Wissenschaftliche Studie, 2011
62 Seiten
1. Einleitung
2. Durchführung der Untersuchung
3. Stichprobenbeschreibung
4. Themenkomplex I - Fragen zum Sportverein
4.1. ANZAHL DER MITGLIEDER IM VEREIN
4.2. EINSPARTEN- ODER MEHRSPARTENVEREIN
4.3. MITGLIED IM LANDESSPORTBUND BRANDENBURG E.V
5. Themenkomplex II - Fragen zum Sportverein
5.1. THEMATISIERUNG „RECHTSEXTREMISMUS IM SPORTVEREIN“
5.2. HINWENDUNG ZU PROJEKTEN MIT DER THEMATIK
5.3. SCHULUNG DER MITGLIEDER
5.4. BEOBACHTUNGEN RECHTSEXTREMER VERHALTENSWEISEN
5.5. WICHTIGKEIT DES THEMAS IM VEREIN
5.6. TABUISIERUNG
5.7. INITIATIVEN ODER PROJEKTE
5.8. BETEILIGUNGSINTERESSE
5.9.DIALOG IM VEREIN
5.10. INITIATIVEN ODER PROJEKTE IM SPORTVEREIN
5.11. GEFÄHRDUNG BESTIMMTER SPORTARTEN
6. Themenkomplex III - Fragen zu möglichen Vorfällen mit rechtextremem Hintergrund im Sport
7. Themenkomplex IV - Zum Fortbildungsbedarf im Verein/bei Ihnen
8. Themenkomplex V - Fragen zur Statistik
8.1. IN WELCHEM LANDKREIS ODER IN WELCHER KREISFREIEN STADT LEBEN SIE?
8.2. GEHÖRT DER ORT ZUM ÄUßEREN ENTWICKLUNGSRAUM ODER ZUM ENGEREN VERFLECHTUNGSRAUM?
8.3. WIE VIELE EINWOHNER HAT DER ORT, IN DEM SIE LEBEN?
8.4. WELCHEN BERUFLICHEN STATUS HABEN SIE DERZEIT?
8.5. FUNKTION IM VEREIN
8.6. GESCHLECHT UND ALTER
8.7. BILDUNGSGRAD
9. Kommentare zu den Fragebögen
9.1. KATALOG DER KOMMENTARE AUF DEN FRAGEBÖGEN
10. Korrelationen, Mittelwerte und Kreuztabellen
11. Auswertung
12. Tabellenverzeichnis
13. Abbildungsverzeichnis
14. Literaturverzeichnis
15. Anhang
ANHANG 1 - STANDARDISIERTER FRAGEBOGEN
ANHANG 2- ANSCHREIBEN VEREINSAUSSENDUNG
Rechtsextreme Entwicklungen treten in allen gesellschaftlichen Bereichen auf, offen sichtbar oder in latenter Form. Auch in Sportvereinen und Sportverbänden sind diese Tendenzen erkennbar. Einzelfälle zeigen, dass die Sportstrukturen Anknüpfungspunkte für Rechtsextreme bieten. Decker und Brähler verdeutlichen in ihrer aktuellen Studie „Bewegung in der Mitte“, dass deutschlandweit durchschnittlich 40 Prozent der Bevölkerung rechtsextremen Items folgen würden. Rückt man das so genannte Neutralitätsgebot der Vereine in den richtigen Kontext und erkennt an, dass Sportvereine schon aufgrund des Organisationsgrades politische Körperschaften sein müssen, erkennt man, dass diese Ausprägungen mit Sicherheit auch in Sportvereinen auftreten. Das wird bei der Erörterung der Zusammensetzung des organisierten Sports umso deutlicher, wo von einer homogenen Gemeinschaft per se nicht ausgegangen werden kann. Zudem eröffnen vor allem große soziale Probleme besondere Chancen für das Wirken rechtsextremer Strukturen.
Sport ist nicht nur die schönste Nebensache der Welt, im organisierten Sport der Vereine und Verbände spiegeln sich alle gesellschaftlichen Probleme wider, so auch der Rechtsextremismus. Die Phänomene sind unterschiedlich und reichen vom Tragen der Trikotnummer 88 über rechtsextreme Fan-Ausschreitungen, die Übernahme von Ämtern in Vereinen wie das des Jugendtrainers oder Ordners durch Rechtsextreme bis hin zur Gründung von „eigenen Vereinen“. Da jeder fünfte Bundesbürger Mitglied in einem Sportverein ist und eine gute Infrastruktur besteht, sind die Inanspruchnahme der Sportangebote sowie die Nutzung der Kontakte und Netzwerke im Sport durch Rechtsextreme und Unterstützer aus "der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft" nicht unwahrscheinlich.
In der Regel kommen Vereine jedoch nicht auf externe Berater/innen zu, um bei den Mitgliedern der Beratungsnetzwerke einen Fall anzumelden. Im Gegenteil, die Berater/innen müssen sich mit einer sehr sportspezifischen Vorgehensweise ihren Beraterauftrag "erarbeiten".
Sportvereine setzen in einem hohen Maße auf Vertrauen. Dies zeigt sich auch bei der Vergabe von Ämtern und Aufgaben. Externen wird ungern Einblick ins System gewährt. Sportvereine verwechseln häufig politische mit parteipolitischer Neutralität. Auch dies ist eine Beratungsbarriere, die beachtet werden muss. Zusammengefasst lassen sich folgende fünf Gründe festhalten, die sicher auch den Anstoß für die Initiierung eines solchen Projektes liefern können:
- es gibt regelmäßig rechtsextrem motivierte Anlässe mit Sportbezug,
- der (organisierte) Sport wird taktisch durch rechtsextreme Gruppierungen genutzt,
- nicht nur Rechtsextremismus ist ein Thema im Verband und in den Sportvereinen, (Diskriminierung, Homophobie, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit)
- wir haben es vordergründig mit einem Einstellungsproblem zu tun,
- der (organisierte) Sport kann dieses Thema bearbeiten und ist in der Lage über seine Organisationsstrukturen zu sensibilisieren
Die erste bundesweite Studie zum Thema „Rechtsextremismus im Sport in Deutschland“ brachte hinsichtlich der Erscheinungsformen wenige neue Erkenntnisse. Die Studie fasst die Vorfälle verallgemeinert auf fünf Ebenen zusammen:
„Aufgrund der zusammengetragenen Daten kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass in den vergangenen Jahren zwar Fälle öffentlich wurden, in denen rechtsextreme Personen und/oder Gruppen im Sport in der Form aufgefallen sind, dass sie aktiv Sportvereine, Sportveranstaltungen und Wettbewerbe als Plattform für ihre politische Gesinnung und zur Agitation zu nutzen suchten, allerdings können keine Aussagen darüber getroffen werden, wie intensiv sich die tatsächliche Einflussnahme rechtsextremistischer Gruppen oder Personen im Sport darstellt bzw. wie gefährlich die Tendenzen eingeschätzt werden müssen.
Rechtsextreme Vorfälle lassen sich in folgenden Bereichen beobachten:
- eigene - neue - Vereinsgründungen durch Rechtsextreme / Zusammenspiel von Funktionären und Sportlern,
- ehrenamtliche Tätigkeiten innerhalb von Vereinen durch Rechtsextreme - als Trainer, Betreuer, Vereinsfunktionäre etc.,
- Tätigkeiten von Sponsoren und anderen Unterstützern,
- gezielte - schleichende - Infiltration von aktiven Sportlern in bestehende Vereine bzw. - Versuch aktiver Teilnahme an Wettbewerben,
- von Rechtsextremen organisierte Turniere mit Wirkung über diese Szene hinaus.“1
Auch im Land Brandenburg finden wir eine Reihe von Fällen, die sich in diese Liste einfügen lassen. Der Autor gibt eine Auswahl der Anlässe hier anonymisiert und als Stichpunkte wieder:
- überwiegend rechtsextreme Spielbesucher von Fußballspielen treten aggressiv, gewalttätig, auch politisch motiviert bei Heim- und Auswärtsspielen vor allem im Amateurbereich auf,
- Ordner im Fußballstadion gehören der rechtsextremen Szene an,
- Versuch des Sponsorings einer Jugendfußballmannschaft bzw. Mitarbeit auf Funktionärsebene durch ein Mitglied einer rechtsextremen Partei,
- Sportfeste werden selbst organisiert oder es findet eine Teilnahme an Sportveranstaltungen/Fußballturnieren statt,
- Anmietung von Vereinsanlagen/Clubräumlichkeiten zur Veranstaltung von Freizeitcamps durch die mittlerweile verbotene „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ),
- Mitgliedschaft von bekannten Rechtsextremen im Sportverein ohne gezielte Beeinflussungsversuche,
- eigene Vereins-/Clubgründungen,
- Teilnahme von rechtsextremen Gruppen am örtlichen Spielbetrieb.
Weitere interessante Fälle im Bereich des Sports bietet der aktuelle Verfassungsschutzbericht und auch der der Vorjahre. Die Auflistung der Fälle ist hierbei nicht anonymisiert. Für die tägliche Arbeit als Berater von Sportvereinen ist Anonymität natürlich essentiell. Sowohl die Sportfachverbände als auch die Landessportbünde weisen vielfach darauf hin, dass innerhalb ihrer Sportverbände bisher keine oder wenig Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund stattgefunden haben bzw. dass dieses Thema innerhalb ihres Verbandes keine Rolle spielt. Hierbei drängt sich der Eindruck auf, dass die Sensibilisierung für das Thema weder das Gros der Vereine noch der Verbände als übergeordnete Instanzen erreicht hat. Als zusätzliches Problem ergibt sich, dass viele Vereine bei Vorfällen mit rechtsextremem Hintergrund nicht an übergeordnete oder externe Stellen mit Hilfegesuchen herantreten, sondern interne Lösungen suchen, die ein Publikmachen verhindern. Letztlich kann festgehalten werden, dass die meisten Sportvereine für ihre Arbeit keine Veranlassung sehen, sich mit Rechtsextremismus zu beschäftigen. Diese Auflistung zeigt auch die Schwierigkeit auf, Sportvereine als zivilgesellschaftliche Akteure zu aktivieren.
Denn es :
- herrscht weiterhin große Unsicherheit im Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus im Sportverein,
- besteht die Angst vor einem (berechtigten) Image- und Mitgliederverlust nach Bekanntwerden eines Vorfalles,
- wird als Thema für Sportvereine fast nicht wahrgenommen und
- wird unter Hinweis auf das Gebot der politischen Neutralität des Sports fälschlicherweise angenommen, der Sport sei unpolitisch.
Um uns den Möglichkeiten in der Arbeit im Umgang mit rechtsextremen Strukturen im Sport zu nähern, ist zunächst eine kritische Reflexion der sozialen und präventiven Funktionen des Sportes angebracht. Sowohl Chancen als auch Gefährdungen sind dem Sport immanent, was das Konzept der Kultur des Sports versus Sportkultur von GRUPE und PILZ ausdrückt.
Denn das Hervorheben der bildenden, erzieherischen, präventiven Bedeutung des Sports verdeckt andererseits aber auch dem Sport immanente Problemfelder der Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, der rücksichtslosen Interessendurchsetzung und Gesundheitsgefährdung.
Die folgende Darstellung verdeutlicht die Janusköpfigkeit des Sports insgesamt, woraus das oben genannte Konzept problemlos abgleitet werden kann.
Abbildung 1: Janusköpfigkeit des Sports2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es muss hier zwischen den zwei Seiten der möglichen Ausprägungen unterschieden werden. Sportkultur meint die Ebene, die der Sport zwischen seinen positiven wie negativen, in seinen kulturellen wie kultischen Ausformungen, inklusive Erscheinungen wie Doping, Gewalt und auch Diskriminierung verkörpert. Kultur des Sports hingegen meint Werte und Ideen des Sports, die bewahrt, befolgt, realisiert werden sollten, zum Beispiel Fairness, Gemeinschaft und Solidarität. Hier wird Kultur als normative Setzung verstanden. Sporttreiben ist jedoch nicht per se erzieherisches, soziales, faires, kameradschaftliches Handeln. Vielmehr ist es Aufgabe des Sports darauf hinzuwirken, dass diese im Sport angelegten Werte und Ideale realisiert werden.
Chancen und Grenzen des organisierten Sports im Umgang mit dieser Thematik können in einer weiteren Ebenenbetrachtung der personalen, organisatorischen und gesellschaftlichen Stufe zugeordnet werden. Angelika Ribler3 und ich haben diese Ebenen analysiert und sind zu einer Reihe von Möglichkeiten gelangt, um innerhalb der Sportstrukturen Anknüpfungspunkte zu suchen:
- etwa jeder fünfte Bundesbürger treibt Sport im Verein. Allerdings trifft man (nicht nur) hier auf ein Ost-West Gefälle. Der Organisationsgrad liegt derzeit in Westdeutschland bei ca. 32 Prozent, während in Ostdeutschland durchschnittlich nur knapp 14 Prozent in einem Sportverein gemeldet sind. Diese Struktur bietet einen hervorragenden Rahmen für die universalistische Herangehensweise im Sportverein.
- In jedem Dorf gibt es, neben der oft vorhandenen Feuerwehr, mindestens einen Sportverein. Dies bietet Organisationsstrukturen und damit Schnittmengen auch in ländlichen Gebieten mit geringer Einwohnerzahl.
- Wir haben es mit vorwiegend ehrenamtlichen Strukturen zu tun, die personenorientiert arbeiten. Nicht selten funktionieren Sportvereine aufgrund des Engagements einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe von Menschen. Es gilt für den Berater deshalb den oder die Protagonisten zu finden und zu aktivieren. Sicher kann diese Situation auch nachteilig wirken.
- Der Sport nimmt bereits gesellschaftliche Aufgaben wahr. Zudem ist es „Mainstream“ sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Die lokalen Aktionspläne über das Bundesprogramm sind dabei wichtige Bausteine zur Akquisition von Projektmitteln. - Es findet Bezug nehmend auf das Konzept der Kultur des Sports im Bereich der Primärprävention eine Wertevermittlung statt. Diese ist im Idealfall mit der Entwicklung von Persönlichkeitswerten, sozialer Kompetenz und Teamverständnis verbunden.
- Trainer sind Bezugspersonen. Dies bietet vielfältige Chancen für die Beratungsarbeit.
Aus dieser Betrachtung ergeben sich ebenso viele Grenzen, die dem organisierten Sport immanent sind:
- Sportvereine sind ein Spiegel bzw. sogar Brennglas der Gesellschaft. Pilz spricht hier sogar von einer Parabolspiegelfunktion, der die Problemlagen reflektiert.
- Gefahr der Überforderung von Ehrenamtlichkeit. Trainer und Übungsleiter sind keine Sozialarbeiter und können diese Funktion selbstverständlich nicht ausfüllen.
- Heterogenität von Einstellungen: Sportvereine sind keine homogenen Gebilde.
- Erklärungen gegen Extremismus / für Demokratie sind oft nicht trennscharf genug. Ebenso ist die Vorstellung vom „Rechtsextremismus“ oft diffus.
- Das Neutralitätsgebot wird vorgeschoben.
- Rollentrennung zwischen „Privatperson“ und „Amt/Funktion“.
- Soziale Nähe - Sportvereine agieren wie Dörfer.
- Befürchtungen das Thema Rechtsextremismus/Rassismus offensiv aufzugreifen. Dies wurde bereits hinreichend erläutert.
Es geht demnach einzig darum Protagonisten zu lokalisieren und diese in ihrer demokratischen Gesinnung zu stärken und gleichzeitig ein Empowerment bedrohter Personengruppen vorzunehmen.
Für die Betrachtung von Sportvereinen als zivilgesellschaftliche Akteure bietet sich die Unterscheidung in die Bereiche Primärprävention, Früherkennung und Intervention an.4
Es ist erforderlich in allen drei Bereichen mit Sportvereinen zu agieren. Während der Hauptteil der Arbeit in der primären Prävention stattfindet, etwa durch Sensibilisierung für das Thema, Werteklärungen oder Schulungsmaßnahmen, spielt die Früherkennung ebenfalls eine wichtige Rolle für die Beratertätigkeit. Entsprechend der vorangegangenen Grafik ist in diesem Bereich durch die Beobachtung bzw. Wahrnehmung von rechtsextremen Tendenzen die Möglichkeit vorhanden, Handlungsenergie zu erzeugen. Interventionsmaßnahmen treten dann beim Vorhandensein rechtsextremer Vorfälle in den Vordergrund. Es gilt die Vereine dabei professionell zu begleiten. Die Maßnahmen in den einzelnen Bereichen sind selbstverständlich unterschiedlich, weisen allerdings Schnittmengen zueinander auf.
Von einer strukturellen Verankerung des Themenkomplexes Rechtsextremismus im organisierten Sport als Querschnittsaufgabe und einer kontinuierlichen Hinwendung und Bearbeitung durch hauptamtliche Mitarbeiter kann derzeit in Deutschland nur partiell gesprochen werden. Gute Ansätze hierfür gibt es jedoch in Brandenburg, Hessen, Thüringen und Niedersachsen. Ebenfalls hat die Implementierung des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des Bundesinnenministeriums neue Impulse in Ostdeutschland in den Sportstrukturen gesetzt. (Förderperiode 2011 bis 2013)
Solange ein Verein jedoch innerhalb seiner Strukturen keine Gefahr durch Rechtsextremismus sieht oder benennt, wird er auch keinen Bedarf für mögliche Schulungen, Beratung etc. anmelden. Die Sensibilisierung für das Thema innerhalb der Sportstrukturen erfordert eine kontinuierliche Herangehensweise.
Das Ziel der Erhebung war es, eben diesen Grad der Sensibilisierung empirisch zu ermitteln. Die Erhebung fand in Zusammenarbeit mit dem Landessportbund Brandenburg e.V. und der Universität Potsdam statt. Sie entstand im Rahmen des Promotionsverfahrens des Autors und ist daher ein Auszug aus der Dissertation. Großer Dank geht an Frauke Postel, die beratend die einzelnen Arbeitsschritte kritisch begleitet und qualifiziert hat.
Die Standardbefragung zur Erhebung einer Situationsanalyse Sport und Rechtsextremismus im Land Brandenburg innerhalb des organisierten Sports wurde im Zeitraum zwischen Oktober 2009 und Januar 2010 durchgeführt. Der standardisierte Fragebogen wurde der Aussendung der Bestandserhebungsbögen des Landessportbundes beigelegt, das heißt in aller Regel hat der Vereinsvorstand beziehungsweise der Vorsitzende oder die Vorsitzende diesen standardisierten Fragebogen erhalten. Insgesamt wurden 2.917 Fragebögen an die Vereine im Land Brandenburg versendet. Vorteil dieser Aussendungsvariante war das Erreichen vieler Sportvereine im Land. Als großer Nachteil an dieser Methode erwies sich, dass noch weitere Unterlagen gleichzeitig mit dieser Aussendung versendet wurden und der Fragebogen möglicherweise weniger Beachtung fand. Insgesamt sind 283 Rückläufer zu verzeichnen. Der letzte Fragebogen erreichte mich am 23.02.2010. Das entspricht einer Rückläuferquote von 9,71 %. Diese fast 10 % Rückläuferquote beinhaltet, dass die Befragungen insgesamt als repräsentativ für die Sportvereine im Land Brandenburg anzunehmen sind. Der Fragebogen bestand aus insgesamt 15 Fragen (siehe Anlage). Die Fragen waren in verschiedene Themenkomplexe gegliedert:
Komplex I - Fragen zum Sportverein;
Komplex II - Fragen zum Sensibilisierungsgrad im Verein;
Komplex III - Fragen zu möglichen Vorfällen mit rechtsextremem Hintergrund im Sport;
Komplex IV - Fortbildungsbedarf im Verein;
Komplex V - statistische Angaben zur Person.
Im Anhang des Fragebogens bestand die Möglichkeit den Namen und die E-Mail-Adresse anzugeben, um später als möglicher Experte für ein persönliches Interview zur Verfügung zu stehen beziehungsweise um weitere Informationen zum Projekt "Verein(t) gegen Rechtsextremismus im Sport“ zu erhalten. Weiterhin war es möglich Kommentare, Anregungen, Wünsche oder Erfahrungen in einer Box zu hinterlegen. Dieser Bereich für Statements wurde auch ausgiebig genutzt. Hierzu später in der Analyse. Bei den meisten Fragen war nur eine Antwort zulässig und es konnte auch nur ein Kästchen angekreuzt werden. Bei Frage 7 (Gab es nach Ihrem Kenntnisstand Vorfälle mit organisiertem rechtsextremem Hintergrund in Ihrem sportlichen Umfeld?) war es möglich, zwischen verschiedenen Fallklassifizierungen zu wählen und diese auch kumuliert anzukreuzen. Bei Frage 8 (Zu welchen Fortbildungsbereichen sehen Sie in ihrem Verein/Verband Bedarf?) war es ebenfalls möglich, mehrere Bereiche anzugeben.
Insgesamt wurden die Antworten von 283 eingegangenen Fragebögen erfasst. Es wurde somit eine Fallzahl erreicht, die statistisch zuverlässige Aussagen zulässt. Die Auswertung von 275 gültigen Fragebögen ist die Grundlage für den vorliegenden Bericht.
270 der 275 gültigen Fragebögen kamen von Sportvereinen aus dem Land Brandenburg. Nur
3 Rückläufer kamen von einem Fachverband beziehungsweise 2 von einem Kreis- oder Stadtsportbund.
Tabelle 1: Welchen Status hat Ihre Institution?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Insgesamt 88,4 % der Rückläufervereine haben eine Mitgliederzahl bis zu 300 Mitgliedern. Nur etwas über 10 % liegen über dieser 300er Marke an Mitgliedern, das heißt wir haben es bei den befragten Vereinen überwiegend mit kleinen und mittleren Vereinen aus dem Land Brandenburg zu tun, die ihre Meinung zum Thema in Form des Fragebogens abgegeben haben. Dieses Ergebnis spiegelt auch die Vereinsentwicklung insgesamt wieder. Es gibt in der Regel in den Kreisen und Stadtsportbünden kleine Vereine, mit niederen Strukturen. Großvereine werden nur vereinzelt registriert.
Tabelle 2: Anzahl der Mitglieder im Verein
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Anzahl der Mitglieder im Verein
59 % der befragten Vereine waren Einspartenvereine, 41 % Mehrspartenvereine mit mehreren Abteilungen im eigenen Verein. Die Sportarten, die im Verein betrieben werden, waren überwiegend der Fußballsport, Triathlon, und auch viele Kampfsportler. Hinzu kommt in Einzelnennung fast das komplette Spektrum der Sportangebote im Land Brandenburg von Handball über Gymnastik bis hin zu Judo, Inline-Hockey, Kegeln, Sportschiessen, Tischtennis oder auch Radsport. Bemerkenswert viele Volleyballvereine finden sich in dieser Statistik zudem wieder.
98,9 % der befragten Vereine sind Mitglied im Landessportbund, drei gaben an nicht Mitglied im Landessportbund zu sein, zwei Antworten waren fehlend. Das ist verwunderlich, denn die Standarderhebung wurde nur an Vereine aus dem Landessportbund gesendet, weshalb eigentlich anzunehmen war, dass alle Vereine, die sich zurückmelden, auch Mitgliedsverein im Landessportbund Brandenburg e.V. sind.
Tabelle 3: Mitglied im Landessportbund Brandenburg e.V.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bei den folgenden 9 Unterfragen, zusammengefasst unter Frage 4, sollte nun erfasst werden, inwieweit der Sensibilisierungsgrad im Verein bereits ausgeprägt ist. Dies sollte geschehen über Zustimmung beziehungsweise Ablehnung zu bestimmten Aussagen. Die Skala reichte von "ich stimme voll zu“, eher nicht zu“ bis hin zu „gar nicht zu".
Zunächst wurde nachgefragt, ob das Thema „Rechtsextremismus im Sport“ diskursiv bei den Sportvereinen eine Rolle spielt. Der überwiegende Teil, nämlich fast 90 %, sagten hierbei aus, dass das Thema Rechtsextremismus in ihrem Sportverein eher weniger oder eine untergeordnete Rolle spielt, beziehungsweise überhaupt nicht thematisiert wird. Nur knapp 11% gaben an, dass es darüber Gespräche oder einen Austausch im Verein gibt.
Tabelle 4: In unserem Verein spielt das Thema Rechtsextremismus eine Rolle.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: In unserem Verein spielt das Thema Rechtsextremismus eine Rolle.
Ob sich der Verein gern solchen Projekten widmet, sollte in der nächsten Frage eruiert werden. Wiederum der überwiegende Teil sagte hier aus, dass sie sich eher weniger solchen Projekten widmen beziehungsweise gar nicht widmen möchten. Diese Aussage trifft auf 71 % der befragten Vereine zu. Aber an dieser Statistik sieht man, dass auch Sportvereine unter den Befragten waren, nämlich insgesamt 68 Sportvereine, die sich gern Projekten zu diesen Inhalten wie dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen würden.
Tabelle 5: In unserem Verein widmen wir uns gern Projekten zu diesem Inhalt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: In unserem Verein widmen wir uns gern Projekten zu diesem Inhalt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die nächste Frage sollte sichtbar machen, ob sich der Verein seinen Mitgliedern verpflichtet fühlt, sie regelmäßig zum Thema Rechtsextremismus zu schulen. Nicht überraschend ist die Antwort oder sind die Antworten: Der überwiegende Teil sagt, dass zu diesem Thema keine Schulungen im Sportverein durchgeführt werden beziehungsweise es in keiner Form in der Ausbildung enthalten ist. Lediglich 16 Vereine gaben hier an, mehr Schulungen zur Thematik durchzuführen beziehungsweise nur drei teilten mit, dass es regelmäßig Schulungen zur Thematik Rechtsextremismus gibt.
Tabelle 6: In unserem Verein Verband KSB SSB werden die Mitglieder regelmäßig zur Thematik geschult.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: In unserem Verein Verband KSB SSB werden die Mitglieder regelmäßig zur Thematik geschult.
Interessant ist die nächste Tendenzaussage zur Feststellung „In unserem Verein beobachten wir rechtsextreme Verhaltensweisen beziehungsweise rassistische diskriminierende Äußerungen“, was zwei verschiedene Sachverhalte darstellt, wobei rechtsextreme Verhaltensweisen in aller Regel rassistische oder diskriminierende Äußerungen beinhalten. 57,2 % der hier befragten Vereine stimmen gar nicht zu, das heißt, sie haben bislang in ihrem Verein keinerlei rechtsextreme Verhaltensweisen erkennen können. Knapp 20 % stimmen eher nicht zu, was heißen würde, dass es bei der absoluten Zahl von 56 Sportvereinen wohl bislang nicht zu sichtbaren rechtsextremen, rassistischen, diskriminierenden Verhaltensweisen im Verein gekommen ist, es aber durchaus möglich sein könnte. Rund 20 % stimmen dieser Aussage eher zu beziehungsweise stimmen dieser Aussage voll zu und erkennen an dieser Stelle an, dass es in ihrem Verein bereits rechtsextreme Verhaltensweisen gegeben hat, beziehungsweise rassistische oder diskriminierende Äußerungen in welcher Form auch immer registriert wurden.
[...]
1 Pilz, Gunther A. & Co.: Rechtsextremismus im Sport und im internationalen Vergleich, 2009 (Kurzfassung)
2 Quelle: Prof. Stephan Bundschuh, eigene Darstellung
3 Angelika Ribler ist Projektleiterin der Sportjugend Hessen und mit dem Projekt „Mobile Interventionsteams gegen Rechtsextremismus im Sport“ betraut.
4 Vgl. Ribler, Angelika: Vortragsskript 28.03.2009, Fachtagung der Deutschen Sportjugend in Hannover.
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