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Fachbuch, 2012
29 Seiten
1. Einleitung
2. Das Bewusstsein und das Unterbewusstsein
2.1. Das Bewusstsein
2.2. Das Unterbewusstsein
2.3. Das limbische System
2.4. Die Theorie der somatischen Marker
2.5. Der Einfluss des Unterbewussten auf das Handeln
3. Implikationen der Neurowissenschaften für die Krisenkommunikation.
3.1. Relevanz der Neurowissenschaften für die Krisenkommunikation
3.2. Altruistische Bestrafung
3.3. Priming Effekt
3.4. Framing Effekt
3.5. Motive und Motivsysteme
3.5.1. Drei Grundmotive
3.5.2. Die Big 3
3.5.3. Limbic Map
3.6. Gehirngerichtete Kommunikation
4. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Im Lichte der jüngsten Ereignisse um die Rettung von Banken, die Diskussion über den Euro- rettungsschirm oder die diametrale Kehrtwende der christlich-liberalen Regierung im Um- gang mit der Atomkraft, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Krisen oder anders for- muliert, es stellt sich die Frage nach der optimalen Ausrichtung der Kommunikationsinstru- mente und folglich natürlich die Frage danach, wie diese Instrumente ausgerichtet werden müssen, damit die gewünschte Reaktion bei den Öffentlichkeiten ausgelöst wird.
An dieser Stelle greifen die aktuellen Erkenntnisse der Neurowissenschaften, da Kommunika- tion mit Menschen immer auch Kommunikation mit dem Unterbewusstsein dieser Menschen ist. Die neuen Einblicke der Neurowissenschaften in das Unterbewusstsein, welche unser Handeln und Verhalten maßgeblich bestimmen, verlangen einen modifizierten Einsatz der Kommunikationsinstrumente. Diese Erkenntnisse über das menschliche Unbewusstseins kön- nen bei der Ausgestaltung der Kriseinstrumente ein Wettbewerbsvorteil sein, da erst jetzt auf die wahren Bedürfnisse und Motive der Bezugsgruppen (Öffentlichkeit, Politik, Presse, Mit- arbeiter usw.) eingegangen werden kann. Dieses führt schlussendlich dazu, dass Unternehmen Krisen erfolgreicher, schnelle, effizienter und kostengünstiger überwinden können.
Aus diesen Gründen diskutiert diese Arbeit das Thema „Neurowissenschaft und deren Implikationen für die Krisenkommunikation“.
Die Neurowissenschaft hat sich in den letzten Jahren insbesondere mit dem Unterbewusstsein des Menschen befasst und mit Hilfe bildgebender Verfahren wichtige neue Erkenntnisse über die Steuerung menschlichen Entscheidens und Handelns sammeln können. Unter anderem vom Ansatz des Neuromarketing inspiriert, legt das die Frage nahe, wie das Unterbewusstsein kommuniziert und - hier von zentraler Bedeutung - wie in Krisensituatio- nen zukünftig mit dem Unterbewusstsein von Bezugsgruppen zu kommunizieren ist. Für den Themenbereich Neurowissenschaften gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Publi- kationen, bezüglich der Verknüpfung mit Themen der Krisenkommunikation wenig bis keine. Aus diesem Grund hat der Autor Literatur benachbarter Themenbereiche hinzugezogen, ins- besondere übertragbare Erkenntnisse aus dem Neuromarketing. Dieses Fachgebiet beschäftigt sich mit der Rolle des Unterbewussten von Kunden, respektive mit der Einflussnahme auf das Verhalten durch gezielte Ansteuerung ihres Unterbewusstseins, was eine Reihe von Analogie- schlüssen in Bezug auf die Krisenkommunikation ermöglicht.
Hingegen befasst sich diese Arbeit nicht mit den Funktionsweisen der Krisenkommunikation, sondern setzt vielmehr auf diesem Wissen auf *.
Aus den obigen Gründen und Materiallage entscheidet sich der Autor für eine Analyse in folgender Schrittfolge:
Im 2. Kapitel werden die Grundlagen des Bewusstseins, des Unterbewusstseins sowie der Emotionen dargestellt. Ebenfalls stellte der Autor das limbische System, die Theorie der so- matischen Marker und den Einfluss des Unterbewussten auf unser Handeln dar. Diese Er- kenntnisse zeigen, dass die Entscheidungsfindung, beziehungsweise das Handeln des Men- schen zu einem großen Anteil vom Unterbewusstsein bestimmt wird. Wollen wir nun mit Botschaften das Handeln beeinflussen, so ist es unumgänglich mit dem Unterbewusstsein der Bezugsgruppen zu kommunizieren.
Aus diesem Grund befasste sich das 3. Kapitel mit den Implikationen der Neurowissenschaft für die Krisenkommunikation. Eingangs wird grundlegend auf die Relevanz der Neurowis- senschaften für die Krisenkommunikation eingegangen. Im folgenden Kapitel wird die Altrui- stische Bestrafung vorgestellt, die einen neurowissenschaftlichen Erklärungsansatz liefet, warum Unternehmen oder Personen glaubhaft und ehrlich mit den relevanten Bezugsgruppen kommunizieren sollten. Das Kapitel 3.3 stellt den Priming Effekt vor, der zeigt wie wichtig die richtigen Codes in der Kommunikation sind. Im Kapitel 3.4 wird der Framing Effekt prä- sentiert, der die Wichtigkeit des Kontextes einer Information aufzeigt. Das folgende Kapitel zeigt den Einfluss von Motiven und Motivsystemen auf und leitet die Limbic Map her, die beansprucht, einen Zusammenhang zwischen der Motiv- und Wertewelt systematisch aufzei- gen zu können. Das Kapitel 3.6. stellt abschließend die Umrisse der gehirngerichtete Kom- munikation vor.
Die Schlussbetrachtung fasst die Erkenntnisse der Arbeit bezüglich der Fragestellung zusammen und leitet ein Ergebnis ab.
Um sich der Forschungsfrage nähern zu können, ist es sinnvoll, die Begriffe „Bewusstsein“ (Kapitel 2.1.) und „Unterbewusstsein“ (Kapitel 2.2.) zu definieren. Das darauf folgende Kapi- tel stellt das limbische System vor, eine Region im Gehirn, die maßgeblich an der Entstehung von Emotionen beteiligt ist. Ebenfalls zeigt es sich verantwortlich für die Aufnahme von In- formationen aus der Umwelt und deren Verarbeitung. Das Kapitel 2.4. beschreibt die Theorie der somatischen Marker, die eine Erklärung dafür liefern wie Emotionen verarbeitet werden. Der Abschluss dieses Kapitels zeigt, wie groß der Einfluss des menschlichen Unterbewusst- seins auf unser Handeln ist.
Für den Begriff „Bewusstsein“ fällt es schwer eine einheitliche Definition in der wissen- schaftlichen Literatur zu finden. Einigkeit herrscht darüber, dass Menschen ein Bewusst- sein besitzen (vgl. Thompson, Richard F. (2001), S. 463) und dass es unterschiedliche Bewusstseinszustände gibt (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 198). Die gemeinsamen Merk- male dieser Bewusstseinszustände lassen sich in dem bewussten Erleben und dem sprach- lichen Berichten über das Erlebte zusammenfassen. Das Bewusstsein kann also nicht ge- messen werden und ist nur der Person zugänglich, die einen Bewusstseinszustand erlebt (vgl. Dudel, Josef/ Menzel, Randolf/ Schmidt, Robert F. (2001), S. 559).
Es gibt Ansätze in der Psychologie, bei denen das Bewusstsein mit dem Kurzzeit- oder dem Arbeitsgedächtnis gleichgesetzt wird, d.h. was einer Person in einem bestimmten Augenblick bewusst ist, wäre dann das Bewusstsein und das ist der Inhalt des Arbeitsgedächtnisses. Thompson merkt jedoch an, dass man sich nicht nur Ereignissen bewusst ist, die im Moment passieren, sondern auch Ereignissen die in der Vergangenheit liegen. Letztere sind im Langzeitgedächtnis gespeichert, was bedeutet, dass Bewusstsein aus der momentanen Situation des Arbeitsgedächtnisses und Auszügen aus dem Langzeitgedächtnis besteht (vgl. Thompson, Richard F. (2001), S. 463).
Roth bedient sich eines anderen Definitionsansatzes, um den Begriff „Bewusstsein“ zu fassen. Er weist darauf hin, dass unser Gehirn einen zehnmal höheren Energieverbrauch aufweist, als ihm nach seinem Relativvolumen her zukäme (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 217). Die Gehirnmasse benötigt sogar 22 mal mehr Energie als ein arbeitender Muskel, so Häusel (vgl. Häusel, Hans- Georg (2006), S. 82). „Bewusstsein unterliegt klar definierten physiologischen Bedingungen, die durch einen hohen Energie- und Stoffumsatz charakte- risiert sind.“ (Roth, Gerhard (2003), S. 218), d.h. ohne ausreichende energetische Versor- gung des Gehirns kann kein Bewusstsein entstehen.
Bewusstsein ist immer dann notwendig, wenn unser Gehirn mit hinreichend neuen, hinreichend komplexen und hinreichend wichtigen Sachverhalten konfrontiert wird. Bewusstsein wird demnach immer dann benötigt, wenn das Gehirn gezwungen ist zielgerichtet bekanntes Wissen oder bekannte Fertigkeiten neu zu kombinieren oder intellektuelle Probleme zu lösen (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 219).
Wenn das Gehirn mit Neuem oder Unbekanntem konfrontiert wird, werden bereits be- kannte und gespeicherte Inhalte aus dem Langzeitgedächtnis mit den neuen Inhalten ver- knüpft. Es werden also neue Netzwerke angelegt oder vorhandene werden neu zusam- mengesetzt.
Das Unbewusste wird überwiegend in der wissenschaftlichen Diskussion mit unterschwel- liger Wahrnehmung beschrieben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Bedeutung für das Lernen, das Gedächtnis und die Emotionen. Handfeste wissenschaftliche Hinweise darauf, wie es zu einer unterbewussten Wahrnehmung kommt, gibt es bisher nicht (vgl. Raab, Gerhard/ Gernsheimer, Oliver/ Schindler, Maik (2009), S. 169). Bewusste und Unbewusste Zustände treten zwar zeitversetzt auf, stehen aber in einem kausalen Zusammenhang. Die unbewusste Wahrnehmung und die von ihr ausgelösten emotionalen und vegetativen Reaktionen treten zwar vor der bewussten Wahrnehmung auf, zeichnen sich jedoch durch eine flache Informationsverarbeitung aus. Eine Gefahren- situation wird vom Unterbewusstsein nur schemenhaft erkannt und relativ stereotyp ge- löst. Beispielsweise wird ein drohender Schatten als etwas Schlangenähnliches identifi- ziert und es wird mit Erstarren oder Flucht reagiert. Die daran anschließende bewusste Wahrnehmung der Gefahrensituation ist meist fassettenreicher und lässt flexible Hand- lungsalternativen zu. Das bewusste Erleben einer Gefahrensituation versetzt uns in die Lage, den Sachverhalt genauer zu erkennen und situationsadäquat zu reagieren. Im obi- gem Beispiel ist die Information durchaus relevant, ob es sich bei der Schlange um eine harmlose Kreuzotter oder eine das Leben bedrohende Ringelnatter handelt. Es macht demnach einen deutlichen Unterschied, ob wir einen Sachverhalt bewusst oder unterbe- wusst wahrnehmen (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 301).
Wie bereits festgestellt wurde, sind bewusste Aktivitäten sehr energieaufwändig. Roth schlussfolgert daraus, dass der Zustand des Bewusstseins für das Gehirn zu vermeiden und nur im Notfall einzusetzen ist (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 240).
Unter dem limbischen System versteht Roth alle Gehirnstrukturen die mit emotional- af- fektiven Zuständen, wie Angst, Wut, Aggression, Sexualität zu tun haben. Diese Zustände müssen in Verbindung mit Vorstellungen, Gedächtnisleistungen, Bewertungen, Auswahl und Steuerung von Handlungen auftreten. Dabei spielt es, so Roth, keine Rolle, ob diese Zustände bewusst oder unbewusst ablaufen (vgl. Roth, Gerhard (2003), S. 256). Die Auf- gabe des limbischen Systems ist nicht begrenzt auf die Kontrolle des affektiven Verhal- tens, sondern ist vor allem beteilig bei Lernprozessen und der Abspeicherung von Ge- dächtnisinhalten (vgl. Carlson, Neil R. (2004), S. 99). Das limbische System wird daher als Assoziationssystem betrachtet, das Informationen aus der Umwelt verarbeitet und mit den individuellen Bedürfnissen harmonisiert (vgl. Raab, Gerhard/ Gernsheimer, Oliver/ Schindler, Maik (2009), S. 170), es zeigt sich mit Teilen des limbischen Cortex auch für das Erkennen von emotionalen Signalen anderer Menschen verantwortlich (vgl. Carlson, Neil R. (2004), S. 99).
Die wichtigsten Teile des limbischen Systems sind der Hippocampus und die Amygdala. Der Fornix und die Mammillarkörper verbinden den Hippocampus mit anderen Hirnberei- chen.
Im 3. Kapitel wird noch genauer auf die Eigenschaften des limbischen Systems eingegangen und deren Folgen für unsere Wahrnehmung und Informationsverarbeitung. Der Folgende Abschnitt stellt die Theorie der somatischen Marker vor, welche zu erklären versucht, wie Emotionen unser Handeln beeinflussen.
Die Theorie der somatischen Marker geht von der Hypothese aus, dass im Gehirn so genannte somatische Marker eine Rückmeldung über mögliche negative oder positive Handlungsalternativen geben. Diese antizipativen Konsequenzen einer Handlung werden von positiven oder negativen Emotionen begleitet.
Die somatischen Marker werden als Empfindung, während des Abwägens zweier Alterna- tiven, wahrgenommen. Treten bei der Alternative eher positive Emotionen auf, wird diese als vorteilhaft interpretiert, d.h. die aktuellen Empfindungen und solche die aus vorausge- gangenen Lernerfahrungen resultieren, nehmen hier Einfluss auf die Entscheidungsfindung. Der somatische Marker, also die aktuelle Empfindung, verweist auf die Emotionen, die aus den vermuteten Konsequenzen resultieren, die von einer bestimmten Alternative erwartet wird. Diese Theorie eignet sich zum einen zur Erklärung und Klassifizierung von Emotionen, und zum anderen der Erklärung von Emotionen in unserem Alltag (Pritzel, Monika/ Brand, Matthias/ Markowitsch, Hans J. (2003), S. 398).
Aussagen wie „Aus dem Bauch heraus würde ich sagen...“ beschreibt den zentralen Aspekt der Theorie der somatischen Marker. Empfindungen, die aus Signalen unserer Umwelt und dem Gehirn zusammengesetzt werden und mit aktuellen Entscheidungen in Zusammenhang stehen, lassen uns eine Entscheidung treffen. Wir entscheiden uns für die Alternative, welche uns mit positiven Emotionen entschädigt, d.h. die somatischen Marker helfen uns bei der Entscheidungsfindung (vgl. Pritzel, Monika/ Brand, Matthias/ Marko- witsch, Hans J. (2003), S. 399).
Der Einfluss des Bewusstseins auf unser Handeln ist stark begrenzt, d.h. im Umkehrschluss, dass der Einfluss des Unterbewusstseins umso größer ist. Dieses Kapitel zeigt auf, wie groß der Einfluss des Unterbewussten auf unser Handeln ist. Scheier/ Held sprechen in diesem Zusammenhang von dem „40- Bits- Bewusstsein“ (Scheier, Christian/ Held, Dirk (2006), S. 47). Sie leiten diesen Begriff aus der Tatsache ab, dass unser Bewusstsein nur 40 - 50 Bits an Informationen pro Sekunde verarbeiten kann, das Unterbewusstsein hingegen um die 11 Millionen Bits.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bandbreite der bewussten und unbewussten Informationsaufnahme (vgl. Scheier, Christian/ Held, Dirk (2006), S. 47)
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* Krisenmanagement im Unternehmen, eine Anleitung in 4 Schritten, (2011) Carsten Koch, Dipl. Kfm. (FH)