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Bachelorarbeit, 2012
38 Seiten, Note: 1,7
Vorwort
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Einführung von Begrifflichkeiten
2.1 Logistik
2.2 Engpass
3 Logistische Engpässe
3.1 Makrologistik
3.1.1 Verkehr und Infrastruktur
3.1.2 Personal
3.1.3 Grüne Logistik
3.1.4 Urbanisierung
3.2 Mikrologistik
3.2.1 Schnittstellen
3.2.2 Innovationsmanagement
3.2.3 Flexibilität
3.3 Mesologistik
3.3.1 Zusammenwirken mehrerer Logistikdienstleister
3.3.2 Räumlichen Konzentration von Logistikunternehmen
4 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Das folgende Werk entspricht, bis auf wenige Änderungen, fast vollständig meiner Bachelorarbeit „Engpassfaktor Logistik“ - Welche mikro-, makro- und mesologistischen Auswirkungen sind dadurch zu erwarten?
Tabelle 1: Paradoxien von Grüner Logistik (Rodrigue et al. 2001, 7)
Tabelle 2: Übersicht von aufgedeckten Engpässen und zugehörigen Engpassfaktoren (vom Autor erstellt)
Durch eine steigende Bedeutung der Logistik wird diese zunehmend Aufgabe des Top-Management und ein wichtiger Faktor für Unternehmenserfolg. Die strategische Bedeutung der Logistik wächst demnach, auch da Endkunden den Servicegrad der Logistik zunehmend als Qualitätsfaktor wahrnehmen (Froschmayer/ Göpfert 2010, 1). Jahns et al. (2010) beschreiben die Logistik als „strategische Waffe“, die in der Praxis jedoch häufig nicht als diese angewandt wird (Jahns et al. 2010, 1).
Die Abstände in denen sich die Anforderungen an die Logistik verändern verkürzen sich. Prognosen zufolge entstehen in dieser Branche in den nächsten zehn Jahren genauso viele Innovationen, wie in den vergangenen 50 Jahren (Grosse-Ruyken 2011, 27). Um mit diesem Wandel Schritt zu halten ist die Betrachtung von zukünftigen Trends und Entwicklungen, sowie die Aufdeckung von Chancen und Risiken von hoher Bedeutung.
Ansätze wie „Supply Chain Management“ und „Lean Management“ führen durch eine ganzheitliche Betrachtung von Wertschöpfungsketten, möglichst schlanken Prozessen und Vermeidung von unnötigen Verschwendungen zur Optimierung von Lieferketten (s. Kapitel 2.1 ). Dies hat zur Folge, dass die Anlieferung von Waren exakt zeitlich geplant werden kann und Sicherheitsbestände gesenkt werden können. In Deutschland beispielsweise sind etwa 40 Prozent der exportieren Güter aus importierten Waren gefertigt. Unternehmen sind somit auf eine weitestgehend störungsfreie Logistik angewiesen. Auch sind Firmen die Just-In-Time produzieren von der verlässlichen Lieferung direkt ans Band abhängig (s. Kapitel 3.1.1). Sinkende Wertschöpfungstiefen in Unternehmen und globale Beschaffungsstrategien führen zudem zu einem erhöhten Risiko, durch die Ausdehnung von Lieferketten. Störungen in diesen Lieferketten führen zu weitreichenden Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette. Dies kann zu logistischen Engpässen und damit zu Kosten und Verlusten für Unternehmen führen. Mögliche logistische Engpässe gilt es rechtzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln. Die Störungsanfälligkeit von globalen Wertschöpfungsketten wird zudem durch mehrerer Entwicklungen wie einer zunehmenden Urbanisierung und einem steigenden Verkehrsaufkommen beeinflusst (Winkler/ Allmeyer 2012, 16).
Im Rahmen dieser Arbeit soll deshalb folgende Forschungsfrage beantwortet werden: „Welche Faktoren können zu einem logistischen Engpass führen?“
Die identifizierten Engpässe sind in Mikro-, Makro- und Mesologistik unterteilt, da je nach Ansatz verschiedene Faktoren zu einem möglichen Engpass führen und unterschiedliche Akteure und Regionen von den Auswirkungen dieses Engpasses betroffen sind. Die Untersuchung von möglichen logistischen Engpässen erfolgt anhand einer Auswahl von aktuellen Problemfeldern und Entwicklungen im logistischen Bereich. Diese führen nicht zwangsläufig zu einem logistischen Engpass. Durch das Auftreten zusätzlicher Faktoren können sich die logistischen Problemfelder jedoch zu Engpässen entwickeln, beziehungsweise den potentiellen Engpass verschärfen. Diese Engpassfaktoren, die Problemfelder zu Engpässen werden lassen, sollen aufgedeckt werden. Zudem sollen anhand dieser Faktoren mögliche Konsequenzen und Auswirkungen des entstehenden Engpasses beschrieben werden.
In der Arbeit werden mögliche Engpässe beschrieben, da die vorhandenen Engpassfaktoren nicht zwangsläufig zu einem Engpass führen. Die beschriebenen Trends und Entwicklungen können sich aufgrund von diversen Umständen und nicht vorhersehbaren Ereignissen, sowie Abhängigkeiten untereinander verändern. Vorhersagen zu zukünftigen Entwicklungen sind daher nicht präzise, wie beispielsweise die Prognosen zu den weltweiten Ölvorkommen zeigen. Aufgrund von Entdeckungen neuer Ölquellen und technischen Entwicklungen wodurch unzugängliche Quellen erschließbar werden, ist eine exakte Aussage zum weltweiten Ölvorkommen und mögliche Zeitpunkte dessen Versiegens nicht möglich. Bei der Untersuchung der Forschungsfrage wird deutsch- und englischsprachige Literatur verwendet um die Suche nach Engpassfaktoren nicht zu sehr auf den deutschsprachigen Raum einzugrenzen. Die beschriebenen Engpässe und deren Auswirkungen beziehen sich auf Logistikunternehmen und deren Umfeld in der freien Marktwirtschaft. Die Logistik von öffentlichen Institutionen unterliegt besonderen Eigenschaften, wie beispielsweise dem Ausschreibungsverfahren für Aufträge und ist daher nur begrenzt Teil der Betrachtung in dieser Arbeit. Viele der aufgedeckten Engpässe beschreiben Umstände, die vor allem in Industriestaaten und insbesondere in Deutschland vorzufinden sind. Ein Großteil der Zahlen und Beispiele bezieht sich daher auf Deutschland und die Europäische Union. Bei der Beschreibung der Engpasssituationen sollen jedoch keine länderspezifischen Faktoren betrachtet werden. Im Fokus stehen die Engpassfaktoren, die zu einem logistischen Engpass führen können.
In diesem Kapitel werden zunächst die Begriffe Logistik und Engpass eingeführt. Dabei erfolgt sowohl eine allgemeine Definition, sowie Erläuterungen ihrer Aufgaben und Ziele. In der Literatur finden sich diesbezüglich diverse Definitionen (vgl. Kotzab 2000, 27; Gudehus 2010, 1 - 10). Eine tiefgreifende Untersuchung wäre im Rahmen dieser Arbeit jedoch zu umfassend und nicht zielführend. Deswegen soll lediglich eine begriffliche Einführung der Begriffe Logistik und Engpass vorgenommen werden.
Logistik umfasst die Organisation, Planung, Kontrolle und Durchführung von Güterflüssen. Die Grundaufgabe der Logistik ist die effiziente Bereitstellung von Objekten, in der richtigen Menge, der richtigen Art, der richtigen Zusammensetzung, zum richtigen Preis, zur richtigen Zeit am richtigen Ort (Gudehus 2010, 3). Logistikobjekte können Handelswaren, Lebensmittel, Rohstoffe oder Material, Vorprodukte, Halbfertigfabrikate und Fertigwaren, Investitionsgüter, Konsumgüter, sowie Produktions- und Betriebsmittel sein, aber auch Personen oder andere Lebewesen, sowie Informationen in Form von Aufträgen, Belegen, Daten und Informationen (vgl. Gudehus 2010, 455). Die verschiedenen Aufgaben und Ziele der Logistik lassen sich in mehrere Aktionsbereiche, wie der Makro-, Mikro- und Mesologistik unterteilen (Gudehus 2010, 6).
Der Fokus der Makrologistik liegt auf globalen Transportströmen und Produktionsumgebungen (Haasis/Landwehr 2009, 10). Das Ziel ist die Bereitstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur zur effizienten Güterversorgung von Staaten, Unternehmen und Haushalten. Diese Infrastruktur besteht aus Verkehrsnetzten, Logistikzentren sowie Institutionen und Gesetzesgrundlagen und ermöglicht Verkehrs-, Güter- und Personenströme innerhalb von Regionen sowie global. Verkehrsnetze bestehen aus Straßen-, Schienen-, Luft- und Wasserwegen (Ihde 1991, 252; Gudehus 2010, 7).
Die Mikrologistik befasst sich in einer einzelwirtschaftlichen Betrachtung mit logistischen Systemen von öffentlichen oder privaten Organisation, beziehungsweise einem Subsystem hiervon. Zu diesem System zählen alle Transporte, in und von dem Unternehmen, sowie die Lager- und Umschlagprozesse im Unternehmen. Eine Unterscheidung der einzelnen Systemen lässt sich anhand der unterschiedlichen Zielsetzungen vornehmen. Es kann hier in Militärlogistik, Krankenhauslogistik, Unternehmenslogistik und die Logistik sonstiger Organisationen differenziert werden. Die Unternehmenslogistik unterteilt sich nochmals in die Branchen der Handelslogistik, Industrielogistik und Dienstleistungslogistik (Arnold et al. 2008, 3; Pfohl 2010, 13 - 14). Die Aufgabe der Mikrologistik ist die Bereitstellung und Durchführung von logistischen Leistungen. Dazu zählen der Transport, der Umschlag, die Lagerung und die Kommissionierung von Gütern (Gudehus, 2010, 3). Das Ziel ist die Versorgung von Unternehmen und Verbrauchern mit benötigten Gütern und die Sättigung des vorhandenen Mobilitätsbedarfs zu kostenoptimalen Konditionen (Gudehus 2010, 7-8). In diesem Zusammenhang spielt der Ansatz des Supply Chain Management eine wichtige Rolle. Ein Ziel des Supply Chain Managements ist die Optimierung von Lieferketten. Durch eine ganzheitliche Betrachtung entlang der Wertschöpfungskette sollen positive Auswirkungen für alle involvierten Unternehmen erzielt werden (vgl. Kotzab/ Schnedlitz 1999, 140 - 153). Wertschöpfungsketten beschreiben sämtliche Stationen eines Produkts oder einer Dienstleistung von der Quelle über den Hersteller bis zum Endkunden (Gudehus 2010, 24 - 26).
Der Ansatz der Mesologistik ist die Betrachtung der Logistik aus einer regionalen Sicht und beschreibt die Interaktionen zwischen Akteuren der Verkehrswirtschaft, Logistik, Forschungs- und Bildungseinrichtungen und öffentlichen Institutionen. Das Ziel ist die Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit der involvierten Akteure innerhalb räumlicher und funktionaler Cluster (vgl. Haasis/Landwehr 2009, 9-10). Ein Cluster besteht aus vernetzten Unternehmen und Institutionen innerhalb einer räumlich begrenzten Region. Unternehmen dieses Clusters agieren in einem gemeinsamen Markt und werden auch als Stakeholder dieses Marktes betrachtet (Da Cunha et al. 2007, 43). Als Steakholder werden Akteure bezeichnet, die von Handlungen und Entscheidungen eines agierenden Unternehmens betroffen sind oder in der Lage sind diese zu beeinflussen (Schuppisser 2002, 3). Im Vergleich zum Supply Chain Management wird in der Mesologistik ein größerer Kreis von Akteuren, beziehungsweise Stakeholder betrachtet. Planungsämter, Interessensvereinigung, sowie Verwaltung und Politik stellen handelnde Akteure dar. Im Unterschied zur einzelwirtschaftlichen Betrachtung der Mikrologistik findet im mesologistischen Ansatz ein Wettbewerb weniger zwischen einzelnen Unternehmen statt. Vielmehr findet ein Wettbewerb zwischen Clustern und Regionen statt. So spielen harte Standortfaktoren wie vorhandene Markt- und Wettbewerbsstrukturen, sowie weiche Standortfaktoren, wie Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Betrachtung des mesologistischen Ansatzes eine wichtige Rolle (vgl. Haasis/Landwehr 2009, 9 - 11). Neben diesen Ansätzen finden sich noch weitere Handlungsfelder in der Literatur. Auf diese soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.
Logistische Engpässe entstehen durch eine Unterversorgung von Stationen mit Ressourcen (Gudehus 2010, 458). Als Ressource gelten die in Kapitel 2.1. definierten Logistikobjekte, die neben Material und Betriebsmittel auch Personal und Informationen darstellen können. Stationen sind Abfertigungs-, Produktions- und Leistungsstellen des logistischen Systems, an denen die Logistik- und Informationsobjekte verbraucht, bearbeitet, abgefertigt oder erzeugt werden (Gudehus 2010, 458). Die Unterversorgung von Stationen mit Ressourcen kann durch Störungen
in der Lieferkette oder Datenverarbeitung, Fehler in der Auftragsabwicklung, fehlerhafte Lagerbestände oder falsche Materialbedarfsplanung zustande kommen (Bichler et al. 2010, 54). Zudem können unvorhergesehene Ereignisse wie Katastrophen und Unfälle zu nicht vorhersehbaren Störungen, Verzögerungen und Unterbrechung in der Wertschöpfungskette führen (Ziegenbein 2011, 16).
Engpässe lassen sich nach Gudehus (2010) auch anhand von Kennziffern identifizieren. Engpässe stellen demnach Stationen, Schnittstellen (s. Kapitel 3.2.1) und Transportfahrzeuge dar, deren Auslastung in Hochzeiten mehr als 95 Prozent beträgt oder deren Warteschlangen Auswirkungen auf vorgelagerte Stationen nach sich ziehen (Gudehus 2010, 455). Die Folgen eines Engpasses lassen sich in leistungsbegrenzende, kostentreibende und qualitätsmindernde Auswirkungen unterteilen. Leistungsbegrenzende Auswirkungen sind beispielsweise die Verhinderung einer höheren Auslastung einer Station. Höhere Prozesskosten, sowie eine verminderte Pünktlichkeit, sind Beispiele für kostentreibende bzw. qualitätsmindernde Auswirkungen eines Engpasses (König/ Jugelt 2009, 117). Einen Grundkonflikt, und somit einen potentiellen Engpass, stellen nach Seeck (2010) Verfügbarkeit und Bestandshöhe dar. Weitere klassische Zielkonflikte bestehen zwischen:
Lieferzeit – Lager- bzw. Transportkosten,
Lieferfähigkeit – Bestandskosten,
Termintreue – Transportkosten,
Sendungsqualität – Lager-und Handlingskosten,
Lieferflexibilität – Bestandskosten (Seeck 2010, 5).
Häufig ist eine dauerhafte Engpassbeseitigung nur durch eine Ressourcenerhöhung an den betreffenden Engpassstellen zu erreichen. Ist der Leistungsbedarf für mehrere Perioden über der Grenzleistung einer Station, so liegt ein dringender Engpass vor. Dieser Engpass verursacht einen Anstieg des Auftragsbestandes und der Durchlaufzeiten und ist daher vorrangig zu beheben (Gudehus 2010, 235; Seek 2010, 3 - 5).
Die in den folgenden Kapiteln ermittelten Engpässe sind unterteilt nach mikro-, makro- und mesologistischen Ansätzen. Die Entwicklungen im makrologistischen Bereich haben Auswirkungen und auch Einfluss auf die Bereiche der Mikro- und Mesologistik. Dieser etwas übergeordnete Ansatz soll daher als erstes untersucht werden. In den darauf folgenden Kapiteln 3.2 und 3.3 wird dann auf die Engpässe und Auswirkungen in den Bereichen der Mikro- und Mesologistik eingegangen unter Einbezug der zuvor thematisierten makrologistischen Entwicklungen.
Die in diesem Kapitel aufgedeckten Engpässe besitzen aufgrund ihres hohen Einflusses auf die Logistik ein erhöhtes Engpasspotential. Ansätze wie Green Logistics oder ein steigendes Verkehrsaufkommen stellen zwar Herausforderungen für die Logistik dar, führen jedoch nicht zwangsläufig zu einem logistischen Engpass. Durch weitere Engpassfaktoren können sich jedoch hieraus Engpässe bilden. Diese Engpassfaktoren stellen Restriktionen dar oder verschärfen die Auswirkungen von bestimmten Entwicklungen. Bei der Untersuchung potentieller Engpässe werden daher, ausgehend von der Makro-Ebene, erst logistische Herausforderungen beschrieben und anschließend potentielle Faktoren aufgedeckt, die zu einer Engpasssituation führen können.
Um Güter und Waren über größere Distanzen transportieren zu können sind Logistikunternehmen auf bestehende Infrastrukturen angewiesen. Diese setzen sich neben der institutionellen und personellen Infrastruktur, vor allem aus unbeweglichen Objekten des Verkehrssystems wie Schienen, Straßen, Flughäfen und Bahnhöfen zusammen (Wieland 2007, 377 - 378). Die institutionelle und personelle Infrastruktur bestehen aus dem eingesetzten Personal, sowie öffentlichen Institutionen wie dem B undesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Wieland 2007, 377) . Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur besitzen somit Merkmale von öffentlichen Gütern, wodurch der Staat für die betroffenen Objekte zuständig ist (vgl. Wieland 2007, 389 - 393). Deutschland mit einer zentralen Lage in Europa, sowie Hamburg als zweit größten europäischen Hafen, nehmen bei dieser logistischen Betrachtung eine hervorgehobene Rolle ein (Küchle 2008, 7). In Folge dieser zentralen Lage in Europa und einer gut ausgebauten Infrastruktur werden eine Vielzahl von Transporten über die deutsche Infrastruktur abgewickelt (Randow 2008, 49; Göpfert/Hornbostel 2009, 168 - 173; Hahn-Woernle 2010, 10). Am Beispiel der deutschen Infrastruktur soll daher im Folgenden ein möglicher logistischer Engpass aufgezeigt werden.
Der 2003 vom Bund veröffentlichte Bundesverkehrswegeplan prognostiziert einen erheblichen Anstieg des Verkehrsaufkommen innerhalb Deutschlands. In dem Zeitraum von 1997 - 2015 wird allein der Güterverkehr, laut Prognose, um 64 Prozent und der Personenverkehr um 20 Prozent ansteigen. Die erwartete Güterverkehrsleistung soll sich dem Bericht zufolge bis zum Jahr 2050 von heute 650 Milliarden Tonnenkilometer auf etwa 1200 Milliarden Tonnenkilometer weltweit verdoppeln. Mit 72 Prozent wird auch zukünftig ein Großteil der Gütertransporte über Straßentransporte erfolgen (Projektgruppe Verkehrswegeplanung 2003, 11). Um den nötigen Rahmen für das steigende Güterverkehrsaufkommen bereitzustellen, beschlossen die Mitgliedsstaaten der Europäische Union bereits 1996 den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und dessen Förderung (Europäisches Parlament und Rat der europäischen Union 1996, 3 - 14). Dieser Beschluss stellt eine grobe Orientierung für den Ausbau der Infrastruktur in Europa dar. Um die nötige Infrastruktur für den steigenden Verkehr bereitstellen zu können sind laut Kubenz (2008) jedoch europaweit Mittel in Höhe von ca. 300 Mrd. Euro notwendig. (vgl. Kubenz 2008, 233). Für den Ausbau einer leistungsfähigen Infrastruktur in Europa sind somit hohe Investitionen notwendig.
Entgegen diesem Beschluss der Europäischen Union sieht der Finanzplan des Bundes von 2007 bis 2011 eine Senkung der Ausgaben für Bundesfernstraßen vor (Finanzplan des Bundes 2007, 31). Laut Finanzplan sollen zur Entschärfung von Engpässen vorwiegend Kommunikations-, Leit-, sowie Informationssysteme, also Verkehrsleitsysteme eingesetzt werden (Finanzplan des Bundes 2007, 28 - 32). Die bereitgestellten finanziellen Mittel reichen jedoch nicht zur Instandhaltung aller bestehenden Objekte in der deutschen Infrastruktur aus (Kubenz 2008, 233 - 235). Somit entsteht eine Unterfinanzierung. Dies hat zur Folge, dass verkehrsentlastende Projekte wie die küstennahe Autobahn A22 nicht realisiert werden können (Aden 2008, 402). Es werden somit nur ausgewählte Projekte im Rahmen des Verkehrswegeplans umgesetzt. Teile der Infrastruktur sind damit dem Verfall überlassen. Bei einem Anstieg des Verkehrsaufkommen stehen daher nicht genügend Kapazitäten und finanzielle Mittel zur Erweiterung dieser zur Verfügung. Durch die Unterfinanzierung ist eine Abnahme der Verkehrsleistung möglich, da beispielsweise Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgrund schlechter Straßenbedingungen herabgesetzt werden müssen. Dies führt zu längeren Transportzeiten und Staus. Diese drohende infrastrukturelle Engpasssituation, sowie ein steigender Preis von Kraftstoffen, lässt Transporte via Schiene und Binnenschiffart an Bedeutung gewinnen (Bretzke 2008, 30 - 31). Jedoch sind bei der zunehmenden Nutzung dieser Kapazitäten, insbesondere in der Schieneninfrastruktur, Hürden zu bewältigen. So liegt innerhalb von Europa kein einheitliches Schienennetz vor. Neben der mitteleuropäischen Normalspur findet noch die osteuropäische-asiatische Breitspur Verwendung (Pfohl 2003, 12). Der nötige Umschlag zwischen diesen Schienennetzen ist mit hohen Kosten verbunden (Pfohl 2003, 11 - 14). Zudem besitzen die Bahn und Binnenschiffart nicht die nötigen Kapazitäten um das Problem des möglichen Engpasses, durch eine Verlagerung von Verkehrsträgern komplett zu lösen (Bretzke 2008, 30). Insbesondere bei der Just-In-Time Produktion, der genauen Planung von Lieferzeitpunkten, erfolgt, aufgrund der höheren zeitlichen und mengenmäßigen Flexibilität gegenüber dem Schienentransport die Versorgung meist per Lastkraftwagen (Wildemann 2008, 166; König/ Jugelt 2009, 115). Dennoch nimmt nach Bretzke (2008) die Bedeutung von Transporten via Lastkraftwagen ab, da diese zunehmend Unsicherheiten einer überlasteten Infrastruktur unterliegen. Durch langsamere und unflexiblere, aber dafür berechenbare Verkehrsträger wie der Schiene und der Binnenschifffahrt sind diese Unsicherheiten zu umgehen. Dies hat jedoch die Folge von längeren Vorlaufzeiten von Logistiksystemen. Die Kombination von ausgeprägten Bedarfsunsicherheiten und transportbedingt verlängerten Reaktionszeiten führt zur Reduzierung der Variantenvielfalt und der Breite des Sortimentes innerhalb der Produktion. Durch die Umstellung möglichst aller logistischer Prozesse auf das Pull-Prinzip sollen eine hohe Lieferbereitschaft und Termintreue erhalten bleiben (Bretzke 2008, 30 - 31). Dieses Szenario von Bretzke (2008) schildert eine Entwicklung im schlimmsten Fall, die durch fehlende Gegenmaßnahmen entstehen könnte und steht im Widerspruch mit der Prognose des Bundesverkehrswegeplans (2003), welcher auch zukünftig einen hohen Anteil von Straßentransporten prognostiziert (Projektgruppe Verkehrswegeplanung 2003, 11). Angesichts der bestehenden Infrastruktur und deren Entwicklung stellt eine Verlagerung auf bestehende oder gar neue Verkehrsträger jedoch durchaus eine adäquate Lösung dar. Eine Verlagerung und ein Ausweichen auf andere Verkehrsträger allein löst jedoch nicht die infrastrukturellen Engpassprobleme von Logistikunternehmen. Die Pünktlichkeit von Lieferungen unterliegt einem zunehmenden Risiko. Eine unzuverlässige Versorgung durch Lieferanten hat die Folge von steigenden Sicherheitsbeständen und sinkender Flexibilität. Dies verursacht steigende Kosten und Kapitalbindungen (Kubenz 2008, 231 - 235; Rupprecht/Zadek 2008, 312; Bretzke 2008, 30 - 31). Dieser mögliche infrastruktureller Engpass besitzt nicht nur Einfluss auf die Logistik. Nach Crook (2012) kann eine defizitäre Infrastruktur auch einen blockierenden Faktor, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, für das Wirtschaftswachstums eines Landes darstellen (Crook 2012, 161-162).
Diese, zum Teil heute schon vorherrschende Engpasssituation, steht der bereits genannten Prognosen gegenüber, dass der Güterverkehr in den nächsten Jahren wachsen wird. Die erhöhte Nachfrage nach Transportleistungen, bei einer stark ausgelasteten Infrastruktur, kann somit nur durch Optimierungen und den Einsatz von innovativen Prozessen und Technologien bewältigt werden (Bretzke 2008, 30 - 31; Kubenz 2008, 238 - 241). Um diesen infrastrukturellen Engpass zu umgehen setzen Unternehmen meist auf Routenoptimierung oder einen optimierten Technologieeinsatz, sowie intermodale Transporte, also die Kombination von zwei oder mehreren Transportträgern (Crook 2008, 162). Dies stellt jedoch keine dauerhafte Lösung des infrastrukturellen Problems dar, da die Grundproblematik einer unterfinanzierten Infrastruktur bestehen bleibt. Ein möglicher Lösungsansatz für fehlende Investitionen in die Infrastruktur von öffentlichen Institutionen wie dem Bund, ist die komplette oder teilweise Finanzierung durch Privatinvestoren (Wieland 2007, 396). So könnten mehr Baumaßnahmen in der Infrastruktur umgesetzt werden und mögliche Engpässe vermieden werden.
Die Betrachtung der Logistik als Erfolgsfaktor verbreitet sich, wie eingangs beschrieben, zunehmend. Durch den Dienstleistungscharakter der Logistik stellen qualifizierte Mitarbeiter eine wichtige Ressource für Unternehmen dar (vgl. Pfohl 2005, 310). Die steigende Bedeutung für den Unternehmenserfolg bewirkt die zunehmende Verlagerung von Aufgaben ins Top-Management. Dies hat zur Folge, dass der Bedarf an Führungskräften mit entsprechenden Qualifikationen steigt (vgl. Pfohl 2005, 310 - 313 ; Jahns/ Darkow 2008, 81 -85). Aufgrund von mehreren Faktoren liegt jedoch insbesondere in den Industrienationen ein Mangel an solch qualifiziertem Personal vor. Die sich daraus ergebene Engpasssituation soll anhand dieser Faktoren beschrieben werden.
In vielen Industrienationen vollzieht sich ein demographischer Wandel. Der Anteil von älteren Menschen steigt bei sinkenden Geburtsraten. Seit Ende der 1970er Jahre sinken die Geburtenraten insbesondere in Westeuropa. Dieser Wandel wird am Beispiel der deutschen Gesellschaft sehr deutlich. 2011 lag der Anteil von Menschen, die 65 Jahre oder älter waren, bei 21 Prozent. 1990 lag dieser Wert noch bei 15 Prozent (Statistisches Bundesamt 2012, 2). Zu dieser Überalterung der Gesellschaft kommt es aufgrund einer niedrigen Geburtenrate von unter 2,1 Kindern pro Frau und einer hohen Lebenserwartung (Sippel et al. 2010, 2-5). In Folge sinkt der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland, aber auch in anderen Industrienationen wie Japan und Frankreich (Sippel et al. 2010, 3-4). Der Bedarf an gut ausgebildetem Personal trifft somit auf eine sinkende Zahl an Erwerbstätigen. Mehrere Studien prognostizieren einen großen Mangel an hochqualifiziertem Personal, insbesondere für wissensintensive Branchen wie die der Logistik (vgl. Gracht et al. 2008, 80 - 93; Jahns/ Darkow 2008, 84-85).
Neben dem Bedarf an Fachkräften für strategische Aufgaben, besteht im logistischen Bereich auch ein Mangel an Fahrpersonal (Klaus et al. 2007, 2-4). Bereits 2007 veröffentlichte das Bundesamt für Güterverkehr einen Bericht zur Situation auf dem Arbeitsmarkt aus dem hervorgeht, dass trotz einer hohen Arbeitslosenquote bei Lastkraftwagenfahrern viele Unternehmen nach qualifizierten Fahrern suchen (Bundesamt für Güterverkehr 2007, 5 - 8). Gründe für den steigenden Bedarf an Fahrern liegen unter anderem in einem Anstieg von Transportleistungsnachfragen aus Osteuropa und einem zunehmenden altersbedingten Ausscheiden von Fahrern aus dem Beruf. Die steigenden Anforderungen an das Fahrpersonal und die Familienunfreundlichkeit des Berufes sind trotz der hohen Arbeitslosigkeit für viele Fahrer Faktoren, die gegen diese Arbeitsstelle sprechen (Bundesamt für Güterverkehr 2007, 21). Durch eine Neuregelung des Arbeitsgesetztes im September 2006 wurden zudem die Arbeitszeiten von Kraftfahrern um 15 Prozent gesenkt. Nach Klaus et al. (2007) führte dies bereits im Jahr 2007 zu Transportkostensteigerungen von etwa 9,5 Prozent (Klaus et al. 2007, 4). Dieser zusätzliche Kostendruck für Unternehmen verschärft die personelle Engpasslage.
Der Engpassfaktor Personal ist jedoch nicht nur durch externe Faktoren geprägt. Das Personalmanagement innerhalb von Logistikunternehmen ist häufig nicht optimal ausgerichtet. So stellen Logistik-Führungskräfte häufig keine gesondert betrachtete Gruppe von Mitarbeitern im Personalmanagement dar (Henkel 2008, 112 - 114). Durch diese unscharfe Abgrenzung werden bei der Besetzung offener Stellen, die explizit benötigten Qualifikationen unzureichend vom Personalmanagement berücksichtigt (Schober/ Henkel, 2008, 252). So entstehen Differenzen bei den Soll- und Ist-Qualifikationen bei der Besetzung von Stellen, da viele Anforderungsprofile meist nur die Interdisziplinarität des Berufes im Fokus haben und selten explizite Qualifikationen (vgl. Schober/ Henkel 2008, 251 - 253; Jahns/ Darkow 2008, 83). Zudem ist das Berufsfeld des Logistikers mit einer gewissen Unattraktivität belegt (Pfohl 2005, 312). Nach Pfohl (2005) liegt dies an unsoziale Arbeitszeiten, schlechten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und einer, im Vergleich zu anderen Branchen, unattraktiven Bezahlung (vgl. Pfohl 2005, 312). So überrascht es nicht, dass ein institutionalisiertes Personalmanagement für Logistik-Manager als sehr wichtig für den Erfolg eines Unternehmens angesehen wird. Zugleich beklagen Unternehmen jedoch ein Fehlen eines solchen Personalmanagement in der Praxis (Jahns/ Darkow 2008, 84). Hier wird die begrenzte Verbreitung eines implementierten Personalmanagements deutlich. Da Logistik-Führungskräfte auch für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens verantwortlich sind, können durch die richtige Besetzung von Logistik-Führungsposten Wettbewerbsvorteile generiert und somit die Position am Markt gesichert beziehungsweise ausgebaut werden (vgl. Jahns/ Darkow 2008, 83). Führende Unternehmen investieren nach einer Studie von Pfohl (2005) bis zu 44 Prozent mehr in Personal als Wettbewerber im Markt, da eine erhöhte Automatisierung nur in begrenztem Maße zu Optimierungen in Prozessen führt (Pfohl 2005, 313). Nachhaltige Erfolge lassen sich nur mit qualifiziertem Personal realisieren (vgl. Walter et al. 2008, 419). Der Mangel an gut ausgebildetem Personal wirkt sich demnach auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus.
Der „Engpass Personal“ setzt sich somit aus mehreren Teilen zusammen. Zum einen sinkt die Zahl der Erwerbstätigen, zumindest in vielen den Industrienationen, und somit auch die Zahl von verfügbarem Personal. Die unattraktiven Arbeitsbedingung, sowie ein mangelndes Personalmanagement erschweren Unternehmen die Suche nach passenden Mitarbeitern für offene Stellen. Es liegen somit ein quantitatives und ein qualitatives Begrenzungsmerkmal vor. Der demographische Wandel führt zu einer geringen Auswahl an möglichen Optionen bei der Besetzung offener Stelle. Das Fehlen von detaillierten Anforderungsprofilen führt zudem zu Abweichungen der Soll- und Ist-Qualifikationen einer besetzten Stelle.
Durch den steigenden Fachkräftemangel steigt der Standortfaktor „Humanressource“. Eine mögliche Konsequenz sind Verlagerungen von Unternehmensteilen in aufstrebende Schwellenländer, in denen sich große Wissenszentren und Absatzmärkte bilden (Jahns/Darkow 2008, 85). Der Anteil von qualifiziertem Personal steigt dort zunehmend an. Die ansässigen Unternehmen in diesen Ländern profitieren von dieser Entwicklung, da die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht die Engpässe wie beispielsweise in Deutschland aufweisen (vgl. Walter et al. 2008, 419). Auch liegen die Lohnkosten in Schwellenländern unter den durchschnittlichen Lohnkosten in Industrieländern (Jahns/Darkow 2008, 85). Bei einer solchen Verlagerung ist die Betrachtung von weiteren Faktoren notwendig. Die bestehende Infrastruktur, sowie die zu überbrückenden Distanzen zum Kunden sind zusätzliche wichtige Faktoren bei der Standortwahl (Jahns/Darkow 2008, 84 - 85).
Der Ansatz der Grünen Logistik bzw. Green Logistics entstand in den 1980er Jahren (Rodrigue et al. 2001, 2). Der Begriff tritt im Zuge eines steigenden Umweltbewusstseins zunehmend in den gesellschaftlichen und politischen Fokus (Rodrigue 2001, 339 - 340). Die Definition von umwelt- und klimafreundlicher Logistik, im Rahmen von Grüner Logistik, wird jedoch sehr unterschiedlich ausgelegt. Der Kern vieler Ansätze bei der Beschreibung von Grüner Logistik ist die Einbeziehung von nachhaltigen, umweltfreundlichen Prozessen und Maßnahmen in logistische Abläufe (Rodrigue et al. 2001, 2; Sbihi/ Eglese 2007, 99 - 100). Wie weitreichend umweltschonende Prozesse und Transportmittel eingesetzt werden hängt meist mit den Zielen und politischen Vorgaben eines Unternehmens zusammen. Unternehmenserfolge werden hauptsächlich am erwirtschafteten Gewinn gemessen und klimafreundliche Logistik stellt zu einem gewissen Grad eine Restriktion für die Gewinnmaximierung dar. Dies ist ein möglicher Grund für die unterschiedlichen Auslegungen von Grüner Logistik (vgl. Rodrigue et al. 2001, 3 - 7; Baldauf 2010, 6 - 8; Lohre/ Herschlein 2010, 3 - 7).
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