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Bachelorarbeit, 2010
44 Seiten, Note: 1,3
Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung
1 Einführung
2 Grundlage und Vorgehensweise der Arbeit
2.1 Eigentum verpflichtet
2.2 Qualitative Interviews
3 Ursachen und Folgen von Schrottimmobilien
3.1 Ursachen für die Entstehung von Schrottimmobilien
3.1.1 Bevölkerungsentwicklung in Deutschland
3.1.2 Nichtkooperation Privater Eigentümer
3.1.3 Immobilienfonds und Immobilienbetrug
3.2 Folgen von Schrottimmobilien
3.2.1 Imageverlust
3.2.2 Erhöhter Kostenaufwand und schwindende öffentliche Einkünfte
3.2.3 Ghettoisierung
3.2.4 Gefahr für Leib und Leben
4 Bewertung der Gründe und Folgen in Bezug auf Artikel 14 II GG
5 Instrumente zum Umgang mit Schrottimmobilien
5.1 Bauplanungsrecht
5.1.1 Enteignung gemäß § 85 BauGB
5.1.2 Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen gemäß §§ 136 ff. BauGB
5.1.3 Stadtumbaumaßnahmen gemäß §§ 171a ff BauGB
5.1.4 Die gemeindlichen Vorkaufsrechte nach § 24 und § 25 BauGB
5.1.5 Städtebauliche Gebote gemäß §§ 175 ff BauGB
5.2 Bauordnungsrecht
5.2.1 Abbruch- bzw. Beseitigungsanordnung
5.2.2 Anordnung von Sicherungsmaßnahmen
5.2.3 Anordnung von Instandsetzungsmaßnahmen
5.3 Denkmalrechtliche Eingriffsbefugnisse
5.3.1 Anordnung zur Erhaltung von Denkmälern
5.3.2 Anordnung zur Wiederherstellung von Denkmälern
6 Abschließende Bewertung
6.1 Bewertungen der Rechtsinstrumente
6.2 Strategien gegen verwahrloste Immobilien
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Die Entstehung von verwahrlosten Immobilien wird mittlerweile in den Medien als ein flächendeckendes Problem bezeichnet. In vielen Städten sind immer wieder das Stadtbild schädigende, vernachlässigte und verwahrloste Immobilien anzutreffen (Schroer 2010). Diese erschweren massiv eine städtebauliche und stadtentwicklungsplanerische Nutzung des betroffenen Bereiches, insbesondere wenn es sich um innerstädtische Schlüsselimmobilien handelt (BMVBS & BBSR 2009: 1). Mittlerweile wird für solche Immobilien teilweise der Begriff „Schrottimmobilie“ verwendet (vgl. Schroer 2010). Der Begriff „Schrottimmobilie“ scheint derzeit allerdings noch nicht endgültig definiert. Bislang wurde er vor allem in der Rechtswissenschaft häufig verwendet in Verbindung mit Fällen von Immobilienbetrug, beziehungsweise Immobilien, die mit Hilfe falscher Versprechungen zu weit überteuerten Preisen an Kleinanleger verkauft wurden (Vorwerk 2008: 5-7). Mittlerweile hat der Begriff der „Schrottimmobilie“ allerdings ebenfalls Einzug in den Sprachgebrauch von Stadtplanern, Stadtämtern, Gemeinden und sogar dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eben in Bezug auf verwahrloste Immobilien gefunden und damit raum- und stadtplanerische, sowie bauordnungsrechtliche Bedeutung errungen. In diesem Zusammenhang werden Schrottimmobilien als Immobilien gesehen, die sich zunächst einmal durch Leerstand auszeichnen, weitergehend aber durch ihren starken Verfall und ihren Sanierungsbedarf auffallen (BMVBS & BBSR 2009: 1). Damit geht die hier dargestellte Sichtweise der Schrottimmobilie über das juristische Verständnis hinaus, kann aber ebenfalls häufig damit in Verbindung stehen, wie der weitere Verlauf der Arbeit zeigen wird. In diesem Zusammenhang sind mit „Schrottimmobilien“ vielfältige Schädigungen für das deutsche Städtebild zu erkennen, die nicht nur Imageschäden einzelner Stadtteile oder auch ganzer Städte mit sich bringen können, sondern auch zu einem echten Kostenproblem in verschiedener Hinsicht geworden sind. Es entsteht die Frage, warum die betreffende Gemeinde oder Stadt, also die Kommune diese Schrottimmobilien mittels der vom Gesetz des öffentlichen Baurechts gegebenen Rechtsinstrumente nicht beseitigen.
Da das öffentliche Baurecht die bauliche und sonstige Nutzung des Grundeigentums zum Gegenstand hat, wird sein verfassungsrechtlicher Standort vor allem von Art. 14 GG bestimmt (Finkelnburg & Ortloff 1998: 16). Dort heißt es in Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ (Artikel 14 Absatz II GG). Aus diesem Artikel geht also eine Verpflichtung des Privateigentums
gegenüber der Allgemeinheit hervor und wenn durch verwahrloste Immobilien im Privateigentum dieses Allgemeinwohl geschädigt wird, würde somit das Grundgesetz verletzt. Bei einer Verletzung des Grundgesetzes sollten entsprechende Rechtsinstrumente zur Verfügung stehen, um diesen Verstoß zu sanktionieren und zu beheben. Dennoch konnte sich das Problem der verwahrlosten Immobilien in den letzten Jahren etablieren. Es entsteht der Eindruck, dass die durch Gesetz gegebenen Rechtsinstrumente für eine Stadt oder Gemeinde nicht hinreichend sind um effektiv das Problem der Schrottimmobilien zu bekämpfen.
Diese Arbeit soll in einem ersten Schritt überprüfen, ob eine Grundgesetzverletzung bei der Entstehung von verwahrlosten Immobilien vorliegt und darauf basierend die These beweisen, dass für die Kommunen keine ausreichenden gesetzlichen Rechtsinstrumente bestehen um verwahrloste Immobilien effektiv bekämpfen zu können. Um dieses Thema zu untersuchen, soll im Folgenden zunächst die rechtliche Basis auf dem soeben erwähnten Artikel des Grundgesetzes erläutert werden. Im Anschluss folgt eine Auseinandersetzung mit Gründen und Folgen von Schrottimmobilien. Die Schädigung des Allgemeinwohls und der eventuelle Verstoß gegen Artikel 14 II GG soll an dieser Stelle herausgearbeitet werden. Danach wird sich die Arbeit mit den vom Gesetz für die Kommunen gegebenen Rechtsinstrumenten als Gegenmaßnahmen auseinandersetzen. Hierzu wurden neben der theoretischen Auseinandersetzung und Schilderung der Rechtsinstrumente auch qualitative Interviews mit zuständigen Experten in deutschen Ober-, Mittel- und Unterzentren geführt. Diese Vorgehensweise sollte dazu dienen einen empirischen Eindruck zu bekommen, wie diese rechtlich theoretisch möglichen Instrumente in verschiedenen Kommunen in der Praxis umgesetzt werden können und welche Probleme dabei auftreten. Bei den Befragungen lag der Schwerpunkt darauf, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Rechtsinstrumenten aufzuzeigen. Ebenfalls sollten aber auch die vermuteten Gründe und Folgen überprüft und gegebenenfalls untermauert werden. Dabei stellte sich besonders die Frage, ob aufgrund mangelnder Rechtsinstrumente eine Erweiterung des Problems der Schrottimmobilie zu erwarten ist oder ob mit den gegebenen Möglichkeiten das Problem dauerhaft beseitigt werden kann.
Diese Arbeit soll zugleich hermeneutisch, als auch empirisch vorgehen. Es wir versucht einen Bezug zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Hermeneutisch soll ermittelt werden, inwiefern möglicherweise ein Verstoß gegen das Grundgesetz durch die Entstehung verwahrloster Immobilien vorliegt. Hierzu werden die Gründe und Folgen für und von verwahrlosten Immobilen untersucht und mit den Inhalten und Schranken des Artikel 14 GG abgeglichen. Im weiteren Verlauf werden die Rechtsinstrumente untersucht die zur Anwendung gegen verwahrloste Immobilien in Betracht kommen. Diese Instrumente werden zum einen in ihrer gesetzlichen Vorgabe genau beschrieben, sollen in einem zweiten Schritt aber auch im Rahmen von qualitativen Experteninterviews auf ihre Anwendbarkeit in der Praxis geprüft werden. Im Folgenden soll daher zunächst einmal der im Grundgesetz verankerte Artikel 14 genauer erläutert und ebenfalls die Vorgehensweise bei den Experteninterviews dargestellt werden. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass auch Schrottimmobilien im Eigentum der öffentlichen Hand denkbar sind, die beispielsweise durch fehlende Nutzungskonzepte entstehen können. Da die Anwendung von Rechtsinstrumenten und die Verletzung des Artikels 14 GG hierbei aber irrelevant sind, wird sich bei der Betrachtung der Entstehung und Folgen von verwahrlosten Immobilien ausschließlich auf die sich im Privateigentum befindlichen Objekte beschränkt. Des Weiteren sei bemerkt, dass bei den empirischen qualitativen Interviews Experten zu Wort kamen, die auf einen bestimmten Raum Deutschlands, nämlich Nordrhein-Westfalen beschränkt waren, dieses aber nicht bedeutet, dass hier ausschließlich eine Ausarbeitung der Situationen in diesem Raum vorliegt. Das Phänomen der Schrottimmobilie soll bundesweit untersucht werden und die Einschätzung der Experten soll lediglich exemplarisch sein für die Anwendbarkeit der Rechtsinstrumente in ganz Deutschland. Dabei soll herausgefunden werden, ob die für die Städte vorhandenen Instrumente hinreichend sind, welche Probleme bei ihrer Ausübung entstehen und wo die vorhandenen Rechtsinstrumente nicht mehr ausreichen um Schrottimmobilien effizient bekämpfen zu kommen.
Die Rechtsgrundlage für die weiteren Ausführungen dieser Arbeit bildet der Artikel 14 GG. Auf der Basis dieses Artikels soll im weiteren Verlauf der Arbeit die Diskussion um Pflichten der Immobilieneigentümer und die Eingriffsmöglichkeiten der zuständigen Kommunen stattfinden. Schon aufgrund der Ausgestaltung des Artikels 14 entsteht im Vorfeld eine begriffliche Problematik, welche die Durchsetzung rechtlicher Instrumente von Seiten der hoheitlichen Gewalt erschwert.
Im ersten Abschnitt dieses Artikels heißt es, dass Eigentum gewährleistet wird (Artikel 14 I 1 GG). Nur eine Rechtsordnung, die das Eigentum als Grundrecht also als Rechtsinstitut kennt, kann Eigentum auch als Grundrecht gewährleisten. Das auf individuellen Eigentumsschutz zielende Grundrecht des Art. 14 I 1 GG enthält deshalb notwendig zugleich die Gewährleistung des Rechtsinstituts Eigentum. Was unter dem Begriff Eigentum genau zu verstehen ist, wird in diesem Artikel jedoch nicht genau definiert, im Allgemeinen ist Eigentum aber durch zwei Eigenschaften gekennzeichnet, die Privatnützigkeit und die Verfügungsbefugnis (Finkelnburg & Ortloff 1998: 17).
Im zweiten Abschnitt des Artikels 14 GG wird das zuvor erklärte Grundrecht allerdings eingeschränkt. Eigentum verpflichtet und soll zugleich dem Allgemeinwohl dienen (Art. 14 II GG). Dieser Absatz schränkt das zuvor beschriebene Grundrecht des Eigentums in der Form ein, dass es dem Gesetzgeber die Möglichkeit der Ausformung und der Festlegung von Inhalt und Schranken des Grundrechtes Eigentum überlässt. Im Abschnitt 3 heißt es dann, dass eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Somit kann eine Enteignung aus Absatz 3 als Sanktionierung der Verletzung der Eigentumsverpflichtung aus Absatz 2 oder als notwendige Maßnahme im Sinne des Allgemeinwohls verstanden werden. Neben dem zuvor erwähnten Kennzeichen der Privatnützigkeit tritt in beiden Absätzen der Begriff des Allgemeinwohls auf, also der Allgemeinnützigkeit. Dieser Allgemeinnützigkeit ist das Eigentum nun ebenso wie der Privatnützigkeit unterworfen. Der Gesetzgeber ist hierdurch gehalten, eine Eigentumsordnung zu schaffen und fortzuentwickeln, die sowohl dem durch Art. 14 I 1 GG geschütztem Eigentümerinteresse als auch dem Allgemeininteresse an einer sozial gerechten Eigentumsordnung gerecht wird. Damit tritt neben dem Verfügungsrecht und dem Recht auf Private Verfügungsgewalt am eigenen Eigentum nun auch eine Pflicht des Eigentümers gegenüber der Allgemeinheit auf (Finkelnburg & Ortloff 1998: 18).
Um diese Pflicht zu verstehen muss der Begriff Allgemeinwohl zunächst genauer definiert werden. Doch genau darin besteht eine umfangreiche Schwierigkeit. Gablers Wirtschaftslexikon definiert das Allgemeinwohl als einen Konsens der Betroffenen (Konsensethik). Es verliert dadurch aber eine inhaltlich konkrete Bestimmtheit (Gabler Verlag (Hg.) 2010). Dadurch, dass der Begriff nicht inhaltlich konkret definiert ist, wird er streitbar und es wird nicht eindeutig erklärbar, was eine Verbesserung des Allgemeinwohls bedeutet, was in diesem speziellen Themengebiet die Vermutung zulässt, dass es ebenfalls streitbar ist, ob eine Immobilie das Allgemeinwohl mehrt oder im Gegenteil sogar mindert. Es muss also ein das Grundrecht konkretisierendes Gesetz geben welches, sowohl die Begriffsproblematiken, als auch Inhalte und Schranken des Eigentumsrechts bestimmt, ohne dabei das verfassungsrechtliche Recht auf Eigentum zu verletzen. Das für das Thema dieser Arbeit entsprechende Gesetz ist das öffentliche Baurecht. Das öffentliche Baurecht garantiert durch den Bestandsschutz und die Baufreiheit das Eigentum, setzt aber gleichzeitig durch die Einschränkung der Baufreiheit auch die Grenzen dieser Freiheit des Eigentums fest. Die in diesem konkretisierenden Gesetz zu beachtenden Vorgaben müssen der Verfassung formell und materiell entsprechen (Finkelnburg & Ortloff 1998: 18-24). Um einen Verstoß gegen das Grundgesetz zu beweisen muss also ein Verstoß gegen die Einschränkungen der Baufreiheit bewiesen werden. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, bringt der Verfall von Immobilien zu Schrottimmobilien häufig negative Folgen für eine Kommune mit sich. Hierdurch könnte subjektiv davon ausgegangen werden, dass mit diesen Folgen das Allgemeinwohl im Sinne des Artikel 14 II GG verringert wird. Ob aber die Probleme, die im Zuge der Verwahrlosung von Immobilien entstehen wirklich den Anforderungen eines Verstoßes gegen das öffentliche Baurecht, dass den Artikel 14 II GG konkretisiert, entspricht, muss im Laufe der Arbeit geklärt werden.
Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen die Rechtsinstrumente, die das Gesetz der Stadt oder Gemeinde zur Verfügung stellt, beschrieben und bewertet werden. Als Hilfe zur Bewertung der Rechtsinstrumente wurden Experteninterviews an drei Städten in Nordrhein-Westfalen geführt. Bei diesen Interviews stand die Frage im Vordergrund, ob die zur Verfügung stehenden Mittel für die Kommunen ausreichen um Schrottimmobilien in der Praxis wirkungsvoll beseitigen zu können, wenn eine entsprechende gesetzliche Rechtfertigung vorliegt. Hier wird auf die Rechtsinstrumente eingegangen, die das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung den Kommunen in ihrem „Leitfaden zum Einsatz von Rechtsinstrumenten bei Umgang mit verwahrlosten Immobilien („Schrottimmobilien“)“ vorgeschlagen werden. Dieser Teil der Arbeit dient also der empirischen Überprüfung der Kernthese, dass den Kommunen keine ausreichenden Rechtsinstrumente zur Verfügung stehen um effektiv den Verstoß gegen das Grundgesetz zu bekämpfen.
Die empfohlenen Rechtsinstrumente wurden also von den Menschen, die sie anwenden sollen, in Bezug auf ihre Durchführbarkeit und Realitätsnähe überprüft. Hierzu wurde aus dem Grunde mit qualitativen Interviews gearbeitet, da nur Menschen, die sich in der Praxis mit konkreten Fällen beschäftigen und versuchen diese Problemfälle zu lösen eine realistische Einschätzung über eventuelle Mängel in der Anwendung der Rechtsvorschriften geben können. Die Perspektive der Akteure der hoheitlichen Gewalt der Städte und Gemeinden steht also im Vordergrund. „Qualitative Forschung“ soll Lebenswelten von innen heraus aus der Sicht der handelnden Menschen beschreiben. Damit will sie zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen (Flick et al. 2007: 14). Eine bestimmte Perspektive soll untersucht werden und dafür eignet sich besonders die qualitative Befragung. Qualitative Experteninterviews bieten den besonderen Vorteil, dass man Einschätzungen erhält, von Leuten, die mit dem untersuchten Gegenstand in Berührung stehen und somit über ein Expertenwissen verfügen, dass man mit dieser Methode erschließen kann. Experten sind also nicht der Untersuchungsgegenstand, sondern Zeugen, der uns interessierenden Prozesse. Diese Methode ist in den Sozialwissenschaften, besonders in der Soziologie und Politikwissenschaft weit verbreitet (Gläser & Laudel 2004: 10). Diese Arbeit entstammt zwar dem Themengebiet der Geographie, dabei sollen jedoch sowohl politische Instanzen, die die Gesetze anwenden, als auch politische Prozesse und Rahmenstrukturen, sowie soziale Auswirkungen untersucht werden. Damit stellt sich die Methode des qualitativen Experteninterviews als Erschließung des Wissens von Zeitzeugen als die am besten geeignete Möglichkeit zur Untersuchung der Kernthese dar, bei der es genau um die Perspektive der Menschen geht, die gegen diese Schrottimmobilien vorgehen müssen.
Bei den in diesem Zusammenhang befragten Experten handelt es sich um Mitarbeiter von Stadtverwaltungen auf verschiedenen Ebenen, mit den Funktionen „Fachdienstleitung Immobilienbewertung und Geodatenservice“, „Mitarbeiter im Bereich Stadtentwicklung“,
„Immobilienservice“, „Fachdienstleitung Bodenmanagement“, „Fachdienstleitung
Bauaufsichtsbehörde“, „Mitarbeiter Stadtplanungs- und Bauaufsichtsamt“. Es wird darauf verzichtet Transskripte der Interviews im Anhang darzustellen, da diese Interviews nur an einigen Stellen zusammenfassend erwähnt werden und nicht den Kern der Arbeit darstellen. Es sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, dass insgesamt drei Interviews stattgefunden haben in Städten verschiedener Größenordnungen. Selbstverständlich können drei Interviews nicht als repräsentativ für die Situation und die Wahrnehmung in ganz Deutschland betrachtet werden. Darin lag jedoch auch nicht die Absicht bei der Durchführung dieser Interviews. Diese sollten lediglich dazu dienen persönliche Einschätzungen der bereits hermeneutisch herausgefundenen Tatsachen zu untermauern.
Sowohl die Gründe, als auch die Folgen von Schrottimmobilien sind mannigfaltig und sollen gemeinsam in diesem Kapitel erläutert werden. Hier soll herausgearbeitet werden, ob durch die negativen Folgen, die verwahrloste Immobilien mit sich bringen, von einem Verstoß gegen Artikel 14 II GG ausgegangen werden kann und welche Gründe dafür vorliegen. Es soll auch dargstellt werden, das diese Gründe für den eventuellen Verstoß gegen das Grundgesetz nicht ausschließlich absichtlich von Eigentümern verursacht werden, sondern zum Teil auch fremd verschuldet und an demographische Entwicklungen gekoppelt sind. Der Grund, warum Ursachen und Folgen beide unter dem Punkt 3 dieser Arbeit zusammengefasst werden liegt darin, dass sie eine hohe Interdependenz aufweisen und zum Teil einmal aufgetretene Folgen weitere Ursachen für Schottimmobilien in ihrer Folge bedingen. Im folgenden Kapitel sollen zunächst die Gründe des Entstehens umfangreich dargestellt werden. Dabei ergibt es sich zwangsläufig, dass zum Teil auch bereits Folgen angesprochen werden. Eine ausführliche Darstellung der Folgen von Schrottimmobilien soll jedoch separat und ausführlich nach der Darstellung der Ursachen erfolgen. Abschließend wird in diesem Kapitel geklärt, inwiefern Gründe und Folgen vor verwahrlosten Immobilien eventuell einen Verstoß gegen das Grundgesetz, im Sinne der nicht Nützlichkeit für das Allgemeinwohl, darstellen.
Bevor die zu beweisenden negativen Folgen für das Allgemeinwohl dargestellt werden, müssen zunächst die Gründe für die Entwicklung des Problems der Schrottimmobilien in Deutschland erläutert werden. Bei der Ausführung der Gründe werden, wie bereits erwähnt, ausschließlich Schrottimmobilien behandelt, die sich im Privateigentum befinden. Schrottimmobilien, die aus Gebäuden in öffentlicher Hand entstehen oder entstanden sind, sollen hier ausgeklammert werden, da sich bei Ihnen die zentrale Problemstellung des Schutzes von Privateigentum nicht ergibt. Weiterhin soll angemerkt sein, dass die Gründe hier sich vor allem auf das flächendeckende Problem der Verwahrlosung ganzer Blöcke, Stadtteile oder Gemeinden fokussieren. Das Auftreten einer einzelnen Schrottimmobilie muss davon separat betrachtet werden. Eine einzelne Schrottimmobilie ist in erster Instanz erstmal nur für die Nachbarn ein Ärgernis und wird nur dann zum stadtplanerischen Problem, wenn es sich in Kern- oder Mischgebieten befindet und so verwahrlost ist, dass es bereits die Passantenfrequenz beeinflusst. Zum wirklichen stadtplanerischen Problem wird diese einzelne Schrottimmobilie erst dann, wenn sie auf mehrere Immobilien „ausstrahlt“ und größere Gebiete davon betroffen sind und sich eine verwahrloste Immobilie an die nächste anschließt im Zuge eines „Trading-Down-Effektes“.
In Deutschland lassen sich bezüglich der Bevölkerungsentwicklung zwei grundsätzliche Trends beobachten. Zum einen gibt es eine generelle Bevölkerungsabnahme, was allgemein bekannt als demografischer Wandel bezeichnet wird, hinzu kommt aber auch ein Trend zur Abwanderung aus deutschen Großstädten in das Umland der Kernstädte, aber auch in ländliche und gering verdichtete Gebiete. In diesem Zusammenhang spricht man von „Suburbanisierung“ und „schrumpfenden Städten“ (Glock 2006: 23-25). Beide Entwicklungen, also sowohl die Bevölkerungsabnahme, als auch die Bevölkerungsverlagerungen innerhalb Deutschlands, tragen zur Entstehung von verwahrlosten Immobilien bei. Bezüglich der Bevölkerungsabnahme sind in Deutschland zwei gegensätzliche Trends zu beobachten. Einem Geburtenrückgang auf der einen Seite steht eine längere Lebenserwartung auf der anderen Seite gegenüber. Seit 1972 ist die Zahl der Geburten niedriger, als die der Sterbefälle. Dieser Trend ist auch für die Zukunft weiterhin zu erwarten. Durch diesen Effekt schrumpft die Bevölkerung von Generation zu Generation, während sie gleichzeitig immer älter wird (Beckstein 2002: 10). Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik wieder, welche die demographische Entwicklung von 2002 bis 2008 darstellt. (siehe Tabelle1)
Tabelle 1: Bevölkerung nach Altersgruppen in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesamt für Statistik 2010
Laut Bundesamt für Statistik hat sich die Bevölkerungszahl in Deutschland seit 2002 um mehr als 500.000 Einwohner in Gesamtdeutschland verringert, was bei ca. 82 Mio. Einwohnern einen Anteil von etwa 0,6 Prozent ausmacht.
Auffallend ist dabei, dass die Bevölkerungsanteile in Prozent sich immer weiter zugunsten der höheren Altersgruppen verschieben. Besonders die jüngeren Altersgruppen sind es jedoch, die eher in Mietverhältnissen leben, während die älteren eher Eigentum besitzen. Dieses belegt Tabelle 2 „Haushalte nach Art der Nutzung der Wohneinheit 2006“.
Tabelle 2: Haushalte nach Art der Nutzung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesamt für Statistik 2010
Die Entwicklung, dass die Bevölkerungsanzahl sich seit Jahren stetig verringert, und das vor allem in den für Mietverhältnisse relevanten Altersgruppen, lässt den logischen Schluss zu, dass immer weniger Nachfrager nach Mietwohnungen als Anbieter von Mietwohnungen am Markt aufeinander treffen und dieses zwangsläufig zu Leerständen oder zum Verfall von Mietpreisen führt. Ein andauernder Leerstand kann dann ein Grund für das Entstehen einer Schrottimmobilie werden. Für den Vermieter, ist dann kein Anreiz zur Investition in die Immobilie vorhanden, weil seine Immobilie, die ihm eigentlich Miteinkünfte bescheren soll, diesen Zweck langfristig nicht erfüllen kann.
Zusätzlich zu dieser Entwicklung kommt nun die Bevölkerungswanderung bzw. - verlagerung innerhalb Deutschlands. Insgesamt hat die Bevölkerung von Deutschland zwischen 2003 und 2008 um 0,6 % im Durchschnitt abgenommen. Gleichzeitig hat zusätzlich ein Prozess der Suburbanisierung und der schrumpfenden Städte in Deutschland stattgefunden. Fast alle ostdeutschen, aber auch zahlreiche westdeutsche Städte, die den wirtschaftlichen Strukturwandel verpasst haben, leiden mittlerweile unter Bevölkerungsverlusten, also einem Schrumpfungsprozess (Glock 2006: 24). Als Beispiel für eine westdeutsche Stadt, die von diesem Problem betroffen ist kann hier Bochum angeführt werden. Betrug die Einwohnerzahl am 31. Dezember 2000 noch 391.147 Bürger, so waren es am 30. Juni 2005 nur noch 384.492 Bürger. Dortmund weist dagegen erheblich geringere Rückgänge auf. Auf der anderen Seite verbuchen attraktive Städte wie Aachen, Köln oder Bonn im gleichen Zeitraum sogar Zuwächse (hagebo 2006: 1). Hinzu kommt der Trend der Suburbanisierung, was allgemein als ein Prozess angesehen wird, in dem sich Kernstädte über die Grenzen ihrer bislang erreichten Besiedlung ausdehnen (Brake, 2001: 15). Wohnoptimierungsstrategien haben in vielen Städten eine sehr hohe Umzugsmobilität geschaffen, so sind innerhalb Leipzigs zwischen 1996 und 2001 mehr als zwei Drittel der Bevölkerung umgezogen, in Dessau immerhin 60% (Bauer 2003: 642). Eine ähnliche Entwicklung findet beispielsweise auch in Chemnitz statt. Hier wird aus den Altbauten im Kern der Stadt in Neubauten in den Außenbereichen umgezogen und so die Fläche der Stadt über die Grenzen ausgeweitet, während im Kern leerstehende Brachen zurückbleiben (Hung 2009: 1). In den Städten wie Köln, Bonn oder Aachen, die eine wachsende Zuwanderung zu verzeichnen haben, müssen somit zwangsläufig Wohnungsknappheiten und eine Erhöhung der Mietpreise aufgrund steigender Nachfrage nach Mietwohnungen entstehen. In den benachteiligten Gebieten mit hoher Abwanderungsrate wird das Problem von möglichen Leerständen, Mietpreisverfall und Schrottimmobilien jedoch erhöht. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass ein regionaler Markt für Wohnungen durchaus oft auch ein bestimmter Stadtteil innerhalb eines Stadtgebietes sein kann. So kommt es durchaus vor, dass einzelne Stadtteile einer Stadt wachsende Bevölkerungszahlen aufweisen, wie zum Beispiel im Falle Berlin Prenzlauer Berg, während es in anderen Stadtteilen von Berlin trotz sinkender Mieten nicht gelingt Leerstände abzubauen, also die Senkung der Bevölkerungszahlen zu vermeiden (Elgeti 2008: 61). Die Nachfrage nach Wohnungen muss also gekoppelt sein an verschiedene Faktoren, wie Image, Lebensqualität, wirtschaftliche Faktoren, etc, welche selbst zwischen einzelnen Stadtteilen, vor allem aber auch zwischen den einzelnen Städten differieren können . Interessant dabei festzustellen ist, dass trotz der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung und unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung in den verschiedenen Städten und Gebieten in Deutschland, in vergleichbarer Anzahl gebaut wird, obwohl die Nachfrage ganz offensichtlich unterschiedlich ist (Elgeti 2008. 60). Die logische Schlussfolgerung muss sein, dass es in manchen Gebieten zu ansteigenden Mietpreisen kommen muss, und sich in anderen Gebieten Leerstände ergeben müssen, die sich dann aufgrund des zuvor beschriebenen Prozesses zu Schrottimmobilien entwickeln können.
Ein weiterer Grund für das Entstehen von Schrottimmobilien kann in mangelnder Kooperationsbereitschaft oder -fähigkeit privater Eigentümer bestehen. Mit Kooperation ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass Eigentümer von sich aus oder in Absprache mit der Stadt bereit sind eine in ihrem Eigentums befindliche Immobilie zu sanieren oder instand zu halten. Dabei ist zunächst unklar, warum ein Eigentümer Desinteresse an seiner eigenen Immobilie haben sollte, könnte Sie ihm doch Mieteinnahmen bescheren und ihm ökonomisch nützlich sein. Dafür sind aber vielerlei Gründe denkbar, zum Beispiel eine schlechte räumliche Lage des Grundstücks, die aktuelle Nutzungssituation, das Vorhandensein keiner oder nur einer schlechten Nutzungsperspektive (BMVBS & BBSR 2009: 3). Eine Sanierung würde sich dann aus ökonomischen Gründen für den Eigentümer nicht lohnen. Da es in manchen Städten bereits ganze Viertel gibt, die sanierungsbedürftig sind und diese deshalb bereits einen sehr schlechten Ruf genießen, gibt es durchaus Fälle in denen sich eine Sanierung aus wirtschaftlichen Gründen für den Eigentümer nicht mehr auszahlen würde. Hier ist bereits ein Imageschaden entstanden, der dazu führt, dass selbst wenn dieses eine Haus saniert werden würde, die Nachfrage nach einer Wohnung in dieser Immobilie vermutlich ausbleiben würde. So ergibt sich eine Art Multiplikatoreffekt bei dem eine Schrottimmobilie die nächste bedingt. Das Eigentum befindet sich bereits in so stark vorangeschrittenen ruinösen Zustand und wird von ähnlichen Gebäuden umgeben, dass es nur schwer möglich ist wieder Mieter für diese Wohnungen und Viertel zu finden. Eine Sanierung ist dann für den Eigentümer aufgrund des hohen Kostenaufwands kaum noch sinnvoll. Der einzige Grund warum solche Eigentümer dann noch an ihrer Immobilie festhalten besteht in Spekulationsinteressen und der Hoffnung, die Immobilie in der Zukunft besser verwerten zu können (BMVBS & BBSR 2009: 3).
Ein weiterer Grund privater Nichtkooperation besteht darin, dass es einem Eigentümer finanziell nicht möglich ist, für eine Sanierung aufzukommen. Vor allem im Zuge der Finanzkrise und Immobilienkrise ist das ein denkbares Szenario. In diesen Fällen ist zwar ein Wille vorhanden, jedoch besteht ein Mangel an finanzieller Fähigkeit. Diese mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit kann sich durch Insolvenzverfahren wegen Unternehmens- oder Verbraucherinsolvenz, sowie durch Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung von Geldforderungen und insbesondere durch Zwangsversteigerungen zeigen (BMVBS & BBSR 2009: 3).
Als letzter hier zu nennender Grund sind Erbstreitigkeiten zu nennen. Dieser Grund für verwahrloste Immobilien wurde in allen Interviews als möglicher Grund genannt, kann jedoch wohl nicht als Grund für die flächendeckende Erscheinung in Anspruch genommen werden, da es sich bei diesen Immobilien im Regelfall um Einzelimmobilien handelt. Denkbar ist, dass mehrere Erbberechtigte sich um ihr Erbe in Form einer Immobilie streiten, jahrelang darüber vor Gericht im Rechtsstreit liegen und an dem Gebäude während dieser Zeit aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse nicht instand gehalten oder saniert wird und sich so eine vereinzelte Schrottimmobilie entwickeln kann.
Der in diesem Kapitel aufgeführte Grund für Schrottimmobilien beruht auf dem in der Einleitung erwähnten Verständnis von Schrottimmobilien aus juristischer Sicht. Es geht also um Immobilien, die zu weit überteuerten Preisen gekauft wurden und seit dem Kauf stark an Wert verloren haben. Hierbei handelt es sich nicht ausschließlich um Betrugsfälle, der Sachverhalt stellt sich bei allen Fällen jedoch meistens sehr ähnlich dar. Zunächst konzipierte eine Gruppe von Unternehmen ein Immobilieprojekt. Dabei wurde regelmäßig ein Grundstück erworben, welches in der Folge bebaut und vermietet werden sollte. Gelegentlich wurden auch ältere Gebäudekomplexe gekauft, die nach ihrer Sanierung vermietet werden sollten. Für diese Objekte wurden dann Anleger gesucht. Hier wurden bewusst Anleger aus den unteren und mittleren Einkommensgruppen gesucht. Diese waren leichter zu überzeugen, als die oberen Gehaltklassen, da die Anleger in diesen gesellschaftlichen Bereichen oft besser informiert waren und bereits selbst in verschiedene Kapitalanlagen investierten. Der „kleine Anleger“ war jedoch nicht so gut informiert und ließ sich leichter bei einem vertrautem Gespräch bei sich zu hause überzeugen. Hierzu wurde auf Strukturvertriebe zurückgegriffen, die gezielt Einzelanleger suchten um die Immobilien bzw. Eigentumswohnungen zu vertreiben und im Zuge dessen gleichzeitig die Finanzierung dafür zu vermitteln. Die Finanzierung wurde durch eine Bank gewährleistet, die selbst Anteilseigner an dem Immobilienunternehmen war, sodass eine direkte Kooperation von Bank, bzw. Bausparkasse und Immobilienunternehmen gewährleistet war. Diese schalteten dann gemeinsam die Vertriebsgesellschaft ein um möglicht viele Immobilien in möglichst kurzer Zeit an den Anleger zu verkaufen, die dafür notwendigen Kredite noch selbst zu gewähren und im Zuge dessen gleichzeitig Bausparverträge an den Kunden zu verkaufen (Schmid 2009: Kap. I). Dafür wurden der Vertriebsgesellschaft hohe Provisionen im Erfolgsfall versprochen, die dem Anleger jedoch nicht vollständig offengelegt wurden. Da man sich an die als unkritisch angesehene unteren Einkommensschichten wandte, wurden spezielle dubiose Finanzierungskonzepte, abweichend von den bisherigen Bausparfinanzierungen erdacht (Vorwerk 2008: 6-8), die jedoch hier nicht weiter im einzelnen erläutert werden können, da der Schwerpunkt der Arbeit nicht auf Immobilienfonds liegen soll.
Es soll jedoch klar werden, dass aufgrund dieser dubiosen Finanzierungskonzepte Anleger vielfach in ein prekäres Verhältnis gelockt wurden, und in vielen Fällen ihre Existenz gefährdeten durch zu hohe finanzielle Belastungen. Gelockt wurden sie dabei mit dem Versprechen, dass die Immobilien bzw. die Immobilienbeteiligungen, die sie erwarben sich durch die erzielbaren Mieteinnahmen, sowie zusätzliche Steuervergünstigungen von selber abbezahlen würden. In vielen Fällen wurden auch Mietgarantien von Seiten der Immobiliengesellschaften ausgesprochen, die sich letzten Endes als wertlos heraus stellten. Die Projekte scheiterten aus diversen Gründen, sei es durch zu niedrige Zinserträge, zu hohe Herstellungs- und Anschaffungskosten, oder zu hohen Provisionen für die Vertriebsgesellschaften. Dadurch konnten die Anleger ihre Kredite nicht tilgen und die Bausparverträge nicht bedienen. Manche Häuser wurden aufgrund dessen gar nicht erst saniert, da den Immobilienunternehmen das Kapital ausging. Sowohl Immobilienunternehmen als auch Private Anleger mussten Insolvenz anmelden. Da die Immobilienunternehmen längst insolvent sind und die Anleger dort keine Ansprüche mehr geltend machen können, sind die Mietgarantien, die sie von diesen Unternehmen erhalten haben ebenfalls wertlos geworden (Schmid 2009: Kap. II).
Das Ergebnis sind leerstehende Immobilien im Eigentum von zahlreichen insolventen Kleinanlegern, die versuchen im Rechtsstreit den Kredit bei der Bausparkasse und die damit verbunden Bausparverträge zu kündigen. Investiert wird derweil in die leerstehenden Gebäude nicht und es kommt zur Verwahrlosung und zu Schrottimmobilien im Bedeutungssinne dieser Arbeit.
Wie so etwas dann aussieht, kann man sich beispielhaft an einer Immobilie in Dortmund anschauen. Diese Immobilie tauchte bereits mehrfach in der Presse auf und wurde dort als sogenanntes „Horrorhaus“ betitelt. Ein Hochhaus in der nördlichen Innenstadt Dortmunds, als einer von zwei Türmen gebaut. Der andere Turm ist im Eigentum der örtlichen Wohnungsbaugesellschaft und ist völlig in Takt und vollständig vermietet. Das „Horrorhaus“ jedoch weist mittlerweile einen absolut verwahrlosten Zustand auf. Die Fenster dieses Gebäudes sind zugemauert und das gesamte Gebäude aus Sicherheitsgründen mit Zäunen abgesperrt. „Das Horrorhaus“ ist Opfer einer eben beschriebenen dubiosen Spekulationstätigkeit auf dem deutschen Immobilienmarkt. Das Gebäude wurde aufgekauft und spekulativ in Einzeleigentum weiterverkauft, vor allem an Investoren im süddeutschen Raum. Manche Einzeleigentümer haben sich damit finanziell übernommen, andere hatten möglicherweise von vorne herein keine Absichten in die Immobilie jemals zu investieren, sondern wollten nur kurzfristig die Mieteinnahmen und die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für sich nutzen. Als Ergebnis kam es in diesem Falle zu einem völligen Leerstand und zu einer völligen Verwahrlosung des Gebäudes bis hin zur Gefährdung von Leib und Leben durch herabstürzende Teile.
Damit sind die wichtigsten Gründe für die Entstehung von verwahrlosten Immobilien erklärt. Als nächstes muss untersucht werden, inwieweit die Folgen dieser Entstehung im Bezug zu Artikel 14 II GG eine Verletzung des Grundrechtes darstellen.
Die Konsequenzen von Schrottimmobilien für eine Stadt sind vielfältig. Sie stammen dabei aus verschiedenen Bereichen, wie Soziologie, Politik, Ökonomie, Raumplanung und Stadtentwicklung. Der Grund warum sie in einem Kapitel mit den Ursachen beschrieben werden liegt wie bereits erwähnt darin, dass die Folgen gleichzeitig auch Folgeursachen für weitere Schrottimmobilien darstellen können im Sinne eines Multiplikatoreffektes. Wenn in dem Artikel 14 II 2 GG der Anspruch erhoben wird, dass Eigentum auch dem Allgemeinwohl dienlich sein soll, dann sollen nun die negativen Folgen von verwahrlosten Immobilien aufgezeigt werden, um in einem weiteren Schritt herauszufinden, ob die hier dargestellten Sachverhalte wirklich einen Verstoß gegen das Grundgesetz beziehungsweise die im öffentlichen Baurecht konkretisierten Inhalte und Schranken darstellen.
Wie bereits vorausgehend angedeutet ist eine wesentliche Folge von Schrottimmobilien ein Imageverlust einer Stadt oder eines Stadtteils. Das Image einer Stadt ergibt sich zum großen Teil aus der gebauten Umwelt. Es bezeichnet die Popularität oder Beliebtheit eines Stadtgebietes. Hat eine Stadt oder ein Stadtteil ein gutes Image versuchen sich sowohl private Mieter, als auch Unternehmen an diesen Standorten anzusiedeln, da das eigene Image von diesem Standort profitieren kann. Grundsätzlich interagieren das Image einer Stadt und das Image eines Unternehmens oder eines privaten Haushaltes. Beide profitieren von einander oder beide leiden untereinander. Für ein Unternehmen ist es also wichtig an einem Standort angesiedelt zu sein von dessen Image es profitieren kann (Heeg 2008: 20). Ebenso kann dieses wohl auch für private Wohnungssuchende gelten, die ihren persönlichen Status ebenfalls durch ihren Wohnort mitdefinieren Diese Ansiedlungen wiederum bringen der Stadt Einkünfte aus Steuern, sowie zusätzliche Arbeitsplätze und einen Imagegewinn. Dort wo viel unternehmerische Tätigkeit angesiedelt ist, werden auch Arbeitsplätze geschaffen, die mit Ansiedlungen von Wohnungssuchenden verbunden sind. Leerstände können so also vermieden werden. Leidet ein Standort aber erst einmal an einem schlechten Image wird es schwer sowohl Unternehmer als auch private Mieter in ein Gebiet zu locken. Die Schrottimmobilien tragen als Teil der gebauten Umwelt einen wesentlichen Anteil am Image einer Stadt bei. Sie sind somit sowohl als Ursache für ein schlechtes Image, als wiederum auch als Folge eines schlechten Images zu behandeln. Schrottimmobilien können somit einen Beitrag dazu leisten, dass ein Standort unattraktiv erscheint und sich weniger Menschen und Unternehmen in diesem Gebiet ansiedeln und weitere Wohnungen leer stehen oder eventuell ein Mietpreisverfall stattfindet. So kann sich für eine Stadt eine Abwärtsspirale, die auch als „Trading-Down-Effekt“ bezeichnet wird ergeben (Weers-Heermanns 2007: 34). Im Falle eines Mietpreisverfalls kann sich allerdings auch eine weitere zusätzliche negative Folge ergeben, die in Kapitel 3.2.3 noch genauer erläutert werden soll.
Eng mit der Folge Imageverlust verknüpft aber auch darüber hinausgehend ist die negative Folge des erhöhten Kostenaufwandes für eine Stadt. Hier ist zunächst zu nennen, dass der mit dem Imageverlust verbundene Rückgang von Ansiedlungen zusätzliche Leerstände schafft und somit Steuerausfälle provoziert, was der Stadt rückläufige Einkünfte und geringere finanzielle Mittel verschafft. Hinzu kommt ebenfalls, dass marode Gebäude, zum Teil eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen und von der Stadt gesichert werden müssen, was ebenfalls mit einem erhöhten Kostenaufwand einhergeht.
Nicht zu vernachlässigen beim Thema erhöhter Kostenaufwand ist auch die Tatsache, dass bei dem Umgang mit Schrottimmobilien viele Entscheidungsträger und Mitarbeiter der Kommunen in langwierigen Prozessen beteiligt sind, was vor allem aus den im Zuge dieser Arbeit geführten Interviews hervorging und ebenfalls schon jetzt als Kritik an den Rechtsinstrumenten erwähnt werden kann. Diese Prozesse kosten der Stadt sowohl eine Menge Zeit, Personal und Geld.
Hinzugefügt sei, dass ebenfalls Kosten für die Allgemeinheit hinzukommen, die nicht mit Geld aufzuwiegen sind. So verursacht großräumiger Wohnungsleerstand, insbesondere wenn er dispers verteilt ist und sich nicht allein auf den Erdgeschossbereich beschränkt höhere Energieverbräuche und führt zu einer Erhöhung der CO2-Emmission pro Kopf (Bauer 2003: 641.) Dieses sind keine direkten monetären Kosten für die Stadt. Im Zuge des übergeordneten Zieles der Stadtplanung von nachhaltiger Entwicklung entstehen hier jedoch zusätzliche Umweltbelastungen, die man als nicht-monetäre Kosten mit aufführen muss und deren negative Auswirkungen über die einzelne Stadt hinausgehen.
Der Sachverhalt der Ghettoisierung kann mit dem in Kapitel 3.2.1 bereits angedeuteten Sachverhalt des Mietpreisverfalls einhergehen. Sie resultiert aus einer räumlichen Segregation, womit eine räumliche Abbildung sozialer Ungleichheit gemeint ist (Goldschmidt 2009: 19-21). Das bedeutet, dass beim Auftreten zunächst einzelner Schrottimmobilien und dem damit verbundenen Imageverlust, in erster Instanz die Mietpreise für Wohnungen in dem betroffenen Bereich sinken um die Wohnungen überhaupt noch mit Mietern belegen zu können. Auf diese Weise besteht aber die Gefahr, dass sich eine neue homogene Mieterstruktur bildet. Denn dort wo die Mietpreise sinken und Immobilien verwahrlosen, werden Menschen mit entsprechenden finanziellen Mitteln wegziehen. Wie bereits erwähnt bedingen sich Image einer Stadt und Image der dort angesiedelten Unternehmen und Anwohner gegenseitig. Ein Anwohner, der sich also dem Image einer Stadt aufgrund seines eigenen beruflichen und sozialen Status nicht angemessen fühlt wird diesen Stadtteil oder die Stadt verlassen. Einkommensschwache Gruppen, die von prekären Arbeitsverhältnissen oder auch Arbeitslosigkeit betroffen, also über eher geringe finanzielle Mittel verfügen, siedeln sich in diesen Gebieten dagegen an. Merkmale wachsender sozialräumlicher Differenzierung sind inzwischen charakteristisch für Städte mit hohem Wohnungsleerstand (Bauer, 2007: 642). Auf diese Weise entsteht eine sozialräumliche Segregation einkommensschwacher Gruppen die zu einer Ghettoisierung führen kann (Goldschmidt 2009: 21). Diese sozialräumliche Segregation oder auch Ghettoisierung ist dann mit mehreren Gefahren für die in diesen Bereichen lebenden Bewohner verbunden. So besteht die Gefahr, vollständig vom soziokulturellen Leben und sozialem Umfeld abgeschnitten zu werden, wenn jegliche Teilhabechancen wegfallen. Die Teilhabechancen werden durch die soziale Segregation verringert, was dazu führen kann, dass Perspektiven, Selbstbewusstsein und Ambitionen des Einzelnen verloren gehen können (Goldschmidt 2009: 23).
In den Experteninterviews wurde im Zuge dessen auch befürchtet, , dass sich in diesen Gebieten zum Beispiel Drogenkonsum und Straßenprostitution häuft, was das Gesamtproblem weiter verschärfen kann.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht entsteht aufgrund der damit eventuell verbundenen Beschaffungskriminalität dann ein weiterer Kostenfaktor, der ergänzend zu Punkt 3.2.2 genannt werden kann.
Als letzter zu nennender Punkt der negativen Folgen bleibt noch die direkte Gefahr von herabfallenden Bauteilen bei maroden Gebäuden zu nennen. Diese Folge tritt sozusagen erst im letzten Schritt der Verwahrlosung auf. Wenn ein Gebäude zum Beispiel so stark verwahrlost ist, dass Dachziegel drohen herunter zu fallen, besteht eine direkte Gefahr für Passanten verletzt oder gar getötet zu werden. Bei einer Bedrohung des öffentlichen Raumes und damit auch des Leibes oder des Lebens muss die Bauaufsichtsbehörde immer unmittelbar einschreiten. Dieses gilt sowohl für verwahrloste Immobilien, als auch bei etwaigen kurzfristigen Sturmschäden bei sonst intakten Gebäuden. In welchem Umfang aber dann eingeschritten werden muss und auch kann soll im Zusammenhang mit den Rechtsinstrumenten geklärt werden.
In Bezug auf das vorangegangene Kapitel soll nun geklärt werden, ob die Ursachen und Folgen einen Verstoß gegen den Artikel 14 II GG darstellen. Wie im zweiten Kapitel dieser Arbeit beschrieben, ist in diesem Falle das öffentliche Baurecht das konkretisierende Gesetz für diesen Artikel und regelt somit auch Inhalte und Schranken. Dem in Artikel 14 I GG gewährleisteten Recht auf Eigentum wird im öffentlichem Baurecht zum einem mit der Baufreiheit, zum anderen mit dem Bestandsschutz entsprochen (Finkelnburg & Ortloff 1998: 20). Die Baufreiheit gewährt dem Eigentümer das Recht, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen. Der Bestandsschutz berechtigt dazu, eine bauliche Anlage zu erhalten und zu nutzen, auch wenn dieses nach nunmehr geltendem Recht nicht mehr zulässig ist, schützt also vor behördlicher Anordnung der Beseitigung und vor Nutzungsuntersagung (Finkelnburg & Ortloff 1998: 20). Auch bei Verwahrlosung, also nicht mehr zulässiger Nutzung der Immobilie wird folglich Bestandsschutz gewährt. Dieser Bestandsschutz endet erst bei Abriss, Zerstörung oder Baufälligkeit. (Finkelnburg & Ortloff 1998: 20) Aufgrund dessen ist selbst aufgrund der eben beschriebenen vielfältigen negativen Folgen von verwahrlosten Immobilien also zunächst kein direkter Verstoß gegen die Einschränkungen der Baufreiheit und somit auch kein Verstoß gegen das Grundgesetz zu erkennen. Dieser Verstoß besteht erst bei einer Baufälligkeit des Gebäudes, also eventuell bei der zuletzt beschriebenen Folge, also der Gefahr für Leib und Leben. Sämtliche anderen beschriebenen negativen Folgen sind dann aber möglicherweise längst entstanden. Es besteht bis zum letzten Schritt der Verwahrlosung kein Zusammenhang zwischen Schrottimmobilien und der Aufhebung des Bestandsschutzes, auch wenn subjektiv eingeschätzt längst eine Schädigung des Allgemeinwohls vorliegt. Somit besteht auch bis zuletzt aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Enteignungsbefugnis im Sinne des Artikel 14 III GG. Auch die Gründe für eine aus § 85 BauGB mögliche Enteignung haben keinen direkten Bezug zu den zuvor beschriebenen negativen Folgen von Schrottimmobilien (vgl. § 85 BauGB). Genauso wurde es von sämtlichen befragten Experten der Städte eingeschätzt. Dennoch bietet das öffentliche Baurecht einige Einschränkungen, sowohl der Baufreiheit, als auch des Bestandsschutzes und stellt somit einige Rechtsinstrumente zur Verfügung. Bei all diesen Möglichkeiten wird jedoch ausdrücklich erwähnt, dass sie nicht als Enteignung verstanden werden können (Finkelnburg & Ortloff 1998: 223-24). Auch wenn die Schädigung des Allgemeinwohls also nicht direkt mit der Verwahrlosung von Immobilien verbunden werden kann und der Bestandsschutz das Vorgehen gegen Schrottimmobilien zunächst ausschließt, kann durch die Tatbestandsgrundlagen der einzelnen Rechtsinstrumente doch ein indirekter Bezug zum Verstoß gegen die Eigentumsverpflichtung hergestellt werden. Im folgenden sollen nun diese Rechtsinstrumente im Bezug auf ihre Effizienz und Effektivität untersucht werden.
Aufgrund der Tatsache, dass Schrottimmobilien mittlerweile zu einem flächendeckendem Problem herangewachsen sind, ist es nicht besonders bemerkenswert, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bereits reagiert hat und 2009 einen „Leitfaden zum Einsatz von Rechtsinstrumenten beim Umgang mit verwahrlosten Immobilien („Schrottimmobilien“) herausgegeben hat. Diese Tatsache kann als ein weiterer Beleg dafür gesehen werden, dass dieses Problem flächendeckend besteht. Dieser Leitfaden ist als Anleitung für den Einsatz von Rechtsinstrumenten bei Schrottimmobilien gedacht, die sich im Eigentum von Menschen befinden, die nicht willens oder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, diese Immobilien in einen insbesondere aus städtebau(recht)-licher, stadtentwicklungspolitischer, bauordnungsrechtlicher und denkmalschutzrechtlicher Sicht in einen hinnehmbaren Zustand zu versetzen. Bei Eigentümern, die kooperationswillig und -fähig sind, soll dagegen ein konsensualer Weg beschritten werden. Erst wenn die Mittel konsensualer Strategien ausgeschöpft wurden, soll auf hoheitliche Rechtsinstrumente zurückgegriffen werden. Das Bundesministerium hat es als notwendig empfunden, diesen Leitfaden zu erstellen, da der Einsatz dieser Rechtsinstrumente in der bisherigen Praxis nur einen geringen Stellenwert eingenommen hat (BMVBS & BBSR 2009: 1).
Nun bleibt zu klären, ob das Misslingen des Vorgehens gegen Schrottimmobilien bislang wirklich mangelnder Praxis geschuldet ist, oder ob die Rechtsinstrumente eventuell für die Praxis nicht hinreichend geeignet sind. Im folgenden werden daher die vom Bundesministerium vorgeschlagenen und im Gesetz verankerten möglichen Rechtsinstrumenten für Kommunen genauer dargestellt, und untersucht und aufgezeigt wodurch die Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen eingeschränkt werden und wo ihre Grenzen bestehen. Diese hoheitlichen Instrumente stammen aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Baurechts, nämlich Bauplanungsrecht, Bauordnungsrecht, und denkmalrechtlichen Eingriffsbefugnissen. Ein generelles Problem im Umgang mit verwahrlosten Immobilien stellt dabei die Vielfältigkeit der Sachverhalte und Ausgangspositionen dar, die sich zum Teil auch überlagern. Die stringente Bearbeitung solcher Fälle wird daher in der Praxis nahezu unmöglich (BMVBS & BBSR 2009: 1).
Die wechselseitigen Überlagerungen der Sachverhalte, sei es der Standort (Bsp.: Innenoder Außenbereich), die Art der Nutzung (Bsp. totaler Leerstand oder teilweiser Leerstand mit Restnutzung) oder der Grad der Verwahrlosung einer Immobilie erschweren die Wahl der geeigneten Rechtsinstrumente (BMVBS & BBSR 2009: 4-8).
An dieser Stelle der Arbeit wird letztendlich die Einschätzung der Experten von besonderer Relevanz sein, denn diese können einschätzen ob eine theoretisch mögliche Handhabe eines Rechtsinstruments auch wirklich eine praktische Relevanz aufweist.
Das Bauplanungsrecht ist in Deutschland unter anderem dafür vorgesehen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu erreichen und verschiedene Gemeinde- bzw. Stadtbereiche in unterschiedliche Richtungen zu lenken und dadurch „eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung zu gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln ( § 1 Absatz 5 BauGB). Hier heißt des ausdrücklich zum Wohle der Allgemeinheit, was den Bezug zum Grundgesetz herstellt, aber noch nicht genau definiert. Die Definition kann wohl nur aus den einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtsinstrumente des Bauplanungsrechtes abgeleitet werden.
Beim Thema der Arbeit „Eigentum verpflichtet“ mag einem als Gegenmaßnahme gegen verwahrloste Immobilien zuerst das Rechtsinstrument der Enteignung einfallen. Wie zuvor beschrieben, ist im Art. 14 Abs. 3 bereits verankert, das zum Wohle der Allgemeinheit enteignet werden kann. Angesichts der Strenge der tatbestandlichen Voraussetzungen im §85 BauGB und angesichts der Zurückhaltung der Kommunen handelt es sich bei der Ausübung dieser Maßnahme jedoch eher um eine Ausnahme (BMVBS & BBSR 2009: 19). Sie kann nur in Einzelfällen in Betracht gezogen werden, die einen Enteignungszweck nach § 85 BauGB betreffen. Bei diesen Enteignungszwecken besteht jedoch kein Zusammenhang zu verwahrlosten Immobilien. Lediglich der in Absatz 1 gegebene Zweck, entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes ein Grundstück zu nutzen oder für eine solche Nutzung vorzugeben (§ 85 Abs. 1 BauGB) scheint hier eine Handhabe zur Verfügung zu stellen. In diesen Fällen sind jedoch auch mildere Mittel, wie die in Absatz
Dafür müsste laut Expertenmeinung eine wirklich dringende Erforderlichkeit für das Allgemeinwohl als Rechtfertigung vorliegen, beispielweise ein Notstand in Form einer allgemeinen Wohnungsknappheit. In anderen Fällen ist immer nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach jegliches staatliches Handeln, in Hinblick auf den verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein muss (Pilz & Ortwein 2000: 22), zunächst ein milderes Mittel zu wählen.
Die Festlegung eines Städtebaulichen Sanierungsgebietes bietet der Stadt mehrere Möglichkeiten gegen Schrottimmobilien vorzugehen. In diesen Gebieten können Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die zur Behebung.
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Politik - Politische Systeme - Politisches System Deutschlands
Bachelorarbeit, 102 Seiten
Politik - Politische Systeme - Politisches System Deutschlands
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