Bachelorarbeit, 2009
30 Seiten, Note: 1
1 Einleitung
2 Theoretische Hintergründe
2.1 Grundlegende Begriffe
2.1.1 Geschäftsprozess
2.1.2 Workflow
2.1.3 Workflow Modell
2.1.4 Workflow Management System
2.1.5 Workflow Potential
2.2 Aufbau von Workflow Management Systemen
2.2.1 Referenzarchitektur
2.2.2 Komponenten
2.2.3 Rollen
2.2.4 Workflow Life Cycle
2.2.5 Klassifikation unterschiedlicher Workflow Typen
3 Identifikation des Workflow Potenzials
3.1 Sechs Schlüsselkriterien nach Kobielus
3.2 Framework nach zur Mühlen / von Uthmann
3.3 Kriterienkatalog nach zur Mühlen / Hansmann
4 Diskussion
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Schnelle Reaktionen auf Marktveränderungen sowie die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit zählen zu den wesentlichen Faktoren in Bezug auf den Erfolg eines Unternehmens. Daher ist es von enormer Bedeutung die vorhandenen Strukturen und Arbeitsabläufe zu analysieren und diese gegebenenfalls zu optimieren. Wenn es gelingt, bereits optimierte Prozesse in einem vorgangsorientierten Informationssystem flexibel abzubilden, kann auf Marktveränderungen rasch reagiert werden.
Workflow Management Systeme (WfMS) können in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen und bei nachhaltigem Einsatz einen wesentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens leisten.
Eine nicht unwesentliche Frage ist aber trotz stetig steigendem Engagement von zahlreichen Unternehmen im Bereich von Workflow Management Systemen noch nicht ganz geklärt.
Welche Prozesse können durch diese Systeme gewinnbringend unterstützt werden?
Michael zur Mühlen und Christoph von Uthmann erstellten diesbezüglich ein in drei Kategorien gegliedertes Framework. James G. Kobielus definierte bereits 1997 sechs Schlüsselkriterien für die Identifikation Workflow-geeigneter Geschäftsprozesse.
Im Zuge dieser Arbeit werden diese unterschiedlichen Ansätze zur Identifikation des Workflow Potenzials von Prozessen näher vorgestellt. Nach Erarbeitung der benötigten Grundlagen werden diese mittels eines sehr einfachen Prozesses auf ihre Aussagekräftigkeit untersucht.
Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten Begriffe, die zum besseren Verständnis dieser Arbeit notwendig sind, definiert und näher erklärt.
In der Literatur sind zahlreiche Definitionen für einen Geschäftsprozess zu finden. Die wichtigsten und auch bekanntesten in diesem Zusammenhang stammen von Hammer und Champy (Hammer et al., 1996), Hubert Österle (Österle, 1995) oder auch August-Wilhelm Scheer und Wolfram Jost (Scheer et al., 1996).
Der wesentliche Unterschied zwischen all diesen Definitionen liegt in der Wahl des Gesichtspunktes. Zusammenfassend kann man einen Geschäftsprozess als einen betrieblichen Ablauf zur Erstellung eines Produktes oder Dienstleistung bezeichnen, der zur Erreichung des geplanten wirtschaftlichen Erfolges benötigt wird.
Unter einem Workflow versteht man Prozesse und deren zeitlich-sachlogische Abfolge von Aktivitäten, die für die Bearbeitung von wirtschaftlich relevanten Objekten nötig sind und durch ein Informationssystem in definierter Reihenfolge abgearbeitet werden. (Vgl. zur Mühlen et al., 2000)
Das Workflow Modell spezifiziert alle relevanten Daten über die auszuführenden Workflows, welche auf diesem Modell basieren. Es beinhaltet neben den Informationen über die zeitlich logische Abfolge der Aktivitäten auch Informationen über die beteiligten Ressourcen wie Anwendungs- und Organisationsspezifische Daten. (zur Mühlen et al., 2000)
Aufgrund der bisher fehlenden Standardisierung im Bezug auf Workflow Management gibt es auch zahlreiche unterschiedliche Sichtweisen bezüglich der Definition eines Workflow Management Systems (WfMS).
Die Workflow Management Coalition (WfMC) definiert ein WfMS als ein softwarebasierendes Informationssystem, das die Ausführung von Workflows definiert, erzeugt und steuert. Dafür ist es notwendig, dass dieses in der Lage ist, die Prozessdefinitionen korrekt zu interpretieren und mit den Anwendern in einer effektiven Form zu interagieren.
Im Vergleich dazu definieren Galler und Scheer Workflow Management Systeme als verteilte, Client-Server basierende Informationssysteme zur Entwicklung von Workflow Anwendungen (Galler et al., 1995). Erweiterungen dieser Definition wie z.B. um die Verwendung von Ablaufschemen, die Unterstützung von manuellen und automatisierten Prozessen (Vgl. Oberweis, 1996) sowie die Trennung von Management und Ausführung (Vgl. van der Aalst et al., 2002) sind in der Literatur zahlreich vertreten.
Als Workflow Management System wird ein Informationssystem bezeichnet, welches die Ausführung von Prozessen die auf einem Workflow Modell basieren unterstützt und steuert.
ÄDas Workflow-Potenzial eines Prozesses ist der Grad, in welchem dieser Prozess durch die Koordinationsmechanismen eines WfMS geeignet unterstützt werden kann." „Die Workflow- Eignung eines Prozesses ist eine Kennzahl, die sich aus dem Workflow Potenzial, dem Beitrag des Prozesses zu den Unternehmenszielen im Falle einer Realisierung als Workflow und der Bewertung der technischen und wirtschaftlichen Restriktionen ergibt." (Becker et al.,2008)
Unter dem Workflow Potenzial eines Prozesses versteht man also die gewinnbringende Unterstützung durch ein Workflow System. Die Einschätzung, ob ein oder mehrere Prozesse ein ausreichendes Workflow Potenzial aufweisen, kann durch die Verwendung der im dritten Kapitel vorgestellten Ansätze getroffen werden.
Zur Vollständigkeit sei hier aber auch gesagt, dass nicht alle Prozesse ein entsprechendes Workflow Potenzial aufweisen müssen. Ein durch ein WfMS unterstützter Prozess muss zumindest teilweise automatisierbar sein und sollte regelmäßig stattfinden. (Vgl. Gadatsch, 2007)
Die in Abbildung 1 ersichtliche Referenzarchitektur für Workflowmanagementsysteme wurde bereits 1995 von der Workflow-Management-Coalition1 (WfMC) vorgeschlagen. Diese Architektur sieht eine Spezifikation eines Geschäftsprozesses in Form von Prozessdefinitionen vor, wobei Prozesse wiederum in weitere Teilprozesse und Aktivitäten unterteilt werden können.
Trotz zahlreicher Standardisierungsbestrebungen der WfMC und auch anderer Vereinigungen2 existiert derzeit kein einheitlicher Standard in diesem Zusammenhang.
In weiterer Folge werden die in Abbildung 1 dargestellten Komponenten und Interfaces der Referenzarchitektur zum besseren Verständnis kurz erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Referenzmodell der WfMC (modifiziert nach WfMC, 2009)
Workflow Enactment Service
Das Workflow Enactment Service, zu Deutsch Workflow Ausführungsservice, ist das zentrale Element des Referenzmodells der WfMC und stellt den Kontrollteil für die einzelnen Workflow Engines dar. (Vgl. Scheer et al., 1996) Als Workflow Engine bezeichnet man eine Softwarekomponente, die eine Laufzeitunterstützung für auszuführende Workflows zur Verfügung stellt. Für jeden Workflow wird eine eigene Instanz (Workflow Engine) aus den Prozessdefinitionen generiert. Das Workflow Enactment Service stellt über unterschiedliche Interfaces Schnittstellen zu anderen Systemkomponenten zur Verfügung. (Gadatsch, 2007)
Interface 1 - Process Definition Tools
Das Interface 1 dient zur Beschreibung der Integrationsmöglichkeiten von Werkzeugen zur Spezifikation und Modellierung unterschiedlicher Prozessmodelle.
Interface 2 - Workflow Client Applications
Die Hauptaufgabe des zweiten Interfaces liegt in der Definition und Standardisierung der APIs3 zwischen der Workflow Engine und unterschiedliche Anwendungsapplikationen. Dies ist notwendig um den Benutzern Zugriff auf den in der Workflow Engine laufenden Prozess und dessen Aktivitäten zu ermöglichen.
Interface 3- Invoked Applications
Das Interface 3 fasst verschiedene Standards unterschiedlicher prozessübergreifender Anwendungsapplikationen zusammen. In diesem Zusammenhang können sowohl teil- oder auch vollautomatisierte Workflows unterstützt werden.
Interface 4 - Other Workflow Enactment Services
Dieses Interface dient zur Beschreibung von Standards der Interoperabilität, d.h. Einbindung anderer Workflow Engines unterschiedlicher Hersteller.
Interface 5 - Administration & Monitoring Tools
Wie der Bezeichnung der Komponente Administration & Monitoring Tool zu entnehmen ist, beschreibt dieses Interface die Möglichkeiten der Einbindung von Anwendungen für Administrations und Monitoring Aufgaben.
Im Zusammenhang mit Workflowmanagement wird prinzipiell zwischen drei Rollen, wie in Abbildung 2 ersichtlich unterschieden. Im folgenden Abschnitt werden diese und ihre Funktionen genauer beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Workflow Rollen (modifiziert nach Allweyer, 2005)
Modellierer
Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist die Rolle des Workflow Modellierers die Einzige, die in der sogenannten Build-Time agiert. Die Hauptaufgabe dieser Rolle besteht in der Definition der Prozesse im Zuge der Übernahme in das Workflowmanagementsystem. Für diese Aufgabe stellen die Systeme meist integrierte Modellierungsclients zur Verfügung. Sollten Prozesse bereits mit anderen Tools modelliert worden sein, so ist es ebenfalls die Aufgabe dieser Rolle, diese mittels der vorhandenen Schnittstellen in das Workflowmanagementsystem zu importieren.
Administrator
Im Gegensatz zur Rolle des Modellierers, führt der Administrator seine Tätigkeiten zur Laufzeit der Prozesse aus. Die Hauptaufgaben liegen in der Überwachung der laufenden Prozesse sowie der Fehlerbehebung. Bei Auftreten eines Problems hat der Administrator auch während der Run-Time diverse Möglichkeiten um notwendige Änderungen an einem Prozess vorzunehmen. Dadurch ist es nicht notwendig laufende Prozesse stoppen zu müssen. Auch die Erfassung und Überwachung von definierten Kennzahlen zählen zu den Aufgaben dieser Rolle.
Benutzer
Die Rolle des Benutzers wird von jedem Mitarbeiter wahrgenommen der mit Hilfe eines Workflow Clients Aktivitäten innerhalb eines Prozesses durchführen, wie zum Beispiel eine Bestellung bearbeiten. Dabei hat der Benutzer meist mehr als nur die Oberfläche des Workflow Clients in Verwendung, da das Workflowmanagementsystem auch Clients anderer Systeme auf Grundlage der Prozessdefinition steuert.
Der Workflow Life Cycle stellt den Zusammenhang zwischen der Prozessmodellierung und dem Workflowmanagement her und bildet dies in einem geschlossenen Kreislauf, wie in Abbildung 3 ersichtlich, ab. (Vgl. Galler, 1997)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Workflow Life Cycle (modifiziert nach Galler et al., 1994)
In der ersten Phase erfolgt die Analyse der Geschäftsprozesse und deren Modellierung.
Desweiteren werden, wenn möglich, bereits Optimierungen in Bezug auf die Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten des angedachten Workflowmanagementsystems vorgenommen.
In der Implementierungsphase werden den modellierten Prozessen zusätzliche Workflow- spezifische Informationen hinzugefügt und in das Workflowmanagementsystem überführt. Diese Phase wird auch als Build-Time bezeichnet und umfasst z.B. die Definition der verwendeten Rollen.
Die nächste Phase, die sogenannte Run-Time definiert die tatsächliche Verwendung der in das Workflowmanagementsystem übernommenen Prozesse. Zur Laufzeit wird jeder Prozess in einer eigenen, den Workflowmodell entsprechenden Workflowinstanz ausgeführt. In dieser Phase übernimmt das Workflowmanagementsystem den zur Build-Time definierten Ablauf und protokolliert diesen für jede Instanz. Die daraus generierten Daten, wie z.B. die Statusübergänge der einzelnen Aktivitäten werden in einem sogenannten Audit Trail gespeichert. Zusätzlich ist es durch den Einsatz von Monitoring Komponenten während der Laufzeit möglich, den Verlauf jeder Workflowinstanz für administrative Zwecke zu verfolgen. Ein typisches Beispiel hierfür wäre eine Eskalationsbenachrichtigung bei der Überschreitung einer Bearbeitungsfrist.
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1 Informationen zur WfMC: www.wfmc.org
2 weitere Standardisierungsorganisationen: Object Management Group (OMG) www.omg.org, Business Process Management Initiative (BPMI) www.bpmi.org
3 Application Programming Interface
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