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Seminararbeit, 2012
51 Seiten
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Wirtschaftskriminalität in Unternehmen
2.1 Begriffsdefinition (verschiedene Ansätze)
2.1.1 Allgemeiner Teil
2.1.2 White-Collar-Criminality
2.1.3 Unternehmensbezogene Definition
2.1.4 Gesetzliche Regelungen (keine allgemeine Definition)
2.2 Entstehung von Wirtschaftskriminalität - Das Modell von Cressey (Fraud-Triangle)
2.3 Verursachte Schäden durch Wirtschaftskriminalität
2.4 Die schwerwiegendsten Arten/Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität in Unternehmen
2.4.1 Allgemeines
2.4.2 Kartellrechtsverstöße
2.4.3 Geldwäsche
2.4.4 Korruption
2.4.5 Fälschung von Jahresabschlüssen und Finanzinformationen
2.4.6 Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
3 Instrumente zur Aufdeckung und Prävention
3.1 Allgemein
3.2 Das 10-Punkte-Programm
3.3 Interne Kontrollsystem (IKS)
3.4 Compliance-Programm
3.4.1 Überblicke
3.4.2 Definition Compliance
3.4.3 Das Compliance Programm
3.5 Interne Revision
3.6 Forensische Untersuchungstechniken
3.7 Audit Committees
3.8 Whistleblowing
3.8.1 Der Begriff
3.8.2 Beschreibung des Systems
3.8.3 Whistleblowing - Vorgehensweise
3.8.4 Auswirkungen
3.8.5 Whistleblowing im internationalen Vergleich
3.9 Personalpolitik
3.10 Unternehmenskulturelle Maßnahmen
3.11 Reaktion auf dolose Handlungen
4 Zusammenfassung mit Schlussbetrachtung
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anlagen
Abbildung 1: Schadensentwicklung Wirtschaftskriminalität 2006-2010 (in Mio. €)
Abbildung 2: Fraud Triangle
Abbildung 3: KPMG, Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2010
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
"Wirtschaftskriminalität in Unternehmen (dolose Handlungen)" ist ein permanent aktuelles Thema im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr und kommt in den wirtschaftlichen Krisenzeiten besonders zur Geltung. So schockieren Schlagzeilen über dolose Handlungen wie beispielsweise "Wirtschaftskriminalität in Unternehmen steigt: Wer in Krisenzeiten die Prävention vernachlässigt, macht es Wirtschaftsstraftätern zu leicht”[1], "Prävention von Wirtschaftskriminalität: Deutsche Unternehmen mit Defiziten"[2] oder "Korruption richtet Schaden von 250 Milliarden Euro an"[3] den Leserkreis genauso wie die folgende Statistik über die Schadensentwicklung der Wirtschaftskriminalität.
Das BKA ermittelt einen wirtschaftlichen Schaden im Jahr 2010 gegenüber der Bundesregierung in Höhe von 4,655 Milliarden Euro. Wie man aus der Statistik entnehmen kann, ist der Versuch, Wirtschaftskriminalität entgegen zu wirken, lediglich ein in die Ecke treiben der Kriminellen, das dazu führt, dass diese andere Lücken suchen, um Ihre Machenschaften durchzuführen. Die Statistik zeigt, dass die Bekämpfung von 2006 folgend erst erfolgreich war und dann dazu führte, dass andere Wege zur Wirtschaftskriminalität führten. Gerade die dann folgenden Wirtschaftskrisen förderten die kriminelle Energie zu neuen Taten. Daher sind für Unternehmen sichere Prävention und die Aufdeckung von kriminellen Handlungen unverzichtbar. Der dabei entstehende Reputationsschaden könnte die geschäftliche Beziehung derart beeinflussen, dass Unternehmen an existenzgefährdende Situationen geraten. Daher genießt dieses Thema eine hohe Relevanz bei Geschäftsführung und Aufsichtsräten und wird in Unternehmen mit hoher Sensibilität behandelt.
In dieser Arbeit werden Instrumente zur Aufdeckung und Prävention von Wirtschaftskriminalität in Unternehmen aufgezeigt und erläutert. Einführend soll dem Leser ein Bild der Wirtschaftskriminalität in Unternehmen (dolose Handlungen) an sich vermittelt werden. Der Begriff dolos stammt aus dem Latein und bedeutet „List“ (arglistig, trügerisch). Im Zusammenhang mit Wirtschaftskriminalität spricht man von dolosen Handlungen, wenn der Täter die Handlung mit Hilfe seines kaufmännischen Wissens begehen konnte. Diese Arbeit bezieht sich auf genau diese Art von wirtschaftskriminellen Handlungen.
Im zweiten Kapitel wird zunächst die Schwierigkeit aufgezeigt, eine Definition für Wirtschaftskriminalität zu finden und damit die komplexe Themenstellung zum Ausdruck gebracht. Im Anschluss werden bekannte und gängige Ansätze dargestellt, die man zum Thema Begriffsdefinition der Wirtschaftskriminalität gehört haben sollte. Das Modell von Cressey (Fraud-Triangle) ist das Fundament zum Thema „Entstehung von Wirtschaftskriminalität“. Daher wurde dieses Modell zur Entstehung von dolosen Handlungen herangezogen. Die Begriffsdefinitionen und die Entstehung von Wirtschaftskriminalität weisen Schnittpunkte mit Täterprofile und Motive auf. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit auf eine explizite Erläuterung des Täters verzichtet. Nachdem ich die verursachten Schäden durch Wirtschaftskriminalität mit Hilfe von Daten des BKA bekannt gebe, erläutere ich knapp die mit Abstand schwerwiegendsten Formen doloser Handlungen. Dabei wird die Häufigkeit der Delikte für diese Arbeit außer Acht gelassen. Vielmehr ist es mir wichtig, das finanzielle Schadensausmaß anhand einer KPMG-Studie deutlich hervorzuheben.
Der Schwerpunkt dieser Seminararbeit liegt im dritten Kapitel. Hier sollen Instrumente zur Prävention und Aufdeckung doloser Handlungen dargestellt werden. Hierbei möchte ich betonen, dass eine ausschließliche Unterteilung der Instrumente in Aufdeckung oder Prävention nicht richtig wäre und auch nicht sinnvoll erscheint. Die Instrumente können und sollen durchaus beide Eigenschaften mit sich bringen, auch wenn die Konzentration des Instrumentes auf einem der Eigenschaften liegt. Das dritte Kapitel baut sich wie folgt auf:
- 10-Punkte-Programm mit dem das Engagement und die Bemühungen der Regierung zur Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen,
- Beschreibung des Internen Kontrollsystem (IKS),
- Vorstellung des Grundkonzeptes eines Compliance-Programmes,
- Interne Revision als wichtiger Bestandteil des Internen Kontrollsystems (IKS),
- forensische Untersuchungstechniken;
- Audit Committee,
- besonders der Nachholbedarf in Deutschland zum Schutz des international ausgeprägten Instrument „Whistleblowing“ soll verdeutlicht werden,
- als letztes werden Personalpolitik, die unternehmenskulturelle Maßnahmen und Reaktionen auf dolose Handlungen erwähnt.
Schlussfolgernd wird die Arbeit mit einer persönlichen Bewertung und Beurteilung abgeschlossen.
Bislang ist es nicht gelungen für das "interdisziplinäre Phänomen Wirtschaftskriminalität"[4] eine einheitliche Definition zu finden, die weitreichend genug ist, alle verbundenen Problematiken zu beinhalten. Die Schwierigkeiten resultieren unter anderem aus der Komplexität des Gegenstandes und aus dem Wandel der Erscheinungsformen, aber auch aus dem Fehlen eines gefestigten allgemeinen Normenbewusstseins[5]. Selbst am Schweizer Juristentag im Jahre 1985, mit der Agenda Wirtschaftskriminalität, wurde der Versuch eine allgemein gültige Definition zu finden, aufgegeben. Um die Wirtschaftskriminalität zu klassifizieren wurde jedoch ein Indikator-Modell entwickelt (siehe Anhang A 1).[6] "Je mehr Indikatoren im konkreten Sachverhalt erfüllt sind, umso stärker sind die Indizien auf das Vorliegen von Wirtschaftskriminalität"[7]. Eine Definition für Wirtschaftskriminalität kann daher im einzelnen Fall laut Müller als zweckmäßig oder unzweckmäßig betrachtet werden, aber nie als richtig oder falsch.[8] Bei den unterschiedlichen Ansätzen und Versuche, Wirtschaftskriminalität zu definieren, wird unter anderem unterschieden zwischen den soziologischen, juristischen und prüferischen Ansätzen.[9] In der Literatur findet man weitere Einteilungen in täterbezogene und tatbezogene, bzw. in einem kriminologischen (empirischen) und einen normativen Ansatz[10], während die dogmatischen Definitionen in systembezogen und schadensbezogen[11] unterteilen.
Wirtschaftsdelikte gehören zu den sogenannten Sonderdelikten.[12] Nur wer solch eine Täterqualifikation aufweist kann als Täter i. S. d. § 25 StGB agieren. Der White-Collar-Criminality Ansatz (von Edwin H. Sutherland 1949) stammt aus der empirischen Wissenschaft und ist eine kriminologische Definition (täterbezogen) für Wirtschaftskriminalität. Übersetzt bedeutet "White-Collar-Crime" "Weißer-Kragen-Verbrechen" und zieht Erkenntnisse zum Tätertyp der kriminellen Wirtschaftshandlungen. Der Unterschied zum Stereotyp eines üblichen Kriminellen ist deutlich. Den Tätern fehlt das Unrechtsbewusstsein. Sie betrachten sich selbst als Ehrenmänner, statt als Kriminelle. Weiterhin hat die kriminologische Forschung folgende Erkenntnisse zum Täterprofil gezogen:[13] Überwiegend männlich, um die 40 Jahre alt, verheiratet, gebildet, aus der mittleren und oberen Mittelschicht, seit über zehn Jahren im Unternehmen, karriereorientiert, besitzen hohe Risikobereitschaft, haben Durchsetzungsstärke und verfügen über Eigenschaften, die erfolgreiche Männer auszeichnen.
Der White-Collar-Criminality Ansatz knüpft ausschließlich auf den Täter und nicht an die Tat an. Für eine allgemein gültige Definition für die Wirtschaftskriminalität reicht das schlichtweg nicht aus.
Bei den unternehmensbezogenen Definitionen handelt es sich um Straftaten von Unternehmensangehörigen, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit. Hierbei wird unterschieden in "occupational crime" und "corporate crime". "Occupational crime" (Berufsstraftat) sind eigennützige Straftraten und zum Schaden des Unternehmens ("eigennütziges Delikt"). "Corporate crime" (Verbandsstraftat) wäre beispielsweise eine Schmiergeldzahlung, um Aufträge für das Unternehmen zu erlangen. Sie sollen sich zum Vorteil des Unternehmens auswirken. Auch dieser Ansatz deckt nicht die Wirtschaftskriminalität vollumfänglich ab, da die Unternehmenskriminalität nur ein Teil der Wirtschaftskriminalität betrifft.[14]
Zentral ist der § 74c GVG zu nennen. Er regelt die strafprozessuale Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammern an den Gerichten. Der § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO qualifiziert eine Wirtschaftsstraftat wenn sie "nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern".
Die polizeiliche Definition lautet wie folgt:
- Die Gesamtheit der in § 74c Abs. 1 Nr. 1-6 GVG aufgeführten Straftaten;
und
- Delikte, die im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigungen begangen werden und über eine Schädigung von Einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen können und/oder deren Aufklärung besondere kaufmännische Kenntnisse erfordert.[15]
Zur Entstehung von Wirtschaftskriminalität gibt es zahlreiche theoretische Darstellungsmodelle. Das besonders anerkannte Modell von Donald R. Cressey hat sich neben dem Transaktionsmodell herauskristallisiert. Es stammt aus den 1940er Jahre und basiert auf Grundlage von Befragungen, die Cressey an rund 200 Gefangenen in den USA durchführte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Fraud Triangle [16]
Nach diesem Modell tritt die Wirtschaftskriminalität dann auf, wenn alle drei Faktoren der obigen Abbildung gleichzeitig erfüllt sind. Eine Gelegenheit könnte sich aufgrund des Fehlens oder auch die Ineffektivität des internen Kontrollsystems ergeben. Die Motivation, bzw. der Anreiz zur Tat, hat eine individuelle Komponente[17], beispielsweise Geldnot, Streben nach Luxus, Rache aber auch Leistungsdruck. Der Aspekt Rechtfertigung hat wie auch die Motivation eine stark subjektive Komponente. Der Täter muss die Handlung im Nachgang vor sich selbst rechtfertigen können, d. h. sein schlechtes Gewissen neutralisieren können. "Charakterische Rechtfertigungsstrategien können der Tabelle im Anhang A 2 entnommen werden."[18] Beachtlich ist hierbei, dass die drei genannten Faktoren in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander stehen. Werden im Unternehmen die Kontrollen hochgerüstet, kann es bei den Mitarbeitern zum Vertrauensverlust und somit zur Erleichterung der Rechtfertigung führen. Auf der anderen Seite werden eine ausgeprägte Vertrauenskultur, die Gelegenheit zum wirtschaftskriminellen Handeln und möglicherweise den Anreiz verstärken.[19] Die Geschäftsführung jedes einzelnen Unternehmens muss daher selbst entscheiden, welchen Maßnahmen zur Reduzierung der Faktoren Priorität beigelegt wird.
Gemäß den Daten aus der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden in Deutschland im Jahr 2010 insgesamt 102.813 Wirtschaftsdelikte verübt. Das sind 1,5 % mehr als im Vorjahr (1.473 Fälle).[20] Der prozentuale Anteil der Wirtschaftsdelikte an den polizeilich bekannt gewordenen Straftaten betrug im Jahr 2010 nur 1,7% und im Jahr 2009 1,6%.[21] In vielen Fällen ist die Aufdeckung dem Zufall zu verdanken. Jedoch handelt es sich bei den bekannt gewordenen Fällen der Wirtschaftskriminalität nur um einen Bruchteil von den tatsächlich begangenen Wirtschaftsdelikten. Die deutschen Unternehmen schätzen, dass auf jeden entdeckten etwa fünf unentdeckte Fälle von wirtschaftskriminellen Handlungen kommen.[22] Genauso wie die Anzahl der wirtschaftskriminellen Handlungen, lässt sich der verursachte Schaden nur sehr schwer beziffern. Gemäß dem Bundeslagebild der BKA liegt die resultierende Gesamtschadenssumme mit rund 4,655 Milliarden Euro deutlich höher als im Vorjahr (3,425 Mrd. Euro).[23] Obwohl der prozentuelle Anteil der Wirtschaftsdelikte nur 1,7% von allen bekannt gewordenen Fällen ausmacht, verursachten die Delikte der Wirtschaftskriminalität im Jahr 2010 über die Hälfte des in der PKS ausgewiesenen Gesamtschadens in Höhe von rund 8,4 Milliarden Euro.[24] Diese Zahlen können jedoch nur teilweise den tatsächlich verursachten Gesamtschaden abbilden. Zusätzlich zu den monetär erfassten Schäden, müssen auch die immateriellen Schäden berücksichtigt werden. Verübte Wirtschaftsdelikte beeinträchtigen Geschäftsbeziehungen, fügen einen Reputationsverlust dem Unternehmen bzw. der Produktmarke zu und darunter leidet die Arbeitsmoral bzw. die Motivation der Mitarbeiter.[25] Fast unmöglich zu beziffern sind die Auswirkungen auf mittelbare Betroffene, wie Arbeitnehmer, Gemeinden oder Zulieferbetriebe.
Die folgende Abbildung von KPMG weist den durchschnittlichen Schaden der Jahre 2007 - 2010 je betroffenes Unternehmen aufgrund wirtschaftskrimineller Delikte aus.[26]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: KPMG, Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2010
Die fünf finanziell schädlichsten Delikttypen werden im Folgenden näher erläutert.
Das Kartellrecht ist das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen welche aufgrund sehr hohen Schadenpotentials sehr riskant für Unternehmen sein können. Das Kartellrecht regelt den Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen (corporate misconduct), Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellung und die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüsse. Dabei soll dem Ziel nachgegangen werden, das Bündnis von wirtschaftlicher Macht zu verhindern, wenn dadurch Nachteile für die Konsumenten entstehen, z. B. durch ein Preiskartell. Weitere Kartelltypen sind Quoten-, Gebiets- und Submissionskartelle. Der Schutz des fairen Wettbewerbs ist Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft.[27] Die Vorschriften zum Schutz gegen Kartellverstöße finden sich neben dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Gesetz gegen Lebensmittel und Bedarfsgegenstände (LMBG), Strafgesetzbuch (§§ 298, 299 StGB) und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch im parallel anwendbaren europäischen Wettbewerbsrecht (Art. 81 EGV).[28]
Die US-amerikanische phänomenologische Definition für Geldwäsche lautet "Das Verbergen der illegalen Herkunft (oder Existenz) von Einkommen unter Herstellung eines scheinbar legalen Ausweises desselben".[29] Die Gelder stammen aus Quellen der organisierten Kriminalität (Drogenhandel, Waffenhandel, Glücksspiel, Menschenhandel und Prostitution). Der Vorgang Gelder aus krimineller Herkunft zu "waschen" setzt sich wie folgt zusammen: Das Bargeld wird auf Bankkonten eingezahlt (placement). Um die Rückverfolgung des Geldes zu erschweren werden möglichst viele Kontenbewegungen vorgenommen (layering). Zuletzt wird das Geld in das eigene Unternehmen als Umsatz eingeschleust und ist somit quasi legal im Umlauf.[30] Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität regeln die folgenden Gesetzesbücher: Das Strafgesetzbuch (§ 261 StGB), das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderen Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG), das Geldwäschegesetz (GWG) und die Abgabenordnung (§ 370a AO).
Unter Korruption versteht man die Handlungen von Personen mit öffentlichen oder privaten Aufgaben, die ihre Befugnisse missbrauchen, um sich und Dritten ungerechtfertigte Vorteile gleich welcher Art zu verschaffen. Man spricht auch von Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Sie ist ein uraltes Phänomen, schon im Alten Testament wird davor gewarnt: "Du sollst Dich nicht durch Geschenke bestechen lassen; denn Geschenke machen die Sehenden blind und verdrehen die Sachen derer, die im Recht sind".[31] Im geschäftlichen Verkehr geht es im Wesentlichen um Schmiergeldzahlungen, Vorteilsannahmen und im besonderen Ausmaß um wettbewerbsbeschränkende Absprachen. Eine wettbewerbswidrige Absprache wäre die Abgabe eines Angebotes über Waren oder gewerbliche Leistungen, welches auf einer rechtswidrigen Absprache mit den Konkurrenten beruht. Man bedient sich dieser Mittel grundsätzlich um Marktpreise zu steuern (oft im Baugewerbe angewandt).[32] Der Korruptionsindex „CPI“ schätzt den Schaden der deutschen Wirtschaft, der aus der Korruption resultiert, auf 250 Milliarden Euro.[33] Die Regelung gegen Korruption finden im Strafgesetzbuch (§§ 263, 266, 298, 299, 331, 332, 333, 334 StGB) und in der Abgabenordnung (§ 370 AO) statt.
Diese Form der Wirtschaftskriminalität ist tätigkeitsbezogen und meist nur mit einer mittelbaren Bereicherungsabsicht zum Wohle des Unternehmens verbunden (z. B. die Erreichung von Kennzahlen). Manipulationen bzw. falsche Angaben (illegal acts) können im Bereich der Bilanz, der GuV, dem Anhang sowie dem Lagebericht auftreten. Schwerwiegende Beispiele aus der Praxis sind nicht zuletzt Bilanzdelikte bei „Olympus“, der „ComRoad AG“ und dem Energiekonzern „Enron“. Gründe für diese Handlungen sind Unternehmenskrisen, Markteinbrüche oder Erfolgsdruck auf die Unternehmensleitung. Das erklärt auch den Täterkreis des Top Managements. Zur Tatbegehung ist eine derartige Position in der Unternehmenshierarchie dringende Voraussetzung. Man spricht auch von dem sog. „Top Management Fraud“. Die genaue Vorgehensweise bei Bilanzdelikten und deren Zielsetzungen sind aus den Abbildungen A 3 und A 4 im Anhang ersichtlich.[34]
[...]
[1] RölfsParnter: Wirtschaftskriminalität in Unternehmen steigt, Online im Internet: http://www.roelfspartner.de/desktopdefault.aspx/tabid-69/76_read-588/cxxlnus-1/, Abruf 29.03.2012
[2] PWC: Prävention von Wirtschaftskriminalität: Deutsche Unternehmen mit Defiziten, Online im Internet: http://www.pwc.de/de/risiko-management/praevention-von-wirtschaftskriminalitaet-deutsche-unternehmen-mit-defiziten.jhtml, Abruf 29.03.2012
[3] Spiegel Online: Korruption richtet Schaden von 250 Milliarden Euro an, Online im Internet: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,821687,00.html, Abruf 29.03.2012
[4] Näheres in Müller (1995, S. 839 ff.)
[5] Volk, Klaus: Münchener Anwaltshandbuch: Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, München 2006, S. 7
[6] Vgl. Peemöller Volker H.; Hofmann Stefan: Bilanzskandale, Berlin 2005, S. 20
[7] Vgl. Peemöller Volker H.; Hofmann Stefan: Bilanzskandale, Berlin 2005, S. 20
[8] Vgl. Müller, Christof: Wirtschaftskriminalität in der Zeitschrift: Der Schwarze Treuhänder 10/1995, S. 840
[9] Pastner, M.: Corporate Governance und Wirtschaftskriminalität, 2005 Wien, S. 59 f.
[10] Tidemann, Klaus: ZStW 88, 1976, S. 234
[11] Gropp/Heinz: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht, S. 20 zitiert in: Hirsch/Hofmanski/Plywaczweski/Proxin/Lampe, S. 95
[12] Volk, Klaus: Münchener Anwalts Handbuch, 2006 München, S. 8
[13] Wittig, Petra: Grundrisse des Rechts, Wirtschaftsstrafrecht, 2010 München, S. 7; näheres zum Täterprofil: Bussmann (Salvenmoser NStZ 2006, 203, 206 f.)
[14] Wittig, Petra: Grundrisse des Rechts, Wirtschaftsstrafrecht, 2010 München, S. 7; näheres bei Boers, MSchrKrim 2001, 335, 339; Samson/Langrock, DB, 2007, 1684 „eigennütziges Delikt“; Schünemann, Wistra, 1982, 41; Samson/Langrock, DB, 2007, 1684, 1694 „altruistisches Delikt“
[15] Polizeiliche Definition Landeskriminalamt Thüringen, Online im Internet: http://www.thueringen.de/de/lka/strafverfolgung/ermittlungen/u0/u_start.html
[16] RiskNET, The Risk Management Network, Computerkriminalität verursacht Milliardenschäden
[17] KPMG, AFM – Best Practice der Prävention gegen Wirtschaftskriminalität, S. 7
[18] Hlavice Christian / Klapproth Uwe / Hülsberg Frank M. (Hrsg.): Tax Fraud & Forensic Accounting, 1. Auflage, 2011 Wiesbaden, S. 98-99
[19] Vgl. Scherp, D., (2011) S. 95
[20] Bundeskriminalamt, Bundeslagebild 2010 (2010), S. 6
[21] Bundeskriminalamt, Bundeslagebild 2010 (2010), S. 6
[22] Vgl. KPMG, (2006), S. 7
[23] Bundeskriminalamt, Bundeslagebild 2010 (2010), S. 6
[24] Bundeskriminalamt, Bundeslagebild 2010 (2010), S. 8
[25] Vgl. PwC (2005), S. 14 f. vgl. Zimmer, M / Stetter, S. (2006), S. 1445;
[26] Vgl.: KPMG, (2010), S. 9
[27] Volk, Klaus: Münchener Anwaltshandbuch
[28] Wabnitz Heinz-Bernd / Janovsky Thomas: Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 2. Auflage, 2004 München, S. 990
[29] Tidemann, Klaus: Wirtschaftsstrafrecht, 2005 München, S. 127
[30] Vgl. Tidemann, Klaus: Wirtschaftsstrafrecht, 2005 München, S. 127
[31] Bibel: Exodus/2.Mose, Kapitel 23, Vers 8
[32] Többens Hans W.: Wirtschaftsstrafrecht, 2006 München, S. 105 und 109
[33] Spiegel Online: Korruption richtet Schaden von 250 Milliarden Euro an, Online im Internet: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,821687,00.html, Abruf 29.03.2012
[34] Ausführlich in Peemöller V. H. / Hofmann S.: Bilanzskandale, 2005 Berlin, S. 127-137