Bachelorarbeit, 2012
63 Seiten, Note: Sehr Gut
1. EINLEITUNG
1.1 Motivation & persönlicher Zugang zum Thema
1.2 Bedeutung der Arbeit, Neuigkeitswert
1.3 Zielsetzung, Forschungsfrage
1.4 Abgrenzung der Arbeit
2. TOURISMUS
2.1 Definition und Aufgabenfeld von Reiseveranstaltern
3. KRISENMANAGEMENT
3.1 Definition Krise
3.2 Auswirkungen von Krisen
3.3 Fallbeispiele
3.4 Definition Krisenmanagement
3.5 Krisenkommunikation
4. SOCIAL MEDIA
4.1 Web 2.0
4.2 Social Media
4.3 Fazit
4.4 Social Media im Krisenmanagement
5. ZUSAMMENFASSUNG
5.1 Ausblick empirischer Teil
6. EMPIRISCHER TEIL
6.1 Methodenwahl Experten- & ExpertInneninterview
6.2 Definition Experten & ExpertInnen
6.2.1 Auswahl Experten & ExpertInnen
6.3 Leitfaden
6.4 Transkription
6.5 Interview Durchführung
7. AUSWERTUNG
7.1 Krisenmanagement & Krisenkommunikation
7.1.1 Fazit
7.2 Social Media
7.2.1 Fazit
7.3 Krisenkommunikation mittels Social Media
7.3.1 Fazit
8. CONCLUSIO
8.1 Reflexion
8.2 Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Der Autor erklärt im Zuge der Einleitung seine Motivation sowie persönlichen Zugang zum Thema und erläutert gleichzeitig den Neuigkeitswert, bzw. die Zielsetzung der Arbeit.
Tourismus beschäftigt mich schon ein Leben lang. Seit meiner Kindheit hatte ich schon viel mit der Materie zu tun, da beide meiner Eltern in dieser Branche beruflich tätig sind. Auf Grund der Tatsache, dass mein Vater ein Reiseunternehmen vom Grund aufgebaut hat, wurde ich schon immer mit den „Ups“ und „Downs“ dieser Branche konfrontiert. Da ich mich nun selbst „Touristiker“ nennen darf, habe ich mittlerweile einen weit tieferen Einblick in die gesamte Materie.
Lange Zeit tat ich mir sehr schwer einen Zusammenhang zwischen dem Studium „integriertes Sicherheitsmanagement“ und meinem Beruf zu finden. Ich nutzte glücklicherweise die letzte Seminararbeit als Gelegenheit diesen im Risiko- und Krisenmanagement zu finden. In der Seminararbeit erläuterte ich die Auswirkungen des Terrorismus auf den Tourismus anhand des Beispiels Norwegen.
Im Zuge meiner Recherchen für die damalige Seminararbeit stieß ich auf das Buch Krisenmanagement im Tourismus1. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Einbindung des Krisenmanagements in die Managementstruktur von Reiseveranstaltern. Der Fokus des Buches liegt auf der allgemeinen Einführung in das Krisenmanagement, der Einbettung des Krisenmanagements in das bestehende Managementsystem, der Krisenkommunikation sowie den Rechtspositionen der Reiseveranstalter im Falle einer Krise.
Aufgrund dessen, dass dieses Buch im Jahre 2001 verfasst wurde, setzt es sich kaum mit dem Internet und den daraus entstehenden Kommunikationsmöglichkeiten auseinander. Social Media2 wie Facebook3, Twitter4 oder Blogs5, etc. werden nicht behandelt, da es diese zu dem Erscheinungsdatum noch nicht einmal gab.
Social Media in der Krisenkommunikation von Reiseveranstaltern Theorieteil Der Fakt, dass es keine, bzw. wenig Literatur gibt, die sich mit der Krisenkommunikation mit Hilfe von Social Media beschäftigt, erweckte in mir die Idee in diese Richtung zu forschen.6 Eine weitere Überlegung ist, dass die Nutzung dieser neuen Medien als entscheidender Erfolgsfaktor für Reiseveranstalter im zunehmend härter umkämpften Wettbewerb erachtet werden kann.7 Diesen Punkt möchte ich als zusätzliche Motivation nutzen, um mich mit der Krisenkommunikation von Reiseveranstaltern unter der Verwendung von Social Media auseinanderzusetzen.
Im Zuge der Bachelorarbeit möchte ich erforschen, ob Social Media als Medium der Krisenkommunikation zielführend sind und, wenn diese Annahme bestätigt wird, in welcher Art und Weise man diese einsetzen sollte.
Da ich aus Erfahrung sagen kann, dass der Tourismus ein sehr schnelllebiges Geschäft ist, habe ich die spannende Aufgabe ergriffen und mich mit Risiko- und Krisenmanagement im Tourismus beschäftigt, da sich dies mit meinem derzeitigen Studium bestens vereinbaren lässt.
Die Ereignisse der letzten Jahre (Aschewolke 20108, arabischer Frühling 20119 ) brachten für die Tourismusbranche teils erhebliche Umsatzeinbußen mit sich.10 Reiseveranstalter hatten in den betroffenen Destinationen mit starken Buchungsrückgängen zu kämpfen, welche teilweise enorme Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens hatten.11 Als im Jahre 2009 sehr viele Flüge wegen der Aschewolke gestrichen wurden, konnte ich in unserem Unternehmen miterleben, dass ein vorab ausgearbeiteter Krisen- und Krisenkommunikationsplan sehr hilfreich gewesen wäre.12
Social Media in der Krisenkommunikation von Reiseveranstaltern Theorieteil Krisenmanagement ist im Veranstalterbereich jedoch kein neues Thema. Große Touristikunternehmen wie z.B. TUI haben ein eigenes Krisenmanagement, kommunizieren dies und nutzen es zusätzlich, um Qualität und Sicherheit auszustrahlen.13 Zu beachten ist, dass funktionierendes Krisenmanagement immer zusätzliche Ressourcen benötigt, die vor allem kleinen Touristikunternehmen nicht immer zur Verfügung stehen.14 In Zeiten von Facebook, Twitter und Co. kann jedoch mit der breiten Masse verhältnismäßig günstig (verglichen mit üblichen Krisen-PR-Instrumenten wie z.B. Presseberichte, Anzeigen, TV-Spots, etc.) kommuniziert werden. Deshalb erweist sich, nach Meinung des Autors, der Einsatz dieser Social Media als sehr interessant und kostengünstig (vor allem für kleinere Veranstalter mit hohem Stammkunden- und StammkundInnenfaktor). Nähere Erläuterungen bezüglich Social Media folgen im Kapitel 4.0.
In den letzten Jahren entstanden unzählige Bücher über Web 2.0, Social Media und den richtigen Einsatz von Facebook, Twitter und Blogs als neue Marketinginstrumente von Unternehmen. Unterstützt wird diese Behauptung dadurch, dass man bei der Eingabe von „Social Media PR“ ca. 1.000.000 Suchergebnisse von Google Scholar bekommt.15 Gleichzeitig gibt es nicht sehr viel Literatur, welche sich mit Kommunikation, Krisenkommunikation und Krisenmanagement im Tourismus beschäftigt (bei der Eingabe von „Krisenkommunikation Tourismus“ errechnet Google Scholar ca. 140 Ergebnisse).16
Hingegen konnte der Autor im Zuge seiner Recherchen noch weniger über den Einsatz sozialer Medien als Krisenkommunikationsinstrument finden. Es gibt jedoch einige wenige Vorreiter, die sich mit dieser Materie auseinandersetzen, sodass genügend Literatur für eine sinnvolle Arbeit besteht.17
Kompetenz, Schnelligkeit und Qualität zu vermitteln und dadurch die allgemeine Reputation des Unternehmens zu verbessern. In weiterer Folge hätte man dadurch sogar neue Kunden gewinnen und sich langfristig einen Marktvorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen können.
Ziel der Arbeit ist, die Chancen und Risiken herauszuheben, welche entstehen, wenn Unternehmen Social Media als Teil der Krisenkommunikation einsetzen. Im empirischen Teil werden anschließend die Beurteilungen und Meinungen von Experten und ExpertInnen analysiert und zusammengefasst. Das Ergebnis soll Überblick über einen sinnvollen Umgang mit Social Media in der Krisenkommunikation aus Experten- und ExpertInnensicht darstellen.
Daraus entstehen folgende Forschungsfragen:
- Wo liegen die Chancen, bzw. Gefahren bei einem Einsatz von Social Media als Form der Krisenkommunikation?
- Wie beurteilen Experten und ExpertInnen die optimale Umsetzung der Krisenkommunikation mittels Social Media?
Um den Arbeitsumfang nicht zu überschreiten, wird sich die Beantwortung der Forschungsfragen ausschließlich auf den Einsatz von Social Media in der Krisenkommunikation von Reiseveranstaltern beziehen.
Als Dialoggruppen werden externe private Stakeholder definiert (potenzielle Neukunden und NeukundInnen und betroffene Kunden und KundInnen). Die Kommunikation mit internen StakeholderInnen (MitarbeiterInnen, AktionärInnen, Außendienst, etc.) sowie zu Behörden und Medien wird außer Acht gelassen und in der Arbeit nicht behandelt.
Um dem/der LeserIn einen Überblick über die Materie zu verschaffen, werden im nachfolgenden Kapitel die Definition und das Aufgabenfeld eines Reiseveranstalters erläutert. Des Weiteren erklärt der Autor die verschiedenen Arten diverser Reiseveranstalter. Ziel ist es, dem/der LeserIn Verständnis bezüglich der unterschiedlichen Größenordnung unter den Reiseveranstaltern zu vermitteln, um erkennen zu können, dass ein umfassendes Krisenmanagement, bzw. Krisenkommunikation stark von den zur Verfügung stehenden Ressourcen und somit auch von der Unternehmensgröße abhängt.
Die Aufgabe des Reiseveranstalters konzentriert sich im Wesentlichen auf die Bündelung von Leistungen zu einem Gesamtpaket, was als Pauschal- oder Veranstalterreise bezeichnet wird. Die gebotenen Leistungen können je nach Angebot umfangreicher sein, bestehen jedoch meist aus einer Kombination von Verkehrs-, bzw. Beförderungsleistungen (Flug, Bahnfahrt, etc.) sowie Unterkunftsleistungen (Hotel, Appartements, etc.).18
Hebestreit (1992) definiert die Leistungen des Reiseveranstalters folgendermaßen:
„Wir verstehen unter einem Reiseveranstalter einen Fremdenverkehrsbetrieb, der im Rahmen eines eigens hierzu gegründeten Unternehmens überwiegend Leistungen Dritter zur Befriedigung des zeitweiligen Ortsveränderungsbedürfnisses und damit zusammenhängender anderweitiger Bedürfnisse zu einer neuen, eigenständigen Leistung verbindet und dies im Namen und auf Rechnung des Reiseveranstalter-Unternehmens anbietet.“19
Um den Unterschied der Reiseveranstalter gegenüber Leistungsträgern und Reisevermittlern (Reisebüros) klar auszudrücken, bezeichnet Freyer die wesentlichen Elemente der Reiseveranstalter demnach wie folgt:
- Reiseveranstalter verkaufen eine eigenständige Leistung,
- Sie bündeln Leistungen von Dritten zu einem Gesamtarrangement,
- Treten mit eigenem Namen und als eigenständiges Unternehmen mit eigener Verantwortung gegenüber dem Kunden auf.20
Der Dienst des Reiseveranstalters ist für die Kunden und KundInnen insofern von großem Nutzen, da ihnen hierbei viele Vorteile entstehen, welche sich wie folgt aufgliedern lassen: Der Kunde oder die KundIn muss sich bezüglich der Planung und der Organisation keine Gedanken machen, da der Reiseveranstalter diese für ihn übernimmt.
Auf Grund von begünstigten Tarifen, die der Veranstalter von den Leistungsträgern bekommt, ist der Pauschalpreis meist billiger als die individuelle Kombination der Einzelleistungen. Dies führt darauf zurück, dass Veranstalter bessere Konditionen bekommen, bzw. oft eine Vielzahl an Kontingenten kaufen, welche ihnen ermöglichen den Preis für das Gesamtpaket billiger anzubieten, als dies dem Kunden bei Eigenorganisation möglich wäre.
Da Reiseveranstalter ihre Pauschalreisen als eigenes Produkt verkaufen, ist der Kunde oder die KundIn rechtlich stets abgesichert. Bei nicht- oder unzureichender Erfüllung der Leistungen, steht dem Kunden oder der KundIn Schadensersatzanspruch zu. In diesem Fall muss der Kunde oder die KundIn sich nur an den Reiseveranstalter und nicht an die Verkehrs- oder Leistungsträger vor Ort wenden.21
Auf Grund des gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzschutzes ist der Kunde oder die KundIn auch bei Konkurs des Reiseveranstalters oder eines Leistungsträgers abgesichert und es entstehen keine Nachteile. Der Kunde oder die KundIn kann die gebuchte Reise in Anspruch nehmen, oder bekommt die vorausbezahlte Summe wieder zurück.22
Die Tätigkeit des Reiseveranstalters bietet nicht nur dem Kunden oder der KundIn Vorteile, sondern auch Verkehrs- und Leistungsträgern. Der Reiseveranstalter hilft diesen im Zuge seiner Tätigkeit die Kapazitäten auszulasten und neue Kunden und KundInnen zu gewinnen. Insofern sind Reiseveranstalter für viele Leistungsträger sehr wichtige Vertriebs- und Handelspartner.23
In Folge der positiven Entwicklung sowie der großen Nachfrage, haben sich drei verschiedene Arten von Reiseveranstaltern gebildet, welche man wie folgt benennen kann:
- Großveranstalter
- Mittlere Veranstalter
- Spezialveranstalter, Nischenveranstalter
Quantitative Methoden zur Bemessung der Größe eines Reiseveranstalters ist die Bewertung nach Umsatz, TeilnehmerInnenzahl oder Anzahl der MitarbeiterInnen. Die folgende Abbildung stellt diese Unterscheidungsmerkmale sehr ausführlich dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Veranstalterarten (Quelle: fvw 205b; TID, 2006 in Mundt, 2006, Seite 367)
Weiters unterscheiden sich die Reiseveranstalter vor allem durch ihr angebotenes Portfolio oder Produktpalette. Die Großveranstalter bieten ein sehr umfangreiches Spektrum von Pauschalreisen an. Zusätzlich kann sich der Kunde oder die KundIn zwischen diversen Anreisemöglichkeiten entscheiden (Flugzeug, Zug, Selbstanreise, etc.). Die Produktpalette der Großveranstalter deckt alle interessanten Urlaubsdestinationen ab, wodurch sie das Interesse vom Großteil der Kunden und KundInnen erwecken können. Aufgrund ihrer Einkaufspolitik bekommen sie bei den Leistungsträgern meist noch bessere Tarife als Mitteloder Kleinveranstalter, da einzelne Regionen oder Leistungsträger ohne enge Partnerschaft mit einem Großveranstalter nicht rentabel wirtschaften könnten.
Mittel-, Klein- und Spezialveranstalter konzentrieren sich zumeist auf eine bestimmte Region (z.B. südliches Italien, nördliches Norwegen, etc.) oder eine bestimmte Reiseart (z.B. Sport-, Tauch- oder Eventreisen). Auf Grund ihrer Produktpalette ist es ihnen zwar nicht möglich die Nachfrage so vieler Kunden und KundInnen abzudecken, wie es bei Großveranstaltern der Fall ist, jedoch können sie individuell auf die Bedürfnisse einzelner Kunden und KundInnen eingehen und somit einen sehr hohen Qualitätsstandard sichern, was bei Großveranstaltern auf Grund der hohen Kapazitäten nur sehr schwer möglich ist.
Ein weiterer Unterschied ist die jeweilige Angebotsregion, in welcher die Produkte der Veranstalter angeboten werden. Sehr kleine Reiseveranstalter konzentrieren sich meist auch Social Media in der Krisenkommunikation von Reiseveranstaltern Theorieteil aus wirtschaftlichen und werbetechnischen Gründen auf deren lokale oder regionale Region. Mittlere Reiseveranstalter bewegen sich auf der regionalen und teilweise überregionalen Ebene, wobei es, wie bei kleinen Reiseveranstaltern, auch für mittlere Reiseveranstalter sehr schwierig ist, einen großen Kunden- und KundInnenstamm in einer weit entfernten Region aufzubauen. Zum Beispiel ist es für einen mittleren Veranstalter mit Sitz in Wien schwierig sehr viele Kunden und KundInnen in Vorarlberg zu gewinnen, da seine Produktpalette auf einen näheren Einzugsbereich zusammengeschnitten ist (Pauschalreisen mit Abflug ab/bis Wien Schwechat).
Große Reiseveranstalter haben hierbei kein Problem, da sie zumeist nicht nur regional und überregional, sondern auch multinational agieren und so auch Kunden und KundInnen über die Staatsgrenze hinaus erreichen und diesen passende Zubringermöglichkeiten zu Pauschalreisen anbieten können (Flug ab/bis Graz, Linz, München, etc.).
Pompl (1997) erwähnt in der nachfolgenden Abbildung zusätzlich noch den wirtschaftlichen Status, welcher die Reiseveranstalter voneinander unterscheidet. Neben den wirtschaftlich- denkenden Unternehmen stellt er zusätzliche gemeinnützige Reiseveranstalter (Vereine, Parteien, etc.) sowie Schwarzveranstalter (Organisationen ohne gewerbliche/steuerliche Anmeldung) dar.24
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Arten von Reiseveranstaltern (Quelle: Pompl, 1997, Seite 37)
Um den Zusammenhang zur Fragestellung herzustellen, möge der/die LeserIn die Unterschiede der einzelnen Reiseveranstalter und deren verfügbaren Ressourcen für die nachfolgenden Kapitel beachten.
„Krisenmanagement ist eine besondere Form der Führung von höchster Priorität, deren Aufgabe es ist, alle jene Prozesse der Unternehmung zu vermeiden oder zu bewältigen, die ansonsten in der Lage wären, den Fortbestand der Unternehmung substanziell zu gefährden oder sogar unmöglich zu machen.“25
Die nachfolgenden Kapitel dienen dem Verständnis des/der LeserIn was Krisenmanagement ist und wie dies gehandhabt werden sollte, sodass die Grundlagen zur Beantwortung der Fragestellung vermittelt werden.
Vergleicht man Pechlaner und Abfalter (2005), so ist die Krise eine ungewollte, außerordentliche Situation für die jeweiligen touristischen Organisationen, welche aufgrund der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Lage rasche Entscheidungen erfordert, um das Schadensausmaß so gering wie möglich zu halten.26
Es gibt eine klare Abgrenzung zwischen einer Krise und der Katastrophe. Das UN- Sekretariat zur Reduzierung von Katastrophen (ISDR) definiert Katastrophen als „Unterbrechung der Funktionsfähigkeit einer Gemeinschaft oder Gesellschaft, die hohe menschliche, materielle, ökonomische und ökologische Verluste verursacht und die Fähigkeit der betroffenen Gemeinschaft oder Gesellschaft übersteigt, diese aus eigener Kraft zu bewältigen.“27 Katastrophen haben folglich im Gegensatz zu Krisen einen momentanen unabwendbaren Ausgang und es fehlt ihnen an ambivalenten Entwicklungsmöglichkeiten, um das Schadensausmaß zu minimieren. Eine Katastrophe kann durch Zerstörung des Umweltbereichs touristischer Regionen bei den betroffenen Organisationen Krisen auslösen.28
Aufgrund der Recherchen des Autors in der Literatur, welche sich mit dieser Thematik beschäftigt, können folgende Kernaussagen zur Charakterisierung einer Krise, bezogen auf den Tourismus, getroffen werden:
- Schwerwiegendes Ereignis welches eine hohe Betroffenheit der involvierten Personen oder Organisationen mit sich bringt.29
- Betroffene Unternehmen stehen unter einem hohen Zeitdruck, welcher einen raschen Entscheidungs- und Handlungszwang erfordert.30
- Organisation können die Krisensituation nur begrenzt beeinflussen, wodurch ein Informationsdefizit und in weiterer Folge ein hohes Maß an Unsicherheit entsteht.26
- Eine Krise hat eine eigene Ambivalenz an Entwicklungsmöglichkeiten. Somit ist der negative, als auch der positive Ausgang einer Krise jederzeit möglich.31
- Die Handlungsfähigkeit einer Organisation nimmt mit der Zeitkonstante ab.32
- Krisen können mittel- bis langfristige Folgen für eine Organisation haben, welche auch nach dem Abklingen öffentlichen Interessens nachwirken.33
Die vorangegangenen Ausführungen sollen dem/der LeserIn die Entwicklung von Krisen und die daraus resultierenden Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen erläutern, sodass diese, bei der Beantwortung der Fragestellung, beachtet werden.
Wie im vorigen Kapitel beschrieben, sind Krisen immer negativ behaftet. Dabei handelt es sich jedoch nur um die Definition und Charakterisierung einer Krise. Auswirkungen und Ausgang einer Krise müssen aber nicht immer zwanghaft negativ sein, sondern können sich auch durchaus positiv auf das Unternehmen und dessen weitere Entwicklung auswirken. Hutzschenreuter (2006) erläutert dies in seinem Buch „Krisenmanagement: Grundlagen, Strategien, Instrumente“ folgendermaßen: Die Krise eines Unternehmens wird immer anhand quantitativer Messwerten erkannt (Umsatz/Ertrag/Forecast). Ist ein Unternehmen in einer Krise, so kann der erforderliche, akute Handlungszwang dieses zu Veränderungen zwingen, welche sich auch langfristig positiv auf das Unternehmen auswirken. Werden durch erzwungene Veränderungen Möglichkeiten aufgezeigt, oder Umstrukturierungen durchgeführt, welche vorher undenkbar gewesen wären, und wirken sich diese gleichzeitig wirtschaftlich positiv aus, so wurde die Krise als Chance erkannt und genutzt.34 Selbst wenn eine Krise beendet werden kann, ohne großartige Veränderungen durchführen zu müssen, so sollte man die Krise trotzdem als Chance sehen und das Lernpotenzial erkennen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass Unternehmen deren Krisenmanagement sowie Krisenkommunikation im Nachhinein aufarbeiten und evaluieren: „Was haben wir gelernt?“, „Wo bedarf es Verbesserungen?“, „Wie effektiv war unsere Kommunikationsinfrastruktur und Kommunikationskonzepte?“.35
Dreyer (2001) fasst die Auswirkungen einer Krise strukturiert zusammen und stellt diese wie folgt dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Wirkungen von Unternehmenskrisen (Quelle: Dreyer, 2001, Seite 14)
Er gliedert Unternehmenskrisen, wie aus dieser Abbildung ersichtlich wird, in zwei große Sparten (konstruktiv und destruktiv) auf. Diese konstruktiven oder destruktiven Auswirkungen liegen entweder exogenen oder endogenen Ursachen zu Grunde. Exogen induzierte Krisen werden durch Umstände verursacht, welche sich nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmens befinden. Ein Beispiel hierfür wären Krisen im Zielgebiet. Diesbezüglich ist der Grund der jeweiligen Krise nicht ausschlaggebend, denn diese kann z.B. politisch-, geologisch- oder kulturell verursacht worden sein. Das Unternehmen hat keine Möglichkeit Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen. Bei endogen induzierten Krisen liegt die jeweilige Ursache innerhalb des Unternehmens. Dabei ist es einerseits egal, ob die Ursache beim Reiseveranstalter selbst, oder bei einer Partneragentur liegt und andererseits, ob technische Probleme, oder menschliches Versagen die Krise verursachen.36
Sind Auswirkungen von Krisen konstruktiver Form, so werden diese vom Unternehmen erfolgreich als Chance genutzt und wirken sich positiv auf das Unternehmen aus. Konstruktive Einflüsse können auch endogener oder exogener Natur sein. Beispiele für konstruktive Auswirkungen nach einem erfolgreichen Turnaround wären:
- Sicherung der Arbeitsplätze von Arbeitnehmern
- Verbesserung der Reputation bei Partnern und Kunden
- Ausweitung des Geschäftsvolumens und Steigerung des Ertrages
Schafft ein Unternehmen den erfolgreichen Turnaround nicht und wirkt sich die Krise infolgedessen negativ auf ein Unternehmen aus, so spricht man von einer destruktiven Auswirkung. Wie konstruktive-, können auch destruktive Auswirkungen endogenen oder exogenen Ursachen zu Grunde liegen.37
Auch in der Vergangenheit gab es sehr viele Beispiele, welche aufzeigen wie wichtig funktionierendes Krisenmanagement und Krisenkommunikation sind. In der folgenden Tabelle sind einige Fallbeispiele der letzten Jahre dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten38 39 40 41 42 43
Diese Fallbeispiele sollen aufzeigen, dass Krisen nicht immer zwanghaft langfristige, negative Folgen für Unternehmen haben müssen. Funktionierendes Krisenmanagement kann demzufolge durchaus auch die Reputation des Unternehmens und das Vertrauen der Öffentlichkeit erhöhen. Bezugnehmend auf die Fragestellung, wird anhand der Beispiele verdeutlicht, dass Krisen eben nicht nur Risiken, sondern auch Chancen bieten. Im empirischen Teil der Arbeit wird anhand von Experten- ExpertInneninterviews die optimale Umsetzung der Krisenkommunikation erarbeitet, um aus einer Krise Chancen für eine Organisation zu kreieren.
[...]
1 Dreyer, 2001
2 Definition Social Media: http://de.wikipedia.org/wiki/Social_Media
3 www.facebook.com
4 www.twitter.com
5 Definition Blog: http://de.wikipedia.org/wiki/Blog
6 Amersdorffer, 2010; Egger, 2010
7 Amersdorffer, 2010
8 Vgl.: http://www.volcanodiscovery.com/de/fotos/island/eyjafjallajoekull/ausbruch/asche.html; http://www.earthice.hi.is/page/ies_Eyjafjallajokull_eruption?130,33 (30.11.11)
9 Vgl.: http://www.spiegel.de/thema/unruhen_in_arabien_2011/ (30.11.11)
10 Vgl.: http://news.orf.at/stories/2080016/2080019/ (24.12.11)
11 Vgl.: http://www.unternehmer.de/101860-unruhen-in-agypten-und-tunesien-belastungen-fur- reiseveranstalter (30.11.11)
12 Als der Vulkan Eyjafjallajökull ausbrach und die, durch die Eruption entstandene Aschewolke Teile des europäischen Flugverkehrs lahmlegte, befanden sich sehr viele Mitarbeiter und Bereichsleiter unseres Unternehmens im Ausland. Da diese Entscheidungsträger auf Grund der Gesamtlage nicht zurückkehren konnten und im Ausland festsaßen, funktionierte die Kommunikation und Benachrichtigung erst nachdem während der Krise eine Lösung und eine einheitliche Strategie festgelegt wurde. Dadurch verging einige Zeit. Wäre ein vorgefertigter Plan der Krisenkommunikation zu diesem Zeitpunkt verfügbar gewesen, hätte man die Krise sogar als Chance sehen können, um
13 Vgl.: http://www.tui-deutschland.de/td/de/sicherheit/Zertifikat (30.11.11)
14 Vgl. Dreyer, 2001
15 Vgl.: http://scholar.google.de/scholar?hl=de&q=social+media+pr&btnG=Suche&lr=&as_ylo=&as_vis=0 (30.11.11)
16 Vgl.: http://scholar.google.de/scholar?hl=de&q=krisenkommunikation+tourismus&btnG=Suche&lr=&as_ylo= &as_vis=0 (30.11.11)
17 Vgl. beispielsweise den Onlineblog von Herrn Mag. Günther Exel, wo ständig über diese Thematik gebloggt wird: http://www.guenterexel.at/2011/05/17/krisenkommunikation-im-tourismus/
18 Vgl. Dreyer, 2001
19 Hebestreit, 1992 zitiert nach Freyer, 2006, Seite 203
20 Vgl. Freyer, 2006
21 Vgl. Mundt, 2006
22 Vgl. Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen
23 Vgl. Freyer, 2006
24 Vgl. Freyer, 2006
25 Krystek, 1987 zitiert nach Dreyer, 2001, Seite 26
26 Vgl. Pechlaner und Abfalter, 2005
27 United Nations, ISDR 1992 zitiert nach Klein, 2004 Seite 4
28 Vgl. Pechlaner und Abfalter, 2005
29 Vgl. Scherler, 1996
30 Vgl. Krummenacher, 1981
26 Vgl. Krummenacher, 1981
31 Vgl. Pechlaner und Abfalter, 2005
32 Vgl. Krystek, 1987
33 Vgl. Puchleitner, 1994
34 Vgl. Hutzschenreuter, 2006
35 Vgl. Nolting, 2008
36 Vgl. Dreyer, 2001
37 Vgl. Dreyer, 2001 Aufgrund von verheerenden Waldbränden in Indonesien Ende 1997, bildeten sich riesige Rauchschwaden über weite Teile Südostasiens, welche sich mit Auto- und Industrieabgasen zu einem gefährlichen Gemisch, das als „Haze“ bekannt wurde, vermischten. Besonders stark betroffen war Sarawak, ein Bundesstaat Malaysias38. Sarawak galt bis dahin als beliebte Touristendestination. Obwohl das operative
38 Vgl. http://www.sarawaktourism.com/
39 Das Krisenmanagement der Regierung fokussierte auf den operativen Aspekt und vernachlässigte dabei die kommunikative Arbeit. Es wurden Kotrollzentren errichtet, um die Krise zu erforschen und einzudämmen. Gleichzeitig wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, Schulen, Ämter und Betriebe geschlossen. Danach wurden keine weiteren Informationen, bzw. Instruktionen kommuniziert. Das Resultat waren Gerüchte über verschiedenste Krisenursachen und es brach unberechtigt Panik aus. Die Regierung musste die Bevölkerung im Nachhinein beruhigen (Vgl. Merkofer, 1998).
40 Vgl. http://clubest.hevs.ch/td/TD-volee-2000/vonobarb.pdf; Merkofer, 1998
41 Kommunikation wurde mit allen relevanten Dialoggruppen (Betroffene, Mitarbeiter, Medien) offen, transparent, aktiv und rasch geführt, sodass die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Reputation des Unternehmens nicht geschädigt wurden (Vgl. Jarren, 2002).
42 Vgl. Jarren, 2002
43 Vgl. Aschauer in Egger, 2007
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