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Bachelorarbeit, 2010
44 Seiten, Note: 2,0
Kurzfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen des Kapitalmarktes
3. Passiver Managementansatz
3.1. Definition und Grundlagen
3.2. Exchange Traded Funds - Abgrenzung zu anderen Indexanlagen
3.3. Risiken und Chancen der Exchange Traded Funds
3.4. Aktuelle Situation des Exchange Traded Fund Marktes
4. Aktiver Managementansatz
4.1. Definition und Grundlagen
4.2. Skizzierung der wichtigsten Aktienanalysetechniken
4.3. Chancen und Risiken aktiv gemanagter Fonds
4.4. Darstellung der Fondskostenstruktur aktiv gemanagter Fonds
5. Aktive versus passive Performance
5.1. Empirische Untersuchungen
5.2. Eigene Forschungsleistung im europäischen Aktienfondsbereich
6. Ausnahmemanager im Aktiensegment
7. Resümee
Literaturverzeichnis
Über die Darstellung des aktiven und passiven Anlagestils mit deren Ausprägungen und unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes ist die Zielsetzung dieser Arbeit eine Antwort auf die Frage zu geben, ob aktive Fondsmanager den Markt schlagen. Als Markt wird in der Studie der Aktienmarkt betrachtet. Für den passiven Stil fiel die Wahl der Produktkategorie, um einen Bezug zur Praxis zu erhalten, auf das derzeit boomende Segment der Exchange Traded Funds. Unter Verwendung wissenschaftlich empirischer Studien und eigener Erhebungen die auf den Zeitraum der letzten 10 Jahre am europäischen Aktienmarkt mit zwei starken Kurseinbrüchen abheben, wird eine Untersuchung zur Outperformancefähigkeit aktiver Manager vorgenommen. Das Resultat bestätigt den bisher bestehenden Tenor, dass aktive Fondsmanager nach Kosten in ihrer Mehrheit die Benchmark nicht schlagen. In der eigenen Untersuchung erweist sich der Value Ansatz, wie bei Fama & French in ihrem 3 Faktoren Modell in langen Zeiträumen als der im aktiven Segment erfolgreichste Ansatz. Langfristig erfolgreiche Fondsmanager im aktiven Segment, sogenannte Ausnahmemanager, zeigen, dass trotz der empirisch nachgewiesenen Überlegenheit des passiven Anlagestils aktive Fondsmanager durchaus eine Outperformance erzielen können. Allerdings scheint dies personenbezogen und nicht Ausfluss eines bestimmten Anlageansatzes zu sein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Dimensionen der ETF-Risiken aus Sicht des Anlegers
Abbildung 2: Entwicklung des ETF-Marktes seit 2000, Stand: 28.02.2010
Abbildung 3: Grafische Darstellung des 3-Faktoren-Modells
Abbildung 4: Value versus Growth: Entwicklung der US-Aktienindizes 1927-2006
Tabelle 1: Darstellung passiver indexorientierter Anlagemöglichkeiten
Tabelle 2: Übersicht ETF-Anbieter mit Mutterkonzernen, Stand: 2009.
Tabelle 3: Übersicht ETF-Anbieter mit verwaltetem Vermögen und Marktanteil, Stand: 28.02.2010
Tabelle 4: Fonds mit Datenhistorie, Stand: 28.02.2010.
Tabelle 5: Performanceauswertung nach Investmentstilen 2000 - 2010, Stand: 28.02.2010.
Tabelle 6: Durchschnittlich jährliche Rendite der Ausnahmemanager, Stand: 31.03.2010.
Angesichts zweier epochaler Markteinbrüche binnen eines Jahrzehnts, der letzte ausgelöst durch die Finanzmarktkrise, die derzeit noch keinesfalls als abgehakt gelten kann, stellen immer mehr Anleger ihre bisherige Anlagestrategie auf den Prüfstand. Dies führt zu der Frage, ob das aktive oder passive Management die bessere Wahl ist. Die Frage wird in der wissenschaftlichen Welt seit langem kontrovers diskutiert. Es existieren diverse Thesen und empirische Untersuchungen dazu. Ziel dieser Arbeit ist es den passiven und aktiven Anlagestil darzustellen und mit empirischen Forschungsergebnissen bezüglich deren Performance zu bewerten. Im ersten Schritt werden finanzmarkttheoretische Grundlagen skizziert, welche für die Erörterung der Thematik notwendig sind. Um eine aktuelle Marktströmung zu berücksichtigten werden in einem zweiten Schritt Exchange Traded Funds (ETFs) definiert und von weiteren passiven Indexanlagen abgegrenzt. Weiter wird auf Risiken und Chancen der Anlage in ETFs eingegangen und ein aktueller Marktüberblick gegeben.
Anschließend erfolgen eine Definition des aktiven Managements und eine Darstellung der wichtigsten Aktienanalysetechniken der Fondsmanager. Danach wird ein Chancen- und Risikenvergleich durchgeführt. Als Abschluss dieses Kapitels wird dann auf die Kostenstruktur aktiv gemanagter Fonds eingegangen. Im darauffolgenden Kapitel werden empirische Untersuchungen zum Thema „Schlagen Fondsmanager den Markt" behandelt und darüber hinaus eine eigene empirische Untersuchung mit Bezug auf die zwei schweren Einbrüche des 21. Jahrhunderts anhand europäischer Aktienfonds mit Benchmark MSCI Europe durchgeführt. Vor der Schlussbewertung erfolgt ein Blick auf Ergebnisse weltweit bekannter Ausnahmemanager im Aktienbereich.
Für das Verständnis der Arbeit ist es erforderlich die theoretischen wissenschaftlichen Grundlagen zu kennen. In diesem Kapitel werden die für die Beantwortung der Frage „Schlagen Fondsmanager den Markt" relevanten kapitalmarkttheoretischen Grundlagen dargelegt. Dabei handelt es sich um die Portfoliotheorie, die Hypothese effizienter Märkte, das Capital Asset Pricing Model und die Behavioral Finance.
Portfoliotheorie
Die von Henry M. Markowitz 19521 entwickelte Portfoliotheorie ist die Grundlage des modernen Portfoliomanagements. In der Portfoliotheorie wird der Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko in Verknüpfung mit der Diversifikationswirkung dargestellt. Markowitz teilt das Gesamtrisiko in zwei Kategorien, zum einen in das systematische Risiko, welches das Marktrisiko widerspiegelt und zum zweiten in das unsystematische Risiko, welches mit dem firmenspezifischen Risiko verbunden ist. Durch Kombination des Portfolios in viele Einzelanlagen (Diversifikation) mit unterschiedlichen Rendite-Risiko Profilen ist es möglich das unsystematische Risiko auszuschließen, sodass lediglich das systematische Marktrisiko bestehen bleibt. James Tobin hat 1958 die Theorie einer Kombination von risikofreien Anlagen gemischt mit risikohaltigen Anlagen entwickelt. Laut dieser Theorie kann der Investor je nach seiner Risikoneigung sein für ihn optimales Portfolio aus einer Mischung von risikofreien und risikobehafteten Assets auswählen. 2
Effizienzmarkthypothese
Die Hypothese effizienter Märkte (Efficient Market Hypothesis, EMH) ist ein weiterer Eckpfeiler der modernen Finanzmarkttheorie. Aufgestellt wurde sie von Eugene Fama3. Effizienzkriterien sind die operative Effizienz, Informationseffizienz, Bewertungseffizienz oder Marktliquidität.4 Für die Thematik dieser Arbeit ist die Informationseffizienz ausschlaggebend. Laut der EMH sind alle für den Markt relevanten Informationen jedem gleichzeitig zugänglich und daher in den aktuellen
Marktpreisen vollständig eingepreist. Neue kursrelevante Informationen führen infolgedessen unverzüglich zu einer Auf- oder Abwertung des Kurses. 5
Capital Asset Pricing Model
Entwickelt wurde das Capital Asset Pricing Model (CAPM) von Sharpe 1964 und Lintner 1965. Basis des CAPM ist die Portfoliotheorie und die Annahme der Effizienzmarkthypothese. Im CAPM gibt es zwei Anlagemöglichkeiten, risikofreie und risikobehaftete Assets. Auf Grund der Annahmen im Modell gibt es ein Marktportfolio, welches als optimales Portfolio bezüglich Risiko und erwartetem Ertrag angesehen werden kann. Das Risiko eines einzelnen Wertpapiers mit Blick auf die erwartete Gesamtrendite wird mit ß dargestellt. Da es sich um ein diversifiziertes Portfolio handelt, stellt ß das systematische Risiko (Marktrisiko) dar und ist im Marktportfolio gleich 1. Je höher das ß desto höher die erwartete Rendite.6 Laut CAPM ist es nicht möglich eine Überrendite bei gleichem Risiko zu erwirtschaften. Die einzige Möglichkeit eine höhere Rendite zu erzielen ist ein höheres Risiko einzugehen.
Behavioral Finance
Die vorweg genannten Theorien basieren auf dem Glauben, dass alle Marktteilnehmer rational handeln und die Theorien deshalb in der Praxis Bestand haben. Es gibt jedoch empirisch bewiesene Marktanomalien, die nicht mit dem CAPM-Modell erklärt werden können. Als Beispiel sei hier die „Over- / Underreaction" Anomalie genannt, welche die Neigung der Marktteilnehmer ausdrückt, aktuelle Informationen nicht gleichberechtigt bei der Bewertung zu berücksichtigen und stattdessen historische Daten über zu bewerten.7 Ein weiteres Beispiel ist die „Closed-End-Fund-Puzzle" Anomalie, welche beschreibt, dass geschlossene Aktien- Investmentfonds zu Beginn einen höheren und später geringeren Fondswert im Vergleich zum Marktwert haben.8 Die Behavioral Finance hat zum Ziel diese menschlichen Verhaltensweisen unter Zuhilfenahme der Psychologie und Soziologie zu erklären. Die Wurzeln der Behavioral Finance sind bis in die fünfziger Jahre zurück zu verfolgen, allerdings stieß die Theorie erst Ende der achtziger Jahre auf breites Interesse.9 In dieser Zeit entstand ebenfalls die Prospect Theory von Kahnemann und Tversky. Die Entscheidungsfindung von Menschen in Situationen der Unsicherheit wird hier beschrieben.10 Das Werk wurde 2002 mit einem Nobelpreis für Kahnemann ausgezeichnet.11
Das passive Management ist ein Investmentansatz bei welchem eine Benchmarkentwicklung 1:1 nachgebildet werden soll. Benchmark ist in der Regel ein breit diversifiziertes Portfolio, wie z.B. der Aktienindex S&P 500. Diversifikation senkt das Risiko in einem Portfolio, das ist bereits seit Markowitz 1952 bekannt.12 Das bedeutet, dass die passive Indexabbildung das durch Diversifikation eliminierbare unsystematische Risiko ausschließt und lediglich das systematische Risiko verbleibt. Privatanlegern war es lange Zeit aufgrund des hohen Kapitalbedarfs und des damit verbundenen Aufwands nicht möglich diesen passiven Investmentansatz in ihrem Portfolio zu verwirklichen. Der erste Versuch einen Index nachzubilden wurde 1971 von der Kofferfirma Samsonite in Form eines Pensionsfonds zusammen mit der Wells Fargo Bank unternommen. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Kapitalanlageprodukten, welche dem Investor mit wenig Kapitaleinsatz die Möglichkeit bieten an der Indexentwicklung zu partizipieren. Die heute hierbei meistgenutzte Anlageform sind Exchange-Traded-Funds (ETFs). Dieses Anlagevehikel wurde deshalb im Rahmen dieser Arbeit als Vergleichsmaßstab für den passiven Managementansatz verwendet. Nachfolgend werden ETFs als Vertreter der passiven Indexabbildung definiert und in einem weiteren Schritt mit Zertifikaten und Indexfonds verglichen. Anschließend wird das ETF- Investmentvehikel kritisch auf seine Risiken und Chancen hin untersucht und ferner eine aktuelle Marktübersicht erstellt.
Ziel des passiven Managements ist es eine möglichst detailgetreue Nachbildung einer Benchmark zu erreichen, um so lediglich das einzig „lohnende" Risiko, das systematische Marktrisiko in Kauf zu nehmen, sowie die Benchmark kostengünstig abzubilden. Dieser Vorgang heißt Indexierung oder „Indexing"13.
Grundidee des passiven Managements ist der Glaube daran, dass aktive Investmententscheidungen die abbildende Benchmark oder Marktrendite, bei gleicher Risikoklasse nach dem von Sharpe 1964 entwickeltem CAPM nach Kosten nicht schlagen können.14
Rechtlich unterliegen passiv gemanagte ETFs den gleichen Auflagen wie aktiv gemanagte Fonds. Unter Einhaltung einer angemessenen Risikomischung wird das Portfolio, bestehend aus bestimmten Wertpapieren, ggf. Derivaten und einem Anteil an Barvermögen, nach § 64 InvG in Verbindung mit § 30 InvG als Sondervermögen deklariert.15 Nach § 2, Abs. 2 des Investmentgesetzes wird der Fonds von der Kapitalanlagegesellschaft auf Rechnung der Investoren sowie spezieller Vertragsbedingungen verwaltet. Aufsichtsrechtlich gesehen ist die vorhergesehene Verwendung des Sondervermögens bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigungspflichtig. Die festgelegte, ausgewählte Depotbank ist verantwortlich für die Verwahrung in überwachten Depots oder Konten und für die rechtmäßige Verwaltung und Wertberechnung der Anteile.
Der Vorteil einer KAG als Emittent von Fonds im Vergleich zu einem Kreditinstitut ist der Wegfall der Kreditinstitutseigenschaft und den damit verbundenen umfangreichen Zusatzpflichten, welche erheblich höhere Kosten bedeuten würden. Die Auflegung eines ETFs kann als KAG mit der Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfolgen. Zweck der KAG ist die Verwaltung des Investmentvermögens.16
Da es mehrere Kapitalmarktprodukte gibt in einen Index zu investieren wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen indexorientierten Anlageformen vorgenommen. Neben den bereits angesprochenen ETFs gibt es die Möglichkeit indexnahe Fonds und Indexzertifikate zu erwerben. Eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Merkmale ist in Tabelle 1 zu finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Darstellung passiver indexorientierter Anlagemöglichkeiten17
Der wesentliche Unterschied zwischen den Indexprodukten besteht in deren rechtlicher Ausgestaltung, das heißt bei den Fondsvarianten (ETF, indexnaher Fonds) ist das angelegte Vermögen als Sondervermögen nach §30 InvG deklariert, während bei den Indexzertifikaten das Vermögen als Schuldverschreibung und somit als Fremdkapital in der Bilanz behandelt wird. Auf Grund dieser rechtlichen Ausgestaltung gibt es bei den Zertifikaten ein Emittentenrisiko, wobei das angelegte Geld im Falle einer Insolvenz des Emittenten nicht mehr sicher zu 100% zum Anleger zurückfließt.
Bei ETFs wird versucht die Benchmark, den Index, exakt nachzubilden, wohingegen beim indexnahen Fonds bewusst von der vorgegebenen Indexzusammensetzung abgewichen wird und dadurch ein Handlungsspielraum für den Manager entsteht, was dazu führt diese Investmentform nicht mehr als rein passive Geldanlage anzusehen. Diese Gestaltung führt zum Hauptkritikpunkt, dass durch die bewusste Abweichung vom Index und die Manageraktivität Kosten entstehen und es hinsichtlich der Anlehnung an den Index schwer erscheint Überrenditen zu erwirtschaften. Man kann bei den indexnahen Fonds von einem „Stuck in the middle" Problem sprechen, da ETFs aufgrund ihrer Kostenstruktur vorteilhafter sind und für Anleger, welche ein aktives Management wünschen, aktiv gemanagte Investmentfonds renditemäßig viel versprechender sind.18
Der Tracking Error (TE) kann als Qualitätsmaß für den Erfolg der Indexnachbildung angesehen werden.19
Weitere Unterschiede sind beim Erwerb der Produkte zu erkennen. Da ETFs und Indexzertifikate über die Börse erworben werden ist bei beiden eine Geld-Brief Spanne vorhanden, wohingegen beim Erwerb eines indexnahen Fonds über die KAG üblicherweise ein Ausgabeaufschlag zu entrichten ist. Bei den beiden börsengehandelten Anlagen werden laufend Preisfeststellungen getätigt, während die KAG einmal am Tag einen Kurs stellt.
Die Managementgebühr kostet bei den beiden Fondsvarianten weitere Performancepunkte. Diese Gebühr entfällt bei den Zertifikaten, wohingegen bei den laufzeitbegrenzten Zertifikaten ein Wiederanlagerisiko besteht. Ein abschließend signifikanter Unterschied besteht beim Dividendenanspruch, der bei der Zertifikatsvariante üblicherweise dem Emittenten und bei den Fonds den Anlegern zusteht und den Wert des Sondervermögens erhöht.
Es ist vom Anlageziel des Anlegers abhängig welches passive Investmentvehikel in sein Portfolio passt. Grundsätzlich ist zu sagen, dass Indexzertifikate aufgrund ihres Emittentenrisikos eher für kurzfristige Anleger interessant sind. Für längerfristige Anlagen, zum Beispiel zur Altersvorsorge, erscheint die Anlage in den Fondsvarianten auf Grund der Sicherheit durch die Sondervermögensstellung geeigneter.
In diesem Abschnitt sollen die Risiken und Chancen einer Anlage in ETFs beleuchtet werden. Zeitungsberichte und Meldungen über ETFs versprechen dem Investorenpublikum hohe jährliche Wachstumsraten. Die Outperformance im Vergleich zu den aktiven Investmentfonds ist Berichten zufolge hauptsächlich zwei
Faktoren zuzuschreiben. An erster Stelle werden die niedrigen Kosten genannt und an Zweiter die Fähigkeiten bzw. Unfähigkeiten der Fondsmanager.20
Eines der zentralen Risiken der ETF-Anlage liegt im bereits erwähnten Tracking- Error. Definiert ist er als Standardabweichung der Differenzrendite zwischen dem ETF und dem Index über einen bestimmten Zeitraum.21 Je geringer der Tracking- Error, desto genauer wurde der Index nachgebildet, was von guter Managementqualität zeugt. Das heißt für das ETF-Management liegt die Hauptaufgabe darin, den Index kostenoptimal exakt nachzubilden.22 Die Nachbildung des Indexes kann mit Hilfe von physischen oder synthetischen Methoden durchgeführt werden. Die physischen sind die Full Replication, d.h. die Auswahl aller Indextitel gemäß vorgegebener Gewichtung und die approximative Nachbildung, die mit Hilfe mathematischer Näherungsverfahren den Index nachbildet. Bei der synthetischen Methode werden dabei derivative Finanzinstrumente wie Futures und Swaps verwendet.23 Die kostenintensivste, jedoch mit dem geringsten TE, ist die Full Replication Methode. Hier besteht auch kein Kontrahentenrisiko über Futures oder Swaps. Diese unterschiedlichen Verfahren können als Erklärung für unterschiedliche TE zweier ETFs mit dem gleichen Index herangezogen werden. Alle Nachbildungsverfahren (Tracking-Ansätze) im passiven Asset-Management haben das Ziel die Benchmark in Hausse- sowie Baisse-Phasen kostengünstig und genau nachzubilden.24
Durch Indexveränderungen, Thesaurierung von Gewinnen, Transaktionskosten und dem Halten von Liquidität ist es nahezu unmöglich eine hundertprozentige Partizipation der Indexentwicklung zu erreichen. Deshalb kann der TE zwar als Gütemaß der Abbildungsqualitäten des ETFs angesehen werden, jedoch ist er keine Garantie für zukünftige Werte. 25
Nachfolgend werden anhand der Abbildung 1 weitere systematisch mögliche ETF- Risiken dargestellt und behandelt. Der TE ist in dieser Übersicht als Abweichungsrisiko zu verstehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Dimensionen der ETF-Risiken aus Sicht des Anlegers26
Die aktuell günstige Kostenstruktur ist für den Privatanleger ein Vorteil gegenüber aktiv gemanagten Fonds. Für die Zukunft ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Kostenstrukturen sich nach oben verschieben könnten und somit ein Kostenänderungsrisiko besteht - es gibt keine Garantie zur Kostenstabilität seitens der KAGs.
Ein weiteres Risiko ausgehend von der KAG ist das Vertragsänderungsrisiko. Hier können sich Bedingungen ändern und es kann zu einem temporären Rücknahmestopp der Anteile kommen, was durch die Börsenhandelbarkeit jedoch minimiert wird. Im schlimmsten Fall kann der Fonds ganz geschlossen werden. Ein gravierendes Problem stellt ferner die Möglichkeit zur Änderung der Anlagephilosophie dar. Der Anleger hat sich aufgrund der Anlagephilosophie für einen bestimmten ETF entschieden, da er in seine Asset-Allokation passt. Nun ändert die KAG die Anlagegrundsätze ab und der Anleger ist unter Umständen gezwungen sein Portfolio neu zu strukturieren. Als Beispiel kann hier die Repositionierung des Allianz RCM Transatlanta A im Februar 2010 angeführt werden. Es gab eine Umbenennung in Allianz RCM US Large Cap Growth und aufgrund der Anlagepolitikänderung eine Erhöhung der Risikoklasse von gewinnorientiert auf risikobewusst. 27
Des Weiteren können durch den Ausfall (Adressenausfallrisiko) oder der nicht vollständigen Erfüllung der Vereinbarung (Abwicklungsrisiko) eines Kontrahenten der KAG nicht planbare Kosten entstehen, welche der Anleger in einer Kursreaktion zu spüren bekäme. Falls die Depotbank ihrer Sorgfaltspflicht bei der Verwahrung nicht nachkommt, kann der KAG ein Verlust entstehen, welcher sich wiederum in einer Kursreaktion auswirken würde.
Ein weiteres Risiko, das Staatsrisiko, gliedert sich in zwei Risiken, das rechtliche und steuerliche Risiko. Beide Risiken können jederzeit unerwartet auftreten und der KAG Mehrkosten oder Nachfragerückgänge einbringen, da durch Änderungen die Anlageform an Attraktivität verlieren kann. Denkbar ist hier, dass KAGs eines Tages rechtlich anders gestellt werden, zum Beispiel dass eine Gleichstellung mit einem Kreditinstitut stattfindet und somit viele Zusatzpflichten sowie Kosten entstehen würden. Vermutlich würden diese durch eine Erhöhung der Verwaltungskosten an die Anleger weitergegeben, was für die Anlageform schädlich wäre. Auf der Investorenseite kann das Steuerrisiko dazu führen, dass ETFs stärker besteuert werden und so andere für den Anleger günstigere Anlageformen in den Fokus rücken könnten.
Werden verschiedene Währungen im ETF-Portfolio gehalten so kann es hier zu wechselkursabhängigen Schwankungen des Sondervermögens kommen (Währungsrisiko).
[...]
1 Vgl. Markowitz (1952), S. 89ff.
2 Vgl. Tobin (1958), S. 85f.
3 Vgl. Fama (1970), S. 413ff.
4 Vgl. Aulibauer/ Thießen (2002), S. 6f.
5 Vgl. Fama (1970), S. 383.
6 Vgl. Sharpe (1964), S. 430ff.
7 Vgl. DeBondt/ Thaler (1985), S. 804f.
8 Vgl. Lee/ Shleifer/ Thaler (1991), S. 106f.
9 Vgl. Ohlsen (1998), S. 10f.
10 Vgl. Kahnemann/ Tversky (1979), S. 263f.
11 Tversky starb bereits 1996, deshalb bekam Kahnemann den Nobelpreis alleine.
12 Vgl. Markowitz (1952), S. 89ff.
13 Vgl. Bruns/ Meyer-Bullerdiek (2008), S. 108-109.
14 Vgl. Hebner (2005), S. 3ff.
15 Vgl. Rosarius/ Martin/ Leibner (2004), S. 349f.
16 Vgl. InvG §6 Abs. 1.
17 Vgl. Etterer/ Schmitt/ Wambach (2004), S. 36-39.
18 Vgl. Wiesner (2008), S. 83f.
19 Details zum Tracking Error s. Kapitel 3.3.
20 Vgl. Atzler (2005), S. 19.
21 Vgl. Ammann/ Zimmermann (2001), S. 33ff.
22 Vgl. Beike/ Schlütz (2001), S. 126.
23 Vgl. Wagner (2002), S. 813ff.
24 Vgl. Bruns/ Meyer-Bullerdick (2008), S. 110.
25 Vgl. Steiner/ Bruns (2007), S. 68f.
26 Abbildung in Anlehnung an Lang (2009), S. 109.
27 Vgl. o.V. (2010), Änderungen bei Fonds von Allianz Global Investors.