Diplomarbeit, 2010
104 Seiten, Note: 1,5
Vorwort
Einleitung
THEORETISCHER TEIL
1. Begriffsbestimmungen
1.1 Nachhaltigkeit
1.2 Wohnen
1.3 Wohnungslosigkeit
1.3.1 Akute Wohnungslosigkeit
1.3.2 Bevorstehende Wohnungslosigkeit
1.3.3 Potenzielle Wohnungslosigkeit
1.4 Wohnungslosenhilfe
1.4.1 Prävention
1.4.2 Akuthilfe
1.4.3 Weiterführende und nachgehende Hilfe
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
2.1 Internationale Menschenrechte
2.2 Rechtliche Grundlagen in Oberösterreich
3. Qualitätsstandards der BAWO
3.1 Rahmenbedingungen
3.1.1 Wohnpolitische Ebene
3.1.2 Sozialarbeiterische Ebene
3.2 Standards in der Wohnungslosenhilfe Österreich
3.2.1 Inhaltliche Standards
3.2.2 Personelle Standards
3.2.3 Räumliche Standards
3.2.4 Wohn- und Wohnumfeldqualität
3.2.5 Rechtssicherheit
4. Ursachen der Wohnungslosigkeit
4.1 Erklärungsansätze
4.1.1 Der ordnungspolitische Ansatz
4.1.2 Der psychiatrische-neurologische Ansatz
4.1.3 Der psychologische Ansatz
4.1.4 Die soziologischen /strukturellen Ansätze
4.2 Gefährdete Personengruppen
5. Lebensbedingungen und Begleiterscheinungen
5.1 Fehlende Wohnung
5.2 Fehlende finanzielle Mittel
5.3 Ernährung, Kleidung und Hygiene
5.4 Gesundheit
6. Daten, Zahlen und Fakten aus Oberösterreich
6.1 Hilfssysteme Oberösterreich
6.2 Demographische Daten Linz
7. ARGE für Obdachlose
7.1 Der Verein
7.1.1 Organisationsstruktur
7.1.2 Ziele und Zielgruppe
7.1.3 Die Projekte
7.2 Das Projekt ARGE „WieWo“
7.2.1 Ziele
7.2.2 Zielgruppe
7.2.3 Angebot
7.2.4 Arbeitsweise und Methoden
7.2.5 Daten 2008
EMPIRISCHER TEIL
8. Forschungsmethode/Erhebungsinstrumente
8.1 Grundzüge quantitativer und qualitativer Sozialforschung
8.2 Das Leitfadeninterview
8.3 Vorbereitung der Voruntersuchung
8.4 Vorbereitung der qualitativen Befragungen
9. Befragte Personen
9.1 Ehemalige Klienten
9.2 Sozialarbeiter/innen
10. Statistische Erhebung und Auszählung
10.1 Erfolgsquote vom 01.01.2003 bis 31.12.2008
10.2 Interviewverlauf
10.3 Auszählung spezifischer Informationen aus den Interviews
10.3.1 Demographische Daten
10.3.2 Gründe für den Wohnungsverlust
11. Auswertung der Interviews
11.1 Klient A
11.2 Klient B
11.3 Klient C
11.4 Klient D
11.5 Klient E
12. Zusammenführung der Ergebnisse / Bewertungen
12.1 Erkenntnisse zu den Hypothesen
12.2 Bewertung des Projektes „ARGE WieWo“
12.2.1 Sozialarbeiter/innen
12.2.2 Angebote und Maßnahmen
13. Schlussfolgerung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Interviewleitfaden Klienten
Anhang 2: Interviewleitfaden Sozialarbeiter/innen
Ich leb' in 'nem Wohlstandsland, wo ich fürs pinkeln Kohle zahl, mehr als manche im Monat haben und alle schauen einfach zu. Am Schaufenster die Klunker, abgesichert wie 'n Bunker, der Typ daneben der hat Hunger und alle schauen einfach zu.
*****
Es hat nicht funktioniert, er hat schon resigniert,
jetzt lebt er auf der Straße und alle schauen einfach zu.
Und die Angst so zu werden ist größer als die Angst zu sterben, jeder ist sich selbst am nächsten und alle Augen gehen zu.
*****
Augen zu und durch, immer weiter es gibt nichts zu sehn,
schöne heile Welt, nur nicht denken, immer weiter gehn,
keine Fragen, keine Fehler, immer mehr und schneller, bleib' nicht stehn. Es geht uns gut, es geht uns besser, es geht uns wunderbar,
Augen zu und ... Dankeschön!
(Yeah, Mono & Nikitaman)
Anfang der 90er Jahre wurde in Deutschland erstmals ein Aufkleber auf einem Porsche gesichtet, der folgendes Zitat beinhaltete:
„EURE ARMUT KOTZT MICH AN“
Die Absicht dahinter, der unteren Bevölkerungsschicht seinen Reichtum nicht nur anhand eines teuren Autos zu präsentieren, sondern diesen auch in Worten zu fassen und allen Menschen bekannt zu geben wie vermögend man nicht ist, regte zu zahlreichen Diskussionen in der Gesellschaft an. In Radiosendungen, wie auch in Talkshows wurde dieses Zitat immer wieder herangezogen, analysiert und besprochen. Das Resultat war nicht nur der wachsende Hass der Armen auf die Reichen, sondern auch der Reichen auf die Armen. Auf der einen Seite der Ärger und die Verbitterung über die ungerechte Verteilung der finanziellen Mittel im Lande, auf der anderen Seite das Unverständnis über die Mittellosigkeit bzw. die Notlage und Wut auf die Menschen, denen auch noch das eigene Geld (Steuern) zukommt. Im Vordergrund das Geld, im Hintergrund der Mensch. Grenzenlos und bestürzend wirkte dieser Satz anfangs auf mich. Mit welcher Ignoranz und Gleichgültigkeit manche Reiche auf sozial schwache Mitmenschen herab blicken und sich nicht dessen bewusst sind, dass auch sie eine Teilschuld am Schicksal mancher haben (z.B. Spekulanten an der Börse, Ausnutzen von Arbeitskräften, ...). Demzufolge interpretiere ich dieses Zitat für mich in einer anderen Art und Weise. Nicht auf sozial schwache Menschen ist dieser Satz zutreffend, sondern vielmehr gilt er denjenigen, die sich zur obersten Schicht unserer Klassengesellschaft zählen dürfen und mit Gewissenlosigkeit und ohne Nachzudenken auf andere zeigen. Sie sind arm an Verstand und Menschenwürde und ...
… DIESE Armut kotzt mich an!
Dieses Zitat zeigt auch noch eine andere Bedeutung für mich auf. Dass es so viel Armut und unter anderem wohnungslose Menschen gibt „kotzt“ mich an. Ich möchte dazu beitragen dieser Armut entgegen zu wirken und Betroffene dabei unterstützen ihr Leben wieder auf geordnete Bahnen zu leiten. Menschen sollen nicht auf der Straße sitzen und täglich um ihr Leben kämpfen müssen, während andere sich in Wohlstand säumen. Sie sollen die Chance und Hilfe bekommen der Armut zu entfliehen, egal ob sie selbst schuld sind an ihrer Situation (wie viele denken) oder andere Umstände zu ihrer Notlage beigetragen haben. Die Wahl meines Forschungsgebietes fiel mir relativ einfach, da meine Praktikas hauptsächlich im Verein „ARGE für Obdachlose“ stattgefunden haben. Ich habe erfahren wie ich Erlerntes umsetzen kann und wie ich die Theorien der Sozialarbeit in einem Handlungsfeld richtig anwende. Da ich mich später gerne in diesem Arbeitsfeld als Sozialarbeiterin sehen würde, ist es mir wichtig darüber Bescheid zu wissen, wie nachhaltig wirksam Wohnungslosenhilfe ist. Das Projekt ARGE „Wieder Wohnen (WieWo)“ bot mir somit an, auch aus eigenem Interesse, die nachhaltige Wirkung ihrer Arbeit zu erforschen und die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit aufzuzeigen. Da im Projekt „WieWo“ nur mit wohnungslosen Männern gearbeitet wird, beschränke ich mich in meiner Diplomarbeit auf wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Männer.
Im Zuge dessen möchte ich die Möglichkeit nutzen mich bei meiner Familie und meinen Freunden /innen zu bedanken, die mich auf meinem Weg stets begleiteten. In jeder Phase des Studiums haben sie mich in meinem Tun bestärkt und mir gezeigt, dass ich die richtige Wahl getroffen habe. Ein großer Dank gilt vor allem meinen Eltern, denen ich dieses Werk widme und die mir immer wieder die Chance gaben, in meinem Leben zu lernen, zu studieren und mich weiter zu entwickeln. Danke an meinen Freund Jürgen, meine beste Freundin Evelyn und an meine Schwester Manuela - die mir in vielen Gesprächen immer zur Seite standen. Nadja und Anna - ohne euch wäre das Studium nur halb so schön gewesen. Es war eine tolle Zusammenarbeit und daraus hat sich eine wunderbare Freundschaft entwickelt. Ein großer Dank gilt Herrn Christian Stark der mich in meiner Arbeit betreut hat und mir stets als zuverlässiger Ansprechpartner zur Verfügung stand. Bedanken möchte ich mich besonders beim Verein „ARGE für Obdachlose“, der mir neben den Praktikas auch die Möglichkeit bot diese Arbeit zu schreiben. Danke an Huber Marianne, Heller Wolfgang und Zauner Heinz, die zur Vollendung dieser Arbeit beigetragen haben und mich mit Informationen, Rat und ständiger Bereitschaft unterstützten.
Wohnungslose zählen zu den Randgruppen unserer Gesellschaft. In Zeiten der Globalisierung, der fortschreitenden technischen Entwicklung und des sozialen Wandels wird die Anzahl wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen immer höher.
Wer in die Wohnungslosigkeit gerät, ist häufig ohne „richtige“ Freunde, ohne Schutz und läuft des weiteren oft Gefahr, aus (finanzieller) Not, Einsamkeit und durch das bestehende, meist selbst belastete, Umfeld, in „tiefere“ Abgründe zu stürzen d.h. Drogenkonsum, (Beschaffungs-) Kriminalität, übermäßiger Alkoholkonsum etc. Diese genannten Faktoren können auch teilweise eine Ursache für Wohnungslosigkeit darstellen. Wohnungslosigkeit ist somit nicht nur mit dem Verlust des Wohnens verbunden, sondern koppelt sich an viele andere Probleme, mit denen die Betroffenen tagtäglich konfrontiert sind, wenn sie nicht ein System, das die nötige Hilfe, Begleitung, Unterstützung und den nötigen Schutz bietet, finden. Während einige ihre Situation schnell akzeptieren und sich damit abfinden unter Brücken, in Abbruchhäusern oder in Zelten zu schlafen, sind viele auf der Suche nach Hilfe; nach Hilfe aus einer anfangs aussichtslosen Situation. Statistiken zeigen, dass es mehr wohnungslose Männer als Frauen gibt. Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da sich Männer mehr im öffentlichen Raum zeigen. Frauen leben häufig in einer sogenannten „versteckten“ Wohnungslosigkeit, indem sie bei Freunden und Bekannten wohnen und sich im Problemfeld der „Abhängigkeit“ bewegen.
Ziel der Arbeit ist somit herauszufinden, inwieweit das Angebot von „ARGE WieWo“ nachhaltig wirksam ist. Dabei sollen sich Unterschiede verdeutlichen, warum bei einigen Klienten das Projekt gescheitert und bei anderen gelungen ist. Aus den Befragungen zeigt sich, welche Bereiche des Projektes ausgebaut, welche Maßnahmen, etc. ergänzend hinzugefügt und welche Teilbereiche aufgelöst werden könnten. Aus diesen Ansätzen ergeben sich folgende Forschungsfragen:
- Hat die Wohnungslosenhilfe von „ARGE WieWo“ eine nachhaltige Wirkung?
- Wo liegen die Ursachen für ein mögliches Scheitern bzw. welche Maßnahmen tragen zum positiven Verlauf bei?
- Welche Maßnahmen und Angebote sollen im Projekt ergänzt, ausgebaut oder aufgelöst werden?
Die Arbeit gliedert sich dabei in einen theoretischen und einen empirischen Teil: Theoretischer Teil
Zu Beginn werden Begriffsbestimmungen analysiert, um eine fachgerechte Ausgangsbasis zu schaffen. Desweiteren verdeutlichen die rechtlichen Rahmenbedingungen gesetzliche Gegebenheiten, die zum Schutz der Grundrechte dienen sollen. Das Recht auf Wohnen steht dabei im Mittelpunkt dieser Arbeit. Die Qualitätsstandards zeigen eine methoden- und fachspezifische Arbeitshaltung in der Wohnungslosenhilfe auf. Ursachen, Lebensbedingungen und Begleiterscheinungen von Wohnungslosigkeit verdeutlichen den Teufelskreis, indem sich Betroffene oft befinden und machen die Schwierigkeiten wohnungsloser Menschen ersichtlich. Im darauf folgenden Abschnitt werden die Hilfssysteme Oberösterreich aufgelistet und erläutert, sowie aktuelle Daten aus Oberösterreich, im Bezug auf wohnungslose Menschen, festgehalten. Anschließend folgt ein umfassender Überblick des Verein „ARGE für Obdachlose“, insbesondere über das Projekt „ARGE WieWo“.
Empirischer Teil
Nach der Erläuterung der Forschungsmethode und der Erhebungsinstrumente werden die befragten Personen vorgestellt. Die statistische Erhebung schildert die Vorbereitung zur Errechnung der Erfolgsquote von „ARGE WieWo“ vom Jahr 2003 bis 2008. Mit der Durchführung der Interviews können die notwendigen Daten ermittelt werden, die zur Beantwortung der Forschungsfragen notwendig sind. Anhand der nachfolgenden Auswertung können die demographischen Daten der Klienten verglichen und die Gründe für den Wohnungsverlust ermittelt werden. Ein Vergleich der Fallgeschichten gibt einen Einblick in das Leben ehemaliger Betroffener und zeigt den Betreuungsverlauf von „ARGE WieWo“ auf. Dabei werden die Zielsetzung, die Maßnahmen und der Betreuungsabschluss genau erarbeitet. Eine Gegenüberstellung von Klienten und Sozialarbeiter/innen zeigt unterschiedliche Sichtweisen über den Ablauf der Betreuungslaufbahn und führt zur Bewertung des Projektes.
Das primäre Ziel der Arbeit ist es die nachhaltige Wirkung der Wohnungslosenhilfe zu erforschen. Folglich ist es relevant die wichtigsten Begriffe, die den Grundstein dieser Arbeit und der Untersuchung bilden, genauer zu bestimmen und eine definierte Ausgangsbasis zu schaffen.
Der Begriff der Nachhaltigkeit hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Leitbegriff in Ökonomie und Ökologie entwickelt und bezieht sich auf die Nachhaltigkeit von Entwicklungen bzw. auf Fortschritte in der Gesellschaft, der Umwelt und der Wirtschaft. Die Literatur ist sehr umfangreich und somit auch ihre Definition. Nachhaltigkeit wird unter anderem mit Begriffen, wie Zukunftsfähigkeit, besonders wirkkräftig, nachdrücklich oder intensiv gleichgestellt.1
Als häufigste zitierte Aussage findet sich in der Literatur die Bestimmung des BrundtlandBerichts 1987 „Unsere gemeinsame Zukunft“ (Weltkommission für Umwelt und Entwicklung), die zu internationalem Handeln anregte:
„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“2
Im Mittelpunkt der Definitionen steht immer der Mensch, der durch einen positiven Fortschritt bzw. durch Erfolg sein eigenes Leben sichert und seine Bedürfnisse dadurch befriedigt. Nachhaltig heißt somit auch andauernd, längerfristig, bestehend. Die Nachhaltigkeit der Wohnungslosenhilfe definiert also einen länger andauernden positiven Zustand d.h. die dauerhafte (problemlose) Erhaltung der eigenen Wohnung.3
„Statt Hütten für sich, bauen tausende Prachtwohnungen für wenige.“
(Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph)
Für den Begriff des Wohnens eine allgemeine Definition zu finden stellt eine Schwierigkeit dar, da die Bezeichnung in den unterschiedlichen Kulturen und Ländern verschiedene Ansichten beinhaltet. Auch bei der Übersetzung des Wortes stößt man an Grenzen z.B. gibt es im englischsprachigen Raum kein selbstständiges Wort für Wohnen, sondern nur einen gemeinsamen Begriff für Wohnen und Leben. Da sich das Thema der Arbeit auf Österreich beschränkt, wird sich die Begriffsbestimmung am österreichischen Standard messen.
Wohnen stellt für den Menschen eines der wichtigsten Grundbedürfnisse dar und wurde mit dem „Recht auf Wohnen“ in den Grundrechtskatalog der Menschenrechtskonvention aufgenommen (siehe Punkt 2. rechtliche Rahmenbedingungen). Die Grundbedürfnisse zu befriedigen ist für jeden Menschen eine Voraussetzung, um ein gesundes und würdevolles Leben zu haben, psychische und physische Gesundheit zu sichern und laut Maslow notwendig, um Selbstverwirklichung zu erreichen (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Maslowsche Bedürfnispyramide
Wohnen bedeutet eine menschengerechte Existenz innerhalb der Gesellschaft und somit eine Teilnahme am öffentlichen Leben. In Bezug auf das Wohnen definiert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) Mindeststandards des Wohnens, die sowohl für die Arbeit in der Wohnungslosenhilfe als auch in der Wohnpolitik heran gezogen werden können (siehe Punkt 3).
Obwohl Österreich zu den reichsten Ländern der Welt zählt kann das Grundbedürfnis nicht von allen Menschen gedeckt werden. Das Problem liegt an der Wohnungsknappheit und der enorm hohen Nachfrage am Wohnungsmarkt. Auch der Trend zum Singlehaushalt und die hohe Einwanderungsquote verschlechtern die Chance auf eine eigene bzw. leistbare Wohnung.4
Obwohl im normalen Sprachgebrauch die Begriffe Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit für viele identisch sind und dasselbe zum Ausdruck bringen wollen, gibt es mehrere unterschiedliche Bedeutungen für das „Nicht-Wohnen“. Es ist daher von Bedeutung die unterschiedlichen Erklärungsansätze genauer zu beleuchten und die verschiedenen Ansichten zu sortieren.
Bei der Suche nach einer einheitlichen Definition für Obdachlosigkeit finden sich bedeutende Unterschiede. Die Differenz zeigt sich vor allem in der Lebenssituation betroffener Menschen:
- Ansicht 1: Obdachlosigkeit bedeutet, dass der Betroffene ausschließlich im Freien übernachtet. Diese Verwendung und Interpretation wird hauptsächlich unter den Betroffenen selbst verwendet.
- Ansicht 2: Obdachlosigkeit bedeutet, dass der Betroffene kein eigenes Bett zur Verfügung hat, sondern dies mit jemand anderen teilen muss oder nur „leihweise“ in diesem schlafen kann.
- Ansicht 3: Obdachlosigkeit bedeutet, dass der Betroffene in einer Einrichtung für Obdachlosenhilfe untergebracht ist, auch wenn er für mehrere Jahre dort lebt und nicht Gefahr läuft diese Unterbringung zu verlieren. Diese Interpretation findet sich meist unter den Angestellten dieser Organisationen.
- Ansicht 4: Obdachlosigkeit bedeutet, dass der Betroffene zwar in einer Wohnung lebt, aber dieses Objekt von sozialen Einrichtungen als Übergangswohnung oder als betreutes Wohnen zur Verfügung gestellt wurde.5
Aufgrund dieser Schwierigkeit, eine übereinstimmende und allgemein gültige Darstellung zu finden verwendet die europäische Dachorganisation der Wohnungsloseneinrichtung (FEANTSA) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) den Begriff Wohnungslosigkeit, der somit alle Formen einschließt und beachtet. Auch im Landesgesetzblatt für Oberösterreich (siehe weiter unten) wird der Terminus Wohnungslosigkeit verwendet.
Nachfolgend werden die Formen der Wohnungslosigkeit erläutert:
Im Landesgesetzblatt für Oberösterreich findet man folgende Definition für akut wohnungslose Menschen:
- Dies sind Menschen, die in Ermangelung einer Wohnung „auf der Straße“ (in Abbruchhäusern, Eisenbahnwaggons, im Freien, etc.) oder in Asylen, Notschlafstellen, einschlägigen Heimen, Herbergen, Übergangswohnungen und Pensionen oder
- in Ermangelung einer eigenen Wohnung bei Bekannten, Freunden, etc. oder
- in akut gesundheitsschädigenden Wohnungen leben müssen.6
In der Ausarbeitung der BAWO scheinen folgende Ergänzungen auf:
- Personen die in betreuten Wohnungen leben.
- Personen die delogiert wurden.7
FEANTSA inkludiert hier auch Formen wie, temporäre bzw. befristete Wohnungslosigkeit (Notschlafstellen, Wohnheime, betreutes Wohnen, etc.), da die Unterbringung in Übergangswohnungen oder in betreuten Wohnungen und Wohngemeinschaften auf eine gewisse Zeit beschränkt werden kann und versteckte Wohnungslosigkeit (vorübergehende Unterbringung bei Freunden, Verwandten, etc.). Weiters fällt der Begriff der unzumutbaren Wohnsituation. Damit sind feuchte oder nicht beheizbare Wohnungen gemeint bzw. Überbelag, etc.8
Das Landesgesetzblatt OÖ, das die Definition der BAWO übernimmt, definiert den Begriff der bevorstehenden Wohnungslosigkeit folgendermaßen:
„Von bevorstehender Wohnungslosigkeit sind jene Menschen betroffen, denen der Verlust ihrer derzeitigen Wohnung oder Wohnmöglichkeit droht und die nicht in der Lage sind, ihren Wohnraum auf Dauer zu erhalten und sich aus eigener Kraft Ersatzwohnraum zu beschaffen.“9
Darunter fallen Menschen,
- die durch eine Kündigung ihrerseits oder seitens der Arbeitsstelle die Dienstwohnung verlieren.
- die durch eine Entlassung aus einer Haftanstalt, einer Anstalt oder durch Verlassen eines Heimes unterkunftslos sind.
- die durch Verabschiedung aus Rehabilitationsmaßnahmen keine Unterkunft mehr haben.
- die durch Scheidung oder Trennung das Wohnrecht und somit die Wohnung oder das Haus verlieren.
- die durch die Ankündigung einer Delogierung gefährdet sind ihre Bleibe abtreten zu müssen.
- die durch Ablaufen eines Mietvertrags die Wohnung verlassen müssen.10
Potenziell von Wohnungslosigkeit sind Menschen dann bedroht, wenn es aufgrund ihres Einkommens in naher Zukunft möglich ist, dass sie ihre Wohnung verlieren werden. Sie sind durch ihre Einkommenssituation nicht in der Lage Miete oder Mietrückstände auszugleichen. Hierunter fallen besonders gefährdete Personenkreise wie, Niedriglohnempfänger/innen, Haushalte die verschuldet sind, Mindestrentner/innen, Behinderte, Ausländer/innen und teilweise auch alleinerziehende Mütter und Väter. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Wohnungslosigkeit das Endprodukt darstellt, sondern lediglich eintreten kann. Meist führen unerwartete Ereignisse, wie schwere Krankheiten oder Arbeitsverlust, zum noch größeren Schicksalsschlag, also zum eventuellen Wohnungsverlust.11
Wohnungslosenhilfe bezeichnet das Gesamtausmaß aller sozialen Hilfen, die darauf ausgerichtet sind, Wohnungslosigkeit zu vermeiden, Wohnungslose zu versorgen und Wohnungslosigkeit zu beenden. Hierbei ist es von großer Bedeutung sich mit der Entwicklung und der Entstehung von Wohnungslosigkeit auseinander zu setzen, um möglichst rasch geeignete Hilfestellungen anbieten zu können. In neuerer Zeit werden mit dem Begriff der Wohnungslosigkeit nicht nur mehr Schicksalsschläge oder Eigenschuld verbunden, sondern auch wirtschaftliche Aspekte (z.B. Arbeitsvergabe, etc.) und Wohnungsmärkte (z.B. Wohnungsmangel durch mehr Einzelpersonenhaushalte, Zuwanderung, etc.) mit einbezogen. Zu den Zielen der Wohnungslosenhilfe zählen die Abwehr der Wohnungslosigkeit, die Verbesserung der Lebenssituation und die Resozialisierung der Betroffenen, durch eine wieder eigenständige Lebensführung im eigenen Wohnraum.12
Im Folgenden wird auf die unterschiedlichen Formen der Wohnungslosenhilfe eingegangen:
Prävention oder „vorbeugendes Eingreifen - Vorbeugung“13 zielt auf die Abwendung eines unerwünschten Ergebnisses bzw. einer negativen Entwicklung ab.
In der Wohnungslosenhilfe gliedert sich die Prävention in folgende Hilfestellungen auf:
- Auf- und Ausbau eines Frühwarnsystems (z.B. um Delogierungen entgegenzuwirken, etc.),
- kostenlose Hilfestellung und Beratung in Rechtsfragen (z.B. Fragen bei Mietverträgen, etc.),
- psychosoziale Versorgung im sozialen Netz des Wohnumfeldes
- und die Delogierungsprävention.14
Auf diese Weise soll es gelingen den Erhalt der Wohnung zu sichern und einen Verlust sowie eventuelles „Abrutschen“ in die Wohnungslosigkeit zu vermeiden.
Aktives Vorgehen mittels frühzeitiger Finanzplanung, Verfassen von Unterstützungsansuchen und Gespräche mit Vermieter/innen, sowie vernetzte Maßnahmen (gute Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Gerichten, anderen Beratungsstellen, etc.) stehen dabei an oberster Stelle der Wohnungslosenhilfe.15
Der Bereich der Akuthilfe gliedert sich in der Wohnungslosenhilfe für die Sozialarbeit in folgende Aufgabenbereiche:
- Beratungsstellen für Krisensituationen, juristische Beratungen und Vertretungen und sozialmedizinische und psychosoziale Betreuung.
- Straßensozialarbeit als aufsuchende Form der Beratung (im Hintergrund steht meinst eine Beratungsstelle).
- Tageszentren - Tagsüber geöffnete Stätten, Klubs, etc., die Betroffenen einen Aufenthalt während des Tages bieten, ohne weitere Hilfsangebote in Anspruch nehmen zu müssen. Möglichkeiten der Hygiene und Körperpflege sowie Kleider- und Wäscheausgabe sind häufig gegeben. Sie bieten Platz für Gespräche, Austausch von
Informationen unter den Betroffenen und stellen regelmäßig warmes Essen gegen ein geringes Entgelt zur Verfügung.
- Notunterkünfte als niederschwellige Angebote für zeitlich begrenzte Übernachtungen.16
Der Bereich des Wohnens stellt den ersten Grundstein weiterführender Hilfe dar. Darunter fallen betreute Wohngruppen oder Einzelwohnungen, die für eine längerfristige aber zeitlich begrenzte Dauer des Wohnens zur Verfügung stehen. Neben einer geringen Miete oder Gebühr kann der Betroffene individuelle Hilfe, Beratung, Tagesstrukturierung, Aktivitäten, etc. in Anspruch nehmen und sich Schritt für Schritt auf ein selbstständiges Leben, in einem eigenen Wohnraum, vorbereiten. Die Übergangswohnform bietet einen Start in ein neues Leben und ist während der Betreuungszeit an manche Vorschriften, wie pünktliches Zahlen von Mietbeträgen, Einhalten von Terminen, etc. gebunden.17
Laut § 14 Oö. SHG 1998 können Menschen, die trotz intensiver Bemühung keinen Arbeitsplatz bekommen, Hilfe zur Arbeit beanspruchen. Dieser Bereich bildet den zweiten Grundstein und wird im Landesgesetzblatt Oö. wie folgt definiert:
„Hilfebedürftige, die trotz entsprechender Bemühungen keine Erwerbsmöglichkeit finden, kann an Stelle sozialer Hilfe in Form laufender Geldleistungen Hilfe zur Arbeit angeboten werden, sofern damit den Zielen und Grundsätzen sozialer Hilfe besser entsprochen und eine (Wieder-)Eingliederung der hilfebedürftigen Person in das Arbeitsleben erleichtert wird.“18
Diese Beschäftigungen finden meist in Form einer Tagesstruktur statt, in der der Betroffene gegen geringes Entgelt eine langfristige Tätigkeit ausüben kann.
Die mobile Wohnbetreuung bildet den letzten Bereich. Sie stellt die nachgehende Begleitung und Betreuung in einer Wohnung, die von einer Organisation zur Verfügung gestellt wird, oder der eigenen Wohnung, dar. Die Begleitung ist an eine gegenseitige Bereitschaft gebunden und wird für eine gewisse Zeitspanne abgeschlossen. Befindet sich der Betroffene nicht in seiner eigenen Wohnung kann anschließend an diese Hilfsform eine Nachbegleitung, ohne Vereinbarungen oder Voraussetzungen, genutzt werden.19
Die wichtigsten Menschenrechte sind mit der Würde von Menschen, mit Schutz gegen Unterdrückung, Gewalt, Not und Armut verbunden.20
Nachdem zuerst die bürgerlichen und politischen Rechte in vielen Staaten der Welt Einzug hielten, folgten die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Auch kollektive Völkerrechte, die nachfolgend genannt werden, gewannen an Bedeutung:
(1) Bürgerliche und politische Rechte, auch „wesentliche Menschrechte“ genannt, finden ihren Ursprung im politischen Liberalismus und in der Demokratie. Sie verlangen, dass jeder Mensch sein Leben möglichst frei bestimmen und gestalten kann, ohne große Einmischung durch Staat, Religion, etc. Neben fundamentalen Menschenrechten (Recht auf Leben, persönliche Integrität, persönliche Freiheit, Gleichheit und einheitlicher Zugang zu Gerichten) stehen Privatheit, Privateigentum, Religionsfreiheit, etc. im Zentrum der bürgerlichen Rechte und das Wahlrecht, gleicher Zugang zu Ämtern, etc. im Zentrum politischer Rechte.
(2) Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die durch den Sozialismus geprägt werden, gehen davon aus, dass der Staat für die Erhaltung bürgerlicher und politischer Rechte verantwortlich ist, indem er durch gleiche materielle Verteilung der Güter eine Chancengleichheit in der Gesellschaft hervorruft. Wirtschaftliche Rechte sind dabei geprägt von Recht auf Arbeit, gleiche, faire, gesunde und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard bildet das Zentrum des sozialen Vertrages. Hierzu zählen das Recht auf Wasser, Nahrung, Bekleidung und Unterkunft, sowie Gesundheit und soziale Sicherheit. Zu den kulturellen Rechten werden die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und das Recht auf Bildung gezählt.
(3) Kollektive Rechte beinhalten, neben dem Recht auf eine gesunde Umwelt für alle Völker, die wohl wichtigste Benennung - die Gleichheit aller Menschen. Politische, wirtschaftliche und kulturelle Selbstbestimmung sind Rechte die auch dem Rassismus entgegenwirken sollen.21
Allgemeine Menschenrechte
Artikel 25 der europäischen Menschenrechtskonvention besagt:
„Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderswertigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.22
Zusätzlich findet sich, in Artikel 64 folgende Formulierung:
„Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnen.“23
Hier wird ersichtlich, dass einige unterschiedliche Bestimmungen, für ein Recht auf Wohnen, vorhanden sind, die jedoch alle dieselbe Bedeutung mit sich tragen und sich lediglich in ihrer Formulierung unterscheiden.
Der völkerrechtlichte Vertrag
Neben der EMRK gibt es in den einzelnen Staaten noch weitere Maßnahmen zum Schutze der Menschenrechte. Die europäische Menschenrechtskonvention, die im Mittelpunkt das Individuum und die Beziehung zwischen Mensch und Staat platziert, unterscheidet sich zum völkerrechtlichen Vertrag, der unter anderem die Beziehung zwischen den Staaten pflegt. Die EMRK dient dabei als Überprüfungsinstrument für die Einhaltung der Grundlagen und verpflichtet die Staaten zur Durchführung.
Der multilaterale völkerrechtliche Vertrag, der 1966 zwischen 160 Staaten beschlossen wurde (darunter z.B. Österreich, Schweiz, Luxemburg, …) unterteilt sich in 31 Artikel, wobei besonders Artikel 11 für den Bereich der Wohnungslosenhilfe von Bedeutung ist.24 Wie Artikel 11 zum Ausdruck bringt, ist ein angemessener Lebensstandard, ein autonomer Bestandteil der Menschenrechte:
„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen.“25
Die Staaten verpflichten sich dabei die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um diesen Zustand zu sichern.
Neben der EMRK und dem völkerrechtlichen Vertrag, die beide für ganz Österreich relevant sind, existieren in den einzelnen Bundesländern Sozialhilfegesetze (SHG). Diese Gesetze geben Aufschluss darüber wie soziale Hilfe in den einzelnen Ländern gewährleistet werden soll.
Obwohl sich die Gesetze von Bundesland zu Bundesland in einigen Punkten unterscheiden, formulieren sie dennoch eine übereinstimmende Zielformulierung26 - nämlich die Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens für jene, die auswärtige Hilfe durch die Gesellschaft benötigen. Auch der Grundsatz der Prävention und der Nachhaltigkeit, der für die Wohnungslosenhilfe relevant ist, wurde in allen neun Ländern gleichermaßen betont. Diese Prinzipien sollen durch geeignete Maßnahmen (Beratung) und Mittel (Einschränkungen im Bereich des Kostenersatzes) drohende Notlagen abwenden bzw. Rückschläge in solche Notlagen verhindern.27
Im SHG Oberösterreich 1998 finden sich in Bezug auf wohnungslose Menschen und Wohnungslosenhilfe folgende Paragraphen:
„§ 7 SOZIALE NOTLAGEN
(2) Der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 Z. 1 umfasst den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere der Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung und andere persönliche Bedürfnisse, wie insbesondere die angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und eine angemessene Teilhabe am kulturellen Leben“.28
(3) In einer besonderen sozialen Lage im Sinn des Abs. 1 Z. 2 können sich insbesondere Personen befinden, die… 8. von Obdachlosigkeit betroffen sind.29
Zielgruppe für soziale Hilfe sind unter anderem wohnungslose Menschen, die ohne diese Unterstützung nicht in der Lage wären einen eigenen Wohnraum zu finanzieren und somit ein menschenwürdiges Leben zu führen.
Im § 12 des Oö. SHG 1998 sieht das Gesetz vor, dass Häuser und sonstige vorübergehende Wohnmöglichkeiten für wohnungslose Menschen zur Verfügung stehen müssen. Fachliche Betreuung zur Erarbeitung neuer Perspektiven muss dabei gegeben sein. Weitere erforderliche Leistungen sind
- mobile und ambulante Dienste (Mahlzeitendienste, Betreuungsdienste, etc.),
- teilstationäre Dienste (Tageszentren, etc.),
- stationäre Dienste (Wohnheime, etc.) und
- sonstige Dienste (Beratungsdienste, Notruftelefon, etc.30
Die Sozialarbeit spielt eine entscheidende Rolle in der Vertretung der Menschenrechte und ist in jedem Handlungsfeld damit berufen diese zu verteidigen und wieder herzustellen. Der Beruf konzentriert sich neben dem effektiven Handlungsauftrag darauf, Menschenrechte konkret umzusetzen, indem sie meist mit diskriminierten oder unterprivilegierten Menschen und Gruppen von Menschen arbeitet. Die Sozialarbeit im Bereich der Wohnungslosenhilfe setzt sich mit wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechten auseinander. Unterkunft, Arbeit, Kleidung und Nahrung bilden allgemeine Grundrechte für minimalen Lebensstandard.31
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) bildet seit 1991 den Dachverband über sämtliche Wohnungsloseneinrichtungen in Österreich. Das gemeinsame Ziel aller Vereine, die ansteigende Wohnungslosigkeit in den Griff zu bekommen, wurde miteinander durch Inhalte, Standards und Strukturen in ein gemeinsames Grundsatzprogramm verankert und gilt seit dem Jahr 1998 für alle Einrichtungen, die mit wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen arbeiten, als Basis für die Problembewältigung.32
Die Rahmenbedingungen der Wohnungslosenhilfe bewegen sich auf der wohnpolitischen und der sozialarbeiterischen Ebene:
Der Zugang zum Wohnungsmarkt ist in den vergangen Jahren immer schwieriger geworden. Eine geeignete und günstige Wohnung zu finden und diese dauerhaft finanzieren zu können ist für viele Menschen nicht möglich. Gründe hierfür sind unter anderem die enorme Zuwanderungsquote in den vergangenen Jahren, die eine Wohnungsknappheit, besonders im städtischen Bereich, verursachen. Auch die aktuelle Wohnkostenentwicklung liefert eine beträchtliche Teilschuld an der Wohnungslosigkeit. Durch die hohen Mieten bzw. durch die Knappheit kostengünstiger Wohnungen sind besonders Zuwanderer/innen, Sozialhilfeempfänger/innen, etc. in einer schwierigen Lage. Laut BAWO ist es daher sehr dringend, Modelle einzuführen, die eine verbindliche Mietobergrenze darstellen, um das Problem in den Griff zu bekommen.33
Aufgrund dieser wohnpolitischen Tatsache hat die Sozialarbeit in der Wohnungslosenhilfe eine wichtige Rolle und hat sich die Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung von Wohnung und Arbeit und die Unterstützung bei rechtlichen Angelegenheiten zur Aufgabe gemacht. Die Sozialarbeit arbeitet in der Wohnungslosenhilfe somit auf folgenden Ebenen:
- Die personale Ebene bezieht sich auf die Beziehung zwischen Helfer und Betroffenen, durch Unterstützung und Beratung.
- Auf der sozialen Ebene geht es um Existenzsicherung, gesundheitliche und berufliche Rehabilitation und Selbsthilfe. Diese ermöglichen eine Teilnahme am öffentlichen Leben.
- Genügend Hilfsangebote in allen Regionen mit gleichen Standards und Angeboten zu schaffen, sind Bereiche der institutionellen Ebene.
- Auf der sachpolitischen Ebene sollen Probleme anhand von Öffentlichkeitsarbeit und
Politikberatung ersichtlich gemacht werden und schnell eine geeignete Lösung gefunden werden.34
Wir bereits im vorangegangen Punkt erwähnt gelten die Standards in der Wohnungslosenhilfe für alle Einrichtungen in Österreich und sollen zu einer gemeinsamen Problembekämpfung beitragen.35 Diese Standards teilen sich in folgende fünf Bereiche auf, wobei die beiden letzten Punkte nicht nur für die Arbeit mit wohnungslosen Menschen, sondern auch für die gesamte Wohnpolitik von Bedeutung sind:
Diese Grundlagen beziehen sich auf eine sozialarbeiterische Tätigkeit die unterschiedliches Alter, Geschlecht und problemspezifische Erfordernisse (Jugendliche, etc.) beachtet, sowie Schutzbedürfnisse zwischen Männern und Frauen berücksichtigt:
- Demnach sollen Tageszentren über Aufenthaltsmöglichkeiten verfügen. Information, Beratung und Betreuung sollen angeboten werden. Betroffene sollen die Möglichkeit der Hygiene haben und persönliche Dinge aufbewahren können.
- Beratungsstellen sollen Einzelfallhilfe, Unterstützung, Beratung, Betreuung, Hilfestellungen bei Wohnraumsicherung, finanziellen Angelegenheiten, rechtlichen Fragen und materieller Sicherheit anbieten.
- Das Angebot betreuter Unterkünfte sollte Begleitung, Hilfsangebote, Unterstützung, Hilfe bei der Freizeitgestaltung, bei der selbständigen Haushaltsführung und bei der Beschaffung von Wohnraum sowie Gruppenaktivitäten beinhalten.
- Hilfe zur Arbeit bietet unter anderem Beratung, Betreuung, Information, Hilfe bei der Sicherung der Arbeit und Unterstützung bei Bewerbungen.36
Die personellen Standards unterscheiden sich grundsätzlich in ihrem Betreuungschlüssel (Anzahl der Klienten). Der Richtwert liegt bei 8 Mitarbeiter/innen pro Betreuungseinheit (dies ist der grundsätzliche Richtwert für Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe), wobei in Beratungs- und Betreuungsstellen, in den Ballungsräumen (ab 50.000 Einwohner) ein/e Sozialarbeiter/in auf 8.000 Einwohner kommt. In begleiteten Übergangswohnungen liegt der Betreuungsschlüssel bei 1:5 und in betreuten Wohnungen zwischen 1:5 und 1:15, je nach betreuerischer Aufgabenstellung. Grundsätzlich sollten in allen Einrichtungen interdisziplinäre Teams arbeiten. Fortbildungen und Supervision sollen den Teammitgliedern zur Verfügung stehen.37
Neben der grundlegenden Ausstattung, wie Heizung, Belüftung, Lärmschutz und Ergonomie ist darauf zu achten, dass Frauen ein eigener Raum zur Verfügung steht. Weiters soll in betreuten Wohngruppen jeder Person eine Mindestfläche von 15 m² (Einzelzimmer) angeboten werden können. In betreuten Übergangswohnungen erhöht sich dies auf 30 - 40 m². Die Wohngruppengröße soll die Anzahl von 13 Personen nicht übersteigen, wobei pro Einrichtung nicht mehr als insgesamt 1.000 Betroffene betreut werden sollten.38
[...]
1 vgl. Kreft, Mielenz (2005): Wörterbuch Soziale Arbeit, Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, 5. Auflage, Weinheim und München, S. 850
2 Ebd. S. 851
3 vgl. Grundwald (2006): Nachhaltigkeit, Frankfurt/Main, S. 7
4 vgl. Kreft, Mielenz (2005): S. 614
5 vgl. BAWO (1998): S. 13 - 14
6 vgl. Landesgesetzblatt für Oberösterreich (2009): § 2 Wohnungslosigkeit (2)
7 vgl. BAWO (1998): S. 14 - 15
8 vgl. Ebd. S. 16
9 Landesgesetzblatt für Oberösterreich (2009): § 2 Wohnungslosigkeit (1)
10 vgl. BAWO (1998): S. 15
11 vgl. Ebd. S. 15
12 vgl. Land Oberösterreich (2009): Wohnungslosenhilfe. URL: http://www.land- oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xchg/SID-3DCFCFC3-E7518797/ooe/hs.xsl/26308_DEU_HTML.htm
13 Otto, Thiersch (2005): Handbuch, Sozialarbeit, Sozialpädagogik, 3. Auflage, München, S. 1394
14 vgl. BAWO (1998): S. 16
15 vgl. Arge für Obdachlose (2008): Rahmenkonzept, S. 4
16 vgl. Gillich, Nieslony (2000): Armut und Wohnungslosigkeit, Grundlagen, Zusammenhänge und Erscheinungsformen, Köln, S. 151
17 vgl. Arge für Obdachlose (2008): S. 4
18 Oö. Sozialhilfegesetz (1998), § 14 (1)
19 vgl. Arge für Obdachlose (2008): S. 4
20 vgl. Loderbauer (2009): Recht für Sozialberufe, Menschenrechte, Familienrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Sozialrecht, Jugendwohlfahrtsrecht, Wien, S. 2 - 3
21 vgl. Ebd. S. 3
22 Grabenwarter (2009): Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Auflage, München, S. 424
23 Bundesverfassung (2010): Art. 64. URL: http://www.konvent.gv.at/K/ZD/Bundesverfassung.pdf
24 vgl. Grabenwarter (2009): Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Auflage, München, S. 4 - 5
25 vgl. auswärtiges Amt (2009): Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. URL: http://www.auswaertiges amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/ Menschenrechte/Download/IntSozialpakt.pdf
26 vgl. Loderbauer (2009): S. 201
27 vgl. Ebd. S. 203
28 Oö. Sozialhilfegesetz (1998)
29 Ebd.
30 vgl. Loderbauer (2009): S. 212
31 vgl. Otto, Thiersch (2005): S. 1186
32 vgl. BAWO (1998): S. 6
33 vgl. Ebd. S. 9
34 vgl. Ebd. S. 18
35 vgl. Ebd. S. 21
36 vgl. Ebd. S. 25
37 vgl. Ebd. S. 26
38 vgl. Ebd. S. 27
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