Examensarbeit, 2009
85 Seiten, Note: 2
Didaktik für das Fach Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft
I. Einleitung
II. Allgemeine Planungsgrundlagen
1. Die Bildungsstandards und die zu fördernden Kompetenzen
III. Sachanalyse
1. Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
2. Gesprächsfähigkeit als Merkmal humaner Gesprächskultur
3. Zum Begriff des Übens
IV. Bedingungsanalyse
1. Zur Situation der Lerngruppe: Leistungsgefüge/Sozialverhalten
2. Äußere Voraussetzungen
3. Entwicklungspsychologische Voraussetzungen
4. Fachlich-methodische Voraussetzungen
V. Die Unterrichtseinheit
1. Die Unterrichtseinheit im Überblick
2. Lernbereiche, Inhalte und Ziele der Unterrichtseinheit
3. Methodisch-didaktische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
VI. Praktischer Teil: Planung, Durchführung und Auswertung ausgewählter Unterrichtsstunden
1. Die 2./3. Unterrichtsstunde (Doppelstunde)
1.1. Methodisch-didaktische Überlegungen
1.2. Offene Verlaufsskizze
1.3. Reflexion
2. Die 6./7. Unterrichtsstunde (Doppelstunde)
2.1. Methodisch-didaktische Überlegungen
2.2. Offene Verlaufsskizze
2.3. Reflexion
VII. Schlussreflexion
Literaturverzeichnis
Anhang
Schulen sind kein Ort des friedlichen und freundlichen Miteinanders. Insbesondere die Kinder unserer Hauptschulklassen zeigen erhebliche Defizite. Die Nichteinhaltung von Regeln, Unpünktlichkeit, Unaufrichtigkeit, Skrupellosigkeit, Unmotiviertheit, Aufsässigkeit, Kooperationsschwäche, Ellenbogendenken, Empathielosigkeit, Mobbing, sprachliche Verrohung, Hyperaktivität, Impulsivität, Aggression, Verhaltensauffälligkeiten/-störungen – die Liste ließe sich fortführen – sind an der Tagesordnung.
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Dieser Ausschnitt ist ein Zitat aus einem Dialog zweier 12-jähriger Schüler der XX. Das verwendete Vokabular gehört in den festen Wortschatz vieler SchülerInnen. Es fällt auf, dass es weder sachangemessen (Bitte um ein Buch/Ablehnung der Bitte), situationsangemessen (in der Schule im Beisein der Lehrerin) noch einem lexikalischen/grammatikalischen Kontext entsprechend verwendet wird (Schüler A richtet sich an ein Mädchen später an eine ganze Schülergruppe mit „Alter“). Auch die sozialen Defizite werden deutlich: Es fehlen jede Regel der Freundlichkeit, Grenzen, Respekt. Der schmale Wortschatz ist auf einen grundsätzlich barschen, rauen, diffamierenden Umgangston zugeschnitten, er spiegelt verbal wie non-verbal eine aggressive, feindselige Grundeinstellung dem anderen gegenüber wider: „aggro“[1] sein ist cool und nährt das oftmals labile, negative Selbstbild. Tägliches Credo ist: Erniedrige ich den anderen, erscheine ich selbst größer.
Laut vieler SchülerInnenaussagen ist die o.g. Wortwahl sowie der aggressive Umgangston „ganz normal“, sie sind daran gewöhnt, darüber amüsiert und doch auch nicht selten verletzt, meist wenn sie im Gefecht unterliegen. In einer Befragung[2], die ich im Mai 2009 vor der Planung der Unterrichtseinheit in der Klasse XX durchgeführt habe, gab die Hälfte der SchülerInnen an, sich wenig bis gar nicht auf ihre MitschülerInnen verlassen zu können und Schwierigkeiten zu haben, jemandem in der Klasse zu vertrauen und offen zu sprechen (Frage 1). Dies wird bestätigt durch die Angabe von 75 % aller SchülerInnenInnen, wenig bis gar nicht mit anderen zusammenarbeiten und sich austauschen zu können (Frage 4). Zum Klassenklima sagten 60 % aus, dass man sich in der Klasse oft beschimpft, ärgert, schlägt, schubst, streitet (Frage 3). 50 % der SchülerInnenInnen beschreiben, dass es in der Klasse MitschülerInnenInnen (Außenseiter, Klassenclowns) gibt, über die man sich lustig macht und denen niemand zuhört (Frage 2). 40 % der SchülerInnen stimmen zu, dass es in der Klasse keine Gemeinschaft gibt. Sie fühlen sich unwohl. Es gibt sehr oft Streit und Missverständnisse, die ohne Hilfe des Lehrers[3] nicht gelöst werden können (Frage 5). Im schulischen Alltag sind viele Konflikte zwischen SchülerInnenn von Lehrern zu schlichten, oftmals werden diese Konflikte in den Unterricht hereingetragen, beeinträchtigen die Lernatmosphäre, den individuellen Lernfortschritt und das allgemeine Vorankommen im Stoff.
Wie Korte (1996) beschreibt, wollen sich Schulkinder jedoch grundsätzlich verträglich und freundlich verhalten: Nur gelingt es ihnen nicht[4] ! Diese Vermutung findet Bestätigung in der Erfahrung, dass die Mehrzahl jener SchülerInnen, die sich in der Klasse sozial unangemessen verhalten, im Einzelgespräch bekunden, dass sie die Normen und Regeln der Gemeinschaft anerkennen.
Schulen müssen sich der Realität stellen: Unterricht ist zum Ort sozialer Unterweisung geworden und dieser wird „als kommunikativer und zugleich kooperativer Prozess verstanden“[5] Kinder brauchen einen Raum, in dem sie soziale und damit kommunikative Erfahrungen mit anderen Kindern und Erwachsenen nachholen können. Kindern soll nicht gesagt werden, DASS sie friedlich sein, sich austauschen und zuhören sollen, sondern WIE sie es können. Es gilt ein Repertoire aufzufüllen, über das die Kinder von Haus aus nicht verfügen. Im Falle meiner sechsten Klasse geht es um Basiskompetenzen: Es geht um Selbstwahrnehmungsfähigkeit und Selbstreflexionsvermögen, Emotionswissen und Emotionsausdruck, um Impulskontrolle/emotionale Selbstkontrolle sowie die Anerkennung und Umsetzung von Normen, die das soziale und kommunikative Miteinander regeln – und damit einen sozial verträglichen Umgang und Unterrichten überhaupt erst möglich machen!
Sozialerziehung ist Gesprächserziehung, Erziehung zum Gespräch. Beides ist untrennbar miteinander verbunden und Basis für jedes Unterrichten, Grundlage jeder Handlungsfähigkeit in Schule und Alltag:
„Nur wer kommunizieren kann, kann auch mit anderen kooperieren, kann Arbeitsprozesse mit anderen gestalten, kann Bedingungen für das soziale Leben aushandeln. (…) dies bedeutet: Gesprächsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Verantwortungsfähigkeit“[6]
Gesprächserziehung ist grundlegend für den Erwerb jeglicher Schlüsselqualifikation. Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz sowie persönliche Kompetenzen[7] bauen hierauf auf.
In diesem Sinne befasst sich meine Hausarbeit mit Übungen und Spielen, die kommunikative Kompetenzen fördern. Die Übungen habe ich gemeinsam mit meiner sechsten Klasse erprobt und reflektiert. Idee ist es, die Übungen, auch KollegInnen vorzustellen, damit sie den einen oder anderen Übungsbaustein in den eigenen Unterricht integrieren. Erlerntes kann und muss weiter eingeübt, wiederholt, gefestigt werden – immer wieder, damit es irgendwann selbstbewusst ausgeübt werden kann. Denn nur so kann Sozial- und Gesprächserziehung glücken: kontinuierlich, fächerübergreifend und im Team.
Die Bildungsstandards fundieren die Wichtigkeit mündlicher Kommunikation im Unterricht als „Medium, Gegenstand und zugleich als Unterrichtsprinzip“[8]. Sprechen und Zuhören gehören mit Lesen und Schreiben zu den Basiskompetenzen und werden begriffen als Voraussetzungen
„(…) für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, für die eigenverantwortliche Bewältigung der Anforderungen von Schule, Alltag, Gesellschaft und Arbeitswelt und für die Fortsetzung der Schullaufbahn“[9]
Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit werden dabei in einem Zuge genannt:
„Für die persönliche und schulische Entwicklung, das Leben in der demokratischen Gesellschaft sowie für den beruflichen und privaten Alltag ist die Fähigkeit im Team zu arbeiten und sich mitzuteilen wesentlich. Dazu müssen die SchülerInneninnen und SchülerInnen über eine angemessene Artikulations- und Ausdrucksfähigkeit verfügen und Sprachbewusstsein entwickeln. Sie lernen, sich je nach Situation und Absicht partnergerecht, sachangemessen und verständlich zu äußern. Die Fähigkeit, dabei aufmerksam und genau zuzuhören, sich auf Äußerungen anderer einzulassen und mit ihnen konstruktiv umzugehen, ist dafür eine wichtige Voraussetzung.“[10]
Die Verstehens- und Verständigungskompetenz umfasst für die SchülerInnen,
„auf der Grundlage der mit den fachlichen Inhalten und Methoden vermittelten Werte und Normvorstellungen gesellschaftlichen Anforderungen zu begegnen, Lebenssituationen sprachlich zu bewältigen, sich mitzuteilen (…) Gefühle und Vorstellungen sprachlich zu fassen (…)“ sowie eine „(…) Erweiterung von Wortschatz und Sprachstruktur in Anwendungssituationen und ein sicheres Umgehen mit Begriffen.“[11]
Der Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören definiert sich wie folgt:
„Die Schülerinnen und Schüler bewältigen kommunikative Situationen des persönlichen, beruflichen und öffentlichen Lebens angemessen und adressatengerecht. Sie benutzen die Standardsprache. Sie achten auf gelingende Kommunikation und damit auch auf die Wirkung ihres sprachlichen Handelns. Sie verfügen über eine Gesprächskultur, die von aufmerksamem Zuhören und respektvollem Gesprächsverhalten geprägt ist.“[12]
Aus den Standards für den Kompetenzbereich „Sprechen und Zuhören“[13] leite ich folgende durch meine Unterrichtseinheit zu bedienende Kompetenzen ab:
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Das Kommunikationsquadrat des Psychologen Schulz von Thun benennt die vier ineinander verzahnten Ebenen, über die Kommunikation abläuft.[14]
Jede Äußerung ist auf vierfache Weise wirksam und enthält, gewollt oder ungewollt, vier Botschaften gleichzeitig:
- eine Sachinformation (worüber ich informiere) – die blaue Seite
- eine Selbstkundgabe (was ich von mir zu erkennen gebe) – die grüne Seite
- einen Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) – die gelbe Seite
- einen Appell (was ich bei dir erreichen möchte) – die rote Seite
Mit Schulz von Thun ist der psychologische Prozess[15] beim Kommunizieren benannt: Mit der Vermittlung einer Botschaft kommunizieren sich mehrere Mitteilungen zugleich (Information, Appell, Selbstausdruck und Beziehungsdefinition) und die Qualität des Gespräches hängt maßgeblich davon ab, in welcher Weise diese Ebenen zusammen spielen.[16] Übersetzt in die schulische Wirklichkeit bedeutet dies:„Viele Ursachen für Missverständnisse oder Beziehungsstörungen liegen in Verstehensproblemen: Ein Hörer kann eine Äußerung nicht dekodieren, nimmt sie nur fragmentarisch wahr oder verallgemeinert eine von mehreren möglichen Botschaften.“[17] Wissensdefizite, Sprachbarrieren, aber auch Ängste, Scham, Unsicherheit, ein negatives Selbstbild, geringer Selbstwert fließen in die Dekodierung verbaler und non-verbaler Mitteilung ein. Die Sachebene tritt somit oft hinter Selbstkundgabe, Beziehungs- und Appellseite zurück. Vielen SchülerInnenn gelingt es nicht, alle vier Ohren zu öffnen, ihre Kommunikation ist einseitig, von persönlichen Bedürfnissen geprägt. Um also gesprächsfähig zu sein, müsste man, nach Potthoff, „immer wieder von neuem eine Balance von Sachgegenstand, eigenen persönlichen Bedürfnissen und den Bedürfnissen der Gesprächspartner/innen finden“[18].
Mit der kommunikativen Wende[19] in der Deutschdidaktik rücken die Bedeutung mündlicher (Alltags-)Kommunikation und damit pragmatische Fragen in den Blick. Ziel ist es, Kinder in den für sie wichtigen Aktionsräumen (Schule, Öffentlichkeit, Beruf, Familie, Freizeit) sprachfähig und damit handlungsfähig zu machen. Der Fokus auf Alltagsthemen, Alltagssprache und Sprechakten der Alltagssituation (fragen/antworten, Gefühle äußern, sich unterhalten, klären/streiten) verdeutlichen, dass von den SchülerInnen selbst ausgegangen wird. Als „Subjekte ihres eigenen Lernens“ gilt es, dass sie sich Wissen „eigenaktiv“ aufbauen, konstruieren, um es verinnerlichen zu können. Der Meta-Ebene („Bewusstsein vom eigenen Lernen“) und der Meta-Kommunikation („soziale Auseinandersetzung und Selbstvergewisserung über Erfahrungen, Sichtweisen, Lernprozesse und Lerndokumente“) sowie den hieran gebundenen „sozialen Lernsituationen“[20] (Gesprächssituationen) kommen in diesem subjektivistisch-konstruktivistischen Modell besondere Bedeutung zu. Gespräche in der Klasse sind das eigentliche „Übungs- und Erfahrungsfeld für symmetrische Kommunikation“[21]. Dazu gehört, „verbale und nonverbale Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, Zuhören und Verstehen zu lernen“[22], Reflexion bewusst zu vollziehen, die Wechselwirkung von eigener Einstellung und Gesprächsverhalten zu entdecken und nicht zuletzt anderen mit seiner Haltung Offenheit, Wertschätzung und Akzeptanz zu signalisieren. Dies ist für ein Gespräch förderlich und für das Anliegen einer humanen Gesprächskultur ganz wesentlich.
Grundlegend sind dabei Gesprächsregeln, die von der Klasse aus Gesprächssituationen heraus selbst erarbeitet werden, um nachvollziehbar (einsichtig) zu bleiben. Diese ermöglichen allen Kindern gleicherweise die Teilhabe am Gespräch, geben ihnen eine Orientierung für ihr Verhalten, fördern ihre Kooperation untereinander und damit ihre Selbstständigkeit.
Gesprächsfähigkeit als Lernziel wird von Potthoff wie folgt beschrieben:
„ Gesprächsfähig sind Kinder, wenn sie sachangemessen und partnerbezogen miteinander sprechen. Sie finden sich in verschiedenen gegebenen Gesprächssituationen zurecht und können Sprecher- und Hörerrollen einnehmen, einen Gegenstand oder einen Sachverhalt richtig erfassen und verständlich widergeben, als Person authentisch sein und sich in der Kommunikation und Zusammenarbeit mit anderen an vereinbarte Regeln halten.“ (Potthoff, S. 23)
Der echte Schüler lernt
aus dem Bekannten
das Unbekannte entwickeln
und nähert sich dem Meister.
Johann Wolfgang von Goethe,
Aus: Maximen und Reflexionen
Das Üben tritt in unterschiedlichen Formen auf und hat entsprechend unterschiedliche, aufeinander aufbauende, auch ineinandergreifende Funktionen[23]:
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[24]:
Wichtige Erkenntnis der Lernpsychologie ist, dass sich die individuelle (auch emotionale) Lerngeschichte jedes Menschen von frühster Kindheit an in einer entsprechenden Prägung neuronaler Netzwerke im Gehirn manifestiert. Wiederkehrende Erlebnisse, emotionale Erfahrungen entsprechen dort bestimmten Vorgängen und hinterlassen dort Spuren in Form von „neuronalen Autobahnen“, die immer und immer wieder „befahren werden“, da es so gelernt und damit angelegt wurde. Ein neuer Input führt nicht unmittelbar zu strukturellen Veränderungen, d.h. zu Erlernen und Änderungen im Bauplan solcher Netze. Neues wird zunächst kodiert und mit bereits gespeicherten, bekannten Informationen auf Bekanntheit und Relevanz hin verglichen. „Alles, was der Mensch neu hinzulernt, versucht er mit dem Vorhandenen zu verknüpfen. Er versucht Verbindungen zu etwas Bekanntem, bereits Erlebtem herzustellen, um es einordnen zu können.“[25] Je wichtiger und einsichtiger dieses Neue für den Menschen ist, desto breiter wird der Weg vom Ultra-/Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis. Nur durch wiederkehrendes Einüben und Wiederholen und schließlich vertiefendes Üben können neue neuronale Netze aufgebaut und neue Verhaltens- und Handlungsweisen „eingeschliffen“ und Kompetenzen aufgebaut werden: Es ist ein langfristig angelegter Entwicklungsprozess.[26]
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Lernforschung ist, dass der „Lernerfolg mit der Zahl der Eingangskanäle steigt.“[27] Das Wissen um die verschiedenen Lern- und Wahrnehmungstypen macht es zur Aufgabe, Übungsphasen im Unterricht so ganzheitlich zu gestalten, „dass möglichst viele Sinnesorgane beim Lernen angesprochen werden.“[28] Darauf werde ich in meinen didaktischen Überlegungen zur geplanten Unterrichtseinheit explizit Bezug nehmen (Kap. V. 3).
Die Übungsgesetze Odenbachs[29] sind richtungsweisend, was Üben betrifft. Grundlegend für jeden Übungserfolg ist eine Übungsbereitschaft (1. Gesetz): Die Einsicht in die Notwendigkeit des Themas und der Übung selbst (3. Gesetz) ist hierfür so wichtig wie die fortlaufende Motivierung der Schüler über Erfolgserlebnisse (2. Gesetz) sowie der „Wechsel in der Übungsform“ und „Variation der Übungsinhalte“, um einer „Übersättigung“ vorzubeugen (18. Gesetz). Die Selbsttätigkeit des Schülers im Unterricht und beim Üben im Speziellen schafft Fenster, durch die verschiedenste Lerntypen (s.o.) erreicht werden können (6./8. Gesetz) und ganzheitliches Lernen (d.h. Üben in sinnvollen Zusammenhängen, Bezug zum eigenen Lebenszusammenhang, Schaffen intrinsischer Motivation, 10. Gesetz) umgesetzt werden kann. Eine besondere Form der Übung sind Spiele, die ich vermehrt im Unterricht einsetzen werde: Spiele bieten ein enormes Potential, Schüler im Unterricht zu fördern. Sie haben hohen Aufforderungscharakter und wirken motivierend auf den Schüler. Der Mensch wird in seiner Ganzheit gefordert: Körper, Geist und Gefühle spielen mit. Der Vorteil von Spielen ist also die Förderung eines ganzheitlichen Lernens, eines sozialen Lernens und eines handlungsorientierten Lernens. Dabei steht nicht der Lerngegenstand im Vordergrund, sondern allein das Spiel. Im Spiel werden handelnd, sprechend, denkend Situationen und Konstellationen sprachlich antizipiert und verarbeitet, die später (in Schule, Alltag) wieder Anwendung finden können.
Ergebnisse moderner Lernforschung vorwegnehmend formuliert das 14. Odenbachsche Übungsgesetz: „Kurze, über einen längeren Zeitraum verteilte Wiederholungen sind bei weitem ergiebiger, als langes, gehäuftes Üben“, wobei „die ersten Übungen und Wiederholungen möglichst bald nach der Neueinführung stattfinden müssen, da die Behaltenskurve gerade am Anfang stark abfällt“ (13. Gesetz). Nicht zuletzt ist dem Übungsbegriff nicht nur das Inhaltliche immanent, sondern auch der methodische Aspekt: „Richtiges Üben kann gelernt werden. Je geübter im Üben, desto kürzer das Üben, desto weniger Wiederholungen“ (19. Gesetz). Fach- und Methodenkompetenz greifen hier ineinander: eine Idee, wie sie sich bei Klippert, um soziale und persönliche Kompetenzen erweitert, wiederfindet.[30] Sein EVA[31] -Konzept beschreibt ein Lernen (und Üben) in Makro- und Mikrospiralen, das o.g. Ausführungen zum Üben berücksichtigt und ein Grundmuster, nach dem ich meinen Unterricht aufgebaut habe[32]:
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Die Klasse XX wird von 22 Schülern besucht – acht Schülerinnen und vierzehn Schülern. 18 Schüler haben Migrationshintergrund, 13 sprechen in ihrem häuslichen Umfeld überwiegend ihre Muttersprache. XV und XY haben aufgrund von Sprachschwierigkeiten große Probleme, überhaupt dem Unterricht zu folgen. Sieben Schüler werden während meiner Deutschstunden zusätzlich in DAZ gefördert. Es ist eine sehr unruhige, eher leistungsschwache Klasse, die durch ein großes Leistungsgefälle geprägt ist, was individuelles Differenzieren unbedingt notwendig macht, um allen Lernfortschritte zu ermöglichen.
Ich unterrichte die Klasse mit zwei Stunden pro Woche im Fach Deutsch. Die übrigen 3 Deutschstunden wurden von der Klassenleitung gegeben. Im Juli übernahm ich aufgrund meiner Hausarbeit die Klasse mit dem vollen Stundenkontingent. Im gleichen Atemzug erfuhren die Schüler, dass ihre Klassenleitung zum kommenden Schuljahr gehen würde, was für große Aufregung sorgte. Bedingt durch die Ausgabe der Jahreszeugnisse Ende Mai gaben sich die Kinder in diesen letzten heißen Juliwochen fächerübergreifend zum einen besonders unmotiviert und lustlos, zum anderen außerordentlich aggressiv. Es kam zu vielen Konflikten, was der geplanten Unterrichtseinheit Vorschub bot.
Disziplinprobleme in der Klasse regle ich mit Hilfe der Ampel bzw. eines Tokenprogramms, das durch die Klassenleitung eingeführt wurde. Sterne für gute Mitarbeit sowie Stoppschilder für unerwünschtes Verhalten führen zu einer guten Zusammenarbeit mit der Klasse. Mit dem Tokenprogramm sind Gruppentische eingeführt worden, an denen die Kinder als Team Sterne sammeln und diese gegen „Verstärker“ eintauschen können. Die Kinder zeigen sich hier sehr motiviert! Die Gruppentische haben den Vorteil, rascher Gruppenfindung und dass mehr Mobilität im engen Klassenraum zwischen den Tischen bzw. von den Tischen zur Tafel hin möglich ist. Die disziplinierte Gruppenarbeit, jeder Sozialformwechsel, ist mit den Kindern noch weiter zu üben.
In der jeweils 4. und 5. Schulstunde steht täglich der Trainingsraum zu Verfügung, wohin SchülerInnen bei grobem Fehlverhalten und ständigen Regelverstößen aus dem Unterricht heraus geschickt werden können. Dort haben sie im Einzelgespräch die Gelegenheit, über ihr Fehlverhalten zu sprechen und an einer Verbesserung zu arbeiten.
CV und XC gehören zu den verhaltensauffälligen, teils aggressiven Kindern der Klasse, die durch Herumlaufen und Herumschreien in der Klasse für große Unruhe sorgen. Ich habe, im Einvernehmen mit der Klassenleitung und den Eltern, mit beiden Schülern Auszeiten vereinbart, die sie auf ein Zeichen hin nehmen können, wenn sie merken, dass sie die Kontrolle über sich verlieren.
Da sich nach Piagets Stufentheorie[33] die Kinder dieser Altersklasse noch nicht im Stadium der formalen Operation befinden, gehe ich davon aus, daß sie schwerlich mit abstrakten Begriffen arbeiten können und wollen.
Die nahende Pubertät bringt mit sich, dass sich die Kinder im Allgemeinen schlecht konzentrieren und leicht ablenken lassen. Mädchen und Jungen arbeiten ungern zusammen und haben viele Vorbehalte dem anderen Geschlecht gegenüber. Jeder Kontakt wird als peinlich empfunden, verschiedenste Äußerungen persönlich genommen. Dies hat für den Unterricht didaktische Konsequenzen: Eine am konkreten Beispiel orientierte, induktive Arbeitsweise hilft den Schülern, Inhalte zu be greifen und sie sich handelnd zu erschließen. Um den Schülern Inhalte zu vermitteln, setze ich bei ihren Erfahrungen an. Die Handlungsorientierung sowie der Wechsel der Sozialformen soll die Konzentration der Kinder auf den Lerngegenstand bündeln, ihnen den Zugang zum Unterrichtsanliegen erleichtern helfen und sie im sozialen Miteinander trainieren.
Zu Beginn des Schuljahres wurden in der Klasse Gesprächsregeln erarbeitet, die im Klassenraum für jeden sichtbar auf einem Plakat aushängen. Unterrichtsgespräche im Stuhlkreis beginnen rituell mit einem mündlichen „Vertragsabschluss“, über den sich alle Kinder mit der Einhaltung der Regeln einverstanden erklären.
Den Kindern sind unterschiedliche Sozial-/Arbeitsformen und Methoden offenen Arbeitens bekannt, auf die ich in der Unterrichtseinheit aufbauen kann: Stationenarbeit, Lerntheke, Hausaufgabentheke, Meldeketten, Assoziationsketten, Stuhl- und Stehkreise, Unterrichtsgespräche und Feedback-, Reflexionsrunden.
Vor dem Hintergrund der wachsenden Disziplinprobleme vor allem im zweiten Schulhalbjahr ist es unabdingbar, den Einsatz offener Arbeitsformen gut abzuwägen und flexibel zu handhaben. Die Kinder brauchen immer wieder eine engere Führung, um Grenzen wahrzunehmen, Strukturen im Unterricht zu erkennen und folgen zu können.
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Die Förderung der Kinder in diesen Bereichen geht von der Beschäftigung mit sich selbst (ICH), über die Anderen (DU) zum gemeinsamen Miteinander (WIR). Nur wer sich selbst kompetent wahrnimmt und einen guten Umgang mit sich kennt (und pflegt), kann diese Kompetenz auf sein soziales Umfeld anwenden. Angesichts der persönlichen, emotionalen, sozialen Defizite unserer Schüler wird deutlich, wie langfristig die Schulung kommunikativer (und damit sozialer) Fähigkeiten angelegt sein muss.
Als Lernziele der Unterrichtseinheit formuliere ich:
- SchülerInnen kennen die Gesprächsregeln und üben ihre Einhaltung
- SchülerInnen kooperieren miteinander
- SchülerInnen üben sich in Gruppenfindung
- SchülerInnen reflektieren und verbalisieren Handlungen und Erfahrungen
- SchülerInnen vertiefen und festigen ihren Wortschatz
- SchülerInnen kennen Merkmale aktiven Zuhörens und setzen sie um
- SchülerInnen kennen Strategien mit unangenehmen Gefühlen sozial verträglich umzugehen
- SchülerInnen üben sich in Selbst- und Fremdwahrnehmung
- SchülerInnen nehmen verbale und nonverbale Mittel bewusster wahr und setzen dies bewusst ein
- SchülerInnen entwickeln ein größeres Sprach- und Selbstbewusstsein
- SchülerInnen erweitern ihr Repertoire an Arbeitsmethoden und -formen
Die Unterrichtseinheit begründet sich durch die Klasse selbst: Die Schwächen in Kommunikations- und Sozialverhalten, die sich symptomatisch in ständigen Konflikten äußern, schreien förmlich nach einem entsprechenden Kommunikations- und Sozialtraining. Dieses Schlüsselproblem wurde bereits in der Einleitung ausführlich dargestellt. Der Wunsch nach Intervention, Vermittlung und gar Streitschlichtung durch den Lehrer wird täglich von den SchülerInnen geäußert. Die Die im Mai durchgeführte Schülerbefragung brachte abermals die Unzufriedenheit der Schüler mit der Klassensituation zum Ausdruck. So konnte ich davon ausgehen, dass die Schüler grundsätzlich, da persönlich durch das Thema betroffen, Einsicht Bereitschaft und Motivation zeigen würden, sich auf die neue Unterrichtseinheit einzulassen. In einem Elternbrief (s. Anhang) informierte ich die Eltern und versuchte auch ihr Interesse zu wecken und sie entsprechend einzubinden.[35] Dies erklärt die Gegenwartsbedeutung der gewählten Unterrichtsthematik.
Hieran schließt sich die Frage nach der Zukunftsbedeutung[36] Welchen Gewinn können wir von der Durchführung der UE erwarten? Aufwand und Wirkung spielen eine wichtige motivierende Rolle, so dass ich mich dieser Frage zu stellen habe. Zu erwarten ist eine bessere Regeleinhaltung in Gesprächssituationen, eine flexiblere Gruppenfindung, eine bewusstere Wahrnehmung von sich und den anderen. Durch die Übungen intensiviert sich der menschliche Kontakt zu den SchülerInnen und der SchülerInnen untereinander. Sie entwickeln wahrscheinlich mehr Freude am schulischen Zusammenleben und soziale Ängste und Spannungen können gelindert werden.[37] Daraus ergeben sich für mich als Lehrerin mehr Einwirkungsmöglichkeiten für eine weitere Gesprächs- und Sozialerziehung. Durch die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst, den anderen und den Klassennormen entsteht bei den SchülerInnen mehr Orientierung und Sicherheit im Kontakt im Hinblick auf das eigene Gesprächs- und Sozialverhalten. Auf diese Weise mögen SchülerInnen grundlegende kooperative Fähigkeiten erlernen, die ihnen auch bei ihrer späteren beruflichen Laufbahn mehr Chancen eröffnen.
Die Schulung der Gesprächsfähigkeit bedarf der Schaffung von Gesprächsituationen als Prinzip (Potthoff), denn „Gespräche führen lernt man, indem man Gespräche führt“[38]. Entsprechend habe ich großen Wert auf einen hohen Praxisanteil mit großem Sprechanteil der SchülerInnen gelegt und versucht die Unterrichtseinheit nach konstruktivistischem Ansatz (Klafki) handlungs- und schülerorientiert aufzubauen. Bei der Auswahl der Übungen waren mir motivierende, variierende Spielformen wichtig, um die Kinder ganzheitlich (mit Kopf, Herz und Hand)[39] in ihrer Gesprächsfähigkeit zu schulen, in Bewegung zu halten und sie freudvoll herauszufordern, sich auf immer neue Gesprächssituationen, -themen und -partnerInnen einzustellen, was dem Charakter des Kommunizierens grundsätzlich entspricht. Die Praxis(Sprech-)phasen sind sehr offen angelegt und leben von der Handlung, Bewegung und Selbstorganisation der Kinder, die die Kinder in Meta-Gesprächen reflektieren. Die Kinder sollen sich selbst die Kriterien guter Gesprächsführung erarbeiten. Wichtiges Moment ist dabei, dass sie erfahren wie sich gelungene und misslingende Gesprächsführung anfühlen und diese Erfahrungen reflektieren. Dabei ist nicht nur das Gelingen, sondern auch das Nicht-Gelingen von Kommunikation Gegenstand der Reflexion. Das Metagespräch ist eine wichtige Gesprächsituation, eine Übung an sich, die rituell auf Übungsphasen folgt[40]. Sie gehört zum Lernprozess: hier werden Erlebnisse, Frustrationen, Erkenntnisse, Einsichten, Handlungsmöglichkeiten fruchtbar weiterverarbeitet und neue Handlungsalternativen entwickelt. Die Kinder beobachten und beurteilen ihre eigene Gesprächsfähigkeit und entwickeln die Kriterien (Regeln) hierfür selbst weiter. Die Erarbeitung von Gesprächsregeln – ihre Einübung – Anwendung - Reflexion – die Erarbeitung neuer/ergänzender Gesprächsregeln – ihre Übung (usw.) ist ein Grundmuster der geplanten Stunden. (vgl. Kap. III.3, S. 21)
Die Reflexionsphasen haben vertiefenden wie auch sichernden Charakter. Den Bilanzbögen, die die Kinder am Stundenende rituell ausfüllen und mir abgeben, kommt die Aufgabe zu, Erlerntes zu sichern und den Lernertrag zu dokumentieren. Das ist ein wichtiges Feedback für mich wie auch die Kinder. Ich gebe den Kindern die Bilanzbögen nach Durchsicht zurück, im nötigen Fall bespreche ich den Bogen individuell. Die Hausaufgaben, die in Ganztagsklassen zu stellen sind, haben desgleichen die Sicherung, Vertiefung von Erlerntem als Aufgabe. Die Idee der Hausaufgabentheke ist die der Motivation: Die SchülerInnen wählen sich ihre Hausaufgabe unter mehreren Angeboten selbst aus. Diese Wahlhausaufgabe geben Sie zu Beginn der nächsten Stunde unaufgefordert bei mir zur Durchsicht ab. Die bereits ausgegebenen Hausaufgabenblätter verbleiben an der Hausaufgabentheke, so dass sich die Kinder zu jederzeit auch anderer Aufgaben aus Vorstunden bedienen können. Die Aufgabenstellungen sind so konzipiert, dass sie die Stunde im Besonderen und die Unterrichtseinheit im Ganzen unterstützen. Die Selbstständigkeit und Motiviertheit der SchülerInnen belohne ich: Für sechs Hausaufgaben bekommen sie einen Hausaufgabengutschein für das neue Schuljahr. Ich möchte mir erlauben, diese möglichweise fragwürdige Praxis zu erproben und erhoffe mir, die SchülerInnen so am Schuljahresende ausreichend für die schriftlichen Hausaufgaben zu motivieren.
Um die ausgewählten, ausführlich darzustellenden Unterrichtsstunden in der Unterrichtseinheit zu situieren, möchte ich im Folgenden kurz die Einheit zusammenfassend darstellen.
Die Einstiegsstunde dient der Wiederholung der bereits eingeführten Gesprächsregeln.[41] Wichtig ist in dieser Stunde das Schaffen von möglichst authentischen Gesprächssituationen, die im Meta-Gespräch wiederaufgegriffen werden können und somit die Grundlage bieten für die Überprüfung der Gesprächsregeln auf ihre Effizienz und Genauigkeit hin sowie eine eingehende Betrachtung des Sozialverhaltens. Das Molekülspie l[42] bietet die Möglichkeit, in immer neuen Gruppenkonstellationen über verschiedene Alltagsthemen zu sprechen, während das Inselspiel kooperatives Verhalten in Bezug auf die Sprechakte „argumentieren und sich einigen“ wie auch die Selbstfindung mit Partnern/in Gruppen fördert. Hieran knüpft die folgende Doppelstunde (2./3. Stunde), die ich unten reflektieren werde. In der 4. und 5. Stunde geht es um die Verständigung über Gefühle. Welche Gefühle nehmen die SchülerInnen in bestimmten Situationen wahr, welche Gefühle nehmen sie bei sich selbst (Selbstwahrnehmung) und bei anderen (Fremdwahrnehmung) wahr? Das sind leitende Fragen der Stunde. Die SchülerInnen lernen, dass eine Situation bei jedem andere Gefühle auslösen kann und unterschiedlich wahrgenommen wird. Emotionen zu benennen, ist Ziel der Wortfeldarbeit. Mit schlechten Gefühlen sozial verträglich umgehen zu lernen, ist Ziel der Entspannungsverfahren, die die Kinder angeleitet ausprobieren. Die Übungen bedürfen allesamt Gesprächsregeln, deren Gültigkeit und Effizienz im Meta-Gespräch von den SchülerInnen überprüft werden. Der Knackpunkt der Stunde liegt darin, Gesprächssituationen zu schaffen, die es für die SchülerInnen sinnvoll machen zum Thema Emotionen zu arbeiten und diese zu thematisieren, ohne dass es ihnen peinlich wird. Ausführungen zur 6./7. Stunde finden sich in Kap.VI.2 wieder. Die 8. Stunde schließt die Einheit pünktlich vor Ferienbeginn ab: Der Fokus liegt zum einen auf der Klasse bekannten Kooperationsspielen, die von der Teamfähigkeit der Klasse (Molekülspiel/Gruppenfindung, Wunschstunde, Haifischspiel) und von Austausch, Respekt und gelebten Gesprächsregeln leben. Das Klassenthermometer ist eine konfrontative Methode, den Kindern ihre Selbsteinschätzung in Bezug auf ihr Gesprächs- und Sozialverhalten hin, das sie in der Klasse zeigen, abzuverlangen. Sie sind mit ihrer eigenen Rolle und Position im Klassenganzen konfrontiert, was ihnen Einsicht und Frustrationstoleranz abverlangt. Diese Methode verwende ich abschließend gleichfalls für ein SchülerInnen-Feedback auf die gemeinsame Arbeit. Die Kinder setzen so ihr eigenes Verhalten noch einmal zu den Inhalten der erlebten Unterrichtseinheit in Bezug. Die Wunschstunde ist für mich eine Rückmeldung, welche Übung bei den Kindern besonders gut angekommen ist. Das Klassenthermometer sowie die abschließende „Zettelaktion“ geben Auskunft zum Lernertrag und spiegeln mir und der Klasse wider: Was hat die Unterrichtseinheit den SchülerInnen gebracht? Was nehmen sie mit für sich bzw. ihre Klasse?
[...]
[1] „aggro“ steht für Aggression, Stress, Ärger und wird im Jugendjargon adjektivisch gebraucht. Der Begriff ist durch das Plattenlabel „AGGRO BERLIN“ bekannt geworden, das für deutschen Hip Hop/Rap steht, der „zu den Wurzeln führt. Dort, wo es dreckig ist und auch mal nach Existenzkampf riecht“ (vgl. www.aggroberlin.de). Sein aggressiver, sexistischer, Gewalt und Drogen verherrlichender Auftritt prägt das Selbstbild und die Sprache vieler Jugendlicher unserer Schulen.
[2] s. Anhang
[3] Zugunsten des flüssigen Lesens wird an manchen Stellen darauf verzichtet, die weibliche Form extra aufzuführen. Sie ist gleichwohl mitzudenken!
[4] Die Lebensumstände bilden hierbei für viele Kinder den Nährboden für die Entwicklung sozialen Fehlverhaltens. „Ob jemand Erfolg hat oder nicht, gewalttätig wird oder friedlich, geistig wach oder träge, hängt wesentlich davon ab, welche Nahrung ihm früh zuteil geworden ist – ob Essen oder Wissen, sozialer Umgang oder Wissenswärme.“ (Die Zeit, Nr. 2, 2008) „Emotionale und physische Deprivation, aggressives Modellverhalten der Eltern und der ständige Konsum gewaltverherrlichender Filme sind nicht eben dazu angetan, friedliche und freundliche Kinder hervorzubringen.“ (Korte 1996, S.9). „Erfahrungsmangel mit Geschwistern, Scheidungen, Rumpffamilien, Ausgrenzung der Großeltern, Abnahme der Betreuung der Kinder wegen Berufstätigkeit, Isolierung in der Wohnumgebung, fehlende Spielplätze“ (ebd., S. 24), fehlende Vorbilder in der eigenen Lebensumwelt zeigen: Kindern fehlen Möglichkeiten, soziales Verhalten überhaupt zu entwickeln. Ein günstigeres Lebensumfeld könnte das Verhalten der Kinder zum Positiven wenden. Aber das haben sie nicht.
[5] Potthoff 1995, S. 12
[6] Geissner 1988, S.157
[7] vgl. Das Haus des Lernens, Klippert 2002, S. 21
[8] Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (Hg): Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Hauptschulabschluss. München/Neuwied 2005, S. 7
[9] ebd., S. 6
[10] ebd., S.7
[11] ebd., S. 6-7
[12] ebd., S. 9
[13] ebd., S. 11
[14] s. www.schulz-von-thun.de
[15] vgl. Beste 2007, S. 140-141
[16] Ähnliche Modelle finden sich bei Watzlawick (Unterscheidung von Inhalts- und Beziehungsaspekt), vgl. auch: Potthoff, 1995, S. 14-20
[17] vgl. Beste 2007, 143
[18] Potthoff 1995, S. 16
[19] Bartnitzky2000, S. 25
[20] Bartnitzky 2000, S. 17
[21] ebd., S. 27
[22] Potthoff 1995, S. 14
[23] vgl. Paradies/Linser 2003, S.28
[24] Fetz 1996
[25] vgl. Paradies/Linser 2003, S. 41
[26] vgl. ebd., S. 18-19
[27] vgl. ebd., S. 42
[28] vgl. ebd., S. 43
[29] s. Odenbach 1974
[30] vgl. Klippert 2000, S. 21
[31] vgl. ebd.
[32] Aus: wiki.zum.de /Heinz_ Klippert /P%C3%A4dagogische_Schulentwicklung
[33] Nach Mietzel 1998, Kapitel 4
[34] vgl. www.schulz-von-thun.de
[35] Zur Bedeutung der Elternarbeit vgl. Korte 1996
[36] Vgl. Ausführungen zu Klafkis Perpektivenschema in: Jank/Meyer 2006
[37] vgl. hierzu „Perspektiven für Lehrer/innen und Schüler/innen“ bei Klippert 2000, S. 39
[38] Potthoff 1995, S. 24
[39] so das Motto Pestalozzis und der nachfolgenden Reformpädagogik
[40] Paradies beschreibt, wie Interaktions- und Reflexionsroutinen das Üben erleichtern, indem sie durch „schrittweise Automatisierung und Verinnerlichung von zunächst bewusst erlebten und gesteuerten Handlungs-, Entscheidungs- und Gefühlsprozeduren“ (Paradies 2003, S. 25) den Blick auf das eigentlich zu Übende frei macht.
[41] Zur Relevanz von Gesprächsregeln, vgl. Kap. III.2
[42] Die Spiele und Übungen werden in der offenen Verlaufsskizze ausführlich beschrieben
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