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Bachelorarbeit, 2012
85 Seiten, Note: 1,9
Abkürzungsverzeichnis
Fachwörterverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Beitritt der Air Berlin zur oneworld - Aufstieg der Fluggesellschaft?
2 Strategien und Geschäftsmodelle im internationalen Luftverkehr
2.1 Strategien von Fluggesellschaften
2.1.1 Begriffsdefinition
2.1.2 Marktfeldstrategien
2.1.3 Marktraumstrategien
2.1.4 Marktvorteilsstrategien
2.1.5 Marktabdeckungsstrategien
2.1.6 Marktbearbeitungsstrategien
2.2 Geschäftsmodelle von Fluggesellschaften
2.2.1 Begriffsdefinition
2.2.2 Network Carrier
2.2.3 Regional Carrier
2.2.4 Lowcost Carrier
2.2.5 Leisure Carrier
3 Strategische Allianzen als Option der Marktbearbeitungsstrategie
3.1 Begriffsdefinition
3.2 Motive strategischer Allianzen
3.2.1 Motiv aus der Industrieökonomik
3.2.2 Motiv aus der Wettbewerbstheorie
3.2.3 Motiv aus der Institutionenökonomik
3.3 Ziele strategischer Allianzen
3.3.1 Nachfragegerichtete Ziele
3.3.2 Wettbewerbsgerichtete Ziele
3.3.3 Unternehmensgerichtete Ziele
3.4 Beispiel: oneworld-Allianz
4 Analyse der Ausgangslage der Air Berlin PLC vor dem Beitritt
4.1 Vorstellung der Fluggesellschaft
4.2 Operative und finanzielle Lage
4.3 Strategie und Geschäftsmodell
5 Analyse des Beitritts der Air Berlin PLC zur oneworld-Allianz
5.1 Interne Untersuchung
5.1.1 Stärken der Airline
5.1.2 Schwächen der Airline
5.2 Externe Untersuchung
5.2.1 Chancen der Allianz
5.2.2 Risiken der Allianz
6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Eidesstattliche Erklärung
Quellenverzeichnis
Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Vorgehensweise in dieser Arbeit
Abb. 2: Strategieoptionen von Fluggesellschaften
Abb. 3: Geschäftsmodelloptionen von Fluggesellschaften
Abb. 4: Motive strategischer Allianzen im Luftverkehr
Abb. 5: Ziele strategischer Allianzen im Luftverkehr
Abb. 6: Entwicklungsschritte der oneworld-Allianz (1999-2011)
Abb. 7: Ausgewählte Kennzahlen der oneworld-Allianz (2011)
Abb. 8: Entwicklung der angebotenen und verkauften Sitzkilometer (2006-2010)
Abb. 9: Entwicklung der Umsatzerlöse und betrieblichen Aufwendungen (2006-2010)
Abb. 10: Entwicklung des Betriebs-, Finanz- und Konzernergebnisses (2006-2010)
Abb. 11: Entwicklung des Eigen- und Fremdkapitals (2006-2010)
Abb. 12: Einordnung der Strategie und des Geschäftsmodells der Air Berlin PLC
Abb. 13: SWOT-Analysis (Analysis of Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats)
Abb. 14: Stärken der Air Berlin PLC (Interne Unternehmensanalyse)
Abb. 15: Schwächen der Air Berlin PLC (Interne Unternehmensanalyse)
Abb. 16: Chancen der oneworld-Allianz (Externe Umweltanalyse)
Abb. 17: Risiken der oneworld-Allianz (Externe Umweltanalyse)
Abb. 18: Zusammenfassung der Analyseergebnisse
Heute werden etwa zwei Drittel des weltweiten Flugangebots von Airlines erbracht, die in den drei globalen Luftverkehrsallianzen Star Alliance, SkyTeam und oneworld verbunden sind (OW 2011d). Strategische Allianzen stellen damit eine der wichtigsten Kooperationsformen für Flug- gesellschaften im internationalen Luftverkehr dar (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 283). Die deutsche Air Berlin PLC erkannte dies und hat Mitte 2010 ihren Beitritt zur oneworld-Allianz für Anfang 2012 erklärt (AB 2010a). Allerdings erwirtschaftete das Unternehmen in den letzten drei Jahren nur negative Konzernergebnisse (WIWO 2011b). Im Jahr der Beitrittserklärung wurde mit fast -100 Mio. EUR der bisherige Höchststand erreicht (FTD 2011a). Es stellen sich einige Fragen:
Könnte der Beitritt der Air Berlin zur oneworld einerseits als strategische Neuausrichtung mit dem Ziel des wirtschaftlichen Aufstiegs auf internationaler Ebene und damit auf Augenhöhe mit dem Hauptkonkurrenten Lufthansa gesehen werden (WIWO 2010)? Ist der Allianzbeitritt die einzig logische Option zur Fortsetzung der bisherigen Wachstumsstrategie (AB 2011za) resp. eine aktiv getroffene Entscheidung? Soll nach der Entwicklung zu Deutschlands zweitgrößter und Europas sechstgrößter Fluggesellschaft (AB 2011w: 32) lediglich der nächste Entwicklungsschritt vollzogen werden? Möchte sich die Airline von einer aktuell v.a. auf Urlaubsreisende als auch europäische Kurz-/Mittelstrecken spezialisierten Billigfluggesellschaft zu einer zukünftig auf Geschäftskunden sowie internationale Langstrecken fokussierten Servicefluggesellschaft verändern (FTD 2010)?
Könnte der Allianzbeitritt in Anbetracht der unklaren Ausrichtung der Strategie und des Geschäftsmodells sowie der schwierigen operativ-finanziellen Lage (FTD 2011c) andererseits als notwendige Neuausrichtung mit dem Ziel der Verhinderung des wirtschaftlichen Abstiegs betrachtet werden? Ist der Beitritt etwa die einzig logische Option bzw. eine reaktiv getroffene Entscheidung nach dem schnellen und kostspieligen Wachstum mit mehreren Übernahmen, Beteiligungen und Kooperationen seit dem erst wenige Jahre zurückliegenden Börsengang (Focus 2011)?
Darüber hinaus äußerte sich das Unternehmen noch zu Beginn des Jahres 2010 reserviert zu einem Allianzbeitritt (DW 2010). Die Fluggesellschaft wollte langfristig von keiner der drei globalen Luftverkehrsallianzen abhängig sein. Allerdings könnte der Beitritt zur oneworld den internationalen Aufstieg ermöglichen respektive den voranschreitenden Abstieg verhindern. Der Allianzbeitritt bietet zwar weitreichende Möglichkeiten, aber auch nicht zu unterschätzende Gefahren.
Insgesamt hat es deshalb den Anschein, dass sich die Air Berlin in einem strategischen Dilemma befindet. Es besteht ein komplizierter Zielkonflikt zwischen der Option des Alleingangs, d.h. unternehmerisch von anderen Airlines unabhängig mit derzeit potentiell geringerem wirtschaftlichem Erfolg zu agieren, sowie der Option des Allianzverbunds, d.h. unternehmerisch von anderen Airlines abhängig mit zukünftig potentiell größerem ökonomischen Erfolg zu handeln.
Ziel der Arbeit ist es, den Beitritt der Air Berlin zur oneworld zu analysieren. Damit soll eine Antwort auf die Frage gegeben werden, ob mit diesem der Aufstieg der Airline verbunden ist. Hierzu wird die These aufgestellt, dass die möglichen Vorteile des Allianzbeitritts die Nachteile überwiegen.
Das Ziel dieser praxisorientierten Arbeit soll folgendermaßen erreicht werden:
Zunächst werden im zweiten Kapitel Strategien und Geschäftsmodelle von Fluggesellschaften und im dritten Kapitel strategische Allianzen als Option im internationalen Luftverkehr beschrieben. Damit wird dem Leser eine Einführung in die Thematik gegeben und eine theoretische Basis für das Verständnis der Zusammenhänge in den nachfolgenden Kapiteln geschaffen.
Daraufhin wird im vierten Kapitel die Ausgangslage der Air Berlin vor dem Hintergrund des Allianzbeitritts analysiert. Die Airline wird anhand der Phasen der Unternehmensentwicklung vor- gestellt. Ferner werden sowohl die operative und finanzielle Unternehmenssituation als auch die Strategie und das Geschäftsmodell illustriert. Dadurch wird dem Leser ein Eindruck von der Lage der Fluggesellschaft vermittelt und eine praktische Basis für das Verständnis der Inhalte der folgenden Kapitel geschaffen. Im fünften Kapitel wird schließlich der Allianzbeitritt analysiert. Dies erfolgt angelehnt an die Konzeption einer SWOT-Analysis (Analysis of Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats). Es werden die Stärken und Schwächen der Air Berlin, welche diese in die oneworld einbringt (Interne Unternehmensanalyse) als auch die Chancen und Risiken der oneworld, welche sich durch den Beitritt für die Fluggesellschaft ergeben (Externe Umweltanalyse), untersucht.
Abschließend werden die Inhalte der Arbeit zusammengefasst und Schlussfolgerungen aus den Analyseergebnissen gezogen. Zudem wird eine Antwort auf die Kernfrage gegeben. Die folgende Abbildung veranschaulicht diese Vorgehensweise:
Abb. 1: Vorgehensweise in dieser Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
In diesem Kapitel wird zunächst auf optionale Strategien und danach auf mögliche Geschäftsmodelle von Luftverkehrsgesellschaften eingegangen.
Nachfolgend werden der Begriff und optionale Strategien von Airlines erklärt.
Für den Begriff der Strategie eines Unternehmens existieren unterschiedliche Definitionen. Die Strategie ist ebenso durch verschiedene Merkmale charakterisierbar (Steinmann/Schreyögg 2005: 168f.). Im Wesentlichen gibt die Strategie eine Antwort auf folgende drei Fragen:
1. Wo? / Welche Geschäftsfelder soll das Unternehmen bearbeiten?
2. Was? / Welche Leistungsmerkmale sichern Wettbewerbsvorteile?
3. Wie? / Welche Ressourcen und Fähigkeiten erbringen die Leistung? (Joppien 2003: 33)
In Verbindung mit diesen drei Fragen wird die Strategie insbesondere nach den Planungs- ebenen Gesamtunternehmen und Geschäftsfeld differenziert. Demnach werden die Gesamt- unternehmensstrategie (Corporate strategy) und die Geschäftsfeldstrategie (Business strategy) unters- chieden. Die Gesamtunternehmensstrategie bezieht sich auf die erste Frage hinsichtlich der Auswahl der Produkt-Markt-Kombinationen bzw. Geschäftsfelder, in denen ein Unternehmen zukünftig tätig sein möchte. Ein Geschäftsfeld kann bspw. nach dem Produkt- und Serviceangebot als auch den Zielgruppen bestimmt werden. Die Geschäftsfeldstrategie ist hingegen in Verbindung mit der zweiten Frage bezüglich der Positionierung gegenüber den Wettbewerbern zu sehen. Aufgrund der verschiedenen Bedingungen in den einzelnen Geschäftsfeldern werden in der Regel mehrere Geschäftsfeldstrategien verfolgt. Darüber hinaus kann eine den beiden genannten Ebenen vorgelagerte Ressourcenstrategie vorhanden sein. Diese bezieht sich auf die dritte Frage und gibt eine Antwort darauf, mit welchen Ressourcen und Fähigkeiten die Marktleistung erstellt wird und inwiefern diese Kompetenzen eine langfristige Erfolgsgrundlage des Unternehmens darstellen können. Als den ersten beiden Ebenen hingegen nachgelagert, werden die Funktionsstrategien betrachtet. Damit sind die Strategien der einzelnen Unternehmensbereiche wie z.B. die Marketing-, Personal-, Einkaufs- und Produktionsstrategie gemeint (Steinmann/Schreyögg 2005: 170f.).
Für die Systematisierung der strategischen Optionen von Unternehmen stehen u.a. die Marketingstrategien von STERZENBACH/CONRADY/FICHERT [Abbildung siehe Anhang 1] (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227) sowie der strategische Würfel von STEINMANN/ SCHREYÖGG [Abbildung siehe Anhang 2] (Steinmann/Schreyögg 2005: 234) zur Verfügung. Im Folgenden ist eine Darstellung der optionalen Strategien von Airlines als theoretische Basis für die Einordnung der Strategie der Air Berlin unter 4.3 relevant. Die von STERZENBACH/ CONRADY/FICHERT verwendete Systematik erscheint dafür als sinnvoll, weil mit dieser eine eindeutige Verbindung mit den unter 2.2 erläuterten Geschäftsmodellen hergestellt werden kann. Allerdings beinhaltet diese v.a Funktionsstrategien. Daher wurde die Form beibehalten, es wurden jedoch Inhalte aus der Systematik von STEINMANN/SCHREYÖGG eingefügt, so dass es sich nun um eine kombinierte Darstellung von Gesamtunternehmens- und Geschäftsfeldstrategien handelt.
Die folgende Abbildung illustriert die eigens für diese Arbeit modifizierte Systematik:
Abb. 2: Strategieoptionen von Fluggesellschaften
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227 u. Steinmann/Schreyögg 2005: 234
Unter der ersten Dimension Marktfeld werden optionale Strategien von Fluggesellschaften bezüglich der Kombinationen von Produkten und Märkten verstanden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227). Diese beziehen sich auf die Gesamtunternehmensebene, da Entscheidungen hinsichtlich der zu bedienenden Geschäftsfelder getroffen werden (Steinmann/Schreyögg 2005: 169f.) Die Produkt-Markt-Matrix nach ANSOFF [Abbildung siehe Anhang 3], sieht dazu vier Optionen vor - Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung und Diversifikation (Ansoff 1965: 109) Mit Marktdurchdringung ist die Penetration bestehender Märkte mit bestehenden Produkten des Unternehmens gemeint. Marktentwicklung meint die Erschließung neuer Märkte beziehungs-weise Zielgruppen für bestehende Produkte. Diese findet sich im Luftverkehr selten, weil davon ausgegangen wird, dass bereits alle potentiellen Zielgruppen angesprochen werden. Unter Produkt-entwicklung wird die Erstellung neuer Produkte respektive Angebote in Form weiterer Strecken für bestehende Zielgruppen verstanden. Ferner ist eine laterale, horizontale und vertikale Diversifikation, ergo die Erschließung neuer Geschäftsfelder möglich. Mit einer lateralen Diversifikation ist die Erweiterung des Angebots um sachlich oder nachfrageseitig unabhängige Produkte gemeint, welche im Luftverkehr jedoch kaum vorkommt. Eine horizontale Diversifikation liegt hingegen vor, wenn eine Angebotserweiterung um verwandte Produkte vorgenommen wird. Vertikale Diversifikation kennzeichnet eine Erweiterung des Angebots um vor- oder nachgelagerte Teile der betrieblichen Wertschöpfungskette (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227f.).
Die Marktraumstrategien beziehen sich auf die Ausdehnung des Absatzraumes (Sterzenbach/ Conrady/Fichert 2009: 227). Es handelt sich um Optionen auf der Geschäftsfeldebene, weil Ent- scheidungen bezüglich der räumlichen Ausrichtung ggü. den Wettbewerbern in einem bestimmten Markt getroffen werden (Steinmann/Schreyögg 2005: 169f.). Hierzu stehen drei Alternativen zur Auswahl - national, multinational und international (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 229).
Eine Airline kann national agieren, ergo lokale, regionale sowie überregionale Verbindungen anbieten, und damit den inländischen Heimatmarkt abdecken. Der Absatzraum kann jedoch auch multinational sein, so dass Flüge zwischen verschiedenen Ländern auf einem Kontinent durchgeführt werden und somit der kontinentale Markt bedient wird. Darüber hinaus kann eine Fluggesellschaft auch international aktiv sein, also weltweite Strecken zwischen Kontinenten anbieten und damit den interkontinentalen Markt bedienen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227ff.).
Die dritte Dimension Marktvorteil meint optionale Strategien von LVG hinsichtlich der Positionierung am Markt, mit der ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz und eine Stimulierung der Nachfrage erzielt werden soll (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 228). Im Zusammenhang mit den Marktraumstrategien handelt es sich um strategische Optionen auf der Geschäftsfeldebene. Es werden Entscheidungen in Bezug auf die konzeptionelle Ausrichtung des Unternehmens getroffen, mit welcher der Wettbewerb in den festgelegten Geschäftsfeldern bestritten wird (Steinmann/ Schreyögg 2005: 169f.). Die durch PORTER entwickelten generischen Wettbewerbsstrategien (Generic competitive strategies) sehen dazu zwei grundverschiedene Optionen vor - Differenzierung (Differentiation) oder Kostenführerschaft (Cost leadership) (Porter 2010: 37ff.).
In dem Strategischen Würfel von STEINMANN/SCHREYÖGG entsprechen diese der Schwerpunktlegung des Wettbewerbs (Steinmann/Schreyögg 2005: 223). Die Differenzierungs- und die Kostenschwerpunktstrategie sind grundsätzlich verschieden. Bei der Differenzierungsstrategie wird ein zusätzliches Leistungsangebot zur Verfügung gestellt, womit eine Verschlechterung der Kostenstruktur einhergeht. Die Kostenschwerpunkstrategie zielt hingegen auf die Optimierung der Kostenstruktur, weshalb eine minimale Produktqualität angeboten wird. Mit der Differenzierungs- strategie soll dem Preiswettbewerb durch die Schaffung eines quasi monopolistischen Spielraums mit geringerer Preiselastizität der Nachfrager ausgewichen werden. Die Kostenschwerpunktstrategie sucht hingegen den Preiswettbewerb auf Basis einer günstigen Kostenstruktur. Unternehmen, die sich weder für die eine noch die andere Option entscheiden, sind nach PORTER gefährdet zwischen die Stühle (Stuck in the middle) zu geraten (Porter 2010: 44f.). Sie können weder anspruchsvolle Nachfrager ansprechen noch große Mengen absetzen. Daher weisen sie oft geringere Rentabilitäten als Firmen mit einer eindeutigen strategischen Ausrichtung auf (Steinmann/Schreyögg 2005: 232).
Mit der vierten Dimension sind Strategien bezogen auf die Abdeckung des Absatzraumes gemeint (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 227). Hierbei handelt es sich ebenfalls um strategische Optionen auf der Geschäftsfeldebene, da Entscheidungen bezüglich der Positionierung des Unter- nehmens getroffen werden, mit welcher der Wettbewerb in dem jeweiligen Geschäftsfeld bestritten wird (Steinmann/Schreyögg 2005: 169f.). In Verbindung mit den Marktvorteilsstrategien, stellt sich die Frage, ob eine Airline in einem bestimmten Geschäftsfeld den Gesamtmarkt oder lediglich einen Teilmarkt abdecken möchte. Nach dem Strategischen Würfel von STEINMANN/SCHREYÖGG geht es um die Festlegung des Ortes des Wettbewerbs. Hierzu bieten sich zwei unterschiedliche Strategieoptionen - Kernmarkt oder Nische (Steinmann/Schreyögg 2005: 221).
Nach PORTER stellt die Konzentration auf Schwerpunkte in Form der Nische (Focus) die dritte generische Wettbewerbsstrategie dar (Porter 2010: 41ff.). Diese kann, ähnlich wie das strategische Geschäftsfeld, nach dem Produkt-/Serviceangebot, der Zielgruppe oder dem geo- graphischen Segment definiert werden. Die Entscheidung für eine Nischenstrategie ist erfolg- versprechend, insofern eine Fluggesellschaft aufgrund ihrer Ressourcen und Fähigkeiten in einem bestimmten Teilmarkt höhere Erträge erzielen kann als bei der Bedienung des Gesamtmarktes (Stein- mann/Schreyögg 2005: 221). Eine Nischenstrategie kann zudem erfolgreich sein, wenn die Anbieter des Kernmarktes aus strukturellen Gründen die jeweilige Nische nicht ausreichend abdecken können. Im Luftverkehr ist es bspw. für größere Airlines schwierig, den Regionalverkehr ebenfalls abzu- decken, da sämtliche Unternehmensaktivitäten und -ressourcen wie die Flugplanung und Flotte auf ein größeres Verkehrsaufkommen ausgerichtet sind (Steinmann/Schreyögg 2005: 221). Die Nischenstrategie ist jedoch insofern gefährdet, als dass die Vorteile der LVG generell verschwinden können oder die Nische derart attraktiv wird, so dass neue Marktteilnehmer wie bspw. Tochter- und Beteiligungsgesellschaften der größeren Airlines eintreten. Ferner besteht die Gefahr, dass sich die Nische als zu klein und daher als zu unrentabel erweist (Steinmann/Schreyögg 2005: 222).
Die Dimension Marktbearbeitung wurde der Systematik hinzugefügt. Es handelt sich um strategische Optionen von Airlines hinsichtlich der Bearbeitung der jeweiligen Luftverkehrsmärkte. Diese beziehen sich auch auf die Geschäftsfeldebene, weil sie das Verhalten gegenüber Wett- bewerben in den jeweiligen Märkten betreffen (Steinmann/Schreyögg 2005: 169f.). POMPL sieht dazu zwei Alternativen vor - Alleingang oder Unternehmensverbindungen (Pompl 2007: 131ff.).
Unter Alleingang ist die von anderen Airlines unabhängige Erstellung und Vermarktung des Produkt- und Serviceangebotes einer Luftverkehrsgesellschaft gemeint (Schäfer 2003: 215). Die Unternehmensverbindungen werden in Kooperation und Konzentration differenziert.
Kooperation meint die Zusammenarbeit von rechtlich selbstständigen Fluggesellschaften, wobei die wirtschaftliche Unabhängigkeit in dem betreffenden Bereich beeinträchtigt wird. Unter den Kooperationen kann im Wesentlichen zwischen operativen Beziehungen und strategischen Allianzen unterschieden werden (Pompl 2007: 133). Operative Beziehungen lassen sich hingegen weiter in die technische und kommerzielle Kooperation trennen. Bei der technischen Zusammen- arbeit besteht u.a. die Möglichkeit von Vereinbarungen hinsichtlich Ground-Handling sowie Maintenance-Repair-Overhaul. Ground-Handling-Agreements kennzeichnen die Beauftragung einer Flughafengesellschaft oder einer anderen Airline mit der Abfertigung von Passagieren und Gepäck an einem Airport an dem keine eigenen Einrichtungen vorhanden sind. Ferner besteht die Möglichkeit von Abkommen mit anderen Fluggesellschaften hinsichtlich MRO bzw. Wartungs-, Reparatur- und Instandhaltungsvereinbarungen (Maurer 2002: 43f.). Die kommerzielle Zusammen- arbeit bezieht sich v.a. auf das Interlining und das Codesharing. Das Interlining bezeichnet die gegenseitige Anerkennung von Flugdokumenten, Verkaufs- und Beförderungsbedingungen sowie Abrechnungsmodalitäten zwischen der IATA angehörigen LVG. Dadurch werden Passagieren umfangreiche Flugstrecken mit verschiedenen Airlines, inklusive ein- oder mehrfachem Umsteigen, unter der Verwendung eines Tickets zu einem Tarif ermöglicht (Pompl 2007: 137f.). Codesharing bezeichnet ein Marketingabkommen zwischen zwei oder mehreren LVG. Dabei gestattet bspw. eine Fluggesellschaft A einer Airline B, eine bestimmte Strecke unter der eigenen Flugnummer zu vermarkten, obwohl diese letztlich teilweise oder vollständig von Fluggesellschaft A durchgeführt wird. Durch das Codesharing findet daher der Vertrieb eines einzigen Fluges unter einer operativen sowie weiteren marketingrelevanten und somit mithilfe mehrerer Flugnummern statt (Maurer 2002: 46). Neben den operativen Beziehungen stellen strategische Allianzen eine weitere Kooperations- form von Fluggesellschaften dar, auf welche im Kapitel 3 detailliert eingegangen wird.
Konzentration meint hingegen die Möglichkeit des Zusammenschluss durch Fusionen und Akquisitionen (Mergers and Acquisitions) sowie Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures). Diese sind horizontal, vertikal oder lateral möglich. Horizontal meint den Zusammenschluss von Unter- nehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe bzw. zwischen Airlines. Vertikale Konzentration bezeichnet dagegen Zusammenschlüsse zwischen Unternehmen unterschiedlicher Wertschöpfungs- stufen. Eine rückwärtsgerichtete vertikale Konzentration besteht insofern als das sich bspw. eine Airline mit einer Flughafenbetreibergesellschaft hinsichtlich der Flugzeugbetankung zusammen- schließt. Eine vorwärtsgerichtete vertikale Konzentration liegt vor, wenn sich z.B. eine Airline mit einem Reisemittler zusammenschließt, um die Vermarktung der Flüge zu verbessern. Laterale Konzentration meint den Zusammenschluss mit einem Unternehmen einer anderen Branche, bspw. indem sich eine LVG mit einem Finanzdienstleistungsunternehmen zur Herausgabe einer gemein- samen Kreditkarte zusammenschließt (Pompl 2007: 134). Eine Fusion bezeichnet in der Regel die Verschmelzung zweier oder mehrerer Airlines zu einem neuen rechtlich selbstständigen Unter- nehmen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 297). Eine Akquisition kennzeichnet den anteiligen oder vollständigen Erwerb des Kapitals einer anderen Firma (Pompl 2007: 153). Eine weitere Möglichkeit ist die Schaffung eines Gemeinschaftsunternehmens durch mehrere weiterhin rechtlich und wirtschaftlich selbständige Fluggesellschaften (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 295).
Nachfolgend werden der Begriff und mögliche Geschäftsmodelle von Airlines erläutert.
Der Begriff des Geschäftsmodells wird unterschiedlich definiert. Im Allgemeinen stellt es das System und den Prozess der Leistungserstellung eines Unternehmens dar (Sterzenbach/Conrady/ Fichert 2009: 230). Für die Unterscheidung der Geschäftsmodelle von LVG bestehen ebenfalls verschiedene Ansätze (u.a. Betriebstypen von Airlines nach Maurer 2002: 28ff.; Unternehmenstypen von Fluggesellschaften nach Pompl 2007: 99ff.; Airline Business Models nach Doganis 2006: 284f.; Basic Types of Airlines nach Kleymann/Seristö 2004: 8ff.). Durch eine Trennung nach dem Flugplan und der Kapazitätsbereitstellung [Abbildung siehe Anhang 4] wird zwischen sieben Geschäfts- modellen differenziert (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 230). Die vier dominantesten sind die Network, Regional, Leisure und Lowcost Carrier . Diese operieren nach fixen Flugplänen und stellen die Kapazität ihrer Flugzeuge in Form einzelner Plätze zur Verfügung. Daneben existieren die Geschäftsmodelle Business Aviation und Aircraft Charter, bei welchen die Flugpläne nach Wunsch der Kunden variabel anpassbar sind und die Kapazität in Form gesamter Flugzeuge bereitgestellt wird. Ferner kennzeichnet das Air Taxi eine LVG bei der die Flugpläne variabel festgelegt werden und die Kapazität mittels Einzelplätzen bereitgestellt wird (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 230).
Für die Einordnung des Geschäftsmodells der Air Berlin unter 4.3 sind die vier Erstgenannten relevant. Diese werden in den folgenden Abschnitten anhand der Merkmale Zielgruppe, Aktions- raum, Flughäfen, Verkehrssystem und Flotte erläutert. Dabei wird ein von STERZENBACH/ CONRADY/FICHERT verwendete Systematik [Abbildung siehe Anhang 5] in modifizierter Form verwendet. Im Vergleich zu den anderen oben genannten Ansätzen kann mit dieser eine bessere Ver- bindung zu bereits unter 2.1 erläuterten Strategien von Fluggesellschaften hergestellt werden.
Die folgende Abbildung illustriert die eigens für diese Arbeit modifizierte Systematik:
Abb. 3: Geschäftsmodelloptionen von Fluggesellschaften
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 232
Das erste Geschäftsmodell des Network Carrier stellt den traditionellen Grundtyp von Airlines dar (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 232). Dieses wird auch als Full Service Network Carrier (Pompl 2007: 101) und Internationale Passage Airline (Maurer 2002: 28) bezeichnet. Es handelt sich meist um eine global agierende LVG, die ein hinsichtlich Strecken, Frequenzen und Tarifen aufeinander abgestimmtes Netzwerk von Flugverbindungen mit breiter geografischer Ab- deckung betreibt (Pompl 2007: 101). Das Produkt- und Serviceangebot ist umfangreich und insbes. nach Beförderungsklassen differenziert. Auf kontinentalen Strecken werden meist zwei verschiedene Klassen (Business und Economy) und auf interkontinentalen Flügen drei unterschiedlich hoch- wertige Buchungsklassen (Economy, Business, First Class) angeboten. Das Preisniveau ist zumeist gehoben. Der jeweilige Tarif wird u.a. zeitlich nach dem Buchungs- und Abflugzeitpunkt und personell nach Zielgruppenmerkmalen wie Geschäfts- oder Privatkunden differenziert. Die Distribution erfolgt über eine Vielzahl von Kanälen. Es wird v.a. auf eine umfassende Verfügbarkeit des Angebots in globalen Computerreservierungssystemen (CRS) geachtet. Weitere Vertriebskanäle sind Reisemittler sowie eigene Call Center und Webseiten. Bei der Marktkommunikation werden Offline- und Online-Medien sowie Vielfliegerprogramme (Frequent Flyer Programmes) zur Kundenbindung eingesetzt (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 234f.).
Zur Zielgruppe der Network Carrier gehören primär qualitätssensitive Geschäftsreisende (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 234). Geschäftsreisende haben meist einerseits eine höhere qualitative Anforderung an das Produkt als Privatreisende. Sie legen Wert auf Komfort und Service, eine große Buchungsflexibilität, ein dichtes Streckennetz, hohe Frequenzen, Pünktlichkeit, Zu- verlässigkeit und eine schnelle Bodenabfertigung sowie damit verbundenen kürzeren Gesamtreise- zeiten. Andererseits weisen sie in der Regel eine niedrigere Preiselastizität als Privatreisende auf, d.h. dass starke Preiserhöhungen/-senkungen nur einen geringen Nachfragerückgang/-anstieg zur Folge haben. Ferner weisen sie einen höheren Anteil an den teureren Buchungsklassen und damit am Gesamtumsatz auf, weshalb sie bevorzugt werden (Schäfer 2003: 79ff.). Privatreisende dienen größtenteils der Erzielung von Deckungsbeiträgen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 234). Ab- gestimmt auf die Bedürfnisse der primären Zielgruppe reicht der Aktionsraum der Network Carrier von inländisch über kontinental bis interkontinental, so dass Kurz-, Mittel- und Langstreckenflüge angeboten werden (Maurer 2002: 29). Diese beziehen sich auf Distanzen von bis zu 1.000, 1.000 bis 5.000 und mehr als 5.000 Kilometern (Schäfer 2003: 74). Inländische Kurzstrecken werden meist von kooperierenden Regional Carriern übernommen. Auf interkontinentalen Langstrecken wird häufig mit anderen Network Carriern kooperiert (Pompl 2007: 101). Ebenfalls aufgrund der An- forderungen der Geschäftsreisenden, werden große internationale Primärflughäfen (Primary Airports) angeflogen, die eine hohe Bedeutung für ein Land aufweisen und die als Drehkreuze ins Ausland dienen. Außerdem werden mittelgroße internationale Flughäfen der zweiten Ordnung (Secondary Airports) bedient (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 234). Auch das Verkehrssystem ist auf die primäre Zielgruppe abgestimmt. Network Carrier operieren im Linienverkehr mit Hub-and-Spoke- System (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 233). Linienverkehr kennzeichnet die regelmäßige und gewerbsmäßige Beförderung von Passagieren, Post oder Fracht (Schäfer 2003: 74). Hub-and-Spoke- System meint ein Netzwerk von Flugstrecken, welches dem eines Rades ähnelt [Abbildung siehe Anhang 6]. Es werden verschiedene Einzelflüge (Spokes/Speichen) etwa zur gleichen Zeit zu einem Drehkreuz (Hub/Nabe) geführt. Nach einer Umsteigezeit verlassen die Flugzeuge den Hub erneut und fliegen entlang der Spokes zurück (Schäfer 2003: 88). Von dem jeweiligen Hub wird somit eine Vielzahl von abgestimmten Flugverbindungen zu den wichtigsten in- und ausländischen Zielen angeboten (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 233). Die Flotte des Network Carrier ist aufgrund der verschiedenen Streckenlängen und Einsatzzwecke zumeist homogen (Pompl 2007: 105) und besteht in der Regel aus mittelgroßen bis großen Flugzeugen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 233).
Anknüpfend an die Beschreibung des Network Carriers wird die zweite Geschäfts- modelloption beschrieben. Der Regional Carrier (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 236) ist ebenso als Regionalfluggesellschaft (Pompl 2007: 102) und Regional (Maurer 2002: 36) bekannt. Dieser Fluggesellschaftstyp ist auf den Verkehr zwischen Regionalflughäfen mit geringerem Aufkommen (Ergänzungsverkehr), zwischen Regional- und Sekundärflughöfen (Interregionalverkehr) sowie zwischen Regional- und Primärflughäfen (Zubringerverkehr) spezialisiert (Pompl 2007: 102). Es wird eine Produktdifferenzierung bei kleineren Flugzeugen in Form einer und bei größeren Maschinen mittels zweier Beförderungsklassen umgesetzt. Das Preisniveau ist eher gehoben. Die Distribution erfolgt meist über eigene Call Center und Internetseiten oder die Vertriebskanäle der Partner. Marktkommunikation wird weniger betrieben, da auf regionalen Strecken mit geringem Aufkommen eine Monopolstellung vorhanden sein kann (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 238).
Die Zielgruppe der Regional Carrier stellen die Geschäftsreisenden dar (Sterzenbach/ Conrady/Fichert 2009: 238). Der Aktionsraum ist daher inländisch bis kontinental und umfasst Kurz- bis Mittelstrecken (Maurer 2002: 36). Es werden kleine bis mittelgroße Regional- und Sekundär- flughäfen sowie große Primärflughäfen bedient, insofern Zu- und Abbringerflüge für die ko- operierenden Network Carrier durchgeführt werden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 238). Das Verkehrssystem ist der Linienverkehr (Maurer 2002: 36) im Point-to-Point-System [Abbildung siehe Anhang 6]. Das Point-to-Point-System bezeichnet ein Netzwerk bestehend aus verschiedenen separaten Einzelverbindungen zwischen jeweils zwei Destinationen, die nicht über Drehkreuze miteinander verknüpft und nicht aufeinander abgestimmt sind (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 204f.). Insofern Regional Carrier Feeder-/Commuter Services (Zu- und Abbringerdienste) für die Network Carrier erbringen (Maurer 2002: 36), operieren sie jedoch in deren Hub-and-Spoke-Netzen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 238). Die Flotte ist heterogen, bestehend aus kleineren Flugzeugtypen. Dadurch können auch Strecken mit geringem Verkehrsaufkommen mit wirtschaftlichem Erfolg bedient werden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 238).
Bei der dritten Geschäftsmodelloption handelt es sich um den erst Anfang der 1970er Jahre entwickelten Lowcost Carrier (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 239), der auch als No Frills Airline oder Discount Airline (Maurer 2002: 38) und Low Cost-Gesellschaft bezeichnet wird (Pompl 2007: 102). Es stellt eine LVG dar, die sich oftmals auf die reine Beförderungsleistung spezialisiert und damit einen besonders preisgünstigen Flugverkehr anbietet (Pompl 2007: 102). Das Produkt- und Serviceangebot ist demnach auf den verspätungsfreien Transport reduziert und beinhaltet daher kaum Frills (Firlefanz) wie z.B. Unterhaltungslektüre und Kinderbetreuung. Außerdem existiert meist nur eine Beförderungsklasse mit hoher Bestuhlungsdichte. Der niedrige Preis stellt das zentrale Verkaufsinstrument dar. Dieser steigt mit Annäherung an den Abflugzeitpunkt, so dass die höhere Preisbereitschaft der kurzfristigen Bucher ausgenutzt wird. Das steht im Gegensatz zu den üblicher- weise sinkenden Preisen im Sinne von Last-Minute-Angeboten, je näher das Abflugdatum rückt. Ferner werden u.a. Zuschläge bei Kreditkartenbuchungen, für Gepäck und Bordverpflegung erhoben. Die Distribution erfolgt über kostengünstige Kanäle wie der Webseite oder Call Center. Bei der Marktkommunikation ist der niedrige Preis vordergründig (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 245).
Die Zielgruppe der Lowcost Carrier stellen demnach preissensitive Privat- und Geschäfts- reisende dar. Der Aktionsraum deckt inländische bis kontinentale Strecken mit hohem Verkehrs- aufkommen ab (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 242ff.). Die Destinationen sind daher meist kleine bis mittelgroße Sekundärflughäfen in der Nähe von Metropolen (Pompl 2007: 109). Im Gegensatz zu den Primärflughäfen ermöglichen diese in der Regel schnellere Prozesse bei der Flugzeug- und Passagierabfertigung mit in der Folge geringeren zeitlichen Verzögerungen, so dass Kosten eingespart werden können. Ferner sind oftmals Abflüge und Ankünfte zu den für Geschäfts- reisende attraktiven Flugzeiten in den Morgen- und Abendstunden möglich (Sterzenbach/Conrady/ Fichert 2009: 244). Das Verkehrsystem ist der Linienverkehr im Point-to-Point-System. Obwohl einige der Basen eine Vielzahl und Häufigkeit von Flügen aufweisen, stellen diese jedoch keine richtigen Drehkreuze dar. Die Verbindungen sind nicht zeitlich aufeinander abgestimmt, so dass meist keine Anschlussflüge bereitgestellt werden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 243). Die Flotte ist homogen und besteht oft aus mittelgroßen Flugzeugen des gleichen Typs, wodurch Wartungs-, Reparatur- und Instandhaltungskosten eingespart werden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 243). Ferner werden durch das Leasing der Maschinen Kosten reduziert (Pompl 2007: 109).
Das vierte Geschäftsmodell ist der Leisure Carrier (Sterzenbach/Conrady/ Fichert 2009: 252). Dieses wird auch als Ferienfluggesellschaft (Pompl 2007: 102) und Touristikfluggesellschaft (Maurer 2002: 32) bezeichnet. Es kennzeichnet eine Airline, die auf den Flugverkehr zu Urlaubsdestinationen spezialisiert ist (Pompl 2007: 102). Das Produkt- und Serviceangebot wird durch Beförderungs- klassen differenziert. Auf kontinentalen Strecken wird meist eine Beförderungsklasse mit hoher Bestuhlungsdichte und auf interkontinentalen Strecken eine weitere höherwertigere Buchungsklasse mit großzügigeren Sitzabständen und -breiten angeboten. Das Preisniveau ist eher niedrig. Insofern die Flüge Teil eines Pauschalreisepakets darstellen, erfolgt die Distribution über die kooperierenden Reiseveranstalter. Im Fall des Einzelplatzverkaufs an Individualreisende besteht ein Direktvertrieb über eigene Webseites oder Call Center. Die Marktkommunikation ist heutzutage oftmals vorrangig auf Individualreisende ausgerichtet (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 253f.). Die Zielgruppe stellen Privatreisende dar, welche eine Haupturlaubs-, Kurzurlaubs- oder Tagesreise unternehmen. Der Aktionsraum reicht von kontinental bis teilweise interkontinental, d.h. es werden sowohl Urlaubsreisen zu näher gelegenen Orten als auch zu weiter entfernten Zielen angeboten. Die Destinationen sind zumeist kleine bis mittelgroße Sekundärflughäfen und z.T. große Primärflughäfen in Urlaubsregionen. Das Verkehrssystem ist der Charterverkehr im Point-to-Point- System (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 253). Der Charterverkehr kennzeichnet einen gegenüber dem Linienverkehr nicht regelmäßigen Flugverkehr von Passagieren, Fracht und Post (Schäfer 2003: 76). Es wird in einem Point-to-Point-System operiert, da die einzelnen touristischen Quellmärkte mit den Feriendestinationen über Direktflüge verbunden sind. Die Flotte ist oft heterogen und besteht aus kleinen bis mittelgroßen Maschinen (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 253). Im Folgenden werden strategische Allianzen im internationalen Luftverkehr beschrieben.
Nachdem Strategien und Geschäftsmodelle von Fluggesellschaften erläutert wurden, wird in diesem Kapitel auf strategische Allianzen als Option der Marktbearbeitungsstrategie eingegangen. Es werden der Begriff der Allianz definiert, die allgemeinen Motive und speziellen Ziele von Luft- verkehrsallianzen beschrieben als auch die oneworld als Praxisbeispiel dieser Arbeit vorgestellt.
Für den Begriff der strategischen Allianz existieren verschiedene Definitionen. Im Rahmen dieser Arbeit wird dieser folgendermaßen definiert:
“Eine strategische Allianz ist eine spezifische Form der Kooperation zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe. Sie zielt darauf ab, durch die Verbindung individueller Stärken und durch die gemeinsame Erfüllung von Teilaufgaben in einem bestimmten strategischen Geschäftsfeld langfristige Erfolgspotentiale aufzubauen und damit die Wettbewerbspositionen der beteiligten Partnerunternehmen gegenüber Dritten zu sichern bzw. zu verbessern. Die Vereinbarung und Umsetzung einer strategischen Allianz stellt einen wesentlichen Bestandteil der Unternehmensplanungen und Gesamtunternehmensstrategien der Allianzpartner dar, wodurch deren wirtschaftliche Autonomie eingeschränkt und das (potentielle) Konkurrenzverhältnis im betroffenen Aktionsfeld aufgehoben wird.“ (Schäfer 2003: 34)
Im Rahmen dieser Arbeit werden strategische Allianzen als eine Form der Zusammenarbeit zwischen rechtlich und wirtschaftlich unabhängigen Airlines im internationalen Passagierluftverkehr verstanden. Die Unternehmensplanungen und -strategien sind dabei eng verknüpft, wodurch das Wettbewerbsverhältnis in dem strategischen Geschäftsfeld Passage teilweise aufgehoben wird.
Bezüglich der organisatorischen Ausgestaltung einer Luftverkehrsallianz sind nach KLEY- MANN/SERISTÖ zwei Konstrukte denkbar - bilaterale und multilaterale Allianz . Eine bilaterale Allianz (portfolio of bilaterals) bedeutet, dass sich zwei Fluggesellschaften zusammenschließen oder eine LVG über bilaterale Abkommen mit mehreren Airlines verfügt, welche untereinander nicht verbunden sind. Eine multilaterale Allianz (multilateral alliance group) bedeutet hingegen, dass eine LVG ein Verbund aus bilateralen Abkommen mit untereinander verbundenen Fluggesellschaften bildet oder sich einem solchen Bündnis anschließt (Kleymann/Seristö 2004: 21f.).
Im Hinblick auf die geographische Ausdehnung bi- und multilateraler Luftverkehrsallianzen unterscheidet MAURER zwei Gebilde - regionale und globale Allianzen . Regionale Allianzen beziehen sich meist auf die Kooperation zwischen Regional und Network Carriern. Die Regional Carrier erbringen, wie im Abschnitt 2.2.3 beschrieben, Zu- und Abbringerdienste für die Network Carrier. Globale Allianzen beziehen sich in der Regel auf die Zusammenarbeit zwischen Network Carriern zur gegenseitigen Erweiterung ihrer weltweiten Streckennetze (Maurer 2002: 50).
Betreffend der integratorischen Intensität der Kooperation innerhalb von multilateralen globalen Luftverkehrsallianzen können drei Integrationsebenen und damit drei Arten von Mitgliedern vorhanden sein - Core participants, Second tiers und Contributors. Auf der ersten Ebene stehen Core participants, die untereinander intensiv kooperieren und hierarchisch gleichgestellt sind. Auf der zweiten Ebene sind Second tiers angesiedelt, welche weniger intensiv ausschließlich mit den Erst- genannten und damit nicht untereinander zusammenarbeiten sowie hierarchisch als nachrangig zu betrachten sind. Auf einer dritten Ebene können Contributors vorhanden sein, die nur auf einzelnen Strecken mit den Erst- und Zweitgenannten kooperieren (Kleymann/Seristö 2004: 19).
Hinsichtlich der inhaltlichen Zusammenarbeit beschreibt SCHÄFER fünf Bereiche - Streckennetz und Flugplan, Vertrieb, Produktharmonisierung, Kundenbindung sowie Produktinnovation (Schäfer 2003: 260). Auf diese wird bei der Erläuterung der Ziele von Allianzen unter 3.3 und bei der Vorstellung der oneworld-Allianz im Unterkapitel 3.4 detailliert eingegangen.
Bezogen auf die Entwicklung der strategischen Allianzen im internationalen Luftverkehr kann konstatiert werden, dass diese vor allem seit der Gründung der ersten multilateralen globalen Star Alliance im Jahr 1997 einen relativ dynamischen Verlauf genommen hat. Allerdings sind einige wie z.B. die Wings, Global Excellence und Qualifyer Group (ehemals European Quality Alliance) mittlerweile nicht mehr existent. Hinsichtlich der drei verbleibenden multilateralen globalen Luft- verkehrsallianzen Star Alliance, SkyTeam und oneworld ist zu erwähnen, dass jeweils eine oder mehrere der großen europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Airlines den Bündnissen an- gehören als auch teilweise von diesen gegründet wurden (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 283).
Heute werden etwa zwei Drittel des weltweiten Flugangebots von alliierten LVG bereit- gestellt. Die restlichen Flüge werden jeweils etwa zur Hälfte von nicht alliierten Network respektive Lowcost Carriern erstellt (OW 2011d: 2). Strategische Allianzen stellen daher eine der wichtigsten Kooperationsformen im internationalen Luftverkehr dar (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 283).
Im Folgenden werden die Motive der strategischen Luftverkehrsallianzen behandelt.
Nach der Definition des Begriffs der strategischen Allianz, werden darauf aufbauend allgemeine Motive für die Bildung von Luftverkehrsallianzen erläutert. Hierzu werden Ansätze aus der Industrieökonomik, der Wettbewerbstheorie und der Institutionenökonomik herangezogen.
Die Industrieökonomik befasst sich mit den Auswirkungen der Branchenstruktur auf das unternehmerische Handeln und die wirtschaftliche Leistung (Schäfer 2003: 43). Der von BAIN und MASON in den 1950er Jahren entwickelte Ansatz des Structure-Conduct-Performance-Paradigma unterstellt eine direkte Abhängigkeit wirtschaftlicher Leistung von der Industriestruktur. Es wird angenommen, dass eine wechselseitige Beziehung zwischen der Marktstruktur (Structure), dem Marktverhalten (Conduct) und den Marktergebnissen (Performance) besteht. Die klassische Aus- prägung des Paradigmas besagt, dass Unternehmen ihr Marktverhalten an eine von außen vor- gegebene Marktstruktur anpassen (Bain 1968: 430ff.). Dadurch führen Veränderungen der Markt- struktur zu Anpassungen des Marktverhaltens der Unternehmen (Schäfer 2003: 256).
Der internationale Luftverkehrsmarkt war über Jahrzehnte hinweg umfassend von staatlichen und nicht-staatlichen Abkommen und Abstimmungen reguliert [für weitergehende Ausführungen siehe Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 20ff. oder Joppien 2003: 197ff.]. Daraus resultierten mono- bzw. dyopolistische Branchenstrukturen mit entsprechend geringer Wettbewerbsintensität und relativ hohen Flugtarifen (Schäfer 2003: 257). Vor allem durch die staatlichen Entregulierungen des US- amerikanischen und europäischen Luftverkehrsmarktes, dem Bedeutungsverlust der nicht-staatlichen IATA, der Open-Skies-Abkommen diverser Länder und der in diesem Zusammenhang erfolgten Öffnung des Transatlantikverkehrs zwischen der EU und den USA veränderte sich die Marktstruktur. Durch weitere rechtliche und wirtschaftliche Entwicklungen wie z.B. dem Wegfall protektion- istischer Maßnahmen einiger Länder, der zunehmenden Privatisierung von Staatsunternehmen sowie dem Eintritt der Lowcost Carrier als neue Marktteilnehmer intensivierte sich der Wettbewerb mit im Ergebnis relativ niedrigen Flugpreisen [für detaillierte Erläuterungen siehe Pompl 2007: 397ff. oder Joppien 2003: 363ff.]. Als sich zudem die Ansprüche der Nachfrager hin zum Seamless Travelling (Nahtloses Reisen mit aufeinander abgestimmten Flügen) veränderten und die LVG erkannten, dass sie die höheren Anforderungen schwerer alleine erfüllen sowie unter der intensiveren Wettbewerbs- situation schwieriger alleine fortbestehen konnten, gingen sie zunehmend Allianzen ein (Schäfer 2003: 256). Den Anfang machten bilaterale Bündnisse. Die im Jahr 1997 gegründete Star Alliance stellte die erste multilaterale Luftverkehrsallianz dar (Sterzenbach/Conrady/Fichert 2009: 283).
Die klassische Form des Paradigmas wurde in den 1980er Jahren insbesondere hinsichtlich der von außen vorgegebenen Marktstruktur kritisiert. PORTER verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Strategie für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen und auf deren Potenzial zur Mitgestaltung der Marktstruktur (Porter 1981: 611ff.). In dem erweiterten Structure- Conduct-Performance-Paradigma hat die Marktstruktur zwar Einfluss auf den Unternehmenserfolg, sie wird jedoch nicht als unveränderbare Ausgangsbedingung für das Verhalten der Firmen betrachtet, sondern kann durch den Einsatz strategischer Instrumente beeinflusst werden (Sydow 1992: 174). Es wird somit gegenüber der klassischen Variante angenommen, dass wechselseitige Effekte zwischen Marktverhalten und Marktstruktur bestehen (Schäfer 2003: 257).
Im Fall der strategischen Allianzen im internationalen Luftverkehr führte der Zusammen- schluss von Fluggesellschaften dazu, dass sich die Branchenstruktur veränderte. Durch die Ko- operation in den Bereichen Streckennetz, Flugplan und Vertrieb sowie der damit einhergehenden Beeinflussung des Buchungsverhaltens der Nachfrager [wg. der breiteren Marktpräsenz in den CRS], entstanden ganze internationale Netzwerkmärkte. Diese sind für allianzexterne LVG im Alleingang nicht nachahmbar und schwer angreifbar, wodurch der Wettbewerb z.T. beschränkt wird (Schäfer 2003: 257). Aufgrund der Erstellung des Großteils des Angebots durch die drei Bündnisse Star Alliance, SkyTeam und oneworld (OW 2011d) veränderten diese die Marktstruktur. Daher findet der Wettbewerb oft weniger zwischen Airlines als vielmehr zwischen Allianzen statt (Pompl 2007: 161).
Einerseits kann festgehalten werden, dass das veränderte Marktverhalten der Airlines in Form der Bildung von Allianzen als Reaktion auf die durch rechtliche und wirtschaftliche Entwicklungen veränderten Marktstrukturen gesehen werden kann. Es kann andererseits konstatiert werden, dass die Allianzen diese Marktstrukturen und damit auch die Marktergebnisse beeinflussen. In diesem komplexen und intensiven Wettbewerbsumfeld kann eine dauerhafte Sicherung und Verbesserung der Marktposition oft nur durch die Allianzbildung erreicht werden, was als erstes Motiv betrachtet wird.
Die moderne Wettbewerbstheorie befasst sich mit der Analyse des Wettbewerbsprozesses. Dabei stellt die Markttheorie einen der wesentlichen Ansätze dar (Schäfer 2003: 49). Die Markt- heorie nach HEUSS (Heuss 1965) besagt, dass der Markt eines Produktes keine feste Größe darstellt, sondern im Zeitablauf einer dynamischen Entwicklung unterliegt (Schäfer 2003: 49). Nach dem ebenfalls von HEUSS stammenden Konzept der Marktphasen (Heuss 1965) durchläuft ein Produkt einen bestimmten Lebenszyklus. Anhand dessen kann die Markentwicklung in vier Phasen unterteilt werden - Experimentierungs-, Expansions-, Ausreifungs- und Stagnationsphase (Schäfer 2003: 50). Diese kennzeichnen verschiedene Wettbewerbssituationen und -intensitäten, so dass kooperatives Verhalten der Marktteilnehmer auf den jeweils unterschiedlichen Marktgegebenheiten beruht. Für die Motive der Allianzen sind v.a. die Expansions- und Ausreifungsphase relevant (Schäfer 2003: 258).
In der Expansionsphase ist die Wettbewerbsposition eines Unternehmens davon abhängig, wie schnell und umfangreich potentielle Nachfrage in einem Wachstumsmarkt erschlossen wird. Durch die Open-Skies-Abkommen veschiedener Staaten und die Entmachtung der nicht-staatlichen IATA wurden für viele Airlines neue internationale Streckenmärkte potentiell zugänglich. Dadurch konnte das Streckennetz erweitert sowie neue Nachfrage generiert werden. Allerdings bestanden weiterhin interne Limitationen aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von finanziellen und organi- satorischen Ressourcen der Airlines, weshalb die Markterschließung im Alleingang nur mit zeitlichen Verzögerungen möglich war. Zudem bestanden insofern externe Limitationen, als dass sich die eine Open-Skies-Politik verfolgenden Staaten, die Auswahl der Partnerländer und die Bestimmung der LVG sowie der zu bedienenden Flughäfen vorbehielten. Um dennoch neue Märkte zu erschließen, gingen viele Airlines streckenbezogene Codesharing-Abkommen mit LVG ein, die von der Markt- öffnung profitierten, so dass sie indirekt ihr Netz erweitern konnten (Schäfer 2003: 258).
Demgegenüber ist in der Ausreifungsphase das Potential für ein Marktwachstum nahezu aus- geschöpft. Daher ist vor allem die Sicherung von Marktanteilen für die dauerhafte Wettbewerbs- fähigkeit eines Unternehmens wichtig. Dies ist durch Produktverbesserung und -differenzierung, Kundenbindung und der damit einhergehenden Errichtung von Marktzugangsbarrieren möglich. Heute sind im internationalen Luftverkehr relativ geringe Expansionspotentiale vorhanden, so dass die größten Teile des Marktes der Ausreifungsphase zuzuordnen sind. Es bestehen dabei weniger nachfrageseitige als vielmehr angebotsseitige Wachstumsbeschränkungen. Diese ergeben sich aus den luft- und bodenseitigen Infrastrukturengpässen an den Flughäfen sowie der begrenzten und vor allem oft nicht marktlichen sondern staatlichen Verteilung der Start-/Landerechte. Deshalb sind die meisten Airlines gezwungen, andere Alternativen zum Alleingang zu wählen, um bestehende Kunden zu binden und etwaige neue Kunden zu gewinnen. Durch die Ausnutzung von Synergieeffekten in Allianzen z.B. bei der Erweiterung des Streckennetzes, der Entwicklung von Allianzprodukten und der Kombination der Kundenbindungsprogramme kann dies besser erreicht werden. Ferner kann das gemeinschaftliche Abschöpfen verbleibender Gewinnmöglichkeiten auch genutzt werden, um den in der Ausreifungsphase steigenden Konkurrenzdruck zu verringern (Schäfer 2003: 258f.).
Abschließend kann festgehalten werden, dass sich der internationale Luftverkehrsmarkt derzeit größtenteils in der Ausreifungsphase befindet. Aus den daraus resultierenden Marktgegebenheiten kann ein zweites allgemeines Motiv strategischer Allianzen in der besseren Bindung schon vorhandener sowie der Gewinnung etwaiger neuer Kunden gesehen werden.
Die Neue Institutionenökonomik beschäftigt sich mit der Analyse des institutionellen Um- elds und der Arrangements der Wirtschaft (Picot 1991: 144). Der in diesem Fall herangezogene Transaktionskosten-Ansatz betrifft die Koordinationsmechanismen wirtschaftlicher Abläufe und die diesbezüglichen Kosten (Schäfer 2003: 36). Dieser geht auf Arbeiten von COASE (Coase 1937) in den 1930er Jahren zurück und wurde in den 1970/80er Jahren von WILLIAMSON (Williamson 1975) unter Einbeziehung von RICHARDSON (Richardson 1972) mit dem Markt-Hierarchie- Paradigma weiterentwickelt. Bei diesem wird angenommen, dass eine Transaktion bzw. die Durch- führung eines Leistungsaustauschs über verschiedene institutionelle Arrangements durchgeführt werden kann. Dabei stellen Märkte und Hierarchien die beiden Grundformen dar (Schäfer 2003: 36).
Auf Märkten werden Transaktionen zwischen Unternehmen über den Preis koordiniert. In Hierarchien erfolgt die Koordination von Transaktionen hingegen innerhalb von Unternehmen durch die Weisungen der Leitung. Zwischen den beiden Grundformen Märkten und Hierarchien bestehen mit den Kooperationen weitere Koordinationsmechanismen (Schäfer 2003: 36f.). SCHÄFER (Schäfer 2003: 40) interpretiert den Transaktionsbegriff jedoch nicht austauschorientiert sondern in Anlehnung an COMMONS (Commons 1934) interaktionsgerichtet. Sie deutet die Transaktion nicht als Austausch von Leistungen, sondern als Interaktion zwischen Wirtschaftssubjekten. Aufgrund der Interaktion zwischen Wettbewerbern auf der gleichen Wertschöpfungsstufe stellen Allianzen dem- nach als spezifische Kooperationsform horizontale institutionelle Arrangements dar. Da die Ko- operationen sowohl marktliche als auch hierarchische Elemente von Organisationsformen beinhalten und damit zwischen den Grundformen Märkten und Hierarchien stehen, sind Allianzen ferner als hybride institutionelle Arrangements zu betrachten. Die Allianzbildung ist nach dem Transaktions- kosten-Ansatz die institutionell effizienteste Option, wenn sie gegenüber den anderen zur Verfügung stehenden Alternativen die geringsten Transaktionskosten verursacht (Schäfer 2003: 40).
Der im Abschnitt 2.1.6 als Option der Marktbearbeitungsstrategie von Airlines beschriebene Alleingang ist im Vergleich zur Alternative der strategischen Allianz kurzfristig mit niedrigeren Transaktionskosten verbunden. Es entstehen keine Aufwendungen für die Suche nach, für die Ver- handlungen mit und für die Integration von Partnern. Allerdings verursacht der Alleingang mittel- bis langfristig höhere Kosten. Die Erschließung neuer Strecken und der hierfür notwendige Erwerb von Verkehrs-, Start- und Landerechten sowie Investitionen in die Bodeninfrastruktur an den Flughäfen in Form von Abfertigungs-/Warteeinrichtungen etc. sind allein zeit- und kostenintensiver als gemein- sam. Darüber hinaus ist das internationale Wachstum einer Airline im Alleingang durch verschiedene rechtlich-institutionelle Barrieren weiterhin beschränkt. Dadurch sind der Aufbau eines globalen Streckennetzes und die Bereitstellung von Komplettlösungen aus einer Hand zur Ermöglichung des Seamless Travelling für eine LVG allein selbst mit genügend finanziellen Mitteln oft nicht möglich. Beim Alleingang bestehen daher Transaktionskostennachteile ggü. der Allianz (Schäfer 2003: 255f.).
Ferner sind die unter 2.1.6 erläuterten Fusionen und Akquisitionen als weitere Optionen der Marktbearbeitungsstrategie bereits kurzfristig mit höheren Transaktionskosten als die strategischen Allianzen verbunden. Es müssen ein oder mehrere Unternehmen teilweise oder vollständig integriert werden, wodurch ein größerer zeitlicher, koordinatorischer und monetärer Aufwand entsteht. Im Konstrukt der Allianz werden hingegen geringere Transaktionskosten verursacht, da lediglich die Teile der Wertschöpfungskette eines bestimmten strategischen Geschäftsfelds einbezogen werden, welche bezüglich der gemeinsamen Zielerreichung von Bedeutung sind. Darüber hinaus sind bislang Fusionen und Akquisitionen meist ausschließlich national möglich und zweckmäßig, weil bei derartigen grenzüberschreitenden Aktivitäten die institutionelle Restriktion der Foreign Ownership Rule (Nationalitätenklausel) zum Tragen kommt. Diese sieht einen Verlust der Flugrechte der jeweiligen Airline vor, insofern diese mehrheitlich in den Besitz eines ausländischen Unternehmens übergeht. Somit bleibt der Zugriff auf die Erfolgspotenziale und Wettbewerbsvorteile, bspw. der Zugangs zu neuen Flughäfen zur Streckennetzerweiterung verwehrt. Daher bestehen auch bei Fusionen und Akquisitionen Transaktionskostennachteile ggü. der Allianz (Schäfer 2003: 255).
Schlussfolgernd stellen die niedrigeren Kosten gegenüber den anderen beiden Optionen, vor allem bei der Markterschließung, ein drittes Motiv der Luftverkehrsallianzen dar. Die folgende Abbildung fasst die drei allgemeinen Motive der Allianzen zusammen:
Abb. 4: Motive strategischer Allianzen im Luftverkehr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Im Folgenden wird auf die Ziele der Luftverkehrsallianzen eingegangen.
Nach der Erläuterung allgemeiner Motive werden nun spezielle Ziele von Luftverkehrs- allianzen beschrieben. Dafür werden drei Ansätze (Diesfeld 2004: 447ff.; Pompl 2007: 143f.; Schäfer 2003: 249ff.) verwendet. Die Allianzen selbst publizieren v.a. Zielsetzungen, die einen Nutzen für die Nachfrager erzeugen (OW 2011d; Star Alliance 2011; SkyTeam 2011). Daher werden die Ziele in drei Dimensionen unterteilt. Ferner werden die unter 3.1 erwähnten Kooperationsinhalte eingefügt.
Die nachfragegerichteten Ziele beziehen sich auf den erhöhten Nutzen für die Kunden, welcher sich aus der Kooperation der Airlines in strategischen Allianzen ergeben kann.
Erweiterung des Streckennetzes
Für eine international agierende Airline stellt ein optimal abgestimmtes Streckennetz mit großer Destinationsauswahl einen Erfolgsfaktor dar (Schäfer 2003: 213). Trotz der Entregulierungen bestehen weiter die unter 3.2. erwähnten rechtlich-wirtschaftlichen Limitationen, die es erschweren ein internationales Netz im Alleingang aufzubauen und aufrechtzuerhalten (Diesfeld 2004: 452).
Im Rahmen der Allianzkooperation werden durch den wechselseitigen Zugriff auf die Ressourcen und Technologien sowohl der Marktzugang als auch die Markterschließung erleichtert. Durch den Zugriff auf die Flughäfen, die dortige Infrastruktur und das Personal wird der Zugang zu den Streckenmärkten der Partner ermöglicht (Schäfer 2003: 249ff.). Ferner können bislang wegen zu geringem Aufkommen nicht bediente Strecken durch eine Zusammenführung der Verkehrsströme erschlossen werden. Ferner ist eine Erschließung weiterer Märkte durch die Umgehung der verkehrs- rechtlichen und operationalen Barrieren, v.a. durch das Codesharing , möglich (Pompl 2007: 143). Ferner werden die Streckennetze der Allianzgesellschaften verknüpft (Diesfeld 2004: 448). Dies erfolgt derart, als das sich Netzwerke von zusammenhängenden Flügen ergeben. Zusätzlich werden die Flugpläne aufeinander abgestimmt, damit die Zeiten und Frequenzen ein optimales Netz aus Online- bzw. Quasi-Online-Verbindungen ergeben. Online-Verbindungen meinen aus zwei oder mehreren Teilstrecken bestehende Flugverbindungen, welche von einer Airline durchgeführt werden.
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