Forschungsarbeit, 2007
17 Seiten, Note: 2,7
01 Vorwort
02 Einleitung: Der Dresdner SC von der Gründung 1898 bis zum staatlichen Verbot 1950
03 Hauptteil:
a. Die Nachfolgevereine des DSC in der DDR und der BRD (grafischer Überblick)
b. Struktur, Weisungs- und Kommunikationswege von DDR-Sportvereinen
04 Anhang:
a. Tabellarische Vereinschronik des Dresdner SC
b. Literatur und Quellen
Wohl kaum ein anderer Sportverein auf dem Gebiet der ehemaligen DDR kann auf eine bewegtere und ereignisreichere Zeit zurückblicken wie der Dresdner Sportclub 1898 e.V. (im Nachfolgenden kurz Dresdner SC oder DSC genannt). Gerade die Zeit von 1950 bis 1989 kennzeichnet eine Periode für den Verein, die geprägt war von staatlichen Eingriffen, Restriktionen, Sanktionen und (erzwungenen) Umbenennungen. Aufgrund dieser vereinsgeschichtlichen Wirrungen während der Zeit des Sozialismus eignet sich der Dresdner SC besonders als Fallstudie bei der Betrachtung der (öffentlichen) Kommunikationswege sowie auch allgemein der Leitungs- und Weisungsstrukturen in Sportvereinen. Dies gilt sowohl für die äußere, öffentliche Darstellung des Vereins wie auch für die innere (teilöffentliche?) Kommunikation zwischen den politischen Machtorganen und der Vereinsführung respektive Letzterer mit der eigentlichen Basis – den Mitgliedern, Kadern und Sportlern. Der vorliegende Aufsatz soll so anhand noch existenter Publikationen und Zeitdokumente und der Aufarbeitung der heutigen Literatur, aber auch durch den Blick auf die Geschichte des Vereins das Dilemma sozialistischer Sportpolitik skizzieren.
Mit Datum des 30.04.1898 gründeten elf junge Männer, darunter ehemalige Mitglieder des Neuen Dresdner FC, den Dresdner Sport-Club, da neben Fußball auch anderen Sportarten wie Leichtathletik, Turnen, Wassersport oder Schach die organisierte Struktur eines Vereins geboten werden sollte. Der Langstreckenläufer Rudolf Harbig (mehrfacher Weltrekordler in den 30er Jahren und Namensgeber der heutigen Spielstätte der SG Dynamo Dresden), der internationale Schachgroßmeister Wolfgang Uhlig oder die amtierenden deutschen Meister im Damenvolleyball bürgen bis heute für eine erfolgreiche disziplinübergreifende Arbeit des Vereins.
Die Fußballabteilung des DSC etablierte sich schnell zur festen Institution in Mitteldeutschland, was zahlreiche Meisterschaften und Pokalerfolge bis zum Ende des ersten Weltkrieges belegen. Bereits 1908 begann der Verein mit der Nominierung von Arno Neumann für die deutsche Fußballnationalmannschaft auch auf internationaler Ebene, von sich Reden zu machen. Neumann folgten bis zum Ende des zweiten Weltkrieges 16 weitere Fußballer aus den Reihen des Dresdner SC. Unter ihnen befanden sich so klangvolle Namen wie der Torhüter Willibald Kreß (1934 WM-Dritter mit der Nationalelf), der „Wunderstürmer“Richard Hofmann oder nicht zuletzt Helmut Schön, der landläufig als „Mann mit der Mütze“ bekannte spätere Weltmeistertrainer von 1974.
Den vorläufigen Höhepunkt der Glanzzeit des Vereins markierten zweifellos die Gewinne des Tschammer-Pokals (dem Vorläufer des heutigen DFB-Pokals) in den Jahren 1940 und 1941 sowie das Erringen der deutschen Meisterschaft 1943 und 1944. Der Sportclub zählte damals neben dem 1.FC Nürnberg und dem FC Schalke o4 über Jahre als der Spitzenverein im Fußball; die Heimspiele im Heinz-Steyer-Stadion im Ostragehege verfolgten regelmäßig bis zu 60.000 Zuschauer – eine damals willkommene Abwechslung in den Jahren der Kriegswirren und den damit verbundenen Entbehrungen.
Kurz darauf brach der Spielbetrieb jedoch völlig zusammen und mit der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands am 08.05.1945 galt der Dresdner SC, wie zunächst alle deutschen Vereine, als verboten und musste sich bis spätestens 01.01.1946 vollständig aufgelöst haben. Das Vereinseigentum wurde beschlagnahmt. Der Sportclub gründete sich daraufhin als SG Friedrichstadt neu und konnte so den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Der wiederbelebte alte Glanz sollte jedoch schnell wieder verblassen. In der neu etablierten Ostzonenmeisterschaft verlor die SG Friedrichstadt im Viertelfinale bei der ZSG Union Halle (heute Hallescher FC). Die Hallenser waren dabei als neuer ‚Prototyp’ der von der Sowjetischen Militäradministration vorgesehenen Betriebssportgemeinschaften bereits vorher als neuer Meister vorgesehen, genoss so als einzige Mannschaft das Privileg, sämtliche Spiele im heimischen Stadion austragen zu dürfen, während die ‚bürgerlichen’ Vereine ihre Spiele auf neutralen Plätzen bestreiten mussten.
Diese staatliche Manipulation der Spiele fand ihren Höhepunkt im Endspiel um die Ostzonenmeisterschaft im Jahre 1950. Am letzten Spieltag der Saison empfing die SG Friedrichstadt die Betriebssportgemeinschaft Horch Zwickau, welche in diesem Jahr als Meister vorgesehen war, jedoch vor jenem letzten Spieltag noch einen Punkt hinter der die Tabelle anführenden SG Friedrichstadt lag. So geriet das Spiel zur Farce; der Schiedsrichter verwies ohne ersichtliche Gründe 3 Friedrichstädter Spieler des Platzes und verweigerte den Dresdnern mehrmals die Anerkennung regulär erzielter Tore. Letztlich siegte Horch Zwickau wie von der DDR-Führung beabsichtigt mit 5:1 und wurde so Meister. Aufgrund der offensichtlichen Manipulation des Spieles gab es in dessen Anschluss schwere Ausschreitungen unter Zuschauern und Beteiligten, welche die DDR-Führung unter Walter Ulbricht dazu veranlassten, Mannschaft und Stadion zu sperren. Ulbricht persönlich versprach wörtlich, „den alten DSC-Geist mit Stumpf und Stiel auszurotten“. Als schlussendliches Resultat der Sperre gegen die gesamte Mannschaft ging diese unter Mithilfe des späteren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, nach West-Berlin. Bubis, der lange Jahre ein Geschäft in Dresden besaß und dem Verein aus der Friedrichstadt immer eng verbunden war, siedelte bereits zu einem früheren Zeitpunkt des Jahres 1950 nach West-Berlin über und konnte die Mannschaft um den Kapitän Helmut Schön so logistisch unterstützen.
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