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Bachelorarbeit, 2009
46 Seiten, Note: 3,0
1 Einleitung
1.1 Theoretischer Unterbau
1.2. Gliederung der Arbeit
2 Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika
2.1 Der US-Präsident
2.1.1 Das Amt des Präsidenten
2.1.2 Aufgaben des Präsidenten
2.1.3 Die Wahl des Präsidenten
2.2 Das US-Repräsentantenhaus
2.2.1 Darstellung des Repräsentantenhauses
2.2.2 Aufgaben des Repräsentantenhauses
2.2.3 Die Wahlen zum Repräsentantenhaus
2.3 Der US-Senat
2.3.1 Darstellung des Sentas
2.3.2 Aufgaben des Senats
2.3.3 Die Wahlen zum Senat
2.4 Bezug zur Vetospielertheorie
3 Divided Government
3.1 Begriffsdefinition
3.2 Historische Beispiele für das Divided Government
3.3 Gründe für das Zustandekommen des Divided Government
3.3.1 Verfassungsrechtliche/strukturelle Gründe
3.3.2 Historische Gründe
3.3.3 Realpolitische Gründe
4 Die formellen und informellen Machtmittel des US-Präsidenten
4.1 Definition der Macht
4.2 Formelle Machtmittel des US-Präsidenten
4.3 Informelle Machtmittel des US-Präsidenten
5 Abschließende Bewertung
6 Literaturverzeichnis
Das wissenschaftliche Interesse an den Vereinigten Staaten von Amerika, kurz: den USA, reißt nicht ab. Spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges gelten die Vereinigten Staaten von Amerika, trotz eines relativen Abstiegs zu Beginn des 21. Jahrhunderts, als mächtigste Nation unseres Planeten (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 11). Allein die militärische Dominanz der Vereinigten Staaten, basierend auf modern ausgerüsteten Streitkräften, die weltweit und simultan agieren können, ist in der Geschichte der Menschheit beispiellos. Sie bleibt unangefochten. Doch auch auf den Gebieten Wirtschaft und Wissenschaft gehören die USA weltweit zu den führenden Nationen (vgl. Hartmann 2005: 24). Sie gelten in vielen ökonomischen Teilbereichen als Schrittmacher und als Vorbild. Hinzu kommt es durch mediale Verbreitung, insbesondere durch Film und Fernsehen der Marke Hollywood, zu einer globalen Präsenz US-amerikanischer Kultur und Werte (vgl. Singh 2003: 2), die gemeinhin auf das Attribut westlich reduziert werden. Die USA sind global bekannt, jeder Erdenbürger kennt sie, oder meint sie zumindest zu kennen, und besitzt eine Meinung in Bezug auf sie, sei sie positiver oder negativer Natur.
Nirgendwo kulminiert diese Macht in den Augen zahlreicher Bürger weltweit mehr, als in der Figur des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Er gilt gemeinhin als zentraler Akteur innerhalb der US-amerikanischen Politik und wohl auch auf der Weltbühne. Ein Blick in die hiesigen Medien unterstreicht diesen Eindruck. „Der mächtigste Mann der Welt“ (www2) titelt das Hamburger Abendblatt. Auch die überregionale Zeitung Die Zeit macht da keine Ausnahme und erklärt geradezu beiläufig in einem Bericht über den Besuch von Präsident Barack Obama in Istanbul „wie der mächtigste Mann der Welt demutsvoll seine Schuhe auszieht“ (www1). Diese Bezeichnung bleibt nicht auf deutsche Medien beschränkt. Auch die Onlineplattform der britischen Zeitung Daily Mail bezeichnete den US-Präsidenten als „the world´s most powerful man“ (www3).
An diesen drei exemplarisch ausgewählten Beispielen dürfte deutlich werden, wie sehr sich diese Titulierung schon im öffentlichen Bewusstsein der Medien und damit auch im Bewusstsein der Bürger verankert hat. In der Wissenschaft wurde jedoch festgestellt, dass diese Darstellung stark verkürzt ist (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 67). Der US-amerikanische Präsident, gegenwärtig ist dies Barack Hussein Obama, vereint beileibe nicht jegliche Macht des US-amerikanischen politischen Systems auf sich, sondern muss sich diese mit anderen politischen Institutionen teilen. Zuvorderst natürlich mit den beiden legislativen Kammern: dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Denn basierend auf ihren Erfahrungen mit dem britischen König hatten die Gründerväter der Vereinigten Staaten die Machtkonzentration auf eine Person zu verhindern versucht und teilten Kompetenzen auf unterschiedliche Institutionen auf. Beispielsweise wäre hier der Umstand zu nennen, dass der Präsident rein formal keine legislativen Kompetenzen besitzt. Hinzu kommen unterschiedliche Wahlmodi und –perioden für die einzelnen Institutionen.
Vor allem die unterschiedlichen Wahlperioden für die verschiedenen US-amerikanischen Institutionen können zu einer politischen Konstellation führen, die für den zumeist parlamentarisch orientierten Europäer ungewohnt, ja geradezu befremdlich sein kann. Es geht um den für einen Bürger der Bundesrepublik Deutschland unvorstellbaren Zustand, dass Staatsoberhaupt und Regierungschef nicht auf eine stabile Regierungsmehrheit im Parlament bauen können. Vereinfacht ausgedrückt: Staatsoberhaupt/Regierungschef (was der US-Präsident in Personalunion ist) und Mehrheitsfraktion im Parlament entstammen nicht der gleichen Partei. Dies wird von US-amerikanischen Politikern, Politikwissenschaftlern und Kommentatoren als Phänomen des Divided Government bezeichnet. Divided Government zwingt den US-Präsidenten zu einer ganz neuen Art der Verfolgung eigener politischer Ziele und zu einem veränderten Verhandlungsstil mit dem Kongress. Eigene legislative Ambitionen werden erschwert und gleichzeitig gilt es, sich mit möglicherweise unliebsamen Gesetzesvorlagen der Oppositionspartei auseinanderzusetzen und sogar unter Umständen zu versuchen, diese zu verhindern. Aber was sind überhaupt die Ursachen eines Divided Government ? Was sind mögliche formelle und informelle Mittel der Macht, mit denen der US-Präsident seine eigenen Ziele auch gegen die augenscheinliche Mehrheit in einer der Kongresskammern durchsetzen könnte? Es wird das Ziel dieser Bachelor-Thesis sein, diese Fragen zu beantworten.
Wieso, so mag man sich fragen, ist überhaupt eine Beschäftigung mit dieser Thematik von Nöten? Wurde das US-amerikanische Regierungssystem nicht schon zur Genüge in der politikwissenschaftlichen Literatur dargestellt? Mitnichten. Es hat sich im Zuge der Recherchen gezeigt, dass gerade die deutschsprachige politische Wissenschaft bisher dem Divided Government nicht die Aufmerksamkeit hat zukommen lassen, die eigentlich angemessen wäre. Eine deutsche Monographie, welche sich nur mit diesem einen Themenkomplex beschäftigt, ist derzeit nicht verfügbar. Immerhin, auch dies wird diese Arbeit aufzeigen, war gerade in der jüngeren Vergangenheit das Divided Government nicht die Ausnahme in der US-amerikanischen Politik, sondern eher die Regel. Derzeit gibt es trotz der Präsidentschaft des Demokraten Barack Obama und der demokratischen Dominanz in beiden Häusern des Kongresses keinen Grund für die Annahme, dass sich diese Konstellation nicht wieder in der Zukunft wiederholen wird. Im Gegenteil, der US-amerikanische Bürger wird möglicherweise auch in der Zukunft eine Affinität zur Machtteilung zeigen. Die Ursachen dieser Affinität sollen ebenfalls in dieser Arbeit beleuchtet werden.
Bei der Beschäftigung mit einem Thema, in dem es um die Blockademöglichkeiten verschiedener Akteure innerhalb eines politischen Systems sowie deren Überwindung geht, bietet sich die Arbeit mit der Vetospielertheorie an. Zudem fokussiert sich die Vetospielertheorie auf den innenpolitischen Gesetzgebungsprozess (vgl. Tsebelis 2002: 283), der auch in dieser Arbeit eine gewichtige Rolle spielt. In aller Kürze soll nun die Vetospielertheorie dargelegt werden.
Die Theorie des amerikanisch-griechischen Politkwissenschaftlers George Tsebelis ist zwar noch recht jung, stieß jedoch auf erhebliche Resonanz. Wissenschaftler wie Jakob Kaiser bezeichneten diese gar als „bahnbrechend“ (Abromeit/Stoiber 2006: 63). Seinen Reiz erhält die Theorie neben ihrer Einfachheit auch dadurch, dass diese laut Tsebelis auf alle politischen Systeme anwendbar ist, gleichgültig ob es sich dabei um parlamentarische, präsidentielle oder semi-präsidentielle Demokratien handelt (vgl. Tsebelis 2002: 2). Inhaltlich beschäftigt sich die Vetospielertheorie mit der Frage nach den Chancen für einen politischen Wandel bzw., im Umkehrschluss, nach den Bedingungen von Policy-Stabilität. Es geht um die Beweglichkeit und Unbeweglichkeit von Politik.
Grundlegend sind institutionelle (z.B. Staatsoberhäupter, Parlamente) und parteipolitische (Parteien, Koalitionen) Vetospieler zu identifizieren (vg. ebd.: 2), die im legislativen und politischen Prozess eine wichtige Rolle spielen. Nur durch Zustimmung aller dieser Vetospieler kann ein Politikwechsel erfolgen (ebd.: 19). Tsebelis arbeitet dabei mit dem Begriff des winset. Dieser bezeichnet eine Art Konsensbereich, also die Schnittmenge politischer Zielvorstellungen, mit denen alle beteiligten Akteure einverstanden sind (vgl. Abromeit/Stoiber 2006: 64). Je größer das winset, desto höher die Chance einer Einigung durch die Vetospieler. Dabei hängt das Potential eines Politikwechsels von drei Faktoren ab: die Zahl der Vetospieler, ihre Kongruenz sowie ihre interne Kohärenz.
Je größer die Anzahl der Vetospieler, desto kleiner wird das winset für den Politikwechsel (vgl. Tsebelis 2002: 25). Je geringer die Übereinstimmung der Positionen zwischen den Vetospielern zu den in Frage kommenden Themen , umso kleiner wird das winset (vgl. ebd.: 30ff). Je größer die interne Kohäsion der kollektiven Vetospieler, desto effektiver können sie ihr potenzielles Veto gegen die Veränderung des Status quo umsetzen.
Dieser Arbeit wird die Vetospielertheorie zugrunde liegen und immer wieder darauf rekurrieren. Am interessantesten dürfte die Vetospielertheorie im vierten Kapitel werden, wenn es um die Möglichkeiten des US-Präsidenten geht, die eigenen politischen Interessen gegenüber den anderen Vetospielern durchzusetzen.
Methodisch ist diese Bachelor-Thesis in mehrere Kapitel und Abschnitte gegliedert, um sich dem Forschungsthema angemessen nähern zu können. Nach der obligatorischen Einleitung sollen im zweiten Kapitel die Grundlagen für das Verständnis des US-amerikanischen Regierungssystems geschaffen werden. Nacheinander werden hier die politischen US-Institutionen Präsident, Repräsentantenhaus und Senat vorgestellt. Diese Institutionen werden hinsichtlich ihrer Bedeutung im US-amerikanischen politischen Prozess eingeordnet und ihre wesentlichen Kompetenzen skizziert. Auch wird hier auf die einzelnen Wahlmodi eingegangen werden.
Nachdem die wesentlichen Mechanismen des politischen Systems dargestellt wurden, wird im dritten Kapitel die Konstellation des Divided Government eingehender beleuchtet. Nach einer Definition des Begriffs werden Beispiele aus der Geschichte der Vereinigten Staaten für die Existenz des Divided Government genannt. Das dritte Kapitel soll mit einer Untersuchung abgeschlossen werden, wieso es überhaupt in den Vereinigten Staaten so gehäuft zu dieser politischen Konstellation kommt.
Dem zugrunde liegenden Forschungsthema wird sich schließlich schwerpunktmäßig im vierten Kapitel gewidmet werden. Im Anschluss an den Versuch einer griffigen Definition des Begriffs der Macht sollen nacheinander die formellen und informellen Mittel untersucht werden, die dem US-Präsidenten zwecks Machtdurchsetzung zur Verfügung stehen.
Abgeschlossen wird die Bachelor-Thesis durch eine Schlussbewertung. Hier werden die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit durch den Autor noch einmal zusammengefasst und mögliche Forschungsleitfragen für die Zukunft aufgeworfen.
In diesem zweiten Kapitel wird dezidiert auf die politischen Institutionen eingegangen werden, die für das Verständnis des Divided Government eine Rolle spielen: der Präsident der Vereinigten Staaten sowie die beiden Häuser des Kongresses, das US-Repräsentantenhaus und der US-Senat. Die Aufgaben dieser drei Institutionen werden ebenso beleuchtet wie ihre Stellung in der Hierarchie des politischen Systems der USA. Auch soll näher auf die unterschiedlichen Wahlmechanismen der einzelnen Institutionen eingegangen werden, die wiederum eine Rolle bei der Betrachtung des Divided Government spielen. Dabei sollte auch die Spielerarten der Theorie von Tsebelis im Hinterkopf behalten werden.
Eine der drei wichtigen Institutionen bei der Befassung mit dem Divided Government ist der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nacheinander werden in diesem Abschnitt das Amt des Präsidenten, seine Stellung innerhalb des US-amerikanischen Regierungssystems und die Wahl zum Präsidenten dargestellt.
Auch wenn die Gründerväter der USA ihren Präsidenten ganz bewusst vom ungeliebten britischen König abgrenzen wollten (vgl. Jäger 1998: 136), so ist er doch in gewisser Hinsicht ein „Wahlmonarch“ (Hartmann 2005: 103), wie ihn Jürgen Hartmann einmal treffend bezeichnet hat. Eine Figur mit teilweise immenser Macht und zahlreichen Kompetenzen, die sich dennoch alle vier Jahre dem Elektorat zu stellen hat (vgl. Oldopp 2005: 159). Wie kein anderer Politiker und keine andere Institution, gilt der Präsident als das Gesicht der Vereinigten Staaten und repräsentiert somit die Nation sowohl nach innen als auch nach außen (vgl. Landy/Milkis 2008: 374). Er ist zudem oberster Repräsentant der US-amerikanischen Exekutive und gleichzeitig Verwaltungschef (vgl. Oldopp 2005: 63). Er vereint die Aufgaben des Staatsoberhauptes und des Regierungschefs auf seine Person (vgl. Hartmann 2005: 126). Eine Trennung zwischen diesen beiden Ämtern, wie wir sie z.B. in der Bundesrepublik Deutschland vorfinden, existiert in den USA nicht. Damit geht der Umstand einher, dass der Präsident neben seinem Amt keine weiteren Regierungstätigkeiten ausüben darf. Ein Umstand, der im US-amerikanischen politischen System fest verankert ist.
Die bereits erwähnte Kompetenzusammenführung im Amt des Präsidenten wird auch in der im Vergleich zu europäischen parlamentarischen Demokratien geringen Bedeutung des Kabinetts deutlich (vgl. Hartmann 2005: 138). Statt von Ministern werden die einzelnen Behörden von Staatssekretären, den so genannten Secretaries, geleitet (vgl. Oldopp 2005: 74). Auch wenn die Kabinette unter den verschiedenen Präsidentschaften unterschiedliche Kompetenzgrade besaßen, so bleibt dennoch festzuhalten, dass diese zumeist eine den US-Präsidenten beratende Funktion einnehmen (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 74). Dies spiegelt die Macht des Präsidenten wieder, der damit das Letztentscheidungsrecht besitzt.
Gemeinsam mit dem US-Präsidenten wird der Vizepräsident in das Amt gewählt (vgl. Hartmann 2005: 130). Obwohl er nur geringe formale Kompetenzen besitzt und de jure nur die Aufgabe hat, den Präsidenten im Falle einer Unfähigkeit zur Amtsfortführung zu beerben (vgl. Jäger 1998: 138), haben verschiedene Präsidenten wie beispielsweise George W. Bush ihren Vize als Berater mit stellenweise beträchtlichem Einfluss genutzt (vgl. O´Connor/Sabato 2008: 299). Der Vizepräsident spielt jedoch für die weitere Betrachtung des Forschungsthemas keine Rolle und wird daher nicht weiter aufgegriffen.
Der Aufgabenbereich des Präsidenten soll an dieser Stelle nur knapp umrissen werden, da sich mit diesen noch einmal im vierten Kapitel beschäftigt werden wird. Die Aufgaben des Präsidenten der Vereinigten Staaten werden in der US-amerikanischen Verfassung benannt. So erklärt Artikel II, Abschnitt 1 der US-Verfassung knapp, die vollziehende Gewalt liege beim Präsidenten (vgl. Oldopp 2005: 63). Der zweite Abschnitt des selbigen Artikels bezeichnet den Präsidenten als Oberbefehlshaber der Streitkräfte (vgl. O´Connor/Sabato 2008: 289). Eine Aufgabe, wie sie auch der französische Präsident hat (Hartmann 2005: 181). Der US-Präsident ernennt die Beamten des Bundes, vor allem die obersten Richter, Botschafter und Minister (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 73). Von Leitern einzelner Behörden kann er jederzeit schriftliche Stellungnahmen erbitten (vgl. Hartmann 2005: 127). Des Weiteren besitzt er ein Strafaufschub- und Begnadigungsrecht (vgl. Oldopp 2005: 63). Er besitzt das Recht, den Kongress zu Sondersitzungen einzuberufen. Zudem schließt der Präsident völkerrechtliche Verträge mit anderen Staaten (vgl. ebd.: 63). Auf das präsidiale Vetorecht wird im vierten Kapitel eingegangen werden ebenso eingegangen werden wie auf die Möglichkeit, per Executive Orders oder Executive Agreements auch ohne Zustimmung des Kongresses sowohl Innen- als auch Außenpolitik zu betreiben (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 74).
Die Amtszeit des Präsidenten beträgt vier Jahre (vgl. Oldopp 2005: 159). Nach dem 1951 eingeführten 22. Zusatzartikel der Verfassung kann ein Präsident nur für eine weitere Amtszeit wiedergewählt werden (vgl. Hübner 2001: 79). Dabei wählt das US-amerikanische Volk sein Staatsoberhaupt nur indirekt (vgl. Filzmeier/Plasser 2005: 28).
Inzwischen beginnen US-amerikanische Präsidentschaftswahlkämpfe bis zu einem Jahr vor den eigentlichen Wahlen (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 181), die laut Verfassung im November stattzufinden haben (vgl. ebd.: 186). Die beiden größten Parteien, die Demokraten und Republikaner, stellen dabei die aussichtsreichsten Bewerber für das Präsidentenamt. Zuerst gilt es jedoch für die einzelnen Interessenten, sich innerparteilich zu qualifizieren und zum Kandidaten der eigenen Partei gewählt zu werden. Ohne Unterstützung durch den eigenen Parteiapparat und als Privatpersonen werben die potentiellen Kandidaten in den einzelnen Bundesstaaten für ihr Anliegen und müssen sich Vorwahlen, den so genannten Primaries, stellen (vgl. Hartmann 2005: 131). Dabei wird je nach Bundesstaat zwischen öffentlichen Vorwahlen, in denen jeder Bürger teilnehmen kann, und geschlossenen Vorwahlen, in denen nur Parteianhänger nur einem bestimmten Bewerber ihrer Partei das Vertrauen aussprechen können, unterschieden (vgl. Oldopp 2005: 161ff). Basierend auf den Ergebnissen dieser Vorwahlen entsenden die Parteivertretungen der Bundesstaaten Delegierte auf den zwischen Juli und August stattfindenden Bundesparteitag, dem National Convent, auf dem der Präsidentschaftskandidat der jeweiligen Partei nominiert wird (vgl. Nelson 2003: 117). Erst ab dem Moment der offiziellen Nominierung kann der Präsidentschaftskandidat auf die umfangreichen Ressourcen seiner Partei zurückgreifen. Diese sind zumeist finanzieller Natur, da der Kandidat auch im weiteren Verlauf des Wahlkampfes auf sein eingespieltes Team vertraut (vgl. Hartmann 2005: 132).
Wie bereits angesprochen, findet keine tatsächliche Direktwahl des Präsidenten statt. Vielmehr wählen die Bürger Wahlmänner ihres Bundesstaates, die wiederum in einem Elektorenkollegium rein formal im Dezember den neuen Präsidenten erwählen. Die USA besitzen ein relatives Mehrheitswahlrecht nach dem Prinzip The Winner Takes it All, ein Stimmensplitting ist nicht möglich. Nicht die tatsächlichen Prozentzahlen an Bürgerstimmen sind daher für die Präsidentschaftswahl ausschlaggebend, sondern die Zahl der Wahlmännerstimmen, die er für sich gewinnen kann. Daher kann es zu Situationen wie in den Wahljahren 1888 oder 2000 kommen, in der eine Mehrheit der Bürger einen Kandidaten prozentual präferiert hat, der schlussendlich aufgrund fehlender Wahlmännerstimmen nicht Präsident der Vereinigten Staaten wurde (vgl. Landy/Milkis 2008: 107).
Nachdem das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika näher erläutert wurde, soll nun die erste der beiden Kammern der US-amerikanischen Legislative beleuchtet werden. Betrachtet man die deutsche Medienlandschaft, so scheint das US-Repräsentantenhaus, im englischen als United States House of Representatives bezeichnet, eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Das Wissen um diese politische Institution scheint eher begrenzt zu sein. Deutlicher Ausdruck hierfür ist die oftmalige fälschliche Bezeichnung des Repräsentantenhauses als Kongress, wie man sie oftmals in deutschen Medien findet. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um eine Verwechslung der Begriffe, denn in den USA wird jede Legislaturperiode als Kongress bezeichnet. Um weitere Missverständnisse zu vermeiden und einen weiteren Grundstein für die Beschäftigung mit dem US-amerikanischen politischen System zu legen, wird in diesem Abschnitt das US-Repräsentantenhaus kurz vorgestellt, seine Stellung und Befugnisse erläutert sowie den Weg in das Amt eines Abgeordneten skizziert.
Das US-Repräsentantenhaus stellt eine der beiden Kammern des Kongresses dar und wird als solche bereits im ersten Artikel der US-amerikanischen Verfassung erwähnt (vgl. Hartmann 2005: 115). Im Rahmen des politischen Konzeptes einer Repräsentativdemokratie handelt es sich bei dem Repräsentantenhaus um die Vertretung der US-Bürger in den einzelnen Wahlbezirken.
1929 wurde durch das Repräsentantenhaus die Beendigung der Abgeordnetenaufstockung nach Volkszählungen beschlossen, seitdem sitzen im Repräsentantenhaus 435 Abgeordnete, welche im Englischen als Congressman oder auch als Representatives bezeichnet werden. Diese repräsentieren hinsichtlich der Bevölkerungszahl in etwa gleich große Wahlkreise von knapp 500.000 US-Bürgern. Die von den Abgeordneten repräsentierte Flächengröße spielt hingegen keine Rolle, wodurch es aufgrund der sich verändernden Bevölkerungsverteilung des Öfteren zu Veränderungen der Wahlbezirke kommt (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 36). Hinzu kommen fünf weitere Gesandte, welche die vier US-amerikanischen Territorien sowie den Hauptstadtbezirk District of Columbia repräsentieren. Diese Gesandten sind jedoch nur in den Ausschüssen stimmberechtigt (vgl. Steffani 1998:112).
Als Speaker of the House wird der Präsident und damit Vorsitzende des Repräsentantenhauses bezeichnet, der für gewöhnlich der Mehrheitspartei angehört (vgl. Oldopp 2005: 38). In der aktuellen Legislaturperiode ist dies die Demokratin Nancy Pelosi und damit die Nummer Drei in der protokollarischen Rangfolge der Vereinigten Staaten von Amerika.
Das Repräsentantenhaus stellt ein klassisches Arbeitsparlament dar und besitzt 19 Fachausschüsse sowie knapp 200 Unterausschüsse. Hinzu kommen gemeinsame Vermittlungssauschüsse der beiden Kongresskammern sowie im Bedarfsfall Sonderausschüsse (vgl. Hartmann 2005: 116). Den Ausschussvorsitz kann nur ein Abgeordneter der dominierenden Mehrheitspartei erlangen (vgl. Steffani 1998: 117). Trotz der hohen Zahl an Ausschüssen besitzt ein Abgeordneter weniger Ausschussverpflichtungen als seine politischen Kollegen im Senat, was natürlich zu einem vergleichsweise deutlich geringeren öffentlichen Bekanntheitsgrad eines Congressman führt (vgl. Owens 2003: 199).
Innerhalb der Fraktionen dominiert, im Gegensatz zum Senat, aufgrund der schieren Zahl an Abgeordneten ein streng hierarchisches und an Regeln gebundenes System (vgl. Oldopp 2005: 36ff). Die persönliche Bindung der Abgeordneten untereinander ist geringer als im Senat. Daher ist die Fraktionsdisziplin hier deutlicher stärker, auch wenn diese im Vergleich zu europäischen Parlamenten deutlich schwächer ausgeprägt ist. Ein Unterschied zur Arbeitsweise des Senats, auf den im späteren Verlauf noch eingegangen werden wird.
Das US-Repräsentantenhaus gehört zur Legislative im US-amerikanischen Regierungssystem und ist weitestgehend mit dem Senat gleichberechtigt (vgl. ebd.: 36). Jeder einzelne Abgeordnete hat das Recht, Gesetze einzubringen. Damit ein Gesetz beschlossen werden kann, muss es sowohl im Senat als auch in dem Repräsentantenhaus eingebracht und übereinstimmend beschlossen werden. Geschieht dies nicht, so wird das Gesetz in einen Vermittlungsausschuss verwiesen (vgl. Hartmann 2005: 116). Gemeinsam mit dem Senat besitzt das Repräsentantenhaus zudem das Recht zur Kriegserklärung, der Handelsegulierung sowie der Einwanderungsgesetzgebung (vgl. Gellner/Kleiber 2007: 38). Vetos des Präsidenten gegen Gesetzesvorlagen können mit einer 2/3 Mehrheit zurückgewiesen werden (vgl. Hübner 2001: 117). Um der Aufgabe als Kontrollinstanz der Exekutive gerecht werden zu können, kann das Repräsentantenhaus Untersuchungsausschüsse einsetzen. Eine Befugnis, die übrigens so nicht explizit in der Verfassung erwähnt wurde, sich jedoch aus ihr ableitet (vgl. Steffani 1998: 116).
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