Diplomarbeit, 2012
85 Seiten, Note: 2,6
1 Einleitung
2 Grundlagen der Personalführung
2.1 Personal
2.2 Führung
2.3 Ziele der Personalführung
2.4 Theorien zu Motivation und Bewertungsgrundlagen
2.4.1 Motivation – Triebfeder menschlichen Handelns
2.4.2 Definition Führungsinstrument
2.4.3 Bewertungskriterien
3 Beschreibung und Bewertung der Führungsinstrumente
3.1 Positive und negative Kritik
3.1.1 Ziele von Anerkennung und Kritik
3.1.2 Kritik richtig anwenden: konstruktiv und belegbar
3.1.3 Bewertung der positiven und negativen Kritik
3.2 Mitarbeitergespräch
3.2.1 Institutionalisiertes oder formalisiertes Mitarbeitergespräch
3.2.2 Aufbau und Nutzen eines Mitarbeitergespräches
3.2.3 Bewertung des Mitarbeitergespräches
3.3 Personalentwicklung
3.3.1 Ziele der Personalentwicklung
3.3.2 Personalentwicklung als Führungsinstrument
3.3.3 Bewertung der Personalentwicklung
3.4 Anreizsystem
3.4.1 Ziele und Arten von Anreizsystemen
3.4.2 Mit Anreizsystemen motivieren
3.4.3 Bewertung von Anreizsystemen
3.5 Zielvereinbarung
3.5.1 Gestaltung von Zielvereinbarungen
3.5.2 Motivation durch Zielvereinbarungen
3.5.3 Bewertung von Zielvereinbarungen
3.6 Symbole
3.6.1 Symbole als Motivator nutzen
3.6.2 Bewertung von Symbolen
3.7 Delegation
3.7.1 Mit Delegation von Aufgaben Motivation erzeugen
3.7.2 Bewertung von Delegation
4 Zusammenfassung der Führungsinstrumente
4.1 Mitarbeiterzufriedenheit – eine Frage des Führungsstiles
4.2 Analyse der Führungsinstrumente
4.3 Fazit
5 Literaturverzeichnis
6 Ehrenwörtliche Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Zürcher Ansatz (vgl. Rühli, 1992, S.3)
Abb. 2: Optimierung des Leistungsbeitrages (Quelle: Jung 2008, S.13)
Abb. 3: Ausgewählte Inhalts- und Prozesstheorien (Quelle: Hungenberg & Wulf, 2007, S. 277)
Abb. 4: Vergleich der Bedürfnispyramide von Maslow und ERG-Theorie nach Alderfer (Quelle: Hugenberg & Wulf, 2007, S. 283)
Abb. 5: Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg (Quelle: Jung, 2008, S. 389)
Abb. 6: Rückkopplungsmodell nach Porter und Lawler (Quelle: Pelz, 2004, S. 117)
Abb. 7: Einbindung der ERG-Theorie in das Weg-Ziel-Modell von Porter und Lawler
Abb. 8: Einteilung der Führungsinstrumente (eigene Darstellung)
Abb. 9: Einordnung nach ex- oder intrinsischer Motivationswirkung (eigene Darstellung)
Abb. 10: Einordnung nach Führungsinstrument des Unternehmens oder der Führungskraft (eigene Darstellung)
Abb. 11 Grundlage für Portfolioanalyse und grafische Analyse (Eigene Darstellung)
Abb. 12 Johari-Fenster in Anlehnung an Kreuser & Robrecht, 2010, S. 71
Abb. 13 Kriterien guter Ziele nach Whitmore (Quelle: Niermeyer & Postall, 2010, S. 121)
Abb. 14 Wirkung der Mitarbeiterzufriedenheit auf den Unternehmenserfolg (Quelle: Stock-Homburg, 2009, S. 95)
Abb. 15: Klassifikation von Führungsstilen nach Tannenbaum und Schmidt (Quelle: Jung, 2008, S. 424)
Abb. 16: Portfolioanalyse der Führungsinstrumente (eigene Darstellung)
Abb. 17: grafische Analyse der Führungsinstrumente (eigene Darstellung)
Für Unternehmen ist die Kundenzufriedenheit ein entscheidender Erfolgsfaktor. Durch zufriedene Kunden sichern Unternehmen ihre Existenz und ihren zukünftigen Geschäftserfolg. Dies bestätigt die zunehmende Popularität des Net Promotor Score (NPS)[1]. Der NPS ist eine Kennzahl, die die Kundenzufriedenheit abbildet, indem die Bereitschaft der Kunden zur Weiterempfehlung des Unternehmens gemessen wird. Die grundlegende Annahme des NPS ist, dass zufriedene Kunden neue Kunden von dem Unternehmen überzeugen und gleichzeitig selbst diesem Unternehmen und seinen Produkten treu bleiben.
Unternehmen verwenden für die Sicherung und Steigerung der Kundenzufriedenheit beträchtliche Ressourcen, um Produkte, Dienstleistungen, Prozesse, etc. auf den Kunden auszurichten.[2] Bei diesen Bestrebungen nimmt die Mitarbeiterzufriedenheit einen bedeutenden Stellenwert ein. So analysiert Ruth Stock-Homburger sehr anschaulich den großen Einfluss der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Kundenzufriedenheit. „Als zentrale Erkenntnis […] konnte nachgewiesen werden, dass die Mitarbeiterzufriedenheit einen positiven Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat.“[3] Auch ist davon auszugehen, dass „eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zu einer Reduzierung der Kosten (Personalbeschaffungskosten, Anm. d. Verf.) durch Loyalisierung der Mitarbeiter und Reduktion der Fluktuationsrate“[4] führt. Dies ist auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels von Bedeutung, dem sich die deutsche Wirtschaft zunehmend ausgesetzt sieht.[5]
Das Wissen um den hohen Stellenwert der Mitarbeiterzufriedenheit wirft die Frage auf, wie dieser Erfolgsfaktor durch die Unternehmensleitung beeinflusst werden kann. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Führungskräften zu, die gegenüber den Mitarbeitern das Unternehmen und dessen Management repräsentieren. Damit die Führungspersonen ihre Aufgaben erfolgreich ausfüllen können, ist es nötig, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die es dem einzelnen Mitarbeiter erlaubt, sich für das eigene Unternehmen zu begeistern. Dies wird durch Werte wie Offenheit, Klarheit, Transparenz und Kommunikation erreicht, die das Leben in einem Unternehmen prägen sollten.[6]
Die vorliegende Arbeit wird an diesem Punkt anknüpfen und die Ausstattung einer Führungskraft mit Instrumenten thematisieren, welche sie befähigen, auf die ihr unterstellten Mitarbeiter positiv einzuwirken. Insbesondere die Bewertung der Handlungsmöglichkeiten nach motivations- und effizienzorientierten Theorien und Modellen wird hierbei im Fokus stehen. Vordergründig ist die Frage zu beantworten, welche Möglichkeiten eine Führungskraft hat, Einfluss auf ihre Mitarbeiter zu nehmen, um angestrebte Ziele zu erreichen und gleichzeitig eine gedeihliche Unternehmenskultur zu pflegen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass diese Sammlung der Führungsinstrumente keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Eine Führungskraft führt jederzeit, ob mit bewussten, unbewussten oder unterlassenen Handlungen. So kann letztlich auch jede ihrer Handlungen als ein Führungsinstrument betrachtet werden.
Das Ziel der vorliegenden Abhandlung ist es, eine Sammlung an Instrumenten für eine Führungsperson bereitzustellen, mit der die Führungsaufgabe erfolgreich bewältigt werden kann. Um dies zu erreichen, wird neben der Beschreibung der Führungsinstrumente auch interessant sein, wie der Einsatz dieser Instrumente auf die Mitarbeiter wirkt. Hierfür wird auf der Grundlage von Motivationstheorien jedes Instrument im Einzelnen auf dessen Motivationswirkung hin untersucht. Mit diesen Erkenntnissen sollen Führungskräfte in die Lage versetzt werden, positiv auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter einwirken zu können und gleichzeitig eine Leistungssteigerung bzw. einen Erhalt von Leistungen auf einem hohen Niveau bewirken zu können. So erhalten Führungskräfte die Möglichkeit, am Erfolg des Unternehmens mitzuwirken und durch ihre Arbeit die Existenz des Unternehmens zu sichern.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird zunächst im Abschnitt „Grundlagen der Personalführung“ eine Begriffsbestimmung der Personalführung vorgenommen und die Ziele einer Führungskraft beleuchtet sowie theoretische Grundlagen zu Motivation und Motivationstheorien erläutert. Dies soll eine Basis schaffen, mit der die einzelnen Instrumente der Führung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zur Mitarbeiterzufriedenheit und auch zur Steigerung der Leistung des gesamten Unternehmens beurteilt werden können. In diesem Zusammenhang wird auch eine Definition des Begriffes Führungsinstrument erfolgen. Am Ende dieses Abschnittes werden die Kriterien definiert, nach welchen die Führungsinstrumente zu bewerten sind. Hierbei werden neben der Motivationswirkung die Möglichkeiten der Führungskräfte, auf die Gestaltung der Führungsinstrumente Einfluss zu nehmen, betrachtet.
Im folgenden Abschnitt „Beschreibung und Bewertung der Führungsinstrumente“ werden die geschaffenen Grundlagen mit den Führungsinstrumenten zusammengeführt. Hierfür ist zunächst eine Beschreibung des jeweiligen Instrumentes nötig. Diese wird sich mit den Anwendungsmöglichkeiten auseinandersetzen und dabei auch die Motivationswirkung der Instrumente untersuchen. Abschließend wird zu jedem Instrument eine Beurteilung auf Grundlage der Bewertungskriterien vorgenommen.
Im letzten Abschnitt „Zusammenfassung der Führungsinstrumente“ steht zunächst der Zusammenhang zwischen Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit und die Wahl eines passenden Führungsstiles im Vordergrund. Abschließend werden alle beschriebenen Instrumente zusammenfassend grafisch aufbereitet. Dies soll einerseits die Erkenntnisse aus den vorangegangen Abschnitten übersichtlich darstellen und andererseits einen kompakten Überblick zu den Führungsinstrumenten geben, mit dem eine schnelle Einschätzung der Wirkung des jeweiligen Instrumentes und des Gestaltungsrahmens der Führungskraft möglich ist.
Übernimmt ein Angestellter Personalverantwortung, wird die Personalführung für ihn ein entscheidendes Handlungsfeld, und die Aufgaben sowie Möglichkeiten einer Führungskraft müssen intensiv analysiert werden. Das soll an dieser Stelle geschehen, wobei zunächst der Begriff Personalführung näher betrachtet wird. Das Wissen über Personalführung soll dem Leiter einer Gruppe den Gegenstand seiner Arbeit aufzeigen. Er fungiert als Bindeglied zwischen Personal und Unternehmen. Da beide Parteien eigene Interessen verfolgen, sollen lang- und mittelfristige Zielsetzungen sowie die Philosophie und Interessen des Unternehmens ergründet werden. Im Idealfall bringt die Führungskraft die Interessen der Mitarbeiterschaft mit denen des Unternehmens in Einklang. Um die Pflichten, Rechte und Chancen der Führungskraft zu erkennen, wird zunächst der Begriff Personalführung definiert. Da sich dieser aus den Begriffen Personal und Führung zusammensetzt,[7] sollen diese beiden Bezeichnungen näher beschrieben werden. Insbesondere die Führung beinhaltet dabei ein umfangreiches Handlungsfeld für den Leiter einer Mitarbeitergruppe.
„Mit Personal werden die in jeder Art von Organisationen in abhängiger Stellung arbeitenden Menschen bezeichnet, die innerhalb einer institutionell abgesicherten Ordnung gegen Entgelt eine Arbeitsleistung erbringen.“[8] Dabei wird die gesamte Belegschaft ̶ einschließlich der Führungskräfte ̶ als Personal bezeichnet, welches, aus betrieblicher Sicht, verschiedene Eigenschaften innehat. Das Personal ist gleichzeitig:[9]
- Arbeitsträger
(Mitarbeiter als Produktionsfaktor)
- motiviertes Individuum
(Mitarbeiter verfolgen eigenständige Ziele, die nicht zwangsläufig mit den Zielen des Unternehmens kongruent sind)
- Koalitionspartner
(Mitarbeiter stehen in einem sozialen Gefüge von Personen- und Interessengruppen und vertreten somit auch deren Interessen)
- Entscheidungsträger
(je nach Stellung in der Hierarchie treffen Mitarbeiter am Arbeitsplatz Entscheidungen, die von unterschiedlicher Tragweite für das Unternehmen sind)
- Kostenverursacher
(Mitarbeiter verursachen mit Anspruch auf Entgelt und Arbeitsplatz Kosten für das Unternehmen)
An dieser Stelle wird bereits deutlich, dass die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen Arbeitskräften überaus vielschichtig sind. Das Personal ist für viele Unternehmen ein zentraler Produktionsfaktor. Die Mitarbeiter eines Unternehmens sind eine wichtige Stütze für den wirtschaftlichen Erfolg, da die Arbeitsleistung der Belegschaft die Qualität und auch die Kosten eines Produktes stark beeinflusst. Hinzu kommt, dass seit jüngster Vergangenheit der Mangel an Fachkräften in Deutschland ein zentrales Thema in der öffentlichen Diskussion ist. So beklagten beispielsweise die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bereits 2009, dass zukünftig der Mangel an Fachkräften akut zunehmen werde.[10] Auch wenn diese These kontrovers diskutiert wird,[11] so ist es für Unternehmen wichtig, das Personal stärker an das Unternehmen zu binden. Dies kann für beide Seiten von Vorteil sein. Für den Mitarbeiter wird somit die Sicherung des Arbeitsplatzes erhöht, da verdeutlicht wird, dass das Unternehmen ein erhebliches Interesse am Verbleib des einzelnen Arbeitnehmers im Unternehmen hat. Diese Sicherheit eröffnet dem Mitarbeiter zusätzlich die Möglichkeit, sich intensiver auf seine Aufgaben zu konzentrieren, da er weniger Energie auf die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes oder einen Wechsel der Arbeitsstelle verwendet.
Für das Unternehmen reduziert sich hierbei die Fluktuationsquote[12] im Personalbestand. Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn eine Reduzierung der Personalbeschaffungskosten angestrebt wird. „Sie setzen sich aus unterschiedlichen Kosten zusammen: z. B. aus Kosten für die unbesetzte Stelle, Anwerbungskosten (für Annoncen, Personalberater, Headhunter...), Kosten der Auswahl- und Einstellungsgespräche, Einstellungskosten (z. B. Umzugskosten, Einrichtung des Arbeitsplatzes), Einarbeitungskosten, Kosten der Aus- und Fortbildung sowie Minderleistungskosten während der Phase der Einarbeitung.“[13] Eine sinnvolle Nutzung dieser eingesparten Kosten wäre beispielsweise die interne Aus- und Weiterbildung. So wird die Chance erhöht, vakante Stellen im Zuge der internen Personalbeschaffung zu besetzen. Dies ist von Vorteil, da der Arbeitnehmer dem Unternehmen bereits bekannt ist, und so eine Fehlbesetzung leichter vermieden werden kann.[14] Gleichzeitig reduzieren sich die Einarbeitungskosten, und das Unternehmen wird als Arbeitgeber attraktiver wahrgenommen, da so auch Karrierechancen geboten werden.
Welche Bedeutung die Mitarbeiterbindung für ein Unternehmen hat, ist vom Grad der notwendigen Qualifikation einer Stelle abhängig. Qualifizierte Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt schwerer und damit auch preisintensiver zu beschaffen, als es bei ungelernten Arbeitern der Fall ist. An dieser Stelle sei auf das bekannte Prinzip von Angebot und Nachfrage hingewiesen. Je spezialisierter bzw. qualifizierter ein Mitarbeiter sein muss, desto schwerer ist es, für ihn einen Ersatz zu finden, womit auch das Interesse des Unternehmens steigt, diesen Mitarbeiter im Arbeitsverhältnis zu halten. Andererseits ist bei unqualifizierten Tätigkeiten der Personalersatz leichter zu bewältigen, da hier sowohl das Angebot an Arbeitskräften größer ist, als auch kurze Einarbeitungszeiten ausreichend sind.
Führung ist ein Begriff, der viele Aspekte einschließt, und in allen Ebenen der Unternehmensstruktur stattfindet. Der Zürcher Ansatz der Führung[15] soll verdeutlichen, welcher Aspekt der Führung im Zusammenhang mit Führungsinstrumenten betrachtet wird. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass er allgemeingültig ist, d. h. sich nicht auf einzelne Branchen, Unternehmensgrößen, -arten, o. ä. beschränkt.[16] Abb. 1 gibt einen ersten Überblick, welche Führungsarten der Zürcher Ansatz unterscheidet. Eine Einordnung in das St. Galler Management-Konzept die Stellung der Führungsarten noch verdeutlichen.
Dieser Ansatz umfasst zum einen die inhaltliche Dimension der Führung, die sich mit den gestaltenden Aufgaben der Führung beschäftigt und verglichen mit dem St. Galler Management-Konzept eher in der normativen und strategischen Unternehmensführung angesiedelt ist. Nach dem St. Galler Management-Konzept wird die Unternehmensführung in eine normative, strategische und operative Ebene unterteilt.[17] Die normative Ebene „prägt den Gestaltungsrahmen, der einem Unternehmen seine Identität verleiht“,[18] während sich die strategische Ebene damit beschäftigt, wie die normativen Vorgaben erfolgreich umgesetzt werden können.[19] Zum anderen ist im Zürcher Ansatz eine formelle Dimension vorhanden, die sich mit der Führung von Mitarbeitern auseinandersetzt. Im St. Galler Management-Konzept kann die formelle Dimension der operativen Unternehmensführung zugeordnet werden, da hier die Vorgaben der normativen und strategischen Ebene im sogenannten Tagesgeschäft vollzogen werden, indem sie die Koordinierung der laufenden Aktivitäten übernimmt.[20]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Zürcher Ansatz (vgl. Rühli, 1992, S.3)
Bei der formellen Führung spricht Rühli von einer „Steuerung der multipersonellen Problemlösung“,[21] die immer dann nötig werde, wenn Menschen gemeinsam ein Problem lösen. Dabei gebe es eine führungstechnische und eine menschenbezogene Dimension. Die Führungstechnik stellt die Problemlösung in den Vordergrund, die sich mit der Analyse und Lösung einer konkreten Aufgabenstellung befasst.
Die Gesamtheit der Führungsinstrumente betrachtend, ist die Menschenführung von besonderem Interesse. In dieser Dimension beleuchtet der Zürcher Ansatz die Elemente der beteiligten Menschen, die Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter und den sozialen Kontext.[22] Als eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen Unternehmen und seinen Mitarbeitern fungiert der direkte Vorgesetzte[23]. Besonders in stark hierarchisch organisierten Unternehmen ist er es, der das Unternehmen dem Mitarbeiter gegenüber repräsentiert und so die Bindung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen herstellt. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, muss die Führungskraft zunächst verstehen, was sich hinter dem Begriff Führung – im angloamerikanischen Sprachraum als Management bzw. to manage [24] – verbirgt. Nach dem Zürcher Ansatz besteht Führung in einer bewussten Beeinflussung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten, um ein Verhalten zu erwirken, dass die gewünschte Problemlösung ermöglicht.[25] Dabei ist es für die Führungskraft interessant, auf welcher Grundlage die eigene Autorität beruht. Dies ist zu einem großen Teil von der Art der Führung, dem individuellen Führungsstil, abhängig. An dieser Stelle sollen die später noch genauer benannten und beschriebenen Führungsinstrumente ansetzen und dem Leiter einer Mitarbeitergruppe eine Sammlung von Handwerkszeug aufzeigen, um diese Verhaltensbeeinflussung möglichst effizient umzusetzen.
Damit ist eine Eingrenzung geschaffen, welcher Teil des Führungsspektrums in dieser Arbeit behandelt werden soll. Jedoch hat der Führungsbegriff noch weitergehende Aspekte. Arbeiten mehrere Personen gemeinsam an einer Problemlösung, entsteht ein Koordinationsbedarf, der die Notwendigkeit einer Führung erforderlich macht.[26] Bei jeder arbeitsteiligen Aufgabenstellung findet eine gegenseitige Verhaltensbeeinflussung statt, um ein bestimmtes Ziel, die Problemlösung, zu erreichen. Auch dies ist Führung, selbst wenn keine vorgegebene Hierarchie existiert, da sich Menschen gegenseitig beeinflussen und sowohl als Führer als auch Geführter auftreten. Unter der Prämisse, dass durch diese Verhaltensbeeinflussung ein Problem gelöst werden soll, ist es für den Führenden wichtig, durch sein Verhalten bei dem Geführten ein eigenes Bedürfnis zu schaffen, die Problemlösung auf die bestmögliche Weise zu erreichen. Die Führungskraft sollte also bemüht sein, in ihren Mitarbeitern eine starke Motivation zu erzeugen. Auch zur möglichst erfolgreichen Realisierung dessen können die Führungsinstrumente eine Unterstützung liefern.
Nachdem der Begriff Personalführung in seinen Bestandteilen näher erläutert wurde, steht nun die Frage, wohin die Führungskraft führen soll. Sie muss sich über die Ziele, die mit den Aktivitäten im Rahmen der Führungstätigkeit erreicht werden sollen, Klarheit verschaffen. Besteht darüber eine eindeutige Vorstellung, fällt es der Führungskraft leichter, Entscheidungen entsprechend den gesetzten Zielen auszurichten. Hierbei wird die Führungskraft sowohl materielle als auch immaterielle Ziele verfolgen.
Mit den ökonomischen Zielen der Führungskraft manifestiert sich häufig der Wunsch der Kapitalgeber nach steigenden Gewinnen und Expansion der Unternehmung. Ermöglicht werden kann dies einerseits durch Kostenminimierung in der Produktion, im Bereich der Personalführung sowie durch Reduktion von Personalkosten und andererseits, indem die Qualität der Arbeit maximiert wird, um so eine Steigerung des Absatzes anzustoßen.[27] Dabei ist zu beachten, dass eine Führungskraft häufig nicht in der Lage ist, direkt auf die Personalkosten, beispielsweise Gehaltskürzungen, Einfluss zu nehmen. Jedoch hat sie die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter dergestalt zu steigern, dass bei gleichen Personalkosten ein höherer Output entsteht und so die Produktionskosten je geleisteter Einheit gesenkt werden. Ein weiteres Handlungsfeld besteht in der Reduktion von fehlerhafter Arbeit. Mit sinkender Fehlerhäufigkeit werden ebenfalls bessere Produktionskosten erreicht und gleichzeitig auch die Qualität der Produktion gesteigert.[28] Ziel der Führungskraft ist es, diese Reduzierung der Kosten in der Art an die Mitarbeiter zu vermitteln, dass diese freiwillig bereit sind, die eigene Leistungserbringung auf ein höchstes Maß zu steigern, und so einen Beitrag zum Wachstum der Unternehmung zu leisten.
Ein Arbeitnehmer hat aus seinem Arbeitsvertrag heraus Pflichten der Leistungserbringung, für die das Unternehmen Geld in Form eines Gehaltes zahlt. Aufgabe und auch Ziel der Führung ist es, diese Pflichten in ihrer optimalen Form zu nutzen. In Abb. 2 finden sich jedoch diverse Anforderungen, die nicht zwingend durch einen Arbeitsvertrag eingefordert werden können, aber die Leistungserbringung durchaus sehr steigern können. Beispiele hierfür sind Verbesserungsvorschläge, Loyalität oder auch selbstständige Bewältigung von Schwierigkeiten.[29] Des Weiteren sind einige Punkte nur schwerlich nachweisbar und so auch schwer erzwingbar, wie z. B. die Vergeudung von Arbeitszeit.[30] Bei manchen Pflichten des Arbeitnehmers, wie beispielsweise dem sparsamen Verbrauch von Energie und Ressourcen, kann einem Mitarbeiter keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Vergeudet ein Mitarbeiter mehr Ressourcen als ein anderer, der sparsamer mit Arbeitsmitteln umgeht, kann dieser die Pflicht zur Leistungserbringung aus dem Arbeitsvertrag trotzdem erfüllen.[31]
In Abb. 2 wird dargestellt, welche Bereiche des Mitarbeiterverhaltens möglichst verstärkt bzw. verringert werden sollten, um eine optimale Leistungserstellung zu erreichen. Hierbei sollte die Führungskraft von Folgendem ausgehen: „die Ausschöpfung des optimalen Leistungsbeitrages ist […] zum größten Teil abhängig vom guten Willen des Arbeitnehmers. Daraus ergibt sich als ein Hauptziel der Personalwirtschaftslehre, die Mitarbeiter so zu motivieren, dass sie die Leistung, die sie erbringen können, auch erbringen wollen.“[32] Für die Führungskraft ist es eine sehr wichtige Aufgabe, diese Motivation bei den Mitarbeitern zu generieren, um so indirekt auf die Produktions- und Personalkosten Einfluss zu nehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Optimierung des Leistungsbeitrages (Quelle: Jung 2008, S. 13)
Wie dargestellt besteht die Herausforderung für die Führungskraft darin, die ökonomischen Ziele des Unternehmens mit den persönlichen Zielen der Mitarbeiter in Einklang zu bringen. Durch einen Wertewandel, der sich in den letzten Jahrzenten immer stärker abgezeichnet hat, ändern sich die Ansprüche der Menschen an den Arbeitsplatz deutlich.[33] Gründe für diesen Wandel sind u. a. in steigenden Qualifikationen[34] sowie dem bereits angesprochenen Mangel an Fachkräften zu suchen. Statt Erwerbsarbeit als eine Absicherung des Überlebens anzusehen, hat sich die Einstellung zur Arbeit, insbesondere auch in Unternehmen dahingehend geändert, dass die Angestellten verstärkt eigene Vorstellungen verwirklichen wollen. Dies findet darin Ausdruck, dass für Mitarbeiter auch Beschäftigungen außerhalb der Arbeit zunehmend an Bedeutung gewinnen und Beschäftigte sich mit ihren eigenen Vorstellungen auch im Beruf verwirklichen wollen, um so z. B. kooperativ am Erfolg des Unternehmens mitzuwirken. Hierbei entsteht auch der „Wunsch vieler Mitarbeiter nach mehr Kooperation in Teams sowie mehr Kommunikation und Offenheit“.[35] Häufig ist auch der Wunsch nach Verbesserung der beruflichen Position – der Karriere – ein individuelles Ziel des einzelnen Mitarbeiters.
Für die Führungskraft entsteht aus dieser Entwicklung die Aufgabe, diese Bedürfnisse entsprechend zu nutzen. An dieser Stelle hat sie die Chance, die individuellen Ziele der Mitarbeiter mit den Zielen der Unternehmung in Einklang zu bringen. Es ist jedoch wichtig, die Chance zum Abgleich der Zielvorstellungen nicht ungenutzt zu lassen. Andernfalls besteht die Gefahr der Demotivierung von Mitarbeitern. Im Bild der Opportunitätskosten würde so Humankapital verschenkt, welches andernfalls produktiv genutzt werden könnte, wenn die Führungskraft auf diese Möglichkeit zugunsten anderer Aufgaben verzichten würde. Dabei muss sie beachten, dass auch Zielvorstellungen existieren, die einander ausschließen. Diese Begriffsbestimmung zeigt die wichtige Schlüsselfunktion, die eine Führungskraft in einem Unternehmen einnimmt und die Größe des Potentials, dass im Zuge einer guten, am Mitarbeiter ausgerichteten Führung gehoben werden kann.
Um die Führungsrolle erfolgreich auszufüllen, sind neben den Kenntnissen um die Personalführung noch weitere Punkte von Bedeutung. Diese sollen im folgenden Abschnitt näher betrachtet werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die theoretischen Grundlagen zu Motivation und deren Entstehung sowie Kriterien, nach welchen die Führungsinstrumente mit Hilfe der theoretischen Grundlagen beurteilt werden sollen.
Die Frage, weshalb Menschen bestimmte Leistungen vollbringen,[36] liegt maßgeblich in der Motivation begründet. Motivation ist der „Wunsch, etwas zu gestalten, etwas zu erreichen und zu bewirken. Dieser Wunsch ist, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt, grundsätzlich in jedem Menschen vorhanden.“[37] Er resultiert aus dem Drang des Menschen, Bedürfnisse zu befriedigen[38] und den aktuellen Zustand an einen gewünschten, dem Bedürfnis entsprechenden, Zielzustand anzugleichen.[39]
Motive sind in diesem Zusammenhang als individuelle Bedürfnisse[40] zu verstehen, die befriedigt werden sollen. Dies beinhaltet sowohl Grund- und Existenzbedürfnisse als auch Sicherheits- und Sozialbedürfnisse sowie Anerkennung, Wertschätzung und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.[41] Motive können zum einen in primäre, also unbefriedigte Bedürfnisse, und sekundäre, Mittel zur Befriedigung anderer Bedürfnisse, eingeteilt werden.[42] Zum anderen existiert eine weitere Einteilung, die insbesondere aus beruflicher Sicht von Interesse ist. Diese Einteilung unterscheidet zwischen intrinsischen und extrinsischen Motiven. Das intrinsische Motiv erfährt Befriedigung aus der Tätigkeit selbst, indem die eigene Leistung oder auch die notwendige Kompetenz hoch eingeschätzt wird. Dem entgegen steht das extrinsische Motiv, welches für die Befriedigung auf externe Faktoren wie Geld, Sicherheit oder auch Prestige angewiesen ist.[43]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Ausgewählte Inhalts- und Prozesstheorien (Quelle: Hungenberg & Wulf, 2007, S. 277)
Aus den Motiven leitet sich die Motivation, als Triebfeder menschlichen Handelns, ab, welche maßgebend für die Leistung von Mitarbeitern in Unternehmen ist. Hieraus ergibt sich das große Interesse von Unternehmen an deren Erforschung. Es existiert eine Vielzahl an Theorien, die sich mit Erklärungen von Motivation auseinandersetzen. Diese Vielzahl entstand durch die verschiedenen Schwerpunkte, welche dabei zugrunde gelegt wurden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lassen sich die Motivationstheorien in zwei Gruppen einteilen. Inhaltstheorien beschäftigen sich mit der Frage, wie Motivation entsteht, während die Prozesstheorien hinterfragen, wie Motivation das Verhalten des Menschen beeinflusst (Abb. 3).[44] Eine stringente Trennung dieser zwei Gruppen ist jedoch nicht immer sinnvoll. Ansätze der Inhaltstheorien verfügen über Berührungspunkte mit denen der Prozesstheorien, so dass diese sich gegenseitig durchaus ergänzen können. Im Rahmen dieser Arbeit soll dies an der ERG-Theorie von Alderfer und dem Weg-Ziel-Modell von Porter und Lawler verdeutlicht werden. Diese beiden Ansätze sollen später auch zur Beurteilung der Führungsinstrumente zugrunde gelegt werden.
Die ERG-Theorie von Alderfer ist eine Weiterentwicklung der Bedürfnispyramide von Maslow. Dieser hat folgende Rangfolge erstellt, nach der Menschen ihre Bedürfnisbefriedigung anstreben:[45]
1. Physiologische Bedürfnisse
2. Sicherheitsbedürfnisse
3. Soziale Bedürfnisse
4. Wertschätzung (Ich-Bedürfnisse)
5. Selbstverwirklichung
Maslow geht davon aus, dass Menschen ihre Bedürfnisse nach einer bestimmten Rangfolge befriedigen und erst nach vollständiger Befriedigung einer Stufe die nächst höhere anstreben. Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen, werden nach Maslow zunächst Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst, also physiologische Bedürfnisse, gestillt, bevor der Wunsch nach Sicherheit, auch der nach einem sicheren Arbeitsplatz, angestrebt wird. Nach dieser These wirkt das niedrigste als nicht ausreichend befriedigt empfundene Bedürfnis handlungsmotivierend.[46]
Damit wird die Aussage getroffen, dass Menschen so lange auf der jeweiligen Stufe der Bedürfnisse verweilen, bis diese erfüllt sind. Bei ausbleibender Befriedigung „wird eine Person unzufrieden – mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Arbeitsmotivation.“[47] Genau diesen Punkt greift Alderfer in seiner ERG-Theorie auf. Mit seiner Weiterentwicklung der Bedürfnispyramide fasst Alderfer die fünf Bedürfnisse von Maslow zu folgenden drei Bedürfnisgruppen zusammen (Abb. 4):[48]
- Existence needs (Existenzbedürfnisse)
- Related needs (Soziale Bedürfnisse)
- Growth needs (Wachstums- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse)
Gleichzeitig postuliert Alderfer im Gegensatz zu Maslow, dass keine strenge Hierarchie der Bedürfnisebenen existiert.[49] Vielmehr geht er davon aus, dass als Ersatz auch ein niedrigeres Bedürfnis befriedigt werden kann. Die ERG-Theorie entwickelt an dieser Stelle die Frustrations-Regressions-Hypothese, die besagt, dass eine Person auf das nächst niedrigere Bedürfnis ausweicht, wenn ein höheres Bedürfnis nicht befriedigt werden kann. Zusätzlich existieren noch die Frustration-Hypothese, nach der ein nicht befriedigtes Bedürfnis dominant wirkt, und die Befriedigungs-Progressions-Hypothese, nach der ein befriedigtes Bedürfnis zur nächst höheren Stufe der Bedürfnisse führt.[50]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Vergleich der Bedürfnispyramide von Maslow und ERG-Theorie nach Alderfer (Quelle: Hugenberg & Wulf, 2007, S. 283)
Die ERG-Theorie ist mit diesen Hypothesen flexibler als Maslows Theorie bezüglich der unterschiedlichen Reaktionen des Menschen auf erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Befriedigung der Bedürfnisse und kann so auch der empirischen Motivationsforschung besser folgen.[51] Zusammenfassend kann eine Führungskraft aus dieser Theorie ableiten, was Menschen motiviert, eine Leistung zu erbringen. Wird dies von der Führungskraft entsprechend analysiert, besteht an diesem Punkt auch die Möglichkeit, eine gezielte Verhaltensbeeinflussung vorzunehmen.
An dieser Stelle sei noch die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg erwähnt. Diese wird insbesondere bei der abschließenden Bewertung der Führungsinstrumente von Interesse sein. Die Abb. 5 zeigt, dass nach Herzbergs Theorie bestimmte Faktoren, die Hygienefaktoren, vorhanden sein müssen, damit ein Mitarbeiter nicht unzufrieden ist. Hiermit entsteht jedoch noch keine Motivation, die den Mitarbeiter veranlasst, ein gesteigertes Leistungsniveau zur Verfügung zu stellen. Dafür müssen zusätzlich zu den Hygienefaktoren noch Motivatoren auf den Mitarbeiter einwirken.[52]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg (Quelle: Jung, 2008, S. 389)
Ein weiterer Aspekt der Motivation findet sich in den Prozesstheorien. Bei diesen steht die Frage im Vordergrund, wie sich Motivation auf das Verhalten von Menschen auswirkt. Für die Bewertung der Führungsinstrumente wird in dieser Arbeit das Rückkopplungsmodell nach Porter und Lawler herangezogen. Dieses ist eine Weiterentwicklung des VIE-Motivationsmodells von Vroom, welches für die praktische Arbeit einer Führungskraft ein gutes Verständnis der Motivationsmodelle ermöglicht.
Das VIE-Modell ist ein Weg-Ziel-Modell, nach dem eine bestimmte Leistung erbracht wird, wenn die daraus entstehende Leistung als erstrebenswert erachtet wird.[53] Nach Vroom ist die Leistung der Mitarbeiter von folgenden Faktoren abhängig:[54]
- V alenz: subjektiver Nutzen der Belohnung, die mit Zielerreichung verbunden ist; die Valenz kann sowohl positiv als auch negativ bewertet werden und wird von den Motiven des Mitarbeiters bestimmt
- I nstrumentalität: Bewertung, inwieweit bestimmte Handlungen und deren Ergebnisse als geeignetes Mittel zur Zielerreichung dienen
- E rwartung: subjektive Wahrscheinlichkeit, mit einer bestimmten
Handlung ein bestimmtes Ziel zu erreichen
Aus den drei Teilen V, I und E ergibt sich die Kraft, mit der ein Mitarbeiter seine Ziele verfolgt und entsprechend seine Leistung für das Unternehmen erbringt. Vroom hat diese Abhängigkeit in Form der mathematischen Formel
Motivation = Erwartung * Instrumentalität * Valenz
dargestellt. Da es in der Praxis jedoch schwierig erscheint, einen Mitarbeiter anhand konkreter Zahlen zu taxieren, wird diese Arbeit nicht näher auf diese Formel eingehen. Entscheidender ist im Hinblick auf die Personalführung das grundsätzliche Verständnis der Theorien.
Porter und Lawler erweitern die Theorie von Vroom um Einflussfaktoren aus der betrieblichen Praxis, wie Fähigkeiten, Charakterzüge und Rollenwahrnehmung. So gibt das Modell auch der Individualität des Einzelnen Gewicht. Zusätzlich existiert hier noch ein mehrfacher Rückkopplungsmechanismus, der es dem Mitarbeiter erlaubt, aus seinen Erfahrungen zu lernen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Rückkopplungsmodell nach Porter und Lawler (Quelle: Pelz, 2004, S. 117)
Dieses Modell postuliert eine Kausalkette über Anstrengung, Leistung und daraus sich ergebender Zufriedenheit, die über die Rückkopplung einen verstärkenden oder abschwächenden Effekt auf zukünftige Leistungen hat – je nachdem, wie die Belohnung empfunden wurde.[55] An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Menschen zu hedonistischer Adaptation neigen. Dies bedeutet, dass sie sich schnell an einen positiven Zustand der Bedürfnisbefriedigung gewöhnen und diesen in Zukunft als einen Normalzustand ansehen. Für eine Führungskraft hat dies zu Folge, dass ein Anreiz, wie beispielsweise eine pekuniäre Belohnung, der/die stark motivierend gewirkt hat, im Wiederholungsfalle nicht mehr den gleichen Erfolg liefern könnte.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Inhaltstheorien der Führungskraft einen Einblick darüber geben, was Mitarbeiter veranlasst, eine Leistung zu erbringen. Das Verständnis der Prozesstheorien ermöglicht es der Führungskraft wiederum zu erkennen, wie die Motive der Mitarbeiter so genutzt werden können, dass aus Sicht des Unternehmens ein bestmögliches Arbeitsergebnis erreicht wird. Einschränkend muss jedoch festgestellt werden, dass diese Modelle die Unternehmenspraxis nicht detailgetreu darstellen können, da die Komplexität menschlichen Verhaltens jedes theoretische Modell zwangsläufig vor unlösbare Aufgaben stellen muss. Sie schaffen jedoch ein grundlegendes Verständnis für menschliche Handlungsweisen.
Um ein besseres Verständnis darüber zu erlangen, wie Führungsinstrumente die Motivation der Menschen beeinflussen, werden in dieser Arbeit die ERG-Theorie und das Rückkopplungsmodell von Porter und Lawler zur Bewertung genutzt. So ist die ERG-Theorie offener, indem sie berücksichtigt, „dass Menschen unterschiedlich auf Bedürfnisbefriedigung und Nichtbefriedigung reagieren […] und damit in stärkerem Maße den Erkenntnissen der Motivationsforschung“[56] folgen als die Bedürfnispyramide von Maslow. Das Rückkopplungsmodell stellt einer Führungskraft wiederum in einer übersichtlichen Form dar, wie sich Motivation auswirkt. Zusätzlich wird aus Abb. 5 deutlich, wie die Mitarbeiterzufriedenheit sich auch auf deren Leistungen auswirken kann. Entsteht aus der Belohnung eine hohe Zufriedenheit, so wird der Mitarbeiter auch den Wert zukünftiger Belohnungen entsprechend höher einschätzen und seine Anstrengung verstärken. Dies unterstützt in der Folge den bereits erwähnten positiven Effekt der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Kundenzufriedenheit.
Zwischen der Inhalts- und der Prozesstheorie existiert ein Zusammenhang. Der Berührungspunkt beider Theorien liegt in der Motivation. Während die Prozesstheorie von Porter und Lawler von einer Motivation bzw. einer Anstrengung spricht, analysiert die Theorie von Alderfer das Entstehen von Motivation. So erscheint eine Zusammenführung beider Theorien am Knotenpunkt Motivation durchaus als sinnvoll.
Da die Inhaltstheorien das Entstehen von Motivation durch Motive analysieren, wird es möglich, die Prozesstheorie an der Stelle der Anstrengung (Motivation) um die Inhaltstheorie zu ergänzen. Dabei wird das Modell von Porter und Lawler um eine Dimension erweitert (Abb. 7). Dies ermöglicht der Führungskraft neben der Wirkung eines Leistungsanreizes auch dessen Entstehung zu erkennen. Das Theorem aus diesen Modellen könnten so in der praktischen Arbeit helfen, die Führungsinstrumente optimal einzusetzen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7: Einbindung der ERG-Theorie in das Weg-Ziel-Modell von Porter und Lawler
Zur Definition des Begriffes Führungsinstrument ist zunächst eine Zerlegung in seine Bestandteile Führung und Instrument sinnvoll. Der Begriff Führung wurde bereits an anderer Stelle ausführlich erörtert. Das Wort Instrument leitet sich aus dem lateinischen Begriff instrumentum ab und hat in der Übersetzung die Bedeutung eines Werkzeuges[57], eines Hilfsmittels, um eine anstehende Aufgabe auszuführen. Dieser Anspruch ist auch an ein Führungsinstrument zu stellen. Es soll einer Führungskraft ein Hilfsmittel sein, mit welchem sie in der direkten Führungsarbeit mit Mitarbeitern eine gezielte Verhaltensbeeinflussung vornehmen kann, wie es auch schon im Zusammenhang mit dem Zürcher Ansatz beschrieben wurde. Als Führungsinstrumente können somit „alle diejenigen Mittel und Verfahren, die zur Beeinflussung des Mitarbeiterverhaltens“[58] dienen, bezeichnet werden.
Da diese Definition eine unüberschaubare Menge an Instrumenten ermöglicht, erfolgt vorab eine Abgrenzung in folgende zwei Gruppen:[59]
- Organisatorische Führungsinstrumente
- Personale Führungsinstrumente
Die erste Gruppe umfasst dabei Maßnahmen der Führung, die einen gestaltenden Charakter auf den Führungsprozess haben. Der Nutzen dieser Instrumente ist eher aus Sicht der Unternehmensleitung interessant, da mit ihnen eine strategische Organisation der Führungsaufgabe im Unternehmen entwickelt werden kann. Diese Führungsinstrumente eigenen sich für eine Mitarbeiterbeeinflussung und können auf das gesamte Personal oder auf größere definierte Gruppen angewandt werden. Hierzu zählen beispielsweise die Corporate Identity, die Strategie eines Unternehmens oder auch Unternehmensvisionen. Solche Instrumente haben eine richtungsweisende Funktion, sind jedoch nicht explizit auf einzelne Mitarbeiter abgestimmt. Jedoch ist auch eine Nutzung solcher Instrumente in der direkten Führungsarbeit vorstellbar und wird später noch genauer analysiert.
Im Rahmen dieser Arbeit stehen die Instrumente im Fokus, die der zweiten Gruppe, den personalen Führungsinstrumenten, zuzuordnen sind. Hierbei handelt es sich um Instrumente, die in Bezug auf einen einzelnen Mitarbeiter angewandt und dementsprechend auch individuell auf ihn angepasst werden können. Im Einzelnen werden folgende Instrumente analysiert:
- positive und negative Kritik
- Mitarbeitergespräch
- Personalentwicklung
- Anreizsystem
- Zielvereinbarung
- Symbole
- Delegation
Diese Auswahl an Instrumenten, die einer Führungskraft für ihre Arbeit zur Verfügung stehen, soll als eine Basis verstanden werden, die durchaus noch Erweiterung finden kann. So wird in der Literatur eine sehr große Vielfalt an Führungsinstrumenten beschrieben.[60] Hinzu kommt, dass eine Führungsperson aufgrund ihrer besonderen Position innerhalb einer Personengruppe eine Vorbild- und Leitfunktion hat. Dies führt dazu, dass ein Mitarbeiter das Verhalten der Leitperson genau beobachten und daraus Verhaltensrichtlinien ableiten wird. So entsteht bereits eine Verhaltensbeeinflussung, die gezielt genutzt werden kann.
Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Führungsinstrumenten sollte sich eine Führungskraft auch vergegenwärtigen, dass deren Wirkung von der konkreten Situation abhängig ist. Damit kann keine deterministische Wirkung der Instrumente vorausgesetzt werden.[61] Da jedoch in der Praxis die Führungsaufgabe trotz allem ausgefüllt werden muss, soll mit dieser Arbeit das Verständnis für die Wirkung eines bestimmten Führungsverhaltens geschaffen werden.
Um dieses Verständnis schaffen zu können, ist vorab zu definieren, wie die einzelnen Instrumente bewertet werden sollen. Hierfür wird zunächst das jeweilige Führungsinstrument in die Kategorien aus Abb. 8 eingeordnet. So kann eine Führungskraft ableiten, wie dieses Instrument wirkt und wie groß der eigene Gestaltungsrahmen des jeweiligen Instrumentes ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8: Einteilung der Führungsinstrumente (eigene Darstellung)
[...]
[1] Vgl. Ruf 2007 und www.vocatus.de 2007
[2] Vgl. Stock-Homburg 2009, S. 1
[3] Stock-Homburg 2009, S. 189
[4] 2hm & Associates GmbH 2010
[5] Vgl. o.V., SPIEGEL ONLINE, 2009
[6] Vgl. Strupat 2010
[7] Vgl. Rahn 2008, S. 1
[8] Oechsler 2006, S. 1
[9] Vgl. Olfert 2003, S. 12
[10] Vgl. o.V., SPIEGEL ONLINE 2009
[11] Vgl. o.V., SPIEGEL ONLINE 2010
[12] Vgl. Jung 2008, S. 686
[13] Sliwka 2008
[14] Vgl. Sliwka 2008
[15] Vgl. Rühli 1992, S. 1ff
[16] Vgl. Peterhans 1995, S. 226
[17] Vgl. Bleicher 2004, S. 80
[18] Dillerup und Stoi 2006, 37
[19] Vgl. ebd.
[20] Vgl. Dillerup und Stoi 2006, S. 37
[21] Rühli 1992, S. 2
[22] Vgl. Rühli 1992, 7
[23] Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist unter einem direkten Vorgesetzten bzw. einer direkten Führungskraft
immer die Person der nächst höheren Leitungsebene aus Sicht des betreffenden Mitarbeiters bzw. der
Mitarbeitergruppe zu verstehen. Hierbei wird bewusst nicht auf die Besonderheiten im Zusammenhang einer
Matrixorganisation eingegangen, da diese Organisationsform nur noch selten anzutreffen ist.
[24] Vgl. Dillerup und Stoi 2006, S. 6
[25] Vgl. Rühli 1992, S. 6f
[26] Vgl. Hentze, Graf und Kammel, et al. 2005, S. 1
[27] Vgl. Jung 2008, S. 12
[28] Vgl. ebd.
[29] Vgl. ebd.
[30] Vgl. ebd.
[31] Vgl. ebd.
[32] Jung 2008, S. 13
[33] Vgl. ebd., S. 14
[34] Vgl. ebd., S. 14
[35] Jung 2008, S. 14
[36] Vgl. Pelz 2004, S. 101
[37] Niermeyer und Seyffert, Motivation 2009, S. 12
[38] Vgl. Jung 2008, S. 367
[39] Vgl. Reihnberg 2008, S. 16
[40] Vgl. Jung 2008, S. 367
[41] Maslow 1977
[42] Vgl. Jung 2008, S. 370 in Anlehnung an die ERG-Theorie von Alderfer
[43] Vgl. ebd.
[44] Vgl. Hungenberg und Wulf 2007, S.277
[45] Vgl. Drumm 2008, S. 392
[46] Vgl. Jung 2008, S. 385
[47] Hungenberg und Wulf 2007, S. 238
[48] Vgl. Jung 2008, S. 387
[49] Vgl. Hungenberg und Wulf 2007, S. 282
[50] Vgl. Hentze und Graf, Personalwirtschaftslehre 2 2005, S. 24
[51] Vgl. Staehle 1991, S. 205
[52] Vgl. Jung 2008, S. 389
[53] Vgl. Franken 2004, S. 102
[54] Vgl. Jung 2008, S. 398
[55] Vgl. Pelz 2004, S. 118
[56] Vgl. Hungenberg und Wulf 2007, S. 284
[57] Vgl. Duden
[58] Drumm 2008, S. 452
[59] Vgl. ebd., S. 453
[60] Vgl. Drumm 2008, S. 452
[61] Vgl. Drumm 2008, S. 453
Der GRIN Verlag hat sich seit 1998 auf die Veröffentlichung akademischer eBooks und Bücher spezialisiert. Der GRIN Verlag steht damit als erstes Unternehmen für User Generated Quality Content. Die Verlagsseiten GRIN.com, Hausarbeiten.de und Diplomarbeiten24 bieten für Hochschullehrer, Absolventen und Studenten die ideale Plattform, wissenschaftliche Texte wie Hausarbeiten, Referate, Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen und wissenschaftliche Aufsätze einem breiten Publikum zu präsentieren.
Kostenfreie Veröffentlichung: Hausarbeit, Bachelorarbeit, Diplomarbeit, Dissertation, Masterarbeit, Interpretation oder Referat jetzt veröffentlichen!
Kommentare