Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Bachelorarbeit, 2009
48 Seiten, Note: 1,3
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. Einleitung
1.1 Abgrenzung der verschiedenen Bewertungsverfahren
1.2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
2. Analyse des Lufthansa Konzerns
2.1 Unternehmensanalyse mit Hilfe von Due Diligence
2.2 Branchen- und Konzerncharakteristika
2.3 Zukunftsprognose
3. Aufstellung der Peer Group
3.1 Kriterien zur Auswahl der Vergleichsunternehmen
3.2 Air Berlin als deutsches Vergleichsunternehmen
3.3 Europäische Vergleichsunternehmen
3.3.1 KLM-Air France
3.3.2 British Airways
3.4 Probleme bei der Auswahl der Vergleichsunternehmen
4. Auswahl der geeigneten Multiplikatoren
4.1 Bildung der Multiplikatoren
4.2 Bedeutung und Kriterien der Multiplikatorenauswahl
4.3 EV/EBITDA Multiplikator
4.4 EV/Passagierzahl als Non-Financial Multiplikator
5. Berechnung der Multiplikatoren vergleichbarer börsennotierter Unternehmen
5.1 Berechnung der Equity- und Enterprise Values
5.2 Berechnung und Schätzung der Bezugsgrößen EBITDA und Passagierzahl
5.3 Zusammenfassung zu Multiplikatoren
5.4 Anpassung der Multiplikatoren durch Wertauf- und -abschläge
5.5 Aggregation der Multiplikatoren
6. Wertermittlung des Lufthansa Konzerns
6.1. Ermittlung der Bezugsgrößen des Lufthansa Konzerns
6.2. Bestimmung der Enterprise Values des Lufthansa Konzerns
6.3. Ermittlung der Equity Values des Lufthansa Konzerns
7. Interpretation der Ergebnisse
8. Stochastisches Multiplikatorenverfahren als Alternative zur verwendeten Methode
9. Zusammenfassung und kritische Würdigung des Multiplikatorenverfahrens
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
QUELLENVERZEICHNIS
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Internetquellen
Verzeichnis sonstiger Quellen und Hilfsmittel
ANHANG
Anhang 1: Berechnung verschiedener Kennzahlen
Anhang 2: Berechnungen der einzelnen Posten zur Ermittlung der Enterprise Values
Anhang 3: Berechnung des EBITDA der verschiedenen Unternehmen
Anhang 4: Ermittlung der Schätzwerte für das Jahr 2009
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufgrund der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise und der darauf zurückzuführenden steigenden Zahl an Unternehmensübernahmen und Zusammenschlüssen gewinnt die Unternehmensbewertung in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Übersicht über die verschiedenen Bewertungsverfahren
Es existieren verschiedene Methoden um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln, wobei unterschiedliche Bewertungszwecke verschiedene Verfahren erfordern.[1] Man unterscheidet Einzelbewertungs-, Misch- und Gesamtbewertungsverfahren.[2] Während die Einzelbewertungsverfahren den Unternehmenswert aus der Summe der Einzelbestandteile berechnen, beziehen die Mischverfahren, neben dem Substanzwert auch die Ertragskraft eines Unternehmens mit ein.[3] Bei den Gesamtbewertungsverfahren ergibt sich der Wert aus dem Gesamtertrag, den ein Unternehmen in der Zukunft erwarten kann.[4] Zu dieser Bewertungsmethode zählen Ertragswert-, Discounted Cash-flow- und Multiplikatorenverfahren. Im Gegensatz zum Ertragswertverfahren, das den Wert durch die Diskontierung der in Zukunft erwarteten Erträge ermittelt, berechnet sich dieser beim DCF-Verfahren, der am weitest verbreiteten Methode[5], aus den abgezinsten, zukünftigen Cash-flows eines Unternehmens.[6] Die dritte Gesamtbewertungsmethode, das Multiplikatorenverfahren, erfreut sich in der Praxis zunehmender Beliebtheit.[7] Der Marktwert eines Unternehmens wird bei diesem Verfahren aus den Werten vergleichbarer Unternehmen berechnet.[8] In der Praxis werden teilweise kombinierte, Methoden angewendet[9], um eine möglichst realistische Unternehmensbewertung zu gewährleisten.
Ziel dieser Arbeit ist es den Lufthansa Konzern durch Anwendung verschiedener Multiples anhand ähnlicher Unternehmen mit dem Multiplikatorenverfahren zu bewerten. Im Rahmen dieser Wertermittlung soll zu dieser Bewertungsmethode kritisch Stellung genommen werden, indem die Stärken und hauptsächlich die Schwächen und Probleme dieses Verfahrens, welche sich aus der praktischen Anwendung ergeben, herausgearbeitet und näher analysiert werden.
Im ersten Schritt des Multiplikatorenverfahrens ist das Bewertungsobjekt, der Lufthansa Konzern zu analysieren.[10] In der Praxis greift man bei der Vorbereitung eines Unternehmenserwerbs häufig auf eine Due Diligence Analyse des zu bewertenden Unternehmens zurück.[11] Diese umfasst die „Durchleuchtung“ des gesamten, zum Verkauf stehenden Unternehmens, d.h. aller einzelnen Sektoren[12] und gliedert sich in die Bereiche Financial, Tax, Environmental, Legal und Management Due Diligence.[13] Darüber hinaus können je nach Anlass und Prioritäten mit der Commercial, Technical oder Human Ressources Due Diligence weitere Bereiche einbezogen werden.[14] Neben den Rahmenbedingungen des zu bewertenden Unternehmens wird somit auch die wirtschaftliche Lage „durchleuchtet“. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass die Anwendung einer Due Diligence Betrachtung bei der Bewertung des Lufthansa Konzerns mittels Multiplikatoren zwar grundsätzlich von Vorteil wäre um einen umfassenden Überblick über das Bewertungsobjekt einschließlich sämtlicher Sektoren zu erhalten, jedoch würde eine komplette „Durchleuchtung“ aller Bereiche, insbesondere unter Einbeziehung der Steuersituation und der Managementorganisation für das Multiplikatorenverfahren zu komplex und unübersichtlich werden und erscheint daher nicht unbedingt erforderlich. Vielmehr soll bei dieser Bewertung des Lufthansa Konzerns eine vereinfachte Art der Due Diligence Analyse erfolgen um einen allgemeinen Überblick über den Konzern und seine finanzielle Situation zu erhalten.
Hierzu bedient man sich in einem ersten Schritt einer qualitativen Analyse.[15] Diese beinhaltet die Branchenzugehörigkeit des Bewertungsobjekts, seine Absatzmärkte, die Vertriebswege, die Unternehmensgröße, seine Marktstellung und –anteile, den Diversifikationsgrad, die Position im Vergleich zu den Wettbewerbern sowie den Grad der Internationalisierung und vieles mehr.[16] Die dadurch erhaltenden Ergebnisse lassen Schlüsse über die Profitabilität, das Wachstum sowie die Risiken des Unternehmens zu und stellen die Grundlage für die spätere Auswahl vergleichbarer Unternehmen im Multiplikatorenverfahren dar. Neben diesen qualitativen Faktoren wird in einem zweiten Schritt die finanzielle Lage der Lufthansa analysiert.[17] Dies gewährleistet einen umfassenden Überblick über die Liquiditätslage, die Kapitalstruktur und die Rentabilität des Konzerns der vergangenen Jahre durch die Bildung geeigneter Kennzahlen, jedoch ist in dieser Analyse auch eine Prognose der zukünftigen Umsatz- und Gewinnzahlen des Konzerns einzubeziehen. Somit müsste eine umfassende Analyse des Lufthansa Konzerns die letzten drei bis fünf Jahre beinhalten, aus Platzgründen beschränkt sich die vorliegende Arbeit jedoch auf das abgelaufene Geschäftsjahr 2008 und gibt eine kurze Prognose über die weitere Entwicklung des Konzerns.
Die Lufthansa gehört der Luftverkehrsbranche an[18] und stellt ihren Konzernabschluss nach IFRS Vorschriften auf. Insgesamt gliedert sich der Konzern in die Geschäftsbereiche Passagierbeförderung (Passage Airlines, Swiss International Airlines AG), Logistik (Lufthansa Cargo AG), Technik (Lufthansa Technik AG), IT Services (Lufthansa Systems AG) und Catering (LSG Lufthansa Service Holding AG).[19] Die einzelnen AGs werden als eigenständige Unternehmen geführt und sollen zwar selbständig, aber aufeinander abgestimmt zum Erfolg des Gesamtkonzerns beitragen.
Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise des Jahres 2008 und der damit verbundenen Eintrübung des globalen Wirtschaftswachstums, ergab sich wie in den meisten Branchen, insbesondere in der sehr stark konjunkturabhängigen Luftverkehrsbranche eine rückläufige Wirtschaftsdynamik gegenüber dem Vorjahr.[20] Trotzdem ist der Passagierverkehr um 1,6 Prozent gewachsen, der Frachtverkehr jedoch um 4,0 Prozent geschrumpft.[21] Dies ist u.a. auf den Kostendruck und Liquiditätsmangel der Kunden zurückzuführen. Hierzu kamen Kostensteigerungen in nahezu allen Bereichen, insbesondere jedoch bei den permanent schwankenden Kerosinpreisen. Der Ölpreis erfuhr Mitte des Jahres 2008 sein historisches Hoch, ist jedoch gegen Ende des Jahres auf den Stand von 2004 gefallen.[22] Dies spiegelt die ständige Abhängigkeit und das hohe Risiko der Luftverkehrbranche von dem Preis dieses Rohstoffes wieder, zumal auf die Schwankungen nur zeitverzögert reagiert werden kann.
Die Lufthansa konnte jedoch weiterhin ihre Führungsstellung im europäischen Markt behaupten. Trotz der oben angesprochenen Probleme und dem steigenden Konkurrenzdruck durch Billigfluggesellschaften gehört sie zu den Top Ten Airlines weltweit und belegt eine sehr gute Wettbewerbsposition, insbesondere im Vergleich zu den Hauptkonkurrenten British Airways und KLM-Air France.[23] Diese wird hauptsächlich in den wichtigen finanziellen Werttreibern Umsatz und operativem Ergebnis deutlich. Trotz schwieriger Bedingungen des Jahres 2008 konnte, wie schon in den vorherigen Jahren ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden, welches jedoch unter dem Rekordergebnis des Jahres 2007 liegt.[24] Mit einem operativen Ergebnis von 1354 Millionen €[25] und einem Jahresüberschuss in Höhe von 609 Millionen €[26] lag man im Geschäftsjahr 2008 deutlich vor der Konkurrenz. Der Hauptumsatz der insgesamt 24870 Millionen €[27] wird mit dem Geschäftsfeld Passagierbeförderung generiert[28], jedoch tragen auch die anderen Bereiche zum guten Konzernergebnis bei.
Zudem kann durch die Diversifikation in verschiedene Geschäftsfelder das Risiko des Gesamtkonzerns verringert werden. Sollte ein Bereich ein negatives Ergebnis einfahren, kann dieses durch die anderen Felder weitgehend aufgefangen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Lufthansa Konzern ist die größte Fluggesellschaft im deutschen und europäischen Raum und gehört mit jährlichen Passagierzahlen von rund 70 Millionen[29] und einer Bilanzsumme in Höhe von 22408 Millionen €[30] auch weltweit zu den größten Airlines. Grund hierfür ist vor allem die Internationalisierungsstrategie und die ständigen Akquisitionen kleinere Airlines wie z.B. Swiss Air im Jahr 2007[31] zur Expansion in neue Märkte.[32] Insgesamt fliegt die deutsche Lufthansa weltweit Flughäfen in 100 verschiedenen Ländern an.[33] Hauptsächlich konzentriert sie sich jedoch auf den deutschen und europäischen Markt. In diesem sind die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen aufgrund der einheitlichen Richtlinien der Europäischen Union sehr ähnlich. Neben dieser international ausgerichteten Strategie versucht die Lufthansa sich insbesondere durch Produktmerkmale wie Komfort, Pünktlichkeit und Qualität von der immer stärker und aggressiver operierender Konkurrenz durch Billigfluggesellschaften abzusetzen, um durch „Premiumpreise“ höhere Margen als diese erzielen zu können.
Wie die Low-Cost Airlines setzt auch die Lufthansa im Vertrieb seiner Reisetickets immer mehr auf das Internet, da dieses sehr kostengünstig ist und von den Kunden bevorzugt als Plattform genutzt wird. Hierzu wurde ein eigenes Online Portal geschaffen.[34] Neben diesem Vertriebskanal besteht jedoch auch weiterhin die Möglichkeit im Privatkundensegment, den Flug ganz traditionell im Reisebüro zu buchen. Man verspricht sich durch diese Nutzung verschiedener Absatzwege eine höhere Kundenakquisition.
Aufgrund dieser Strategieausrichtung und ihrem Ruf als sichere Airline hat sich die Lufthansa ein sehr gutes Unternehmensimage erarbeitet. Dieses, die gute Marktposition und die gefestigte und fortgeschrittene Stellung im Produktlebenszyklus tragen zum relativ geringen Risiko des Gesamtkonzerns bei.
Auch im Kapitalbereich ist der Konzern im Vergleich zu den Konkurrenten gut aufgestellt. Die Eigenkapitalquote von 30,9 Prozent[35] zeigt, dass es der Lufthansa gelingt die hohen Investitionskosten für neue Flugzeuge und laufenden Aufwendungen in dieser Branche großteils aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Jedoch sank die Eigenkapitalrendite im Vergleich zum Vorjahr aufgrund des erheblich geringeren Ergebnisses nach Steuer deutlich auf 8,8 Prozent.[36] Diese Kennzahl gibt an wie rentabel das zur Verfügung gestellte Kapital eingesetzt wurde.[37] Des Weiteren stehen dem Konzern umfangreiche liquide Mittel zur Verfügung. Die Lufthansa konnte, ähnlich wie in den vorherigen Jahren eine Nettoliquidität von 125 Millionen € ausweisen[38], da deutlich mehr liquide Mittel als Verbindlichkeiten bestehen. Der negative Verschuldungsgrad und die für die Branche geringe Fremdkapitalfinanzierung haben zur Folge, dass aufgrund der relativ niedrigen Fremdkapitalkosten in Form von Zinsaufwendungen, das finanzielle Risiko des Lufthansa Konzerns kurzfristigen Krisen ohne große Probleme standhalten kann[39] und dass durch die gute Liquiditätslage das Wachstum und die Flexibilität des Konzerns gesichert werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Wertreiber des Lufthansa Konzerns (Zahl in (…) entspricht einem negativen Wert)
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Lufthansa in einem für die Branche schwierigen Jahr sehr gute finanzielle Ergebnisse erzielen konnte und durch ihre risikoadverse Geschäftstrategie und Philosophie einen auf Nachhaltigkeit bedachten Konzern darstellt.
Trotz der aktuell recht guten wirtschaftlichen Lage des Lufthansa Konzerns müssen, aufgrund der Unsicherheit der weiteren Konjunkturentwicklung auch zukünftige, möglicherweise eintretenden Ereignisse und Risiken berücksichtigt werden.
Die künftigen Aussichten für den Konzern sind laut Analystenschätzungen nicht sehr viel versprechend. So sollen der Umsatz und das operative Ergebnis insbesondere in den Geschäftsfeldern Passagierbeförderung und Cargo durch die schlechte Wirtschaftslage und den dadurch bedingten Nachfragerückgang im Flugverkehr deutlich einbrechen.[40] Dies wird bereits anhand der Umsatzzahlen und dem operativen Ergebnis in den ersten drei Monaten des Jahres 2009 deutlich, da die Umsätze im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2008 um 10,3 Prozent einbrachen und ein negatives operatives Ergebnis ausgewiesen werden musste.[41] Dieser Rückgang der Passagierzahlen kann sich durch eine weitere Ausbreitung der in Mexiko erstmals aufgetretenen Schweinegrippe, die schon einige Opfer gefordert hat[42], noch verschlimmern, jedoch sind aufgrund der Unsicherheit der weiteren Entwicklung Prognosen schwierig, ob und mit welchen Folgen gerechnet werden muss. Diese Probleme betreffen aber nicht nur die Lufthansa, sondern die gesamte Luftverkehrsbranche.
Neben dem Umsatzrückgang werden auch die Kosten des Konzerns in Zukunft deutlich ansteigen. Da die Lufthansa viele zum Teil sehr alte Flugzeuge besitzt, muss sie in naher Zukunft mit erheblichen Aufwendungen zur Erneuerung ihrer Flotte planen.[43] Daneben trägt auch der erwartungsgemäß spätestens ab dem Jahr 2010 noch weiter steigende Ölpreis zu höheren Aufwendungen bei.[44] Aufgrund der hohen Bedeutung dieser Kosten für die Luftverkehrsbranche haben diese einen enormen Einfluss auf das finanzielle Ergebnis und die Profitabilität des Konzerns.
Ein weiteres Problem besteht in der Eingliederung verschiedener Airlines in den Konzern. Insbesondere mit den finanziell eher schwächeren Fluggesellschaften BMI und Austrian Airlines, die im Jahr 2009 in den Konzern konsolidiert werden sollen, könnten sich erhebliche Komplikationen ergeben.[45]
Jedoch ist der Lufthansa Konzern, trotz der beachtlichen zukünftigen Risiken, denen er sich gegenüber sieht, für die Zukunft bestens vorbereitet. Dank der zurückliegenden Geschäftsjahre, in denen sich die Lufthansa sowohl strategisch, als auch operativ und finanziell sehr gut aufgestellt hat, sollte sie keine Schwierigkeiten haben die aktuelle Krise, selbst wenn sie noch weitere Jahre anhalten sollte, meistern zu können und aus dieser gestärkt herauszukommen.[46] Vor allem die Marktwachstumspotenziale der Branche und die große Flexibilität in den Bereichen Passagierauslastung und Personal[47] tragen dazu bei, dass der Konzern auf zukünftig, eventuell eintretende Ereignisse zeitnah reagieren kann und somit die Möglichkeit hat, seine Geschäftstrategie speziell auf bestimmte Branchen- und Konjunkturentwicklungen auszurichten.
Die Auswahl geeigneter, vergleichbarer, börsennotierter Unternehmen ist das wichtigste Kriterium zur Bewertung eines Unternehmens mit Hilfe von Multiples, da die Güte des Bewertungsergebnisses mit der Auswahl der Referenzunternehmen steht und fällt.[48] Je mehr Ähnlichkeiten zwischen Bewertungsobjekt und Vergleichsunternehmen bestehen, desto genauer erfolgt die Schätzung des Unternehmenswertes.[49]
Bei der Auswahl der Peer Group steht zunächst die Branchenzugehörigkeit im Vordergrund.[50] Grund hierfür sind neben den gleichen aktuellen und zukünftigen, durch die branchenbezogene Entwicklung induzierten Einflüssen[51], vor allem die ähnlichen Rahmenbedingungen sowie die weitgehend übereinstimmenden Zukunftserwartungen und Marktwachstumsraten der diversen Unternehmen.[52] Des Weiteren ergibt sich durch die Selektion von direkten Konkurrenten ein Vorteil, da diese ähnliche Produkte und Dienstleistungen anbieten und somit vergleichbare Chancen-Risiko-Profile aufweisen.[53]
Die Branchenzugehörigkeit allein stellt jedoch noch kein als ausreichend zu bezeichnendes Merkmal dar. Neben dieser müssen auch noch andere Faktoren wie Größe, Reifephase im Produktlebenszyklus, Umsatzstruktur, Kapitalstruktur, Verschuldungsgrad, gesetzliche und politische Rahmenbedingungen und Vertriebskanäle übereinstimmen bzw. ähnlich sein.[54] Dies schränkt die Auswahl der mit dem Lufthansa Konzern vergleichbaren Unternehmen vor allem im Inland stark ein, da dieser dort alleiniger Marktführer ist und ähnlich große Unternehmen nicht zu finden sind.
Im Folgenden werden nun ein deutsches und zwei weitere europäische Unternehmen der Luftbeförderungsbranche als Vergleichsobjekte herangezogen.
Air Berlin wird in der Rechtsform einer PLC geführt[55] und stellt seinen Konzernabschluss nach IAS Vorschriften auf. Das Unternehmen ist mit 28,6 Millionen Passagieren im Jahr 2008[56] und einer Bilanzsumme in Höhe von 855 Millionen €[57] die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft und zählt seit der Übernahme der LTU zu den fünf größten Airlines in Europa.[58] Somit ist Air Berlin der einzig ernstzunehmende inländische Konkurrent des Lufthansa Konzerns und hat aufgrund des ähnlichen Tätigkeitsfeldes und der Branche weitestgehend vergleichbare Rahmenbedingungen.
Das Hauptaugenmerk des Unternehmens konzentriert sich auf den deutschen und europäischen Luftverkehrsmarkt. Jedoch werden auch weitere internationale Ziele an weltweit 105 verschiedenen Flughäfen angeflogen.[59] Anders als die Lufthansa versucht sich Air Berlin jedoch nicht durch eine starke Diversifikation in verschiedene Segmente, sondern konzentriert sich hauptsächlich auf die Passagierbeförderung, mit der auch der Hauptumsatz erzielt wird. Das Frachtgeschäft und andere Bereiche sind lediglich von untergeordneter Bedeutung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dazu setzt das Unternehmen auf ein hybrides Geschäftsmodell. Zur Strategie zählen sowohl die Akquirierung von anspruchsvollen Business Kunden über den Vertriebsweg Reisebüro, als auch die Befriedigung preisbedachter Privatkunden mit Hilfe des Internets. Um beides zu gewährleisten besteht die Strategie von Air Berlin aus einer Mischform, die Merkmale von Full-Fare- mit Merkmalen von Low-Cost Airlines verknüpft.[60]
Große Unterschiede im Vergleich zum Lufthansa Konzern ergeben sich hauptsächlich aufgrund der geringeren Größe. Zwar zählt Air Berlin mit 28,6 Millionen Fluggästen[61] im Jahr 2008 zu den etablierten Airlines und zu den Hauptkonkurrenten auf dem Inlandsmarkt, jedoch bestehen u.a. wegen der Spezialisierung auf ein bestimmtes Segment erhebliche Größenunterschiede. Diese spiegeln sich insbesondere in den finanziellen Kennzahlen wider. So lag man im für die Airline durch die schlechte Konjunkturlage schwierigen Geschäftsjahr 2008 mit Umsatzerlösen von 3400,7 Millionen € und einem operativen Ergebnis von 14,2 Millionen €, wie schon in den letzten Jahren, deutlich unter den Werten des Lufthansa Konzerns.[62] Ein außerordentlich schlechtes Finanzergebnis im Geschäftsjahr 2008 führte letztlich zu einem Jahresfehlbetrag von 75 Millionen €[63], welcher eine Eigenkapitalrendite von Minus 19,2 Prozent nach sich zog[64] und was zeigt, dass das Kapital der Anteilseigner nicht rentabel eingesetzt wurde.
Die schwächere wirtschaftliche Position des Unternehmens im Vergleich zur Lufthansa wird auch anhand der Eigenkapitalquote von 16,3 Prozent und der Nettoverschuldung in Höhe von 762 Millionen € deutlich.[65] Air Berlin ist dazu gezwungen seine Investitionen hauptsächlich mit Fremdkapital zu finanzieren. Die daraus resultierenden höheren Verbindlichkeiten können nicht durch liquide Mittel gedeckt werden, weshalb das Unternehmen einem deutlich höheren kurzfristigen Risiko ausgesetzt ist als die Lufthansa und bei weitem nicht so flexibel auf zukünftige Entwicklungen reagieren kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Werttreiber von Air Berlin
Aufgrund der negativen Branchenentwicklung des Luftverkehrs und der Schweinegrippe sind, ähnlich wie bei der Lufthansa, Probleme zu erwarten, die wie schon ausgeführt zum Nachfragerückgang führen werden.[66] Trotz der im Gegensatz zur Lufthansa unbefriedigenden finanziellen Situation, kann Air Berlin die Krise überstehen, falls es der Airline gelingt, durch Kosteneinsparungen die Verbindlichkeiten zu reduzieren.
[...]
[1] Vgl. Coenenberg, Adolf/ Schultze, Wolfgang: Unternehmensbewertung, DBW 2002, S. 597.
[2] Vgl. Müller, Jens: Unternehmensbewertung 2008, S. 8.
[3] Vgl. Ernst, Dietmar/ Schneider, Sonja/ Thielen, Björn: Unternehmensbewertungen 2008, S. 2 ff.
[4] Vgl. Mandl Gerwald/ Rabel, Klaus: Unternehmensbewertung 2002, S. 51.
[5] Vgl. Cheridito, Yves/ Hadewicz, Tommy: Unternehmensbewertung, ST 2001, S. 321.
[6] Vgl. Ernst, Dietmar/ Schneider, Sonja/ Thielen, Björn: Unternehmensbewertungen 2008, S.8 ff.
[7] Vgl. Kraus, Peter/ Wende, Volker: Branchenmultiplikatoren , Going Public 2004, S. 57.
[8] Vgl. Beckmann, Christoph/ Heyke, Bianca/ Peemöller, Volker: Multiplikatoransatz, UM 2004, S. 310.
[9] Vgl. Wörl, Günther: Unternehmensbewertung, Venture Capital Magazin 2006, S. 40.
[10] Vgl. Beckmann, Christoph/ Meister, Jan/ Peemöller, Volker: Multiplikatoransatz, FB 2002, S. 203.
[11] Vgl. Buchner, Robert /Englert, Joachim: Bewertung, BB 1994, S. 1574.
[12] Vgl. Kulhavy, Heike/ Unzeitig, Eduard: Durchleuchtung, UM 2004, S. 445.
[13] Vgl. Peemöller, Volker/ Reinel-Neumann, Birgit: Corporate Governance, BB 2009, S. 207 ff.
[14] Vgl. Kulhavy, Heike/ Unzeitig, Eduard: Durchleuchtung, UM 2004, S. 450 f.
[15] Vgl. Wagner, Thomas: Multiplikatorverfahren 2005, S. 13.
[16] Vgl. Benninga, Simon/ Sarig, Oded: Corporate Finance 1997, S. 309 f.
[17] Vgl. Wagner, Thomas: Multiplikatorverfahren 2005, S. 13.
[18] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 37.
[19] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 38.
[20] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 46 f.
[21] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 47.
[22] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 46.
[23] Vgl. Kiani-Kreß, Rüdiger: Grenzen, Wirtschaftswoche 2009, S. 44 ff.
[24] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 50.
[25] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 55.
[26] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 129.
[27] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 129.
[28] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 74.
[29] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 79.
[30] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 130.
[31] Vgl. Handelsblatt (Hrsg.): Swiss-Übernahme.
[32] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 68.
[33] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 76.
[34] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 78.
[35] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 61.
[36] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 61.
[37] Vgl. Schlienkamp, Christoph: Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, AG 2009, S. 20.
[38] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 62.
[39] Vgl. Schlienkamp, Christoph: Betriebswirtschaftliche Kennzahlen, AG 2009, S. 19.
[40] Vgl. Bankhaus Lampe (Hrsg.): Lufthansa.
[41] Vgl. Lufthansa 1. Zwischenbericht Januar-März 2009, S. 2.
[42] Vgl. Spiegel Online (Hrsg.): Schweinegrippe.
[43] Vgl. Kiani-Kreß, Rüdiger: Grenzen, Wirtschaftswoche 2009, S. 46.
[44] Vgl. Kiani-Kreß, Rüdiger: Grenzen, Wirtschaftswoche 2009, S. 47.
[45] Vgl. Kiani-Kreß, Rüdiger: Grenzen, Wirtschaftswoche 2009, S. 45.
[46] Vgl. Bankhaus Lampe (Hrsg.): Lufthansa.
[47] Vgl. Geschäftsbericht Lufthansa 2008, S. 76.
[48] Vgl. Beckmann, Christoph/ Meister, Jan/ Peemöller, Volker: Multiplikatoransatz, FB 2002, S. 203.
[49] Vgl. Henselmann, Klaus: Wertfindung, UM 2003, S. 188.
[50] Vgl. Beckmann, Christoph/ Heyke, Bianca/ Peemöller, Volker: Multiplikatoransatz, UM 2004, S. 313.
[51] Vgl. Henselmann, Klaus: Wertfindung, UM 2003, S. 190.
[52] Vgl. Beckmann, Christoph/ Meister, Jan/ Meitner, Matthias: Multiplikatorverfahren, FB 2003, S. 104.
[53] Vgl. Beckmann, Christoph/ Meister, Jan/ Peemöller, Volker: Multiplikatoransatz, FB 2002, S. 204.
[54] Vgl. Cheridito, Yves/ Hadewicz, Tommy: Unternehmensbewertung, ST 2001, S. 322.
[55] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 44.
[56] Vgl. Air Berlin (Hrsg.): Daten.
[57] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 118.
[58] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 46.
[59] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 44.
[60] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 44.
[61] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 4.
[62] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 112.
[63] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 112.
[64] Berechnung siehe Anhang 1.
[65] Vgl. Geschäftsbericht Air Berlin 2008, S. 74.
[66] Vgl. Zukunftsprognose, S. 8.