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Examensarbeit, 2009
35 Seiten, Note: 1,5
1. Einleitung
2. Theoretische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
2.1. Bedeutung der Landeskunde und von Filmen im Fremdsprachen- unterricht
2.2. Bezug zum Bildungsplan
2.3. Emotionale Beteiligung am Filmgeschehen und Motivation
3. Planung und Konzeption der Unterrichtseinheit
3.1. Rahmenbedingungen und Klassensituation
3.2. Aufbau und Inhalt
3.3. Materialauswahl
3.4. Auswahl der Methoden
3.5. Arbeits- und Sozialformen
3.6. Lernziele und Kompetenzen
4. Durchführung der Unterrichtseinheit
4.1. Übersicht über die gehaltenen Stunden
4.2. Schematische Verlaufsübersicht und Vorstellung ausgewählter Einzelstunden
5. Reflexion der Unterrichtseinheit
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
7. Anhang
Klassische Musik (Mozart) und arme Straßenkinder (miseria) scheinen auf den ersten Blick nicht miteinander vereinbar. Weniger noch in einem Land wie Venezuela, in dem es riesige Elendsviertel gibt und Gewalt und Korruption an der Tagesordnung sind. Im venezolanischen Alltagsleben spielt zudem das Hören und Erlernen klassischer Musik seit jeher eine untergeordnete Rolle und ist eher einer privilegierten und akademischen Oberschicht vorbehalten. Im täglichen Leben wird man vielmehr mit anderen Musikstilen konfrontiert. Im Bus hört beispielsweise man je nach Geschmack und Alter des Busfahrers salsa, merengue oder den für europäische Ohren etwas kitschig klingenden Musikstil vallenato aus Kolumbien. Viele Jugendliche und Erwachsene in Venezuela und anderen südamerikanischen Ländern bevorzugen heutzutage den schnellen reggaetón, eine Mischung aus Reggae, Dancehall, Hip-Hop und merengue. Der reggaetón ist heute so zum Ausdruck einer schnelllebigen Gesellschaft und verarmten Barriokultur geworden.1
Im Zuge der bolivarianischen Revolution und „Kubanisierung“ Venezuelas durch den sozialistischen Präsidenten Hugo Chávez verarmen heutzutage immer mehr Familien in diesem rohstoffreichen Land. Der wirtschaftliche und soziale Abwärtstrend des Landes Venezuela begann aber schon in den Jahrzehnten zuvor unter verschiedenen korrupten Regierungen. Um gegen die wachsende Armut anzukämpfen und vor allem Kindern aus sozial schwachen Milieus eine Chance und Lebensperspektive zu bieten, gründete Dr. José Antonio Abreu (ein bekannter venezolanischer Komponist, Musiker und Wirtschaftswissenschaftler) im Jahre 1975 ein Jugendorchester, in dem vor allem ärmere Kinder ein Instrument erlernen und Musikunterricht erteilt bekommen. Aubreu setzte sein Projekt auf politischer Ebene durch und sein sistema weitete sich seit den siebziger Jahren immer weiter auch auf entlegenere Orte Venezuelas aus.2 Das sistema mit seinen núcleos, wie die vom Staat und privaten Geldgebern subventionierten Musikschulen genannt werden, erfasst heute mehr als 350000 Kinder und Jugendliche, die zum größten Teil aus ärmsten Verhältnissen stammen. Die núcleos sind inzwischen zu einem sozialen Auffangbecken geworden und bieten den Kindern und Jugendlichen der von Gewalt und Korruption geprägten barrios einen möglichen Ausweg aus ihrer schwierigen Lebenssituation. Die Integration der armen (und auch behinderten) Kinder in die Orchester und die vertiefte Beschäftigung mit klassischer Musik werden zudem von positiven sozialen und persönlichen Entwicklungseffekten begleitet.3
In den nächsten Jahren sollen bis zu einer Million Kinder und Jugendlicher vom sistema erfasst werden.4 Die von Aubreu geformten Orchester, allen voran das Simon Bolivar Jugendorchester mit ihrem Dirigenten Gustavo Dudamel, haben mittlerweile internationale Reputation erworben und begeistern mit ihrer speziellen Interpretation klassischer Musik die Zuhörer auf allen Kontinenten.
Im Film Maroa wird der Fokus unter anderem auf die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen an den Instrumenten in den núcleos gerichtet. Der Film erzählt die fiktive Geschichte eines jungen Mädchens aus einem Armenviertel in Caracas, das aus schwierigen familiären Verhältnissen stammt. Dank der Integration in ein Jugendorchester durch den spanischen Musiklehrer Joaquín nimmt das Leben des Mädchens eine positive Wendung.
Ich habe mich entschieden, mit diesem Film und dem Land Venezuela zu arbeiten, da ich mit einer Venezolanerin verheiratet bin und nun schon mehrmals dieses faszinierende Land bereist habe. Der Film bietet meines Erachtens eine Fülle an landeskundlichen und interkulturellen Themen, die sich gut mit Schülern im dritten Lernjahr bearbeiten lassen.
Zunächst werde ich in meinen theoretischen Vorüberlegungen auf die Behandlung landeskundlicher Themen im Fremdsprachenunterricht und die Arbeit mit Filmen eingehen. Anschließend gehe ich darauf ein, inwiefern das Thema dieser Unterrichtseinheit im Bildungsplan verankert ist. Ein weiterer Aspekt, der genauer betrachtet werden soll, ist der Einfluss von Emotionen, die Identifikation mit Figuren seitens der Schüler und die Erhöhung der Motivation bei der Arbeit mit Filmen oder Literatur.
Im Kapitel zur Planung und Konzeption der Unterrichtseinheit werde ich auf die Klassensituation, den Aufbau der gesamten Unterrichtseinheit, verwendete Materialien, eingesetzte Methoden, Arbeits- und Sozialformen sowie die Lernziele und Kompetenzen eingehen. Im Anschluss werden die einzelnen Stunden der Unterrichtseinheit vorgestellt. Dafür werden alle gehaltenen Unterrichtsstunden in schematischer Form dargestellt, wobei eine Doppelstunde und 4 Einzelstunden ausführlicher besprochen werden. Den Abschluss bildet eine Reflexion über die gesamte gehaltene Unterrichtseinheit.
„TV und Film sind Bestandteil des Lebens Jugendlicher. Sie sind durch Film und TV sowohl gebildet als auch verbildet. Das unkritische Hinnehmen der täglichen Bilderflut steuert das Verhalten der Jugendlichen“5. Die Schüler kommen in ihrem Alltag ständig mit visuellen Medien in Kontakt, ohne die konsumierten Bilder zu verarbeiten und sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen. Eine wichtige Aufgabe von Lehrkräften besteht bei der Arbeit mit Filmen also unter anderem darin, die Medienkompetenz der Schüler zu fördern und sie zu einem „kompetenten und kritischen Umgang mit dem Medium Film zu befähigen“6. Die Schüler lernen dadurch die Sprache bewegter Bilder zu lesen und zu verstehen, was als grundlegende „kulturelle Technik zu begreifen ist und insofern einen festen Platz in den schulischen Curricula beanspruchen kann“7. Die Arbeit mit Filmen weckt nach Meinung von Wilts die Bereitschaft von Jugendlichen, sich auf andere Lebens- und Identitätskonzepte einzulassen, diese probeweise durchzuspielen und sich mit Alternativen zu eigenen Handlungsweisen und Lebensentwürfen zu beschäftigen. Außerdem fordert der Film seine Zuschauer auf, sich auf die Reise in andere Welten und Kulturen zu begeben und leistet somit einen „Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und zum interkulturellen Dialog“8.
Wie oben schon angedeutet, haben Medien wie Internet oder Filme einen hohen Stellenwert bei Schülern und motivieren sie meist stärker als andere Textsorten. Vor allem Filme sind „Kulturprodukte“, die durch ihre Authentizität gekennzeichnet sind und in denen die Zielsprache durch Bilder, Situation etc. kontextualisiert wird.9 Im Gegensatz zu Texten wird die Kommunikation im Film durch nonverbale oder kulturspezifische Gesten und Elemente bereichert, was den Verstehensprozess begünstigt. Filme sind folglich meist leichter zu verstehen als Texte, die nur auf Sprache beruhen. Die Lernenden erhalten darüber hinaus ein sprachlich authentisches Vorbild. Die Authentizität von Filmen birgt jedoch auch Gefahren. Es besteht ein hohes Frustrationspotenzial für die Schüler, da sie zum Beispiel durch Sprechtempo, Hintergrundgeräusche, Begleitmusik, Dialekte, Soziolekte oder Akzentfärbung sprachlich leicht überfordert werden können. Vokabelhilfen, ein wiederholtes Sehen beziehungsweise fundierte Besprechungen von Filmszenen sowie eine vertiefte Auseinandersetzung mit diatopischen, diaphasischen oder diastratischen Varietäten einer Sprache sind deshalb unerlässlich.
Nach Meinung von Gabriela Fellmann ist eines der obersten Ziele des Fremdsprachenunterrichts die interkulturelle Handlungsfähigkeit der Schüler.10 Um diese zu verbessern, eignen sich Spielfilme, einzelne Filmsequenzen oder Standbilder, denn sie liefern anhand von fiktionalen Einzelschicksalen genaue Vorstellungen von menschlichen Erfahrungen bzw. Lebenswelten und vermitteln so fremde Lebensweisen, Werte, Normen und Weltsichten.11 Die Schüler erhalten durch Filme Einblicke in fremde Kulturen und Lebenswelten und werden so zu Reflexionen über die eigene Kultur und Verhaltensweisen angeregt. Dabei werden jedoch nicht nur die Unterschiede verschiedener Kulturen hervorgehoben, sondern auch transkulturelle Gemeinsamkeiten fokussiert.12 Dies sind vor allem Themen, die über die kulturelle Prägung hinausgehen und sich in allen Kulturen wiederfinden, wie zum Beispiel allgemeine Lebensfragen (Tod, Vorurteile, Angst, etc.), emotionale Themen, Partnerschaft oder Freundschaft.13 Bezogen auf den Film Maroa sind dies vor allem emotionale Themen, aber auch die Freundschaft zwischen Maroa und Joaquín.
Ein moderner Landeskundeunterricht überschüttet die Schüler daher nicht mit Fakten und Daten, sondern gibt ihnen Raum andere Lebensweisen zu vergleichen, zu reflektieren und zu ihrer eigenen Kultur in Relation zu setzen. Das bedeutet, die Schüler bekommen die Möglichkeit und Chance „interkulturell zu lernen“14. Neben dem Verbessern des Hör-Verstehens, Sprechens, Lesens, Schreibens und Sehverstehens werden nach Meinung von Surkamp die Lernenden bei der Arbeit mit Filmen in der Regel noch stärker als in Büchern zu emotionalen Reaktionen und persönlichen Stellungnahmen herausgefordert.15 Wie das Präfix „inter“ suggeriert, wird die fremde Kultur immer vor dem Hintergrund der eigenen betrachtet, das heißt die Schüler werden sich zunächst ihrer eigenen Kultur bewusst, bevor sie sie mit der fremden vergleichen können. Bei der Filmarbeit erreicht man dies am besten durch Perspektivwechsel, handlungsorientiertes Eintauchen in die Figurenpsychologie oder auch problemorientierte und personalisierte Aufgabenstellungen.
Für die Lehrkraft geht es bei der Filmarbeit folglich vor allem darum, den Spagat zu schaffen zwischen Szenen, die für die Schüler sprachlich zu verstehen und gleichzeitig kulturspezifisch ergiebig sind. An diese Szenen schließen sich schülerorientierte, Sprechanlässe bietende und kreative Aufgaben an. Die Schüler werden vor dem Sehen einzelner Szenen auf die Themen eingestimmt und bekommen während des Sehens (mithilfe eines Arbeitsblattes) einzeln oder in Gruppenarbeit Analyse- und Sehaufträge. Ich stimme mit vielen Autoren darin überein, dass die Schüler bei der Arbeit mit Filmen Platz für eigene Bedürfnisse und Gefühle bekommen und ihre individuellen Interessen mit einbezogen werden müssen. Nach dem Sehen des Filmes oder einzelner Szenen bekommen die Schüler die Möglichkeit, ihre individuellen Eindrücke und Beobachtungen zu formulieren und über den Film zu diskutieren. Um einer Zerstückelung und zu theoretischen Analyse des Filmgeschehens vorzubeugen, habe ich versucht, die Unterrichtseinheit nach den beschriebenen Kriterien zu konzipieren.
Die Bildungsstandards des Landes Baden-Württemberg von 2004 definieren die Aufgabe des modernen Fremdsprachenunterrichts folgendermaßen:
Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts ist nicht die reine Reproduktion von Wissen über Zielkulturen, sondern der Erwerb der Fähigkeit, soziokulturelle Strukturen der Zielländer sowie des eigenen Landes beobachten, analysieren und vergleichen zu können.16
Auch wenn diese Standards für Klasse 11 (G9) nicht bindend sind, so zeigen sie doch für den modernen und zukünftigen Spanischunterricht richtungsweisende Aspekte auf. Aus den Bildungsstandards geht ausdrücklich hervor, dass es im Fremdsprachenunterricht nicht um eine Anhäufung soziokultureller oder landeskundlicher Fakten geht, sondern vielmehr die Reflexion und die Analyse zwischen Zielkultur und eigener Kultur im Vordergrund steht. Die Schüler lernen die Werte und Lebensweisen in anderen Ländern kennen und akzeptieren diese. Um dies zu erreichen, bekommen sie einen Einblick in die fremde Alltags- und Lebenswelt und vergleichen sie mit ihrer eigenen. Im Idealfall können auf diese Weise Klischees über die fremde Kultur und eine Stereotypenbildung vermieden werden.17 In den Bildungsstandards wird dies, wie ich in Punkt 2.1. schon erwähnt habe, als „Interkulturelles Lernen“ bezeichnet:
Interkulturelles Lernen wird durch die Beschäftigung mit landeskundlichen und literarischen Themen, die sich sowohl auf die Lebenswirklichkeit Spaniens als auch Hispano-Amerikas beziehen, gefördert. Die Jugendlichen erweitern ihre Allgemeinbildung und werden sensibilisiert für fremde Lebensweisen und Wertvorstellungen. Indem sie auch über den eigenen kulturspezifischen Hintergrund reflektieren, gewinnen sie einen vertieften Einblick in die soziokulturelle Realität und die Probleme außereuropäischer Länder und schärfen ihren Blick für die kulturelle Vielfalt im eigenen Land. Dadurch werden sie zu Offenheit, dem Abbau von Vorurteilen und mehr Toleranz hingeführt.18
Im Bildungsplan von 1994 wird deshalb schon ausdrücklich darauf hingewiesen, die Aspekte des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Hispanoamerika zu vertiefen. In der vorliegenden Unterrichtseinheit finden sich diese Aspekte bei dem Lied Petróleo venezolano von Juan Medici und der vertieften Beschäftigung mit El sistema wieder.
Dazu kommt eine Auseinandersetzung mit grammatikalsichen und lexikalischen Charakteristika des lateinamerikanischen Spanisch.19 Aus diesem Grund habe ich mit den Schülern in einer Unterrichtsstunde auch die sprachlichen Besonderheiten des venezolanischen und lateinamerikanischen Spanisch bearbeitet. Erreicht werden kann dies laut Bildungsstandards 2004 durch vielfältige rezeptive, produktive und kreative Aktivitäten sowie den Umgang mit zunehmend authentischen Texten und Audio- und Videomaterial.20 Dies schließt die Arbeit mit Videoclips und Filmen ein. Im Bildungsplan von 1994 für Klasse 11 Spanisch wird zudem gefordert, dass die Schüler lernen, authentische Materialien durch den sachgerechten Einsatz von Hilfsmitteln zu erschließen. Im Unterricht bekamen die Schüler deshalb die Möglichkeit, die gezeigten Filmszenen mit Wörterbüchern, Wortgeländern oder Drehbuchauszügen zu verstehen und zu vertiefen. Die Schüler in Klasse 11 sollen zudem in der Lage sein, Zusammenfassungen, Stellungnahmen, Dialoge und Monologe zu in spanischer Sprache zu schreiben, so dass einer der Schwerpunkte der Unterrichtseinheit auf diesem Bereich lag. Zudem ging es bei dieser Unterrichtseinheit um den Erwerb von kommunikativen Kompetenzen, wie sie von den Bildungsstandards 2004 für den allgemeinen Fremdsprachenunterricht ausdrücklich gefordert werden. Dazu zählen Hör- und Sehverständnis, Sprechen, Lesen und Schreiben.21 Im Unterricht wurden diese Fertigkeiten durch produktive, kreative oder schülerzentrierte Aktivitäten und Aufgabenstellungen trainiert und eingeübt.
Für die Schüler ist es bei der Filmarbeit und beim Speichern von Inhalten und Informationen wichtig, emotional am Geschehen beteiligt zu werden. Emotionale Erregung führt dazu, dass man sich Dinge besser behalten kann, wie in vielen Experimenten bewiesen wurde.17 Manfred Spitzer schreibt dazu:
„Was den Menschen umtreibt, sind nicht Fakten oder Daten, sondern Gefühle, Geschichten und vor allem andere Menschen.“22
In dieser Einheit dient das Mädchen Maroa als emotionaler Ankerpunkt für die Schüler. Sie begleiten es während der gesamten Einheit in schwierigen Situationen, beim Leben auf der Straße und in der albergue und lernen so, das Verhalten und die Aktionen des Mädchens zu verstehen. Um noch mehr emotionale Nähe und nicht nur Mitleid mit Maroa bei den Schülern auszulösen, bekommen sie im Verlauf der Einheit immer wieder die Möglichkeit, sich in die Situation und Gefühlswelt des Mädchens hineinzuversetzen. Sie spielen dazu Handlungsmöglichkeiten in der Welt Maroas durch und vollziehen diese nach. Die Schüler erstellen dafür innere Monologe, Dialoge oder geben Maroa Ratschläge für bestimmte Situationen. Das bedeutet, dass neben der Empathiefähigkeit, auch die interkulturelle Kompetenz der Schüler gefördert wird. Ich denke, dass das Mädchen mit den Kulleraugen und dem Lockenkopf auch für das Behalten der
landeskundlichen Themen und Informationen hilfreich ist. Durch das Sehen bestimmter Filmszenen, in denen Maroa zunächst als Protagonistin auftritt und an die landeskundliche Themen angedockt werden, konnten die Schülerinnen sicherlich viele Inhalte (wie zum Beispiel die estampitas) besser behalten und abspeichern und werden sie so schnell nicht vergessen.
In der Unterrichtseinheit werden die Schüler über verschiedene Lernkanäle angesprochen. Es werden visuelle (Bilder, Videoclips, Filmsequenzen) auditive (Musik) und kommunikative (hören, sehen, sprechen, lesen, (kreativ) schreiben) Lernangebote gemacht, wobei vor allem die Bild-, Film- und Tonmaterialien für die Schüler anregend sind und somit ein nachhaltiges Verstehen und Lernen fördern. Zudem motivieren diese Materialien die Schülerinnen besonders. Der Film Maroa zeichnet sich zudem durch eine Vielfalt an Musikstilen aus. Neben klassischer Musik im Orchester, finden sich Hip-Hop-Lieder, Pop-Lieder oder kubanische bzw. karibische Musik. Musik kommt bei Schülern allgemein gut an und kann nach Meinung von Spitzer genauso stark oder sogar noch stärker motivieren, wie Rauschmittel oder andere Stimulanzen.23 Wie Spitzer weiter konstatiert, kann als angenehm empfundene Musik zur Aktivierung von Strukturen im Gehirn führen, die für die Wachheit und Aufmerksamkeit wichtig sind und darüber hinaus günstige Auswirkungen (sowohl auf das Wohlbefinden als auch auf die Leistungsfähigkeit) der Menschen haben. Die Rolle der (vor allem klassischen) Musik ist deshalb in dieser Unterrichtseinheit auf zwei Ebenen zu sehen. Zum einen hat sie positive Effekte auf Maroa und etliche andere venezolanische Kinder im sistema, zum anderen aber auch auf die deutschen Schüler, die in ihrem Klassenzimmer mit dem Film in Kontakt kommen und im stressigen Schulalltag so die Möglichkeit haben, einen Moment lang in die Musik einzutauchen und sich zu entspannen.
Die Klasse 11c, in der diese Unterrichtseinheit gehalten wurde, wird von mir durchgehend selbstständig unterrichtet und besteht aus 29 Schülern: 7 Jungen und 22 Mädchen. Eine Schülerin stieß nach einem Auslandsaufenthalt erst im Dezember wieder zur Klasse, eine andere Schülerin nimmt seit Anfang Dezember wegen psychischen Problemen vorerst nicht mehr am Unterricht teil. Die Klasse gehört zum alten G9 Zug, in dem Spanisch als dritte Fremdsprache nach Englisch und Französisch bzw. Englisch und Latein gelernt wird. Am Wildermuth-Gymnasium in Tübingen wird Spanisch in Klasse 11 fünfstündig unterrichtet, das heißt im ersten Halbjahr findet der Spanischunterricht in 3 Doppelstunden statt und im zweiten Halbjahr sind es nur noch 2 Doppelstunden.
Die Schüler sind seit der neunten Klasse zusammen, wodurch sich eine starke Klassengemeinschaft entwickelt hat. Auch schwächere Schüler fühlen sich ermutigt, aktiv am Unterricht teilzunehmen und ihre Ideen einzubringen. Dies wirkt sich positiv auf die Unterrichtssituation im Allgemeinen aus. Die Atmosphäre im Unterricht ist offen und freundlich und es besteht ein gutes Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern.
[...]
1 Mittlerweile ist diese Art von Musik auch in den europäischen Diskotheken angelangt und bei den deutschen Jugendlichen immer beliebter. Für mehr Informationen zu diesem Musikstil und dem Einfluss des reggaetón auf das Verhalten der Jugendlichen siehe: http://www.monografias.com/trabajos60/influencia-reggaeton-estudiantes/influencia-reggaeton- estudiantes.shtml
2 Heutzutage gibt es in ganz Venezuela schon 180 núcleos, die mehr als 350.000 Kinder auch in ländlichen Gebieten erreichen. Siehe hierzu auf der offiziellen Seite von El sistema: http://www.fesnojiv.gob.ve/en/nucleos.html
3 Vgl.: http://www.fesnojiv.gob.ve/en/mission-and-vision.html
4 Vgl. Arte-Reportage: El Sistema: Kapitel 4 (18:33).
5 Ursula Vences (2006): „Spielfilme im Spanischunterricht“, in: Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch Heft 12/2006, S.5.
6 Carola Surkamp (2004): „ Teaching films: Von der Filmanalyse zu handlungs- und prozess- orientierten Formen der filmischen Textarbeit“, in: Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch Heft/ 68, S.2.
7 Johannes Wilts (2008): „C’est du cinéma!“, in: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch Heft 91 / 2008, Französisch, S.4.
8 Ibid, S.4.
9 Surkamp (2004): S.3.
10 Fellmann, Gabriela (2006): „Interkulturelles Lernen sichtbar machen“, in: Praxis Fremdsprachen- unterricht, Heft 5 2006, S.26.
11 Surkamp (2004), S.3.
12 Welsch, Wolfgang (1995); „Transkulturalität. Zur veränderten Verfasstheit heutiger Kulturen“, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 45, Nr.1/95, S.40.
13 Christiane Peck (2008):„Interkulturelles Lernen mit Filmen-Chancen und Probleme, methodische Vorschläge“, in: Vences, Ursula (Hg.): Sprache-Literatur-Kultur. Ver netzung im Spanisch- unterricht, Berlin: edition tranvía, Walter Frey, S.164.
14 Die „kulturelle Kompetenz“, wie sie in den Bildungsstandards 2004 für Spanisch als 3. Fremd- sprache verankert ist, setzt sich demnach aus soziokulturellem Wissen (mit Themenbereichen der Literatur und Landeskunde) und interkultureller Kompetenz zusammen (Bildungsstandards 2004, S.357).
15 Surkamp (2004), S.3.
16 Bildungsstandards 2004, S. 105.
17 Vgl. hierzu Peck (2008), S. 164.
18 Bildungsstandards 2004, S. 354.
19 Bildungsplan 1994, S. 552- 553.
20 Bildungsstandards 2004, S. 354.
21 Ibid.
22 Manfred Spitzer (2003): Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin, S.158.
23 Ibid, S. 188.