Diplomarbeit, 2010
97 Seiten, Note: 1,7
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit
2 Grundlagen und Begriffsdefinitionen
2.1 Definition des Begriffs: deutscher Mittelstand.
2.2 Definition des Begriffs: demographischer Wandel
2.3 Definition des Begriffs: knappe Ressourcen
2.4 Definition des Begriffs: Nachwuchsförderung
3 Der demographische Wandel in Deutschland
3.1 Die Faktoren des demographischen Wandels
3.1.1 Geburtenrate
3.1.2 Lebenserwartung
3.1.3 Wanderungssaldo
3.1.4 Demographische Alterung
3.2 Konsequenzen für die mittelständischen Unternehmen
3.2.1 Arbeitskräfteangebot und Nachfrage
3.2.2 Ältere Mitarbeiter / Nachwuchs
3.2.3 Frauen als Personalressource der Unternehmen
3.2.4 Knappe Ressourcen als Folge für die Unternehmen
4 Praktische Umsetzung der Nachwuchsförderung unter dem Aspekt „knapper Ressourcen“
4.1 Personalmanagement im Mittelstand
4.2 Personalmanagement in Zeiten des demographischen Wandels
4.2.1 Berücksichtigung des demographischen Wandels bei der Personalrekrutierung
4.2.2 Frühe Nachwuchsförderung als zentraler Erfolgsfaktor der mittelständischen Unternehmen
4.2.3 Employer Branding
4.3 Personalgewinnung
4.3.1 Personalplanung
4.3.2 Personalbeschaffung
4.3.3 Personalauswahlverfahren
4.4 Personalentwicklung
4.4.1 Ziele und Aufgaben der Personalentwicklung
4.4.2 Personalentwicklungsplanung
4.4.3 Instrumente der Personalentwicklung
4.4.4 Erfolgskontrolle
4.5 Förderung und Karriere
4.5.1 Karriere- und Nachfolgeplanung
4.5.2 Leistungs- und Förderungsbeurteilung
4.5.3 Karrierefaktoren
4.6 Personalerhaltung
4.6.1 Langfristige Personalbindung ans Unternehmen
4.6.2 Faktoren der Mitarbeiterbindung
5 Kosten / Nutzen
6 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bevölkerungsaufbau in Deutschland
Abbildung 2: Personalbeschaffungswege
Abbildung 3: Personalentwicklungsplanung
Abbildung 4: Relevante Coaching-Arten und mögliche Settings
Abbildung 5: Der Coaching Prozess
Abbildung 6: Leistungsbeurteilungskriterien
Abbildung 7: Leistungsbeurteilungsverfahren
Tabelle 1: Quantitative Mittelstandsdefinitionen des IfM Bonn
Tabelle 2: Quantitative Mittelstandsdefinition der Europäischen Gemeinschaft
Tabelle 3: Ersatzkosten für neue Mitarbeiter
Beginnend werden die Ausgangslage sowie die Zielsetzung der Diplomarbeit beschrieben und der Aufbau und die Struktur der Arbeit erörtert.
Die demographische Entwicklung in Deutschland stellt die deutschen Unternehmen vor neue Herausforderungen, auf welche der deutsche Mittelstand noch nicht vorbereitet ist. Vor diesem Hintergrund hat sich das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung in den letzten 100 Jahren erheblich verändert. Betrug das Durchschnittsalter zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch 23 Jahre, so liegt dieses derzeit bei 40 Jahren und hat sich somit fast verdoppelt. Hierbei wurde seit langem die Debatte um den Altersstrukturwandel der Bevölkerung nur in Hinblick auf das soziale Sicherungssystem betrachtet. Das der Altersstrukturwandel auch Auswirkungen auf die Wirtschaft nach sich zieht, wurde lange vernachlässigt.[1] Diese Entwicklungen wurden in zahlreichen Studien verdeutlicht. Eine dieser Studien wurde vom Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) durchgeführt. Hierbei werden folgende wichtige Entwicklungen für den Arbeitsmarkt aufgezeigt. Bereits ab dem Jahr 2020 wird eine deutliche Abnahme der Gesamtbevölkerung in Deutschland zu beobachten sein. Die Bevölkerung sinkt von derzeit 82 Mio. auf 69 Mio., was einer Bevölkerungssenkung von 16,6% entspricht. Das Erwerbspotential wird im Vergleich hierzu noch stärker abnehmen, mit 29,1% von 50 Mio. auf ca. 36 Mio. Ein ganz zentraler Punkt dieser Entwicklung ist vor allem die Altersentwicklung der Bevölkerung. Der stärkste Rückgang macht sich in der Altersgruppe der jungen Generation unter 20 Jahren bemerkbar. Der Anteil der jungen Leute wird in Zukunft um 18,1% von 16 Mio. auf 14 Mio. absinken. Gegenläufig hierzu verläuft die Entwicklung der älteren Bevölkerung ab 65 Jahren, welche von 16 Mio. auf 19 Mio. (+17,0%) ansteigt. Diese
Alterung der Bevölkerung hat zur Folge, dass die Zahl der älteren Erwerbstätigen über- proportional ansteigt und der Anteil der jüngeren und mittleren Altersgruppe abnimmt.[2] Diese Erkenntnisse zeigen, dass die deutschen mittelständischen Unternehmen aufgefordert sind, auf diese Entwicklung zu reagieren. Da in der Literatur, als Reaktion auf den demographischen Wandel überwiegend der Umgang mit der älteren Belegschaft als Lösungsansatz aufgezeigt wird, stellt die Nachwuchsförderung im deutschen Mittelstand den Initiator dieser Diplomarbeit dar. Ein zweiter Lösungsansatz zur Vermeidung von Fachkräftemangel, soll in den Vordergrund gestellt werden. Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll die Frage beantwortet werden, wie der knappe Nachwuchs für das Unternehmen gewonnen, gefördert und langfristig gebunden werden kann. Das primäre Ziel besteht darin, den Fachkräftemangel durch die eigene Nachwuchsförderung zu vermeiden.
Ein weiteres Ziel dieser Diplomarbeit ist, die Wahrnehmung für die Problematik der knappen Ressourcen im Mittelstand zu verbessern. Einerseits soll aufgezeigt werden, vor welcher Problemstellung die Unternehmen in Zeiten des demographischen Wandels stehen, um anderseits als Lösungsalternative darauf hinzuweisen, dass der Nachwuchs in Zukunft verstärkt einen wesentlichen Erfolgsfaktor im Unternehmen darstellt.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Diplomarbeit nur die männliche Form benutzt. Es sind unter dem Begriff der Nachwuchsförderung sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint.
Einleitend werden im Kapitel 2 die wichtigen Begriffe im Rahmen der Nachwuchsförderung im deutschen Mittelstand definiert. Das Kapitel 3 dient dazu weitere Grundlagen zu schaffen und einen tieferen Einblick in die demographische Entwicklung in Deutschland aufzuzeigen. Im Unterkapitel 3.1 soll erklärt werden aus welchen Faktoren sich die demographische Entwicklung ableiten lässt. Im weiteren Unterkapitel 3.2 werden die Konsequenzen dieser demographischen Entwicklung auf den deutschen Mittelstand übertragen und beleuchtet. Es soll vor allem die Handlungsnotwendigkeit der mittelständischen Unternehmen in Bezug auf die Nachwuchsförderung dargestellt werden. Im Kapitel 4 wird die praktische Umsetzung der Nachwuchsförderung in deutschen mittelständischen Unternehmen dargelegt. Es handelt sich hierbei um die Erarbeitung eines Wegweisers der in fünf wesentliche Phasen unterteilt ist. Unterkapitel 4.1 und dessen Unterpunkte beschreiben wie die Nachwuchsförderung in Zeiten des demographischen Wandels gestaltet sein muss und welche Maßnahmen zwecks der Rekrutierung von jungem Nachwuchs zu berücksichtigen sind. Bevor jedoch eine Nachwuchsförderung begonnen werden kann wird in Kapitel 4.2 verdeutlicht, dass junges Nachwuchspersonal erstmal fürs Unternehmen gefunden und gewonnen werden muss. Erst dann kann die in Kapitel 4.3 beschriebene Personalentwicklung fürs Unternehmen greifen. Hierbei werden nicht nur die Ziele beschrieben, die eine Personalentwicklung verfolgt, sondern auch die Methoden, die der Personalabteilung bei der Personalentwicklung zur Verfügung stehen. In Unterkapitel 4.4 wird die notwendige Karriereförderung des eigenen geschulten Nachwuchses aufgezeigt. Diese ist notwendig um dem Nachwuchs Perspektiven in der Zukunft aufzuzeigen und die notwendige Personalerhaltung, welche in Unterkapitel 4.5 aufgeführt wird, zu fördern. Dieses Unterkapitel befasst sich mit der langfristigen Bindung des Personals ans Unternehmen, um den Investitionsschutz in der Nachwuchsförderung zu wahren. Im Kapitel 5 werden die Kosten dem Nutzen gegenübergestellt und es erfolgt eine Zukunftsbetrachtung im Hinblick auf die Nachwuchsförderung. Kapitel 6 dient der Zusammenfassung wesentlicher Inhalte dieser Diplomarbeit und soll abschließend die große Bedeutung der Nachwuchsförderung im deutschen Mittelstand verdeutlichen.
Im Kapitel 2 erfolgt die Definition der wichtigsten Begriffe in Bezug auf die Nachwuchsförderung im deutschen Mittelstand. Es dient dazu die Grundlagen für die folgenden Kapitel zu schaffen.
Eine gesetzliche oder einheitliche klare Definition für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) existiert nicht. Vielmehr existieren zahlreiche Abgrenzungsmöglichkeiten nach qualitativer und quantitativer Art. Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Beschäftigtenzahl umfassen die quantitativen Merkmale. Zu den qualitativen Merkmalen zählen Aspekte wie Leitungs- und Organisationsstruktur, die im weiteren Sinne auf ein „Familienunternehmen“ hindeuten und wesentlich durch den Eigentümer des Unternehmens geprägt werden.[3] Nachfolgend werden die zwei gängigsten Definitionen des Mittelstandes aufgeführt, welche durch das IfM Bonn (Institut für Mittelstandsforschung Bonn) und die EU (Europäische Union) vorgegeben werden.
Laut IfM Bonn wird folgende Mittelstanddefinition vorgenommen: Die Unternehmen werden anhand quantitativer Kriterien abgegrenzt, sodass Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten, welche einen Jahresumsatz von einer Million nicht überschreiten, zu kleinen Unternehmen gehören. Unternehmen mit zehn bis 499 Beschäftigten und einem maximalen Jahresumsatz kleiner 50 Millionen definieren sich als mittelständische Unternehmen.[4] Eine weitere quantitative Eingrenzung des Mittelstandes wird durch die EU definiert. Hierbei werden Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Umsatz kleiner 50 Millionen oder deren Jahresbilanzsumme 43 Millionen unterschreitet zum Mittelstand gezählt. Unter der wichtigen Voraussetzung, dass sich diese Unternehmen nicht zu 25% oder mehr in Besitz eines oder mehrerer anderer Unternehmen befinden, welche die EU Definition nicht erfüllen.[5]
Durch die nachfolgenden Tabellen 1 und 2 werden diese Definitionen des IfM und der EU verdeutlicht:
Tabelle 1: Quantitative Mittelstandsdefinitionen des IfM Bonn.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: IfM Bonn (2002), S. 1.
Tabelle 2: Quantitative Mittelstandsdefinition der Europäischen Gemeinschaft
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: EG (2006), S.14.
Aus Vereinfachungsgründen wird in dieser Arbeit nur die quantitative Definition des Mittelstandes betrachtet.
„Das Wort Demographie - als der engere Begriff - entstammt dem Griechischen und bedeutet „Volk beschreiben“. Demographie beschreibt also mit Zahlen und Kennziffern, wie sich die Bevölkerungszahl und ihre Strukturen (Alter, Geschlecht, Familienstand, Lebensform, Nationalität, Kinderzahl, Region, Gesundheitszustand, u. ä.) durch demographische Verhaltensmuster/Ereignisse (Kinder haben, heiraten, sich scheiden lassen, umziehen, sich gesund erhalten oder sterben) verändern.“[6]
In der Literatur ist der Begriff der Ressource ein breit definierter Begriff. Die für diese Arbeit erforderliche Eingrenzung dieser Definition basiert auf dem Menschen (Nachwuchskräften) als knappe Ressource, die aufgrund des demographischen Wandels den Unternehmen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Dabei wird auf eine Definition nach Hall 1993 zurückgegriffen, welcher Ressourcen nicht nur in Güter sondern auch in die Kategorie der Fähigkeiten unterteilt. Demnach sind qualifizierte oder kreative Mitarbeiter, personengebundene Ressourcen die nur in begrenzten Mengen zur Verfügung ste- hen.[7]
Im Zusammenhang mit dieser Arbeit soll folgende Definition des Begriffs Nachwuchsförderung aufgegriffen werden:
„Unter Nachwuchsförderung versteht man die Rekrutierung von Nachwuchskräften aus den eigenen Unternehmensreihen für die Entwicklungsrichtungen Fach- Projekt- oder Führungsverantwortung und deren systematische Unterstützung und Weiterbildung durch Maßnahmen On und Off-the-Job. Ziel ist es, die bedarfsgerechte und strategieorientierte Personalplanung des Unternehmens mit der individuellen Karriereplanung von Potenzialträgern zu verbinden.[8]
Kapitel 3 beschreibt den demographischen Wandel in Deutschland und zeigt dabei die einzelnen Faktoren der demographischen Entwicklung auf. Abschließend wird beschrieben welche Konsequenzen diese Entwicklung auf die mittelständischen Unternehmen nach sich zieht.
„Der demographische Wandel, die Veränderung der Bevölkerungsstruktur, ist ein sich langsam vollziehender Prozess, der in seinen Rahmendaten bekannt ist. Seine Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsstrukturen können, vor allem in Verbindung mit den technischen und ökonomischen Entwicklungen sowie den Strukturwandel zu einschneidenden Veränderungen führen.“[9]
Den größten langfristigen Einfluss auf die Entwicklung der Bevölkerungszahl hat die Geburtenrate. Die Fertilitätsrate besagt, dass aktuell jede Frau im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 45 Jahren durchschnittlich 1,4 Kinder bekommt.[10] Um jedoch die Elterngeneration ersetzen zu können, müsste die Fertilitätsrate 2,1 betragen. Hier geht die Forschung eindeutig davon aus, dass diese Geburtenrate bis 2050 nicht wieder erreicht wird. Wie in vielen westdeutschen Industriestaaten hat sich auch in Deutschland die Entwicklung zur Ein-Kind-Familie nicht durchgesetzt, vielmehr haben die deutschen Paare in der Regel 2 Kinder. Anderseits haben 28% der westdeutschen Frauen der Jahrgänge 1962 bis 1966 überhaupt keine Kinder bekommen. Der Anteil der kinderlosen Akademikerinnen ist mit 42% sogar noch höher.[11] Zu erkennen ist eine substantielle Veränderung der berufsorientierten Frauen. Viele Frauen wollen erst im fortgeschrittenen Lebensalter ihr erstes Kind bekommen, was zu ungewollter Kinderlosigkeit führen kann oder die Chance auf weitere Kinder sinken lässt.[12]
Einen weiteren wichtigen Faktor in der demographischen Entwicklung stellt die Lebenserwartung dar, welche in der Fachliteratur als Mortalität (Sterberate) bezeichnet wird. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 1960 bei einer Frau 72,4 Jahre und beim Mann 66,9 Jahre.[13]
Dank der verbesserten medizinischen Versorgung sank mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts neben der Geburtenrate auch die Kindersterblichkeit. Bedingt sind diese Entwicklungen u. a. durch bessere Möglichkeiten der Verhütung sowie einer gesteigerten Möglichkeit der Abtreibung.
Für in Deutschland geborene Kinder führte dies im letzen Jahrhundert zu einem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung um 30 Jahre.
Für 2004 geborene Mädchen wird die Lebenserwartung auf 86,6 Jahre und bei Jungen auf 81,1 Jahre geschätzt, dies entspricht einer steigenden Lebenserwartung zu unserer heutigen von 6%. Auch für die Zukunft wird mit einer steigenden Lebenserwartung gerechnet.[14]
Deutschlands Attraktivität für Migranten ist gesunken. Ohne Zuwanderung würde die Zahl der Menschen in Deutschland noch viel stärker schrumpfen. Bereits in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren wurden Jahre verzeichnet, die einen negativen Wanderungssaldo aufzeigen. Die Gründe hierfür waren die Anwerbestopps für „Gastarbeiter“ und das Rückkehrhilfegesetz. Die höchsten Zuwanderungszahlen wurden hingegen Ende der 80er-Jahre und Anfang der 90er-Jahre erreicht.[15] Der Höhepunkt folgte im Jahr 1992, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und den Veränderungen in den Staaten der einstigen Sowjetunion. Die Zahlen sind seid diesem Zeitpunkt rückläufig.[16]
Kurz und knapp lässt sich die zukünftige Entwicklung mit dem Satz „der Anteil der Älteren nimmt zu, der Anteil der Jüngeren nimmt ab“[17] beschreiben. Anhand der folgenden Abbildung 1, wird durch die Grafik des Statistischen Bundesamtes die Entwicklung der Altersstruktur der deutschen Bevölkerung wiedergeben.[18]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Entnommen aus: Statistisches Bundesamt (2006), S. 35. Abbildung 1: Bevölkerungsaufbau in Deutschland
Durch die 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird die Entwicklung bis zum Jahr 2050 prognostiziert. Dabei werden folgende Bedingungen vorausgesetzt. Das Wanderungssaldo wird weiterhin auf 200.000 Personen geschätzt und es bleibt bei einer konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau. Des Weiteren geht das Statistische Bundesamt von einer steigenden Lebenserwartung aus.[19] Im Jahr 2050 beträgt das Durchschnittsalter der Bevölkerung 51 Jahre und der Anteil der älteren Menschen über 60 Jahre wird von derzeit 25% auf 36% ansteigen. Diese Entwicklung hat vor allem Auswirkungen auf das Erwerbspersonenpotential. So bewirkt dies einen Rückgang des Angebotes an jungen Erwerbspersonen aber auch einen Anstieg der Altersstruktur der Beschäftigten. Bereits ab dem Jahr 2010 wird sich dieser demographische Wandel in Bezug auf das Erwerbspersonenpotenzial bemerkbar machen. Bis zum Jahr 2020 wird der Anteil der 15- bis 29-Jährigen langsam auf 20% zurückgehen. Wesentlich deutlicher fällt diese Auswirkung in der mittleren Altersstrukturgruppe der 30- bis 45-Jährigen aus. Hier wird die Zahl der Erwerbstätigen bis 2020 auf ein Drittel zurückgehen. Ein Anstieg auf bis zu 38% wird in der Altersstruktur zwischen den 45- bis 60-Jährigen zu verzeichnen sein.[20] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zukünftig die Unternehmen um das Problem des demographischen Wandels nicht umher kommen. Neben den älteren Mitarbeitern und dem zunehmend erwartenden Fachkräftemangel wird auch der schlagartige Verlust des Erfahrungswissens eine Herausforderung darstellen wenn das Wissen der älteren Mitarbeiter nicht an den Nachwuchs weitergereicht wird.
In der Vergangenheit galt der Mitarbeiter bei den Unternehmen als flexible Größe, die immer in ausreichender Menge vorhanden war. Der Mangel an Fachkräften schien für die Unternehmen weniger ein Problem darzustellen. Sodass bei Mitarbeitern die das 50. Lebensjahr überschritten hatten, bereits Planungen über deren zukünftige Verrentung gemacht wurden. Um aber in Zukunft als Unternehmen produktiv und innovativ zu bleiben, sollten die Unternehmen umdenken. Eine Maßnahme gegen die Herausforderungen der demographischen Entwicklung ist, dass die Unternehmen sich künftig davon lösen frühzeitig über einen Berufsausstieg älterer Beschäftigter nachzudenken.[21] Eine weitere nicht zu unterschätzende Herausforderung, stellt der Kampf um die Nachwuchsführung skräfte dar, der auch als „War for Talents“ bezeichnet wird. Hier müssen die mittelständischen Unternehmen mit den großen Konzernen konkurrieren, die ebenfalls sowohl regional als auch international um den Nachwuchs kämpfen. Dies wird mit den Worten von Mario Ohoven, Präsident des BVMW (Bundesverband mittelständische Wirtschaft) wie folgt formuliert:
„Von der Versorgung mit qualifizierten Mitarbeitern hängen Know-how, Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen ab. Employer Branding sehen wir daher als ein bedeutendes Managementthema für den Mittelstand an.”[22]
Aber auch die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt, welche zurzeit noch zu stark als stille Reserve abgedrängt werden, stellt eine enorme Ressourcenverschwendung dar.[23]
Immer stärker leiden unter dem Mangel an Nachwuchskräften die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dabei verstärkt sich die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage nach qualifizierten Nachwuchskräften zunehmend.[24] Um diese Entwicklung jedoch besser zu verdeutlichen, können folgende Zahlen aufgegriffen werden. Die einsetzenden Altersstrukturprobleme werden in den nächsten Jahren die unternehmerische Personalplanung vor große Herausforderungen stellen. Ein Drittel der Fach- und Führungskräfte wird bereits 2015 älter als 50 Jahre sein. Parallel zu dieser Entwicklung geht der Anteil der unter 50 jährigen deutlich zurück, sodass bis zum Jahr 2015 etwa 300.000 Fachkräfte weniger vorhanden sein werden als heute. Akut wird dieser Fachkräftemangel von 2015 bis 2050. Hier entsteht ein Defizit von knapp 1.000.000 Fach- und Führungskräften.[25] Der auf „qualifikatorische Missmatches“ zurückzuführende fachkräftebezogene Nachfrageüberhang am Arbeitsmarkt wird sich wie angedeutet aufgrund des steigenden Durchschnittsalters sowie der deutlich sinkenden nachfolgenden Generatio- nen in Zukunft weiter verstärken.[26] Anders als in der Öffentlichkeit dargestellt, ist hervorzuheben, dass der Mangel an Arbeitskräften sich ausschließlich auf junge und mittelalte, qualifizierte Fachkräfte bezieht.[27]
Aufgrund von Rationalisierungsprozessen in der Wirtschaft kann menschliche Arbeitskraft zunehmend durch technische Lösungen kompensiert werden. Da aber überwiegend bei diesem Prozess weniger qualifizierte Arbeiten anfallen, wird der Bedarf an höher qualifizierten Arbeiten zunehmen. Der dadurch entstehende Arbeitskräfteüberhang wird sich auf weniger qualifizierte Personen beziehen.
Obwohl fast jedem Personalverantwortlichen die weitreichenden Auswirkungen des demographischen Wandels bekannt sind, wird das Thema der Nachwuchsförderung von vielen Unternehmen noch sehr nachrangig behandelt.[28]
Die Generation der „Baby-Boomer“ bildet heute mit den 35- bis 49-Jährigen die bei weitem personenstärkste Kohorte in der Erwerbsbevölkerung sowie bei der Belegschaft der Unternehmen.[29]
In der Vergangenheit fand der Personalabbau meist bei den älteren Belegschaften statt, sodass heute der Anteil der mittleren Altersgruppen sehr hoch ist. Zukünftig werden alle Mitarbeiter älter und verlassen somit in großer Zahl gemeinsam das Unternehmen. Verstärkt durch den Faktor, dass auf dem Arbeitsmarkt immer weniger junge Nachwuchskräfte vorhanden sind. Infolgedessen entsteht hier eine doppelte Herausforderung für die Unternehmen.[30]
Trotz dieser Entwicklung werden in vielen Unternehmen, in anbetracht der langfristigen Personalbindung, die Kostengründe, wie höheres Lohnniveau von älteren Mitarbeitern, zusätzliche Weiterbildungskosten, höhere Fehlzeiten, sowie Mehraufwendungen für Gesundheitsfürsorge vorgeschoben. Diese Faktoren verstärken das frühe Ausscheiden der älteren Mitarbeiter mit all Ihrem Wissen und Erfahrungen. Ein ausgeglichener Wis senstransfer zwischen den verschiedenen Generationen wird gehemmt oder kann über- haupt nicht stattfinden.[31]
Die entstandenen Altersstrukturen in den Unternehmen sind prozesshaft zu betrachten. Sie bilden das Resultat von geplanten oder ungeplanten, positiven oder negativen quantitativen personalpolitischen Maßnahmen, wie z. B. Verzicht auf Neueinstellung, Rekrutierung, Frühverrentung, Längerbeschäftigung oder Personalfreisetzung. Diese gilt es entweder beizubehalten oder zu verändern. Ziel der Unternehmen sollte die ausgeglichene (auch homogene oder balancierte) Altersstruktur sein. Die als besonders leistungsfähig geltende Altersgruppe der mittleren Altersstruktur sollte dabei den Kern der Belegschaft im Unternehmen bilden. Gleichzeitig kann jedoch auf die Erfahrung der älteren Altersgruppe zurückgegriffen werden und das neue innovative Wissen der jüngeren Mitarbeiter kann genutzt werden, welches einen Ausgleich der verschiedenen Stärken und Schwächen der Altersgruppen bewirkt. Dies führt zur langfristigen Sicherung der betrieblichen Leistungsfähigkeit, da hierdurch die Dominanz einzelner Alters- gruppen vermieden wird.[32]
Da bereits heute abzusehen ist, dass große Teile der älteren Belegschaft gleichzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden, ist ein Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Altersgruppen erforderlich. Hier sollte jedoch nicht unterschätzt werden, dass der Transfer vom komplexen mehrdimensionalen Erfahrungswissen keinen kurzfristigen Prozess darstellt.[33]
Prinzipiell ist jedoch aufgrund des schrumpfenden Arbeitskräfteangebotes an Nachwuchskräften und der Zunahme älterer Mitarbeiter von einem steigenden Durchschnittsalter der Belegschaft auszugehen. Im Jahr 2003 betrug das Durchschnittsalter der Belegschaft 40,8 Jahre.[34] Mit einen durchschnittlichen Belegschaftsalter von 55 Jahren hat sich im Jahr 2050 somit das durchschnittliche Belegschaftsalter unserem heuti- gen mittleren Rentenzugangsalter von 60 Jahren angenähert.[35]
Wie die vorgenannten Kapitel verdeutlichen werden die Nachwuchskräfte immer knapper. Dies macht es erforderlich sich dessen bewusst zu werden und damit die stillen Ressourcen zu erkennen. Zu diesen stillen Ressourcen gehören ganz besonders die Frauen. Von 1999 bis 2003 ist eine steigende Erwerbsquote von Frauen zu verzeichnen, diese stieg von 45,2% auf 46,9% an. Bei den Männern hingegen ist ein leichter Rückgang um 1,7% auf 53,1% zu verzeichnen. Zudem bringen Frauen häufiger als Männer, die entsprechenden Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Hochschulzugangsberechtigung mit sich, um eine höhere Position im Unternehmen erlangen zu können. Trotz dieser Voraussetzungen sind im Topmanagement nur 6% der Stellen durch Frauen vertreten. In anbetracht der knappen Ressourcen wird sich diese Zahl in Zukunft jedoch stark erhöhen.[36]
Als Ursache für diese Situation ist in erster Hinsicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu nennen. Wird durch junge Paare eine Familie gegründet, so muss die Frau zwangsläufig für eine gewisse Zeit auf Ihre Karriere verzichten, relativ selten wird die Kinderbetreuung durch den Mann übernommen. Auch der anschließende Teilzeitjob nach Mutterschutz und Elternzeit ist für eine Karriere der Frau nicht förderlich. Die hohen Ausfallzeiten erschweren oder verhindern, die für eine Karriere erforderliche intensive Kontaktpflege der wichtigen Personen im Unternehmen, welche für ein berufliches Fortkommen wichtig sind.[37] Unternehmen werden sich in Zukunft mit den Herausforderungen des demographischen Wandels stärker befassen müssen und somit erkennen, dass jede verfügbare Ressource für den weiteren Unternehmenserfolg genutzt werden muss. Die größten Chancen haben Unternehmen mit einer familienorientierten Personalpolitik. Maßnahmen wie individuelle Arbeitszeitregelungen, Familienservice, sowie Kinderbetreuung und Wiedereingliederung in die Unternehmenskultur sind nur einige Möglichkeiten bei der Förderung der Balance zwischen Beruf und Familie. Unternehmen sind in Zukunft auf jede verfügbare hochqualifizierte Nachwuchskraft angewiesen und dazu gehören auch gleichermaßen die Frauen.[38]
[...]
[1] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 8.
[2] Vgl. IfM Bonn (2008), S. 3 f.
[3] Vgl. Kirn, A. (2002), S. 19.
[4] Vgl. IfM Bonn (2002), S. 1.
[5] Vgl. Europäische Gemeinschaften (2006), S. 14.
[6] Berufsverband Information Bibliothek (2004), S. 7.
[7] Vgl. Hall, R. (1993), S. 607 ff.
[8] Vgl. Sternecker, P. Wollsching-Strobel, P. (2005), S. 2.
[9] Zahn-Elliot, U. (2001), S. 7.
[10] Vgl. Döhring, W. (2003), S. 21.
[11] Vgl. Dinkel, R.H. (1989), S. 7.
[12] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 14.
[13] Vgl. Döhring, W. (2003), S. 22.
[14] Vgl. Bertelsmann Stiftung (2005), S. 41.; Fels, G. (2005), S. 9.
[15] Vgl. Wall, W., Eggen, B., Lipinski, H. (2006), S. 55.
[16] Vgl. Dickmann, N. (2005), S. 14 ff.
[17] Roloff, J. (2003), S. 10.
[18] Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 35.
[19] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 10.
[20] Vgl. Morschhäuser, M., Ochs, P., Huber, A. (2005), S. 28 f.
[21] Vgl. Kistler, E., Hilpert, M. (2001), S. 11.
[22] Ohoven, M. (2007), S. 1.
[23] Vgl. Kistler, E., Hilpert, M. (2001), S. 11.
[24] Vgl. Albath, A. (2002), S. 14.
[25] Vgl. Ballwieser, W., Börsig, C. (2007), S. 18.
[26] Vgl. Barkholdt, C. (2001), S. 8.; Buck, H., Kistler, E., Mendius, H. G. (2002), S. 15.
[27] Vgl. Munz, S. (2001), S. 14 f.
[28] Vgl. Buck, H. (2004), S. 12.
[29] Vgl. Morschhäuser, M. (2002), S. 101.
[30] Vgl. Buck, H. (2004), S. 12.
[31] Vgl. Huber, A. (1998), S. 40.
[32] Vgl. George, R. (2000), S. 220.
[33] Vgl. Buck, H., Kistler, E., Mendius, H. G. (2002), S. 54 f.
[34] Vgl. Statistisches Bundesamt (2004), S. 39.
[35] Vgl. Rump, J. (2004), S. 50.
[36] Vgl. Zimmer, D. (2004), S. 53.
[37] Vgl. Sunter, S. (2001), S. 77.
[38] Vgl. Braun, M. (2007), S. 19.
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