Diplomarbeit, 2009
68 Seiten, Note: 1,3
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.2. Vorgehensweise und Aufbau
2. Unternehmenskultur als Forschungsgegenstand
2.1. Begriffsbestimmung
2.2. Kulturebenen und -elemente nach Schein
2.3. Organisationskulturtypen und Umkulturen
2.3.1. Organisationskulturtypen
2.3.2. Dimensionen der Unternehmenskultur nach Hofstede
2.3.3. Landesspezifische Kulturdimensionen
2.4. Positive und negative Effekte der Unternehmenskultur
3. Mergers & Acquisitions als Forschungsgegenstand
3.1. Begriffsbestimmung
3.2. Motive und Ziele
3.3. Typen von Mergers & Acquisitions
3.4. Idealtypischer Phasenverlauf von M&A
3.4.1. Strategische Analyse- und Konzeptionsphase
3.4.2. Transaktionsphase
3.4.3. Integrationsphase
3.5. Erfolgsfaktoren und Risiken von M&A
4. Bestimmungsgrößen der Unternehmenskultur als Erfolgsfaktor von M&A
4.1. Verträglichkeit von Unternehmenskulturen
4.2. Bedeutung der Unternehmenskultur für Vertrauen und Kooperationsbereitschaft
4.3. Kulturspezifische Gefahren von M&A
4.3.1. Das Merger-Syndrom
4.3.2. Der Kulturschock
5. Ansätze zur Erfassung und Gestaltung der Unternehmenskultur im M&A-Prozess
5.1. Erfassung des Ist-Zustands: Cultural Due Diligence
5.2. Erreichung des Soll-Zustands: Kultur-Integrationsmanagement
5.2.1. Integrationsplanung und Kulturmanagement
5.2.2. Akkulturation
5.2.2.1. Begriffsbestimmung
5.2.2.2. Kulturelle Integrationsstrategien
5.2.2.3. Das Akkulturationsmodell von Berry
5.2.2.4. Verlauf und Ergebnis der Akkulturation
5.2.2.5. Determinanten des Gelingens von Akkulturation
5.2.2.6. Ansätze zur Gestaltung des Akkulturationsprozesses
6. Unternehmenskultur in der M&A-Praxis –Überlegungen zu Gründen begrenzter Berücksichtigung
6.1. Ausgangspunkt der Betrachtungen
6.2. Überlegungen zur Bedeutung von Unternehmenskultur für den Transaktionserfolg
6.3. Überlegungen zur Komplexität der Unternehmensrealität
6.4. Überlegungen zur Erfass- und Messbarkeit der Kulturelemente und Aussagekraft von Verträglichkeitstheorien
6.5. Überlegungen zur Gestaltbarkeit von Kultur bei M&A
6.6. Diskussion mit M&A-Experten aus der Beraterpraxis
6.6.1. Untersuchungsmethode und Stichprobe
6.6.2. Ergebnisse
7. Konklusion
Anhang
A Fragebogen der Beratergespräche zur M&A-Praxis
Literaturverzeichnis
Abb. 1: Primäre und sekundäre Funktionen der Unternehmenskultur nach Keller
Abb. 2: Kulturtypen und Folge von Maßnahmen zur kulturellen Integration nach Cartwright/Cooper
Abb. 3: Akkulturationsformen nach Nahavandi/ Malekzadeh
Abb. 4: Mögliche Verläufe des Akkulturationsprozesses nach Krystek
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mergers & Acquisitions (M&A) stellen ein beliebtes strategisches Instrument zur Steigerung des Unternehmenswertes und Sicherung von Unternehmenswachstum dar. Ein Grund hierfür ist insbesondere die stark globalisierte Weltwirtschaft (vgl. Dier/Eckert/Eckert 2008, S. 78). Von 1990 bis 2000 hat sich der Wert weltweiter Transaktionen von USD 462 Milliarden auf über USD 3.5 Billionen mehr als versiebenfacht (vgl. Stahl et al. 2005, S. 3). Dieser Trend wurde mit dem Konjunkturrückgang und Einbruch der Aktienmärkte im Jahr 2001 beendet, bevor jedoch im Jahr 2004 die sechste weltweite Merger-Welle begann. Einer Studie von Thomson Financial zufolge war das Jahr 2007, in dem Transaktionen im Wert von mehr als USD 4 Billionen vollzogen wurden, das bisherige „M&A-Rekord-Jahr“ (vgl. Picot 2008, S. 4). Es bleibt abzuwarten, ob der erneute Einbruch aufgrund der aktuell herrschenden Weltwirtschaftskrise von Dauer ist. Dem „Global M&A Predictor 2009“ von KPMG Corporate Finance zufolge wird die Zahl von M&A-Transaktionen bis zum dritten Quartal 2009 weiter zurückgehen. Für das letzte Quartal sowie für 2010 wird jedoch eine Erholung des M&A-Marktes vorausgesagt. M&A gelten also weiterhin als Schlüssel zur Erzielung nachhaltigen Unternehmenswachstums.
Bedenklich stimmt angesichts des Transaktionsvolumens in Boomzeiten die Erfolgsquote von strategischen M&A. Untersuchungen haben gezeigt, dass weit mehr als die Hälfte aller Transaktionen die gesteckten Ziele verfehlt und oft sogar zur Vernichtung von Unternehmenswert führt (vgl. z.B. KPMG 2008a, S. 38; Perry/Herd 2004, S. 13).
In der Literatur werden als Gründe für das Scheitern von M&A mitunter ein mangelnder „strategischer Fit“, Fehler in der Integrationsphase (vgl. Calpin/Herendon 2007, S. 3), eine unzutreffende Einschätzung zukünftiger Synergie- und Wachstumspotentiale oder Fluktuation von Schlüsselpersonal, sowie die mangelnde Berücksichtigung unternehmenskultureller Aspekte angeführt (vgl. Krystek 1992, S. 540). Während dabei finanziellen und strategischen Faktoren in der Praxis bei der Planung und Durchführung von M&A im Allgemeinen große Bedeutung beigemessen wird, werden die sogenannten „weichen Faktoren“ häufig vernachlässigt (vgl. Blöcher 2008, S. 234).
Angesichts der ernüchternden Erfolgsbilanz verwundert es, dass die M&A-Euphorie weitestgehend ungebrochen ist und gleichzeitig eine angemessene Würdigung der weichen Faktoren noch immer nicht erfolgt. Seit vielen Jahren diskutiert die Wissenschaft im Rahmen der weichen Faktoren Unternehmenskultur als möglicherweise die erfolgskritische Komponente und empfiehlt Instrumente zum zielorientierten Umgang mit ihr. Obwohl die Bedeutung von Unternehmenskultur im Allgemeinen auch durch die Führungsriege von Unternehmen anerkannt wird, bleibt die Anwendung von Hilfsmitteln zur ihrer Analyse und Gestaltung in der M&A-Praxis jedoch noch immer häufig aus (vgl. auch Stüdlein 2000, S. 140). Ergebnis dieses Vorgehens sind personalseitige Phänomene wie Kulturschocks oder fehlende Kooperationsbereitschaft von Mitarbeitern, die den Transaktionserfolg gefährden können.
In dieser Arbeit wird die dargestellte Diskrepanz zwischen Wissenschaft und Praxis thematisiert. Es wird beleuchtet, warum in der Literatur für unerlässlich erklärte Instrumente zum Umgang mit Unternehmenskultur im M&A-Alltag nur begrenzt Berücksichtigung finden, wenn doch die Geschichte von M&A zeigt, dass die vornehmliche Konzentration auf finanzielle, strategische oder rechtliche Aspekte häufig nicht zum Erfolg führt. Hieraus wird gefolgert, was dies für zukünftige Wachstumsbestrebungen von Unternehmen bedeuten kann.
Die vorliegende Diplomarbeit zum Thema Erfolgsfaktor Unternehmenskultur bei M&A fasst die Diskussion auf Basis der einschlägigen Fachliteratur zusammen und schließt mit einer kritischen Würdigung sowie Empfehlungen. Dieser Einleitung folgt eine Einführung in die Grundlagen des Forschungsgegenstandes Unternehmenskultur. So werden mögliche Typologisierungen sowie die Interdependenz von Unternehmenskultur mit den sie umgebenden Umkulturen dargestellt. Nach einer Erläuterung der Funktionen von Unternehmenskultur werden die Grundlagen von M&A einschließlich der Motive zur Wahl dieses Instruments, der idealtypischen Phasen, Erfolgsfaktoren und möglichen Risiken thematisiert.
Anschließend wird eine Verbindung von Unternehmenskultur und M&A hergestellt. Dies geschieht zunächst anhand der Darstellung einiger Bestimmungsgrößen für Unternehmenskultur als Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktor für M&A. Angesichts der Tatsache, dass die eigentliche Wertschöpfung vor allem in der Integrationsphase stattfindet (vgl. Haspeslagh/Jemison 1991, S. 105ff.), werden nach einer kurzen Vorstellung der Optionen für eine Cultural Due Diligence anschließend Empfehlungen für den Umgang mit Unternehmenskultur in der Post-Merger-Integrationsphase gegeben.
Hieran schließt sich die Analyse und kritische Würdigung möglicher Gründe einer nur begrenzten Beachtung von Unternehmenskultur im M&A-Alltag an. Abschließend werden in der Konklusion Handlungsempfehlungen für die Praxis zusammengefasst.
Historisch ist der Begriff Unternehmenskultur neben anderen Forschungsdisziplinen an die Ethnologie angelehnt, in der Kultur den Komplex geteilter Werte- und Denkmuster erfasst, der sich im Zeitverlauf im Zusammenleben von Volksgruppen entwickelt (vgl. Schreyögg 2003, S. 449 f.). In der Unternehmenspraxis wird dem durch die Organisationsforschung auf Organisa-tionen übertragenen Begriff v.a. seit den 80er Jahren Bedeutung beigemessen (vgl. Alvesson/Berg 1992). In dieser Zeit veröffentlichte Studien sehen Unternehmenskultur als differenzierendes Wettbewerbsinstrument und als Erklärung für den Erfolg japanischer über amerikanische und europäische Unternehmen (vgl. Rathje 2006, S. 106).
Cartwright/Cooper (1992, S. 61) definieren Unternehmenskultur kurz als „the way in which things get done within an organziation“. Nach Deal/Kennedy (1982, S. 4) handelt es sich um die „cohesion of values, myths, heroes, and symbols that has come to mean a great deal to the people who work there“. Hofstede (2001, S. 9 f.) definiert Unternehmenskultur als „the collective programming of the mind that distinguishes the members of one group or category of people from another”. Er setzt die Kultur einer Personengruppe der Persönlichkeit von Individuen gleich. In der Literatur häufig zitiert wird auch die zuerst im Jahr 1985 von Schein angeführte Definition als „a pattern of shared basic assumptions that was learned by a group as it solved its problems of external adaption and internal integration, that has worked well enough to be considered valid and, therefore, to be taught to new members as the correct way to perceive, think and feel in relation to those problems” (vgl. Schein 2004, S. 17).
Obwohl diese Definitionen sehr unterschiedlich sind, implizieren sie weitgehend dieselben Eigenschaften. Schreyögg (2003) fasst fünf „Kernmerkmale“ des Unternehmenskulturkonzeptes zusammen. Hiernach ist Unternehmenskultur: implizit (wird von den Organisationsmitgliedern als etwas Selbstverständliches angesehen und im Organisationsalltag unreflektiert gelebt), kollektiv (schafft Gemeinsamkeit und zeigt sich in gleichgerichtetem Denken und Handeln), konzeptionell (schafft Sinn und Orientierung), emotional (beeinflusst neben den Kognitionen auch die Emotionen), historisch (entwickelt sich über Lernprozesse im Zeitverlauf – ist also dynamisch) und interaktiv (entsteht in einem Sozialisationsprozess).
Da die im weiteren Verlauf der Arbeit zu thematisierende Gestaltbarkeit von Unternehmenskultur grundlegend von ihrer Erfassbarkeit abhängt, wird nun das Kulturebenenmodell von Schein vorgestellt.
In seinem Kulturebenenmodell thematisiert Schein (2004) die Tatsache, dass es Abweichungen im Grad der Sichtbarkeit verschiedener Kulturelemente gibt. Er unterscheidet drei Ebenen der Unternehmenskultur: Artefakte, Normen und Werte sowie Grundannahmen.
Bei Artefakten handelt es sich um diejenigen Strukturen und Prozesse von Organisationen, die unmittelbar beobachtbar sind. Autoren wie Schreyögg (2003) fassen Artefakte unter dem Sammelbegriff „Symbolsystem“ zusammen, das neuen Organisationsmitgliedern unverzüglich vermittelt wird. Beispiele für die Artefaktebene sind Architektur, Sprache, Mythen oder das Arbeitsklima (vgl. Schein 2004, S. 25 f.). Artefakte sind trotz ihrer Beobachtbarkeit schwer zu entschlüsseln; für ihre Interpretation bedarf es der Kenntnis der übrigen Kulturebenen (vgl. Schein 2004, S. 25 ff.).
Normen und Werte sind kollektive, den Organisationsmitgliedern bewusste und artikulierbare Kulturelemente. Sie entwickeln sich im Zeitverlauf in einem Prozess der kollektiven Transformation und manifestieren sich in Wertvorstellungen und Verhaltensstandards (vgl. Schreyögg 2003, S. 455; Schein 2004 S. 28f.). Reflektiert werden Normen und Werte u.a. in der Strategie, Zielen und der Unternehmensphilosophie. Wiederholt als erfolgreich erwiesene Werte werden schließlich zu von allen Mitgliedern der Organisation geteilten Grundannahmen – „… have become so taken for granted that one finds little variation within a social unit.“ (vgl. Schein 2004, S. 31). Anders als im Fall von Normen und Werten geschieht dies jedoch unbewusst. Als grundlegende Orientierungs- und Vorstellungsmuster stellen Grundannahmen den Kern jeder Organisationskultur da. Sie beziehen sich auf Aspekte wie Zeit und Raum, Wahrheit, Umwelt oder Eigenschaften zwischenmenschlicher Beziehungen (vgl. Schein 2004, S. 35). Schein zeigt eine Eigenschaft von Grundannahmen auf, die auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit von Bedeutung sein wird: Durch ihre große, jedoch unbewusste, Akzeptanz unter den Organisationsmitgliedern sind sie sehr schwer und nur über zunächst Angst auslösende Lernprozesse veränderbar (vgl. Schein 2004, S. 31 f.).
Die in der Interdependenz der drei Ebenen von Unternehmenskultur begründete Ursache-Wirkungs-Hierarchie hat dazu beigetragen, dass Scheins Modell in den Managementwissenschaften häufig angeführt und allgemein als akzeptiert gilt (vgl. Rathje 2006, S. 107).
Im nachfolgenden Abschnitt werden spezifische Kulturtypen sowie die Interdependenz mit den sie umgebenden Umkulturen präsentiert.
Zur Abgrenzung von Unternehmenskulturformen haben sich in der Literatur zwei Ansätze durchgesetzt. Dies sind Typenkonzepte sowie die Unterscheidung anhand von Dimensionen (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 63). Nachdem nun eine Auswahl von Typenkonzepten vorgestellt wird, folgt in Kapitel 2.3.2. exemplarisch die Darstellung von Kulturdimensionen nach Hofstede et al.
Cartwright/Cooper schließen sich den Typologien von Harrison (1972) an und unterscheiden vier Kulturtypen: die Machtkultur (power culture), die Rollenkultur (role culture), die Aufgabenkultur (task/achievement culture) sowie die Personen- bzw. Unterstützungskultur (person/support culture). Diese werden im weiteren Verlauf der Arbeit noch von Bedeutung sein, da sie der Kultur-Kompatibilitäts-Hypothese beider Autoren zugrunde liegen.
Kennzeichnend für erstgenannte Kulturform ist die zentralisierte und auf sehr wenige Akteure verteilte Macht. Abhängig davon, ob diese auf Unternehmenseigentümerschaft beruht oder formal über Führungspositionen Legitimität erhält, unterscheiden die beiden Autoren patriarchalische oder autokratische Machtkulturen. Dieser Kulturtyp kommt häufig, aber nicht ausschließlich, bei kleineren Unternehmen vor (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 65 ff.).
Im Gegensatz zu Machtkulturen kennzeichnen sich Rollenkulturen durch eine personenunabhängige Orientierung an Richtlinien und Prozeduren aus. Es handelt sich um einen vor allem in großen Unternehmen vorkommenden bürokratischen Kulturtyp, in dem das tägliche Handeln von Logik, Vernunft und dem Streben nach maximaler Effizienz bestimmt ist. Das Ergebnis der formalen Organisation aller Abläufe ist eine begrenzte Innovations- und Wandelfähigkeit des Unternehmens. Dafür bieten Rollenkulturen ihren Mitgliedern jedoch Sicherheit und Planbarkeit (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 67 f.).
Wie die Bezeichnung es vermuten lässt, steht bei Aufgabenkulturen die Zielerreichung im Vordergrund. Diese wird durch eine Betonung von Teamarbeit realisiert. U.a. aufgrund der Abkehr von der Formalisierung von Abläufen und Kompetenzen sind Aufgabenkulturen flexibler und kreativer als die beiden erstgenannten Typen. Allerdings werden hierdurch Fehlentwicklungen oft zu spät erkannt und (Human-)Ressourcen ineffizient genutzt (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 68 f.).
Der vierte von den beiden Autoren vorgestellte Grundkulturtyp – die Personen- bzw. Unterstützungskultur – zeichnet sich durch Egalitarismus aus. Menschen stehen bei dieser Kulturform im Vordergrund, und Entscheidungen werden kollektiv getroffen. Die Personen-/ Unterstützungskultur eignet sich damit für Organisationen, in denen Gewinnstreben nicht die oberste Maxime darstellt (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 69).
Trompenaars (1997, S. 139 f.) nimmt eine sehr ähnliche Einteilung von Idealkulturtypen vor und stellt dabei zusätzlich empirisch eine Verbindung zu verschiedenen Landeskulturen als Organisationen umgebende Umkultur her. Die Bestimmung der Kulturform erfolgt anhand eines Vier-Felder-Systems, in dem die Hierarchie- bzw. Egalitarismusorientierung sowie die Menschen- bzw. Aufgabenorientierung bestimmend sind.
Einen anderen Ausgangspunkt wählen Deal/Kennedy (1987, S. 151). In ihrem in der Literatur häufig zitierten Ansatz postulieren sie, die Unternehmenskultur werde von der jeweiligen Branchenkultur als Umkultur und damit von einer externen Größe determiniert. Bestimmend sind dabei der Risikograd geschäftlicher Aktivitäten sowie die Schnelligkeit des Feedbacks.
Es soll darauf verwiesen werden, dass nur eine kleine Auswahl von Typologiekonzepten vorgestellt werden konnte und auch Autoren wie Kellner (1997) mit ihrem Corporate Identity Ansatz Konzepte zur Erfassung und Systematisierung von Unternehmenskulturen anbieten.
Ziel der Betrachtung von Typologisierungen von Unternehmenskulturen im Rahmen von M&A ist die Identifikation möglicher Inkompatibilitäten potentieller Transaktionspartner.
Hofstede (2001) macht Unternehmenskultur anhand von sechs Dimensionen erfassbar. Diese wurden in dem mit anderen Kulturforschern durchgeführten IRIC-Project herausgearbeitet, in dem 20 Organisationseinheiten niederländischer und dänischer Unternehmen anhand eines Fragebogens zu tatsächlich gelebten Symbolen, Helden und Ritualen sowie von den Organisationsmitgliedern gewünschten Werten untersucht wurden (vgl. Hofstede 2001, S. 395 ff.).
Die erste Dimension, anhand derer nach Hofstede et al. die Kultur von Unternehmen gemessen werden kann, ist die Prozess- vs. Resultatorientierung (process oriented vs. results oriented). Die Studie ergab, dass Mitglieder prozessorientierter Organisationen – anders als solche resultatorientierter – risikoscheu handelten und nur begrenzten Arbeitseinsatz zeigten, da ihr Arbeitsalltag nur wenig abwechslungsreich war (vgl. Hofstede 2001, S. 397).
Durch die Dimension Mitarbeiter- vs. Joborientierung (employee oriented vs. job oriented) wird aufgezeigt, inwieweit ein Unternehmen mitarbeiterorientiert agiert und Entscheidungsfindung dezentralisiert organisiert. Bei einem hohen Grad von Joborientierung kann von Managern als „Alleinentscheider“ gesprochen werden (vgl. Girkinger/Stiegler 2001, S. 396).
Organisations- vs. Berufsorientierung (parochial vs. professional) stellt die dritte Dimension dar. Teilen die Mitglieder eines Unternehmens eine hohe Organisationsorientierung, ziehen sie einen Großteil ihrer Identität und des Sinnes ihrer Arbeit aus dem Unternehmen, für das sie tätig sind. Bei einer stark ausgeprägten Berufsorientierung steht die Berufskultur im Vordergrund (vgl. Hofstede 2001, S. 399).
Die Art der internen und externen Unternehmenskommunikation wird durch die Dimension offen vs. geschlossen (open vs. closed) erfasst. In offenen Unternehmen ist die Kommunikation stark ausgeprägt und sorgt für ein großes Zugehörigkeitsgefühl der Organisationsmitglieder.
Da der Name der fünften Dimension für sich spricht, soll sie nicht näher erläutert werden. Es handelt sich hierbei um den Grad der Kontrollorientierung (loose vs. tight control).
Anders die sogenannte Normativ- vs. Pragmatikorientierung (normative vs. pragmatic). Normativorientierte Unternehmen sind darum bemüht, Prozeduren genau zu folgen und z.B. ethische Werte bei allem Tun zu berücksichtigen. Eine hohe Pragmatikorientierung hingegen impliziert eine starke Ausrichtung an Kundenbedürfnissen. Hierbei betont Hofstede (2001,
S. 399 f.), dass diese nicht unbedingt mit einer hohen Resultatorientierung einhergehen muss.
Nachdem mit den sechs Kulturdimensionen nach Hofstede et al. ein weiteres Instrument zur Charakterisierung von Unternehmenskulturen vorgestellt wurde, wird nun das Augenmerk auf die Unternehmen umgebende Landeskultur gerichtet. Diese ist vor allem bei grenzüberschreitenden M&A von besonderer Bedeutung.
Wie schon bei der Darstellung der Kulturtypologien von Deal/Kennedy deutlich geworden ist, sind Unternehmenskulturen in einen Komplex sie umgebender Kulturen – sogenannter Umkulturen – eingebettet und werden von ihnen beeinflusst. Neben der Branchenkultur sind dies die Privat- und die Gesellschaftskultur (vgl. Krystek 1992, S. 542 f.). Kulturelle Standards einer Gesellschaft werden durch die Landeskultur bestimmt. Dieser widmet sich Hofstede mit der Charakterisierung anhand fünf empirisch belegter Landeskulturdimensionen.
Im Einzelnen sind dies (1) hohe vs. geringe Machtdistanz (power distance), die sich auf den Umgang mit der ungleichen Verteilung von Macht in der organisationalen Interaktion von Menschen bezieht, (2) Unsicherheitsvermeidung (uncertainty avoidance), deren Ausprägung angibt, wie Menschen mit ungewissen Situationen bzw. der Zukunft umgehen, (3) Individualismus vs. Kollektivismus (individualism vs. collectivism), die zeigt, ob Menschen sich als Individuen oder als Teil einer Gruppe sehen, (4) Maskulinität vs. Femininität (masculinity vs. femininity), deren Grad bestimmt, wie emotionale Rollen in der Gesellschaft verteilt sind, sowie (5) Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung (long-term vs. short-term orientation) (vgl. Hofstede 2001, S. 29).
Trotz seiner augenscheinlichen Plausibilität gibt es Kritik an dem Konzept, da es aus der Untersuchung nur einer Organisation (IBM) entstanden ist und Kulturkreise, nicht aber immer Landeskulturen differenziert reflektiert (vgl. z.B. Langer 1999, S. 64).
Während Hofstedes Ansatz dennoch der in Literatur am häufigsten angeführte ist, bietet die Wissenschaft zur Erfassung von Landeskulturen auch die Messung anhand anderer Dimensionen an. Beispiele sind die Zeit- oder Raumvorstellung, Kontextualität sowie kognitive Prozesse (vgl. Girkinger/Stiegler 2001, S. 396).
Die Vorstellung einiger zentraler theoretischer Grundlagen zur Unternehmenskultur wird nun mit der Darstellung ihrer Funktionen bzw. Effekte abgeschlossen.
Um zu zeigen, warum Unternehmenskultur im Rahmen von M&A einen wichtigen Faktor darstellt, werden nun ihre positiven aber auch ihre Konfliktpotential bergenden negativen Effekte kurz umrissen.
Aus Platzgründen und wegen der begrenzten Notwendigkeit, an dieser Stelle eine große Zahl von Quellen zu besprechen, geschieht ersteres anhand der von Keller (1990) vorgenommenen Einteilung in primäre und sekundäre Funktionen bzw. Effekte. Der Darstellung der primären Funktionen folgt die Präsentation der sekundären Funktionen anhand einer Abbildung.
Dadurch, dass Unternehmenskultur „im Psychosystem des einzelnen Individuums stark verankert ist und somit als eine entscheidende Verhaltensdeterminante betrachtet werden kann“ (vgl. Keller 1990, S. 214), kommt Unternehmenskultur eine Ordnungsfunktion zu. Aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit übt sie des Weiteren eine Stabilisierungsfunktion aus. Dies kann mit ihrem, wie bereits im Rahmen der Präsentation des Kulturebenenmodells von Schein dargestellt, nur langsam wandelbaren Charakter begründet werden. Ein dritter primärer positiver Effekt von Unternehmenskultur liegt in ihrer Sinnvermittlungsfunktion. Diese wird über Bedeutungs- und Bewertungsmuster erlangt. Sie helfen bei der Identifikation Ziel führender bzw. sinnvoller Handlungsalternativen (vgl. Keller 1990, S. 214 f.). Mittels ihrer Rationalisierungsfunktion schafft Unternehmenskultur einen Rahmen für die Interaktion von Organisationsmitgliedern in Strukturen und Prozessen (vgl. Keller 1990, S. 215).
Die sekundären Funktionen, die die primären Funktionen weiter differenzieren, werden in nachfolgender Abbildung wiedergegeben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Primäre und sekundäre Funktionen der Unternehmenskultur (vgl. Keller 1990, S. 216)
Neben diesen positiven Funktionen birgt Unternehmenskultur aber auch negative Effekte, die die erfolgreiche Gestaltung von M&A gefährden können.
Schreyögg (2003, S. 477 f.) nennt exemplarisch fünf solcher Effekte. Zunächst ist dies eine Tendenz zur Abschließung gegen Phänomene, die nicht im Einklang mit der eigenen Unternehmenskultur sind. Eine Abwertung neuer Orientierungen und Wandelbarrieren erschweren die Erzielung von Veränderung. Ähnliches gilt für die Fixierung auf traditionelle Erfolgsmuster. Sie hemmt die Aneignung neuer Handlungsweisen. Das sogenannte „Kulturdenken“ bewirkt, dass keine anderen als kulturkonforme Sichtweisen zugelassen werden.
Es scheint schlüssig, dass sich im Rahmen von M&A beim Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen vor allem die Tendenz zur Abschließung als problematisch erweist und sowohl bei nationalen wie bei internationalen Transaktionen besondere Berücksichtigung finden sollte.
Da es sich bei Unternehmenskultur um ein höchst individuelles Phänomen handelt, muss abschließend angemerkt werden, dass nicht jede Kultur die genannten positiven oder negativen Effekte in derselben Intensität aufweist. Nur wenn eine starke Unternehmenskultur vorliegt, haben die Funktionen eine Verhalten steuernde Wirkung (vgl. Nahavandi/Malekzadeh 1993, S. 19 ff.). Diese kommt auch bei Unternehmenszusammenschlüssen zum Tragen und determiniert, inwieweit Widerstände gegen die teilweise Veränderung der Kultur entstehen.
Nach der Darstellung des Wesens von Unternehmenskultur folgt nun eine Einführung in M&A.
Für das in der ersten Merger-Welle (1895-1904) eingeführte Begriffspaar M&A gibt es in der Literatur keine einheitliche Definition bzw. begriffliche Abgrenzung (vgl. Wirtz 2003, S. 14). Häufig werden beide Terme synonym verwendet.
Kern von Mergers (dt. Fusionen) und Acquisitions (dt. Unternehmensübernahmen) ist der Zusammenschluss bzw. die Verknüpfung von Unternehmen (vgl. z.B. Wirtz 2003, S. 15; Wöhe 2002, S. 302). Bei Fusionen geben beide ihre wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit auf, um eine neue Einheit zu bilden. Unternehmenskäufe hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass das übernommene Unternehmen seine rechtliche Selbständigkeit beibehält. Die wirtschaftliche Leitung geht auf den Erwerber über (vgl. Wirtz 2003, S. 15 f.). Abgrenzungsmerkmal ist damit die sogenannte Bindungsintensität (vgl. Wöhe 2002, S. 302f.).
Autoren wie Buono/Bowditch weisen darauf hin, dass in der Praxis häufig von Akquisitionen als Fusionen gesprochen wird, wenn der Adressatenkreis Nutzen aus erwarteter Gleichordnung der Transaktionspartner zieht (vgl. Buono/Bowditch 1989, S.60 f.).
Ziel von M&A als strategisches Geschäftsentwicklungsinstrument ist immer die Generierung des sogenannten „2+2=5 Effektes“ (vgl. Cartwright/Cooper 1992, S. 23). Durch Zusammenlegung der Geschäftsaktivitäten zweier Unternehmen soll ein Ergebnis erzielt werden, das die Summe der Ergebnisse der unabhängig agierenden Unternehmen übersteigt. Wirtz (2003) nimmt aus Käufersicht eine Einteilung in strategische, finanzielle und persönliche Motive vor. Im Zentrum strategischer Motive steht die Nutzung von Synergieeffekten durch die Zusammenlegung von Unternehmensaktivitäten zur Erhöhung der Wertschöpfung und Verbesserung der Wettbewerbsposition. „Unter Synergien wird im M&A-Kontext verstanden, dass sich mit der wirtschaftlichen Vereinigung zweier Unternehmen ein Wertzuwachs einstellt.“ (vgl. Wirtz 2003, S. 58). Oberstes Ziel ist dabei die langfristige Gewinnmaximierung (vgl. Wöhe 2002, S. 305). Synergien manifestieren sich in quantitativen und qualitativen Markt-, Leistungs- und Risikomotiven.
Finanzielle Motive sind von dem Streben nach erhöhter Rentabilität durch kapitalmarktbedingte, bilanzpolitische oder steuerliche Vorteile geprägt. Sie beziehen sich häufig auf die kurze bis mittelfristige Sicht (vgl. Wirtz 2003, S. 65) und sollen daher an dieser Stelle nicht weiter thematisiert werden. Dasselbe gilt für persönliche Motive auf der Unternehmensführungsebene, die aufgrund von Selbstüberschätzung, Entlohnungssystemen oder Erwartungen hinsichtlich Macht oder Arbeitsplatzsicherheit zur Wahl von M&A als Gestaltungsinstrument führen (vgl. Wirtz 2003, S. 69 ff.).
Es soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass ich mich in meiner Arbeit der Betrachtungsweise von Gerpott (1993) anschließe. Im Zentrum des Interesses stehen langfristige M&A-Transaktionen, bei denen eine zumindest minimale Integration der Unternehmensaktivitäten erwogen wird. Private Equity M&A’s oder andere Formen, bei denen – im Fall von Unternehmensübernahme – das erworbene Unternehmen lediglich eine Finanzanlage darstellt, sollen weitgehend unberücksichtigt bleiben.
Nach diesem exemplarischen Überblick über Motive und Ziele von M&A wird nun erläutert, welche Formen Unternehmen wählen können, um diese zu realisieren.
Eine ausführliche Übersicht zu Gliederungskriterien von M&A-Typen geben neben anderen Autoren Gerpott (2003, S. 42) und Wöhe (2002, S. 303). Zu den Kriterien zählen die Ähnlichkeit der bearbeiteten Produkt-Markt-Felder bzw. Art der verbundenen Wirtschaftsstufen, der Grad der Zustimmung der Unternehmensleitung der Zielunternehmen zu Akquisitionen, die Zahl ernsthafter Erwerbsinteressenten sowie Finanzierungsformen und steuerliche Auswirkungen. Obwohl diese von Gerpott durch seine Fokussierung auf den deutschen Akquisitionsmarkt nicht explizit genannt wird, kann hier sicherlich auch der Grad der Internationalität bzw. Grenzüberschreitung von M&A angeführt werden. Diesem Unterscheidungsmerkmal kommt u.a. wegen der unter 2.3.3. beschriebenen länderspezifischen Kulturdimensionen nach Hofstede (2001) Bedeutung zu.
In der Darstellung konzentriere ich mich auf die Beschreibung von Typen anhand der Art der verbundenen Wirtschaftsstufen, weil dies für die strategische Ausrichtung von M&A von zentraler Bedeutung ist, und zudem in weiten Teilen der Literatur die Meinung vertreten wird, dass „der [in dieser Arbeit noch zu thematisierende] Integrationsbedarf… mit zunehmender Geschäftsverwandtschaft der beteiligten Unternehmen“ steigt (vgl. Gerpott 2003, S. 45). Wegen seiner – wenn auch in der Literatur nicht ausführlich besprochenen – Relevanz für unternehmenskulturbezogene Konflikte soll auch das Typenmerkmal Zustimmung der Unternehmensleitung kurz angesprochen werden.
Nach Art der verbundenen Wirtschaftsstufen werden horizontale, vertikale und konglomerate M&A unterschieden. Horizontale Zusammenschlüsse zeichnen sich durch die Tätigkeit beider Transaktionspartner in derselben Branche aus. Mit Blick auf die Motive für M&A nach Wirtz (2003) werden horizontale M&A vor allem aus Markt- oder Leistungsmotiven vollzogen.
Ein vertikaler Unternehmenszusammenschluss liegt vor, wenn Erwerber und Zielunternehmen auf einer vor- oder nachgelagerten Leistungsstufe angesiedelt sind (vgl. Gerpott 2003, S. 43). Hierbei werden Rückwärts- und Vorwärtsintegration unterschieden. Die Wahl dieses Typs erfolgt i.d.R. aus Risikomotiven zur Sicherung des Zugangs zu Ressourcen oder des Absatzes von Produkten (vgl. Wöhe 2002, S. 304).
Agieren beide Transaktionspartner auf völlig unterschiedlichen Produkt-Markt-Feldern (vgl. Gerpott 2003, S. 43 f.) und ist auch eine vertikale Verbindung nicht gegeben (vgl. Wöhe 2003, S. 304), spricht man von konglomeraten M&A. In der Erschließung eines gänzlich neuen Geschäftsfeldes kann dann ebenfalls die Realisierung von Risikomotiven identifiziert werden.
Am Grad der Zustimmung werden freundliche und feindliche M&A unterschieden. Feindlich ist eine Transaktion dann, wenn sie gegen den Willen der Unternehmensleitung und der Belegschaft vollzogen wird (vgl. Wirtz 2003, S. 21). Es ist anzunehmen, dass die im Abschnitt 3.5 zu beschreibenden Gefahren in einem solchen Fall verhältnismäßig stark ausgeprägt sind. Bevor hierauf eingegangen wird, werden nun die Hauptphasen des M&A-Prozesses erläutert.
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