Bachelorarbeit, 2023
48 Seiten, Note: 1,0
Der Roman "Die Wahlverwandtschaften" ist nicht nur aufgrund seiner Interferenzen von Naturwissenschaften und Literatur für die Forschung von Bedeutung, sondern weil er darüber hinaus den Umbruch, der sich wissenschaftshistorisch vollzog, verhandelt. Diese These wurde in der Forschung bereits mehrfach aufgestellt, allerdings ohne sie weiter auszuführen. Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, darzulegen, inwiefern der Roman den Umbruch vom Einheits- zum Differenzdenken reflektiert und problematisiert.
Goethe gilt als einer der letzten Universalgelehrten, der bestrebt war, Dichtung und Naturforschung in seinem Schaffen zu verbinden. Dies ist bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass sich im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert ein tiefgreifender Paradigmenwechsel vollzog, in dessen Folge sich die seit der Antike bestehende Einheit von Naturwissenschaft und Dichtung allmählich auflöste. Diese Trennung festige sich im Laufe des 19. Jahrhunderts und mündete in dem bis heute bestehenden Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften.
Die Relation von Literatur und Wissenschaft rückte Mitte des 20. Jahrhunderts ins Interesse der Forschung und ist seitdem Gegenstand verschiedenster kultur- wissenschaftlicher sowie wissenschaftshistorischer Forschungsrichtungen.
Das Forschungsinteresse galt dabei auch immer wieder Goethes Roman "Die Wahlverwandtschaften", der "wie kein anderer Text auf der Grenze zwischen wissenschaftlichen und poetischen Argumentationsfeldern steht".
Da "Die Wahlverwandtschaften" ein breites Spektrum zeitgenössischer Naturwissenschaft verhandeln, ist es erforderlich, sich auf einen Aspekt zu beschränken. Das Experiment eignet sich, wie gezeigt werden wird, dafür in besonderem Maße, weil es als tertium comparationis von Wissenschaft und Literatur sowohl deren Einheit als auch Differenz offenlegt.
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