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Examensarbeit, 2011
101 Seiten, Note: 1,5
1 Einführung
Teil I: Zur Erlebnispädagogik in der Schule
2 Erlebnispädagogik - Sportpädagogik
3 Einführung in die Erlebnispädagogik
4 Entstehung der Erlebnispädagogik
5 EP aus der Schule in die Schule
6 Lernmodelle
6.1 Lernen zwischen Komfort- und Panikzone
6.2 Das Flow-Modell
6.3 Erlebnisorientierter Lernzyklus
7 Wirkungsmodelle
7.1 The Mountain speak for Themselves
7.2 Kommentiertes Handlungslernen
7.3 Outward Bound Plus - das Reflexionsmodell
7.4 Direktives Handlungslernen
7.5 Metaphorisches Grundmodell
7.6 Metaphorisches Handlungslernen
7.7 Indirekt-metaphorisches Handlungslernen
8 Möglichkeiten der Erlebnispädagogik
9 Die Chancen des Feedbacks
9.1 Feedbackregeln
9.2 Feedback geben
9.3 Feedback nehmen
10 Reflexion
10.1 Reflexions-Fragen
10.2 Reflexions-Methoden
11 Ausgewählte Beispiele aus der Schule
11.1 Internatsschule Salem am Bodensee
11.2 Hegau Gymnasium Singen am Hohentwiel
11.3 Gymnasium Schloss Gaienhofen am Bodensee
11.4 Evangelische Schule am Firstwald, Mössingen
12 Konzeption einer erlebnispädagogischen Unterrichtsstunde
12.1 Stundenverlauf
12.2 Gemeinsame Merkmale von Übungen
12.3 Richtige Auswahl von Übungen
12.4 Anpassung und Veränderung von Übungen
12.5 Rahmenziele
12.6 Aufgaben des Spielleiters
12.7 Merkmale eines idealen Spielortes
12.8 Sicherheitsvorkehrungen
Teil II: Zur Praxis der Erlebnispädagogik in der Schule
13 Spielesammlung
13.1 Kennenlernen
13.1.1 Schuhhaufen
13.1.2 Alle die wo
13.1.3 Aufstellen
13.2 Warm-Ups (Wups)
13.2.1 Alaskian Rugby
13.2.2 Atom-Spiel
13.2.3 Riesen-Zauberer-Elfen
13.2.4 Pferderennen
13.2.5 Wäscheklammerklau
13.2.6 Drei Kreise 62
13.3 Kommunikations- und Kooperationsaufgaben
13.3.1 Baum finden
13.3.2 Die Rettung
13.3.3 Der Geheime Code
13.3.4 Plane falten / Insel
13.3.5 Das Haus vom Nikolaus
13.3.6 Heißer Draht
13.4 Vertrauen
13.4.1 Die Welle
13.4.2 Maikäferspiel
13.4.3 Mattenimbiss
13.4.4 Fall vom Kasten
14 Beispielprojekt - Erlebnispädagogik in der Schule
15 Fazit
16 Ausblick
17 Literaturverzeichnis
18 Anlage
18.1 Bericht zu den erlebnispädagogischen Projekttagen
Abbildung 1: Lernen zwischen Komfort- und Panikzone
Abbildung 2: Das Flow Modell
Abbildung 3: Der erlebnisorientierte Lernzyklus
Abbildung 4: The Mountain speak for Themselves
Abbildung 5: Outward Bound Plus - das Reflexionsmodell
Abbildung 6: Das metaphorische Grundmodell
Abbildung 7: Das metaphorische Handlungslernen
Abbildung 8: Erlebnispädagogisches Schulcurriculum in Salem
Abbildung 9: Phasen der EP-Programmgestaltung
Abbildung 10: Schuhhaufen
Abbildung 11: Atom Spiel
Abbildung 12: Wäscheklammerklau
Abbildung 13: Drei Kreise
Abbildung 14: Der geheime Code
Abbildung 15: Das Haus vom Nikolaus
Abbildung 16: Die Welle
Abbildung 17: Maikäferspiel
Abbildung 18: Mattenimbiss
Abbildung 19: Fall vom Kasten
Tabelle 1: Reflexionsbogen zum Ankreuzen
Tabelle 2: Unterrichtsverlaufsplan
Tabelle 3: Merkmale eines idealen Spielortes
Tabelle 4: Kategorien der kooperativen Abenteuerspiele 51
Im Sommersemester 2006 startete meine erlebnispädagogische Laufbahn mit der Ausbildung zum Hochseilgärtner und Erlebnis- pädagogen bei Univenture. Im selben Semester bot die Sport- wissenschaft erstmalig ein Seminar zur Erlebnispädagogik (EP) an. Je intensiver ich mich mit dem Thema befasste, desto mehr faszinierte es mich. Da ich seit 2002 mit Gruppen in verschiedenen Teilbereichen arbeite, konnte ich mir die inhaltlichen Fragestellungen, Konzepte und Überlegungen gut vorstellen. Von den unzähligen Aufgaben und Spielen aus den verschiedenen Kategorien war ich ebenfalls begeistert. Im EP-Seminar konnte ich sehen, wie die Erlebnispädagogik ihre Anwendung in Vereinen und anderen Gruppen findet. Jedoch war mir unklar, wie das Lebensfeld Schule von dieser neuen Art der Pädagogik profitieren könnte. Ich wollte ganz konkret wissen, wie Erlebnis- pädagogik im Rahmen der Schule eingesetzt wird. Hierzu wählte ich eine Internatsschule und Vorreiter in diesem Gebiet, die Internatsschule Salem am Bodensee, aus. Nach einer 30-seitigen Ausarbeitung war jedoch klar, dass auch die Schule Salem die EP nicht im normalen Schulalltag benutzt, sondern nur auf Klassenfahrten. Jedoch gab mir die Hausarbeit weitere Einblicke in die EP.
Durch meine langjährige Betreuung und Durchführung von EP- Programmen mit Schulklassen bei Univenture, ist die Frage nach dem Zweck der EP schon lange beantwortet. Verstehen durch Erleben, verstehen durch Selbsterlebnis, wie auch schon Konfuzius erkannte.
„Ich höre und ich vergesse, ich sehe und erinnere mich, ich erlebe und verstehe“. Konfuzius (551 - 449 v. Chr.)
EP-Programme können Einfluss auf ganze Klassen und Individuen haben. Das persönliche Selbstwertgefühl, der Klassen- und Gruppenzusammenhalt, das Klassenklima, die Kommunikation sowie die Art der Kommunikation, die Zusammenarbeit innerhalb von Gruppen und die Eingliederung von Außenseitern können gestärkt werden. Dies sind nur wenige der möglichen und teils bewusst gesteuerten Ziele und
Effekte, die EP haben kann. In meinem Schulpraktikum, das ich an der Deutschen Schule New Delhi in Indien gemachte habe, nutzte ich die Chance, EP Aufgaben im Sportunterricht mit den Klassen 5 -10 durchzuführen.
Aus diesen Gründen möchte ich meine Wissenschaftliche Arbeit der Aufgabe widmen, für LehrerInnen ein Konzept zu entwickeln, um ihnen die Tür zur EP aufzustoßen. Ihnen soll ermöglicht werden, ohne langjährige Erfahrung, den Mut aufzubringen, solche Aufgaben im Unterricht, in Projekttagen und Schullandheimen einzusetzen. Die Begriffe Lehrer und Lehrerinnen sowie Schüler und Schülerinnen werden in dieser Arbeit im Folgenden als Synonyme verwendet.
In meiner Arbeit werde ich zunächst eine Einführung in die EP geben, im Anschluss daran gibt es einen kurzen geschichtlichen Abriss der Entstehungsgeschichte. Anschließend werde ich die Hauptprinzipien der EP erläutern sowie den Sinn und die Möglichkeiten der EP und des Feedbacks darlegen. Beispiele aus verschiedenen Schulen werden dann Möglichkeiten zu Anwendungsfeldern aufzeigen. Ich möchte hiermit die Basis für erlebnispädagogische Stunden schaffen und alle inhaltlich wichtigen Fragen zur Auswahl, Anpassung und Durchführung von Übungen, sowie die Aufgaben des Spielleiters und Sicherheits- vorkehrungen behandeln. Zudem werde ich noch den konkreten Aufbau einer erlebnispädagogischen Stunde mit Stundenverlaufsplan aufzeigen. Schließlich werde ich ein Konzept präsentieren, aus welchem Lehrer verschiedene erlebnispädagogische Aufgaben auswählen können, um diese dann in der Schule umzusetzen.
Die Aufgaben werden in verschiedene Kategorien gegliedert:
- Kennenlernen
- Warm-Ups (Wups)
- Kooperations- und Kommunikationsaufgaben
- Vertrauen
Zur übersichtlichen Darstellung der Aufgaben, werde ich mich an der Reihe „Praxisideen“ vom Hofmann Verlag orientieren.
Ich werde zu jeder Aufgabe den Titel, darunter Kategorie, Spielcharakter, Lernziel, Teilnehmerzahl, Altersbereich, Dauer, Ort, Schwierigkeit und Geräte/Material auflisten, ein Photo oder ein Bild hinzufügen und anschließend die Spielidee, pädagogische Hinweise und Variationsmöglichkeiten darstellen.
Mit dieser Arbeit hoffe ich ein Stück weit dem Interesse und dem Bedarf von Lehrern nachkommen zu können und sie zu ermutigen EP im Schulalltag zu nutzen. Der Einsatz von Erlebnispädagogik in der Schule befindet sich noch in den Kinderschuhen, weitere Möglichkeiten und Effekte sind schwer vorherzusagen und werden erst nach und nach untersucht. Um eine Problemlöseaufgabe erfolgreich zu lösen, braucht es zuerst eine Idee und ein Konzept, diesen Teil möchte ich hiermit übernehmen. Zur Umsetzung fehlt dann nur noch eines - MUT, denn die Erfahrungen kommen von selbst.
Der erste Teil gibt eine inhaltliche Einführung zur Erlebnispädagogik in der Schule. Zunächst wird der Begriff der Erlebnispädagogik in die Sportpädagogik eingeordnet und eingeführt. Daraufhin erfolgt die Entstehungsgeschichte der EP und die Verbindung zur Schule. Folgende Fragen werden dann in den darauffolgenden Kapiteln beantwortet: Warum und wie kann der Schüler von oder mit der EP lernen? Was sind Möglichkeiten und Ziele? Was verbirgt sich hinter dem Feedback und wie sehen die Regeln diesbezüglich aus? Weshalb braucht es die Reflexion und wie können Schüler besonders gut reflektieren? Im vorletzten Kapitel stelle ich verschiedene Anwendungs- felder und Beispiele aus der Schule vor. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit einer der wichtigsten Fragen: wie sieht das Konzept für eine erlebnispädagogische Unterrichtsstunde aus? Diese Kapitel sollen das notwendige theoretische Wissen schaffen, mit dem ein Lehrer sich befähigt fühlt, erlebnispädagogische Impulse im Klassenzimmer, auf Klassenfahrt oder an Projekttagen durchzuführen.
Die Sportpädagogik hat im letzten Jahrzehnt das Erlebnis wieder neu für sich entdeckt und beschäftigt sich intensiv mit den Begriffen: Erlebnis, Wagnis und Risiko. Dabei wurde der Abenteuer-, Erlebnisund Wagnissport aufgewertet und in Bezug zu den Veränderungen der Lebensphasen der Kindheit bzw. der Jugend gestellt.
Die Aufwertung des Wagnisses erscheint hierbei zuallererst als Ausdruck der erzieherischen Bemühungen, einen fruchtbaren Bezug zu den Lebenswelten und Handlungsstilen, [...] den Sportmotiven von Heranwachsenden in unserer Gesellschaft herzustellen und die Formen der juvenilen Erlebnissuche zum Ansatzpunkt pädagogischen Handels zu machen. (Schwier, 2003)
Schwier ist der Meinung, dass die schulische und außerschulische Inszenierung von Bewegung, Spiel und Sport eine nachhaltige Persönlichkeitsentwicklung zum Ziel haben sollte und genau diese eine Teildisziplin der Sportpädagogik ist. Er ergänzt dazu das Problem einer systematischen Anleitung von sport-, und bewegungsbezogenen Lehr- und Lernprozessen. Als bedeutendes Konzept in der Sportpädagogik erklärt Kurz (2001) im mehrperspektivischen Sportunterricht, als eine die sechs pädagogischen Perspektiven, die im Verlauf der Jahrgangs- stufe jede Perspektive einmal schwerpunktmäßig thematisiert. Die sechs pädagogischen Perspektiven für das Fach Sport sind:
- Das Leisten erfahren und reflektieren,
- gemeinsam handeln, spielen und sich verständigen,
- die Fitness verbessern, Gesundheitsbewusstsein entwickeln, - die Wahrnehmungsfähigkeit verbessern,
- sich körperlich ausdrücken, Bewegungen gestalten, - etwas wagen und verantworten.
Die Sportpädagogik hat die Möglichkeiten, die Chancen, die Methoden und Perspektiven der Erlebnispädagogik entdeckt. Die EP kann durch Bewegung und Spiel nachhaltig die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler positiv beeinflussen. Sie kann sport-, und bewegungsbezogene Lehr- und Lernprozesse ermöglichen und steuern. Zusätzlich verdient die EP als pädagogische Perspektive des mehrperspektivischen Sportunterrichts einen festen Platz im Schulsport. Die Renaissance der EP in der Sportpädagogik wird ebenfalls durch die vermehrte Anzahl von sportwissenschaftlichen Publikationen und Studien unterstützt. Diese Publikationen und Studien analysieren die unterschiedliche Erklärungsmodelle der EP und bieten zu konkreten Praxiseinheiten vielfältigen Beiträge. (vgl. Schwier, 2003)
Der Einfluss der EP in der Sportpädagogik sowie in der Schule wird sich weiter vertiefen, da Sportlehrer vermehrt an Universitäten gezielt ausgebildet und fortgebildet werden. Beispielsweiße entstand an der Universität Konstanz im Jahre 2006 ein Zentrum für Erlebnispädagogik und handlungsorientiertes Lernen. Dieses Kapitel soll den Einfluss und die Verbindung der EP zur Sportpädagogik verdeutlichen.
Erlebnispädagogik (EP) kann viele Farben und Formen annehmen. Annähernd jede Aktivität, die draußen und viele, die drinnen stattfinden, kann durch die richtige Berücksichtigung einiger Faktoren zu einer erlebnispädagogischen Aufgabe oder Veranstaltung werden. Laut Michl (2009) ist eine Aktivität nur dann Erlebnispädagogik, wenn versucht wird, die Erlebnisse durch Reflexion und Transfer pädagogisch wirksam zu machen. Eine Natursportart wie Klettern, die nur um ihrer selbst willen durchgeführt wird, bleibt eine Natursportart. Natursportarten oder andere Outdoor-Aktivitäten sind daher manchmal nur schwierig von Erlebnispädagogik und reinem Vergnügen zu unterscheiden. Für die EP gibt es sehr viele verschiedene Definitionen. Die Erlebnispädagogen konnten sich bislang noch nicht auf eine geltende Definition einigen.
Die unten stehende Definition von Heckmair & Michl, aus dem Jahr 2008, ist die bisher am weitesten anerkannte Definition von Erlebnis- pädagogik.
Sie lautet folgendermaßen:
Erlebnispädagogik ist eine handlungsorientierte Methode und will durch exemplarische Lernprozesse, in denen junge Menschen vor physische, psychische und soziale Herausforderungen gestellt werden, diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dazu befähigen, ihre Lebenswelt verantwortlich zu gestalten. (Heckmair & Michl, S. 115, 2008)
Wie die Definition zeigt, ist die EP eine handlungsorientierte Methode. Das Lernen und Erlernen durch Handlung ist das Fundament der EP. Laut Definition gibt die EP den Rahmen dazu, durch Handeln exemplarische Lernprozesse anzustoßen. Das Handeln bezieht sich auf den Umgang mit den physischen, psychischen und sozialen Herausforderungen, die den Schülern mit einer erlebnispädagogischen Aufgabe gestellt werden. Diese Herausforderungen, die von den Schülern bewältigt und gemeistert werden, fördern die Entwicklung ihrer Persönlichkeit, da sie durch die Herausforderungen etwas gelernt haben. Das Erlernte konnte durch die erlebnispädagogische Aufgabe greifbar und verständlich gemacht werden. Aus dem Erlernten macht der Schüler eine Erfahrung und diese Erfahrung soll laut Definition die Schüler dazu befähigen, ihren Alltag zu meistern und rücksichtsvoll, verständnisvoll und hilfsbereit ihr Leben zu führen. Die Definition fasst die Chancen, Ziele, Aufgaben und Methoden der EP treffend zusammen. Die wichtigsten Wörter der Definition, meiner Meinung nach, sind unterstrichen. Ein Wort in der Definition ist jedoch für mich problematisch: „junge“ Menschen. Es ist durchgestrichen. Mit dem Wort „junge“ stellen Heckmair & Michl die EP ausschließlich für junge oder jüngere Menschen zur Verfügung und stellen in der Definition die Behauptung auf, dass ältere Menschen von der EP nicht profitieren können. So könnte behauptet werden, dass die EP die Persönlichkeit der älteren Menschen durch die Herausforderungen nicht mehr beeinflussen kann oder der Transfer in den Alltag für Ältere nicht mehr möglich ist. So könnte dies der Grund sein, warum Heckmaier & Michl besonders junge Menschen als Zielgruppe für die EP gesehen haben.
Die Einschränkung der EP und deren Zielgruppe bewusst auf Jüngere kann ich durch meine Erfahrungen auf keinen Fall nachvollziehen. Meiner Meinung nach beinhaltet die Zielgruppe der EP ausnahmslos alle Altersschichten.
Die Erlebnis- , Spiel- und Abenteuerpädagogik spielen heutzutage eine besonders große Rolle. Bereits 2003 hat Reiners die Aktualität der Erlebnispädagogik festgehalten. Ihrer Meinung nach bedarf es die EP weil: die privaten und sozialen Systeme sich auflösen, das Bedürfnis an Individualität steigt, jedoch die Solidarität stark abnimmt und die Welt der Erwachsenen fast keine Berührungspunkte mit den Kindern mehr hat. Als weitere Gründe nennt sie den Drang der Kinder nach Abenteuer, Selbsterfahrung und Entdecken, den Wegfall von Spielflächen und das Verhindern von Bewegungsmöglichkeiten, die Abnahme von Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft, sowie die Zunahme der Umweltverschmutzung und sie bemerkt, dass mehr Verständnis für die Umwelt benötigt wird. Diese Gründe von Reiners bestätigen die Aktualität und Wichtigkeit, die EP in der Lebenswelt der Schüler einzusetzen.
Nach dieser kurzen Einführung in die EP folgt nun ein geschichtlicher Überblick, um die Entstehung der EP zu verdeutlichen.
Die wichtigsten Vordenker der Erlebnispädagogik waren Jean Jacques Rousseau (1712 - 1778) und Henry David Thoreau (1817 - 1862). Der Vater der Erlebnispädagogik ist Kurt Hahn (1886 - 1974).
Für Rousseau gilt die natürliche Erziehung ohne Erzieher, bei der die eigenen Erfahrungen und die negativen Folgen den Menschen bilden. Seine Methode ist eindeutig, die Situationen sind die Lehrer. Die Erziehung wird von der Natur, Dingen und von den Menschen beeinflusst, wobei der Mensch nur die Erziehung durch die Natur ermöglichen soll.
Rousseau vertritt die Meinung, dass die natürliche Erziehung den Menschen zu seiner natürlichen Bestimmung führen kann.
Rousseau [...] entdeckte die Lebensphase Kindheit. Erlebnisse und Abenteuer in der Natur und die Auseinander- setzung mit ihr sind die treibende erzieherische Kraft. Das unmittelbare und aktive Lernen fördert in optimaler Weise das Kind. Damit hat Rousseau die Grundmauern zum erlebnis- und handlungsorientierten Lernen geschaffen. (Michl, 2009, S. 22)
„Rousseau philosophierte über die Natur und das Leben in Einsamkeit und Einfachheit, Thoreau setzt dies in die Tat um.“ (Michl, 2009, S. 20) Thoreau lebte zweieinhalb Jahre in einer selbstgebauten Hütte am Walden See, um alles Nutzloses hinter sich zu lassen und wieder zurück zur Natur, als große Erzieherin und Lehrmeisterin, zurück- zukehren. Er stellt sich grundlegende philosophische Fragen und nutzt die Einsamkeit als Therapie zum Reflektieren. Sein Weg in die Natur ist ein Weg ins eigene Selbst.
Thoreau war ein Aussteiger, Pädagoge, Poet und letztlich auch ein Tiefenpsychologe des 19.Jahrhunderts, der allen unnötigen zivilisatorischen Ballast auf dem Weg zum Unbewussten, zur Erkenntnis und zum geglückten Lebens abwerfen will. Er wirkt v.a. durch seine Erlebnisse und Erkenntnisse, die er in seinen Tagebüchern aufgezeichnet hat. Sein Rückzug zum Walden-See wird später zum Muster für Solo-Experience: einige Tage und Nächte allein in der Natur verbringen [...]. (Michl, 2009, S. 24)
Rousseau und Thoreau haben beide mit ihren Gedanken und Erkenntnissen zur Entstehung der heutigen Erlebnispädagogik beigetragen. Der Vater der Erlebnispädagogik ist Kurt Hahn mit seiner bekannten Erlebnistherapie, die durch den Reformpädagogikprozess (1880 - 1930) beeinflusst wurde. Für die Reformpädagogik war das Erlebnis ein zentraler Begriff. Kurt Hahn, Vater der Erlebnispädagogik leitete von 1920 bis 1933 das Landerziehungsheim in Salem und erkannte damals, dass die Jugend unter dem Mangel an menschlicher Anteilnahme, dem Verfall der körperlichen Tauglichkeit, dem Verfall der Sorgsamkeit und dem Mangel an Initiative und Spontanität litt.
Gegen diese Mangelerscheinungen hat Hahn sein bekanntes Erziehungsmodell entwickelt, das er als „Erlebnistherapie“ bezeichnete. Die „Erlebnistherapie“ hat Hahn aus verschiedenen Elementen der Charakterbildung zu einem sinnvollen Konzept weiterentwickelt. Die vier zentralen pädagogischen Elemente, die nicht gegeneinander ausgetauscht werden können, da sie alle gleich notwendig erscheinen, sind: Der (Rettungs-)Dienst, auch als „Dienst am Nächsten“ bezeichnet, wurde von Hahn als wichtigstes Element der Erlebnistherapie angesehen. Je nach Standort wurden die Schüler zu ehrenamtlichen Tätigkeiten in Krankenhäusern, der Bergrettung o.ä. eingeteilt. Das zweite Element ist das körperliche Training, welches der Steigerung von Vitalität, Kondition, Mut und Überwindungskraft dienen sollte. Mit dem Projekt wird eine thematisch und zeitlich abgeschlossene Aktion gemeint, die handwerklich-technische oder künstlerische An- forderungen an die Teilnehmer stellt. Ziele sind das Entdecken der eigenen Talende, die Entfaltung von Selbständigkeit, Förderung der Kreativität, des Problembewusstseins und der Teamfähigkeit. Als letztes pädagogische Element der Erlebnistherapie ist die Expedition gemeint, eine mehrtägige Tour in einer herausfordernden Naturlandschaft. Die Tour wird von den Teilnehmern intensiv geplant und vorbereitet.
Mit den Salemer Gesetzen wird die Erlebnistherapie von Hahn zu einem pädagogischen Konzept, das bis heute aktuelle pädagogische Anregungen beinhaltet.
1. Gebt den Kindern Gelegenheit sich selbst zu entdecken.
2. Lasst die Kinder Triumph und Niederlage erleben.
3. Gebt den Kindern Gelegenheit zur Selbsthingabe an die ge- meinsame Sache.
4. Sorgt für Zeiten der Stille.
5. Übt die Phantasie.
6. Lasst Wettkämpfe eine wichtige, aber keine vorherrschende Rolle spielen.
7. Erlöst die Söhne und Töchter reicher und mächtiger Eltern von dem entnervenden Gefühl der Privilegiertheit.
Er gründete 1951 das erste Bildungshaus „Outward Bound“ und danach weitere United World Colleges. Es gibt bis heute kaum inhaltliche Veränderungen bei Outward Bound Programmen, die heute in über 50 Standorten in 35 verschiedenen Ländern ihre Anwendung finden.
Wie die Entstehungsgeschichte der EP zeigt, ist die EP keine neumodische pädagogisch Erscheinung, sondern basiert vielmehr auf vielen Jahrhunderten an Vorüberlegungen und Weiterentwicklungen, die zur heutigen Erscheinungsform beigetragen haben. (Vgl. Michl, S. 17ff, 2009)
Die EP kommt geschichtlich gesehen aus der Schule, wurde jedoch zeitweise wieder vergessen und hält nun wieder ihren Einzug in alle Schulformen, sowie in die meisten Unternehmen.
Die EP muss keine extreme Aktivität, wie ein Segeltörn, eine Wanderung oder Klettern beinhalten, sondern eine kooperative Abenteuerübung oder erlebnispädagogische Feedback-Methoden und Warm-Ups (Wups) reichen vollkommen aus. Unter einer kooperativen Abenteuerübung versteht man eine Übung, die eine Herausforderung an die gesamte Gruppe stellt und von den Schülern als anspruchsvoll empfunden wird. Den zentralen Stellenwert hat die Kooperation innerhalb der Klasse und die Übung wird als eine spielerische Herausforderung gestellt. Mehrere Autoren haben festgestellt, dass ein lernfreundliches Klima positive Auswirkungen auf Schüler und Klasse hat. Laut Bütler und Meyer hat ein lernfreundliches Klima folgende Vorteile:
Die Schüler können ihre Fähigkeiten und Interessen im lernfreundlichen Klima besser entfalten. Der Anteil echter Lernzeit wird erhöht. Es ist einfacher, ein kooperatives Unterrichtsmanagement zu realisieren und ein Arbeits- bündnis einzugehen. Außerdem kann sicher damit gerechnet werden, dass ein gutes Klima die Berufszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer erhöht und dadurch positive Effekte an anderen Stellen auslöst. (Bütler & Meyer, 2006)
Auch Eder hat 2002 positive Auswirkungen auf Grund eines guten Klassenklimas gefunden. Er unterteilt die Auswirkungen in die Leistungsbereitschaft, die Einstellung zu Schule und Unterricht, das Sozialverhalten und die Interessenentwicklung. Eine positive Leistungsbereitschaft führt zu einer intensiveren Mitarbeit, weniger Schulangst und weniger Leiden unter Schulstress. Wenn Schüler zufrieden mit der Schule und dem Unterricht sind, dann haben sie mehr Freude am Unterricht. Durch ein gestärktes Sozialverhalten kommt es weniger oft zu Unterrichtsstörungen, aggressivem Verhalten und Gewalt. Zuletzt wird die fachliche Interessenbildung gefördert. (Vgl. Bütler und Meyer)
Die Möglichkeiten und Ziele der EP verdeutlichen, dass ein lernfreundliches Klima in der Klasse erzeugt werden kann. Die Erkenntnisse von Bütler & Meyer begründen daher, weshalb die EP wieder einen Platz im System Schule bekommen soll. Einen weiteren Grund für die EP in der Schule bietet das Schulgesetz Baden- Württembergs und die Bildungsziele in der Schule von Weinert.
In § 1 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg steht im Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule: „Die Schüler auf die Mannigfaltigkeit der Lebensaufgaben und auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt mit ihren unterschiedlichen Aufgaben und Entwicklungen vorzubereiten.“
Einige weitere Ziele, die mit Hilfe der EP erreicht werden können, sind in den Bildungszielen von Weinert definiert. Für ihn gibt es sechs Bildungsziele in der Schule: den Erwerb „intelligenten“ Wissens, den Erwerb anwendungsfähigen Wissens, den Erwerb variabel nutzbarer Schlüsselqualifikationen, den Erwerb des Lernen Lernens (Lern- kompetenz), den Erwerb sozialer Kompetenzen und den Erwerb von Werteorientierungen (soziale, demokratische, persönliche Werte). Gerade durch den Erwerb sozialer Kompetenzen und das Erlernen erfolgreicher Mitarbeit im Team, so wie den Erwerb von nutzbaren
Schlüsselqualifikationen und den Erwerb von Werteorientierungen, können durch kooperative Abenteuerübungen und praktische Problemlöseaufgaben Schüler gefördert und geschult werden. Damit könnten die Ziele des Schulgesetzes und die Bildungsziele der Schule erfolgreich umgesetzt werden.
Erlebnispädagogik ist nichts anderes als effizientes Lernen. Alle wichtigen Lerntheorien unterstützen diese These und helfen der Erlebnispädagogik sich von emotionalen Zuschreibungen [...] sie bedeute nur Freizeit und Fun, Survival und Spaß, Thrill und Terminator [...] endgültig abzusetzen. (Michl, 2009. S. 37)
In diesem Kapitel möchte ich die drei bekanntesten Lernmodelle , „Lernen zwischen Komfort- und Panikzone“, das „Flow“ Modell und den „Erlebnisorientierten Lernzyklus“ kurz vorstellen.
Das Modell „Lernen zwischen Komfort- und Panikzone“ wurde von Luckner und Nadler 1997 entwickelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Lernen zwischen Komfort- und Panikzone (Michl, 2009, S. 40)
Als Fundament dieses Modells dienen die Erkenntnisse, dass man wenig lernt, wenn man sich in seiner eigenen Komfortzone aufhält und dass Furcht und Panik das Lernen unmöglich machen. Aus diesen Erkenntnissen ergab sich ein Modell aus drei Zonen, der Komfortzone, der Wachstumszone und der Panikzone. Zu Beginn des Lernens, so Michl, steht die Herausforderung, die der Schüler in der Wachstums- zone erlebt. Daher ist die Aufgabe der Erlebnispädagogik den Schüler aus der Komfortzone in die Zone der Herausforderung zu bewegen. Das Modell stützt sich hier nicht nur auf den Kopf, sondern vor allem auf Herz und Hand. Diese Kombination ist die Grundlage des handlungsorientierten Lernens. Die Komfort- und Wachstumszone können durch das subjektive Überschreiten persönlicher Grenzen wachsen.
So werden herausfordernde Situationen irgendwann zur Komfortzone gehören. Nur neue, andauernde Herausforderungen bilden die Möglichkeit zu lernen. (Vgl. Michl, 2009, S. 39ff.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Flow Modell (Michl, 2009, S. 42)
Das Flow Modell basiert auf den Untersuchungsergebnissen von Csikszentmihalyi (1987), der bei Tänzern, Musikern, Kletterern einen psychologischen Zustand festgestellt hat. Für Csikszentmihalyi bedeutet Flow „das holistische Gefühl beim völligen Aufgehen in einer Tätigkeit“ (Michl, 2009, S. 41). Der Handelnde erlebt eine Handlung nach der anderen mit einem einheitlichen Fließen von einem Augenblick zum nächsten. Durch neuen Lerninhalt aus Heraus- forderung soll das Unbekannte in das Bekannte verwandelt werden. Im Achsenkreuz zwischen Angst, Teilnahmslosigkeit, Langeweile und dem Flow stehen die Herausforderungen. Ziel ist es, kein Flow-Erlebnis bei den Schüler zu erzeugen, sondern durch geeignete Heraus- forderungen, bei denen die Schüler ihr Können unter Beweis stellen müssen, Schülern die Gelegenheit zu bieten, Erfahrungen zu machen. (vgl. Michl, 2009, S. 41f.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Der erlebnisorientierte Lernzyklus (Michl, 2009, S. 43)
Der Erlebnisorientierte Lernzyklus wurde von Kolb aus dem amerikanischen übernommen und wurde von Michl weiter vereinfacht und modifiziert. Der Lernzyklus beinhaltet bereits erwähnte Gedanken und geht davon aus, dass die Erlebnisse, die durch Herausforderungen gewonnen werden, rückwirkend reflektiert werden. Diese Erlebnisse werden in einem nächsten Schritt zu einer Erfahrung, die dann wiederum in neuen Situationen angewandt werden. Dieser Zyklus besteht aus keiner festgelegten Reihenfolge, sowie keiner festgelegten Startposition. Er wird für jedes neue Erlebnis neu begangen, denn aus jedem Erlebnis gewinnen wir eine Erfahrung und bekommen neue Erkenntnisse.
Das Lernen aus Erkenntnissen haben diese drei unterschiedlichen Lernmodelle als ein gemeinsames Ziel. Schüler haben unterschiedliche Eindrücke aus Ereignissen und Erlebnissen und durch das Mitteilen und Reflektieren der Erlebnisse, werden diese zu Erfahrungen. Die zahlreichen Erfahrungen des Schülers erweitern sein Wissen. Das bedeutet, dass der Schüler aus Ereignissen, Eindrücken und Erfahrungen lernt. Diese Lernmodelle kann man unter dem Begriff Handlungsorientiertes Lernen zusammenfassen.
In diesem Kapitel werden die sieben wichtigsten Wirkungsmodelle der EP, basierend auf dem grundlegenden Werk „Effective Leadership in Adventure Programming“ (1997) von S. Priest und M. Gass, kurz vorgestellt. Jedes dieser Wirkungsmodelle kann einem Jahrzehnt der erlebnispädagogischen Entwicklung zugeordnet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: The Mountain Speak for Themselves (Michl, 2009, S. 66)
Das Modell „The Mountain Speak for Themselves“ war in den Jahren 1940 bis 1950 das relevante Arbeitsmodell in der Erlebnispädagogik. Es ist auch noch heute weit verbreitet. Es geht zurück auf die Tradition von Kurt Hahns Erlebnistherapie und Rousseaus Konzept der negativen Erziehung. Das Modell geht von der Auffassung aus, dass die
Erlebnisse in der Natur automatisch wirken („Der Berg erzieht“, „Die Berge sind stille Meister“...). Es bleibt den Teilnehmern überlassen, ob und wie sie ihre Erfahrungen verarbeiten. Die Aufgabe des Lehrers besteht darin, Rahmen und Situationen zu schaffen, in denen die Schüler intensive Erfahrungen machen können. Zudem garantieren sie die Sicherheit der Erlebnisse.
„Das erlebnispädagogische Urmodell „The Mountain Speak for Themselves“ verzichtet auf Reflexion und setzt auf die prägende Wirkung von Erlebnissen in der Natur.“ (Michl, 2009, S. 67)
Das kommentierte Handlungslernen hat seinen Einsatz zwischen den Jahren 1950 und 1960 bekommen. In diesem Wirkungsmodell stellt der Lehrer nach der Aktion seine Beobachtungen und Ratschläge über die Lernpotentiale der Übung, die Anwendung des Gelernten und über den möglichen Transfer in den Alltag der Gruppe zur Verfügung.
Abbildung 5: Outward Bound Plus - das Reflexionsmodell (Michl, 2009, S. 69)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Modell Outward Bound Plus, auch bekannt als „Handlungslernen durch Reflexion“, stammt aus den Jahren 1960 - 1970 und hat sich weitgehend durchgesetzt. Es geht von der Auffassung aus, dass ein Transfer des Gelernten in den Alltag nur möglich ist, wenn das Erlebnis zu einer Erkenntnis reifen kann. Neben das Erleben muss also die Reflexion treten, die das Erlebte in das Bewusstsein hebt. Die Aufgabe des Lehrers ist hierbei, die Reflexion nach der Übung zu gestalten und zu lenken.
„Nach der Aktion soll eine Reflexion des Erlebten das Gelernte festhalten und schließlich den Transfer in den beruflichen und / oder privaten Alltag garantieren. (Michl, 2009, S. 68)
Bei dem Direktiven Handlungslernen (1970 - 1980), das auch als Frontloading bekannt ist, wird die Aktivität bereits in eine bestimmte Richtung gelenkt. Durch gezielte Leitfragen können Rückblick, Ziele, und Motivation thematisiert und geleitet werden.
Abbildung 6: Das metaphorische Grundmodell (Michl, 2009 , S. 70)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Metapher ist das Hilfsmittel in diesem Modell. Daher ist es notwendig zuerst den Begriff „Metapher“ zu definieren. Unter Archetypen versteht Bacon die Verwendung von Urbildern.
„Der Begriff Metapher bedeutet Übertragung. Beim meta- phorischen Lernen sollen prägende Bilder, Symbole, Redewendungen, Gedanken, Phantasien, sprachliche Metaphern der Teilnehmer und Lehrer, die vor oder während eines erlebnispädagogischen Trainings Bedeutung erlangen, Lernprozesse gestalten und ermöglichen. Dadurch können [...] nachhaltige Veränderungen bewirkt werden.“ (Michl, 2009, S. 64ff.)
Das Metaphorische Grundmodell von Bacon (1980 - 1990) geht davon aus, dass Metaphern, die zielgerichtet eingesetzt werden, zu einer Veränderung von Persönlichkeit und Klasse führen können. Dies geschieht genauso wie das Modell von „The Mountain Speak for Themselves“ ohne Reflexion des Erlebten.
Abbildung 7: Das metaphorische Handlungslernen (Michl, 2009, S. 76)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In den Jahren zwischen 1990 und 2000 gewann das „Metaphorische Handlungslernen“ an Unterstützung. Das Modell basiert auf dem „Metaphorischen Grundmodell“ von Bacon und wurde von Priest & Gass zu einem praxisnahen Wirkungsmodell weiterentwickelt. Es geht von der Strukturgleichheit zwischen Kursgeschehen und Alltagsrealität aus (z.B. sich gegenseitig helfen am Berg - Solidarität im Alltags- geschehen/ Beruf). Eine möglichst große Strukturgleichheit zwischen Alltag und Kursrealität soll den Teilnehmern helfen, Vergleiche zwischen, im Kurs gelernten Verhaltensweisen und Verhalten im Alltag zu ziehen (z.B. Situationen, in denen Schüler sich gegenseitig helfen müssen, führen zu einer stärkeren Hilfsbereitschaft und Vertrauen im Alltag). Bei diesem Modell muss eine intensive Analyse der Situation der Schüler stattfinden, um dadurch eine erlebnispädagogische Aktivität genau Inszenieren zu können.
Das Indirekt-metaphorische Handlungslernen ist das neuste Wirkungsmodell, ebenfalls aus dem Zeitraum 1990 - 2000. Hierbei werden gezielte Provokationen genutzt, um so ein gewünschtes Verhalten auszulösen. Laut Michl wird dieses Modell nicht sooft benutzt, da es sich schnell abnutzt. Möglich wäre etwa eine Aussage wie: „Andere Gruppen haben diese Aufgabe bedeutend besser gelöst als ihr, überlegt doch noch einmal was ihr anders machen könnt.“
Nach der Betrachtung der Wirkungsmodelle sollen im Folgenden die Möglichkeiten der EP im Fokus stehen.
(Vgl. Michl, 2009, S. 64ff; Gilsdorf, 2004, S. 104ff; Univenture)
In diesem Kapitel möchte ich die Möglichkeiten der EP vorstellen und die folgenden Fragen beantworten: Was kann der Lehrer mit EP erreichen? Welche Ziele hat die EP? Wo kann die EP im schulischen Kontext eingesetzt werden?
Die grundsätzlichen Ziele der EP sind:
- Entwicklung sozialer Kompetenzen,
- Persönlichkeitsbildung fördern,
- Vertrauen zu sich und zu anderen schaffen,
- Lernbereitschaft fördern,
- seine eigenen Werte schätzen lernen,
- Problemlösungsfähigkeit fördern,
- Fähigkeit Teil eines Teams zu sein,
- Entwicklung eines ökologischen Bewusstseins,
- einen anderen Zugang zu einer Gruppe/Personen zu nutzen. (Vgl. Univenture)
Jahnke hat die Möglichkeiten von erlebnispädagogischen Aktivitäten genauer gegliedert. Er behauptet, dass die Sozialen Kompetenzen, die Selbstkompetenz, die Sachliche Kompetenz sowie die Emotionale Kompetenz bei Schülern gefördert werden können.
Die Soziale Kompetenz ist eine der wichtigsten Kompetenzen, die gefördert werden kann. Sie beinhaltet Kompetenzen, die besonders in der Klasse von enormer Wichtigkeit sind. Dazu gehören z.B. Toleranz, Konfliktfähigkeit, Anpassungsbereitschaft sowie Team- und Gruppenfähigkeiten.
Mit einer hohen Selbstkompetenz kann der Schüler seine eigenen Grenzen realistisch einschätzen, Wissen über die eigenen Grenzen erlangen und die Fähigkeit Selbstverantwortung für sich und andere zu übernehmen erlernen.
Durch erlebnispädagogische Aktivitäten werden sehr oft Konflikt- und Problemlösestrategien gefordert und gefördert. Diese Strategien sind von besonderer Bedeutung, da sie langfristige Strategien bieten, die in der Schule, später im Beruf, wie auch im gesamten Leben äußerst nützlich sind. Diese zwei Strategien werden annähernd in jedem Beruf verlangt. Zur Konflikt- und Problemlösestrategie vermittelt die Sachliche Kompetenz ebenfalls Kenntnisse von Sicherheitstechniken.
Als letzte Kompetenz nennt Jahnke die Emotionale Kompetenz. Die Emotionale Kompetenz ermöglicht den Schülern einen besseren Umgang mit Aggressionen und Frustrationen, eine höhere Empathie- fähigkeit und den richtigen Umgang mit Feedback und Kritik. Der richtige Umgang mit Feedback und Kritik wird durch erlebnis- pädagogische Aktivitäten ausgiebig geschult, da das Feedback und die Reflexion eine große Bedeutung in der EP haben (vgl. Jahnke, 2003, S. 13ff). Durch erlebnispädagogische Aufgaben können jedoch nicht nur die Softskills (Kompetenzen) der einzelnen Schüler gestärkt und gefördert werden, sondern ebenfalls Verbesserungen in der Klasse bewirkt werden. Der Schulpädagoge Hilbert beschreibt in seinem Konzept „Was ist guter Unterricht“, dass das Klassen- und Schulklima unmittelbar mit den Schülerleistungen zusammenhängt. Ein ver- bessertes Klassen, - Schulklima wirkt zusätzlich positiv auf die Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler, Schüler und Lehrer sowie Schüler und Schüler.
Die EP kann nicht nur im Sportunterricht angewandt werden, sondern auch in Klassenleiter oder Tutorenstunden. Zusätzlich kann die EP in Arbeitsgemeinschaften und im Rahmen des Ganztagesangebotes eingesetzt werden. Besonders geeignet sind die Projekttage oder Projektwochen sowie Wandertage und Klassenfahrten. Zuletzt kann auch ein erlebnispädagogisches Fach, wie z.B. Soziale Kompetenzen stärken, Grenzen erkennen und Grenzen erweitern oder gemeinsam spielen und lernen, angeboten werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu grenzenlos, jedoch müssen die Aufgaben und die Zielstellung jeweils angepasst werden. Abschließend möchte ich festhalten, dass ich der Meinung bin, dass durch den Einsatz von erlebnispädagogischen Übungen langfristig das Klassen-, und Lernklima, die sozialerzieherischen Ziele, wie Kooperations-, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie persönlichkeitsfördernde Aspekte und Konflikt- und Problemlösestrategien gestärkt werden können.
Das persönliche Feedback kann Schüler positiv ermutigen (z.B. Was hat dein Partner bei der letzten Aufgabe gut gemacht?) und Rückmeldung geben, um so das Selbstbild zu korrigieren. Damit das Feedback richtig gegeben und angenommen wird, gibt es wichtige Regeln, die unbedingt zu beachten sind. Das Feedback ist zudem ein freiwilliges Angebot, welches nicht eingefordert oder erzwungen werden darf.
Die Feedbackregeln sollten im Plenum ausgearbeitet, vom Lehrer ergänzt und von der Gruppe verstanden werden. Sie können dann auf einer Flipchart festgehalten werden. Sind die Feedbackregeln allen klar, dann müssen diese nicht jedes Mal wieder neu erarbeitet werden.
Beim Geben von Feedback ist zu beachten, dass ausschließlich Ich- Botschaften (Ich bin der Meinung, dass wir gut zusammen gearbeitet haben) verwendet werden. Das Feedback ist eine persönliche Meinung eines einzigen Schülers, daher werden nur Ich-Botschaften benutzt und keine Du-Botschaften (Du hast vorher bei der Planung nicht zugehört). Außerdem ist es wichtig, dass Begründungen und Beispielsituationen benutzt werden, um seine Meinung zu stützen.
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