtschaftsbereich Mittelstand existiert jedoch nicht [vgl. WALLAU 2006, S. 12]. Der Mittelstand hat aber eine sowohl quantitative als auch qualitative Ausprägung, welche zu zwei verschiedenen Definitionsansätzen in der Literatur führt [vgl. HAUSER U.A. 2001].
Der quantitative Ansatz setzt sich mit der Gruppe mittelständischer Unternehmen pragmatisch, d.h. auf der Grundlage statistischer Kennzahlen, auseinander. Typischerweise werden die Mitarbeiteranzahl, der Jahresumsatz oder die Bilanzsumme als quantitative Merkmale herangezogen.
In Deutschland bekennt man sich zu einer flexiblen Auslegung des Mittelstands- begriffs, die sich aber gleichzeitig an der quantitativen Definition des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn orientiert [vgl. BDI 2009]. Nach der Definition des IfM Bonn setzt sich die Gesamtheit mittelständischer Unternehmen aus allen KMU mit weniger als 500 Beschäftigten respektive 50 Millionen Euro Jahres- umsatz zusammen. Dabei zählen Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten respektive weniger als 1 Million Euro Jahresumsatz zu den kleinen und solche mit zehn bis 499 Beschäftigten bzw. einem Jahresumsatz von 1 Million Euro bis unter
50 Millionen Euro zu den mittleren Unternehmen [vgl. IfM 2009a]. Das BMWi schließt sich dabei dieser Klassifizierung an und verweist in seiner Mittelstandspolitik auf das IfM Bonn als Quelle [vgl. BMWI 2009a].
Dagegen benutzt die Europäische Union weniger den Begriff Mittelstand, sie spricht vielmehr von KMU oder SME und unterteilt diese noch mal in Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen. Ein Unternehmen wird dann als KMU betrachtet, wenn es nicht mehr als 250 Beschäftigte hat und entweder nicht mehr als
50 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet oder eine Bilanzsumme von weniger als 43 Millionen Euro aufweist [vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, S. 12 ff.]. Es wird deutlich, dass bislang kein einheitliches quantitatives Größenmaß verfügbar ist, um mittelständische Unternehmen eindeutig zu kategorisieren [vgl. LINNEMANN 2007, S. 3 f.]. Weiterhin besteht zwischen den quantitativen Maßgrößen oftmals eine Korrelation oder darf zumindest angenommen werden, wodurch die Aussagekraft auch bei der Nutzung mehrerer Kriterien nicht zwangsläufig zunimmt [vgl. HAUSCHILDT U.A. 2004, S. 36].
Die eigentliche Bedeutung des Mittelstands kann, wie die obigen Beispiele zeigen, nicht in der quantitativen Dimension liegen. Sie helfen vielmehr sich dem Wesen von mittelständischen Unternehmen zu nähern, sei es in der Abgrenzung des IfM Bonn oder der Europäischen Union [vgl. HAUSER U.A. 2007, S. 9]. Qualitative Faktoren geben Auskunft darüber, ob ein Unternehmen seinem Wesen und Verhalten nach mittelständisch geprägt ist [vgl. LINNEMANN 2007, S. 4]. So ist allen qualitativen Ansätzen gemein, dass im Zentrum der Begriffs- bestimmung die Person steht, die so eng mit dem Unternehmen verbunden ist, dass zuweilen auch von einer Identität zwischen Unternehmen und Unternehmer gesprochen werden kann [vgl. KAYSER 2006, S. 35 u. LINNEMANN 2007, S. 4]. Dies wird zum einen durch die Einheit von Eigentum und Haftung, d.h. der Einheit von wirtschaftlicher Existenz der Unternehmensleitung und des Unternehmens und zum anderen durch die Verantwortlichkeit des Inhabers für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen deutlich [vgl. IFM MANNHEIM 2009 u. IFM BONN 2009b]. Aus dieser Einheit von Unternehmen und Inhaber, also einer völligen oder doch zumindest weitgehenden Konzernunabhängigkeit, resultiert die unmittelbare Einwirkung der Unternehmensleitung auf alle wichtigen strategischen Entscheidungen im Unternehmen [vgl. IFM BONN 2009b].
Dieses Unabhängigkeitskriterium spiegelt sich auch in der Definition der Europäischen Kommission wider, die neben den o.g. quantitativen Kriterien auch die weitgehende Unabhängigkeit der Unternehmen verlangt [vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, S. 16 ff.]. So dürfen sich KMU nicht zu mehr als 25 Prozent im Besitz eines größeren Unternehmens befinden, welches selbst die Definition der KMU nicht erfüllt. Auch nach der Definition des IfM Bonn müssen die Unternehmen konzernunabhängig sein [vgl. IFM BONN 2009a].
Befindet sich das Unternehmen mehrheitlich im Besitz eines Eigentümers und seiner Familie, so bezeichnet das IfM Bonn dieses als Familienunternehmen im engeren Sinn [vgl. IFM BONN 2009b]. Die Eigentümerführung wird nach den Operationalisierungskriterien des IfM Bonn als gegeben angesehen, wenn bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen mindestens 50 Prozent der Anteile eines Unternehmens halten und diese natürlichen Personen der Geschäftsführung angehören [vgl. IFM BONN 2009b]. Wenn allerdings die Geschäftsführung nicht von der maßgeblichen Eigentümerfamilie selbst gestellt wird, dann ist von einem Familienunternehmen im weiteren Sinn die Rede [vgl. RÖHL 2008, S. 6 f.]. Dieser Ansatz zielt ausschließlich auf die Eigentumsverhältnisse ab. Ob fremd- oder inhabergeführt, die mehrheitliche Kontrolle des Unternehmens wird unabhängig von der Rechtsform durch eine Familie ausgeübt [vgl. LINNEMANN 2007, S. 4 f.]. Neben den aufgezeigten diffizilen Abgrenzungsproblemen bei den Eigentumsverhältnissen ist in der Literatur zum Familienunternehmen auch durchaus strittig, ab wann überhaupt eine Familie vorliegt [vgl. HAUSER U.A. 2007 S. 7 u. RÖHL 2008]. Einen Überblick über die Diskussion findet sich in Klein [vgl. KLEIN 2004]. Demzufolge gibt es auch für den Begriff des Familienunternehmens keine allgemein gültige Definition [vgl. LINNEMANN 2007, S. 4]. Trotzdem sind Familienunternehmen wie KMU zum industriellen Mittelstand in Deutschland zu zählen, sie unterliegen jedoch keinen Größengrenzen und sind ausschließlich qualitativ definiert [vgl. KAYSER U.A. 2001, S. 43 f. u. PRICEWATERHOUSE COPPERS 2008b, S. 9].
Beim Verständnis des Mittelstands reichen quantitative Kriterien allein nicht aus [vgl. HAUSER U.A. 2007, S. 7 f.]. Vielmehr wird der Mittelstand durch den personengeprägten Zuschnitt der Unternehmen charakterisiert [vgl. WALLAU 2006, S. 13]. Dies macht die Erweiterung des quantitativen Rasters durch strukturelle Merkmale erforderlich. Zentrales Merkmal stellt hierbei die Einheit von Unternehmensleitung und Eigentum dar.
Wenn also im Folgenden der Begriff mittelständisches Unternehmen verwendet wird, so handelt es sich um ein Unternehmen das einer der zwei wie folgt beschriebenen Gruppen zugeordnet werden kann. Die erste Gruppe stellen die klassischen mittelständischen Unternehmen dar, in denen der Manager auch der Inhaber oder ein Mitglied der Eigentümerfamilie ist. Die Interessen von Entscheidungsträger und Inhaber sind somit kongruent. Die zweite Gruppe der KMU wird von angestellten Managern geleitet, ist aber nicht konzerngebunden. Hierzu kann es beispielsweise kommen, wenn im Zuge einer anstehenden Unternehmensnachfolge kein geeignetes Familienmitglied vorhanden oder interessiert ist.
Auf Basis der Mittelstandsdefinition des IfM Bonn, gehören im Jahr 2006 von den 3.099.493 umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen 99,7 Prozent zu den KMU, d.h. 99 von 100 deutschen Unternehmen sind dem Mittelstand zuzuordnen [vgl. IFM BONN 2009a u. IFM BONN 2009c]. Davon weisen in einer weiteren Studie des IfM Bonn 95,1 Prozent oder 3 Millionen der Unternehmen die für Familienunternehmen wesentlichen Charakteristika, d.h. die Einheit von Eigentum und Leitung auf [vgl. HAUSER U.A. 2007, S. 24 u. RÖHL 2008, S. 9 ff.]. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass sowohl unter Zugrundelegung quantitativer als auch qualitativer Kriterien, mittelständische Unternehmen der vorherrschende Unternehmenstyp in der deutschen Wirtschaft sind.
Eine interessante Frage besteht darin, warum Wachstum überhaupt notwendig ist. Aus Sicht von Körber wird Wachstum aus einem Grund gebraucht, „… weil die Welt nicht fertig ist“ [KÖRBER 2008, S. 249]. In einem nachhaltigen Wachstum sieht Körber die besondere Chance, Entwicklung und Fortschritt zu finanzieren, die helfen können beispielsweise ressourcenintensive Technologien durch neue, umweltschonende Verfahren abzulösen oder den demografischen Wandel zu bewältigen [vgl. KÖRBER 2008, S. 250 ff.].
Neben der Abgrenzung des Begriffs Mittelstand ist für eine Arbeit, die sich mit Wachstumsstrategien im Zeichen des globalen Wandels beschäftigt, ein einheitliches Begriffverständnis für das Unternehmenswachstum von grundlegender Bedeutung. Die Literatur hat über die Jahre hinweg vielfältige Definitionsansätze für das Unternehmenswachstum hervorgebracht. Jünger gibt in seiner Analyse von Wachstumstreibern und deren empirischen Evaluation in mittelständischen Unternehmen einen ausgewählten Überblick an vorhandenen Definitionsansätzen des Unternehmenswachstums [vgl. JÜNGER 2008, S. 27 f.]. Für seine eigenen Ausführungen legt Jünger die folgende Definition zugrunde: Unternehmenswachstum liegt vor, wenn im Vergleich zu einem früheren, ausreichend lang gewählten Zeitpunkt der Umsatz eines Unternehmens ein höheres Niveau einnimmt [JÜNGER 2008, S. 31].
Hinsichtlich des Ziels Unternehmenswachstum kann als mögliches Wachstumsmittel zwischen internem und externem Wachstum unterschieden werden [vgl. WILDEMANN 2006, S. 52]. Dabei kann Wachstum beispielsweise aus der Ausweitung der Produktionskapazität oder dem Erschließen neuer Absatz- potenziale aus eigener Kraft (internes Wachstum) oder aus dem Erwerb unab- hängiger, fremder Unternehmen oder bestimmter Unternehmensteile (externes Wachstum) hervorgehen. Die klare Definition des Kerngeschäfts bildet dabei den Ausgangspunkt einer jeden Wachstumsstrategie [vgl. ALLEN U.A. 2001, S. 56].
Der deutsche Mittelstand weist sehr unterschiedliche Wachstumsentwicklungen auf. Während es der großen Gruppe exportorientierter Mittelständler gelingt, zum Teil sogar zweistellige Wachstumsraten zu erreichen, haben andere Unternehmen weniger Erfolg. Das sind typischerweise Unternehmen aus binnenwirtschaftlich orientierten Branchen [vgl. KANN U.A. 2008, S. 7 f.].
Die den Wachstumserfolg der besser unter dem Begriff der „Hidden Champions“ bekannten mittelständischen Unternehmen verursachenden Faktoren werden schon seit Jahren identifiziert, analysiert und publiziert [vgl. WEISSMANN 2006, SIMON 2007 u. VENOHR 2007]. Venohr hat durch seine Untersuchungen das Profil eines typischen mittelständisch geprägten und in Familienbesitz befindlichen Weltmarktführers ermittelt: Von den etwa 1000 mittelständischen Weltmarkt- führern in Deutschland erzielt ein Hidden Champion einen Jahresumsatz im Mittel von 487 Millionen Euro, beschäftigt durchschnittlich 3.392 Mitarbeiter und weist eine mittlere Exportquote von 58 Prozent auf [vgl. VENOHR 2007, S. 5]. Nach der vergleichenden Untersuchung von Simon für die Jahre 2005 und 1995 sind die Hidden Champions im Jahresdurchschnitt um 8,8 Prozent aus eigener Kraft gewachsen [vgl. SIMON 2007, S. 47].
Zwar lässt sich das große Wachstum mittelständischer Unternehmen nicht auf einen dominierenden Wachstumstreiber zurückführen, dennoch stellt Simon fest, dass Globalisierung und Innovation die herausragenden Wachstumstreiber der Hidden Champions sind [vgl. SIMON 2007, S. 66]. Weil deren enge Marktfokussierung die Gefahr beinhaltet, dass der betreffende Markt zu klein wird, führt oft erst die globale Vermarktung zu tragfähigen Stückzahlen. Das Verfolgen einer Zwei-Säulen-Strategie ist somit Motor der vielfach beobachteten internationalen Aufstellung, die schon in frühen Entwicklungsstadien beginnt. Die Wachstumsstrategie der stillen Stars beruht auf der inhaltlichen Basis, dass Kunden in derselben Branche tendenziell über die Grenzen hinaus ähnlicher sind als Kunden in verschiedenen Branchen in einem Land [vgl. SIMON 2007, S. 118 ff]. Das globale Marktvolumen lässt sogar die Realisierung von Economies of Scale in engen Märkten zu. Weiterhin operieren die Hidden Champions extrem kundennah, wobei deren Anforderungen wesentliche Innovationstreiber sind.
Umgekehrt definieren die von den stillen Stars entwickelten Produkte ihren eigenen Markt, durch die sie beim Kunden meist auch nicht leicht zu ersetzen sind. Die Spezialisierung schafft also eine starke wechselseitige Abhängigkeit, die das Risiko des oft auf ein Produkt konzentrierten Geschäftsmodells relativiert. Viele Hidden Champions haben ihr Hauptprodukt als Innovation selbst eingeführt und in eine lange andauernde Überlegenheit verwandelt. Stoßen die Weltmarktführer in ihren engen Märkten an ihre Wachstumsgrenzen, diversifizieren sie in der Regel „weich“, d.h. sie entwickeln in verwandten Bereichen neue Angebote - mit der Chance, auch hier zum Weltmarktführer aufzusteigen. Überwiegend als Familienunternehmen geführt, weisen die Unternehmenslenker von mittelständischen Weltmarktführern eine hohe Kontinuität in der Führung auf und verfolgen langfristig und mit großer Ausdauer ihre anspruchsvoll definierten Ziele fernab aktueller Managementmethoden, jedoch mit traditionellen Prinzipien und gesundem Menschenverstand.
Um überhaupt als ein Unternehmen dieser Kategorie eingestuft zu werden, bedurfte es einer Position unter den Top drei auf dem Weltmarkt oder die Marktführerschaft in Europa. Der Umsatz durfte drei Milliarden Euro nicht übersteigen, zudem wurde auf einen geringen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit als qualitatives Kennzeichen geachtet [vgl. SIMON 2007, S. 29]. Kritik an der Idee der Hidden Champions und der Studie von Simon wird wenig geübt, jedoch bleibt zu bedenken, dass eine gezielte Auswahl von Unternehmen die Basis der Analyse von Simon bildet, keine Zufallsauswahl [vgl. RÖHL 2008, S. 27]. Zu der Idee der Hidden Champions gab und gibt es immer wieder Presseartikel, in denen der Begriff sehr dehnbar eingesetzt wird. Daher entsprechen nicht alle Firmen, die damit werben, der ursprünglichen Definition. Dieser Umstand kann allerdings als Indikator dazu dienen, auf welches Interesse die Idee von Seiten der Wirtschaft und Politik stößt.
Um mit langfristigen Wachstumsstrategien über den Status quo hinaus denken zu können, wird ein gemeinsames Zukunftsbild als Basis für jede unternehmerische Tätigkeit benötigt. Daher müssen wichtige Zukunftsthemen im Auge behalten werden und es bedarf eines Überblicks über die Trends, die das Geschäft dauerhaft verändern.
Ein auf strategisches Management spezialisiertes Beratungsunternehmen von Trend- und Zukunftsforschung sieht sogenannte Megatrends als wirkungs- mächtige Einflussgrößen, die die Märkte der Zukunft bestimmen. Es wird deshalb vom „Trend zum Megatrend“ gesprochen, weil sich Megatrends gegenüber anderen Trends im Zeithorizont ihrer Beobachtung, in der Reichweite ihrer Wirkung und ihrer Wirkungsstärke unterscheiden. Der von John Naisbitt geformte Begriff des „Megatrends“ stellt langfristige und übergreifende Transformations- prozesse von Wirtschaft und Gesellschaft dar [vgl. NAISBITT 1984 u. BURMEISTER 2008, S. 2]. Einen Überblick über die 20 wichtigsten Megatrends gibt Burmeister [vgl. BURMEISTER 2008]. Als Megatrends der Nachhaltigkeit bezeichnet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die globalen Trends Klimawandel und Energie, Ressourcenverknappung, demografischer Wandel und Süßwassermangel [vgl. BMU 2008a, S. 6]. Die mit diesen Megatrends verbundenen globalen Veränderungsprozesse, die sich zu einem erheblichen Teil gegenseitig beeinflussen, werden häufig unter dem Begriff des globalen Wandels zusammengefasst [vgl. BIEBELER 2008, S. 4].
Das Thema „Globaler Wandel“ kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise fokussiert und strukturiert werden [vgl. SIMONIS 2000, S. 10]. Noch heute existieren für den Begriff „Globaler Wandel“ eine Vielzahl von Systemati- sierungsversuche in der Literatur [vgl. BIEBELER 2008, S. 4 f.]. In der Regel bezeichnet der Begriff „Globaler Wandel“ ein übergreifendes Phänomen, welches globale Umweltveränderungen, ökonomische Globalisierung sowie sozialen und kulturellen Wandel umfasst [vgl. WBGU 1999, S. 3, BMBF 2001, S. 7 u. GLOKAL 2006, S. 1]. Unstrittig ist, dass der globale Wandel mittlerweile zu einer spürbaren Herausforderung für unsere Gesellschaft geworden ist [vgl. BIEBELER U.A. 2008]. Der globale Wandel ist dabei auf wesentliche Ursachenbereiche zurückzuführen, die sich nach der IPAT-Formel von Paul und Anne Ehrlich bearbeiten lassen [vgl. EHRLICH U.A. 1990]. Demzufolge ergeben sich globale Umweltwirkungen (I = Impacts) durch das Wachstum der Weltbevölkerung (P = Population), dem zunehmenden Verbrauch an Gütern (A = Affluence) und die installierte, sozial und ökologisch nicht angemessene Technologie (T = Technology) [vgl. HUBER 2000, S.107].
Ecological Impact = Population × Affluence × Technology oder Umweltwirkung = f (Bevölkerung, Anspruchsniveau, Technologie) Der eine Ursachenbereich umfasst die in der Natur stattfindenden Veränderungen, wie z.B. den globalen Klimawandel, die fortschreitende Bodenerosion, die drohende Verknappung von Süßwasser oder den Verlust der Artenvielfalt sowie die Ressourcenübernutzung und Überbeanspruchung der natürlichen Senken [vgl. BMBF 2001, S. 53 ff.]. Der andere Bereich bezieht sich auf die vom Menschen geschaffene Welt: Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Entwicklungsperspektiven der armen Länder oder der weltweite Handel und Transport [vgl. GLOKAL 2006, S. 1].
Aus den bereits aufgeführten Themenbereichen und Systematisierungsversuchen lässt sich erkennen, dass beim Phänomen des globalen Wandels jenseits aller begrifflichen Vielfalt und der Abgrenzungsprobleme langfristige Veränderungen grundlegender Art und langfristig wirkende Prozesse im Fokus stehen, welche die ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Umwelt betreffen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die drei Kernprobleme Klimawandel, Ressourcenverknappung und demografischer Wandel identifiziert, denen in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zukommt. Die Auswahl orientiert sich an der strategischen Relevanz einzelner Themen für die Wirtschaft, welche das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln im Rahmen eines Zukunftpanels empirisch ermittelte [vgl. BIEBELER U.A. 2008, S.14].
Der Klimawandel ist nicht zuletzt dank umfassender Berichte und wissenschaftlicher Studien von verschiedenen Seiten eines der am intensivsten diskutierten Themen der letzten Jahre. Insbesondere der vierte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bietet neben dem Stern-Report eine integrierte Sicht auf die Klimaänderungen der Welt [vgl. IPCC 2007 u. STERN 2006]. Beide Werke führten zugleich zu einer breiten und kontrovers geführten Diskussion über Ursachen, Folgen und mögliche Kosten des Klimawandels in allen Bereichen des Lebens [vgl. EDENHOFER 2006, TOL 2006, GRAY 2007 u. PÖTTER 2007].
Jedoch ist es nicht der Klimawandel selbst der zur Sorge veranlasst, denn das Klima hat sich seit der Entstehung der Atmosphäre gewandelt und wird es auch in Zukunft weiter tun [vgl. BERNER U.A. 2004]. Vielmehr besorgniserregend sind die Geschwindigkeit und die Ursachen für den derzeit wahrnehmbaren Wandel, wie der exzessive Ausstoß von Treibhausgasen - allen voran Kohlendioxid - durch den Menschen [vgl. KARTSCHALL U.A. 2007, S. 1]. Dessen Potenzial zum anthropogen (durch den Menschen bedingten) Treibhauseffekt wiegt am schwersten und wird meist durch die Verbrennung von fossilen Energieträgen freigesetzt [vgl. BODE U.A. 2007, S. 11].
Gleichzeitig hat die Zunahme der Konzentration treibhauswirksamer Gase in der Atmosphäre dazu geführt, dass die bodennahe Durchschnittstemperatur auf der Erde zwischen 1905 und 2005 um 0,74 Grad Celsius angestiegen ist [vgl. KARTSCHALL U.A. 2007, S. 1]. Bei bestimmten Größenordnungen des Temperaturanstiegs - sogenannten Kipp-Punkten - reagiert das Klimasystem mit starken Veränderungen wie beispielsweise abrupten Klimaänderungen, irreversiblen Prozessen und langfristig starken Klimaänderungen. Weiterhin besteht die Gefahr, dass diese die Anpassungsfähigkeiten der menschlichen Gesellschaft sehr stark fordern oder auch übersteigen [vgl. MÄDER 2008, S. 4]. Diese Tatsachen finden mittlerweile auch bei der großen Mehrheit der Fachwelt Anerkennung [vgl. BIEBELER U.A. 2008, S. 32 u. VORHOLZ 2009, S.1]. Als Haupttreiber für die Emissionsentwicklung sieht das IPCC den demografischen Wandel, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Veränderungsrate und Richtung des technologischen Wandels [vgl. BODE U.A. 2007, S. 12].
Auf der Grundlage des Kyoto-Protokolls aus dem Jahr 1997 soll u.a. der internationale Handel mit Emissionsrechten dazu beitragen, die Ziele zur Einschränkung der weltweiten Treibhausgasemissionen zu erfüllen. Danach soll der Ausstoß von sechs Treibhausgasen (Kohlendioxid, Distickstoffdioxid, Methan, Teilhalogenierte Fluorkohlen- und Perfluorierte Kohlenwasserstoffe, sowie Schwefelhexafluorid) im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden [vgl. UNFCCC 1998]. Auch sollen die Unternehmen dazu gezwungen werden in emissionsärmere Technologien zu investieren, da die Menge an Zertifikaten im Laufe der Zeit sinkt. Mit dem Kyoto-Protokoll haben die Vereinten Nationen einen ersten Versuch unternommen, dem Klimaschutz einen globalen Rahmen zu geben [vgl. BMU 2008b].
Die Ergebnisse dieser Bemühungen zur Vermeidung des Ausstoßes von Treibhausgasen sind bisher allerdings nicht sehr vielversprechend. Allen Klimaschutzzielen zum Trotz hat der weltweite Kohlendioxid-Ausstoß auch im Jahr 2007 rasant zugenommen und selbst die pessimistischsten Prognosen des Weltklimarats IPCC übertroffen [vgl. HANDELSBLATT 2008]. Gemäß den Angaben des Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) betrugen die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen im Jahr 2007 schon 30.892 Millionen Tonnen. Während Industriestaaten wie Deutschland ihren Ausstoß wieder deutlich reduzieren konnten und vier Jahre vor Ablauf des Kyoto-Protokolls bereits die Vorgaben erfüllen, stieg er in China auf einen neuen Rekordwert von 6.389 Millionen Tonnen [vgl. IWR 2008 u. BAUCHMÜLLER 2008]. China hat somit die USA mit einem Kohlendioxid-Ausstoß in Höhe von 6.575 Millionen Tonnen fast als Spitzenreiter eingeholt. Allein diese beiden Staaten decken nun zusammen rund 40 Prozent des weltweiten Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes ab [vgl. IWR 2008]. Die Gründe für diese Entwicklung liegen auf der Hand. So hat die USA als wichtiger Emittent das Abkommen gar nicht erst ratifiziert. Zum anderen sind für Schwellen- und Entwicklungsländer,zu denen auch China zählt, keine Beschränkungen vorgesehen.
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