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Examensarbeit, 2011
41 Seiten, Note: 1
1 Einleitung
2 Theoretische Betrachtung des Mathejournals
2.1 Kategorisierung von Lerntagebüchern nach Anzahl der Personen
2.2 Verschieden Formen von Lerntagebüchern
2.2.1 Reisetagebuch nach Gallin/Ruf
2.2.2 Das teambezogene Logbuch
2.2.3 Mathejournal
2.3 Einführung in den Umgang mit Lerntagebüchern
3 Was heißt selbstreguliertes Lernen?
4 Beschreibung der Lerngruppe
5 Die Einführung des Mathejournals
5.1 Didaktische Überlegungen
5.2 Beschreibung der Durchführung einzelner Sequenzen und die methodischen Entscheidungen
6 Reflexion ausgewählter Unterrichtssequenzen
6.1 Analyse der ersten Woche der Reflexionsrunden
6.2 Analyse der Einführungswoche des Mathejournals
7 Darstellung und Auswertung der Evaluationsbögen
8 Fazit und Ausblick auf die Weiterarbeit
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
„ Schüler sollen befähigt werden, sich relevante Ziele zu setzen, Informationen mit geeigneten Strategien aufzunehmen und zu verarbeiten, Motivationstiefs und negative Stimmungen zuüberlisten, den Lernprozess zu planen, zuüberwachen und das Lernverhalten in Abhängigkeit vom Lernfortschritt zu regulieren [...]. Diese Lernstrategien spielen beim selbstgesteuerten Lernen eine entscheidende Rolle, denn sie erm ö glichen es dem Lernenden, seinen Lernprozess aktiv zu steuern. “ (Killus 2006, S. 2).
Evaluationen der TIMMS- und PISA-Studien haben ergeben, dass Schülerinnen und Schüler bessere schulische Leistungen erzielen, wenn sie motiviert sind, über effektive Lernstrategien verfügen und sich selbst auch zutrauen, ihr Lernen aktiv mitzugestalten. Diese Fähigkeiten sind für ein lebenslanges Lernen zentral.
„ Weil technologische, ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen zu einer raschen Veraltung von Wissensbeständen führen, ist der Einzelne auf die Entwicklung solcher Kompetenzen angewiesen, die weiteres Lernen erm ö glichen. “ (Killus 2006, S. 2).
Hieraus ergeben sich für die Schulkultur neue Aufgabengebiete. Die reine Wissens vermittlung wird erweitert durch das Ausbilden und Fördern von Kompetenzen, welche die Schülerinnen und Schüler zu einem mündigen und selbstbestimmten Bürger erziehen. Daher fordern die aktuellen Bildungsstandards die Basis für ein lebenslanges Lernen, welche zur persönlichen Weiterentwicklung und einer gesellschaftlichen Beteiligung ermöglichen, auszubilden. Nur so können die Lernenden den Anforderungen in den Bereichen Alltag, Beruf und Gesellschaft gerecht werden.1
Doch stellt sich nun die Frage, wie diese Kompetenz den Schülerinnen und Schülern vermittelt werden kann. Killus verweist hierbei auf verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann den Lernenden durch eine offene Unterrichtsgestaltung der notwendige Freiraum gegeben werden. Allerdings entwickeln sich hierdurch nicht automatisch Lernstrategien. Die Autorin weist darauf hin, dass dies zusätzliche Strukturierungs- maßnahmen durch die Lehrkraft erfordert. Eine weitere Möglichkeit sieht Killus in der expliziten Vermittlung von Lernstrategien durch die Lehrkraft. Dies bedeutet, dass die Lehrende beispielsweise durch „lautes Denken“, den Reflexionsprozess vormacht und hierdurch den Lernenden diese Technik verdeutlicht.2 Die Schülerinnen und Schüler sollen das Handwerkszeug anschließend eigenständig üben und auch auf weitere Aufgabenfelder übertragen können. Da diese Maßnahmen sehr zeitintensiv und nicht immer erfolgsgekrönt sind, wurden weitere Möglichkeiten erprobt. Dabei hat sich das Lerntagebuch als vielversprechendes Medium herausgestellt. Durch die kontinuierliche Dokumentation und der gleichzeitigen Reflexion des Lernprozesses erhofft man sich eine effektivere Vermittlung von Lernstrategien und der damit verbundenen Erweite- rung der Lernkompetenz.3 Die Intention der vorliegenden Arbeit ist es daher zu untersuchen, welchen Beitrag das Lerntagebuch zur Förderung des selbstregulierten Lernens der Schülerinnen und Schüler leisten kann. Hierzu wurde in einem 8. Schul- jahr im Mathematikunterricht das neue Medium eingeführt und das Vorgehen evaluiert. Entscheidend für die praktische Durchführung war die Erkenntnis, dass die eigenstän- dige Gestaltung des Lernprozesses eine wesentliche Kompetenzausbildung in der heutigen Zeit darstellt.
Im folgenden Kapitel liegt der Schwerpunkt auf den Lerntagebüchern. Auf eine Be- griffserklärung folgt die Zuwendung zu den unterschiedlichen Ausführungen, wobei eine Unterscheidung nach den beteiligten Personen vorgenommen wird und einige Konzepte genauer betrachtet werden. Abschließend liegt der Fokus auf den Entschei- dungskriterien, die die Lehrkraft bei der Einführung des Mediums, bedenken sollte. Daraufhin wird im dritten Kapitel das selbstregulierte Lernen im Vordergrund stehen. Hierbei wird nach einer Begriffsdefinition die notwendige Kompetenzentwicklung in Bezug auf die Bildungsstandards des Landes Hessen genauer betrachtet. Abschlie- ßend werden die zu vermittelnden Mechanismen, welche für die Herausbildung von Lernstrategien nötig sind, erörtert. Auf diesen theoretischen Grundlagen wird die prak- tische Erprobung der Einführung eines Lerntagebuchs im vierten und fünften Kapitel erläutert. Die Reflexion und Evaluation einer abschließend durchgeführten Umfrage ist Gegenstand des sechsten und siebten Kapitels. Im achten Kapitel liegt der Schwer- punkt, unter Berücksichtigung bereits gewonnener Erkenntnisse, auf der Frage, inwie- fern das Mathejournal das selbstregulierte Lernen der Schülerinnen und Schüler för- dert.
Im folgenden Kapitel soll auf das Medium Mathejournal näher eingegangen werden. Zunächst steht eine Begriffsdefinition im Vordergrund. Anschließend werden unterschiedliche Ausführungen und deren Einsatzmöglichkeiten näher erläutert.
Die Literatur beschäftigt sich sehr ausgiebig mit verschiedenen Konzepten von Lernta- gebüchern. Es ist festzuhalten, dass sich die Autoren nicht nur auf diesen Begriff be- schränken. Mittlerweile haben sich auch andere Begrifflichkeiten durchgesetzt. Daher werde ich die im Folgenden aufgezeigten Bezeichnungen synonym verwenden.
Neben dem Lerntagebuch ist auch das „Arbeits- und Lernheft“ eine gängige Bezeich- nung. In ihrem Projekt „Eigenständiger Lernen“ setzen sich Beck und weitere Autoren mit dem sogenannten Arbeitsheft bzw. Lernjournal auseinander.4 Auch Kasper und Lipowsky ließen im Rahmen eines Geometrieprojektes „Geostadt 3000“ Geo- Tagebücher führen.5 Bei Gallin und Ruf entwickelt sich der Unterricht nach sogenann- ten Kernideen aus und die Schülerinnen und Schüler halten in „Reisetagebüchern“ ihre Reflexionen des Gelernten fest.6 Heske lehnt sich mit seinem Konzept an das Reisetagebuch nach Gallin/Ruf an, verwendet dennoch eine andere Bezeichnung. So arbeitet er in Anlehnung an die Schifffahrt mit sogenannten „Logbüchern“, die er spe- ziell im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I verwendet.7 Merzinger bezeichnet ihre eingesetzte Form als „Mathejournal“, welche sie in einer Oberstufenklasse ein- führt, um die Schüler auf das Abitur vorzubereiten.8 Diese Ausführungen verdeutlichen die Vielfalt der Begrifflichkeiten. Einzelne Konzepte hiervon werden im Kapitel 2.2 herausgegriffen und näher vorgestellt.
Trotz der Schwierigkeit eine einheitliche Definition zu finden, die für alle Lerntagebücher gültig ist, versuchen sich dennoch eine Reihe von Autoren daran. Den unterschiedlichen Möglichkeiten im Arbeiten mit Lerntagebüchern ist grundsätzlich gemeinsam, „ dass die schreibenden Personen sich mit ihrem Tun, ihrem Lernen und ihren Gedanken schriftlich auseinandersetzen. “ (Liebig 2011, S. 12). Das Lerntagebuch bildet in der Regel ein Heft, das den Lernweg jedes Schülers festhält.9
„ Im Lerntagebuch dokumentiert jeder Schüler für sich pers ö nlich und mit seinen eigenen Worten, welche Wege er beschritten hat, um Lernaufgaben in einem bestimmten Unterrichtsfach oder Lernbereich zu bewältigen, was ihm dabei schwergefallen ist und was leicht war, welche Hilfsmittel er zu Rate gezogen hat, was ihm dabei klar geworden ist und wie dies ihm m ö glicherweise für das Lernen genützt hat. Die Eintragungen in das Lerntagebuch betreffen nicht nur die Wissensziele und den Wissenszuwachs des Unterrichts. Emotionale, soziale und pragmatische Ziele k ö nnen hier gleicherma ß en Niederschlag finden. “ (Messner/Wiater 2000, S. 17).
Es wird deutlich, dass der Lerngegenstand in einem Lerntagebuch eine durchaus wichtige, jedoch nicht ausschließliche Rolle einnimmt. Über fachliche Erkenntnisse hinaus ist der Lernweg entscheidend.10 Auf welche einzelnen Aspekte sich die Schüler in einem Lerntagebuch insbesondere konzentrieren, ist Winter zufolge vornehmlich darin zu sehen, ob mit Anweisungen zum Schreiben gearbeitet wird oder aber die Schüler ihre Lernerfahrungen frei dokumentieren. Da eine derartige Vorgabe von Krite- rien dem persönlichen Schreiben, welches mit dem Lerntagebuch angestrebt wird, entgegenwirken kann, ist zu fragen, ob eine Vorgabe wirklich sinnvoll erscheint. Nádas und Nietzschmann sprechen sich für die Vorgaben von Kriterien aus, wie sie ihren Erfahrungen im Umgang mit dem Lerntagebuch entnehmen.11 Winter bekräftigt diese Auffassung, denn er gibt ebenfalls zu bedenken, dass sich die Schüler zu Beginn der Arbeit mit Lerntagebüchern oftmals unsicher zeigen und nicht wissen, was sie in den Heften dokumentieren können bzw. worin der Sinn besteht. Er schlägt demnach vor, mit Kriterienkatalogen zu arbeiten, diese aber mit den Schülern zu besprechen und ggf. zu erweitern. Sie dienen mehr der Anregung und müssen nicht Punkt für Punkt abge- handelt werden. Dabei ist er sich bewusst, dass zu spezifische Fragen das Schreiben mehr behindern als es anregen.12 Anweisungen finden sich oftmals in einem Fragen- katalog wieder, der sowohl Fragen nach dem Inhalt der Stunde und der eigenen Vor- gehensweise, aber auch nach dem Lernfortschritt, den Gefühlen beim Lernen sowie der Bewertung der Lernaktivität beinhalten.13 Dieser dient der gezielten Anleitung, da die Aufmerksamkeit auf wesentliche Aspekte im Lösungsprozess einer Aufgabe ge- richtet wird. Kinder, die ihre Einträge ohne Vorgaben schreiben, suchen sich selbst Schwerpunkte, die ihnen wichtig erscheinen.
In der Unterscheidung, ob das Lerntagebuch von jedem Schüler privat für sich geführt wird oder es Außenstehenden, wie z. B. der Lehrperson oder aber Mitschülern, offen- bart wird, kennzeichnet eine weitere Variante, die zum Teil kontrovers diskutiert wird. Winter betont einerseits die intime Seite, die von einem Lerntagebuch ausgeht, da der
Schreibende ein solches Tagebuch zunächst einmal für sich selbst führt. Andererseits ist sich der Autor bewusst, dass es in einem Unterrichtskontext meist auf Vorschrift des Lehrers geschrieben wird und aus diesem Grund im Gegensatz zu einem "normalen" Tagebuch nie gänzlich privat ist. Vielmehr ist oftmals der Gedanke damit verknüpft, die Inhalte anderen zugänglich zu machen. Sei es in einem Gespräch mit dem Lehrer oder mit Mitschülern der Klasse.14 Insbesondere für die Lehrperson bieten Lerntagebücher Einsichten in die Lernprozesse, Gedanken und Handlungen bei der Lösung einer Auf- gabe. Dabei handelt es sich zum Teil auch um geistige Operationen bzw. Lernaktivitä- ten, die der Lehrperson über die reine Beobachtung nicht zugänglich sind.15 Dass die Lehrperson das Lerntagebuch liest, erscheint daher durchaus sinnvoll, jedoch muss es der Schüler weiterhin in erster Linie für sich führen. Er sollte keine Erkenntnisse, die er gesammelt hat, beschönigen, weil der Lehrer es liest. Auch ist zu überlegen, ob der Lehrer das Lerntagebuch nicht nur liest, sondern es auch kommentiert. Darüber hinaus ist vonseiten des Lehrers zu bedenken, ob das Lerntagebuch für alle Schüler freiwillig oder verpflichtend geführt werden soll. Als problematisch erweist sich hierbei, dass insbesondere Schüler, die über geringe Reflexionsfähigkeiten verfügen, in der Regel das Führen eines Lerntagebuchs ablehnen, da sie den Sinn nicht erkennen. Winter schlägt vor, mit den Schülern eine Abmachung zu treffen, unabhängig davon, ob alle Schüler verpflichtend ein Tagebuch führen oder nur ein Teil der Klasse. Wenn kein Nutzen erzielt wird bzw. die Motivation nachlässt, kann über eine Veränderung dieser Vereinbarung nachgedacht werden.16
Um im weiteren Verlauf auf einige Konzepte detailliert eingehen zu können, wird zunächst eine grobe Kategorisierung vorgenommen.
Wie bereits erwähnt, ist die Kategorisierung von Lerntagebüchern davon abhängig zu machen, welcher Maßstab ihr zugrunde gelegt wird. So ist das Führen eines Lerntagebuchs von mehreren Personen denkbar und muss demnach nicht zwingend allein geführt werden. Es stellt sich somit die Frage, worin speziell der Vorteil eines Lerntagebuchs besteht, welches von mehreren Personen geführt wird. Im Folgenden sollen verschiedene Formen in ihrer Umsetzung vorgestellt werden. Heske hat beide Formen erprobt und sieht folgende Vor- und Nachteile darin:
Das pers ö nliche Tagebuch
Für ein persönliches Tagebuch ist kennzeichnend, dass jeder einzelne Schüler sein eigenes Buch bzw. Heft führt. Darin dokumentiert und reflektiert der Schreibende stetig den eigenen Unterrichtsfortschritt. Außerdem fügt er sehr persönliche Stellungnahmen bzw. Eintragungen zum eigenen Lernprozess hinzu, da das Buch in der Regel niemand anderem als dem Schreibenden selbst und der Lehrperson zugänglich ist. Dennoch gibt es Heske zufolge auch Nachteile, denen er sich durchaus bewusst ist. So fehlt es an Kommunikation, die im Team unabdingbar ist und dem Schüler wird es nicht mög- lich, wie es bei einem teambezogenen Lerntagebuch der Fall ist, bei versäumten Stun- den nachzulesen und somit aufzuarbeiten, was versäumt wurde.17 Es ist jedoch zu beachten, dass Kommunikation zwischen Schülern auch auf der Basis eines persönli- chen Lerntagebuchs möglich und durchaus sinnvoll ist. So verdeutlicht auch Fasselt, dass trotz eines persönlichen Tagebuchs Gespräche zu verwirklichen sind. Auch sie arbeitet zunächst mit persönlichen Lerntagebüchern, in denen jeder Schüler seine Erfahrungen, Probleme und Fragen festhält. Regelmäßig, kurz vor Ende der Stunde oder in Arbeitsstunden, erhalten die Schüler die Möglichkeit der Tätigkeit des Schrei- bens nachzugehen. Dennoch lässt sie die Schüler mit den Eintragungen nicht gänzlich allein, denn diese sollen im Anschluss mit festen Lernpartnern besprochen werden. Auf diesem Weg können gemeinsame Lösungen erarbeitet werden.18
Das teambezogene Tagebuch
Wie der Name bereits ankündigt, zeichnet sich diese Form des Tagebuchs durch die Bearbeitung eines festgelegten Teams aus. Demnach führt nicht jeder Schüler ein persönliches Tagebuch für sich. Bei Heske bilden hierbei jeweils vier bis sechs Schüle- rinnen und Schüler ein Team, die sich bereits zu Beginn des Schuljahres in dieser Zusammensetzung finden und im Verlauf des Jahres als Forschungsreisende an ihrem Logbuch arbeiten. Um die Kommunikation untereinander anzuregen, wird auch die Sitzordnung den Umständen angepasst. Abwechselnd trägt jeweils ein Teammitglied mit möglichst eigenen Worten in das Lerntagebuch ein, worauf der Schwerpunkt der Stunde lag, was gelernt wurde, welche Fragen der Gruppe offengeblieben sind und zu welchen Ergebnissen das Team gelangt ist. Auf diesem Weg ist eine Ergebnissiche- rung gewährleistet. Am Ende jedes Beitrages ist vom Schreiber sicherzustellen, das Datum und den eigenen Namen hinzuzufügen, sodass eine personenbezogene Rück- meldung möglich ist. Alle Gruppenmitglieder sollten somit in der Lage sein, das zu kommentieren, was ein anderes Mitglied eingetragen hat.19 Kommunikation im Sinne von Absprachen untereinander sowie die Partizipation aller Beteiligten ist unabdingbar. Eine Variante des Logbuchs ist das Forschertagebuch in Anlehnung an Trumpf. Im Rahmen einer Forscherzeit bilden sich Gruppen, die über ein bestimmtes Thema for- schen und ihre individuellen Lern- und Arbeitsprozesse in einem Forschertagebuch notieren.
„ Täglich notieren die Kinder, was ihnen als Bilanz des Morgens wichtig erscheint: was sie herausgefunden haben, welche Probleme sich ergeben haben oder welche neuen Fragen entstanden sind. Gelegentlich wird auch die eigene Leistung oder die Zusammenarbeit in der Gruppe kommentiert und gewertet. “ (Trumpf 2002, S. 219)
Die gesammelten Informationen, Vorhaben und Ergebnisse werden in einem Gesprächskreis gesammelt und besprochen, abschließend werden sie sogar der Klasse präsentiert.20 Wie den Betrachtungen zu entnehmen ist, kommt der Kommunikation bei einem teambezogenen Lerntagebuch durchweg große Bedeutung zu. So können sich Mitschüler untereinander über Lösungswege, Verständnisschwierigkeiten sowie gene- relle Fragen austauschen. Die Erkenntnis findet sich dann in den Lerntagebüchern wieder. Unabhängig davon, welche Form gewählt wird, sollte die Kommunikation nicht vernachlässigt werden, sondern regelmäßig praktiziert werden, sei es mit dem Lehrer oder unter Mitschülern.
Aus den genannten Konzepten wird deutlich, dass der Stellenwert der Kommunikation neben dem Schreiben des Lerntagebuchs hoch ist. Eine Kategorisierung ist unter den genannten Aspekten durch verschiedene beteiligte Personen denkbar und sie trainiert neben der lernmethodischen Kompetenz die sozialen Fähigkeiten.21
Im Weiteren wird auf einige Konzepte, welche bereits im Kapitel 2 angesprochen wur- den, detaillierter eingegangen. Diese sollen die vielfältigen Möglichkeiten von Lernta- gebüchern aufzeigen. Festzuhalten bleibt, dass dies nur eine kleine Auswahl darstellt.
„ Das Reisetagebuch ist ein Tagebuchüber die individuelle Reise der Schülerin. Alles Erlebte und Gelernte wird in chronologischer Reihenfolge festgehalten. “ (Hußmann 2003, S. 82). Diese Idee der Niederschrift wurde 1991 von Gallin und Ruf entwickelt und stellt den Hauptbestandteil des Unterrichts dar. Die Schülerinnen und Schüler nutzen im Mathematikunterricht ihr Tagebuch als einziges Heft, in dem sie ihre Übun- gen, Hausaufgaben, Nachforschungen und Reflexionen festhalten. Auf ihrem Lernweg betrachten die Lernenden den Sachverhalt erst aus ihrer eigenen Sicht. Im Laufe des Lernprozesses tauschen sie sich mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern oder dem Lehrer aus und reflektieren ihre eignen Gedanken. Hierbei entsteht ein Austausch, der ihnen ihren Schritt zur Lösung und dadurch den Lernweg klarer aufzeigt. Hierbei wer- den vier Phasen durchlaufen.
In der Phase des Reflektierens sollen die Schülerinnen und Schüler nicht nur einfach mitmachen, sondern erkennen, was der Gegenstand des Unterrichtsgeschehens ist. Hierzu kann ein Raster (Datum, Thema, Auftrag, Spuren und Rückblick) behilflich sein.22
Daraufhin folgt das Assoziieren. Es „[...] umfasst alle Gedanken, Ideen, Empfindungen, Wertungen, Fragen, Behauptungen und Urteile, die entstehen, wenn die Schülerin prüft, wie die von der Lehrperson eingebrachten Kernideen auf sie wirken. “ (Hußmann 2003, S. 80).
Nun folgt die Phase des Verarbeitens. Hierbei müssen sich die Schülerinnen und Schüler die neuen Informationen übersetzen und mit ihren eigenen Erkenntnissen in Einklang bringen.23
Das Spuren sichern ist der letzte Bereich in diesem Prozess. „ Ziel ist es, dass der Schüler formulieren kann, wo er steht, was ihm klar und was ihm noch nicht klar ist. “
(Hußmann 2003, S. 80).
Wie bereits in Kapitel 2.1 angesprochen stellt das Konzept nach Heske ein Lerntagebuch, welches im Team erstellt wird, dar. Die Gruppenmitglieder tragen abwechselnd die Arbeitsergebnisse und Erkenntnisse mit eigenen Worten in das Logbuch ein. "Heute haben wir gelernt ..." dient als zentraler Anhaltspunkt. Obwohl nur ein Teammitglied einträgt, sind alle Partner verantwortlich für den Inhalt. Dadurch wird die Kommunikation über Mathematik im Team forciert und der Austausch innerhalb der Gruppe angeregt. Heske hat festgestellt, dass Aufzeichnungen wie Merksätze oder Beispielaufgaben, welche von der Tafel übernommen wurden, wesentlich sorgfältiger aufgeschrieben worden, als es im eigenen Heft der Fall wäre.24
„ Auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler erhalten sie zu jedem Quartal eine Note für das Lerntagebuchschreiben, die in die sonstige Mitarbeit einfließt “ (Heske 2001, S. 15).
Das Mathejournal hat Merzinger entwickelt und in einem Mathematikkurs der 12. Klas- se erprobt. Zu Beginn erhielten die Schülerinnen und Schüler einen Informationszettel, der ihnen das Konzept verdeutlichte und ihnen eine Orientierungshilfe bot. Merzinger hat es als Ergänzung zum üblichen Mathematikheft führen lassen. Die Eintragungen sollten folgende Aspekte berücksichtigen. „Das war heute wichtig ...“, „Das habe ich nicht verstanden ...“ und „Daran muss ich noch denken ...“. Verbindlich musste nur zu der ersten Aussage eine Aufzeichnung angefertigt werden. Die beiden weiteren Aus- sagen waren optional. Die Autorin evaluierte ihr Konzept und kam zu der Erkenntnis, dass das Lernjournal folgende Funktionen für die Schüler erfüllte:
Als Instrument zur Selbstüberwachung des eigenen Lernverhaltens, zur Verbesserung der mündlichen oder schriftlichen Leistung (die Bewertung durch die Lehrkraft konnte freiwillig eingefordert werden) und die behandelten Themen selbst zusammenzufassen und dadurch weiteren Lernbedarf zu erkennen.
„ Es ist festzuhalten, dass die befragten Schüler(innen) jeweils unterschiedliche Ziele und Zwecke mit ihrem Mathejournal verfolgen. Es gibt Schüler(innen), die das Instrument für alle drei genannten Bereiche nutzen, solche, die einen Bereich ausklammern, und solche, die einen Bereich für sich besonders stark machen. “ (Merzinger 2006, S. 29 )
Trotz der unterschiedlichen Konzepte von Lerntagebüchern haben laut Leuders alle etwas gemeinsam. Es geht darum "dem Lernenden ein Medium zu geben, in dem er die Prozesse seines individuellen Verstehens (oder auch nicht Verstehens) von Mathematik für sich selbst und ggf. für den Lehrenden festhalten kann. Es ist ein Instrument "lauten Denkens", das nur dann funktioniert, wenn der Lerntagebuch führende Schüler nicht befürchten muss, dass seine Notizen zur Grundlage einer Bewertung gemacht werden." (Leuders 2003, S. 314).
Der Autor spricht hier die Bewertung von Lerntagebüchern an, welche er als negativ herausstellt. Da dieser Aspekt keine Bedeutung bei der Einführung meines Mathejournals hatte, werde ich in dieser Arbeit nicht näher darauf eingehen.
Im folgenden Abschnitt werden die Vorüberlegungen aufgezeigt, welche die Lehrper- son vor der Einführung eines Lerntagebuchs für ihre Lerngruppe thematisieren sollte.
[...]
1 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2007, S. 12
2 Vgl. Killus 2006, S. 6ff.
3 Vgl. Winter 2004, S. 268
4 Vgl. Beck et al. 1995, S. 29-30
5 Vgl. Kasper/Lipowsky 1997
6 Vgl. Gallin/Ruf 1999
7 Vgl. Heske 1998
8 Vgl. Merzinger 2011
9 Vgl. Messner/Wiater 2000, S. 16
10 Vgl. Stauff 2011, S. 22f.
11 Vgl. Nádas/Nietzschmann 2001, S. 27
12 Vgl. Winter 2004, S. 270
13 Vgl. ebd, S. 262
14 Vgl. Winter 2004, S. 262
15 Vgl. Messner/Wiater 2000, S. 19
16 Vgl. Winter 2004, S. 269
17 Vgl. Heske 2001, S. 15
18 Vgl. Fasselt 1998, S. 25
19 Vgl. Heske 1999, S. 9
20 Vgl. Trumpf 2002, S. 220f.
21 Vgl. Kapitel 3
22 Vgl. Gallin/Ruf 1991, S. 168
23 Vgl. Gallin/Ruf 1991, S. 168
24 Vgl. Heske 2001, S. 15