Diplomarbeit, 2005
226 Seiten, Note: 2
1. Einleitung
2. Kindeswohl und Sorgerecht
2.1. Wohl des Kindes - Versuch einer Definition
2.2. Der Begriff des „Kindeswohls“ im juristischen Sinn
2.3. Sorgerechtsformen
2.4. Erwartungen an die gemeinsame Obsorge in Österreich
2.5. Pro und kontra für das Sorgerecht beider Elternteile
3. Erkenntnisse der Bindungstheorie
3.1. Der Begriff Bindung
3.2. Bindung und Sorgerecht
4. Erkenntnisse der Scheidungs- und Sorgerechtsforschung
4.1. Trennungsprozess
4.2. Beziehung zum Vater
5. Folgen der Scheidung
5.1. Langzeitfolgen
5.2. Folgen der Scheidung auf drei Ebenen (individuelle, familiale, soziale)
5.2.1. Individuelle Ebene
5.2.1.1. Bedeutung der Scheidung für das Kind
5.2.1.2. Schulleistungen
5.2.1.3. Sozialverhalten
5.2.1.4. Selbstwert
5.2.2. Familiale Ebene
5.2.2.1. Auswirkung elterlicher Konflikte
5.2.2.2. Qualität der Beziehung zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil
5.2.3. Soziale Ebene
5.3. Stresserleben und Coping bei Kritischen Familienereignissen (Dettenborn &Walter,2002)
6. Methodik
6.1. UntersuchungsTeilnehmerInnen
7. Untersuchungsplan
7.1. Hypothesen
7.2. Untersuchungsmaterialien
7.2.1. FAGS
7.2.2. KLSE
7.2.3. FFFK
8. Untersuchungsdurchführung
9. Auswertung der Fragebögen
10. Ergebnisse
10.1. Explorative Datenanalyse
10.2. Logistische Regressionsanalyse
10.3. Vergleich der Skalenwerte dieser Erhebung mit derjenigen von Stupka (2002)
10.4. Testung der Hypothsen
10.4.1. Mittelwertsvergleiche
10.4.2. Erstellung des AMOS-Modells
11. Interpretation
12. Diskussion und Kritik
13. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang A: Tabellen
Anhang B: Internetseiten
Anhang C: Fragebogen
Diese Diplomarbeit wurde durch die Implementierung des KindschaftsrechtsÄnderungsgesetz 2001 angeregt. Es soll beschrieben werden, welche Aufgaben den beiden Elternteilen zukommen, zu welchen Problemen es durch das Fehlen eines Elternteils kommt und wie sich unterschiedliche Sorgerechtsformen auf die Anpassung und das Wohlbefinden der Kinder auswirken.
Die durchgeführte empirische Studie untersucht die Wirkung verschiedener Konflikt- lösungsstile auf die Bewertung des Sorgerechts beider Elternteile nach Scheidung oder Trennung. Auch dem Einfluss unterschiedlicher Persönlichkeitsvariablen des betroffenen Kindes auf die Bewertung der Elternteile wird auf den Grund gegangen. Anhand der hohen Scheidungszahlen und der hohen Zahl der Scheidungswaisen in Österreich (Quelle Statistik Austria), zeigt sich eine Relevanz dafür, die Scheidungs- und Nachscheidungssituation für die Kinder aus gescheiterten Ehen zu analysieren und möglichst so zu gestalten, dass der schädliche Einfluss auf die Anpassung der Kinder in allen Bereichen so gering wie möglich gehalten wird. „Untersuchungser- gebnisse haben klar bewiesen, dass im Durchschnitt Kinder aus geschiedenen Fa- milien nicht so gut angepasst sind wie Kinder aus intakten Familien, allerdings impli- ziert dieser relative Nachteil nicht notwendigerweise ein klinisches Niveau an Fehl- anpassung“ (Amato & Keith, 1991b; Guidubaldi & Perry, 1985; ins Deutsche vom Verf. übersetzt).
Die Sorgerechtsform nach einer Scheidung oder Trennung stellt eine wichtige Rahmenbedingung für das Wohlbefinden bzw. Nicht-Wohlbefinden und die Anpassung des Kindes aber auch der Elterneile dar.
In Österreich wurden 2003 43.2%, das sind 18.727 Ehen geschieden. Das sind zwar um 2.8%, also um 1855 Scheidungen weniger als es noch 2001 waren, aber dennoch annähernd die Hälfte aller Ehen wurde auch 2003 geschieden. Die Zahl der Scheidungswaisen in Österreich stieg von 1993 mit 13 926 auf ca. 18 000 Scheidungswaisen im Jahr 2001 an. Bis zum Jahr 2003 ist die Zahl wieder gesun- ken und betrug 16 386 (Statistisches Jahrbuch, 2005; Quelle Statistik Austria).
Die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge stellt einen Versuch des Gesetzgebers dar, die Wahrscheinlichkeit dieser Probleme zu minimieren.
Gemeinsames Sorgerecht, ein Arrangement welches geteiltes juristisches und/oder „physical“ (Anm. d. Verf.: physical custody bedeutet, dass das Kind zwei gleichwertige Wohnsitze hat) Sorgerecht für Kinder nach einer Scheidung der Eltern einbezieht, hat steigende Popularität seit den 1970ern, mit vielen Staaten die nun eine Präferenz oder Voreingenom- menheit für das gemeinsame juristische Sorgerecht haben (Bender, 1994).
„Eine permanente Debatte zwischen Gegnern und Befürwortern des gemeinsamen Sorgerechts setzt sich seit den 1970ern fort, so wie zwischen Untersuchern und Autoren die sich stark gegen (z.B., Goldstein, Freud, & Solnit, 1973; Kuehl, 1989) bzw. für (z.B. Bender, 1994; Roman & Haddad, 1978) das gemeinsame Sorgerecht aussprechen“ (Bauserman, 2002 ins Deutsche vom Verf. übersetzt).
Entscheidend für die Entlastung oder Belastung von Kindern bei Tren- nung und Scheidung ihrer Eltern ist vor allem die Art der Beziehung der Eltern zu- und miteinander, ihre Fähigkeit und ihr Wille zur Kommunikati- on, Kooperation und zur wechselseitigen Akzeptanz ihrer nachehelichen Elternverantwortung. Ihre Kinder müssen von beiden Eltern erleben (dür- fen), dass ihr Kontakt zu ihnen von beiden Eltern gewünscht und entspre- chend gefördert wird. Eltern müssen sensibel bleiben/werden für die Be- dürfnisse, Interessen, Nöte, Ängste, Freuden ihrer Kinder. (Proksch, 2002).
Für Kinder besteht durch eine Scheidung der Eltern ein erhöhtes Risiko für Entwicklungsbelastungen (vgl. Amato, 2000). Es liegt in der Intention dieser Diplomarbeit, zu untersuchen, welche Eigenschaften und Einstellungen Personen aufweisen, die die Nachscheidungssituation im Rahmen der gemeinsamen Obsorge positiv bewerten. Mit positiv bewerten ist hier gemeint, dass die von Proksch (2002) genannten Bedingungen möglichst zufrieden stellend erfüllt werden.
Während dem, für alle Beteiligten belastenden Ereignis einer Scheidung oder Tren- nung, muss eine Entscheidung darüber gefällt werden, wo das Kind in Zukunft leben soll, welche Form der Sorgerechtsregelung in Frage kommt und für das Wohl des Kindes am ehesten geeignet erscheint, wer Besuchsrecht hat und in welchem Aus- maß.
Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das höchste Gut, das wir besitzen, die Kinder, keine Handelsware und kein Verfügungsobjekt sein dürfen, und somit steht von meiner Seite her die Forderung im Raum, nicht Maximalforderungen oder Maximalvarianten sondern vielmehr Optimalforderungen zu stellen, optimal für das Kind und nicht maximal für die Materialisten. (Friedrich, 1995)
Was bedeutet nun das „Wohl“ des Kindes? Wann ist das Leben gut? Aus philosophischer Sicht sei ein Zitat von Hügli (2003) erwähnt:
Das Leben ist nicht gut im Hinblick auf irgendeinen Zweck, den dieses Leben zu erfüllen hätte, nicht, weil es irgendwelchen Interessensgruppen dient, und auch nicht notwendigerweise, weil es moralischen Ansprüchen genügt; es ist schlicht gut für den Betreffenden selbst. Die Forderung, dass etwas zum Guten, zum Wohl einer Person sein sollte, ist darum pri- mär einmal als eine Abwehrformel gegen jegliche Art der Vereinnahmung zugunsten pragmatischer, sozialer, moralischer oder anderer Zwecke. (Hügli, A., S. 23, 2003, Kaufmann, C. & Ziegler, F. Hrsg)
Im speziellen für das Wohl des Kindes werden neben essentiellen Grundbedürfnissen vor allem Kontinuität ihrer Bezugspersonen und Stabilität ihrer Bindungen genannt (vgl. Coester, 1983; Sitz, 1998):
Neben der Erfüllung körperlicher Grundbedürfnisse wie Nahrung, Pflege, Wärme, Hygiene und medizinische Versorgung sind dies: die Bedürfnisse nach menschlicher Gesellschaft, Nähe, Zuneigung, Angenommensein. Dies setzt einfühlsame, angemessene und voraussehbare Reaktionen auf kindliche Signale voraus. Weiters bedürfen Kinder der Kontinuität ihrer Bezugspersonen und der Sicherheit einer überschaubaren, vertrauten Umwelt. Verlässliche Bindungen und eine Anerkennung und Orientierung vermittelnde Umgebung bilden die Basis für das kindliche Urvertrauen, Voraussetzung für das spätere Selbstvertrauen, die Beziehungs- und Leistungsfähigkeit des Kindes. (Sitz, 1998, 59f.)
Von Coester (1983) wurden Kriterien für das Kindeswohl formuliert:
Kontinuität und Stabilität von Erziehungsverhältnissen, die innere Bindung des Kindes, die positiven Beziehungen zu beiden Elternteilen, die Haltung der Eltern des Kindes zur Gestaltung der nachehelichen Beziehungen, der Kindeswille a) als Ausdruck der Selbstbestimmung, b) als Ausdruck der Verbundenheit. Darüber hinaus: die Maßstäbe der ungebundenen Rechtsordnung: die Erziehungsziele der Selbstentfaltung und Anpassung, der Vorzug des partnerschaftlichen Erziehungsstiles. (S. 176 - 203)
Friedrich (1995) beschreibt das Kindeswohl folgendermaßen: „Das Kindeswohl für den Kinder- und Jugendpsychiater ist gefasst in vier Dimensionen, nämlich das kör- perliche, das intellektuelle Wohl, das emotionale Wohl und das soziale Wohl eines Kindes.“ Friedrich (1995) meint mit körperlichem Wohl nicht nur, dass entsprechen- de Schutzimpfungen etc. vorgenommen werden, sondern auch körperliche Ertüchti- gung in jedem Bereich, und mit intellektuellem Wohl ist nicht nur das schulische Wohl gemeint, sondern auch alle Bereiche der musischen Fächer und Bereiche, die einem Menschen das Leben lebenswert und erfreulich machen. Mit emotionalem Wohl meint Friedrich (1995) ein wechselseitiges, ein kommunikatives; ein dialogi- sches Prinzip ist wichtig. Das soziale Wohl bedeutet bei Friedrich (1995), dass ein Kind in einer Welt aufwächst, in der moralische Urteilsfähigkeit gefordert wird.
Die genannten Kriterien für das Kindeswohl, vor allem die Forderung nach Kontinui- tät und Stabilität von Erziehungsverhältnissen und Bindungen sowie die vier Dimen- sionen, sind unter der Bedingung einer Scheidung oder Trennung der Eltern starken Schwankungen unterworfen. Braunbehrens (1992) beschreibt den Zerfall der Fami- lie für ein Kind aufgrund der Identifikation mit den Eltern als gleichbedeutend mit dem Zerfall der eigenen Persönlichkeit und betont die Wichtigkeit der Kontinuität der familiären Beziehungen mit dem Kind, damit dieses in der Lage ist, die verlorene psychische Ganzheit durch Introjektion der elterlichen Anteile wiederherzustellen.
Auf Seiten der essentiellen Bedürfnisse sollten Kinder im mitteleuropäischen Kultur- kreis keine Einbußen erleben. Allerdings stellen Scheidungen oft auch in finanzieller Hinsicht ein Problem für den betreuenden Elternteil - meist die Mutter - dar und sind mit weiterführenden Problemen die Erziehung betreffend verbunden. Buchegger (2004) verglich die finanzielle Situation von Verheirateten und Geschie- denen. Er kam zu dem Ergebnis, dass Geschiedene hinsichtlich des Einkommens durchschnittlich schlechter gestellt sind als Verheiratete. Er bezieht sich dabei auf die Einkommensverteilung aus den Daten des Eurpean Community Household Pa- nel 1997 (EHCP 97) und den Daten des Family and Fertility Survey 1996 (FFS 96). Buchegger (2004):
Durch die Betrachtung der Einkommensverteilung wird erkennbar, dass sich die getrennt und geschieden lebenden Personen in höherem Maße am unteren Einkommensende finden: z.B. zu etwa 44% (FFS 96) bzw. 24% (EHCP) verfügen sie über ein monatliches Einkommen von weniger als EUR 1 090 - Verheiratete finden sich in dieser Kategorie nur mit 13% (FFS 96) bzw. ca. 5% (EHCP 97). (S. 367 - 366)
„Bei fast allen Eltern und den am Scheidungsverfahren beteiligten Berufsgruppen besteht Einigkeit darüber, dass der entscheidende Maßstab jedweder Sorgerechtsregelung das „Wohl“ des Kindes sein soll.“ (Gründel, 1995 S. 22)
Um der Entwicklung einer Diskontinuität und Destabilisierung der Erziehungsverhätlnisse nach einer Scheidung entgegen zu wirken wurde die Mög- lichkeit, dass beide Elternteile weiterhin das Sorgerecht behalten implementiert. Dies stellt allerdings eine schwierige Herausforderung an die Eltern dar. „In normalen Kri- sensituationen, wie Erdbeben, Brand- und Flutkatastrophen bringen die Eltern ins- tinktiv zuerst ihre Kinder in Sicherheit. In der Panik der Umbruchsituation Scheidung dagegen dominiert oft der "blanke Egoismus". Vater und Mutter denken zuerst an sich, ihre Probleme haben Vorrang und die Kinder werden alleingelassen“ (Wallerstein & Blakeslee, 1989, S. 29f.).
Es ist demnach wichtig für die Entwicklung des Kindes, dass sich die Eltern auch während der Scheidung und danach um ihre Kinder kümmern, auch wenn dies in vielen Fällen nicht einfach ist. „Die gemeinschaftliche Ausübung des Sorgerechts stellt hohe Anforderungen an die Kooperations- und Einigungsbereitschaft der geschiedenen Eltern“ (Sluka, 1994).
Jeder Elternteil muss die Ängste, Trauer, Enttäuschungen, Wut und den Hass aus der gescheiterten Liebesbeziehung für sich verarbeiten - und diese Gefühle aus der Elternbeziehung soweit herauslassen, dass gemeinsame Elternschaft möglich bleibt (Kodjoe, 1997).
Für das Pflegschaftsgericht stellt das „Kindeswohl“ die oberste Maxime dar.
Der Begriff des „Kindeswohls“ findet sich nicht nur im § 177 ABGB, son- dern auch in zahlreichen anderen Bestimmungen. Es handelt sich beim Begriff des „Kindeswohl“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff. § 178a ABGB enthält zwar eine Umschreibung des Begriffs, ohne ihn aber zu bestimmen oder gar zu definieren. Nach § 178a ABGB sind bei der Beur- teilung des Kindeswohles die Persönlichkeit des Kindes und seine Be- dürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Ent- wicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entspre- chend zu berücksichtigen. Letztendlich bleibt aber der Begriff „Kindes- wohl“ auch durch Umschreibung des § 178a ABGB unbestimmt und ist in jedem Fall durch den Richter zu konkretisieren. (Schüch, 1980, S. 56, zit. n. Borecky, 2000)
Lehner (1993) erörtert folgendermaßen:
Der Begriff „Wohl des Kindes“ ist in weitem Maße auslegebedürftig und von der sich entwickelten gesellschaftlichen Wertung abhängig. Der Gesetzgeber hat mit dem Einbau der Bestimmungen „Wohl des Kindes“ bewusst einen weiteren Spielraum gesetzt, um dem Richter bzw. Rechtpfleger im Einzelfall eine Entscheidung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu ermöglichen (S. 85, zit. n. Borecky, 2000).
Coester (1983, zit. n. Hölzl, 1988) sieht in der Kindeswohlklausel keine „pseudonormative Leerformel“, „sondern - jedenfalls in Deutschland, was aber auch in Österreich gelten dürfte - eine Rechtsnorm mit grundsätzlich erschließungsfähigen und bedürftigen Inhalt. Es handelt sich eben um of- fenes Recht, um einen wertausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff. Die Normvollendung liegt beim Richter, dem sich eine Aufgabe in jedem Ein- zelfall neu stellt“ (Coester, 1983, S. 10, zit. n. Borecky, 2000).
Nach dem Scheitern einer Ehe kommt es - wenn Kinder vorhanden sind - zwangsläufig früher oder später zu der Frage, wo und bei wem das/die gemeinsame/n Kind/er zukünftig leben soll und welche Form von Sorgerechts- und Umgangsregelung getroffen werden sollen. Fthenakis, Niesel und Kunze (1982) geben eine schematische Einteilung von Sorgerechtsregelungen.
Es gibt vier Hauptformen von Sorgerechtsregelungen:
1. Die Mutter erhält das alleinige Sorgerecht.
2. Der Vater erhält das alleinige Sorgerecht.
3. Beide Eltern erhalten gemeinsam das Sorgerecht.
4. Keiner der beiden Eltern erhält das Sorgerecht, sondern ein Dritter.
Auch wenn von dieser Möglichkeit nur selten Gebrauch gemacht wird, kann es doch schwerwiegende oder auch selbstverständliche Gründe geben, sie zu praktizieren: Beide Eltern bieten keine Gewähr dafür, dass ein Kind ohne Schaden zu nehmen bei ihnen aufwachsen kann; beide Eltern stehen dem Kind aus verschiedensten Gründen (Krankheit, Abwesenheit, Tod) nicht zur Verfügung.
Zu diesen Hauptformen existieren die verschiedensten Unterformen:
1.1. Die Mutter erhält das Sorgerecht, der Vater ein beschränktes Umgangsrecht.
2.1. Der Vater erhält das Sorgerecht, die Mutter in beschränktes Umgangsrecht.
3.1. Beide Eltern teilen sich das Sorgerecht in jeder Hinsicht, wobei
3.1.1. wichtige Entscheidungen die Zustimmung des die Zustimmung des anderen Elternteils voraus setzen,
3.1.2. die Eltern ein wechselseitiges Kontrollrecht über alle oder bestimmte Entscheidungen haben.
3.2. Beide Eltern teilen sich das Sorgerecht
3.2.1 in bestimmten Belangen (z.B. Personensorge, Vermögenssorge, gesetzliche Vertretung),
3.2.2 für bestimmte Zeiträume bzw. Orte,
3.2.2.1. streng alternativ (der andere Elternteil ist dann jeweils ausgeschlos- sen),
3.2.2.2. praktisch alternativ (ein Elternteil ist der überwiegend für das Kind sorgende Teil, der andere wird nach Wunsch und Bedarf eingeschal tet),
3.2.3. bezüglich einzelner Kinder.
4.1. Beide Eltern erhalten ein hinsichtlich verschiedener Belange limitiertes Sor- gerecht.
Selbst in diese relativ differenzierte Aufgliederung lassen sich aber noch längst nicht alle praktizierten Formen eindeutig einordnen (Fthenakis et al., 1982).
Wie in der Einleitung erwähnt, trat in Österreich am 1. Juli 2001 eine Änderung des Kindschaftsrechts in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt ist es für beide Elternteile möglich, nach einer Scheidung das Sorgerecht für ihr/e Kind/er beizubehalten.
Wie im genauen diese Regelung in Österreich gehandhabt wird beschreibt Gstirner (2001) in einem Aufsatz für das BM für Justiz mit Ergänzungen:
Das neue Kindschaftsrecht wurde mit Bundesgesetz vom 29.12.2000 im Nationalrat beschlossen und ist am 1. Juli 2001 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt ist die Obsorge beider El- tern nach Scheidung oder Trennung möglich. Wann die Eltern geschieden wurden, oder sich getrennt haben, spielt dabei keine Rolle. Bei Scheidungen, die vor dem 1. Juli 2001 rechtskräftig geworden sind, kann daher die Obsorge beider Eltern auch noch nachträglich wiederbegründet werden. Die Eltern können sich diesbezüglich an das Pflegschaftsgericht wenden.
Voraussetzung für die Obsorge beider Eltern nach Scheidung oder Trennung ist, dass die Eltern dem Gericht eine Vereinba- rung vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind in Zukunft hauptsächlich aufhalten soll. Dieser Elternteil muss auf jeden Fall die gesamte Obsorge haben. Der andere Elternteil kann in der Vereinbarung entweder auch mit der gesamten Obsorge oder mit Teilbereichen (z.B. Verwaltung bestimmter Vermögenswerte) be- traut werden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung des Gerichtes.
Können sich die Eltern nicht darüber einigen, bei welchem El- ternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll - dies gilt etwa auch dann, wenn sie den Aufenthalt des Kindes zu gleichen zeit- lichen Teilen bei dem einen und dem anderen Elternteil wün- schen - , so ist die Obsorge beider Eltern nicht möglich. Der Ge- setzgeber schloss sich damit der fachlichen Meinung von Psy- chologen an, dass ein heranwachsendes Kind eine "Hauptbe- zugsperson" benötigt.
Einem Antrag eines Elternteils, der darauf hinausläuft, die Obsorge beider Eltern ohne Einwilligung des anderen Elternteils zu begründen, kann das Gericht nicht stattgeben.
Obsorge beider Eltern bedeutet, dass jeder Elternteil - wie bei aufrechter Ehe - allein für das Kind handeln und dieses, etwa in Reisepass- oder Schulangelegenheiten, auch allein wirksam ver- treten kann. Die Eltern haben aber die Pflicht, einvernehmlich vorzugehen. Derjenige Elternteil, bei dem sich das Kind nach der Vereinbarung hauptsächlich aufhält, ist auch berechtigt, Unter- haltsansprüche für das Kind gegenüber dem anderen Elternteil geltend zu machen.
Wollen die Eltern eine einvernehmliche Scheidung, so müssen sie dem Gericht eine Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes oder über die Obsorge (Alleinobsorge ei- nes Elternteils; Obsorge beider, wobei ein Elternteil auf bestimm- te Angelegenheiten beschränkt ist) vorlegen. Andernfalls wird die einvernehmliche Scheidung abgelehnt. Eine bloße Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalts des Kindes bedeutet, dass beide Eltern weiterhin mit der Obsorge betraut sind.
Voraussetzung für die Obsorge beider Eltern von unehelichen Kindern ist, dass die Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben. Diesfalls können beide Elternteile eine Vereinbarung treffen und dem Gericht vorlegen, dass in Hinkunft beide Elternteile mit der Obsorge betraut sind. Das Gericht hat die Vereinbarung zu ge- nehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. Wenn die häusliche Gemeinschaft der Eltern aufgehoben wird, dann kann die gemeinsame Obsorge wie im Fall nach der Scheidung auf- recht bleiben. (online im Internet)
„Anlass für diese Reform waren gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, wie die steigende Zahl unehelicher Kinder und allein erziehender Elternteile, das verstärkte Selbstbewusstsein der Jugendlichen, die zunehmende Bedeutung der Grundrechte sowie internationale Entwicklungen auf dem Gebiet des Kindschaftsrechts.“ ( RV 296 BlgNR 21. GP 22,25 f.; zit. n. Gründler, 2001, S. 17)
„Die allgemeine Zielsetzung der Reform liegt neben der Modernisierung des Vermögensverwaltungsrechts für Pflegebefohlene und der Beseitigung terminologischer Mängel vor allem in der Verbesserung der Rechtstellung von Minderjährigen und der stärkeren Betonung der elterlichen Verantwortung für das Kind.“ (RV 296 BlgNR 21. GP 26.; zit. n. Gründler, 2001 S. 17 - 18).
Von Dr. Inge Karazman-Morawetz und Dr. Christian Pelikan wurde im Auftrag des Frauenbüros der Stadt Wien Ende 2001 eine Studie durchgeführt. Hierbei wurde eine Vielzahl von FamilienrichterInnen, RechtsfürsorgerInnen, VertreterInnen der Kinder- und Jugendanwaltschaft, des Frauennotrufs und der Männerberatungsstelle zum neuen Kindschaftsrecht 2001, im speziellen zur „Gemeinsamen Obsorge“ be- fragt.
Über die Europäische Entwicklungslinie schreiben die Autoren folgendes:
Diese Entwicklungslinien verlaufen von einem Zustand, der durch väterliche Gewalt in der Form der „munt“ als Bestandteil der Hausherrschaft gekennzeichnet ist, über deren Weiterwirken als väterliches Alleinvertretungsrecht, ihr Aufbrechen durch Forde- rungen der Gleichberechtigung der Frauen und der Schaffung der vollen Übertragung von Pflege und Erziehung zusammen mit der rechtlichen Vertretung an einen Elternteil im Gefolge einer Scheidung bis hin zu Bestrebungen einer Stärkung der subjekti- ven Rechte der Kinder innerhalb dieser Verhältnisse und inner- halb des Nachscheidungsgeschehens. Dazwischen liegt die hier im Zentrum der Aufmerksamkeit stehende Phase der fortschrei- tenden Etablierung von Modellen einer gemeinsamen nacheheli- chen elterlichen gemeinsamen Sorge. Dabei folgt zumeist auf ei- ne erste Stufe, die die Möglichkeit der gemeinsamen Sorge - auf Antrag der Eltern - eröffnet, eine weitere, auf der die rechtlich abgesicherte gemeinsame elterliche Sorge nach einer Scheidung oder Trennung zum Regelfall wird. Diese Übergreifenden Trends finden sich - in allen den von uns näher betrachteten Ländern: Deutschland, der Schweiz, Schweden (bzw. den nordischen Ländern) und England (meist England und Wales).
In Österreich war die Rechtsgeschichte ebenfalls diesen Grund- zügen gefolgt: 1977 wurde im Zuge der Familienrechtsreform und der Beseitigung männlicher Vormachtsstellung eine Regelung geschaffen, gemäß der bei einer Scheidung einem und nur ei- nem Elternteil die gesamte Obsorge übertragen wurde, der ande- re behielt das Besuchs(Kontakt)Recht. In der Folge wurde jedoch die in den 80er-Jahren einsetzende Bestrebung, eine gemeinsa- me elterliche Sorge nach der Scheidung als Option zu eröffnen, von der Rechtssprechung schließlich vom Verfassungsgerichts- hof abgewehrt.
Mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 realisierte dann Österreich - nach einem stecken gebliebenen Reforment- wurf von 1999 und knapp nach der Schweiz, wo mit Beginn des Jahres 2000 ein Antragsmodell in Kraft trat - die letzte Stufe der skizzierten Entwicklung; dies allerdings in einer sehr eigenwilli- gen Ausformung; … (Karazman-Morawetz & Pelikan, 2001, S. 153)
Im Fazit der von Karazman-Morawetz und Pelikan (2001) durchgeführten Studie schreiben sie: „Bei der Vereinbarung über die Obsorge nach einer einvernehmlichen Scheidung verbleiben die Kinder weiterhin überwiegend bei den Müttern. Zum Zeit- punkt der Untersuchung haben nicht mehr als 10 - 15% die Obsorge beider Eltern angestrebt, in den meisten Fällen vereinbarten die Eltern die alleinige Obsorge der Mutter.“
Die Soziologinnen bezeichnen das österreichische Modell der Obsorge beider Eltern nach der Scheidung als „Väterbeschwichtigungsgesetz“, das die geschlechtsspezifische Rollenteilung rechtlich festschreibt und perpetuiert.“
In der Literatur werden zahlreiche Bedingungen für das Gelingen bzw. nicht Gelin- gen der kindlichen Anpassung angeführt (vgl. z.B. Schmidt-Denter & Beelman, 1995). In dieser Arbeit sei im speziellen auf die Unterschiede der kindlichen Anpas- sung, je nach Sorgerechtsform, Bezug genommen. Die positiven bzw. negativen Auswirkungen des gemeinsamen Sorgerechts auf die betroffenen Kinder werden kontroversiell diskutiert (vgl. Bauserman, 2002). Von Befürwortern des gemeinsa- men Sorgerechts wird der Vorteil für die Kinder fokussiert, dass die Beziehungen zu beiden Elternteilen aufrechterhalten bleiben. Von Gegnern des gemeinsamen Sor- gerechts wird argumentiert, dass die nötige Stabilität im Leben des Kindes unterbro- chen wird und dies zu einem Nachteil für die Kinder führen kann; nämlich dadurch, dass die Kinder den elterlichen Konflikten weiterhin ausgesetzt sind.
Die Unterschiede in der Anpassung der Kinder zwischen den Sorgerechtsformen alleinige und gemeinsame Obsorge wurden z.B. von Johnston (1995) und von Twait und Luchow (1996) untersucht.
Die Autoren kamen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Nach Bender (1994) unterstützt die Untersuchungsliteratur eindeutig die gemeinsame Obsorge. Twait und Luchow (1996) meinen, dass die Sorgerechtsform einen geringen Einfluss auf die Anpassung der Kinder hat. Sie sind der Meinung, dass andere Variablen wie vor allem die Konflikthaftigkeit der Eltern einen wesentlich wichtigeren Einfluss darstellen. Johnston (1995) unterstützt dies. Er kommt zu dem Schluss, dass die gemeinsame Obsorge in hoch konflikthaften Situationen ungeeignet ist. Wiederum andere Autoren, kamen zu dem Ergebnis, dass keine der beiden Sorgerechtsformen der Anderen vor zu ziehen ist (vgl. Kelly, 1993).
Amatho und Gilbret (1999) führten eine Meta-Analyse über 63 Studien durch. Es wurde der Einfluss der Väter auf das Wohlbefinden der Kinder untersucht. Als wich- tigste Einflussgrößen auf das Wohl der Kinder erwiesen sich: zuverlässige Erzie- hung und Gefühle der Nähe zwischen Vater und Kind sowie monetäre Unterstüt- zung. Dies waren auch die konsistentesten Prädiktoren für Schulerfolg, geringe in- ternalisierende (emotionale) und externalisierende (Verhaltens) Probleme.
Für die Ergebnisse auf die Buchanan, Maccoby und Dornbusch (1996), Amato und Gilbreth (1999), Hetherington, Bridges und Insabella (1998) und McLanahan (1999) kamen, ist allerdings die gemeinsame Obsorge eine wichtige Einflussgröße. Hier ist anzumerken, dass diese Autoren nicht von der rechtlichen gemeinsamen Sorge sprechen sondern ein gemeinsames „kümmern“ um das Kind mit gemeinsamer Ob- sorge meinen. Sie heben hervor, dass ein weitgehender und wiederholter Zugang zu beiden Elternteilen, potentiellen negativen Effekten der Abwesenheit eines Eltern- teils entgegenwirken kann.
Um die verschiedenen Sichtweisen systematisch zu analysieren führte Bauserman (2002) eine Metanalyse über insgemsant 33 Studien durch. Davon waren 11 veröffentlichte Studien und 22 unveröffentlichte (Tabelle 1).
Tabelle 1: Study Variables and Study-Level Effect Sizes (Bauserman, 2002, S. 96)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Studien wurden von 1982 bis 1999 durchgeführt. Die kombinierte Stichpro- bengröße betrug 1 846 Kinder mit alleiniger und 814 mit gemeinsamer Sorge. Bau- serman (2002) fand, dass Kinder mit gemeinsamer Sorge signifikant höhere Anpas- sungswerte hatten als Kinder mit alleiniger Sorge, d = .23 (SD = .27, 95% Konfiden- zintervall (CI) = .14 - .32), entsprechend einem r = .114. Die Effektgrößen waren nicht signifikant heterogen, Q(32) = 27.67, p = .62, was bedeutet, dass sie konsi- stent über die verschiedenen Gruppen sind. Für alle Kategorien der Anpassung, mit Ausnahme der schulischen Anpassung, waren die Kinder mit gemeinsamer Sorge besser angepasst als diejenigen mit alleiniger Sorge: für allgemeine Anpassung (n = 24), d = .29 (SD = .41, 95% CI = .18 - .41); für Familienbeziehungen (n = 41), d = .23 (SD = .42, 95% CI = .14 - .32); für Selbstwert (n = 22), d = .30 (SD = .47, 95% CI = .17 - .43); für emotionale Anpassung (n = 20), d = .21 (SD = .38, 95% CI = .11 - .32); für Verhaltensanpassung (n = 12), d = .25 (SD = .18, 95% CI = .12 - .38); und für scheidungsspezifische Anpassung (n = 14), d = .13 (SD = .42, 95% CI = .01 - .25).
Durch das Entfernen von Ausreißern wurde eine homogene Gruppe von Messungen der allgemeinen Anpassung erstellt, daraus resultiert ein angepasstes d = .29 (95% CI = .18 - .41). Für Familienanpassung wurde ein Ausreißer eliminiert, wodurch ein angepasstes d = .19 (95% CI = .09 - .28) resultierte. Bei schulischer Anpassung wurde ein Ausreißer eliminiert, dadurch kommt es zu einem angepassten d = .06 (95% CI = -.17 - +.30), und bei scheidungsspezifischer Anpassung kommt es zu einem angepassten d = .19 (95% CI = .07 - .32).
Die kindliche Anpassung wurde auch über die Befragung verschiedener Personen- gruppen (wie Mütter, Väter, Lehrer, Klinker) erhoben. Bauserman (2002) verglich die Angaben dieser Personengruppen und kam zu dem Ergebnis, dass alle Personen- gruppen die kindliche Anpassung bei gemeinsamer Obsorge höher einschätzten. Weiters wurde die Rolle der Konflikte zwischen den Eltern bei der kindlichen Anpas- sung unter die Lupe genommen. Weder vergangene noch aktuelle Konflikte konnten als signifikante Prädiktoren für die bessere Anpassung von Kindern in gemeinsamer Obsorge ermittelt werden. Allerdings merkt Bauserman (2002) folgendes dazu an: „One problem that may have obscured a potential relationship was the relatively small proportion of studies that actually provided codable data on gruop differences in conflict; for past conflict in particular, only 5 studies allowed such a comparison“ (S. 97).
Beim Vergleich der kindlichen Anpassung zwischen intakten Familien und geschiedenen Familien mit gemeinsamer Obsorge konnten keine signifikanten Unterschiede gefunden werden (vgl. Bauserman, 2002).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Metaanalyse von Bauserman (2002) zeigt, dass Kinder in gemeinsamer Obsorge (rechtliche und „physical“) besser angepasst sind als Kinder mit alleiniger Obsorge. Als möglicher Grund dafür wird angegeben, dass Kinder in gemeinsamer Obsorge typischerweise mehr Zeit mit ihren Vätern verbringen (vgl. Bauserman, 2002). Dies ist auch nach Amato und Gilbreth (1999) ein Vorteil für die kindliche Anpassung.
Manche Autoren behaupten, dass Mütter die primären „Verlierer“ der gemeinsamen Sorge sind (Kuehl, 1989, zit. n. Bauserman, 2002). „However, mothers appear just as likely as other evaluators to perceive joint custody as benefical to their children´s adjusment“ (Bauserman, 2002, S. 98).
Es ist wichtig anzumerken, dass die berichteten Ergebnisse keinen kausalen Zu- sammenhang zwischen gemeinsamen Sorgerecht und besserer Anpassung zulas- sen.
Kritiker der gemeinsamen Obsorge nehmen - unter anderem - an, dass sie die Kinder mehr den elterlichen Konflikten aussetzt und das dies einen Nachteil für die kindliche Anpassung darstellt. Diese Annahme wird durch Bauserman (2002) nicht unterstützt. Er folgert sogar, dass die gemeinsame Obsorge eher förderlich sein dürfte und keinen Nachteil für die Kinder hat.
Allerdings ist es ...
...important to to recognize that the result clearly do not support joint custody as preferable to, or even equal to, sole custody in all situations. For instance, when one parent is clearly abusive or neglectful, a sole custody arrangement may be the best solution. (Bauserman, 2002, S. 99)
Bei der Enquete „Gemeinsame Obsorge Chance oder Scheinlösung“ plädiert Fried- rich 1995 für das Heim erster Ordnung, in dem das Kind sein Hauptbett stehen hat, seinen Schreibtisch, seine Spielsachen, seinen Vater oder seine Mutter, seinen Stiefvater oder seine Stiefmutter, wohin es sich - vielleicht ist es am einfachsten verständlich - träumt. Das Heim erster Ordnung wird als Identifikationspunkt be- schrieben.
Von Interesse in diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse der „Begleitforschung zur Umsetzung der Neuregelung zur Reform des Kindschaftsrechts“, welche von Proksch 2002 veröffentlicht wurde. Es wurde eine flächendeckende Befragung aller Eltern, deren Ehe im 1. Quartal 1999 in Deutschland rechtskräftig geschieden wur- de, sowie einzelner ihrer Kinder in den Jahren 1999/2000 und 2001/2002, aller (Fa- milien-) Richter/innen an allen Amtsgerichten (Familiengerichten) und Oberlandes- gerichten, ausgewählter Rechtsanwält/innen mit dem Arbeitsschwerpunkt familien- rechtliches Mandat und aller Jugendämter im Jahr 2001 durchgeführt. Proksch (2002) kam zu dem Ergebnis, dass vor allem die Art der Beziehung der Eltern zu- und miteinander, ihre Fähigkeit und ihr Wille zur Kommunikation, Kooperation und zur wechselseitigen Akzeptanz ihrer nachehelichen Elternverantwortung entschei- dend für die Entlastung oder Belastung von Kindern bei Trennung und Scheidung ihrer Eltern ist.
Laut Proksch (2002) fordert und fördert das gemeinsame Sorgerecht die Kommunikation wie die Kooperation der Eltern. Sie hilft „Erstarrung“ durch Positionen des „Rechthabens“ ebenso zu vermeiden wie erneute Verletzungen (Proksch, 2002). Die Ergebnisse der Studie weisen auch darauf hin, dass das neue Gesetz strukturell die befriedigende gemeinsame Gestaltung der nachehelichen Verantwortung von Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht positiv beeinflusst.
Diese „strukturelle“ Wirkung des neuen rechtlichen Rahmens kommt auch in den Einschätzungen der Professionen zum Ausdruck (Proksch, 2002). Aus ihrer Sicht werden die wesentlichen Ziele des KindRG überwiegend „sehr gut/gut“, mindestens aber zufrieden stellend (teils/teils) erreicht:
- Verbesserung der Rechte der Kinder
- Stärkung elterlicher Autonomie,
- Förderung der Beziehung des Kindes zu seinen beiden Eltern
- Gleichstellung der nicht-/ehelichen Kinder (Proksch, 2002).
Angesichts der bundesweiten Festigung der gemeinsamen Sorge (75,54% der El- tern) folgert Proksch (2002), dass es nicht (mehr) gerechtfertigt ist, die positive Wir- kung der gemeinsamen Sorge (vornehmlich) damit zu begründen, dass nur jene El- tern diese Sorgeform wählen, die „ohnehin gut miteinander auskommen können trotz ihrer Scheidung“ (S. 4). Auch die soziodemographische Struktur der Eltern be- legt, dass das gemeinsame Sorgerecht kein „Sonderphänomen ausgesuchter“ El- tern ist.
Die positive Wirkung zeigt sich auch darin, dass, wie diese Studie zeigt, Streitigkei- ten unter Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht zu 68,8% „im Gespräch zwischen Mutter und Vater“ geregelt werden. Eltern, die die gemeinsame Sorge leben, weil ihr streitiger Antrag auf Übertragung der Alleinsorge abgewiesen wurde, tun dies noch zu 48,7%, und Eltern mit alleiniger Sorge oder ohne elterliche Sorge (lediglich) zu 34,9%.
Bei der Regelung der Umgangskontakte wird Ähnliches berichtet: 68,2% der Eltern mit gemeinsamer Sorge regeln die Umgangskontakte durch „eigene außergerichtli- che Vereinbarungen“, zu 14,8% durch „Gerichtsentscheidung“, und 43,4% der Eltern mit alleiniger/ohne elterlicher Sorge regeln dies durch „eigene außergerichtliche Vereinbarung“, 35,2% der Eltern mit alleiniger/ohne elterliche Sorge benötigen eine „Gerichtsentscheidung“.
Den Resultaten, dass 34,0% der umgangsberechtigten Eltern mit alleiniger/ohne Sorge im Jahr 2001 bereits „gar keinen Umgangskontakt“ (16,8% „nur selten“) zu ihren Kindern hatten, steht gegenüber, dass 5,0% der Eltern mit gemeinsamer Sorge „gar keinen Umgangskontakt (9,0% „nur selten“) hatten. Von den Eltern, die die gemeinsame Sorge leben, weil ihr streitiger Antrag auf Übertragung der Alleinsorge abgewiesen wurde, hatten 9,2% „gar keinen Umgangskontakt“ (12,7% „nur selten“). Als Begründung wird hier von den umgangsberechtigten Eltern angeben, dass der andere Elternteil den Kontakt verhindert habe.
„Die Sorge, dass die Regelung des §1671 BGB (dieser besagt, dass die gemeinsa- me Sorge ohne gerichtliche Prüfung unverändert fortbesteht, wenn kein Antrag auf Alleinsorge gestellt wird Anm. d. Verf.) verstärkt zu (isolierten) Verfahren von Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht auf Übertragung der Alleinsorge vor oder nach rechtskräftiger Scheidung führt, blieb unbegründet.“ (Proksch, 2002, S. 6) Weiters zeigte sich, dass Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht mehr und besser zum Wohl ihrer Kinder kooperieren und kommunizieren als Eltern mit alleiniger/ohne elterlicher Sorge.
Unterschiede bei der Bezahlung des Kindesunterhaltes konnte auch gefunden wer- den: 76,6% der Mütter mit gemeinsamem Sorgerecht, aber lediglich 58,1% der Müt- ter mit alleiniger Sorge erklärten, dass „Kinderunterhalt gegenwärtig regelmäßig be- zahlt“ werde.
„Sehr zufrieden/zufrieden“ mit den gegenwärtigen Kindesunterhaltsregelungen sind 41,9% der Mütter mit gemeinsamem Sorgerecht, aber lediglich 28,5% der Mütter mit alleiniger Sorge (Proksch, 2002). „Unzufrieden/sehr unzufrieden“ mit den gegenwär- tigen Kindesunterhaltsregelungen sind 29,3% der Mütter mit gemeinsamem Sorge- recht.
Zwischen den Eltern mit alleiniger Sorge, die mit ihren Kindern und denen, die ohne ihre Kinder leben, ist ein erhebliches Spannungsverhältnis erkennbar, das sich zwi- schen den entsprechenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht nicht so findet (Proksch, 2002). Deutlich wird diese Spannungsverhältnis bei der Einschätzung der Eltern bezüglich ihrer Zufriedenheit mit der elterlichen Sorge. 87,6% der haupt- betreuenden Mütter mit alleiniger Sorge sind „sehr zufrieden/zufrieden“ mit der elter- lichen Sorge, aber lediglich 27,9% der entsprechenden umgangsberechtigten Väter. 3,5% der hauptbetreuenden Mütter mit alleiniger Sorge sind „unzufrieden/sehr unzu- frieden“, aber 48,5% der entsprechenden umgangsberechtigten Väter.
Bei den Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht sind 48,6% der hauptbetreuenden Mütter „sehr zufrieden/zufrieden“ mit der elterlichen Sorge und 61,7% der entspre- chenden Väter. 26,5% der hauptbetreuenden Mütter mit gemeinsamem Sorgerecht sind „unzufrieden/ sehr unzufrieden“ mit der elterlichen Sorge und 15,2% der ent- sprechenden Väter.
Was den Beratungsbedarf betrifft, wird dieser wie Proksch (2002) fand, von Eltern mit alleiniger Sorge durch die Professionen (erstinstanzliche Richter/innen, Rich- ter/innen am OLG, Rechtsanwält/innen), im Gegensatz zu den Eltern mit gemein- samem Sorgerecht, einhellig als „sehr hoch/hoch“ eingeschätzt. „74,9% der erstin- stanzlichen Richter/innen, 67,2% der Richter/innen am OLG und 66,8% der Recht- sanwält/innen schätzen den Beratungsbedarf bei Eltern mit Alleinsorge aufgrund streitiger gerichtlicher Entscheidung als "sehr hoch/hoch" ein, gegenüber 12,7% der erstinstanzlichen Richter/innen, 25,4% der Richter/innen am OLG und 24,6% der Rechtsanwält/innen für Elternmit geS bzw. mit aeS kraft Zustimmung“ (Proksch, 2002, S. 10).
Angelehnt an die Studie von Proksch (2002) untersuchten Buchholz-Graf und Soglik (2004) in einer Studie Familien in Trennung und Scheidung nach der Kindschaftsrechtsreform im Raum Regensburg. Buchholz-Graf und Soglik (2004) fokussierten dabei auf drei Fragenkomplexe:
1. Wie nehmen Eltern in Trennung und Scheidung das Jugendamt wahr, welche Erwartungen haben sie an die Fachkräfte und wie bewerten sie die Dienstleistungen des Jugendamtes?
2. Mit der Kindschaftsrechtsreform zum 1. Juli 1998 konkurrieren die beiden Sorgerechtsmodelle „gemeinsame Sorge“ und „alleinige Sorge“. In dieser Erhebung sollen die Eltern danach befragt werden, wie sich die Modelle im Alltag bewähren und wie zufrieden sie mit den jeweiligen Sorge- und Umgangsregelungen sind. Die Ergebnisse dieser Studie wurden mit der Bundesweiten Erhebung von Proksch (2002) verglichen.
3. Wie ist das Nutzungsverhalten von Beratung im Jugendamt (und anderen Institutionen) von Eltern in Trennung und Scheidung? Es soll ein Vergleich im Nutzungsverhalten der beiden zentralen Gruppen von Scheidungsfami- lien durchgeführt werden: Eltern „mit Antrag“ auf alleinige Sorge und Eltern „ohne Antrag“. (S. 81)
Von besonderem Interesse für diese Arbeit ist die zweite Fragestellung, auf welche im folgenden genauer eingegangen wird. Zunächst sei noch die Methode und Durchführung sowie die Stichprobe der Studie beschrieben.
Methode und Durchführung:
Die Erhebung wurde vom 1. Jänner 2000 bis zum 31. Juli 2001 durchgeführt. Es war eine Totalerhebung aller Scheidungs- und Trennungsfamilien im Jugendamt Re- gensburg. Ein Fragebogen wurde vorgegeben, in dem sich teilweise Items des Fra- gebogens von Proksch (2002) befanden, um eine Vergleichsmöglichkeit mit dieser bundesdeutschen Totalerhebung herstellen zu können. Zielgruppe der Studie waren sämtliche Fälle, die im Verlauf von 18 Monaten aufgrund der gesetzlichen Mittei- lungspflicht vom Familiengericht dem Jugendamt mitgeteilt worden waren.
Von 711 versendeten Fragebögen wurden 201 ausgefüllt und zurückgesendet, das entspricht einem Rücklauf von 28,3 %. In 31 Fällen füllten sowohl Mutter als auch Vater den Fragebogen aus, also entsprechen 201 ausgefüllte Fragebögen 170 Fäl- len.
Stichprobe:
Bei 53,7 % der Fälle war die Scheidung zum Zeitpunkt der Erhebung bereits erfolgt. Einen Antrag auf alleinige Sorge (aeS) bzw. eine gerichtliche Entscheidung mit dem Ergebnis „alleinige Sorge“ gaben 40,3 % der Eltern an. Die Autoren geben weiters an:
Der größte Teil der Eltern ist also entweder in der Trennungsphase und hat bisher keinen Antrag auf aeS gestellt oder führt nach der Scheidung die gemeinsame elterliche Sorge (geS). Die Prozentzahlen sagen also nichts über die Verteilung von alleiniger und gemeinsamer elterlicher Sorge nach der Scheidung aus, da die Erhebung einer Momentaufnahme entspricht und durchaus zu einem späteren Zeitpunkt des Trennungsprozesses noch An- träge erfolgen können. (Buchholz-Graf & Soglik, 2004, S. 82)
Es nahmen insgesamt 56,2 % Frauen an der Studie teil. Die Autoren vermuten, dass dies daran liegt, dass in über 90 % der Fälle der Aufenthalt der Kinder bei den Müt- tern ist. Das Alter der Eltern liegt bei mehr als 50 % der Fälle zwischen 30 und 40 Jahren. „Interessanterweise ergibt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Alter und der Sorge. In der Altergruppe unter 30 Jahren sind vermehrt Eltern mit aeS (58,1%). In den höheren Altersklassen kehrt sich dieses Verhältnis um. Je älter Eltern in Trennung und Scheidung sind, desto eher präferieren sie die gemein- same Sorge“ (Buchholz-Graf & Soglik, 2004, S. 82). Der Bildungsabschluss der TeilnehmerInnen war bei fast 70 % zumindest der der „mittleren Reife“. „Das Ergeb- nis zeigt, dass offenbar mit der Höhe des Schulabschlusses die Bereitschaft größer war, an der Untersuchung teilzunehmen.
Ergebnisse:
Bei der Frage, wie die Kinder aus der Sicht ihrer Eltern auf die Scheidung/Trennung reagieren, berichtet nur jeder 5. Elternteil über keine Veränderungen. „Psychische Veränderungen und vor allem die Sorge, die Eltern zu verlieren werden von den meisten genannt (Mehrfach Nennungen waren möglich!)“ (Buchholz-Graf & Soglik, 2004, S. 82). Es zeigte sich auch bei dieser Untersuchung, dass Mütter und Väter die Probleme ihrer Kinder in ähnlicher Weise sehen. Die Sorge der Kinder die Eltern zu verlieren stellten allerdings deutlich mehr Väter als Mütter fest. „Das ist nicht überraschend, da sich die Kinder in der Regel bei der Mutter aufhalten. Somit dürfte sich in diesem Ergebnis auch die Sorge der Väter selber, den Kontakt zu ihren Kin- dern zu verlieren, ausdrücken“ (Buchholz-Graf & Soglik, 2004, S. 82). Die Hauptproblematik wird allerdings auch von Müttern in dieser Sorge gesehen. Von den Autoren wurde auch nach den Ängsten der Eltern, ihre Kinder zu verlieren, gefragt. Es ergaben sich bei dieser Frage keine Unterschiede zwischen den Eltern mit alleiniger elterlicher Sorge und denen mit gemeinsamer Sorge. Buchholz-Graf und Soglik (2004) folgern, dass die rechtliche Situation der gemeinsamen Sorge nicht die Zahl der besorgten Eltern senken kann. Es berichteten 34 % der Eltern Angst vor dem Kindesverlust zu haben.
Wenn bei dieser Fragestellung nach dem Geschlecht differenziert wird, zeigt sich folgendes: „Die Angst der Väter korrespondiert mit der Sicherheit der Mütter. Bei der gemeinsamen Sorge reduziert sich die Zahl der Väter mit Angst um über 12 %. Al- lerdings nimmt dafür die Anzahl der Mütter mit Angst um über 7 % zu“ (Buchholz- Graf & Soglik, 2004, S. 83). Die Autoren geben dabei zu bedenken, dass die eine Hälfte der Eltern zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht geschieden war und bei der anderen Hälfte die Scheidung weniger als 12 Monate zurückliegt. „Dieser Zeit- raum ist zu kurz, um Sicherheit und Verlässlichkeit in einer prekären Umbruchssituation zu entwickeln“ (Buchholz-Graf & Soglik, 2004, S. 83).
Bewertung des Sorgerechtsmodells:
Es wurde die Frage gestellt: „Denken Sie, dass Ihre Entscheidung zur elterlichen Sorge richtig war?“ Darauf äußerten 60 % „ja, auf jeden Fall“. Nur 12 % sprechen von einer falschen Entscheidung.
Buchholz-Graf und Sgolik (2004) kommen weiters zu dem Ergebnis, dass bei Eltern mit alleiniger Sorge die Anzahl der rundum zufriedenen etwas höher ist. Allerdings zeigte sich bei ihrer Studie auch, dass in dieser Gruppe häufiger die Unzufriedenen zu finden sind.
Wenn die Aussagen der Eltern nach dem Geschlecht differenziert werden, kommen die Autoren zu folgendem Ergebnis: „Väter mit gemeinsamer elterlicher Sorge sind besonders zufrieden mit der Entscheidung. Auffallend ist, dass jede 5. Mutter mit alleiniger elterlicher Sorge (19%) die Entscheidung in Zweifel zieht!“ (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 83) (siehe Abb. 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bewertung der Sorgemodelle (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 83)
Tabelle 2: Zufriedenheit mit den Sorgemodellen und Geschlecht (N = 171) (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 83)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Zufriedenheit mit der konkreten Umgangsregelung stellte sich bei Buchholz-Graf und Sgolik (2004) als wesentlich für die Praxis dar. Unterschiede mit der Zufrieden- heit zwischen den Eltern mit gemeinsamem und alleinigem Sorgerecht konnten nicht gefunden werden. 70 % aller Eltern waren zumindest „teilweise zufrieden“. Differen- ziert nach Geschlecht wurden allerdings große Unterschiede zwischen Müttern und Vätern mit alleiniger Sorge gefunden. Eine große Zahl zufriedener Mütter steht hier eine große Zahl unzufriedener Väter gegenüber. „Bei gemeinsamer Sorge gleicht sich die Zahl Zufriedener in beiden Geschlechtern an“ (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 84). Bei den Vätern fanden die Autoren, dass Sie mit gemeinsamer Sorge zu 75 % zumindest teilweise zufrieden waren und die Mütter noch zu 66,7 %.
Tabelle 3: Zufriedenheit mit Umgang nach Geschlecht und Sorgemodell (N = 191) (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 84)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zusammenarbeit zwischen den Eltern:
Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht die Zusammenarbeit - zwar auf niedrigem Niveau - durchwegs häufiger als gut bewer- teten.
Tabelle 4: Zustimmung der Eltern nach Sorgemodell (N = 197) (Buchholz-Graf & Sgolik, 2004, S. 84)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Begriff der Bindung geht auf Bowlby (1969) zurück. Eine differenzierte Definition des Begriffs Bindung findet sich bei Rauh (2002). Hier wird zwischen „Bonding“ und „Attachment“ unterschieden: „Bonding bezeichnet die emotionale Bindung der Eltern, besonders der Mutter, an das Kind, während Attachment (Bowlby, 1969) die emotionale Bindung und Anhänglichkeit des Kindes an seine Bezugsperson bezeichnet“ (Rauh, 2002, S. 142).
Für Bowlby (1987) ist es für den Menschen charakteristisch, „... starke emotionale Beziehungen einzugehen“ (S. 22). Bowlby (1987) führt einige der stärksten mensch- lichen Gefühle darauf zurück, wie sich diese Beziehungen entwickeln. Gefühle wie Freude und Sicherheit werden nach Bowlby (1987) durch stabile Beziehungen, und Gefühle wie Angst, Ärger, Trauer oder Depression durch Verlust bzw. drohenden Verlust ausgelöst.
In die emotionale Bindung gehen laut Teuteberg (1998) interaktionsverschränkt sowohl genetische als auch soziale Komponenten ein.
Es handelt sich dabei zum einen um „bestimmte Verhaltensweisen“ des Kleinkindes gegenüber seiner Mutter (z.B. Anklammern, Lächeln, Nachlau- fen, Schreien)“ (Hermann, 1976, S. 337), welche nach Groffman, Bowlby, Sluckin u. a. Autoren als vererbte Reaktionen betrachtet werden und für alle Menschen sowie bestimmte Tiere artspezifisch sein sollen. Zum anderen gehört zu einer Bindung, daß die Mutter entsprechend den entwicklungsbe- dingten kindlichen Verhaltensweisen adäquat reagiert, indem sie z.B. kommt, das Kind anklammern läßt oder beruhigend und zärtlich „bemut- ternd“ auf es einwirkt und für es sorgt. (Teuteberg, 1998, S. 5).
Psychische Schädigungen treten, nach Teuteberg (1998), auf, wenn eine entstan- dene „emotionale Bindung“ zwischen dem Kleinkind und der erwachsenen Bin- dungsperson getrennt wird. Retardation und psychische Entwicklungsstörungen können also als Folge von Trennung bei bestehender „emtionaler Bindung“ auftreten sowie bei verschiedenen anderen Formen von Deprivation (Teuteberg, 1998). Somit ist die „emotionale Bindung“ eine notwendige Bedingung für die gesunde Persön- lichkeitsentwicklung des Kindes - neben anderen psychosozialen Bedingungen in- tegrierend (Teuteberg, 1998). „Eine solche Individuelle, auf eine spezifische Person bezogene Bindung („attachment“) entwickeln Kinder selbst unter familiären Auf- wachsbedingungen erst in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres“ (Oerter & Montada, 1982, zit. n. Teuteberg, 1998, S. 6).
Gründel (1995) betont die Wichtigkeit der Bindung des Kindes an die Elternteile und Geschwister für das Kindeswohl. Er stützt seine Schlussfolgerung auf neue psycho- analytische, systemische und bindungstheoretische Ansätze, in denen die Idee einer biologisch-entwicklungspsychologisch begründeten hierarchischen Reihenfolge von zu erhaltenden Bezugspersonen weitgehend aufgegeben wurde. An ihre Stelle tritt die Annahme einer komplexen Eltern-Kind-Beziehung, die zusammen mit anderen familialen und außerfamilialen Bezugspersonen ein Bindungsnetz bildet, dessen Vielfalt und Verlässlichkeit die wichtigste Ressource des Kindes für ein gelingendes Aufwachsen ist (Gründel, 1995).
Bezogen auf die Sorgerechtsregelung, meint Gründel (1995), nach der Scheidung hieße das die Orientierung an folgenden Aspekten:
a) Ausgangspunkt ist die prinzipielle Eignung beider Geschlechter zur Kindesbetreuung.
b) Im Einzelfall sollte unter Beachtung der aktuellen und zukünftigen Le- bensverhältnisse und Rollenaufteilungen der günstigste Lebensmittel- punkt für das Kind von der Familie so eigenverantwortlich wie möglich gewählt werden.
c) Das kindliche Bedürfnis nach größtmöglicher Erhaltung des Bezihungs- netzes (Eltern, Geschwister und Verwandtschaftssystem) hat Vorrang vor der Suche nach der besten Dyade.
d) Um dem Kind einen sicheren Bezugsrahmen zu gewährleisten, sollte das Arrangement ausreichend stabil und berechenbar sein.
e) Gleichzeitig sollte eine genügend flexible Lösung gefunden werden, um auf entwicklungsbedingte Veränderungen der kindlichen Betreuungsbe- dürfnisse reagieren zu können. (S. 23)
Bei dem sozialen Übergang von der vollständigen zur Ein-Elternteil-Familie handelt es sich um einen Prozess, der durch eine Folge komplexer Ereignisse und tief grei- fender Veränderungen der Lebenssituation aller beteiligten Familienmitglieder ge- kennzeichnet ist und in dessen Verlauf von Eltern und Kindern eine Vielzahl von An- passungsleistungen gefordert werden (vgl. Ahrons, 1980; Felner, Faber & Primave- ra, 1980; Hess & Camara, 1979; Kurdek, Blisk & Siesky, 1981; Pais & White, 1979; Salts, 1979; Weiss, 1975).
Die Scheidung der Eltern wird aus sozialwissenschaftlicher- oder therapeutischer Sicht nicht - wie in juristischer Sicht - als punktuelles Ereignis betrachtet. Vielmehr unterliegt eine Scheidung aus dieser Perspektive einem, in mehrere Phasen glie- derbarem Prozess (vgl. Bohannan, 1973; Kassler, 1975; Textor, 1991, 2004; Turner, 1980).
Textor (2004) beschreibt die Scheidung von Ehepartnern als, „... einen komplexen, mehrdimensionalen und dynamischen Veränderungsprozess, der zwei Jahre und länger dauert“ (online im Internet). Diesen Prozess nennt er Scheidungszyklus der sich in drei Phasen gliedert welche im Folgenden beschrieben werden. Der Scheidungszyklus nach Textor (2004)
1. Vorscheidungsphase
Der Beginn der Vorscheidungsphase ist nicht ganz eindeutig auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegbar. Retrospektiv betrachtet beginnt die Vorscheidungsphase mit dem regelmäßigen Auftreten von Prozessen die zu einer Scheidung führen. Anfäng- lich kommt es zu einer Abnahme der Ehequalität und Ehezufriedenheit. Es kann zu einem Anstieg an Konflikthaftigkeit kommen oder aber die Ehepartner ziehen sich langsam voneinander zurück. Möglich ist auch, dass es zu einer plötzlichen Ver- schlechterung der Ehequalität kommt. Gründe dafür können eine außereheliche Af- färe oder auch ein kritisches Lebensereignis sein. Zu dieser Verschlechterung kann es auch durch zu hohe und unrealistische Erwartungen an die Ehe kommen.
Dem Zeitraum der Verschlechterung der Ehebeziehung folgt ein Zeitraum der Ent- scheidungskonflikte. Er beginnt mit dem Auftreten erster ernsthafter Gedanken an eine Trennung. Dieser Zeitraum kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Gründe dafür sind: es ist eine schwierige und komplexe Entscheidung, deren Konsequenzen schwer abschätzbar sind, sowie der Angst vor den Konsequenzen und einem end- gültigen Entschluss. Im Entscheidungsprozess werden materielle und emotionelle Vor- und Nachteile abgewogen. Ist die Entscheidung endgültig getroffen ist dies oft von Gefühlen der Erleichterung begleitet. Dann erst wird diese Entscheidung dem Partner mitgeteilt.
2. Scheidungsphase
Mit der endgültigen Trennung lässt sich der Beginn der Scheidungsphase kenn- zeichnen. Diese Phase wird in den Zeitraum „... nach der endgültigen Trennung und in den Zeitraum um die gerichtliche Scheidung ...“ (Textor, 2004, online im Internet) unterteil. Der Zeitraum nach der Trennung ist durch Veränderungen in der Umwelt - wie Wohnungswechsel, sich verändernde soziale Netzwerke - und mit psychischen Veränderungen gekennzeichnet. Wie ein Mensch auf eine Trennung reagiert wird stark von der Art der Trennung bestimmt. Diese Zeit wird von einer Vielzahl negati- ver Gefühle begleitet, es kann zu irrationalem Verhalten, zu psychischen und psy- chosomatischen Störungen kommen. Bei anderen Personen kann es auch zu ent- gegengesetzten Entwicklungen kommen. Diese sind dann durch eine Zunahme an positiven Gefühlen gekennzeichnet. Ob man sich nach der Trennung psychisch wohl fühlt hängt in großem Maße von der Qualität der Beziehung zum ehemaligen Part- ner ab. Neue Partnerbeziehungen werden meist innerhalb der ersten sechs Mona- ten nach der Trennung angestrebt.
Mit dem Vorbereiten des Scheidungsverfahrens beginnt der zweite Abschnitt der Scheidungsphase und erstreckt sich bis zum Scheidungsurteil. In dieser Zeitspanne werden, meist mit Hilfe von Rechtsanwälten, materielle Güter aufgeteilt und Abmachungen über das Sorgerecht getroffen.
3. Nachscheidungsphase
Die Zeit nach der Scheidung ist für viele durch negative Gefühle geprägt. Dies kann bei vielen zu beruflichen und privaten Beeinträchtigungen führen. In welchem Zeit- rahmen es zu einer Besserung der Gefühlswelt kommt hängt vom Alter der Person - für ältere Personen ist es schwieriger, von der Dauer der Beziehung - je länger sie andauerte desto schwieriger ist eine Anpassung an die Situation als Single, ab. Wichtig für die psychische Situation nach einer Scheidung sind: die allgemeinen Le- bensumstände und das Sozialleben. Generell wird von einer Besserung der Gefühle nach sechs Monaten bis zu vier Jahren nach der Trennung ausgegangen. Es gibt aber auch Menschen, die die Nachscheidungsphase positiv erleben. Entwe- der weil sie sich auf die eigene Person konzentrieren und ihre Persönlichkeit weiter entwickeln oder weil sie ein Gefühl der Freiheit und Euphorie empfinden. Durch ex- perimentieren mit neuen Lebensstilen bilden viele eine neue Identität aus. Die Spannungen zwischen den geschiedenen Ehegatten nehmen in der Regel ab. Es kann aber auch zu keiner Veränderung oder einem Anstieg der Spannungen kommen. Möglich ist auch das der Kontakt vollständig abgebrochen wird. Beim Vor- handensein von gemeinsamen Kindern bzw. bei gemeinsamer Sorge wird der Kon- takt meist aufrechterhalten und es findet eine ko-elterliche Interaktion statt.
Nach einer Scheidung der Eltern kommt es zu Veränderungen in der Beziehung zwischen Kind und abwesendem Elternteil (meist sind dies die Väter) (vgl. Textor, 2004). Väter beginnen ihre Kinder zu vermissen, auch wenn sie vor der Trennung nicht viel Zeit mit ihnen verbrachten. Viele versuchen sich daraufhin mehr um ihre Kinder zu kümmern. „Dabei stellen sie oft fest, dass sie bei Besuchen wenig mit ih- ren Kindern anfangen können“ (Textor, 2004, online im Internet). Meist wird dann keine Erziehungsverantwortung (mehr) übernommen (vgl. Textor, 2004).
Dass es von entscheidender Wichtigkeit für die Entwicklung des Kindes ist, eine gu- te Beziehung auch zum getrennt lebenden Elternteil während und nach der Schei- dung bei zu behalten, wird von Schmidt-Denter & Beelmann (1995) betont. Die dau- erhaft hochbelasteten Kinder zeichnen sich durch ein vergleichsweise geringes Maß an positiven Gefühlen gegenüber ihren Vätern aus. Die Väter selbst betrachten die Trennung häufig als eine falsche Entscheidung. Sie sind mit den getroffenen sorge- und umgangsrechtlichen Regelungen unzufrieden (Schmidt-Denter & Beelmann, 1995).
„Die Hohe Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung wurde in mehreren Studien mittlerweile ausreichend empirisch belegt“ (siehe Biller, 1993; Fthenakis, 1988; Fthenakis & Minsel, 2002; Kindler, 2002; Schneewind, 1999; Walter, 2002; Werneck, 1998; zitiert nach Werneck, 2004, S. 155).
Hess und Camara (1979) z.B. fassen zusammen, dass die familiären Beziehungen nach der Scheidung selbst und dass die Beziehung des Kindes zu seinem nicht sor- geberechtigten Vater ebenso wichtig für sein Wohlergehen sind, wie die Beziehung zur Mutter (vgl. auch Jacobson, 1978a; Lowenstein & Koopman, 1978; zit. n. Fthe- nakis et al., 1982).
Schon Hetherington, Cox und Cox (1976, 1978) stellten fest, dass familiäre Funktio- nen wesentlich geringer beeinträchtigt waren, wenn es gelang eine stabile Vater- Kind-Beziehung aufrecht zu erhalten. Diesem Vorteil durch die stabile Vater-Kind- Beziehung fügen die Autoren hinzu, dass sich eine ergänzende positive Mutter-Kind- Interaktion als wichtig erwies, dass der Kontakt vom Kind zum Vater durch die Mut- ter unterstützt werden muss und dass sich die Eltern weitgehend über Erziehungs- praktiken einig sein sollten.
Von Wallerstein und Kelly (1980b) wurden ähnliche Faktoren herausgearbeitet: Eine positive Einstellung der Mütter zu den Kontakten; keine intensive Feindschaft zwi- schen den Eltern; eine leidenschaftliche; deutlich zum Ausdruck gebrachte Sehn- sucht des Kindes nach seinem Vater; die Sorge des Vaters um das Kind; positive Verstärkung väterlichen Verhaltens durch das Kind; ein psychisch stabiler aber unter seiner Einsamkeit leidender Vater. Positiv wirkten ebenfalls ein hoher Bildungsstand und eine gesicherte ökonomische Position des Vaters (Fthenakis, 1982).
Dem positiven Verhältnis zwischen Vater und Kind können aber auch beim Vater immanente Ängste und Zweifel betreffend seiner Kompetenz in Bezug auf die Für- sorge, die Versorgung und die Bedürfnisse der Kinder im Wege stehen (vgl. Fthena- kis, 1982). Diese Ängste weichen allerdings sehr schnell einem Gefühl der Sicher- heit und Befriedigung, wenn sie den Kontakt fortsetzten (Fthenakis, 1982). Neuere Untersuchungen (Walper et al., 2001) zeigen, dass es nicht nur um die Häufigkeit der Kontakte geht. In ihrer Studie fanden Walper et al. (2001) lediglich „einen indi- rekten Zusammenhang zwischen Kontakthäufigkeit und kindlicher Befindlichkeit so- wie Sozialentwicklung, da häufiger Kontakt mit einer besseren Beziehung der Kinder zum Vater (z.B. mehr Verbundenheit mit ihm, weniger Angst vor dem Verlust der väterlichen Zuneigung) einhergeht und eine positive Vater-Kind-Beziehung wiederum mit besserer Befindlichkeit und positiver Sozialentwicklung der Kinder korreliert“ (Werneck, 2004, S. 157 - 158).
Durch die belastenden Ereignisse einer Scheidung der Eltern kann es zu verschie- denen Reaktionen der Kinder kommen. Das bisherige Verhaltensrepertoire ist bei einer Scheidung nicht mehr ausreichend (Rollett & Werneck, 2002). Die neue Situa- tion erfordert eine Anpassungsleistung, die enorme Kräfte verlangt (Rollett & Wer- neck, 2002). Die auftretenden Probleme zeigen sich den Eltern meist in Form von (externalisierenden) Verhaltensstörungen und -auffälligkeiten sowie in emotionalen (internalisierenden) Problemen.
In der Literatur (z.B. Wallerstein, Lewis & Blakeslee, 2002) wird von einer Vielzahl von möglichen Folgen einer Scheidung/Trennung auf Eltern und Kinder berichtet. Im Weiteren sei eine Auswahl der Folgen für die Kinder aus geschiedenen/getrennten Familien beschrieben. Nach Eginhard (1990) leiden 51,7% der Kinder mit gemein- samer Sorge an bis zu drei Befindlichkeitsstörungen und 36,6% der Kinder mit allei- niger Sorge ebenfalls an bis zu drei Befindlichkeitsstörungen nach den Schätzungen der Eltern. Allerdings werden nur 3,5% der Kinder mit gemeinsamer Sorge von ihren Eltern als mit Befindlichkeitsstörungen belastet beschrieben, wohingegen 18,3% der Kinder mit alleiniger Sorge unter mehr als drei Belastungsstörungen leiden. Frei von Belastungsstörungen sind den Einschätzungen der Eltern entsprechend 44,8% der Kinder mit gemeinsamer Sorge und 45,1% der Kinder mit alleiniger Sorge. Unter- schiede zeigen sich lediglich in der Häufung von Befindlichkeitsstörungen (Eginhard, 1990). Eginhard (1990) führt weiter aus, …(es) zeigen nahezu gleichgroße Gruppen der Kinder aus beiden Sorgerechtsformen - je ca. 55% - Störungen.
Camara und Resnick (1988; zitiert nach Sluka, 1994) kamen in ihrer Vergleichstudie von Kindern aus geschiedenen Ehen mit denen aus intakten Familien zu dem Er- gebnis, dass im Durchschnitt die Kinder aus geschiedenen Ehen weniger angepasst waren und mehr Verhaltensprobleme zeigten als Kinder aus aufrechten Ehen.
Die Ergebnisse einer Langzeitstudie von Anneke Napp-Peters (1995) zeigen, dass selbst viele Jahre nach einer Scheidung nach wie vor erhebliche Verhaltensstörun- gen bei den betroffenen Kindern vorliegen. Die erste Erhebung wurde 1980 durch- geführt. Bei dieser ersten Erhebung zeigten 59 von 220 Kindern Verhaltensauffällig- keiten. Bei der zweiten Erhebung 1992 hatten sich die Probleme der verhaltensauf- fälligen Personen erheblich verschärft. Bei denjenigen, die bei der ersten Erhebung kein Problemverhalten zeigten, hatten 12 Jahre danach 41 Personen erhebliche Stö- rungen, 61% davon waren Mädchen oder junge Frauen. Bei der Gruppe der Allein- erzieher oder Wiederverheirateten, die den biologischen Elternteil ausgrenzten, tra- ten die größten Probleme auf.
Von mehreren Autoren (z.B.: Fassel, 1994; Fergusson, Horwood & Lynskey, 1994; Figdor, 1998; Napp-Peters, 1995; Wallerstein, Leweis & Blakeslee, 2002). Lehmkuhl (1988) betont dabei, dass das Scheidungssyndrom nicht existiert, d.h., dass eine typische Konfiguration von Veränderungen aufgrund individueller Unterschiede der Kinder und Jugendlichen häufig nicht festzustellen ist.
Bei der 15 Jährigen Längsschnittstudie von Fergusson, Horwood und Lynskey (1994) wurden die Langzeitfolgen bei 935 Scheidungskindern untersucht. Hier zeigte sich, wenn die Zielkinder beim Zeitpunkt der Scheidung im Vorschulalter waren, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Verhaltensproblemen und emotionalen Problemen nach 15 Jahren. Bei Kindern die zum Zeitpunkt der Scheidung im Jugendalter wa- ren, zeigte sich nach 15 Jahren ein erhöhtes Maß an Drogenmissbrauch.
Auch Napp-Peters (1995) stellte bei einem Viertel der Scheidungskinder Verhaltensstörungen fest. Von denen hatten nach 12 Jahren noch ein Drittel psychische Probleme wie: Beziehungsprobleme und emotionale Langzeitfolgen, Drogen und Alkoholmissbrauch, wenn sie in Familienformen aufgewachsen sind, die den außerhalb der Familie wohnenden Elternteil deutlich ausgrenzten.
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