Bachelorarbeit, 2018
68 Seiten, Note: 1,1
1VORWORT
2EINLEITUNG
2.1 Vorbemerkung
2.2 Zur Verschriftlichung
2.3 Untersuchungsgegenstand
2.4 Methodik
2.5 Technik
2.6 Hypothesen
3DIE UNTERSUCHUNG
3.1 Die Analyse der Ergebnisse für die Begriffe
3.1.1Absolute Zahlen
3.1.2Prozentuale Verteilung dialektaler, regiolektaler und standarddeutscher Lautung
3.1.3Besonderheiten von Komposita
3.1.4Vergleich der beiden Diphthonge
3.1.5Die Ergebnisse für die regiolektale Lautung
3.2 Die Analyse der Ergebnisse der Proband*innen
3.2.1Der Dialektindex
3.2.2Vergleich der Proband*innen nach unterschiedlichen Kriterien
3.2.2.1 Mütter und Väter
3.2.2.2 Nichtakademiker*innen und Akademiker*innen
3.2.2.3 Die einzelnen Berufsgruppen
3.2.2.4 Die verschiedenen Altersgruppen der Eltern
3.2.2.5 Die Eltern aufgeteilt nach Altersgruppen der Kinder
3.2.2.6 Die Eltern aufgeteilt nach dem Geschlecht der Kinder
3.2.3Auffälligkeiten in Bezug auf die regiolektale Lautung
3.2.4Sonstige Auffälligkeiten
3.2.5Die Ergebnisse der vier nicht in die Untersuchung genommenen Paare
3.2.6Die Ergebnisse der Kinder in der 3. Gesprächsrunde
4FAZIT
4.1 Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse
4.2 Schlusswort
5ANHANG
6LITERATURVERZEICHNIS
Abbildung 1: Dialektanteil 1.Treffen und Wiederholung
Abbildung 2: Vorkommen in absoluten Zahlen, sowie die Anzahl der Geschichten,.
Abbildung 3: Verteilung der Begriffe aus Geschichte A auf die einzelnen Geschichten
Abbildung 4: Verteilung der Begriffe aus Geschichte B auf die einzelnen Geschichten
Abbildung 5: Prozentanteile dialektaler und regiolektaler Lautung
Abbildung 6: Vorkommen als Simplex oder Teil eines Kompositums
Abbildung 7: Simplicia und Komposita im Vergleich
Abbildung 8: Die prozentuale Verteilung nach den beiden untersuchten Diphthongen
Abbildung 9: Laut II in Geschichte A und B
Abbildung 10: Das Verhältnis von dialektaler und regiolektaler Lautung mit den absoluten Zahlen
Abbildung 11: Alle Dialektindizes der Eltern
Abbildung 12: DI-Werte für Geschichte A in Runde 2
Abbildung 13: DI-Werte für Geschichte B in Runde 2
Abbildung 14: Die DI von Müttern und Vätern im Mittelwert
Abbildung 15: DI Akademiker*innen vs. Nichtakademiker*innen
Abbildung 16: Die DI nach Berufsgruppen
Abbildung 17: DI nach Altersgruppen
Abbildung 18: DI nach Kindesalter
Abbildung 19: DI-Werte nach dem Geschlecht der Kinder
Abbildung 20: Regiolektale Lautung im Vergleich
Abbildung 21: Die DI der restlichen Familien
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Diese Arbeit ist eine Untersuchung zum Sprachwandel innerhalb von Familien anhand von zwei Diphthongen der Rieser Dialekte1. Wie viele Dialekte ist auch das Rieserische seit Jahrzehnten starken Wandelprozessen unterworfen. Allerdings gibt es für das Rieserische im Gegensatz zu anderen Dialekten des Allemannischen und des Bairischen noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu aktuellen Prozessen. Natürlich kann eine Arbeit von diesem Umfang und in diesem Rahmen eine derartige Lücke nicht füllen. Sie kann lediglich in einem kleinen, stark eingegrenzten Feld der Sprache Tendenzen aufzeigen und möglicherweise Ausgangspunkt für weitere, tiefer gehende Untersuchungen sein. Sie ist also in keinster Weise als konfirmatorische Studie zu verstehen, sondern eine rein explorative Datenanalyse.
Zunächst werden in der Einleitung nach einer kurzen Vorbemerkung Forschungsgegenstand, Methodik und Ziele der Untersuchung vorgestellt, sowie Hypothesen zu den erwarteten Ergebnissen formuliert. Im Hauptteil werden die Ergebnisse einschließlich der während der Durchführung aufgetretenen Probleme diskutiert, um dann mit einem Fazit zu schließen.
Bedanken möchte ich mich bei allen, die mich auf dem Weg von der Idee bis zum Abschluss unterstützt haben. Zunächst sind das meine beiden Kinder Clara und Luis, die in dieser Zeit immer wieder auf mich verzichten mussten. Für dasselbe und die vielen Gespräche und daraus resultierenden Ideen und schließlich für das Korrektur Lesen danke ich meiner Frau Henrike. Dann danke ich meinen Eltern für allerlei fachkundige Gespräche über das Rieserische und für vielseitige sonstige Unterstützung. Ein Dank auch an Frau Donhauser für ihre Begleitung und die hilfreichen Anmerkungen und Ratschläge. Schließlich auch noch ein Dank an meine Schwester Barbara für zusätzliches Korrektur Lesen. Und zu guter Letzt natürlich ein herzliches Danke an alle Rieser Familien, die sich mit viel Engagement und Neugier beteiligt haben, sowie an die, die mir beim Finden derselben behilflich waren, meinen Bruder Christoph und seine Frau Natalie und meine Cousine Margrit mit ihrem Mann Heiko.
Bei einer Arbeit zum Sprachwandel hat man, wie Schwarz (2015) in Kap. 1.3 schreibt, mehrere Möglichkeiten. Erstens unterscheidet er zwischen kompetenzbezogenen und produktionsbezogenen Methodologien, zweitens zwischen Real-Time- und Apparent-Time-Vergleichen, drittens nennt er noch die Interpretation von Isoglossenverläufen. Als kompetenzbezogen bezeichnet er einen Ansatz, bei dem das Dialektwissen der Teilnehmer*innen direkt mit Hilfe von Wortlisten oder ähnlichem abgefragt wird, als produktionsbezogen, wenn spontansprachliche Äußerungen von Teilnehmer*innen analysiert werden. Eine Real-Time-Untersuchung vergleicht ältere und jüngere Sprachdaten, zwischen deren Erhebung tatsächlich Zeit vergangen ist. In Apparent-Time-Untersuchungen werden synchron erhobene Sprachdaten auf Wandelmerkmale hin untersucht. Untersuchungen von Isoglossenverläufen schließlich können Hinweise auf Instabilitäten und Wandelprozesse geben.
Diese Arbeit ist eine Apparent-Time-Untersuchung mit einer produktionsbezogenen Erhebung der Daten. Real-Time-Untersuchungen wären für das Rieserische im Rahmen einer Bachelorarbeit nicht möglich, weil es jenseits von schriftlich festgehaltener Dialektdichtung kaum ältere Daten gibt. Produktionsbezogene Daten waren nötig, weil nicht ein noch vorhandenes Wissen über den Dialekt abgefragt werden sollte, sondern der tatsächlichen Gebrauch. Apparent-Time-Untersuchungen wie die von Berroth (2001) oder Bauer (2003) nutzen oft Daten von Sprecher*innen unterschiedlichen Alters und vergleichen diese. In dieser Untersuchung werden aber hauptsächlich Daten von Personen derselben Altersgruppe, nämlich der Elterngeneration, erhoben. Die vielen Fehlerquellen und Unsicherheiten sowie der ungleich größere Aufwand, den eine Datenerhebung bei kleinen Kindern mit sich bringt, sollten vermieden werden. Stattdessen wurden Sprachdaten der Eltern aus Gesprächen mit der*m Partner*in mit denen aus Gesprächen mit den Kindern verglichen, in der Annahme, dass der sprachliche Einfluss der Eltern entscheidend ist für die weitere Sprachentwicklung der Kinder. Diese Annahme stütze ich auf mehrere Forschungsarbeiten, wie z.B. Katerbow (2013), der in seiner Zusammenfassung schreibt:
„Dabei ist es insbesondere die sozial primäre Interaktion des Kindes mit seinen Eltern, die zur Ausbildung einer basic grammar führen. Deshalb ist die Varietäten- und Sprechlagenwahl der Eltern entscheidend für die Entwicklung der Varietätenkompetenz des Kinder.“
(S. 492)
Auch Chevrot, Nardy und Barbu (2013) vertreten diese Ansicht, wenn sie schreiben
„adult sociolectal usage is transmitted to children within the family environment that provides the requisite material for linguistic development.“
(S. 262)
Zwar wirken sekundär auf Kinder mit zunehmendem Alter zahlreiche andere Einflüsse (z.B. in Kindergarten und Schule oder durch Mediennutzung) modifizierend auf die Varietätenbildung ein, weshalb sich Sprachwandelprozesse niemals vollständig durch eine derartige Arbeit untersuchen und darstellen lassen. Dieses Schicksal teilt sie aber mit allen Apparent-Time-Untersuchungen, über die Schwarz (2015) schreibt:
„Bei Apparent-Time-Vergleichen kann das sogenannte age grading problematisch sein. Hinter diesem Terminus, [...] , steckt die Erkenntnis, dass Sprecher im Laufe ihres Lebens ihre individuelle Sprechweise verändern.“
(S.27)
Er beruft sich dabei auf Hockett (1950), der den Begriffage gradingeingeführt hat, und Labov (1994), der ihn in der Variationslinguistik verwendet. Angesichts der geringen Datenmenge kann diese Arbeit aber sowieso nur Tendenzen des Sprachwandels in einem sehr eng gesetztem Bereich aufzeigen und in keinem Fall den Anspruch erheben, tatsächlichen Sprachwandel festzustellen.
In aktuellen Arbeiten zu Dialekten wird für einen Großteil der süd- und mitteldeutschen Dialektgebiete ein Standard-Dialekt-Kontinuum bzw. eine Diaglossie, wie Bellmann (1998) es nennt, angenommen. Dort werden also vom Basisdialekt bis zur Standardsprache übergangslos mit abnehmenden Dialektmerkmalen alle möglichen Sprachvarietäten genutzt, abhängig von Sprecher*in, Gesprächspartner*in, Gesprächsthema und Gesprächssituation. Dies steht im Gegensatz zu einer Diglossie, wie sie früher in vielen deutschsprachigen Dialektgebieten normal war und heute noch in einem Großteil der Schweiz und in manchen niederdeutschen Gebieten üblich ist. Dort gibt es eine starke Trennung zwischen den Dialekt- und den Standardvarietäten.
Einhergehend mit oben genanntem Kontinuum wird häufig ein Wandel des Basisdialektes in Richtung der Standardsprache und somit eine Annäherung des Dialektpols zur Mitte hin diagnostiziert, so zum Beispiel bei Schwarz (2015) oder bei Streck (2012) für südwestdeutsche Dialekte in Baden-Württemberg. An Hand von zwei Beispielen möchte ich untersuchen, ob und wie stark es auch im Rieserischen Anzeichen für eine solche Tendenz gibt.
Ein Problem einer empirischen Untersuchung des Basisdialekts ist, den Basisdialekt überhaupt zu fassen zu bekommen. Für diese Arbeit wurde angenommen, dass der Basisdialekt hauptsächlich im intimen familiären Bereich gesprochen wird. Daher wurde versucht, Gesprächssituationen zu konstruieren, die der intimen familiären Situation möglichst nahe kommen. Es ist aber durchaus möglich, dass für manche*n Sprecher*in die Familie gar nicht der Ort ist, an dem der äußerste Pol des Kontinuums gesprochen wird. Es gibt sicher andere Situationen, wo dies auch vorstellbar wäre, so zum Beispiel in der Dorfwirtschaft oder im Sportverein. Genauere Untersuchungen in dieser Richtung hätten jedoch den Rahmen dieser Arbeit gesprengt. In der Annahme, dass die im häuslichen Bereich benutzte Varietät dem Basisdialekt in den meisten Fällen zumindest sehr nahe kommt, beschränkt sich diese Untersuchung auf diesen Bereich.
Nach der Einführung der zu untersuchenden Laute im folgenden Kapitel 2.3. mit Hilfe des IPA, werde ich im weiteren Verlauf auf das IPA verzichten. Da es sich nur um zwei Diphthonge handelt, erscheint es ausreichend, sie mit Hilfe der Zeichen des deutschen Schriftsystems darzustellen.
Die Begriffe erscheinen im Text inKursivschrift.Stehen sie in eckigen Klammern [...], sind alle untersuchten Variablen dieses Begriffes gemeint.
Das Rieserische zählt zu den ostschwäbischen Dialekten und wird vor allem im geographisch abgeschlossenen Gebiet des Meteoritenkraters Nördlinger Ries gesprochen. Eine genaue Abgrenzung des Rieserischen zu den umliegenden Dialekten wurde von mir in der Hausarbeit „Das Vokalsystem der Rieser Dialekte und die Entwicklung vom Mittelhochdeutschen bis in die Gegenwart“ (2016) vorgenommen.
Als schwäbischer Dialekt hat das Rieserische viele Charakteristika, wie sie auch in anderen schwäbischen Dialekten anzutreffen sind. Allerdings zeigen sich daneben Merkmale, die man aus den benachbarten fränkischen und bairischen Dialekten kennt. Koch (2016) schreibt über das Ries:
„Eine Ausnahme zur klaren Trennung der bairischen und schwäbischen Dialekte bildet das Ries, das aus historischer Sicht ein besonders altes und siedlungsstabiles Gebiet ist.“
(S.217)
Sie hat an Hand von Königs „Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben“ (1997-2005) eine diatopisch orientierte Rekonstruktion der Sprachentwicklung in Bayrisch-Schwaben durchgeführt. Sie untersucht die schon den Sprachatlas gliedernden 14 Themen aus den Bereichen Morphologie (3), Phonologie (5) und Lexik (6). Für BayerischSchwaben analysiert sie zwei sich etwa 600 n. Chr. trennende Sprachäste, einen bairischen und einen schwäbischen. Das Rieserische verortet sie in elf Themen auf dem schwäbischen Ast, wo es sich aber oft schon sehr früh (ca. 700-900 n. Chr.) abspaltet. Bei einem Thema (Phonologie der Langvokale) liegt es zu 60% auf dem bairischen Ast. Und schließlich gibt es zwei Themen, die beide die Lexik betreffen (Die Themenfelder Ackerbau und Bauernhaus), bei denen das Rieserische auf keinem der beiden Äste liegt, sondern einen eigenen Ast darstellt.
Obwohl natürlich eine Untersuchung in einem Bereich, der das Rieserische von den anderen Dialekten unterscheidet sehr interessant wäre, scheinen diese beiden Themenfelder für diese Untersuchung nicht geeignet. Sie betreffen Bereiche, die durch den starken, strukturellen Wandel im ländlichen Raum im Alltagsleben der meisten Rieser gar nicht mehr vorhanden sind. Der Sprachwandel, in diesem Fall das Verschwinden der alten Lexeme, ist hier wohl schon soweit fortgeschritten, dass in der Generation der Eltern in dieser Untersuchung vermutlich nur noch Spurenelemente vorhanden sind. Es sollten jedoch Merkmale untersucht werden, die heute im Alltag durchaus noch präsent sind.
Deshalb habe ich mich für zwei auch in anderen schwäbischen Dialekten vorkommende Diphthonge entschieden.
- Der Diphthong [oy]: entwickelt aus dem MHDei, im Standarddeutschen [ai], z.B. ries.Loidr= sd.Leiter(im Folgendenoiund Laut I)
- Der Diphthong [oi]: entwickelt aus dem nicht umgelauteten AHDiu, z.B. ries.nui= sd.neu(im Folgendenuiund Laut II)
Bei beiden scheint der Unterschied zwischen der rieserischen und der standarddeutschen Lautung groß genug für eine klare Analyse. Zudem gibt es beim zweiten Diphthonguinoch eine dritte Variante, die seit längerem in den Rieser Sprachraum eindringt. Dies ist die bairische und auch ostfränkische Varianteaiwie z.B. bai.naifür sd.neu.Vor allem in den Dörfern nahe der Grenzen zum bairischen und fränkischen Sprachraum wird das nai laut Aussage vieler Bewohner schon als „ursprünglich“ rieserisch wahrgenommen. Daraus ergibt sich die zusätzliche Möglichkeit einen kurzen Blick auf die Wirkung von nicht standarddeutschen Einflüssen auf das Rieserische zu werfen2. Im folgenden werdenai-Laute, die anstelle des standarddeutscheneugesprochen werden, als regiolektale Laute bezeichnet. Dialektale und regiolektale Lautung zusammen werden als regionale Lautung bezeichnet.
Es wurde das Sprachverhalten von 13 Rieser Elternpaaren im Alter zwischen 35 und 50 Jahren, die Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren haben, untersucht3. Dafür wurden zwei Bildgeschichten entwickelt, im folgenden Geschichten A und B benannt4.
Die beiden Geschichten wurden personell -mit je einem Kind und einem Erwachsenen- und inhaltlich so gestaltet, dass sie der Erlebniswelt der Familien möglichst nahe kommen.
In jeder Geschichte waren drei Begriffe, die im Rieserischen einoienthalten, und zwei Begriffe, die im Rieserischen einuienthalten, verbildlicht. Die zu untersuchenden Begriffe waren in Geschichte A [Leiter],[klein],[zwei],[neu] und [teuer], in Geschichte B [Ei],[Stein],[zwei],[Feuer] und [Feuerzeug]. Bei der Auswahl der Begriffe wurde darauf geachtet, dass sie auch als rieserische Form etabliert und gebräuchlich sind. Weil bei beiden Lauten die Auswahl an möglichen Begriffen nicht so groß ist, wurde der Einfachheit halber keine Rücksicht auf die Wortarten genommen. Insbesondere bei Laut II war das Problem, dass nur sehr wenige Worte zur Verfügung stehen. Außer den genannten sind dies noch ries.Stuirfür sd.Steuer,ries.huirfür sd.heuer (dieses Jahr)und ries.Zuigfür sd.Zeug.Diese drei Begriffe sind jedoch schwer in einfachen Bildern darzustellen, weswegen ich mich fürFeuerzeugentschieden habe, obwohl es das einzige Kompositum ist und wohl erst Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts in den Rieser Wortschatz eingegangen ist. Aber nach meinem Empfinden ist es als DialektwortFuirzuigdurchaus geläufig und somit für die Untersuchung geeignet.
Mit jeder Familie wurden zwei Termine im Abstand von mindestens einer Woche vereinbart5. Beim ersten Termin, an dem nur die Eltern teilnahmen, habe ich zunächst das Alter, den Wohnort in der Kindheit und die berufliche Bildung und Tätigkeit der erwachsenen Proband*innen, sowie das Alter der Kinder erfragt. Dann sollte jede*r Partner*in eine der beiden Bildgeschichten in Worte fassen, d.h. sie dem anderen erzählen. Diese Erzählungen wurden aufgenommen (1. Gesprächsrunde). Beim zweiten Termin, bei dem auch die Kinder anwesend waren, sollte jeder Elternteil dieselbe Geschichte dem Kind erzählen, ohne dass der andere Elternteil anwesend war (2. Gesprächsrunde). Die Proband*innen wurden angewiesen, jedes Bild den Kindern erst zu zeigen, wenn die darauf dargestellte Situation schon erzählt worden war, um zu vermeiden, dass die Kinder Begriffe eventuell zuerst erwähnen und so die Varietätenwahl der Eltern beeinflussen. Anschließend wurden die Kinder noch zu den untersuchten Begriffen einzeln und ohne Anwesenheit der Eltern befragt, d.h. allen wurden Bilder der gesuchten Begriffe gezeigt6 mit der Aufgabe, die abgebildeten Dinge so zu benennen, wie sie auch zu Hause im Alltag mit ihrer Familie zu ihnen sagen würden (3. Gesprächsrunde). Diese 3. Runde war nicht für die Vergleichsuntersuchung zum Sprachwandel bestimmt, für die nur die spontansprachlichen Äußerungen der Eltern verwendet werden sollten. Mit Hilfe der Daten aus dieser 3. Runde sollte am Schluss der Untersuchung noch ein kurzer Blick auf die Kinder gerichtet werden und geschaut werden, ob die Ergebnisse der Eltern aus der 2. Runde irgendwie mit den Ergebnissen der Kindern korrelieren.
Den Proband*innen wurde vor Beginn nur gesagt, dass es eine Untersuchung der Alltagssprache innerhalb von Familien sei. Es wurde weder gesagt, dass es sich um den Dialekt handelt, noch um welche Laute oder Begriffe es geht. Die Proband*innen wurden angehalten, möglichst so zu sprechen, wie sie es sonst untereinander auch tun. Sie sollten sich vorstellen, dass sie die Geschichte dem Gegenüber beim Abendessen erzählen. Da ich selbst Dialektsprecher bin, habe ich versucht, durch einen kurzen nicht für die Untersuchung bestimmten Small Talk, eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen.
Allerdings hatte ich, nachdem ich die ersten Termine mit Elternpaar 1 und 2 durchgeführt hatte, den Eindruck, dass die Proband*innen nicht ihren Basisdialekt nutzen. Daraus resultierte die Vermutung, dass die Anweisung, eine „Geschichte“ zu erzählen, vom Basisdialekt wegführt, weil (literarische) Geschichten oft durch Schrift vermittelt werden und somit schon eine Tendenz hin zum Standarddeutschen haben. Deshalb habe ich die Gesprächsrunde 1 mit den Elternpaaren 1 und 2 eine Woche später wiederholt. Diesmal war die Aufgabe, die Geschichte den Ehepartner*innen als eigenes Erlebnis, das man mit dem Kind heute hatte, zu erzählen. Die Auswirkungen des Wechsels in der Aufgabenstellung wurde verglichen. Dafür wurde die absolute Zahl aller vorkommenden zu untersuchenden Begriffe und der Anteil der dialektalen Formen gezählt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Dialektanteil l.Treffen und Wiederholung
Bei beiden Familien ist vor allem der massive Anstieg des Dialektanteils bei den Müttern durch den Wechsel der Erzählperspektive von einer fremden, wiedergegebenen Geschichte zu einer fiktiv selbst erlebten Geschichte sehr interessant. Natürlich hat das Ergebnis bei nur zwei Müttern keine allgemeingültige Aussagekraft. Es zeigt aber, wie interessant weitere Untersuchungen in Richtung Basisdialekt und wann und wo er von wem gesprochen wird, wären. Für diese Arbeit wären diese Fragestellungen aber zu umfangreich. Die Zahlen zeigen in jedem Fall, welch scheues Reh der Basisdialekt ist.
Die Anweisung für die Elternpaare 3 bis 13 wurden wegen der obigen Zahlen dahingehend verändert, die Geschichte beim ersten Termin so zu erzählen, als wäre sie ein heutiges Erlebnis mit ihrem Kind gewesen (1. Gesprächsrunde), und dann beim zweiten Termin den Kindern, als wäre sie ein Erlebnis aus der eigenen Kindheit (2. Gesprächsrunde).
Im Laufe der Untersuchungen gaben vier Probandinnen in Bezug auf die beiden untersuchten Laute nach der 3. Gesprächsrunde an, vollkommen ohne Rieser Dialekt aufgewachsen zu sein. Zwei von ihnen waren in Rieser Kleinstädten, zwei etwas außerhalb des Rieser Dialektgebietes aufgewachsen. Auch ihre Partner zeigten teilweise deutlich von den anderen Proband7innen abweichende Ergebnisse, so dass es sinnvoll erschien in der Hauptuntersuchung nur die neun Familien zu untersuchen und zu vergleichen, in denen beide Ehepartner in einem Dorf im Ries aufgewachsen sind. Die Ergebnisse der anderen vier Familien werden in einem eigenen Kapitel (Kap. 3.2.5.) vorgestellt.
Nach Abschluss der Gesprächsrunden sollte für alle Begriffe untersucht werden, in wie vielen Fällen die dialektale Variante, die standarddeutsche Variante und die regio- lektale Variante verwendet wurde. Anschließend sollten folgende Werte verglichen werden:
- Die Prozentwerte der dialektalen, regiolektalen und standarddeutschen Lautung der einzelnen Begriffe für jede Gesprächsrunde. So sollte festgestellt werden, ob es eventuell große Unterschiede zwischen den Begriffen und Geschichten gibt. Anhand dieser Ergebnisse sollte entschieden werden, ob einzelne Begriffe oder auch einer der Laute gesondert behandelt werden.
- Die passenden Begriffe sollten zusammengefasst werden und für jede*n Pro- band*in soll für jede Gesprächsrunde ein Dialektindex (im Folgenden DI) errechnet werden. Dafür sollte für jedes Token mit dialektaler (zunächst inklusive der regiolektalen) Lautung ein Punkt vergeben werden und für jedes Token mit standarddeutscher Lautung null Punkte. Das Ergebnis wurde durch die Gesamtzahl der Token geteilt. Dies ergab dann pro Proband*in einen Wert zwischen 0 (vollkommen standarddeutsche Lautung) und 1 (vollkommen regionale Lautung).
- Vergleich der DI der Gesprächsrunden 1 und 2.
- Vergleich der DI der Mütter und der Väter.
- Vergleich der DI von Nicht-Akademikern und Akademikern.
- Vergleich der DI nach beruflichen Feldern.
- Vergleich der DI gestaffelt nach unterschiedlichen Altersgruppen der Eltern und der Kinder.
- Vergleich der DI nach Geschlecht der Kinder.
- Für Laut II sollte nach dem selben Verfahren unter allen Vorkommen mit dialektaler oder regiolektaler Lautung ein Index für den Anteil der regiolektaler Lautung ermittelt werden (im Folgenden RI).
- RI-Vergleich von Gesprächsrunde 1 und 2.
Da die beiden Geschichten unterschiedlich sind und unterschiedliche Begriffe mit den zu untersuchenden Diphthongen enthalten (um zu vermeiden, dass die Eltern die untersuchten Begriffe identifizieren), bestand die Möglichkeit, dass der Anteil dialektal und regiolektal gesprochener Laute in beiden Geschichten unterschiedlich sind. Um trotzdem Väter und Mütter valide vergleichen zu können, bekamen sechs Mütter die Geschichte A und die anderen sieben Mütter die Geschichte B, bei den Vätern umgekehrt. Bei den neun Familien, die in die Hauptuntersuchung genommen wurden, war die Verteilung folgendermaßen: Vier Mütter bekamen Geschichte A und fünf Geschichte B, bei den Vätern folglich umgekehrt. Es ergaben sich für die Hauptuntersuchung also folgende Konstanten und Variablen:
Konstanten:
1. 47 Teilnehmer (9 Mütter, 9 Väter, 12 Kinder im Alter zwischen 4 und 10 Jahren)
2. 2 Diphthonge, 10 Begriffe (6 Begriffe zum einen Diphthong, 4 Begriffe zum anderen Diphthong)
3. 2 Gesprächsrunden pro Erwachsener, 1 Gesprächsrunde pro Kind
4. 2 Bildergeschichten
Variablen:
1. Aussprache der Diphthonge (dialektal, regiolektal, standarddeutsch)
Alle Gespräche wurden mit einem Sennheiser K6 Kondensatormikrophon, das an ein Smartphone Blackberry Priv angeschlossen war, aufgenommen. Das Mikrophon stand vor den Teilnehmer*innen auf dem Tisch. Als App wurde „Diktiergerät“ verwendet und als Dateiformat „wav“.
Wie oben schon angesprochen wird für viele Dialekte beschrieben, dass dialektale Laute auf dem Rückzug sind und einer standarddeutschen oder großräumigeren regionalen Lautung Platz machen. Dies und meine subjektive Wahrnehmung im Ries führte mich zu folgenden Hypothesen:
1. Bei beiden Lauten ist standarddeutsche Lautung in beiden Gesprächsrunden der Eltern schon zu einem großen Prozentsatz vertreten.
2. Bei Begriffen, die im Rieserischen mit demui-Laut gesprochen werden, wird in beiden Gesprächsrunden zu einen großen Anteil mit regiolektalemaiartikuliert.
3. Bei diesen Begriffen ist die standarddeutsche und regiolektale Lautung in beiden Gesprächsrunden schon stärker vertreten als die ursprüngliche dialektale Lautung.
4. Die Eltern artikulieren untereinander (1. Gesprächsrunde) mehr dialektale Formen als mit ihren Kindern (2. Gesprächsrunde).
5. Gemäß den Prinzipien von Labov (1990), wonach Frauen eher zu gesellschaftlich höher bewerteten Formen der Sprache tendieren und eher Innovatoren von Sprachwandelprozessen sind, artikulieren die Mütter vor allem gegenüber den Kindern mehr standarddeutsche Lautung als die Väter.
6. Die Faktoren Berufsbildung, Berufsfeld, Alter, Kindesalter und Geschlecht der Kinder haben einen Einfluss auf die Verwendung dialektaler Laute gegenüber den Kindern.
7. Der ui-Diphthong schwindet stärker und schneller als der oi-Diphthong, weil er eine viel geringere Frequenz8 hat und außerhalb des Rieses schwerer zu verstehen ist.
8. Die Kinder sprechen überwiegend mit standarddeutscher Lautung.
Technisch verlief die Auszählung problemlos. Sämtliche Tokens der vorkommenden Begriffe ließen sich problemlos einer der Variablen zuordnen. Die Tabelle in Abb. 2 zeigt in Spalte 1 das Gesamtvorkommen (dialektal., standarddeutsch, regiolektal und besondere Formen9) der gesuchten Begriffe und in Spalte 2 die Anzahl der Geschichten, in denen der jeweilige Begriff vorkommt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Vorkommen in absoluten Zahlen, sowie die Anzahl der Geschichten, in denen die jeweiligen Begriffe vertreten sind.
Nur [klein] und [teuer] blieben unter 20 Nennungen. Allerdings sind auch diese beiden Begriffe in mindestens der Hälfte der möglichen Geschichten vertreten10.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verteilung der Begriffe aus Geschichte A auf die einzelnen Geschichten
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verteilung der Begriffe aus Geschichte B auf die einzelnen Geschichten
Abb. 3 und 4 zeigen die Anzahl der Tokens pro Geschichte11. In Geschichte A zeigt sich ein insgesamt etwas niedrigeres Vorkommen. Der Mittelwert beträgt in Geschichte A 1,1 pro Begriff bei einer durchschnittlichen Mittelwertabweichung von 0,75, in Geschichte B 2,6 bei einer durchschnittlichen Mittelwertabweichung von 1,51. Es sind in allen Geschichten außer bei Vater 2, Gesprächsrunde I (Abb. 3) beide Laute vertreten. Dort zeigt sich nur Laut I. Insgesamt zeigen sich nur einige kleine Ausreißer nach oben, insbesondere bei Familie 6 12, und die Verteilung kann als gleichmäßig bezeichnet werden.
Im Folgenden gilt das Augenmerk der prozentualen Verteilung der Variablen auf die einzelnen Begriffe und die Entwicklung von Gesprächsrunde 1 zu Gesprächsrunde 2. Abb. 5 zeigt den Anteil der dialektalen und regiolektalen Lautung, sowie einer Sonderform, am Gesamtvorkommen jedes einzelnen Begriffes. Nicht angezeigte Werte sind somit die Werte für standarddeutsche Lautung.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Zunächst zur angezeigten Sonderform. Es handelt sich um die Formzwofürzwei.Laut Duden online wirdzwoim Deutschen „umgangssprachlich, häufig auch aus Gründen der Deutlichkeit, um eine akustische Verwechslung mit »drei« zu vermei- den“13 verwendet. Er führt es auf die flektierte, feminine Formen der Kardinalzahlzweiim MHD zurück (zwo, zwuo, zwa). Die Generation meiner Großeltern, die etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts geboren wurde, verwendete diese weibliche Form in der rieserischen Formzwuateilweise noch aktiv, aber tatsächlich nur mit femininem Nomen14. Es spricht aber einiges dagegen, dass das hier verwendetezwoauf dieses dialektalezwuazurückgeht.
1. Es wird mit einem maskulinen (Ball) und einem neutralen (Ei) Nomen verwendet.
2. Der Anteil steigt von der 1. Runde zur 2. Runde beinahe um das dreifache an, in absoluten Zahlen sogar um das fünffache. Die Zahlen aller anderen dialektalen Formen sinken.
3. Insbesondere in der 2. Runde wäre der dialektale Anteil verglichen mit anderen Begriffen sehr hoch, wenn man daszwohinzurechnen würde.
Deshalb liegt die Annahme nahe, dasszwonicht als dialektale Lautung wahrgenommen wird. Da die Punkte 2. und 3. auch für den Vergleich mit dem regiolektalen Laut gelten, wird in dieser Untersuchungzwodem Einfluss einer Standarddeutschen Varietät zugeschrieben. Eine mögliche Erklärung für die relative Häufigkeit des zwo in Runde 2 wäre seine klangliche Nähe zumzwoi.Dies muss aber hier Spekulation bleiben.
Im Großen und Ganzen zeigen alle Begriffe in Abb. 5 eine ähnliche Tendenz mit hohen dialektalen und regiolektalen Anteilen in der 1. Gesprächsrunde und höheren standarddeutschen Anteilen in der 2. Gesprächsrunde. Auffällig sind die im Vergleich zu allen andern Begriffen niedrigeren Werte bei [Feuer] und [Ei] in der ersten Gesprächsrunde und die sehr niedrigen Werte von [Stein] und wiederum [Feuer] in der 2. Runde. Auch [Feuerzeug] zeigt in beiden Runden leicht niedrigere Werte. Bei der Auswertung der Begriffe [Feuer],[Ei] und [Stein] fiel auf, dass diese häufiger als Teil eines Kompositums realisiert wurden. [Feuer] als [Lagerfeuer] (17 mal) oder [Feuerstelle] (1 mal), [Ei] als [Spiegelei] und [Stein] als [Ziegelstein].Es könnte also sein, dass hier ein Phänomen greift, das Schwarz (2015) so beschreibt:
„Morphologisch komplexe Wortformen (Komposita und Derivation) tendieren gemäß den Untersuchungsergebnissen stärker zu standardnahen Realisierungen als Simplizia. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei morphologisch komplexen
Wortformen häufig um im Standard gebildete Wortbildungsprodukte handelt, die von Dialektsprechern als (Ad hoc-)Entlehnungen in den Dialekt überführt werden. Die Entlehnungen werden dabei nicht an die dialektale Lautung angepasst, sondern behalten die standardsprachliche Realisierung bei.“
(S.539)
Insbesondere fürLagerfeuerundSpiegeleitrifft diese Beschreibung zu. Es gab fürSpiegeleiim Rieserischen eine eigene Bezeichnung, die zwar vielen noch geläufig ist, aber, wenn überhaupt, nur noch von älteren Rieser*innen gebraucht wird:Ochsaoog(Ochsenauge). DasLagerfeuerwiederum kam und kommt im Rieser Alltag zu selten vor und wenn, dann nur in Literatur oder Medien und somit in standarddeutscher Lautung.Ziegelsteinallerdings ist alsZiaglstoidialektal durchaus eingeführt und geläufig. Hier greift also Schwarz obige Analyse nicht.
Zur näheren Betrachtung dieser drei Begriffe sind in Abb. 6 zunächst die absoluten und prozentualen Zahlen der Vorkommen als Simplex oder Kompositum aufgeführt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Vorkommen als Simplex oder Teil eines Kompositums.
Vor allem [Feuer] und [Ei] treten häufig als Teil eines Kompositums auf. Welchen Einfluss dies auf die realisierte Lautung hat, soll Abb. 7 auf der folgenden Seite zeigen, die die anteiligen dialektalen und regiolektalen Vorkommen von Simplizia und Komposita getrennt aufführt.
Tatsächlich zeigt sich insbesondere für Gesprächsrunde 1 eine Angleichung der Prozentzahlen der Simplizia an die Zahlen der anderen Begriffe. In Gesprächsrunde 2 ist nur für [Ei] eine derartige Annäherung zu erkennen. Darüber, warum die dialektale und beiFeuerauch regiolektale Lautung in Gesprächsrunde 2 so massiv zurückgeht, kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Eventuell könnten Übertragungsprozesse beteiligt sein, die Schwarz (2015) in der Fortsetzung des obigen Zitats so beschreibt:
„Die in solchen Übernahmen wiederholt von den Dialektsprechern standardsprachlichen Realisierungen können in der Folge den Lautwandel einer ganzen etymologischen Klasse hin zu standardnahen Formen beschleunigen. Dies vollzieht sich vermutlich, indem sie sich allmählich auf weitere Wortformen übertragen, die das gleiche Basislexem enthalten („Wortverdrängung“)“
(S.539)
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Simplicia und Komposita im Vergleich
Manche Phänomene, die sich in der 2. Gesprächsrunde gezeigt haben, weisen tatsächlich in diese Richtung. Es gab in der 2. Gesprächsrunde fünf Erzähler*innen der Geschichte B, die sowohl standarddeutsche als auch dialektale/regiolektale Lautung gebrauchten. Im Unterschied dazu fanden sich bei Geschichte A nur zwei von neun Er- zähler*innen und zudem wies eine der beiden nur ein Token mit standardsprachlicher Lautung auf15. Alle anderen wiesen entweder komplett dialektale/regiolektale Lautung oder komplett standardsprachliche Lautung auf. Da es in Geschichte A keine Komposi- tabildungen gab, könnte dies schon ein Hinweis darauf sein, dass Komposita zumindest ein erster Trigger für den Gebrauch standardsprachlicher Lautung sein können und eine gewisse Instabilität bezüglich der Lautverwendung schaffen. Eine genauere Betrachtung des Verlaufs der fünf genannten Geschichten ergab folgendes:
- V. 1: 4x dialektal (zwoi, Oir)^Spiegeleier^Feuer^ 5x standard deutsch (Spiegeleier, Steine, Feuerzeug, Feuer)
- V. 5: NurLagerfeuer(3x) standarddeutsch (regional:zwoi, Oir, Stoi, Fair- zaig)
- M. 6: 5x dialektal/regiolektal (zwoi, Oir, Faierle) ^Fairzaig(2x) ^ Feuerzeug^Feuer^ 7x standarddeutsch (Feuer, Feuerzeug, Steine, Eier) ^ 1x dialektal (Oir)
- M. 8: NurFeuerzeug(1x) undFeuer(3x) standarddeutsch (dialektal:Oir, Stoinr)
- M. 9: Nur 1 Token (Fuir) dialektal[16]
In vier Fällen beginnen die Erzählungen in dialektaler Lautung. M. 9 stellt, wie in Fußnote 15 angedeutet und in Kap. 3.2.4. beschrieben, eine Ausnahme dar. Die anderen vier lassen sich noch einmal zweiteilen. V. 5 und M. 8 verwenden eigentlich durchgehend dialektale Lautung. Nur einzelne Begriffe werden standarddeutsch gelautet. In beiden Fällen Komposita (LagerfeuerundFeuerzeug), in einem Fall noch ein Simplex, dessen Wortstamm Teil des Kompositums ist (Feuer). Dabei wechseln sich im Verlauf der Erzählung im Bezug auf die untersuchten Begriffe dialektale, regiolektale und standarddeutsche Lautung ab. Im Gegensatz dazu beginnen die V. 1 und M. 6 im Dialekt und wechseln dann bei einem Kompositum ins Standarddeutsche (SpiegeleierundFeuerzeug) und bleiben dann bis zum Schluss in allen untersuchten Begriffen bei der standarddeutsche Lautung. M. 6 beantwortet ganz am Schluss in einem Nachsatz noch eine Frage des Sohnes und wechselt mitOirzurück in den Dialekt. Es wirkt nicht nur so, als ob Komposita eine standarddeutsche Lautung der Simplicia, die aus einem der Wortstämme des Kompositums gebildet sind, befördern und in der Folge die standarddeutsche Lautung der Wörter derselben etymologischen Klasse. Es scheint sogar so - und das ginge weiter als Schwarz (2015) Analyse-, dass auch bei Wörtern anderer etymologischer Klassen standarddeutsche Artikulation angetriggert wird.
Dass beim Kompositum [Feuerzeug] wiederum in beiden Runden höhere Werte für die regionale Lautung auftreten, als beim SimplexFeuerkönnte mit einem Phänomen zusammenhängen. das Schwarz (2015) so beschreibt:
„Es ist jedoch zu erwähnen, dass morphologisch komplexe Wortformen nicht per se stärker zu einer standardnahen Realisierung neigen (...). Vielmehr existieren in den Dialekten oft alte komplexe Wortformen, die besonders stark an der dialektalen Lautung festhalten und den Wandelprozess entschleunigen.
(S.539)
Nun istFuirzuigund besondersFairzaigsicher keine alte komplexe Wortform des Dialekts, aber dadurch dass sie durchaus etabliert sind, sind sie als komplexe Form eventuell stabiler als die SimpliziaFuirundFair.
Ob diese Befunde ein Zufall sind oder tatsächlich Prozesse beschreiben, die einen Einfluss auf Art und Fortschreiten des Schwindens dialektaler Lautung haben, müssen andere Untersuchungen klären. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Komposita in dieser Untersuchung anscheinend einen spürbaren Einfluss auf die Lautung nehmen und ein Teil der Erklärung für den massiven Rückgang der dialektalen Lautung sein könnten, nicht nur direkt, sondern auch durch Anpassungstendenzen der Simplizia und anderer Wörter. Dies gilt insbesondere fürFeuer.Die Ursachen des massiven Rückgangs beiSteinscheinen damit aber noch nicht befriedigend erklärt und müssen in dieser Arbeit im Dunkeln bleiben. Ein weiteres vorläufiges Ergebnis, das in Kap. 3.2.1. noch genauer behandelt wird, ist, dass in Gesprächsrunde 2 insbesondere bei Geschichte A, in der es keine Beeinflussung der Ergebnisse durch verwendete Komposita gab, die Ergebnisse der einzelnen Proband*innen entweder eindeutig in die standarddeutsche oder in die regionale Richtung gehen.
Weil für diese Arbeit vorgegeben wurde, mit im Rieser Dialekt etablierten Begriffen zu arbeiten, wurden als Konsequenz in den weiteren Statistiken nur die Simplicia berücksichtigt, mit Ausnahme vonFeuerzeug/Faierzaig/Fuirzuig, von dem die Ergebnisse annehmen lassen, dass es ein etablierter Begriff im Rieserischen ist.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Die prozentuale Verteilung nach den beiden untersuchten Diphthongen
In Abb. 8 ist zu sehen, dass auch das Verhalten der beiden Diphthonge relativ homogen ist.
Dass der stärkere Rückgang der dialektalen Lautung von Laut II in Geschichte 2 nicht mit dem Laut an sich, sondern wiederum mit dem besonderen Verhalten von [Feuer] zusammenhängt, ist in Abb. 9 zu sehen. In Geschichte A zeigen dialektale und regiolektale Lautung zusammengenommen nahezu identische Werte wie Laut I.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Laut II in Geschichte A und B
Als Ergebnis des Vergleichs der beiden Diphthonge lässt sich festhalten, dass es, wenn man dialektale und regiolektale Lautung als regionale Laute zusammenfasst, kaum einen Unterschied zwischen den beiden Lauten zu geben scheint.
Dies führt zu der Frage, wie es zu bewerten ist, dass die Anteile dialektaler Lautung bei Laut I und die Anteile regionaler Lautungen bei Laut II nahezu identisch sind. Das könnte auf einen doppelten zeitlich versetzten Verdrängungsprozess hindeuten. Zunächst verdrängt der regiolektale Laut den dialektalen Laut und während dieses Prozesses beginnt der standarddeutsche Laut beide Laute zu verdrängen.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Das Verhältnis von dialektaler und regiolektaler Lautung mit den absoluten Zahlen.
Wenn man nur dialektale und regiolektale Lautung betrachtet und anteilig berechnet, zeigt sich (Abb. 10), dass innerhalb dieses Blocks die dialektale Lautung weiterhin zurückgeht, sowohl wenn man die Werte beider Geschichten zusammen als auch wenn man die Werte von Geschichte A und B getrennt betrachtet. Allerdings ist auch zu sehen, dass angesichts der geringen Datenmenge die Verhältnisse bei den einzelnen Begriffen sehr unterschiedlich und daher nicht wirklich aussagekräftig sind. Diese Theorie ist also sehr spekulativ und müsste Gegenstand genauerer Untersuchungen sein.
Der Dialektindex (DI) soll ein Hilfsmittel zur Hand geben, der den Vergleich der Daten der einzelnen Proband*innen vereinfacht. Wie weiter vorne in Kap 2.4 beschrieben, wird für jede*n Proband*in pro Gesprächsrunde ein DI, dessen Wert zwischen 0 (komplett standarddeutsch) und 1 (komplett regional) liegt, ermittelt. Abb. 11 zeigt alle errechneten Dialektindizes der Eltern pro Gesprächsrunde sowie den Durchschnittswert pro Runde.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Alle Dialektindizes der Eltern
Wie nach den Zahlen für die Begriffe zu erwarten war und wie auch in der Hypothese angenommen, gehen die Werte der DI in Runde 2 meist zurück und zwar bei 15 von 18 Proband*innen. Auch die Durchschnittswerte zeigen einen deutlichen Rückgang von 0,64.
Viele der Eltern bestätigten mir in Gesprächen nach dem Ende der Aufnahmen, dass ihnen durchaus bewusst, dass sie mit ihren Kindern anders sprechen. Gründe dafür konnten oder wollten sie nicht angeben. Früher wurde Eltern von Lehrern oft erzählt, dass der Dialekt hinderlich für die berufliche Entwicklung der Kinder sei. Auch große Teile der Wissenschaft vertraten lang diese Ansicht. So schrieb z.B. Hoffmann (1978):
„Eltern haben [. . . ]gelernt, daß die Dialektvarietät für die Lebenspraxis ihrer Kinder kein geeignetes Kommunikationsmittel mehr darstellt und deshalb vollständig durch die Standardsprache zu ersetzen ist“
(S. 50)
Heute wird diese Meinung zwar in den Schulen nicht mehr vertreten, wie mir Eltern in abschließenden Gesprächen erzählten. Möglicherweise wirkt aber im heutigen Verhalten der Eltern noch nach, dass sie selbst in einem Klima aufgewachsen sind, in dem Dialekt als Stigma empfunden wurde.
Interessant ist auch die Streuung der Werte. In Runde 1 liegen sie bei einem Mittelwert von 0,97 mit einer durchschnittlichen Abweichung von 0,05 noch relativ eng beisammen, während sich in Runde 2 bei einem Mittelwert von 0,32 mit einer durchschnittlichen Abweichung von 0,35 eine breite Streuung zeigen.
In Kap. 3.1.4 wurde schon der eventuell auf den Einfluss der Komposita zurückgehende Unterschied zwischen Geschichte A und Geschichte B in Gesprächsrunde 2 angesprochen. Abb. 12 und 13 zeigen tatsächlich auch für die DI einen niedrigeren Durchschnittswert in Geschichte B als in Geschichte A. Obwohl also Komposita gar nicht mehr mitgezählt wurden, machen sich auch hier anscheinend durch Komposita verursachte Folgephänomene bemerkbar. Zudem finden sich in Geschichte B mehr mittlere DI-Werte, während die DI-Werte bei Geschichte A eher an oder auf den Extrempositionen liegen. In den folgenden Kapiteln wird darauf dann eingegangen, wenn es bei einer untersuchten Gruppe eine Häufung der einen oder anderen Geschichte gab.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Labov folgend nahm ich in den Hypothesen an, dass Frauen eher zur standarddeutschen Realisierung neigen. Er benennt in seinem Aufsatz „The intersection of sex and social class in the course of linguistic change“ (1990) drei Prinzipien für eine ge- schlechterspezifische Differenzierung von Sprachwandelprozessen, von denen das folgende für denchange from above,also den durch äußere Einflüsse, in diesem Falle durch den Einfluss des Standarddeutschen, verursachten Sprachwandel, gilt:
„Principle la: In change from above, women favor the incoming prestige form more than men.“
(S. 213)
Abb. 14 zeigt jedoch anders als angenommen und auch entgegen Labovs Prinzip Ia, dass es bezüglich der Mittelwerte in dieser Untersuchung nur kaum wahrnehmbare Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14: Die DI von Müttern und Vätern im Mittelwert
Auch bei der durchschnittlichen Mittelwertsabweichung ergeben sich fast identische Werte: Bei den Müttern 0,34 und bei den Vätern 0,35.
Dafür kann es drei Ursachen geben, die in einer genaueren Untersuchung geklärt werden müssten:
1. Die Zahlen geben die tatsächlichen Verhältnisse im Rieser Dialektgebiet wieder und die Rieser Dialektsprecher*innen verhalten sich anders als in Labovs Prinzipien formuliert.
2. Diese Zahlen sind auf die durch die geringe Proband*innen-Zahl verursachte Ungenauigkeit zurück zu führen.
3. Es gibt Fehlerquellen im Untersuchungsaufbau, die für falsche Ergebnisse sorgen. Eine Möglichkeit einer solchen Fehlerquelle könnte sein, dass Mütter und Väter unterschiedlich auf die Situation reagieren, ihrem Kind eine Geschichte zu erzählen, während noch jemand anderes im Raum ist und mit dem Bewusstsein, dass das, was sie sagen, aufgenommen und „bewertet“ wird. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Situation, gerade in einem Umfeld wie dem Ries, wo die Geschlechterrollen in den Familien oft noch sehr klassisch verteilt sind, insbesondere die Väter dazu verführt, sich besonders zu bemühen und sie dadurch dazu bringt, mehr standarddeutsche Laute zu sprechen als sonst, wenn sie allein mit ihren Kindern sind.
Unter den 18 Proband*innen befanden sich vier mit akademischer Ausbildung, zwei Frauen und zwei Männer. Jeweils ein Mann und eine Frau absolvierten ein Lehramtsstudium, die andere Frau ein sozialpädagogisches Studium und der andere Mann ein betriebswirtschaftliches Studium. Obwohl eine Gesamtzahl von vier Personen es fast schon verbietet, dem Ergebnis eine besondere Aussagekraft zuzusprechen, soll es hier doch erwähnt werden, weil seine Deutlichkeit Anlass sein sollte, genauer zu untersuchen, ob hier tatsächlich ein Zusammenhang besteht. Zu erklären wäre er in jedem Fall, weil ein Studium normalerweise einen mehrjährigen Wegzug aus dem Ries erfordert und Akademiker*innen dadurch eventuell vertrauter im Gebrauch standardnaher Varietäten sind.
Erwähnt werden sollte noch, dass drei der vier Akademiker*innen Geschichte B erzählt haben. Dies hatte aber wahrscheinlich deshalb zumindest in Runde 2 keine Auswirkungen, weil sie ohnehin alle, unabhängig von später benutzten Komposita von Anfang an mit standarddeutscher Lautung erzählt haben.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15: DIAkademiker*innen vs. Nichtakademiker*innen
In jedem Fall ist der große Unterschied zwischen beiden Gruppen, der in Abb. 15 dargestellt ist, trotz der geringen Zahl der Proband*innen bemerkenswert.
Auch beim Blick auf die einzelnen Berufsgruppen muss man berücksichtigen, dass bei vier untersuchten Gruppen die Proband*innen-Zahlen pro Gruppe gering sind. In der Gruppe der sozialen Berufe waren es sechs. Dort wurden alle Berufe im medizinischen Bereich und in der sozialen Erwachsenenarbeit zusammengefasst. In der Gruppe der pädagogischen Berufe wurden die drei Personen, die mit Kindern arbeiten, berücksichtigt, In der Gruppe der industriellen Berufe wurden die vier Proband*innen erfasst, die in größeren Industriebetrieben tätig sind. Den traditionellen Berufen wie Landwirt, Brauer, Metzger und Schreiner waren fünf Personen zugeordnet.
Überraschend am Ergebnis ist dabei, dass vier der fünf Personen in den traditionellen Berufen, die übrigens alle Männer waren, niedrige Werte in der zweiten Runde erzielten. In Runde eins hat diese Gruppe als einzige einen Durchgängigen DI von 1. Es könnte sein, dass hier auch das Phänomen greift, welches ich schon in Kap.3.2.2.1. als mögliche Ursache für die niedrigen Werte der Männer beschrieben habe, nämlich dass sich die Probanden in Runde 2 unbewusst oder bewusst besonders bemühen.
In den anderen Gruppen ergibt sich kein homogenes Bild. Die Mittelwerte kommen durch extreme Einzelwerte zustande.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16: Die DI nach Berufsgruppen
Wegen der geringen Proband*innen-Zahl wurden die Eltern in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Grenzziehung für einen solchen Vergleich hat natürlich immer etwas willkürliches. In diesem Fall wurde als Grenze ein Alter von 40 Jahren gewählt, weil dadurch zwei etwa gleich große Gruppen zustande kamen. In der Gruppe der Jüngeren waren acht Personen, davon fünf Frauen. In der Gruppe der Älteren waren somit zehn Personen, davon vier Frauen.
Wie in Abb. 17 zu sehen ist, gibt es im Bezug auf das Alter durchaus einen gewissen Effekt. Während die DI-Werte der beiden Gruppen in Runde 1 noch relativ nahe beisammen liegen, sind sie in Runde 2 bei den Jüngeren viel niedriger als bei den Älteren.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17: DI nach Altersgruppen
Erwähnt werden muss noch, dass die jüngere Gruppe einen etwas höheren Anteil an Geschichte B hatten (fünf von acht). Aber der Einfluss des „Kompositum-Effekt“ war wohl auch hier eher gering. Von den acht Proband*innen der Gruppe hatten sechs einen DI 0 in Runde 2 und eine Teilnehmerin DI 1. Nur bei einer Teilnehmerin mit DI 0,43 könnte sich dieser Effekt bemerkbar gemacht haben.
Foulkes und Docherty (2006) stellten in einer Studie zu phonetisch-phonologischen Variablen von Müttern und ihren Kindern in Newcastle fest.
„speech to younger children contained more standard phonetic forms than
speech to older children (e.g., plain oral variants of word-medial stops). Speech to older children contained higher rates of local vernacular forms“ “
(S. 421)
In der Untersuchung von Foulkes und Docherty geht es um eine Variable im Konsonantismus, der die unterschiedlichen sozialen Schichten in Newcastle betrifft, also um den Vergleich Standardsprache und Soziolekt und nicht, wie in dieser Untersuchung, Dialekt. Weil aber in beiden Fällen die Standardvariable allgemein für die prestigeträchtigere gehalten wird, schien es interessant, auch in dieser Arbeit zu untersuchen, ob sich die Ansprache an Kinder mit dem Alter der Kinder verändert. Hier bot sich eine Aufteilung in zwei Gruppen an, die Kindergartenkinder und die Schulkinder. So ergaben sich zwei relativ gleichgroße Gruppen: Vier Familien hatten Kindergartenkinder, fünf Schulkinder.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: DI nach Kindesalter
Tatsächlich kann hier bei beiden Geschlechtern der Eltern ein großer Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden, wie Abb. 19 zeigt. Der DI in der Kommunikation mit den Kindergartenkindern geht insbesondere bei den Müttern gegen null und ist auch bei den Vätern recht niedrig, während bei Schulkindern beide Elternteile im Schnitt ungefähr zur Hälfte mit regionaler Lautung sprechen.
Also kommt die Untersuchung hier zu einem ähnlichen Ergebnis wie Foulkes und Docherty (2006). Die Ursachen für diesen Unterschied in der Ansprache der Kinder kann diese Untersuchung aber so wenig nennen wie die von Foulkes und Docherty, die dazu schreiben:
„Studies of this sort are rare and are methodologically very challenging. There is a particular need for longitudinal studies which track children from preschool years into the first few years of schooling.“
(S. 433)
So sollen hier nur zwei Vermutungen genannt werden, die eventuell Ansatzpunkt weiterer Untersuchungen sein könnten:
1. Die festgestellten Unterschiede in der Ansprache können mit dem höheren Prestige der Standardsprache zusammenhängen. Insbesondere bei kleineren Kindern nehmen die Eltern, ob bewusst oder unbewusst, eine stärkere Vorbildrolle ein und bemühen sich um eine „ordentliche“ Aussprache, was zu einer vermehrt standarddeutschen Lautung führt.
2. Bei kleineren Kindern wollen die Eltern, wiederum bewusst oder unbewusst, eine vermeintliche Überforderung der Kinder durch zu viele Varietäten vermeiden. Da die Kinder durch Mediennutzung (Lieder, Bücher, Filme) schon ständigen Kontakt mit standarddeutscher Lautung haben, nutzen auch die Eltern diese, um ihre Kinder nicht zu verwirren.
Auch dies ist eine Frage, der Foulkes und Docherty (2006) in ihrer Untersuchung zu soziolektischen Varianten in Newcastle nachgegangen sind. Sie kamen zum eindeutigen Ergebnis, dass Mädchen sehr viel häufiger in Standardlautung angesprochen werden als Jungen (S. 421). In dieser Untersuchung allerdings ist dies nicht der Fall, wie Abb. 20 zeigt.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19: DI-Werte nach dem Geschlecht der Kinder.
Während es bei den Vätern kaum einen Unterschied gibt, sprechen die Mütter die Mädchen sogar häufiger mit dialektaler Lautung an. Allerdings ist die Verteilung zwischen beiden Gruppen nicht ganz gleichmäßig, weil nur drei Familien mit Jungen untersucht wurden. Insofern haben die Werte bei den Jungen eine sehr hohe Zufallswahrscheinlichkeit.
Trotzdem wäre es interessant, in weiteren Untersuchungen zu prüfen, ob es grundsätzliche Unterschiede zwischen Dialekt und Soziolekt gibt, was die Varietätenwahl bei der Ansprache von Mädchen und Jungen gibt.
Ähnlich wie beim DI sollte ausschließlich unter den regional artikulierten Token bei Laut II der Anteil der regiolektalen Lautung errechnet werden. Für jede regiolektale Lautung gab es 1 Punkt, für jede dialektale 0 Punkte. Pro Proband*in und Runde wurde die Summe dann durch die Gesamtzahl der Tokens mit regionaler Lautung geteilt.
Somit ergab sich wiederum ein Wert zwischen 1 (nur regiolektale Lautung) und 0 (nur dialektale Lautung).
Da die absoluten Zahlen der Tokens mit regionaler Lautung für die Errechnung des RI aber in den meisten Fällen so klein waren, dass eine exakte Berechnung des RI wenig aussagekräftig gewesen wäre, wurde entschieden, für jede Runde die Proband*in- nen in 3 Gruppen zu fassen. Eine erste Gruppe, die nur oder überwiegend regiolektale Lautung verwendet, eine zweite Gruppe, die nur oder überwiegend dialektale Lautung verwendet und eine dritte Gruppe, die nur standarddeutsche Lautung verwendet.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 20: Regiolektale Lautung im Vergleich.
In Abb. 20 ist ein Vergleich der drei Gruppengrößen in Runde 1 und Runde 2 zu sehen. Sie zeigt, dass der Anteil der Personen, der nur oder überwiegend regiolektale Lautung benutzen in jeder Runde etwa doppelt so hoch ist im Vergleich zu den überwiegend dialektal Artikulierenden. Beide zusammen wiederum schrumpfen in der Runde 2 um mehr als die Hälfte. Nach den Ergebnissen zu den Begriffen in Kap. 3.1.5. ist dies ein erwartbares Ergebnis und bestätigt zumindest bezüglich des Verhältnisses von Dialekt und Regiolekt auch die Hypothese.
Eine Auffälligkeit ist mir dreimal begegnet. Diese soll hier als interessanter Zusatz erwähnt werden. In drei Geschichten wurde ein Token anders artikuliert als alle anderen, und dieses singuläre Token war jeweils Teil eines Zitat:
- Mutter 2 zitiert in Runde 1 das eigene Kind mitEier, während sie sonst durchgehend dialektal bzw. regiolektal spricht
- Mutter 5 zitiert in Runde 2 den Onkel, der ihr den Ball kaufen soll, mitteuer,während sie sonst durchgehend dialektal spricht.
- Mutter 9 zitiert in Runde 2 sich selbst als Kind mitFuir,während sie sonst durchgehend mit standarddeutscher Lautung erzählt.
Diese Beispiele zeigen ein sehr genaues Gespür dafür, wer wann welche der Variablen benutzt. Wie bewusst diese Variablen in den Zitaten so gewählt werden oder ob die Wahl vollständig unbewusst erfolgt, muss hier unbeantwortet bleiben.
Abb. 21 auf der nächsten Seite zeigt die DI der vier Familien, die nicht in die Untersuchung aufgenommen wurden. Alle vier Mütter gaben an, ohne Dialekt (10, 12 und 13) oder mit einem fränkischen Dialekt (11) aufgewachsen zu sein. Der DI der fränkischen Mutter ist ein fränkischer DI, der nach meinem Wissen über die Laute im benachbarten Mittelfranken errechnet wurde.
Wie zu sehen ist, reagieren die Männer darauf sehr unterschiedlich. Mein Eindruck war, dass die Väter der Familien 10 und insbesondere 12 schon in Runde 1 nicht nahe an ihrem Dialektpol sprachen, sondern sich im häuslichen Bereich ihren Partnerinnen annähern. Der Vater der Familie 13 hingegen gab im abschließenden Gespräch an, dass er bewusst Dialekt spreche und meinte scherzhaft, dass ihre Kinder zweisprachig aufwachsen.
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 21: Die DI der restlichen Familien.
Durch das Internet gibt es heute auch auf dem Land ein Vielfaches an Möglichkeiten, auch jemanden aus entfernteren Landstrichen kennen zu lernen. Daher gibt es auch immer mehr Verbindungen und Beziehungen dialektal unterschiedlich geprägter Menschen. Das Sprachverhalten dieser Paare wäre wohl ebenfalls ein sehr interessantes Feld für die Dialektologie.
Die Ergebnisse der Kinder in Runde 3 lassen sich ganz einfach und ohne Statistik zusammenfassen: Es gab kein einziges Kind, das auch nur einen der gefragten Begriffe anders als standarddeutsch ausgesprochen hat. Selbst die Kinder, deren Eltern auch in Runde 2 durchgehend Dialekt und/oder Regiolekt gesprochen haben, artikulierten nur standarddeutsch.
Dies mag zum Teil am Versuchsaufbau liegen. Es waren keine spontansprachlichen Äußerungen der Kinder, sondern eine Abfragesituation mit einem fremden Menschen, Die Kinder haben dies eventuell als eine Art Schulsituation empfunden und sich deshalb um eine „korrekte“ Aussprache bemüht, obwohl ich mich bemüht habe, die Situation nicht wie in der Schule aussehen zu lassen und selbst versucht habe, durchgehend Dialekt zu sprechen. Deswegen ist es schon sehr erstaunlich, dass nicht ein einziges Token dialektal oder regiolektal ausgesprochen wurde.
In diesem Zusammenhang können vielleicht die Ergebnisse in Kap. 3.2.2.5. einen Hinweis geben. Falls es nämlich tatsächlich so ist, dass die Eltern mit ihren Kindern in der frühkindlichen Phase, in der die Basis für die Sprachentwicklung gelegt wird, überwiegend mit standarddeutscher Lautung sprechen, wäre dies eine Erklärung dafür, dass die Kinder die Dialektvarietät (zunächst) gar nicht entwickeln. Natürlich ist diese Untersuchung viel zu klein, um dies als These zu formulieren. Aber in jedem Fall sind die Zahlen hier so auffällig, dass sie die wissenschaftliche Neugier auf eine genaue Untersuchung dieser Thematik wecken, zumal es für deutsche Dialekte eine derartige Untersuchung noch gar nicht gibt.
Angesichts der geringen Proband*innen-Zahl in dieser Untersuchung kann bezüglich der Hypothesen, wie schon mehrfach erwähnt, nicht davon gesprochen werden, dass eine Hypothese bestätigt oder widerlegt ist, weil alle Ergebnisse in unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsabstufungen auch einfach Zufall sein können. Im Folgenden werde ich deshalb davon sprechen, dass eine Hypothese durch die Untersuchung gestützt wird, wenn die Zahlen der Hypothese entsprechen, und weitere Untersuchungen notwendig wären, um sie zu bestätigen. Hier alle Hypothesen und die Bewertung dazu:
1. Bei beiden Lauten ist standarddeutsche Lautung in den beiden Gesprächsrunden der Eltern schon zu einem großen Prozentsatz vertreten.
Diese Hypothese wird nur für Runde 2 gestützt, für diese aber in großem Maße. In welchem Ausmaß in Runde 1 noch in dialektaler (und zum Teil regio- lektaler) Lautung gesprochen wird, hat jedoch überrascht.
2. Bei Begriffen, die im Rieserischen mit demui-Laut gesprochen werden, wird in beiden Gesprächsrunden zu einen großen Anteil mit regiolektalemaiartikuliert.
Diese Hypothese wird gestützt, jedoch liegen beide regionale Varianten in Runde 2 weit hinter der standarddeutschen Lautung. Allerdings ist im allgemeinen die regiolektale stärker vertreten als die dialektale, wenn beide Varianten möglich sind.
3. Bei diesen Begriffen ist die standarddeutsche und regiolektale Lautung in beiden Gesprächsrunden schon stärker vertreten als die ursprüngliche dialektale Lautung.
Für Runde 2 wird diese Hypothese gestützt, wobei die beiden wenig frequenten regionalen Formen der Begriffe [Feuer] und [teuer] zu gleichen Teilen vorkommen. Aber in Runde 1 gilt dies nur für die regiolektale Lautung. An zweiter Stelle liegt hier, außer beim Kompositum [Lagerfeuer] die dialektale Lautung, die wesentlich stärker vertreten ist als die standarddeutsche Lautung.
4. Die Eltern artikulieren untereinander (1. Gesprächsrunde) mehr dialektale Formen als mit ihren Kindern (2. Gesprächsrunde).
Diese Hypothese wird sehr nachhaltig gestützt. Bei 15 von 18 Proband*innen ist das der Fall, bei 14 davon sehr deutlich. Bei einem Probanden steigt der Wert leicht an, bei zweien bleibt er gleich.
5. Gemäß den Prinzipien von Labov (1990), wonach Frauen eher zu gesellschaftlich höher bewerteten Formen der Sprache tendieren und eher Innovatoren von Sprachwandelprozessen sind, artikulieren die Mütter vor allem gegenüber den Kindern mehr standarddeutsche Lautung als die Väter.
Diese These wird nicht gestützt. Die Werte der Mütter sind fast identisch mit den Werten der Väter. Ob sich die Rieser Dialektsprecher aber tatsächlich anders verhalten als Labov in seinen Prinzipien postuliert oder ob es Fehlerquellen im Studienaufbau gab, die für falsche Zahlen sorgten oder ob durch die geringe Gesamtzahl einfach ein verzerrtes Ergebnis zustande kam, müsste durch weitere Untersuchungen geklärt werden.
6. Die Faktoren Berufsbildung, Berufsfeld, Alter, Kindesalter und Geschlecht der Kinder haben einen Einfluss auf die Verwendung dialektaler Laute gegenüber den Kindern.
Dies Hypothese wird zu größeren Teilen gestützt. Beim Geschlecht der Kinder stützt das Ergebnis die Hypothese nicht, ist aber wegen der ungleichen Gruppengröße wenig aussagekräftig. Bei den Faktoren Berufsbildung und Berufsfeld scheint es durchaus einen Einfluss zu geben, bei den Faktoren Alter und Kindesalter recht deutlich. Bei der Berufsbildung ist das Ergebnis zwar auch recht deutlich, durch die geringe Zahl der Akademiker wenig aussagekräftig.
Ein sehr interessantes Feld für weitere Untersuchungen wäre sicherlich, ob Rie- ser Eltern tatsächlich desto weniger Dialekt sprechen, je kleiner die Kinder sind. In dieser Untersuchung ist das Ergebnis dazu überraschend eindeutig.
7. Derui-Diphthong schwindet stärker und schneller als der oi-Diphthong, weil er eine viel geringere Frequenz hat und außerhalb des Rieses schwerer zu verstehen ist.
Die Hypothese, dass dasuischneller und stärker schwindet, wird in jedem Fall gestützt, allerdings scheint es so, dass dies eher mit dem Vorhandensein einer weiteren regionalen Variante zusammenhängt. Die Ergebnisse für beide regionale Varianten zusammen sind in dieser Untersuchung fast identisch mit den Ergebnissen der dialektalen Variante des anderen Diphthong. Interessant wäre die Untersuchung eines anderen weniger frequenten Diphthongs ohne weitere regionale Variante wie etwaea(z.B. ries.grea =sd.grün)
8. Die Kinder sprechen überwiegend mit standarddeutscher Lautung.
Diese Hypothese wird gestützt. Kein einziges Kind hat einen Rieser Diphthong entwickelt. Ob sie aber in der Interviewsituation einfach nicht auf diese Varietät zurückgegriffen haben oder ob sie bei den Kindern gar nicht vorhanden ist, müsste in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Auch der Zusammenhang zwischen der Ansprache durch die Eltern (Siehe Hypothese 6, Kindesalter) und der primären Sprachentwicklung der Kinder, sowie eventuelle spätere Varietätenbildung in der Peergroup ist ein weites und wenig erforschtes Gebiet in der Dialektologie.
Zum Wandel von Dialekten gibt es eine Vielzahl von Arbeiten und Studien. Doch in einer Arbeit wie dieser zeigt sich, dass große Felder der Dialektologie noch weitgehend unerforscht sind. Insbesondere drei Punkte möchte ich herausheben, die spannend zu erforschen wären. Erstens scheint mir der Einfluss des Kindesalters auf die
Varietätenwahl der Eltern besonders interessant. Zweitens und damit zusammenhängend stellt sich die Frage, wie die primäre und sekundäre Varietätenbildung von Kindern in Dialektgebieten abläuft. Und drittens wäre der Einflusses des Geschlechts sowohl der Kinder als auch der Eltern auf die Varietätenwahl eine genauere Betrachtung wert, weil hier die Zahlen von den bekannten soziolinguistischen Studien abweichen. Gibt es diesbezüglich sogar einen Unterschied zwischen Dialekt und Soziolekt? Diese und andere weiter oben schon genannte Bereiche wurden zumindest im deutschen Sprachraum bisher kaum bis gar nicht untersucht. Diese Arbeit konnte auf Grund der geringen Zahl an Proband*innen keine Antworten bringen, sondern eher neue Fragen auf die Agenda setzen. Aber vielleicht wird sie ja Ausgangspunkt für eine oder mehrere Untersuchungen.
Angesichts der Ergebnisse muss man wohl sagen, dass die Zeit drängt. Wie genau die Dialekte sich in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden, ist zwar offen, aber es könnte sein, dass die größten Wandelprozesse innerhalb der nächsten Generation abgeschlossen sein werden. In diesem Ausmaß in so kurzer Zeit Sprachwandel beobachten zu können, sollte sich die Sprachwissenschaft nicht entgehen lassen und diesen reichen Schatz, der ihr wahrscheinlich viele Erkenntnisse zum Verständnis dieser Prozesse bringen könnte, auch heben.
Anhang I: Geschichte A
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Anhang II: Geschichte B
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Anhang III: Verbildlichung der Begriffe
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
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[...]
1Es gibt keinen einheitlichen Rieser Dialekt. Es bestehen kleine Unterschiede von Dorf zu Dorf. Daher ist hier von den Rieser Dialekten die Rede. Die Begriffe „Das Rieserische“ und „Die Rieser Dialekte“ werden im Folgenden synonym verwendet.
2Durch die Zugehörigkeit zum Freistaat Bayern scheint es in vielen Bereichen Annäherungs- und Anpassungstendenzen zu geben.
3Gefunden habe ich die Familien über persönliche Kontakte meiner noch im Ries wohnhaften Eltern, Geschwister, Verwandten und Freunde.
4Siehe Anlage 1 und 2
5Beim Paar 9 war es aus organisatorischen Gründen nicht möglich, den Abstand von einer Woche zwischen den beiden Terminen einzuhalten. Hier betrug der Abstand nur einen Tag.
6Siehe Anlage 3
7Laut DWDS-Wortverlaufskurve, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, hat allein „einer“ (ries. „oinr“) mit 19117,16 pro Million Tokens schon die zehnfache Frequenz aller existierenden sieben Worte mit Laut II (1858,03 pro Million Tokens) <https://www.dwds.de/r/plot?view=3&corpus=public&norm=date%2Bclass&smooth=spline&gen-res=0&grand=1&slice=10&prune=0&window=3&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=20 00%3A2017&q1='teuer'&q2='neu'&q3='Feuer'&q4='Feuerzeug'> <https://www.dwds.de/r/plot?view=3&corpus=public&norm=date%2Bclass&smooth=spline&gen- res=0&grand=1&slice=10&prune=0&window=3&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=20 00%3A2017&q1='Steuer'&q2='Zeug'&q3='heuer'> <https://www.dwds.de/r/plot?view=3&corpus=public&norm=date%2Bclass&smooth=spline&gen- res=0&grand=1&slice=10&prune=0&window=3&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=20 00%3A2017&q1='einer'>, abgerufen am 11.9.2018.
8Zu besonderen Formen mehr in Kap. 3.1.2.
9Dies sind bei allen Begriffen 18 mögliche Geschichten. Nur bei [zwei] wäre das Erscheinen in 36 Geschichten möglich gewesen. [Feuerzeug] kommt in 19 Geschichten vor, weil ein Proband auf die Geschichte seiner Partnerin Bezug nimmt.
10Die Vorkommen vonzweiwurden bei ihrer jeweiligen Geschichten gezählt.
11Es wirkte so, als ob es in dieser Familie eine spezielle Kultur des Geschichten Erzählens gibt. Dort wurde sehr viel ausführlicher erzählt als in den meisten anderen Familien. Während die Erzählzeit pro Geschichte bei den meisten zwischen 1 und 2 Min. war, wurde dort zwischen 2 Min. 33 Sek. und 3. Min 59. Sek. erzählt.
12zwoauf Duden online. URL:https://www.duden.de/node/853304/revisions/1371457/view(Abrufda tum: 12.09.2018)
13z.B. zwua Mägd(zwei Mägde); es gab auch die maskuline Form:zwea Buschd(zwei Burschen) und eben die neutrale und heute dialektal ausschließlich verwendete Formzwoi
14Interessanterweise war dieses Token in der Erzählung auch noch als Zitat des Onkels realisiert. Es gab in der Untersuchung noch zwei ähnliche Fälle, die gemeinsam mit diesem Fall in Kap. 3.2.4. als besondere Auffälligkeit vorgestellt werden.
15Einer der beiden anderen in Fußnote 14 erwähnten Fälle.
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