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Hausarbeit, 2012
32 Seiten, Note: 2,0
1 EINLEITUNG
2 COMPUTERVERMITTELTE KOMMUNIKATION
2.1. Computervermittelte Kommunikation im Lernkontext
2.2. Das Vier-Seiten-Modell der Kommunikation in der cvK
3 DIE GRUPPE
3.1. Besonderheiten virtueller Gruppen
3.2. Gruppenstruktur
3.3. Gruppenphasen
4 LERNEN IN DER GRUPPE- CSCL
4.1. Formen kollaborativen Lernens
4.2. Lernziele
4.3. Anforderungen an den Lernenden
5 DIDAKTISCHE KONZEPTION
5.1. Problemorientiertes Lernen
5.2. Communities of Practice
5.3. Blended-Learning
5.4. Lernaufgaben
5.5. Evaluation
6 ANFORDERUNGEN AN LEHRENDE
6.1. Cognitive-, Social- und Teaching Presence
6.2. Moderation
7 BEWERTUNG CSCL
8 FAZTT
LITERATUR
ABBILDUNG 1 KOMMUNIKATIONSSTRUKTUREN NACH LEAVITT (1951; HAACKE ET AL.,)
ABBILDUNG 2 PHASENMODELL TUCKMAN (1965; HINZE 2004,)
ABBILDUNG 3 RAUM-ZEIT-MATRIX NACH GRUDIN (1994; HAACKE ET AL. 2004,)
ABBILDUNG 4 AUFGABEN DES LEHRENDEN (CZERWIONKA/DE WITT O.J.,)
ABBILDUNG 5 STUFENMODELL NACH SALMON (2000, BETT/GAISER 2010,)
Intemetbasierte Lemangebote wecken derzeit in wirtschaftlicher und didaktischer Hinsicht große Hoffnungen, denn der Wandel von der Informations- zur Wissensgesellschaft macht den Erwerb von Wissen erforderlich. Wissen sichert die gesellschaftliche Entwicklung, das soziale Handeln und die gesellschaftliche Position des Einzelnen (vgl. Reinmann-Rothmeier/Mandl 2001, S.9f.). Mit herkömmlichen Bildungsangeboten kann der Bedarf an kontinuierlicher, berufsbegleitender und flexibler Weiterbildung nicht realisiert werden (vgl. Hinze 2004a, S.10). Beschränkt man E-Learning jedoch nur auf individuelles Lernen mit multimedialen Lernprogrammen, wird das didaktische Potential neuer Medien nur einseitig aufgegriffen. Die Formen des Lernens mit elektronischen Medien sind weitaus innovativer und vielfältiger (vgl. Iberer/Müller 2002, S.1).
So gilt kollaboratives Lernen als die Form der internetbasierten Aus- und Weiterbildung, mit der den Anforderungen der Wissensgesellschaft Rechnung getragen werden kann. Mit kollaborativem Lernen werden nicht nur inhaltliche Lernziele, sondern auch solche Fähigkeiten erworben, die erst in Interaktion mit Lernenden und Lehrenden entstehen (vgl. ebd.).
Die vorliegende Arbeit stellt nun die komplexen und miteinander verbundenen Faktoren dar, die für eine gelingende Lernkooperation erforderlich sind. Hierzu zählt zunächst die computervermittelte Kommunikation1, die netzbasiertes Lernen zu einem kollaborativen Geschehen macht (vgl. Zumbach/Reimann 2001, S.4). Es werden Besonderheiten computervermittelter Kommunikation im Kontext von Gruppenarbeiten anhand des Vier-Seiten-Modells von Schulz von Thun beschrieben (Kap.2).
Die Bearbeitung wichtiger Rahmenbedingungen, die bei einem kollaborativen Lernarrangement zu berücksichtigen sind, schließt sich an (vgl. Kerres/ Nattland /Nübel 2004, S.9): Nach der Darstellung verschiedener Gruppenfaktoren (Kap.3) folgen in Kapitel 4 Ausführungen dazu, in welcher Form und mit welchem Ziel Lernen in der Gruppe - das sogenannte Computer Supported Collaborative Lear- ning2 - stattfinden kann. Individuelle Faktoren des Lernenden finden ebenfalls Berücksichtigung.
Die Anforderungen, die im Hinblick auf die Rolle des Lehrenden erfüllt sein müssen, um einen erfolgreichen Wissenstransfer zu garantieren, werden unter Einbezug der Aufgabenkonzeption (Kap. 5) sowie des Arbeits- und Betreuungsmodus in Kapitel 6 erläutert. Abschließend erfolgt eine Bewertung kollaborativen Lernens (Kap.7).
Sofern nicht ausdrücklich anders erwähnt, werden im Rahmen dieser Arbeit stets beide Geschlechter angesprochen, wobei, um die Lesbarkeit zu vereinfachen, ausschließlich die männliche Form Verwendung findet.
Als cvK wird jene Kommunikation bezeichnet, bei der auf Seiten des Empfängers und Senders einer Nachricht der Computer zur De- und Enkodierung zum Einsatz kommt. Textbasierte Massenkommunikation ohne direkten Adressaten gehört genauso wie Videokonferenzen zwischen einzelnen Personen oder Gruppen zu den Ausprägungsmöglichkeiten (vgl. Boos/Jonas/Sassenberg 2000).
Medien in ihrer Funktion, Gedanken mitzuteilen und sie damit „gemeinsam“ zu machen, sind immer auch Kommunikationsmedien (vgl. Boeckmann 1994; Reinmann 2011, S.8). Kommunikation bezieht sich dabei über das Mitteilen von Informationen und über das Vermitteln von Bedeutung hinaus auch auf die soziale Interaktion (vgl. ebd.).
Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil im Lernkontext. Ihre Grundfunktionen gelten auch in Lehr-Lernprozessen. So kann man sich mittels Medien über Inhalte verständigen, soziale Beziehungen ausdrücken oder persönliches Erleben deutlich machen (vgl. Bühler 1934). Beim Übergang vom fremd- zum selbstbestimmten Lernen spielt Kommunikation eine wichtige Rolle (Lehtinen et al. 1999).
Für erfolgreichen Wissenserwerb und Wissenstransfer in computerunterstützten Lernprozessen ist die aktive Beteiligung der Lernenden an der Kommunikation ausschlaggebend. Eine anschlussfähige Kommunikation zu etablieren und aufrechtzuerhalten gestaltet sich hier schwieriger als in face-to-face-Szenarien. Ein wesentliches Problem besteht in der Reduktion des gemeinsamen Kontextes (vgl. Kienle 2003, S.29). Voraussetzung für cvK die Fähigkeit der Lernenden, computervermittelt kommunizieren zu können. Die Lernumgebung muss die Herstellung von Anschlussfähigkeit technisch unterstützen (vgl. Carrell 2006, S.9f.).
CvK ermöglicht, in internetbasierten Lernangeboten die vereinzelte Lernsituation aufzubrechen (vgl. Kerres 2001, S.263). Die dabei entstehenden Gemeinschaften sind in der Lage, sozialen Kontakt sowie Identitätsfindung zu ermöglichen (vgl. ebd.). Wie das geschehen kann und mit welchen Anforderungen es für die Beteiligten verbunden ist, wird in den Kapiteln 5 und 6 geschildert.
Schulz von Thun (2001) geht in seinem Kommunikationsmodell davon aus, dass Kommunikation mehr ist als reine Informationsübermittlung (vgl. S.30). Er beschreibt verschiedene Aspekte einer Nachricht und benennt diese mit Sach-, Selbstoffenbarung-, Beziehungs- und Appellseite. Neben dem übermittelten Sach- inhalt transportiert der Sender immer Informationen über sich selbst. Die Nachricht sagt außerdem etwas über seine Beziehung zum Empfänger aus. Ferner richtet der Sender einen Appell an den Empfänger (vgl. Schulz v. Thun 2001, S.31). Sender / Empfänger senden bzw. empfangen gleichzeitig in allen vier Dimensionen, die Gewichtung kann variieren. Durch Feedbackschleifen und Metakommunikation lässt sich kongruente Wahrnehmung erreichen (vgl. ebd.).
Bei computervermittelter Kommunikation in kollaborativen Lernprozessen findet sich nach Argumentation des Vier-Seiten-Modells eine starke Betonung des Sach- inhalts vor, v.a. wenn Anlässe zur persönlichen Kommunikation fehlen (vgl. Haake/Schwabe/Wessner 2004, S.24).
Die Beziehungsebene darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Probleme der Selbstdarstellung und Beziehungsgestaltung werden oft auf der Sachebene mit negativen Folgen für die Arbeitsproduktivität und Zufriedenheit der Lernenden ausgetragen (vgl. ebd.).
Die Selbstoffenbarung ist in Lemkontexten ein geforderter Bestandteil der Kommunikationsstruktur. Computervermittelte Kommunikation verstärkt durch ihre textbasierte, lang archivierbare und somit auch bewertbare Form den Konflikt der Lernenden zwischen Kooperation und Konkurrenz (vgl. ebd.).
Die Appellseite zeigt Motivation und Ziele der Lernenden, bei kollaborativem Lernen existieren Ziele auf individueller und kollektiver Ebene (vgl. Schulz v.Thun 2001, S.209). Innerhalb des vorgegebenen Lernziels möchten alle bei unterschiedlicher Gewichtung des Lernziels gleichberechtigt teilnehmen (vgl. ebd.). Es ist die Aufgabe eines Moderators, die Appelle der Teilnehmenden gleich wirksam in den Lernprozess einzubinden (vgl. Haake et al., Kap.6.2.).
Beim Lernen in der Gruppe müssen Besonderheiten, die sich aus der intensiven Interaktion verschiedener Lernender in einer Gruppe und der daraus resultierenden Dynamik ergeben, betrachtet werden.
Gruppen stellen grundlegende Bestandteile menschlichen Zusammenlebens dar. Nach Döring befriedigen Gruppen sowohl Bedürfnisse von Individuen, aber auch Anforderungen der Allgemeinheit (vgl. 2003, S.489). Sie bestehen aus einer so- zioemotionalen Ebene, die sich aus Wir-Gefühl, Vermittlung sozialer Normen und Werten sowie sozialer Unterstützung zusammensetzt. Die sachlich-instrumentelle Ebene umfasst Arbeitsteilung und Wissensvermittlung (vgl. ebd.).
Wie interagieren Menschen in einer Gruppe und speziell in einer Lerngruppe miteinander? Welche Probleme können dabei auftreten?
Soziale Gruppen sind - in Abgrenzung von flüchtigen Kommunikationssituationen - durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Ständige Kommunikation und Kommunikationsmöglichkeit
- Abgrenzung von der Umwelt und innere Strukturierung der Gruppe
- Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppe
- Zusammenarbeit und wechselseitige Unterstützung (vgl. Döring 2003, S.492;Janneck/Janneck 2004, S.42).
Für Lemgruppen sollten sich darüber hinaus eine positive Abhängigkeit, persönliche Verantwortlichkeit, fördernde Interaktion, soziale Kompetenz sowie eine Reflexion der Gruppenarbeit entwickeln (vgl. Wessner 2004, S.203f).
Virtuelle Gruppen gelten als Sonderform sozialer Gruppen. Dabei haben die technischen Gegebenheiten großen Einfluss auf die Herausbildung von Kommunikationsstrukturen. Virtuelle Gruppen müssen wie auch face-to-face Gruppen eindeutige Grenzen aufweisen (vgl. Thiedecke 2003, S.13). Sie sind gekennzeichnet durch „diffuse persönliche Interaktionskontakte, emotionale Kommunikationsorientierung und den Einsatz zielgerichteter Gefühläußerungen als Steuerungsmedium der Kommunikation “ (ebd., S.67). Ihre Regelsysteme sollten sich am thematischen Kontext der Gruppe orientieren und auch innerhalb der Gruppe gesteuert werden. Mechanismen wie Inklusion und Exklusion werden bei virtueller Gruppenbildung erschwert, dadurch entstehen vermehrt indirekte Beziehungen (vgl. ebd., S.13).
Die Gruppenstruktur lässt sich durch die Größe der Gruppe, die Kommunikationsstrukturen, den sozialen Status und durch soziale Rollen bestimmen (vgl. Collins / Raven 1968).
Ideale Gruppengröße hat eine Gruppe mit fünf Personen. Die Lernenden können so optimal einbezogen und beteiligt werden (vgl. Sader 1998, S.63).
Die Gruppenstrukturen können als Kommunikationsnetze veranschaulicht werden (vgl. Leavitt 1951). Damit wird es möglich, die zu erwartende Motivation und Produktivität der Gruppe bei verschiedenen Aufgabenstellungen zu beschreiben (vgl. ebd.). Eine typisierte Darstellung der Netzstrukturen findet sich in Abb.1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Stark zentralisierte Netze wie das Rad, bei dem zentrale Personen Kommunikation und Arbeitsteilung koordinieren, eignen sich für einfache Aufgaben, die Informationssuche erfordern. Komplexere Aufgaben erfordern dagegen weniger zentralisierte Strukturen (vgl. Haacke et al. 2004, S.44).
Gruppen sind eigenständige Systeme und als solche ständigen Veränderungen unterworfen. Nach Tuckman (1965) durchläuft eine Gruppe vier Phasen, bevor sie eine relative stabile Struktur aufweist (vgl. Hinze 2004, S.22; Abb.2):
- Forming: In dieser Phase werden akzeptable Verhaltensweisen erkundet. Eine Orientierung über Ziele und Wege findet statt.
- Storming: Es kommt zu Konflikten innerhalb der Gruppe, eine Macht- und Positionsbestimmung findet statt sowie Auseinandersetzungen über die Organisation.
- Forming: Gruppenstandards bilden sich heraus, die Mitglieder akzeptieren sich und Gruppenkohärenz entsteht.
- Performing: Gruppenprobleme und Aufgaben werden gelöst.
Eine effiziente Lerngruppe entsteht erst über einen langen Prozess hinweg. Dabei ist mit Anfangsschwierigkeiten zu rechnen. Koordinationsprobleme müssen in der Gruppenfindungsphase gelöst werden (vgl. Hinze 2004, S.22). Nachfolgend wird nun geschildert, in welcher Form kollaboratives Lernen stattfindet und welche Lernziele damit verfolgt werden können. Die Anforderungen, die sich für die Lernenden ergeben, werden ebenfalls thematisiert.
Gemeinsames Lernen in der Gruppe mit Unterstützung von Informatiksystemen wird als Computer Supported Collaborative / Cooperative Learning bezeichnet (vgl. Haacke et al. 2004, S.2). Dabei arbeiten die Gruppenmitglieder wechselseitig an einer Sache, verfolgen gemeinsame, aber auch individuelle Ziele und erwerben gemeinsam Wissen (vgl. ebd.; Grune/de Witt 2004, S.27). Es handelt sich dabei um Situationen, in denen die Lernenden räumlich und / oder zeitlich getrennt sind. Direktes Erleben von gemeinsamen Situationen entfällt genauso wie das Lernen durch Beobachten. Die durch materielle Werkzeuge vermittelte Kooperation funktioniert nur unter Zuhilfenahme von Kommunikation (vgl. Kienle 2003, S.4).
Kollaboratives Lernen kann in vielfältigen Formen und mit einer Fülle von Kommunikationswerkzeugen stattfinden. Eine mögliche Klassifizierung bezieht sich auf Raum und Zeit. Gelernt werden kann dabei am selben oder an verschiedenen Orten sowie sychron oder asynchron (vgl. Haake et al. 2004 S.3, S.275; Abb.3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Raum-Zeit-Matrix nach Grudin (1994; Haacke et al. 2004, S. 3)
Die Gruppenarbeit kann sowohl lokal als auch über das Netz unterstützt stattfinden (vgl. Kap.5.1.). Daneben ist eine Differenzierung nach Symmetrie und Größe der Gruppe, nach der Direktivität, der Dauer und dem Ziel des Lernprozesses möglich (vgl. ebd.).
Mit kooperativem Lernen können Lernziele verfolgt werden, die sich auf inhaltliche, methodische und sozio-emotionale Bereiche beziehen, wie z.B.:
- Die eigene Meinung formulieren, reflektieren und in der Diskussion mit anderen artikulieren
- Anderen zuhören und auf deren Argumente eingehen
[...]
1 Nachfolgend mit der Abkürzung cvK bezeichnet
2 Nachfolgend mit CSCL bezeichnet