Bachelorarbeit, 2024
41 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Frauenfiguren und lesbische Repräsentation im modernen Film
2.1 Psychoanalyse als Grundlage der feministischen Filmtheorie in den 1970er und 1980er Jahren (malegaze)
2.2 Verlangen und homosexuelle Liebe im Film
2.3 Weitere Entwicklungen hin zur modernen Filmtheorie
2.4 Queer Theory und Heteronormativität
3. Inhaltsangabe zum Film „Porträt einer jungen Frau in Flammen“
4. Analyse
4.1 Marianne als Künstlerin im 18. Jahrhundert
4.2 Mariannes und Héloïses Annäherung
4.3 Weibliche Solidarität und der Gegenentwurf zur heteronormativen Gesellschaft
4.4. Die Darstellung der lesbischen Liebesbeziehung
4.5. Bezüge zur Psychoanalyse
5. Fazit
6. Bibliographie
Die Darstellung romantischer Beziehungen ist seit jeher ein großes Thema im Film und daher auch in der Filmwissenschaft. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, das (sexuelle) Verlangen von Figuren filmisch zu inszenieren und gemäß dem Medium in Bildern, Tönen und Handlungen festzuhalten. Durch die Beziehungen von Figuren zueinander werden in Hollywood-Filmen meistens heteronormative Bilder von Paarbeziehungen reproduziert, aber auch andere Formen von Beziehungen tauchen auf und werden von der Filmindustrie verwertet. Besonders das klassische Hollywood-Kino ist prägend für die Darstellung romantischer Paarbeziehungen in westlichen Kulturen, da es als Medium gesellschaftliche Ideale abbildet und gleichzeitig reproduziert.
Bereits in den Grundzügen der feministischen Filmtheorie seit den 1970er Jahren wurden klassische Filme aus Hollywood deshalb für ihre meist männliche Sichtweise kritisiert: Der male gaze, den Laura Mulvey in den 70er Jahren erstmals in ihrem Text „Visual Pleasure and Narrative Cinema“ benannt hat, stützt sich auf den Begriff des gaze, also des Blickens aus Sicht der Psychoanalyse.1 Sie kritisierte unter anderem mithilfe von Sigmund Freud und Jaques Lacan, wie Frauenfiguren und Körper in Hollywoodfilmen inszeniert werden, nämlich vor allem als Objekte für den männlichen, heterosexuellen Blick.2 Dabei sind Aspekte wie Kameraführung, Schnitt und Ton ebenso wichtig wie die Rollen und Beziehungen selbst, die von Frauen verkörpert werden. So wird Geschlecht heteronormativ reproduziert, indem weiblichen Figuren bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden und sie dem Blick der (männlichen) Figuren sowie der Rezipienten des Mediums inszenatorisch ausgeliefert werden.
Filmtheoretikerinnen wie Mary Ann Doane oder Kaja Silverman führten das einflussreiche Konzept des male gaze früh in verschiedenen Bereichen weiter.3 In den 80er und 90er Jahren kamen so auch Einflüsse von Queerness hinzu, die die Binarität zwischen Mann und Frau in diesem Konzept weiter aufbrachen, während andere Theoretikerinnen auch Aspekte wie race oder Klassenunterschiede in ihre Analysen mitaufnahmen. Die feministische Filmtheorie wurde seitdem durch weitere Theoriebildung vor allem von der Gender-Forschung abgelöst und Filme als Texte besonders auf ihre Geschlechterdarstellungen und Repräsentation von Queerness analysiert.4
Dennoch oder gerade deswegen ist es interessant, aktuelle Filme in Hinblick auf die Geschichte feministischer Filmtheorie zu analysieren, die versuchen, den klassischen male gaze zu dekonstruieren oder einen female gaze zu inszenieren, der sich der Heteronormativität entgegenstellt, um so eine neue Selbstverständlichkeit in der Repräsentation queerer Beziehungen zu konstituieren. Die Darstellung von queeren Figuren im Film ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit Repräsentation, denn Filme sind Produkte von Ideologie und verhandeln Rollenbilder neu, indem sie zum Beispiel Figuren, die von einer gesellschaftlichen Form von Beziehung abweichen, negativ kodieren oder nur oberflächlich feministische Diskurse bedienen wollen. Es gibt aber immer mehr Filme, die versuchen, sich durch ihre Figuren an eine gelungene Repräsentation anzunähern und so neue Perspektiven ermöglichen.
Ein bekanntes Beispiel der letzten Jahre ist der 2019 erschienene Film ,, Porträt einer jungen Frau in Flammen (im französischen Original: „Portrait de la jeune fille en feu“) von der Regisseurin Céline Sciamma.5 Der Film erzählt die fiktionale Liebesgeschichte zweier Frauen im 18. Jahrhundert in Form eines Dramas. Die eine soll von der anderen für ihren zukünftigen Mann porträtiert werden, weigert sich jedoch, ein bloßes Objekt zu bleiben und erwidert den Blick auf die Malerin, wodurch sich im Verlauf ein gegenseitiges Verlangen und schließlich eine romantische Beziehung entwickelt, die letztlich zum Scheitern verurteilt ist. Der Film wurde vielfach für seine Darstellung einer lesbischen Beziehung auf Augenhöhe gelobt. Kritiker*innen statuierten ihm eine repräsentative Darstellung weiblicher Perspektive von Verlangen auf allen Ebenen, das heißt, auf textimmanenter Ebene als auch auf Rezeptionsebene.6 Gerade die klassische feministische Filmtheorie scheint in der Rezeption des Films und in der Diskussion über die Regisseurin eine entscheidende Rolle zu spielen. Auf die Frage hin, was die Regisseurin Céline Sciamma sich unter einem „Manifest des weiblichen Blicks“ vorstelle, antwortete sie in einem Interview im Tagesspiegel über das lesbische Liebespaar in ihrem Film: „Ich wollte eine Liebesgeschichte auf Augenhöhe erzählen, im Film gibt es kein genderspezifisches Machtgefälle. Das war mir wichtig, besonders für eine Zeit, in der Geschlechterungleichheit der gesellschaftliche Normalzustand war.“7
Diese Arbeit soll daher analytisch aufarbeiten, was die im Film dargestellte Beziehung der Frauen zueinander besonders macht und ob sich über die Repräsentation hierdurch wirklich eine Art female gaze entwickelt hat beziehungsweise wie Heteronormativität durch die Darstellung von Geschlecht in diesem Werk umgekehrt wird. Es geht außerdem um die Frage, mit welchen Mitteln des Mediums es die Regisseurin schaffen konnte, diese fiktionale Liebesgeschichte, die in der Vergangenheit angesiedelt ist, so modern umzusetzen. Da sich der Film durch bewusste Entscheidungen in der Thematik als auch in der Inszenierung und in der Rezeption sehr auf die feministische Filmtheorie stützt, bietet es sich an, die grobe Entwicklung der Theorie bei der Analyse miteinzubeziehen, um die Referenzen, die im Werk Vorkommen, bei der Interpretation einzuordnen. Anhand dieser Entwicklung hin zu einer modernen queeren Analyse des Werks kann die Frage erörtert werden, wie und ob es der Film schafft, Repräsentation zu konstituieren und wie die Filmtheorie sich dem Thema Repräsentation mit Hilfe der Queer Theory über die letzten Jahrzehnte angenähert hat.
Dafür ist die theoretische Einordnung des gaze notwendig. Von Mulvey, Silverman und De Lauretis bis hin zu modernen Vertreterinnen feministischer Filmtheorie werden die Grundzüge eines male gaze und female gaze aufgezeigt und exemplarisch am Film angewandt. Die Entwicklung auf Grundlage der Psychoanalyse in feministischer Filmtheorie der 1970er Jahre hin zu den modernen Gender Studies hilft bei der Einordnung der Historizität des Films und dessen zeitgemäßer Rezeption. „ Porträt einer jungen Frau in Flammen“ steht nämlich in der Tradition dieser Theoriebildung und führt dessen Kritik am Mainstream-Kino in eine neue Ära von angenäherter Repräsentation von lesbischen Frauenfiguren. Dafür wird außerdem die Darstellung von Geschlecht untersucht in Hinblick auf Formen von Heteronormativität und Queerness im konventionellen Film. So soll festgestellt werden, ob und warum neue filmtheoretische Diskurse für die Analyse dieses Films relevanter sind, obwohl die klassische feministische Theorie bei der Analyse nicht ignoriert werden sollte.
In den 1970er Jahren entwickelte sich parallel zur Frauenbewegung auch in der Filmtheorie eine neue Denkweise, Filme zu interpretieren und Strukturen hegemonialer Männlichkeit aufzuzeigen.8 Diese feministische Theoriebildung wollte filmische Gender-Repräsentationen ideologiekritisch untersuchen, um repressive Strukturen, aber auch emanzipatorische Möglichkeiten des Mediums Film aufzuzeigen. Feministische Filmarbeit umfasste die Frauen im Publikum wie auch Analytikerinnen, die Filmmacherinnen, als auch die Arbeit von Frauen in der Film- und Fernsehindustrie.9 Diese Auseinandersetzung mit Filmen aus feministischer Sicht konzentrierte sich hierbei zuerst auf die Schwerpunkte Theorie und Geschichte.10 Es ging unter anderem darum, Repräsentationen von Weiblichkeit in filmischen Formen theoretisch festzuhalten, aber auch um die Filmarbeit von Frauen in Mainstream und Avantgarde.
Laura Mulvey skizzierte 1975 die Idee eines male gaze im Hollywoodfilm, den sie zu dieser Zeit auf eine politische Lesart der Psychoanalyse stützte.11 Dieser Begriff hat sich seitdem in der feministischen Lesart der Filmwissenschaften etabliert. In ihrem Text ‘Visual Pleasure and Narrative Cinema’, in dem sie diesen Terminus erstmals umfassend beschreibt, nutzt sie vor allem Ideen des Psychoanalytikers Jaques Lacan und dessen Idee, das Unbewusste sei wie eine eigene Sprache strukturiert. Dieser Text prägte die feministische Filmtheorie und dessen Diskurs das nächste Jahrzehnt grundlegend.12 Zusammen mit Claire Johnstons Artikel „Women’s Cinema as Counter Cinema“ markiert Mulveys Text die Wende von einer „Untersuchung filmischer Inhalte zur Analyse filmischer Repräsentationsformen.“13 So wird in diesem Text erklärt, wie das unbewusste Wirken patriarchaler Strukturen in der Gesellschaft durch die Filmanalyse offen gelegt werden kann.14 In Filmen stellen „sich Aktivitäten wie der Blick, das Handeln und die raumgreifende Bewegung als männlich dar, d.h. sie werden an männliche Protagonisten gekoppelt, während Körperlichkeit und Sexualität, sowie Angesehen-werden, Passivität und Warten als die Handlung retardierende oder außer Kraft setzende Momente weiblich codiert werden.“15
Mulvey bezieht sich auf Lacan und dessen Annahme, dass die menschliche Identität oder das Ego sich im sogenannten Spiegelstadium ausbilden.16 Hierbei erkennt ein Kind sich das erste Mal selbst im Spiegel und identifiziert sich fortan mit diesem Selbstbild. Daraus entsteht jedoch eine bildliche Dissonanz, da das Spiegelbild ein ideales Ego repräsentiert: Perfekt, idealisiert und kontrolliert, ganz im Gegensatz zum eigentlichen Körper des Kindes, der zu diesem Zeitpunkt noch unkontrolliert, hilflos und stumm ist. Menschen, so Lacan, werden deshalb ihr Leben lang von diesem Idealbild ihres Selbst heimgesucht.17
Mulvey statuiert dem Zuschauer auf Basis dieser Idee zwei Formen von Beziehung zu Figuren im Film:18 Einmal beschreibt sie dieses Verhältnis als aktive Skopophilie, das heißt, eine Person im Film wird vom Zuschauer als ein fremdes, erotisches Objekt identifiziert, was im konventionellen Kino oft weiblichen Figuren zugeschrieben wird. Und zweitens können Filmfiguren als eine Form von Narzissmus zur Bildung des eigenen Egos dienen, bei dem der Zuschauer sich wie im Spiegelstadium mit dem dargestellten auf eben diese Weise identifiziert.
Mulvey beobachtete außerdem drei Arten des Schauens im Medium Film: Den Blick der Kamera auf eine gefilmte Realität, den Blick des Publikums auf ein filmisches Produkt und den Blick der Figuren im Film zueinander.19 Durch die Konventionen im narrativen Kinofilm vergessen die Zuschauenden durch filmische Mittel, dass sie nur bewegte Bilder anschauen. Der erste und der zweite Blick werden also durch filmische Mittel oft zugunsten des dritten ausgeblendet. Hierdurch entsteht eine überzeugende Illusion einer eigenen Welt, in denen der meist männliche Protagonist als Surrogat des Zuschauers dient.20 Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten im konventionellen Kino viel getan hat in Hinblick auf Repräsentation in der Auswahl der Figuren und Protagonistinnen und Mulvey sich in den 70er Jahren auf noch ältere, klassische Hollywood-Filme konzentriert hat, sind diese grundsätzlichen Verbindungen zwischen Film, Filmproduktion und Rezeption noch immer relevant in der Film- und Medienwissenschaft.
Schon in den folgenden Jahren nach Mulveys ’Visual Pleasure and Narrative Cinema’ haben verschiedene Filmwissenschaftlerinnen den Begriff des male gaze und der feministischen Filmtheorie auf verschiedene Bereiche erweitert. Die Diskussion um einen male gaze im Film wirft beispielsweise recht schnell die Frage danach auf, ob es auch einen female gaze gibt und wie weibliche Zuschauerinnen Filme rezipieren und weibliche Regisseurinnen neue Filme gestalten können. So schrieb die Filmwissenschaftlerin Mary Ann Doane 1982 über das Problem als weibliche Rezipientin von Filmen.21 Für sie liegt das Problem darin, dass Frauenbilder potenziell zu einer fehlenden Distanz zwischen Zuschauerin und der weiblichen Figur führen können. Denn die weibliche Zuschauerin hat oft nur zwei Optionen: Sich entweder mit dem Bild der Frau im Film identifizieren und emotional mit der weiblichen Figur verbunden zu sein oder die weibliche Figur als eigenes narzisstisches Objekt der Begierde zu identifizieren. Aus einer feministischen Perspektive heraus kritisiert Doane diese Optionen in Hinblick auf die Frauenrollen im konventionellen Film, da Zuschauerinnen sich so in einem falschen Frauenbild im Film verlieren. Ihre Lösung für die weibliche Zuschauerschaft ist es daher, dieses als Maskerade anzusehen.22 Das heißt, es kann ihnen helfen, Frauenfiguren in Filmen distanziert zu betrachten, um so dort konstruierte Frauenbilder kritisieren zu können. Durch die Wahrnehmung des Selbst als Bild werden die konstruierte Weiblichkeit und Heteronormativität zur Maskerade - damit verliert die Darstellung ihre Eindeutigkeit und wird offen für heterogene Gender- Repräsentationen.23 Dennoch werden laut Doane vor allem Frauenfiguren, die selbst maskieren, wie zum Beispiel der Topos der Femme Fatale, die sich im Film den Blick von Männern aneignet, letztlich in der Logik des jeweiligen Films dafür bestraft.
Durch das Beschäftigen mit der weiblichen Zuschauerschaft von Filmen stellten feministische Theoretikerinnen Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Frauen heraus, zum Beispiel geprägt durch Erfahrungen der Klasse, Sexualität oder race.24 Studien kamen beispielsweise zu dem Ergebnis, dass der Blick von lesbischen Zuschauerinnen von Mainstream-Filmen die männlich konstruierte Perspektive überschreiben kann, sodass diese Filme auch entgegen der Intention trotz fehlender Repräsentation positiv von dieser Gruppe rezipiert werden.25
In ‘White Privilege and Looking Relations: Race and Gender in Feminist Film Theory’ von 1988 erweitert Jane Gaines die feministische Filmtheorie mit Kritik an der Psychoanalyse, die grundsätzlich von vielen feministischen Theoretikerinnen genutzt wurde.26 Konkret führe diese Art der Analyse nämlich dazu, dass man in einer binären Opposition von männlich und weiblich stecken bleibt, die vor allem weiße Mittelklasse-Werte unterstützt, ohne andere Formen von Unterdrückung oder Macht zu bedenken. In ihrer intersektionalen Analyse stellt sie zum Beispiel heraus, dass viele schwarze männliche Figuren im amerikanischen Mainstream-Kino im Vergleich zu den weißen Männerfiguren nicht die gleiche Macht oder das Privileg des sexuellen Schauens haben. Das heißt, race ist ein wichtiger Faktor im male gaze. In den Vereinigten Staaaten von Amerika kann dies historisch auf die Machtverhältnisse von schwarzen und weißen Menschen während der Zeit der Sklaverei zurückverfolgt werden. So wurde früh der ursprüngliche male gaze um diese Dimension erweitert und nach einer Filmtheorie gefragt, die schwarze Menschen angemessen in Hinblick auf die Geschichte repräsentiert.
In ihrem Buch „The Accoustic Voice“ beschäftigt sich Kaja Silverman 1988 außerdem erstmals mit dem Konzept der weiblichen Stimme und erweitert die bisherige feministische Kritik an Hollywoodfilmen um den Ton.27 Sie argumentiert, dass das klassische Kino besessen vom Klang der weiblichen Stimme sei. Das heißt, die Stimmen von Frauenfiguren im Film sind oft verbunden mit körperlichen Spektakel wie zum Beispiel Schreien, Weinen oder Keuchen. Der Ton ist meist synchron mit dem Bild und sie haben trotz ihrer auffälligen Laute keine autoritäre Stimme im Narrativ. Diese Synchronisation, die im klassischen narrativen Kino vor allem Frauenfiguren erfahren, heißt, dass der Sound synchron mit dem Bild abläuft, sodass die Illusion entsteht, dass das Bild direkt zum Zuschauer spricht, obwohl der Ton natürlich extra aufgenommen und abgemischt wird.28 Als Rezipient ist man natürlich an diese Form von Synchronisation zwischen Figur und Stimme gewöhnt, und laut Silverman wird dies sowohl bei Männer- als auch Frauenfiguren genutzt, aber deutlich häufiger bei Frauenfiguren. Elemente wie Voiceovers, das heißt Stimmen der Figuren asynchron zu ihren Körpern, bleiben dagegen eher Männerfiguren Vorbehalten, die von einer privilegierten Perspektive außerhalb der filmischen Diegese heraus das Narrativ bestimmen.29
In ihrer Kritik an der Verwendung des Begriffs „Blicken“ (gaze) in der feministischen Filmtheorie untergräbt Silverman zudem die übliche Binarität zwischen Zuschauer und Spektakel.30 Für sie besteht das Problem des Erzählkinos nicht darin, dass Männer Frauen begehren und dies angeblich durch ihr Blicken zum Ausdruck bringen, sondern darin, dass sich männliche (und weibliche) Subjekte mit einem objektivierenden, kontrollierenden Blick identifizieren, der den beschriebenen Mangel im psychoanalytischen Sinne auf Frauen verlagert. Sie argumentiert, dass der Schauplatz kultureller Auseinandersetzung nicht der Blick, sondern das Bild sein sollte, das sie als das sich kulturell verändernde Bildrepertoire, durch das wir sehen und gesehen werden, neu erfindet.31
Auch die Idee der Konstruktion von Verlangen und der Liebe zwischen Frauen wurde in der feministischen Theorie bereits in den 80er und 90er Jahren weiter untersucht. Die feministische Literaturwissenschaftlerin Terea de Lauretis sprach zum Beispiel lieber von lesbischer Repräsentation als von lesbischem Ausdruck und argumentiert, dass lesbisches Verlangen keine Eigenschaft sei, die Menschen besitzen, die als Lesben „vordefiniert“ sind.32
„Homosexualität“ zum Beispiel wurde im medizinischen Diskurs des 19. Jahrhunderts als Kategorie erfunden und laut Michelle Foucault erstmals 1870 in einem deutschen Artikel erwähnt.33 Der Begriff „Homosexuell“ bezeichnete eine sexuelle Identität und ersetzte das, was früher als eine Reihe von Handlungen (Sodomie) bekannt war. Nach dieser Auffassung ist Homosexualität eine in der Gesellschaft diskursiv konstruierte Wissenskategorie und keine feste Realität. Zudem übersehe aber auch Foucault die soziale Konstruktion der weiblichen Homosexualität zugunsten der männlichen Homosexualität. Die lesbische Repräsentation wurde in der Vergangenheit mit Unsichtbarkeit in Verbindung gebracht, teilweise aufgrund der Unsichtbarkeit, die die Kultur von Frauen historisch anlastet. In den heutigen postmodernen Medien haben sich diese Fragen der Sichtbarkeit jedoch verschoben. Filmproduktionen haben das kommerzielle Potenzial des „Lesben-Chic“ und seine Fähigkeit erkannt, das Mainstream-Publikum zu erreichen.34 Dennoch wird diese Kategorie meist auf eine ganz bestimmte Art und Weise im Film codiert.
Obwohl die Liebe zwischen zwei Frauen stattfindet, bleiben die heterosexuellen Annahmen der ödipalen Erzählstruktur oft intakt, die De Lauretis in ihrem Buch „Alice Doesn't“ beschrieben hat, in der ein aktives männliches Subjekt ein zögerliches weibliches Objekt verfolgt und dessen Widerstand schließlich überwindet.35 Homosexualität sei so nichts anderes als Heterosexualität - und das reiche nicht aus, um Licht auf die spezifische Differenz zu werfen, die eine lesbische Subjektivität ausmacht.
Wenn es um das Verlangen geht, beschrieb De Lauretis, dass Heterosexualität „Frauen doppelt aufgezwungen wird“ - erstens „in dem Sinne, dass Frauen sich im Verhältnis zu Männern sexuell fühlen können und müssen“, und zweitens „in dem Sinne, dass sexuelles Verlangen zum Anderen gehört.“36 In dieser üblichen Sichtweise können die Gefühle einer Frau gegenüber einer anderen Frau nicht sexuell sein, „es sei denn, es handelt sich um eine „Vermännlichung“, eine Usurpation oder eine Nachahmung des Verlangens des Mannes.“ Sigmund Freud als Begründer der Psychoanalyse selbst sei verantwortlich für diese Sichtweise, denn seiner Meinung nach kann eine aktive Libido nur männlich sein. In der orthodoxen psychoanalytischen Interpretation wird lesbisches Verlangen deshalb im Sinne eines „Männlichkeitskomplexes“ konstruiert.37
In ihrem Beitrag „Feministische Filmtheorie und Genderforschung“ im Handbuch Filmtheorie beschreibt Heike Klippel den historischen Werdegang feministischer Filmtheorie von den beschriebenen Anfängen, die sich auf die Psychoanalyse stützten, hin zu moderner Geschlechterrepräsentation und Alternativen zum Mainstream-Kino, die immer mehr Beachtung in der Filmwissenschaft fanden.38
Das Interesse für diese Alternativen konzentrierte sich im angloamerikanischen Raum auf den Avantgarde-Film, während in der Bundesrepublik Deutschland für eine Politik des Frauenfilms die Auseinandersetzung mit Autorenfilmen relevant war.39 Trotz Kritik an den autoritären Aspekten war die hier thematisierte Subjektivität ein relevantes Thema der Frauenbewegung: Der Autorenfilm wollte über die Umsetzung der Erfahrungen der Autorin dem Zuschauer einen Zugang zu diesen ermöglichen und bot somit auch den Filmen von Frauen und der Zuschauerin einen Raum für neue Konzepte, die heteronormative Grenzen aufzeigten.
Theorien von der Uneigentlichkeit von Geschlechterrollen im Film wurden im anglo-amerikanischen Diskurs verbreitet rezipiert und weiterentwickelt, während in der deutschen Theoriebildung die Begriffe Feminismus und Film zunehmend durch Gender und Medien abgelöst wurden.40 Grundlage hierfür ist laut Klippel Teresa De Lauretis’ Artikel „The Technology of Gender“ von 1987 sowie die Schriften Judith Butlers zur Performanz des Geschlechtlichen der 90er Jahre.41 De Lauretis kritisiere wie bereits beschrieben den oft verwendeten Begriff der Differenz aufgrund seiner binären Ausrichtung von männlich und weiblich und damit als letztlich in der westlichen, von hegemonialer Männlichkeit beeinflussten Perspektive gefangen.
Gender beschreibt dagegen ein gesellschaftliches Verhältnis und muss deshalb vom Begriff der sexuellen Differenz gelöst werden.42 Dieses Verhältnis konstruiere sich laut De Lauretis über Repräsentation und Selbstrepräsentation. Gendertheorie steht damit immer vor dem Problem, dass Genderkonstruktionen nicht distanziert kritisiert werden können. De Lauretis erweitert das Verständnis von Gender und Medien als Kulturtechnik. Ergänzt um einen Performativitätsbegriff in den Kultur- und Medienwissenschaften bedeute dies außerdem, dass Medien immer sich selbst wiederholend und damit zugleich als Medium konstituierend zu betrachten sind; Gender und Medien als einander bedingend sind keine fixierten Kategorien, sondern behaupten sich prozesshaft, wodurch immer auch die Möglichkeit der Veränderung gegeben ist.43
Feministische bzw. Gender-Filmtheorie bietet heutzutage sehr unterschiedliche Perspektiven.44 Es existieren laut Klippel sowohl interdisziplinär ausgerichtete Studien mit Beiträgen zu feministischer und Gender-Theorie mit medienwissenschaftlichen oder philosophischen Perspektiven, als auch theoretische Auseinandersetzungen mit den Thesen der genannten Autorinnen der feministischen Filmtheorie wie Mulvey, Silverman, De Lauretis oder Doane.45
Innerhalb des aktuellen Diskurses um Mainstream-Kinofilme vertrete Hilary Radner „die These eines vorherrschenden Postfeminismus, einer Art Feminismus light “46, der mit neoliberalen Logiken und Konsumkultur verbunden wird. Thema sind vor allem Diskussionen und Analysen von Werken, die „vermeintlich emanzipierte Frauenfiguren in eine konservative Geschlechter-Ideologie pressen.“47 Der Umgang mit dem Thema Postfeminismus konzentriere sich in erster Linie auf kritische Analysen ihrer medialen Repräsentationen. Dieser Ansatz sei laut Klippel repräsentativ dafür, dass Theoriebildung hier nicht mehr im Vordergrund stünde, sondern dass der Schwerpunkt auf der Auseinandersetzung mit konkreten Produktionen liege.48 Keine der neueren Veröffentlichungen beschränke sich auf das westliche Kino, ebenso wie nicht-heterosexuelle Repräsentationen mit einbezogen werden. Feministische und Gender-Filmtheorie hat sich in eine „Pluralität von Perspektiven ausdifferenziert.“49 Für die Analyse von „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ bietet sich dieser Ansatz auch an: Die Verweise auf klassische feministische Filmtheorie sind ebenso relevant wie die Frage nach medialer Repräsentation und ideologiekritischer Auseinandersetzung des Werks mit heteronormativen Geschlechter- und Beziehungsrollen.
Parallel zur feministischen Filmtheorie, die aus der Frauenbewegung der 70er Jahre stammt, entwickelte sich auch die heutige Queer Theory aus Schwulen- und Lesbenbewegungen aus dieser Zeit.50 Frustriert, auf die Sexualität oder das Geschlecht reduziert zu werden sowie als Kritik am politischen Diskurs, der von Heteronormativität geprägt war, forderten immer mehr Aktivistinnen einen intersektionalen Fokus, der andere Formen von Sexualität, Geschlechtsidentitäten, Klassen und race miteinbezog.51 Die Kritik an binären Begriffen und Zuschreibungen waren Herausforderungen der frühen Schwulen- und Lesbentheorie, den Feminismus und die Identitätspolitik zu dieser Zeit.52 Durch eine zunehmende Popularisierung des Werks von Michel Foucault und poststrukturalistischer Darstellungen von Subjektivität und sozialen Beziehungen, insbesondere in der Wissenschaft, wurden die Vorstellungen von sexueller Identität weiter hinterfragt. In poststrukturalistischen Darstellungen wird Subjektivität durch psychoanalytische Darstellung des gespaltenen Subjekts über die Foucaultsche Vorstellung des Subjekts als Agent und die Wirkung von Machtsystemen und Wissenssystemen dekonstruiert.53
Poststrukturalismus als auch die Queer Theory wollen den Irrglauben widerlegen, dass das Subjekt autonom, selbst erkennend und statisch ist. Das Ideal der Befreiung des „wahren Selbst“, welches sexuell unterdrückt ist, wird dem Begriff von Identität des Selbst also nicht ausreichend gerecht.54
Dieses vom Poststrukturalismus geprägte Grundverständnis von Identität ist wichtig für eine Queer Theory. In ihrem Buch „A critical Introduction to Queer Theory“ skizziert Nikki Sullivan diesen Zusammenhang, bevor sie David Halperins Definition von Queer aus dessen Werk „Saint Foucault“ folgendermaßen zitiert:
„Queer is by definition whatever is at odds with the normal, the legitimate, the dominant. There is nothing in particular to whidt it necessarily refers. lt is an identity without an essence. 'Queer' then, demarcates not a positivity but a positionality vis-a-vis the normative... [Queer] describes a horizon of possibility whose precise extent and heterogeneous scope cannot in principle be delimited in advance. ( 1995: 62)“55
Queer Theory konstituiert sich also als ein Satz von Praktiken und politischen Positionen, die versuchen, normatives Wissen und Identitäten in Frage zu stellen.56 Unter dem Begriff Queer können sich alle Identitäten sammeln, die sich nicht mit einer heteronormativen Lebensweise identifizieren. Sullivan betont jedoch die Problematik mit diesem Umgang des Begriffs, da er so verwendet wenig dazu beiträgt, das Subjekt zu dekonstruieren und auch die Unterschiede zwischen zum Beispiel Lesben und Schwulen und Transsexuellen nicht herausstellt und dazu tendiere, andere Differenzen von Klasse, Alter und mehr zu ignorieren.57
Es gibt folglich zahlreiche Diskussionen darüber, wie weit der Begriff Queer gehen soll sowie Kritik an diesem, wenn er wiederum selbst Gruppen ausschließt, nicht intersektional gedacht wird oder zu sehr männerdominiert assoziiert wird.58 Er kann aber grundsätzlich dabei helfen, konstruierte Konzepte von Sexualität und Geschlecht zu dekonstruieren. Eine dekonstruktivistische Herangehensweise an den hierarchisierten binären Gegensatz von Heterosexualität und Homosexualität etwa würde laut Sullivan nicht darin bestehen, die Begriffe umzukehren oder zu versuchen, die Konzepte oder die Beziehung zwischen ihnen insgesamt zu verneinen. Vielmehr würde eine dekonstruktivistische Analyse die inhärente Instabilität der Begriffe hervorheben und eine Analyse der kulturell und historisch spezifischen Art und Weise ermöglichen, in der sich die Begriffe und die Beziehung zwischen ihnen entwickelt haben, sowie dessen Auswirkungen.59 So würde beispielsweise eine dekonstruktivistische Lesart von Heterosexualität als etwas, das als natürlich oder ursprünglich, diskret und wesentlich dargestellt wurde, zeigen, dass Heterosexualität für ihre Identität auf ihr sogenanntes Gegenteil (Homosexualität) angewiesen ist. Heterosexualität (gelesen als das „Natürliche“) schließt automatisch ihr Gegenteil mit ein, indem sie es ausschließt (Homosexualität beziehungsweise das „Unnatürliche“). Homosexualität ist demnach ein verinnerlichter Aspekt der Heterosexualität und nicht ein externer Teil von dessen Identität.60 So kann diese Denkweise eines vermeintlichen Gegensatzes aufgelöst werden.
In der Filmtheorie ist es wichtig, „queere Filme nicht allein über ihren Gegenstand zu definieren (über eine Handlung mit ,queeren‘ oder LSBTI-Figuren), sondern als Filme, die selbst queer sind.“61 Hierbei geht es „um Filmformen, welche die heteronormative Sicht der Dinge auf unterschiedliche Weisen und in verschiedenen medienkulturellen Kontexten strukturell herausfordern.“62 Mithilfe der Queer Theory können so nicht nur das Dargestellte und die Art der Darstellung analysiert werden, sondern auch neue Erfahrungsweisen, die ein Film liefert, beschrieben werden. Das heißt, „ queere Filmtheorien analysieren nicht nur das Dargestellte und die Modi der Darstellung, sondern lassen sich darüber hinaus wahrnehmend und beschreibend auf ungewohnte Erfahrungsweisen ein.“63
In der Queer Theory ist Heteronormativität ein zentraler Begriff, „mit dem Naturalisierung und Privilegierung von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit in Frage gestellt werden.“64 Damit kann nicht nur die Binarität von Geschlecht und Heterosexualität kritisiert werden, sondern auch die damit einhergehenden Privilegierungen und Marginalisierungen sowie Machtverhältnisse analysiert werden. Die dekonstruktivistische Herangehensweise des Begriffs Queer in einem poststrukturalistischen Sinne kann zusammen mit der feministischen Filmtheorie bei der Analyse von Filmen helfen, die als natürlich codierten heteronormativen Identitäten des Films zu hinterfragen und in Beziehung zueinander zu setzen. Die Frage, ob der Film laut dieser Definition queere Figuren zeigt und deren Handlungen im Kontext des Plots helfen dabei, zu untersuchen, ob Heteronormativität vom Werk selbst dekonstruiert oder umgekehrt wird. Die reine Darstellung von Homosexualität beispielsweise dekonstruiert nicht automatisch den heterosexuellen Blick, den ein Film einnehmen kann. Wenn die Darstellung im Kontext zum Beispiel als „unnatürlich“ codiert wird oder als eine Ausnahme im sonst heterosexuellen Umfeld dargestellt wird, muss unter Bezugnahme des weiteren Kontext des Films interpretiert werden, ob Heteronormativität umgekehrt wird und queere Identitäten subjektiv repräsentiert werden.
„Porträt einer jungen Frau in Flammen“ erzählt eine dramtische Liebesgeschichte, die im späten 18. Jahrhundert auf einer abgelegenen Insel in der Bretagne spielt. Marianne (gespielt von Noémie Merant), eine Auftragsmalerin, wird dorthin geschickt, um Héloïse (gespielt von Adèle Haenel) zu porträtieren, ohne dass sie es merkt. Durch das Porträt soll die Hochzeit mit einem Mann aus Mailand gesichert werden, der zuvor mit Héloïses Schwester verlobt war. Diese Verbindung wurde durch ihren Tod, möglicherweise ein Suizid, aufgelöst. Die Beziehung zwischen Malerin und Motiv bestimmt zunächst die Handlung, Mariannes Beobachten ist durch ihre Arbeit motiviert. Bald schon wird dieser Blick aber durch ein erotisches Verlangen beziehungsweise ein tiefer gehendes Interesse am Gegenüber abgelöst und das Subjekt-Objekt-Verhältnis der beiden Frauen verändert sich mit dem weiteren Kennenlernen zunehmend. Héloïse lehnt es zunächst ab, porträtiert zu werden, denn dadurch soll die Vermählung mit einem ihr unbekannten Mann besiegelt werden. Ein Maler vor Marianne ist bereits erfolglos abgereist und nun soll sich Marianne als Gesellschafterin ausgeben, um Héloïse mehr oder weniger heimlich bei gemeinsamen Spaziergängen am Strand und auf den Klippen zu beobachten und schließlich zu porträtieren.
Marianne versucht Héloïses Wesen in einem Porträtgemälde zu erfassen. Als dieses fertig ist, zeigt Marianne es Héloïse und der wahre Grund ihres Besuchs auf der Insel wird aufgedeckt. Héloïse kritisiert jedoch das Gemälde, woraufhin Marianne es selbst ruiniert. Die Gräfin will daraufhin auch Marianne wieder fortschicken, aber Héloïse erklärt sich nun doch bereit, Modell zu sitzen und Marianne bekommt eine zweite Chance.
Als Héloïses Mutter für einige Tage verreist, kommen sich die beiden Frauen noch näher und es entsteht eine körperliche Beziehung zwischen ihnen. Sie entwickeln außerdem eine Freundschaft zur Kammerdienerin Sophie, die sie unter anderem dabei unterstützen, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Marianne und Héloïse sind sich schließlich emotional und körperlich so nah, dass es Marianne gelingt, Héloïses Wesen und ihr Lächeln authentisch in einem Gemälde festzuhalten.
Nach der Rückkehr der Gräfin müssen die beiden Figuren sich jedoch wieder trennen und der beinahe utopische Zustand der letzten Tage wird von der Realität eingeholt: Héloïse wird wie geplant nach Mailand verheiratet, Marianne wird später Kunstlehrerin für Frauen, wie am Anfang des Films etabliert. Marianne sieht Héloïse auf einem anderen Gemälde im Rahmen einer Ausstellung, auf dem Héloïse mit Kind dargestellt ist. Zuletzt sieht Marianne sie noch einmal aus der Ferne ihr gegenüber auf dem Rang sitzend bei einem Konzert, während Héloïse siejedochnichtbemerkt.
Im Folgenden soll vor allem auf die Beziehung der beiden Frauenfiguren Marianne und Héloïse eingegangen werden und anhand verschiedener Szenen die Darstellung von Geschlecht und Queerness untersucht werden. Inwiefern sind die beiden Figuren als queer codiert und wie kehren ihre Beziehung und ihr Verhalten Heteronormativität um? Wird hier ein female gaze konstituiert, der sich dem klassischen male gaze nach Mulvey entzieht oder gar entgegenstellt? Wo reiht sich der Film historisch ein in Hinblick auf Repräsentation einer lesbischen Liebesbeziehung? Dazu können außerdem andere Aspekte des Films herangezogen werden: Zum Beispiel ist der erzählerische Rahmen in seiner Historizität eine Herausforderung für die Frauenfiguren im Film: Héloïses geplante Ehe wird ökonomisch betrachtet, während Mariannes und Héloïses Beziehung auf Erotik und gegenseitigem Verstehen aufbaut. Diese Dichotomien und Differenzen, die das Werk aufmacht, können bei der Analyse genauer durchdrungen werden, um sich einer Lesart des Films zu nähern, die die feministische Filmtheorie genau so rezitiert wie auch eine poststrukturalistische Form von Queer Theory. Miteinbezogen werden außerdem bereits vorhandene Analysen über das Werk, die ebenfalls in der Tradition der feministischen Filmtheorie stehen und moderne Rezeptionsweisen aufzeigen.
Marianne als kreativ schaffende Künstlerin ist eine für die Zeit eher untypische Frauenfigur, die die Geschlechterverhältnisse hinterfragt und teilweise aktiv bekämpft. In der ersten Szene lehrt sie eine Gruppe von Frauen das Malen.65 In der Rolle als Lehrerin wird ihr auf diese Weise eine Autorität zugeschrieben, aber auch der diskursive Raum der Handlung des Films geschaffen: Es kommen vor allem Frauen vor, dessen gesellschaftliches Leben in unterschiedlichen Konstellationen sichtbar gemacht wird. Bevor die eigentliche Handlung in Form eines Flashbacks erzählt wird, sehen wir also, wo Marianne letztlich gelandet ist. Hier agiert sie als relativ kühle Autoritätsperson und so wird bereits deutlich, dass sie wahrscheinlich keine Liebesbeziehung (mehr) führt und ihre Energie vor allem in die Kunstdidaktik investiert.
Erst, als eine Schülerin das Porträt einer jungen Frau in Flammen aus dem Lager in den Klassenraum gestellt hat, erinnert sie sich an die Leidenschaft und bittersüße Tragik, die dieses Bild repräsentiert.66 Hierdurch wird die hauptsächliche Handlung des Films eingeleitet und eine gewisse Ambivalenz zur Objekt-Subjekt-Thematik verdeutlicht. Die porträtierte Frau ist Mariannes sprichwörtliches „Objekt der Begierde“. Sie hat dieses Bild in ihr Unterbewusstsein verbannt, bis es wieder (im übertragenen Sinne von ihrer Schülerin) hervor geholt wird. Außerdem wird durch die seltsame Art des Porträtierens mit brennendem Kleid klar, dass diese Begegnung offenbar kein positives Ende gefunden hat oder zumindest mit einer Art von Leidenschaft einher ging.
Emma Wilson erklärt in ihrem Text „Céline Sciamma. Portraits.“, dass die Figur der Marianne zwar fiktional ist, aber inspiriert von verschiedenen Künstlerinnen aus dem 18. Jahrhundert.67 Am ehesten passe der Charakter zu Elisabeth Vigée Le Brun, dessen Memoiren auch im Abspann des Films aufgeführt sind.68 In diesen wird unter anderem ihre Bewunderung für die Schönheit ihrer weiblichen Modelle geschildert und sie war dafür zuständig, Marie-Antoinette zu porträtieren.69 Ihre Unabhängigkeit und die Leidenschaft für ihre Kunst sind ein gutes Vorbild für Mariannes Figur im Film.
Marianne lässt sich zu Beginn von ihren Schülerinnen als Übung selbst porträtieren: Hier wird die Haltung erklärt, die auch später im Film Héloïse einnehmen wird. Wie Clara Bradbury-Rance in ihrem Text „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de la jeune fille en feu (2019)“ die Szene treffend beschreibt,70 hört man zunächst das Geräusch vom Zeichnen auf dem Blatt, noch bevor die Kohle auf das Blatt aufgesetzt wird und so Linien entstehen.71 Dann beginnen die Frauen die Konturen zu zeichnen und die Silhouette schemenhaft zu skizzieren.72 Die Blicke der Frauen auf Marianne wechseln sich ab mit ihren Händen auf dem Papier, bis wir als Zuschauende schließlich Marianne, die abgebildete Figur der Zeichnungen, erkennen.73 Hier wird der Begriff des Blickens (gaze) bereits etabliert.74
Marianne ist ein Abbild, eine Figur, die durch unseren Blick erst entsteht und Konturen erhält. Gleichzeitig wird sie von Frauen gezeichnet und ist als konstituierte Figur nicht wie im klassischen Kino vom male gaze abhängig. Vielmehr setzt sie sich aus den Ideen verschiedener Frauen zusammen, wenngleich sie sich hier selbst zunächst zum Objekt macht, welches aus der Wahrnehmung der anderen heraus entsteht: „Nehmen sie sich Zeit. Sehen sie sich mich genau an“, sagt sie ihren Schülerinnen.75 Wie sie sich später für ihr Motiv (Héloïse) Zeit nimmt und diesem näher kommt, um schließlich ihr Wesen einzufangen, versucht sie auch ihren Schülerinnen beizubringen, mehr im Gegenüber zu sehen als ein reines Objekt. Sie ist eine ambivalente Figur, da sie die heteronormativen Ansprüche an sie als Frau ablehnen kann und dennoch eine Filmfigur bleibt, die durch das Schauen, das heißt durch die Rezeption des Publikums existiert.
Dann spricht Marianne ihre Schülerinnen auf das Porträt einer jungen Frau in Flammen an, das wir als Zuschauende ab Minute 2:44, eingerahmt von den Köpfen zweier Schülerinnen, das erste Mal sehen.76 Sie werfen ihren Blick nach hinten auf das Bild und die Kamera zoomt ihren Blick folgend an das Gemälde heran, bis es das ganze Bild einnimmt. Zu sehen ist Héloïse, dessen Kleid am Saum brennt, über ihr ein stürmischer Himmel. Auf die Frage nach dem Titel sagt Marianne: „Porträt einer jungen Frau in Flammen.“77 Dies ist zugleich der Titel des Films und führt die eigentliche Handlung ein, die innerhalb des Films bereits „vor langer Zeit“ stattfand.
In der nächsten Szene sehen wir Marianne, die in einem Ruderboot zu der Insel unterwegs ist, auf der sie als Auftragsmalerin Héloïse porträtieren soll. Auch hier zeigt sich die Konstruktion des Films als Gegenentwurf heteronormativen Kinos: Marianne sehen wir zunächst von vorne im Boot.78 Die Männer, die vor ihr an den Rudern sitzen, haben ihren Blick nach hinten gerichtet, weg von der Kamera und Marianne.79 Derjenige, der vor den Ruderern am Bug steht, um sie anzuleiten, ist in dieser Einstellung zunächst nur halb zu sehen und blickt dann über Marianne hinweg zum Ufer.80 So werden die Gesichter beziehungsweise die Blicke der Männer kategorisch vom Film ausgeschlossen und ein heteronormativer Blick von Männern auf die Frauenfigur wird nicht etabliert. Die Kamera nimmt in dieser Szene vor allem Mariannes Perspektive ein, sodass nicht nur die männlichen Figuren nicht Mariannes Körper betrachten, sondern auch durch die Kamera eher eine Identifikation mit Marianne stattfindet als ein Blick auf sie.
Die Männer bleiben außerdem stumm und bis auf ihre Funktion als Ruderer passiv. Als Mariannes Malutensilien (die in Holz verpackten Leinwände für das Gemälde) ins Wasser fallen, springt sie ohne zu zögern hinterher, um die Kiste aus dem Wasser zurück ins Boot zu holen.81 Das verdeutlicht, wie sehr sie für ihre Kunst brennt und als aktive Figur handelt. Abgesehen davon, dass sie eine unverheiratete Malerin ist, was im 18. Jahrhundert zwar existent, historisch aber kaum sichtbar ist, verkörpert sie eine für die Zeit sehr unabhängige und selbstständige Frauenfigur. Auf der Insel angekommen, trägt sie durchnässt ihre Sachen nach oben zum Haus.82 Im Anwesen setzt sie sich schließlich nackt mit den noch feuchten Leinwänden ans Kaminfeuer, um zu trocknen und ihren Körper zu aufzuwärmen.83 Wie Bradbury-Rance beschreibt, wirkt Mariannes vorgebeugter Körper in dieser Einstellung fast so, als würde er seinen Schatten im Licht des Kaminfeuers auf die trocknenden Leinwände projizieren.84 Die zwei weißen Leinwände links und rechts von ihr antizipieren zudem die weitere Handlung des Films: Marianne wird mehr als ein einmal Héloïse porträtieren.
Es ist bezeichnend, wie Mariannes weiblicher Körper hier inszeniert wird: Er wirft zum Einen seinen Schatten auf weiße Leinwände. Diese werden letztlich wie schon in der Eröffnungsszene dazu genutzt werden, eine Frau abzubilden. Die Szene deutet also an, dass der weibliche Körper im Sinne der feministischen Filmtheorie ein Objekt ist, das über ein Medium eingefangen werden soll. Mariannes Körper strahlt aber zum Anderen trotz körperlicher Anstrengung in dieser Szene keine Schwäche aus. Wie selbstverständlich sitzt sie nackt am Kamin und zündet sich eine Zigarette an. Ihr Körper ist im Ganzen zu sehen und dennoch nicht besonders ausgeleuchtet. Das natürliche Licht des Kamins dahinter und einer Kerze lassen Marianne Teil der Mise en Scène werden, ohne dass ihre Nacktheit ihren Körper für den Blick des Publikums zum Objekt prosperiert. Vielmehr wirkt diese Einstellung wie viele andere im Film wie ein eigenes klassisches Ölgemälde mit dem Motiv einer selbstverständlichen Handlung. Dennoch wird Marianne selbst im weiteren Verlauf des Films zunächst versuchen, die Kunst nutzen, um Héloïse zum Objekt zu machen (auf die Leinwand zu bannen) und dadurch zu verheiraten. Ihr eigenes vom Film konstruiertes Bild als Frau deutet in diesen ersten Szenen bereits die Ambivalenz der weiteren Darstellung an.
Marianne muss sich ihrem Auftrag entsprechend durch den Blick Héloïse nähern. Sie erfährt von Sophie, dass bereits ein Maler vor ihr versucht hat, Héloïse zu porträtieren85 und findet schließlich das Gemälde, dass der erste Maler angefertigt hat.86 Hier ist das Gesicht verwischt, Mariannes Vorgänger hat es nicht geschafft, Héloïses Wesen durch ihr Gesicht und ihr Lächeln einzufangen. Die Szene, wie sie dieses zunächst verdeckte Gemälde hervorholt, ist im Dunkeln ohne Ton inszeniert worden und hat dadurch etwas Unheimliches. Da der Vorgänger offenbar männlich war, spielt das unfertige Gemälde auf den male gaze nach Mulvey an: Der weibliche Körper von Héloïse wird nicht im Ganzen eingefangen und ohne Gesicht zu einem reinen Objekt gemacht (es könnte jeder Frauenkörper im grünen Kleid sein). Das verwischte Gesicht deutet die Auslöschung der Subjekt-Identität Héloïses durch den male gaze an. Mariannes Reaktion im Gegenschuss scheint leicht schockiert, aber auch nachdenklich,87 schließlich muss auch sie sich im weiteren Verlauf dem Blick (gaze) bedienen, um Héloïse auf der Leinwand einzufangen. Die Kritik am heteronormativen Verhältnis zum weiblichen Körper wird in dieser Einstellung bereits deutlich.
Wäre Marianne eine männliche Figur, gebe es außerdem keinen Unterschied zu ihrem Vorgänger und so auch keine Umkehrung von heteronormativen Geschlechterverhältnissen. Sie würde sich Héloïse wahrscheinlich auf die gleiche Weise erfolglos nähern wie ihr Vorgänger. Später setzt sie das alte, unfertige Gemälde in Flammen,88 nachdem sie ihr erstes Gemälde von Héloïse heimlich fertig gestellt hat. Da sie sie in dieser Zeit bereits besser kennen gelernt hat und erfährt, dass auch Héloïse sich für sie interessiert, ist diese Geste filmisch sehr symbolisch: Das Feuer, dass sie mit der Kerze auf der Leinwand entfacht, beginnt dort, wo Héloïses Herz ist: An dieser Stelle im Film ist das gegenseitige Begehren bereits entfacht, zugleich ist dieses Gemälde ein Trugbild, das Marianne zerstört, weil sie Héloïses Wesen nun besser zu kennen glaubt.
Marianne trifft am Tag nach ihrer Ankunft Héloïses Mutter, eine Gräfin. Gemeinsam stehen sie vor einem Gemälde, auf dem die Gräfin als junge Frau selbst porträtiert worden ist.89 Im folgenden Gespräch kommt heraus, dass Mariannes Vater, der ebenfalls Maler war, die Gräfin in Mailand vor ihrer Hochzeit gemalt hat. Sie will ihrerseits nun mit Héloïse nach Mailand ziehen, wenn dessen Verehrer sie heiratet. Die Gräfin erklärt, dass Mariannes Vorgänger nie Héloïses Gesicht gesehen hat.90 Hier wird erneut deutlich, dass Héloïse sich dem male gaze aktiv entzieht, denn falls sie sich zum Objekt machen lässt, wird sie verheiratet. Auf diese Weise kritisiert der Film ökonomische Geschlechterverhältnisse des 18. Jahrhunderts mithilfe von Ideen, die die feministische Filmtheorie entwickelt hat. Wie Jackie Stacey in ihrem Text „Lesbian Cinema without Lesbians: Portraits, Lovers, Siblings“ beschreibt, ist die Geschichte von der Idee der psychoanalytischen und poststrukturalistischen Analyse des aktiven maskulinen Subjekts und des passiven femininen Objekts aus dem klassischen narrativen Kino im Film mit- beziehungsweise neu gedacht.91 Hier werden die austauschbaren Subjekte und Objekte des Begehrens in und durch die ökonomischen und kulturellen Systeme geformt, die sie letztlich unvorstellbar machen. Auch wenn die klassische Vaterfigur nicht auftaucht und durch die Gräfin als Frau ersetzt wird, entscheiden die ökonomischen Strukturen das Schicksal der Töchter als Tauschobjekte auf dem Hochzeitsmarkt.92
Im Gespräch ergibt sich die Andeutung vom Suizid Héloïses Schwester: Ihr wurde erzählt, dass Marianne sie auf Spaziergängen begleiten soll. Vorher durfte Héloïse das Haus außerdem nicht verlassen. Auf die Frage warum, antwortet die Gräfin: „Weil ich ihrer Schwester gegenüber zu nachsichtig war.“93 Auf Mariannes Frage erklärt Sophie später, dass Héloïses Schwester bei einem Spaziergang von den Klippen gestürzt ist.94 Sie glaubt, dass diese freiwillig gesprungen ist, denn sie hat nicht geschrien.95 Hier zeichnet der Film ein düsteres, aber realistisches Bild von historischer Heteronormativität und damit einhergehenden patriarchalen Machtstrukturen: Der einzige Ausweg für Héloïses Schwester aus einer Verlobung schien der Freitod gewesen zu sein. Die Gräfin weiß darum und geht sehr vorsichtig mit ihrer überlebenden Tochter um, da ihr ökonomischer Wert als Braut wichtiger ist als ihre individuelle Freiheit. Trotz dieses bedauerlichen Schicksals soll aber nun Héloïse den Platz ihrer Schwester einnehmen. Der Umgang mit der weiblichen Stimme wird hier ebenfalls referenziert beziehungsweise umgekehrt: Der fehlende Schrei steht für die Machtlosigkeit, vor der die Schwester stand, zugleich hat sie offenbar freiwillig diesen Ausweg aktiv gesucht und ist deshalb nicht weiblich konnotiert laut geworden.
Diese Ambiguität spiegelt sich auch in der ersten Szene wider, in der Marianne und Héloïse das erste Mal zusammen draußen spazieren gehen: Héloïse, nun endlich in relativer Freiheit, läuft los in Richtung Klippen und Marianne, die zuvor vom Suizid ihrer Schwester gehört hat, läuft hinterher, da sie offenbar Angst hat, sie könne auch springen.96 Am Rande der Klippen bleibt Héloïse stehen und dreht sich zu Marianne um. Als Zuschauende sehen wir nun das erste Mal ihr Gesicht und ihr Lächeln, während zuvor aus Mariannes Perspektive nur ihr Rücken und Hinterkopf mit und schließlich ohne Kapuze gezeigt wurden. Sie sagt: „Ich träume seit Jahren davon.“97 Marianne fragt: „Zu sterben?“98 und sie antwortet: „Zu laufen.“99 In dieser Szene wird Héloïse zu einer handelnden Figur, während vorher nur über sie gesprochen wurde. Außerdem wird etabliert, dass sie im Gegensatz zu ihrer Schwester ihren Freiheitsdrang anders ausleben möchte, auch wenn sie in der gleichen Situation ist.
Das Anschauen oder Anblicken (der gaze) als kulturelle Praktik wird inszenatorisch schon bei der ersten Begegnung der beiden Figuren etabliert. Während Héloïse zuvor vor Marianne läuft, erwidert sie schließlich ihren Blick. Gemeinsam schauen sie dann nebeneinander auf die französische Landschaft und das Meer vor sich. In einer Einstellung werden ihre Köpfe (Blicke) von der Seite gezeigt.100 Marianne wendet ihren Kopf leicht nach rechts, um Héloïse anzublicken, die weiterhin nach vorne schaut. Ihr nach rechts gedrehter Kopf gibt so den Blick auf Héloïses Gesicht frei, das weiterhin nach vorne schaut. Die Köpfe gehen quasi ineinander: Dieses Bild ist stellvertretend fürs „sehen“ und „gesehen werden“ im Film. Marianne versucht sich durch den Blick Héloïses zugleich ein Bild von ihr zu machen. Immer wieder blickt sie nach vorne und wieder seitlich zu Héloïse, die ihren Blick schließlich erwidert, als ihr auffällt, dass sie von der Seite angeschaut wird.101 Innerhalb der Logik des Films ist diese Annäherung der beiden ein riskantes Spiel: Marianne soll Héloïse malen, ohne dass sie es weiß und falls sie es herausfindet, wird ihr wahrscheinlich wie ihrer Schwester klar werden, was das Gemälde für ihr weiteres Leben bedeuten wird. Marianne muss sich ein Bild von Héloïse machen, dass sie später auf die Leinwand bannen kann. Darüber hinaus sind diese (weiblichen) Blicke untereinander eine Dekonstruktion des male gaze: Zwar scheinen sie zu Beginn noch kein sexuelles Begehren widerzuspiegeln wie in der klassischen Kritik an männlichen Blicken im Film, doch rezipieren sie auch hier schon in Hinblick auf den weiteren Verlauf eine Objektifizierung Héloïses durch Marianne, dessen Perspektive die Kamera vor allem einnimmt. Von Anfang an sträubt sich Héloïse jedoch gegen die Subjekt-Objekt-Relation, indem sie die Blicke stets erwidert und sich nicht passiv anblicken lässt. Die Kamera trägt zudem auch nicht dazu bei, sie als Objekt für unseren Blick als Zuschauende zu etablieren. Vielmehr folgt die Kamera Mariannes Blick und zeigt erst nach und nach mehr von Héloïse, die ihr und somit auch uns ihr Wesen Stück für Stück offenbart.
Marianne versucht, Héloïse ohne ihr Wissen zu porträtieren. Bei einem weiteren Strandspaziergang, an dem beide sich in den Sand setzen, fällt ihr die Geste der Hände auf, die sie selbst zu Beginn des Films ihren Schülerinnen zeigt, als sie für diese Modell sitzt:102 Eine Hand auf der anderen verschränkt, die gerade auf dem Schoß liegt. Die Kamera folgt mit einem Schwenk ihrem Blick auf diese Geste, es scheint wie eine Erkenntnis für sie zu sein. Später zieht sie das grüne Kleid, in dem sie Héloïse malen soll, selbst an und setzt sich in ihrer Kammer vor den Spiegel, um die Geste nachzuahmen.103 Als Héloïse klopft und eintritt, zieht sie hinter dem Vorhang schnell das grüne Kleid wieder aus, bevor sie zu ihr geht. Héloïse setzt sich derweil auf den gleichen Hocker, um zu warten und nimmt dabei ganz natürlich die bekannte Haltung der Hände ein,104 die kurz zuvor Marianne am gleichen Ort nachgeahmt hat. Mariannes Blick wirkt erschrocken, sie schaut Héloïse mit geöffnetem Mund an,105 fast, als fühle sie sich ertappt. Zugleich ist der Blick wieder einer der vertrauten Erkenntnis: Beide Frauen haben am gleichen Ort (auf dem Hocker) die gleiche Pose eingenommen. Mariannes Blick auf Héloïse stellt also keine Differenz heraus, sondern eher die Gemeinsamkeit. Sie hat diese Pose zwar vorher eingenommen, um eine Vorstellung von den Lichtverhältnissen des Kleids in dieser Position für das Gemälde zu bekommen, aber dennoch ist sie ein Teil von Héloïse, in den sie sich auf diese Weise hinein fühlt (eine Handlung, die eine männliche Figur aus dieser Zeit nicht selbst ausüben würde). Beim Aufstehen wirft Héloïse ihr beziehungsweise in der Einstellung auch den Zuschauenden ein leichtes Lächeln zu, als würde sie ebenfalls erkennen, dass sie sich auf diese Weise für Marianne und das Filmpublikum präsentiert und gesehen wird.
Als Marianne das erste Gemälde von Héloïse ohne ihr Wissen fertig gestellt hat und sich ihr offenbart, zeigt sie ihr das Bild und die beiden diskutieren darüber.106 In diesem Dialog wird die Funktion von Gemälden im 18. Jahrhundert mit der Darstellung (lesbischer) Liebesgeschichten im Film auf clevere Weise verknüpft und von den Figuren diskutiert. „So sehen sie mich?“, fragt Héloïse107 und Marianne antwortet: „Es geht nicht nur um meine Sicht“ und „Es gibt Regeln und Konventionen, Ideen.“108 Auf die Frage, ob es keine Ausstrahlung gebe, sagt sie: „Ausstrahlung entsteht durch flüchtige Momente, Augenblicke, die nicht unbedingt die Wahrheit zeigen.“109 Héloïse erwidert: „Nicht alles ist flüchtig.“110 Nach dieser Diskussion entschließt sich Marianne schließlich, das Gemälde zu ruinieren, indem sie das Gesicht mit Öl verwischt.111 Sie ist getroffen von Héloïses Kritik, und scheint zu erkennen, dass sie ein starres Bild ihres Gegenübers erstellt hat, das nicht der Wahrheit ihrer gegenseitigen Blicke entspricht.
Wie Bradbury-Rance beschreibt, schafft es der Film, unsere Erwartungen an die Repräsentation von lesbischer Sichtbarkeit zu unterwandern, indem es ihm nicht darum geht, das Verlangen der beiden Figuren zueinander zu bestätigen, sondern dessen Vielschichtigkeit herauszustellen.112 Falls es ein Film über lesbische Repräsentation ist, so sei er dementsprechend auch ein Film über das Erbe der Unmöglichkeit von Repräsentation. Denn wenn die im Film gezeigte Beziehung der beiden Frauen die Kategorie „lesbisch“ erfüllt, so ist diese Definition wieder einschränkend, da sie weiterhin über bisherige konzeptionelle Grenzen hinaus erweitert werden muss. Die sich entwickelnde Beziehung der beiden Figuren ergibt sich nämlich nicht nur aus den Konventionen aus der Zeit, in der der Film spielt, oder den Konventionen, die wir als Zuschauende klassischen Liebesfilmen zuordnen; sondern aus kleinen Momenten des Sehens und sich Erkennens, die in der Diskussion um das Gemälde von Marianne als Ausstrahlung beschrieben werden. Wie Marianne sagt, entsprechen diese flüchtigen Momente nicht immer der Wahrheit, stehen also für sich genommen nicht direkt für eine Repräsentation, aber die Summe der im Film gezeigten Momente konstituiert eine Beziehung, die über die gängigen Filmkonventionen hinaus geht. Héloïses Aussage, dass aber nicht alles flüchtig sei, veranlasst Marianne letztlich dazu, das konventionelle Bild, das sie von ihr erstellt hat, wieder zu vernichten und neu anzufangen. Dies führt im Umkehrschluss dazu, dass Héloïse sich bereit erklärt, für Marianne Modell zu sitzen.113
Deutlicher wird die Bedeutung der Beziehung zwischen Marianne und Héloïse im weiteren Verlauf des Films, wenn sie sich auch körperlich näher kommen und schließlich ein erster Kuss gezeigt wird.114 Die Gräfin verlässt sie für fünf Tage, in denen das neue Gemälde entstehen soll und ab diesem Zeitpunkt entwirft der Film eine Art matriarchal organisierte Utopie. Zusammen helfen Marianne und Héloïse Sophie bei der Abtreibung115 und gehen dafür eines Abends zu einem Fest einer Frauengruppe an ein großes Lagerfeuer in der Natur.116 Es sind dort keine Männer zu sehen und eine ältere Frau bietet an, Sophie zu helfen, nachdem sie ihr mitteilt, dass sie noch immer schwanger sei.
Das Fest der Frauen um das große Feuer erinnert wahrscheinlich nicht zufällig an einen Hexensabbat: Wie Stephan Quensel in seinem Buch „Hexen, Satan, Inquisition: Die Erfindung des Hexen-Problems“ über die historische Hexenverfolgung schreibt, gefährde die „weibliche Hexe im Rahmen des nahezu ausschließlich von Männern getragenen Hexen-Dispositivs [...] deren patriarchale Norm.“117 Diese frauenfeindliche Position in der frühen Neuzeit wurde dadurch verstärkt, „dass die normalerweise verfolgten alten Frauen und Witwen wegen des nun fehlenden familiär-männlichen Beistandes besonders leicht angreifbar waren, und weswegen in kommunalen Macht-Auseinandersetzungen eher Ehefrauen als Hexen angegriffen wurden, wenn es eigentlich um die Position des Ehemannes ging.“118 Auch wenn der Film nicht explizit ein Hexen-Narrativ bedient oder das Thema direkt anspricht, so wird auch in dieser Szene ein weiterer Teil heteronormativer Geschichte dekonstruiert.
Das Tabuthema Abtreibung wird von den Frauen wie selbstverständlich praktiziert und die Schwangerschaft des Kammermädchens Sophie kann von der älteren Frau scheinbar mit einer einzigen Berührung des Bauchs festgestellt werden.119 Keine der Frauen im Film hinterfragt außerdem, wie es zu der Schwangerschaft kam oder wessen Verantwortung diese ist. Die Frauen, die ohne Männer gesellschaftlich stigmatisiert oder als Hexen sogar verfolgt wurden, treffen sich hier zu einem Fest, um sich gegen die patriarchale Gesellschaftsordnung der Zeit zu solidarisieren, indem sie ihre Probleme wie eine ungewollte Schwangerschaft unabhängig von Männern unter sich lösen.
Diese solidarische Atmosphäre unter den Frauen steigert sich symbolisch durch einen Chorgesang der Frauengruppe,120 der sehr archaisch beginnt und schließlich in einem melodischen Kanon gipfelt. In dieser Szene fängt das Kleid von Héloïse tatsächlich Feuer und bildet die reale Vorlage für Mariannes Porträt einer jungen Frau in Flammen.121 Die Szene hat eine beinahe metaphysische Komponente, da hier unter dem mystizistisch anmutenden Gesang der Frauen durch die Blicke von Marianne und Héloïse zueinander schließlich ihr Kleid Feuer zu fangen scheint. Die Symbolik geht über die sonstige Visualität des Films hinaus, trifft aber den thematischen Kern: Das gegenseitige Erkennen und die Blicke (des Begehrens) können in dieser rein weiblichen Solidaritätsgesellschaft zu einer entflammenden Leidenschaft führen, die im sonstigen Kontext der Zeit jedoch zum Scheitern verurteilt ist.
Nach dieser Szene scheinen Zeit und Raum des Films zumindest zu schwanken und undeutlich zu werden unter der Last des gegenseitigen Verlangens: Als Héloïse das Feuer an ihrem Kleid bemerkt, fällt sie hin und Marianne eilt zu ihr, um ihr die Hand zu reichen.
Als sie diese nimmt, schneidet der Film zur nächsten Szene und die beiden sind wieder tagsüber auf einem weiteren Strandspaziergang unterwegs,122 während die Musik aus der letzten Szene weiter erklingt und dadurch den filmischen Raum weiter auflöst. Die beiden gehen noch viel vertrauter miteinander um, ihre Nähe und die Blicke sind in dieser kleinen Collage noch offensichtlicher.
Schließlich geht Héloïse vor in einen Felsvorsprung unter den Klippen. Marianne folgt ihr nach kurzem Zögern und mit ihr der Blick der Kamera und die beiden küssen sich.123 Durch den Übergang von der traumähnlichen Szene wirkt der Kuss wie das Ergebnis eines Rausches, als würde sich alles angestaute Begehren in diesem Kuss entladen. Dennoch bleibt auch er einer der flüchtigen Momente, die die Liebesbeziehung des Werks ausmachen, wenn Héloïse danach direkt geht.124 Der Konflikt ist im Begehren der beiden inhärent, denn ihre gemeinsame Zeit ist begrenzt und sie können letztlich natürlich nicht komplett aus der heteronormativen Konvention des 18. Jahrhunderts ausbrechen, ohne der Gesellschaft im Ganzen den Rücken zu kehren. Insofern ist die Zeit, die sie vorher allein oder mit dem Kammermädchen und auf dem Frauentreffen verbringen, wirklich eine Art von Utopie, in der die sexuelle Annäherung von zwei Frauen ohne patriarchale Gesellschaftsstrukturen ermöglicht wird. Das Wissen um die Begrenztheit und mögliche Folgen macht letztlich die Dramaturgie des Films aus.
Schließlich geben sich die beiden Figuren ihrem Begehren hin und sprechen offen darüber. „Haben alle Liebenden das Gefühl, etwas neu zu erfinden?“, fragt Héloïse, während sie Marianne in einer Nahaufnahme am Gesicht berührt.125 Und sie sagt: „Ich kenne die Gesten“126, bevor sie Marianne küsst. Auch hier referenziert der Film das Begehren und Sexualität an sich und dekonstruiert gleichzeitig heteronormative Darstellungen, die auch die feministische Filmtheorie bereits kritisiert hat. Denn innerhalb des Films hat die Figur Héloïse noch nie Sexualität ausgelebt und vor allem die Sexualität zwischen zwei Frauen entspricht nicht der Konvention der Zeit, in der der Film angesiedelt ist. Aber auch auf einer externen Ebene will der Film die (körperliche) Liebe zwischen den Frauen neu erfinden. Die Zuschauenden kennen die Gesten heterosexueller Annäherung aus dem klassischen Kino. Héloïse spricht also für uns Zuschauende, wenn sie sagt, sie kenne die Gesten und gleichzeitig fühle sie sich, als würden die beiden etwas völlig Neues erfinden. Dieser Gedanke kann sich natürlich auf alle Darstellungen von Sexualität beziehen, im Kontext der Umkehrung von Heteronormativität jedoch bekommt die Szene eine zusätzliche Metaebene von rückwirkender fiktionaler Repräsentation, denn besonders in historischen Dramen werden lesbische Liebesbeziehungen nicht in solch einer Komplexität erforscht und ausdiskutiert.
Auf die Frage „Haben Sie von mir geträumt?“ antwortet Héloïse: „Nein, ich habe an Sie gedacht.“127 Hier wird also nicht nur die heteronormative Liebesbeziehung umgekehrt, weil es sich um zwei weibliche Figuren handelt. Vielmehr wird auch das Begehren, das in klassischen Filmen inhärent objektifizierend ist, in Frage gestellt. Was Mulvey zunächst als den male gaze in klassischen Hollywoodfilmen charakterisiert hat, ist die Analyse der Produktion von Traumbildern, die das (männliche) Verlangen nach weiblichen Körpern reproduziert und gleichzeitig anregt. Die von ihr beschriebene Skopophilie wird hier vom Film nicht mitgetragen, denn das Verlangen zwischen Héloïse und Marianne, das sich zwar aus den gegenseitigen Blicken entwickelt hat, geht letztlich darüber hinaus. Héloïse träumt nicht von ihr, sondern denkt aktiv an Marianne und wird in deren Liebesbeziehung ein ebenso aktives Subjekt wie Marianne. Die andere Funktion des gaze als eine Form von Narzissmus zur Bildung des eigenen Egos, bei dem sich Zuschauende wie in Lacans Spiegelstadium mit dem dargestellten auf eben diese Weise identifizieren können, trifft hier nur bedingt zu: Zwischen Héloïse und Marianne ist dies nicht der Fall, denn sie träumen laut ihrer Aussage weder davon, die jeweils andere zu sein noch verlieben sie sich in ihr Selbst, was sich im Gegenüber spiegelt. Vielmehr erfinden sie sich als Liebende neu und erschaffen eine Leidenschaft füreinander, die sich aus ihrem gegenseitigen Interesse heraus entwickelt hat. Zuschauende könnten sich mit der Perspektive Mariannes identifizieren und so ihr eigenes Ego im Film reproduzieren. Wir folgen durch die Kameraperspektive Mariannes Blicke zu Beginn recht häufig, denn sie will Héloïse natürlich wahrnehmen, um sie porträtieren zu können. Somit ist Marianne eine Identifikationsfigur. Da sie weiblich ist und die Kamera den typischen male gaze jedoch unterwandert, kann dieses Konzept aber nicht auf den Film angewandt werden.
Es ist interessant, dass im Film nach der ersten gemeinsam verbrachten Nacht von Héloïse und Marianne Sophies Abtreibungsszene folgt.128 Diesem Thema scheint eine ähnliche dramatische Relevanz zugerechnet zu werden wie der Liebesgeschichte der beiden Frauen. Diese Praktik wird im Nachhinein von Sophie und Héloïse nachgestellt, damit Marianne sie künstlerisch festhalten kann.129 Auch dies ist ein emanzipatorischer Akt, denn natürlich ist ein solches Tabuthema wie eine Abtreibung kein gängiges Motiv für ein Bild im 18. Jahrhundert, obwohl sie auch in dieser Zeit durchgeführt worden ist. Das Beenden einer ungewollten Schwangerschaft ist eine Form von weiblicher Selbstermächtigung und wird im Film als solche konnotiert und sichtbar gemacht.
Schließlich ist das zweite Porträt von Héloïse fertig gestellt und ihr gefällt es diesmal auch.130 Gemeinsam blicken Marianne und Héloïse diesmal auf ihr Bildnis und sprechen über dessen Bedeutung für ihre Liebesbeziehung. Zunächst vermutet Marianne, dass dieses Bild besser geworden ist, weil sie Héloïse nun besser kennt131 und diese erwidert, dass sie sich vielleicht auch selbst verändert hat.132 Ihr gesteigertes Selbstbewusstsein aus ihrer Beziehung zu Marianne spiegelt sich in dieser Aussage wider. Die Summe des gegenseitigen Erkennens und Kennenlernens ergibt nun einerseits also das authentische Selbst, das Marianne nun erkannt hat. Andererseits ist dieses Selbst nie fest, sondern stets im Wandel begriffen und entwickelt sich durch den Blick der anderen Person immer weiter. „Wie weiß man, wann es fertig ist?“; fragt Héloïse später133 und Marianne antwortet: „Irgendwann hört man auf.“134 Hier bezieht sich das Gemälde auf die Beziehung der beiden, die schließlich enden muss, aber auch auf den Blick auf das Gegenüber im poststrukturellen Sinne, der nie vollständig sein kann.
Das Drama einer möglichen Beziehung, die nicht sein darf, spart der Film nicht aus: „Es ist furchtbar. Jetzt, da Sie mich ein bisschen besitzen, sind Sie mir böse“, sagt Héloïse auf Mariannes Aussage hin, dass sie auch das zweite Gemälde gerne zerstören würde.135 Die dargestellte Liebesbeziehung im Film dekonstruiert so viele heteronormative Ansprüche an typische Beziehungen, aber auch hier wird statuiert, dass sich Liebende „ein bisschen besitzen.“ Beide Frauen können sich jedoch ihre starken Gefühle füreinander in Hinblick auf die Folgen für Héloïses baldige Vermählung nicht direkt kommunizieren. Im Bett fertigt Marianne für sich eine kleine Zeichnung von Héloïse an.136 „Sie können dieses Bild unendlich oft reproduzieren“, bemerkt Héloïse137 und: „Nach einiger Zeit sehen Sie nur noch sie, wenn sie an mich denken.“138 Mit dem drohenden Ende ihrer Liebesbeziehung wird auch das Bild von Héloïse, das Marianne sich durch die kleinen Momente des Erkennens und Kommunizierens von ihr machen konnte, nicht weitergeführt werden. Letztlich lebt das Bild von ihr dann nur noch als Erinnerung weiter, hier in Form einer kleinen Zeichnung symbolisiert.
Als Héloïse auch um ein Bild von Marianne bittet, beginnt sie ein Selbstporträt in ihr Buch zu zeichnen.139 Durch einen kleinen Spiegel sehen wir in dieser Einstellung Mariannes angestrengtes Gesicht, dass sich selbst anblickt und hören dabei das Kratzen des Stifts auf Papier, bevor wir die Zeichnung sehen.140 Diese Referenz an das von Lacan beschriebene Spiegelstadium greift ebenfalls den in der feministischen Filmtheorie thematisierten Blick auf und kehrt diesen quasi um: Das Idealbild von Mariannes Selbst ist für sie dieser Moment mit Héloïse im Bett, den diese sich in einem Bild festgehalten wünscht. Statt aber wie das Kind im Spiegelstadium vom Idealbild des Erkennens ein Leben lang heimgesucht zu werden, wird dieses Bild an die Partnerin weitergegeben, damit eben dieses flüchtige Idealbild Héloïse auch in Zukunft an Mariannes Selbst erinnern kann, welches sie in diesem Moment erlebt hat. In einer weiteren Einstellung sehen wir, dass der Spiegel vor Héloïses nacktem Schritt liegt und wie Mariannes Gesicht sich beim Zeichnen weiterhin darin spiegelt, während Héloïse sie dabei beobachtet.141 Die sexuelle Komponente, die hier in das Spiegelbild eingeflochten wird, ist interessant: Zum Einen beobachtet Héloïse Marianne aktiv, während es vorher vor allem um ihren Körper ging, präsentiert sich zugleich aber auch freiwillig selbst und scheint in dieser intimen Situation mehr im Einklang mit ihrem Körper zu sein als vorher. Zum Anderen spiegelt sich Marianne (ihr Spiegelbild) im Schoß von Héloïse. Diese Verbindung deutet ihre lesbische Beziehung an, dessen körperlicher Unterschied zu einer heterosexuellen hier betont wird. Der male gaze existiert hier nicht, sondern eine Art female gaze, ein gegenseitiges Spiegeln eines weiblichen Blicks. Hier wird nicht das Gegenüber differenziert, sondern durch das Erkennen des eigenen Geschlechts im Gegenüber subjektive Selbsterkenntnis ermöglicht.
Wilson sieht in dieser Bildkomposition außerdem eine Referenz an die mythologische Figur der Medusa, dessen Blick Menschen in Stein verwandelt.142 Der Spiegel referenziere hier den Schild der Athene, in dem der abgetrennte Kopf der Medusa eingelassen war.143 Diese Sage beinhaltet auch die Gefahr des Blickens im sexuellen Sinne: Die für die Zeit verbotenen Blicke könnten fatale Folgen haben. Das mit Bedeutung aufgeladene Bild fasst die Lust als auch die Gefahr der sexuellen Beziehung der beiden weiblichen Figuren treffend zusammen. Diese Einstellung ist für Wilson wie eine optische Täuschung, ein selbstreferenzielles Bild über Sexualität, Kunst, Erinnerung, Verlust und Wiedergewinnung.144
Héloïse hat sich für die Zeichnung die Seite 28 in ihrem Buch ausgesucht. Es ist nicht ganz klar, wieso, aber es könnte eine Anlehnung an ihr oder Mariannes Alter in diesem Moment sein, was die hier eingefangene Vergänglichkeit der ersten Liebe verstärkt. Marianne scheint außerdem kein Problem zu haben, sich selbst hier zu einem (zukünftigen) Objekt zu machen, da ihr die Kürze ihrer Beziehung klar scheint.
Der Blick der Liebenden, der sich durch den Film zieht, ist auch beim Abschied von Marianne und Héloïse relevant. Einige Tage zuvor haben die beiden in einer Szene die Sage von Orpheus und Eurydike gelesen145 und diskutieren mit Sophia darüber. Orpheus steigt in die Unterwelt hinab, um Eurydike zurückzuholen, die zuvor im jungen Alter gestorben ist. Orpheus darf seine Geliebte zurückbekommen, jedoch keinen Blick auf sie zurückwerfen, bevor er die Unterwelt wieder verlassen hat. Kurz bevor es soweit ist, hält er es nicht mehr aus und blickt zurück auf Eurydike, die deshalb wieder in die Unterwelt hinab gezogen wird. Marianne argumentiert in dieser Szene, dass Orpheus Ungeduld unglaubwürdig ist und dass er stattdessen die Wahl trifft, die Erinnerung an sie zu bewahren statt sie selbst.146 Für sie ist es nicht die Wahl eines Liebenden, sondern eines Poeten. Héloïse vermutet, dass vielleicht Eurydike selbst ihm gesagt hat, er solle sich umdrehen.147
Diese Umdeutung einer berühmten Sage hebt ähnlich wie die Medusa-Komposition den Blick und das gegenseitige Erkennen auf eine metaphysische Ebene, findet zugleich aber seine konkrete Entsprechung in der Abschiedsszene von Marianne und Héloïse: Als Marianne sich von ihr verabschiedet hat, möchte sie schnell das Haus verlassen. Kurz bevor sie die Tür erreicht, sagt Héloïse ihr: „Dreh' Dich um.“148 Marianne hält inne und wirft ihren Blick zurück auf Héloïse, die in ihrem neuen, weißen Kleid auf dem Treppenabsatz steht149, bevor wir die Tür ins Schloss fallen hören und das Bild ins Schwarz übergeht.
Ihre Gestalt im möglichen Hochzeitsgewand wurde schon vorher in traumähnlichen Einstellungen gezeigt, in denen sie ins Schwarz verschwindet, zum Beispiel bevor die beiden das erste Mal Sex haben.150 Diese Vision wird am Ende Wirklichkeit, wenn Marianne sich wie Orpheus für die Erinnerung an Héloïse entscheidet und diese sogar selbst verlangt, ein letztes Mal von ihr angesehen zu werden, bevor sich ihre Wege trennen. Stacey interpretiert das Hochzeitgewand als Emblem der Austauschbarkeit von Héloïse und ihrer Schwester.151 Zudem strukturieren die Einstellungen, in denen es im Film erscheint, die Liebesgeschichte von Héloïse und Marianne: Nach dem ersten Kuss, vor dem Sex und schließlich bei der Trennung.152 Die Erscheinung könne so in einer psychoanalytischen Interpretation Héloïses Veränderung von einem psychischen Raum außerhalb der symbolischen Ordnung (das Reale, die Psychose, das Halluzinatorische) hin zu einer Position innerhalb des repräsentativen und signifkanten Imperativs gelesen werden: Das Porträt, das schließlich zur Hochzeit führt. Das heißt, der Moment von Héloïse im Kleid auf den Treppen ist ein Bild der Erinnerung, das sie Marianne schenkt und so wie Orpheus auch den poetischen Weg geht.
Diese Verabschiedung verarbeitet Marianne später in einem Gemälde von Orpheus und Eurydike, das sie im Namen ihres Vaters bei einer Ausstellung einreicht.153 Ein älterer Mann erklärt, dass die Sage in der Regel entweder dargestellt wird, bevor Orpheus sich umdreht oder nachdem er Eurydike bereits verloren hat. Dass Marianne den Abschied selbst einfängt, fasst die Beziehung, die aus den vielen Momenten und gegenseitigen Blicken entstanden ist, sehr gut zusammen. Das Festhalten dieses Moments des gegenseitigen Ansehens in einem Bild ist der poetische Weg der Erinnerung an diese und das, was am Ende übrig bleibt.
Das erste Wiedersehen der beiden ist wieder über ein Gemälde: Auf der Ausstellung entdeckt Marianne ein neues Porträt von Héloïse mit ihrer Tochter.154 Sie deutet im Bild auf die Seite 28 eines Buches155, was Marianne als eine Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit deutet. Auch wenn durch die Darstellung der Tochter klar wird, dass Héloïse nun verheiratet wurde und ein konventionelles bürgerliches Leben führt, so ist zumindest die Erinnerung an die kurze Zeit mit Marianne noch immer allgegenwärtig für sie. Es gibt ein letztes echtes Wiedersehen, als Marianne die Oper für ein Konzert besucht. Dort oben auf dem Rang gegenüber erkennt sie Héloïse156, die allein auf ihren Platz geht und sich setzt. Der Film endet mit Mariannes Blick und ihrer Stimme in Form eines Voiceovers. S ie sagt: „Sie hat mich nicht gesehen“, bis Musik einsetzt und die Kamera näher an Héloïse heranzoomt.157 Diese scheint bewegt zu sein von der Musik, sie hat Tränen in den Augen, lächelt zwischendurch aber auch. Diese Ambivalenz in der Mimik spiegelt auch dieses ambivalente Filmende wider: Héloïse, durch die Hochzeit im bürgerlichen Leben und somit in der heteronormativen Gesellschaft angekommen, scheint zumindest die Freiheit zu haben, allein Konzerte besuchen zu können und die gespielte Musik genießen zu dürfen. Andererseits hat sie ihren aktiven Blick dafür eingebüßt: Sie bemerkt Marianne in dieser Situation nicht und ist wieder ein weit entferntes Objekt, das angeblickt wird.
Durch die Darstellung der lesbischen Beziehung der beiden Figuren Marianne und Héloïse gelingt es „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ die Grenzen von Heteronormativität aufzuzeigen und in Teilen zu dekonstruieren und umzukehren: Die analysierte Beziehung entsteht durch viele kleine Momente und Blicke und zeigt den Zuschauenden eine Beziehung auf Augenhöhe. Dem Film gelingt es aber darüber hinaus, durch die Darstellung der Beziehung der beiden Protagonistinnen den Diskurs feministischer Filmtheorie zu referenzieren und die Darstellung der lesbischen Liebenden als queere Personen zu modernisieren. Der Film nähert sich so durch die Inszenierung und die Geschlechterdarstellung sensibel einer lesbischen Repräsentation an, die in der Vergangenheit mit Unsichtbarkeit in Verbindung gebracht wurde oder in moderneren Filmen klischeebelastet Stereotype für ein vor allem männliches Publikum reproduziert hat.
Wie Bradbury-Rance beschreibt, ist „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ ein Film über die Repräsentation, der dessen Möglichkeiten, aber auch Grenzen aufzeigt.158 Das historische Setting hilft dabei zum Einen, Aspekte der Geschichte sichtbar zu machen, die im konventionellen Diskurs bisher nicht oder unzureichend dargestellt wurden; zum Anderen kann durch die Historizität leichter die Dramatik der unkonventionellen Liebe betont werden: Statt in der Gegenwart, in der queere Beziehungen kein Tabuthema mehr sind, spielt der Film im 18. Jahrhundert und muss sich so einer ganz anderen Sprache und anderen Mitteln des Begehrens und der Liebe bedienen. Diese Rückbesinnung passt zur frühen feministischen Filmtheorie, die sich selbst noch viele Darstellungsweisen und Elemente der (weiblichen) Repräsentation anhand klassischer Geschichten erarbeiten musste.
Mulveys Idee des male gaze hat sie selbst sowie viele anderen Filmwissenschaftlerinnen in späteren Werken aktualisiert und weiterentwickelt und schließlich führten diese Ideen gemeinsam mit poststrukturalistischen Denkweisen zu Formen von Queer Theory in der Filmwissenschaft, die heute dabei helfen kann, Heteronormativität theoretisch noch weitaus besser und umfangreicher zu dekonstruieren und binäre Denkmuster zu überwinden. Der Film verarbeitet einige diese Ideen der Filmtheorie und der Gender Studies fiktional; nicht direkt in der Handlung des Films, sondern in der Darstellung der Figuren und Referenzen an das Blicken. In beeindruckenden Einstellungen werden auch psychoanalytische Referenzen eingebaut, die heteronormative Deutungsmuster umkehren.
Natürlich stößt auch dieses Werk an Grenzen der Repräsentation, denn es ist zum Beispiel ein eurozentrischer Film, der keine nichtweißen Personen darstellt und vor allem eine bestimmte soziale Schicht repräsentiert. Aber der Film ist sich seinen Grenzen bewusst: Am Ende siegen die Konventionen der Zeit und Héloïse wird vermählt, während Marianne sich zumindest ihre Unabhängigkeit und (eingeschränkte) künstlerische Freiheit bewahren kann. Die Art, wie Héloïse sich aus der Subjekt-Objekt-Beziehung herauszieht, indem sie als handelndes Subjekt Marianne näher kommt, ist eine klare Absage an den male gaze und die Objektifizierung weiblicher Figuren im Film.
Auch Jacky Stacey erkennt in ihrer Analyse des Films, dass die feministische Filmtheorie sowie Kunst- und Kinogeschichte beim Zuschauen eine wichtige Rolle einnehmen und so lesbisches Begehren in einem queeren Rahmen darstellt; dieses dadurch aber auch auf eine Art rückgängig gemacht wird.159 Denn die Besonderheit der filmischen Vision sei in diesem Werk weniger die dargestellte sexuelle Praktik (dessen Akzeptanz und Sichtbarkeit charakteristisch für das New Queer Cinema sei), sondern das Beharren auf der Veränderlichkeit sexueller Vorstellungen und der Kluft zwischen Verlangen und seiner Darstellbarkeit auf der Leinwand.160
Der Film beschreibt also keine Utopie, auch wenn die fünf Tage, die die weiblichen Figuren auf der Insel alleine verbringen, diese Möglichkeit zumindest skizziert und die generelle Abwesenheit starker männlicher Figuren neue weibliche Perspektiven eröffnet. Regisseurin Céline Sciamma erklärte dazu im Interview: „Diese Solidarität unter Frauen ist nicht leicht zu finden, man muss sich diese Räume erschaffen. Darum habe ich mich dafür entschieden, auf eine männliche Figur zu verzichten. Auch das, was ich aus der filmischen Einstellung ausschließe, definiert das, was im Bild zu sehen ist. Darin liegt die Macht des Kinos.“161
Die Beziehung der beiden Hauptfiguren als ein Mosaik aus Blicken und Momenten darzustellen ist genau das, was das Medium Film bei der Darstellung einer Liebesbeziehung schaffen kann. Diese Szenen beziehen sich immer wieder aufeinander und schaffen so das Bild der beiden Liebenden in Beziehung zueinander. Wie auch ein Film die Summe einzelner Szenen und Bildern ist, sind die Szenen in „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ sehr detailliert inszeniert. Somit referenziert der Film auch die Malerei medial: Wie die verschiedenen Porträts von Héloïse immer Momentaufnahmen aus ihrem Leben sind, so gelingt auch die Repräsentation der lesbischen Beziehung von Marianne und Héloïse in Momentaufnahmen, die das Werk ausmachen: Wie Gemälde sind die Figuren in Beziehung zueinander angeordnet und diese einzelnen Bilder nähern sich der Repräsentation einer Beziehung, die nie vollständig sein kann. Der Film ist sich seiner Darstellungsgrenzen bewusst und nutzt die bekannten Konventionen und historischen Bezüge des 18. Jahrhunderts als Anhaltspunkt zur Überwindung vorherrschender heteronormativer Ideen. Dies gelingt dem Film auf eine beeindruckende Weise.
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[...]
1 Vgl. Mulvey, Laura, „Visual Pleasure and Narrative Cinema.“, Screen 16.3 (1975), S.6.
2 Vgl. Mulvey, „Visual Pleasure and Narrative Cinema.“, S. 8-9.
3 Vgl. Klippel, Heike, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung.“, Bernhard Groß, Thomas Morsch (Hrsg.): Handbuch Filmtheorie, Berlin: Springer Verlag, 2021, S.104.
4 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung.“, S. 114.
5 Sciamma, Céline. Regisseurin, Portrait de lajeunefille enfeu. Lilies Films, 2019. 2 Std. 1 Min.
6 Vgl. Pilarczyk, Hannah, „Feministische Meisterwerke: Die schönsten Mädchenvon Cannes“, Spiegel Online, 20. Mai 2019. Zugriff: 31. Mai 2024.
7 Busche, Andreas & Lange, Nadine, „Regisseurin Sciamma im Interview: ,Wir haben einen Kulturkampf begonnen“, Tagesspiegel, 2019, Zugriff: 31. Mai 2024.
8 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung.“ S. 104.
9 Vgl. ebd. S. 102.
10 Vgl. ebd. S. 103.
11 Vgl. Mulvey, Laura, „Visual Pleasure and Narrative Cinema.“ S. 6ff.
12 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung.“ S. 104.
13 Ebd. S. 109.
14 Vgl. Chaudhuri, Shohini, „Feminist Film Theorists. Laura Mulvey, Kaja Silverman, Teresa de Lauretis, Barbara Creed“, Routledge Critical Thinkers., Routledge, Abingdon, Oxon, 2006, doi.org/10.4324/9780203357026, S. 46.
15 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung“, S. 104.
16 Vgl. ebd. S. 47.
17 Vgl. ebd. S. 47.
18 Vgl. ebd. S. 48.
19 Vgl. ebd. S. 49.
20 Vgl. ebd. S. 49.
21 Vgl. ebd. S. 55f.
22 Vgl. ebd. S. 56.
23 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung“, S. 106.
24 Vgl. Chaudhuri, „Feminist Film Theorists“, S. 57.
25 Vgl. ebd. S. 57.
26 Vgl. ebd. S. 57f.
27 Vgl. ebd. S. 59.
28 Vgl. ebd. S. 63.
29 Vgl. ebd. S. 65f.
30 Vgl. ebd. S. 137.
31 Vgl. ebd. S. 137.
32 Vgl. ebd. S. 90.
33 Vgl. ebd. S. 91.
34 Vgl. ebd. S. 91.
35 Vgl. ebd. S. 92.
36 Vgl. ebd. S. 93f.
37 Vgl. ebd. S. 94
38 Vgl. Klippel, „Feministische Filmtheorie und Genderforschung“, S. 108.
39 Vgl. ebd. S. 108.
40 Vgl. ebd. S. 112.
41 Vgl. ebd. S. 112.
42 Vgl. ebd. S. 113f.
43 Vgl. ebd. S.113f.
44 Vgl. ebd. S. 114.
45 Vgl. ebd. S. 114.
46 Ebd. S. 114.
47 Ebd. S. 114.
48 Vgl. ebd. S. 115.
49 Ebd. S. 115.
50 Vgl. Sullivan, Nikki. / I Criticallntroduction to Queer Theory, EdinburghUniversity Press, 2003, S. 37f.
51 Vgl. ebd. S. 38.
52 Vgl. ebd. S. 39.
53 Vgl. ebd. S. 41.
54 Vgl. ebd. S. 41.
55 Vgl. ebd. S. 43.
56 Vgl. ebd. S. 43f.
57 Vgl. ebd. S. 44.
58 Vgl. ebd. S. 44ff.
59 Vgl. ebd. S. 51.
60 Vgl. ebd. S. 51.
61 Tedjasukmana, Chris, „Queere Theorie und Filmtheorie“, Bernhard Groß, Thomas Morsch (Hrsg.), HandbuchFilmtheorie, Berlin: Springer Verlag, 2021, S. 626.
62 Vgl. ebd. S. 626.
63 Vgl. ebd. S. 626.
64 Kleiner, Bettina, „Heteronormativität“, Gender Glossar, 2016.
65 Vgl. Sciamma, Céline, Portrait de lajeunefille en feu. Lilies Films, TC00:01:00.
66 Vgl.ebd. TC00:02:23.
67 Vgl. Wilson, Emma., „Céline Sciamma. Portraits.“ Visionaries: Thinking Through Female Filmmakers, EdinburghUniversity Press, 2021, S.87.
68 Vgl. ebd. S. 87.
69 Vgl. ebd. S. 87.
70 Bradbury-Rance, Clara, „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de lajeune fille en feu.“, French Screen Studies, Vol. 23, 2023, S. 172-184.
71 Vgl. Sciamma, Céline, Portraitde lajeunefille en feu, Lilies Films, TC00:01:00.
72 Vgl.ebd. TC00:01:12.
73 Vgl. ebd. TC00:02:05.
74 Vgl. Bradbury-Rance, Clara, „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de la jeune fille en feu.“, S. 172.
75 Vgl. Sciamma, Céline, Portraitde lajeunefille en feu, Lilies Films, TC00:01:57-58.
76 Vgl. ebd. TC00:02:44.
77 Vgl.ebd. TC00:03:03.
78 Vgl.ebd. TC00:03:12.
79 Vgl.ebd. TC00:03:26.
80 Vgl.ebd. TC00:03:33.
81 Vgl.ebd. TC00:04:03.
82 Vgl.ebd. TC00:05:32.
83 Vgl.ebd. TC00:08:39
84 Vgl. Bradbury-Rance, Clara, „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de la jeune fille en feu“, S. 173f.
85 Vgl. Sciamma, Céline, Portrait de lajeunefille en feu, Lilies Films, TC00:12:24.
86 Vgl.ebd. TC00:13:5.
87 Vgl. ebd. TC00:14:00.
88 Vgl. ebd. TC00:45:49.
89 Vgl.ebd. TC00:15:03.
90 Vgl.ebd. TC00:15:41-46.
91 Vgl. Stacey, Jacky, „LesbianCinemawithoutLesbians: Portraits, Lovers, Siblings“, Screen 63:3, 2022, S. 284.
92 Vgl. ebd. S. 284f.
93 Vgl. Sciamma, Céline, Portrait de lajeunefille en feu, Lilies Films, TC00:16:12-15.
94 Vgl.ebd. TC00:18:41.
95 Vgl. ebd. TC00:18:55-59.
96 Vgl. ebd. TC00:19:45-20:20.
97 Vgl. ebd. TC00:20:23.
98 Vgl. ebd. TC00:20:26.
99 Vgl. ebd. TC00:20:28-29.
100 Vgl. ebd. TC00:21:10.
101 Vgl. ebd. TC00:21:35.
102 Vgl. ebd. TC00:28:07.
103 Vgl. ebd. TC00:35:45.
104 Vgl.ebd. TC00:36:33.
105 Vgl. ebd. TC00:36:29.
106 Vgl.ebd. TC00:49:13.
107 Vgl. ebd. TC00:49:50.
108 Vgl. ebd. TC00:49:57-00:50:50.
109 Vgl. ebd. TC00:50:20-22.
110 Vgl. ebd. TC00:50:26.
111 Vgl. ebd. TC00:51:27.
112 Vgl. Bradbury-Rance, Clara, „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de la jeunefille enfeu“, S. 182.
113 Vgl. Sciamma, Céline, Portrait de lajeunefille enfeu. Lilies Films, TC00:52:10.
114 Vgl. ebd. TC1:20:05.
115 Vgl. ebd. TC00:56:50.
116 Vgl. ebd. TC1:14:53.
117 Quensel, Stephan, „Warum Frauen Hexen sind“, Hexen, Satan, Inquisition: Die Erfindung des Hexen-Problems, Berlin: Springer-Verlag, 2017, S. 354.
118 Ebd. S. 355.
119 Vgl. Sciamma, Céline, Portrait de lajeunefille enfeu. LiliesFilms, TC1:15:48.
120 Vgl.ebd. TC1:16:38.
121 Vgl.ebd. TC1:18:21.
122 Vgl.ebd. TC1:18:43-45.
123 Vgl.ebd. TC1:20:03.
124 Vgl.ebd. TC1:20:21.
125 Vgl. ebd. TC1:24:03-1:24:05.
126 Vgl.ebd. TC1:24:10.
127 Vgl.ebd. TC1:24:21.
128 Vgl.ebd. TC1:25:04.
129 Vgl.ebd. TC1:29:40.
130 Vgl.ebd. TC1:35:40-42.
131 Vgl.ebd. TC1:35:45.
132 Vgl.ebd. TC1:35:48.
133 Vgl.ebd. TC1:41:39.
134 Vgl.ebd. TC1:41:44-45.
135 Vgl.ebd. TC1:36:42-48.
136 Vgl.ebd. TC1:42:25.
137 Vgl.ebd. TC1:43:00.
138 Vgl.ebd. TC1:43:11-15.
139 Vgl.ebd. TC1:44:09.
140 Vgl.ebd. TC1:44:20.
141 Vgl.ebd. TC1:44:32.
142 Vgl. Wilson, Emma, „Céline Sciamma. Portraits“, S. 96.
143 Vgl. ebd. S. 96f.
144 Vgl. ebd. S. 96f.
145 Vgl. Sciamma, Céline, Portraitde lajeunefdle en feu, Lilies Films, TC1:11:18.
146 Vgl.ebd. TC1:14:03-16.
147 Vgl.ebd. TC1:14:40-44.
148 Vgl.ebd. TC1:51:40.
149 Vgl.ebd. TC1:51:42-51.
150 Vgl.ebd. TC1:22:19-28.
151 Vgl. Stacey, Jacky, „Lesbian Cinema withoutLesbians: Portraits, Lovers, Siblings“, S. 300.
152 Vgl. ebd. S. 3OOff
153 Vgl. Sciamma, Céline, Portraitde lajeunefille en feu, Lilies Films, TC1:52-57-1:53-27.
154 Vgl.ebd. TC1:53:55.
155 Vgl.ebd. TC1:54:19.
156 Vgl.ebd. TC1:55:3O-46.
157 Vgl. ebd. TC1:55:58-1:58:39.
158 Vgl. Bradbury-Rance, Clara, „Lesbian legibility and queer legacy in Céline Sciamma’s Portrait de la jeunefille enfeu “, S. 182f.
159 Vgl. Stacey, Jacky, „Lesbian Cinema without Lesbians: Portraits, Lovers, Siblings“, S. 306.
160 Vgl. ebd. S. 306f.
161 Busche, Andreas & Lange, Nadine, „Regisseurin Sciamma im Interview“.
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