Diplomarbeit, 2012
82 Seiten, Note: 2,0
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen des Change Managements
2.1 Definition Change Management
2.2 Ursachen und Ziele des Change Managements
2.3 Voraussetzungen für erfolgreiches Change Management
2.4 Ausgewählte Modelle zum Ablauf von Change-Managementprozessen
2.4.1 Der Drei-Phasen-Ansatz nach Lewin
2.4.2 Das Acht-Stufen-Modell nach Kotter
3 Widerstände und Kommunikation im Change Management
3.1 Widerstand
3.1.1 Entstehung und Definition
3.1.2 Ursachen und Arten
3.1.3 Merkmale und Ausprägungen
3.2 Kommunikation
4 Möglichkeiten der Kommunikation zur Reduzierung von Widerständen
4.1 Kommunikation als Schlüsselelement im Change Management
4.2 Die Schlüsselfunktion der Kommunikation in Kotters Acht-Stufen-Modell
4.3 Der besondere Umgang mit emotionalem Widerstand
4.4 Vertrauensvolle Gespräche zur Reduzierung emotionalen Widerstandes
4.4.1 Die richtigen Grundhaltungen und Einstellungen
4.4.2 Die richtige Gesprächsführung
4.4.3 Geeignete Instrumente und Methoden
5 Kritische Betrachtung der Kommunikationsmöglichkeiten
6 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang XVI
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Drei Voraussetzungen für Veränderungen
Abbildung 2-2: Wandel als Veränderung von Gleichgewichtszuständen
Abbildung 2-3: Der Acht-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels
Abbildung 3-1: Bedrohte Bedürfnisse der Mitarbeiter
Abbildung 3-2: Gründe für den Widerstand gegen Wandel
Abbildung 3-3: Allgemeine Symptome für Widerstand
Im Zuge der wachsenden Globalisierung sowie steigenden Kostendrucks in der Wirt- schaft des 21. Jahrhunderts sehen sich Unternehmen einem zunehmenden wirtschaft- lichen Druck ausgesetzt.1 Kürzere Produktlebenszyklen, sinkende Absatzpreise sowie wachsende Konkurrenz führen zu der unausweichlichen Situation, flexibel und kurzfris- tig auf die Beschleunigung der wechselnden Markt- und Kundenanforderungen zu rea- gieren.2 Die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen wird daher mehr und mehr zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor, welche langfristig zur Existenzsicherung am Markt beiträgt.3 Diese Fähigkeit ruft die Notwendigkeit hervor, nicht nur einzelne Pro- zesse, sondern die gesamte Organisation eines Unternehmens im Laufe der Zeit wei- terzuentwickeln.4 Die Anpassung der Organisationsstrukturen stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, welche Koordinierung und einen strukturierten Ablauf erfor- dern. Eine derartige Strukturveränderung betrifft das Unternehmen auf allen Ebenen, so dass die Umsetzung oftmals durch eine hohe Komplexität geprägt ist.5 Aus diesem Grund hat sich im Laufe der Zeit der Managementzweig des Change Managements entwickelt, welcher die Initiierung und Steuerung von Veränderungen zum Fokus hat.6 Obwohl Veränderungen heutzutage allgegenwärtig und bereits als natürlicher Bestand- teil des betrieblichen Alltags anzusehen sind, scheitern Veränderungsvorhaben, trotz einwandfreier Methodik des Managements, in der Praxis häufig.7 Die häufigste Ursa- che bildet der Faktor Mensch, folglich der einzelne Mitarbeiter eines Unternehmens.8 Unsicherheiten und Ängste vor dem Unbekannten des bevorstehenden Prozesses sind für sie ein ständiger Wegbegleiter, so dass Widerstand häufig die Folge ist.9 Um Ver- änderungsprozesse erfolgreich realisieren zu können und Akzeptanz zu schaffen, ist es daher von hoher Bedeutung, diese zu reduzieren.10 Als wichtiges Instrument nimmt professionelle unternehmensinterne Kommunikation eine Schlüsselrolle im Span- nungsfeld der Widerstände ein.11
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, aufzuzeigen, wie sich Kommunikation durch Führungskräfte im Change Management dazu nutzen lässt, Widerstände auf Mitarbei- terebene zu reduzieren. Darüber hinaus wird dargestellt, wie sich durch geeignete Kommunikation auch schwere Hemmnisse, wie der emotionale Widerstand, erfolgreich minimieren lassen, um ein effizientes Change Management zu ermöglichen.
Für die Analyse der dargestellten Problematik werden in der vorliegenden Arbeit zu- nächst in einer allgemeinen Betrachtung die Grundlagen des Change Managements aufgezeigt. Dabei erfolgt neben der Herausarbeitung einer Definition als Leitfaden die Untersuchung der Ursachen und Ziele von Veränderungsprozessen, wobei sich die Ursachen in interne sowie externe Auslöser unterscheiden lassen. Im Anschluss daran schließt sich die Betrachtung der notwendigen Voraussetzungen für erfolgreiches Change Management an. Den Fokus bildet dabei die Darstellung des Veränderungs- bedarfs, der Veränderungsbereitschaft sowie der Veränderungsfähigkeit von Unter- nehmen und Mitarbeitern. Aufbauend auf den geschilderten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Change Management werden ausgewählte Ablaufmodelle thematisiert. Da die Durchführung derartiger Prozesse in Stufen und Phasen unterteilbar ist, wird Bezug genommen zum „Drei-Phasen-Ansatz nach Lewin“ sowie dem „Acht-Stufen- Modell nach Kotter“.
Das dritte Hauptkapitel beschäftigt sich mit den grundlegenden Aspekten von Wider- ständen in Veränderungsprozessen. Neben der Herausarbeitung der Entstehung sowie einer Definition werden die Beweggründe für Widerstände sowie ihre verschiedenen Formen dargestellt. Sie lassen sich in rationalen, politischen sowie emotionalen Wider- stand untergliedern. Für ein besseres Verständnis der resistenzauslösenden Faktoren werden nachfolgend die Merkmale und Ausprägungen kurz beschrieben. Abschließend erfolgt in diesem Abschnitt eine grundlegende Betrachtung der Kommunikation, um in Bezug auf die kommunikativen Reduzierungsmöglichkeiten von Resistenzen im vierten Hauptkapitel näher eingehen zu können. Im anschließenden Kapitel wird zunächst die Bedeutung der Kommunikation in Veränderungsprozessen herausgearbeitet. Auf Basis der Ablaufmodelle werden darüber hinaus die Möglichkeiten betrachtet, wie Kommuni- kation während der einzelnen Stufen des Veränderungsprozesses Mitarbeiter motivie- ren und folglich Widerstände reduzieren kann. Darauf aufbauend wird herausgearbeitet, welche Rolle emotionale Widerstände in Veränderungsprozessen einnehmen und wie bedeutend es ist, diese gezielt zu reduzieren. Als effektives Instrument stellt sich in diesem Zusammenhang das vertrauensvolle Gespräch heraus. Die Vorgehensweise sowie die zu beachtenden Faktoren werden anschließend näher erläutert. Den Ab- schluss des vierten Kapitels bildet die Betrachtung der relevanten Instrumente und Methoden für ein derartiges Gespräch.
Die dargestellten Kommunikationsmöglichkeiten zur Reduzierung von Widerständen gilt es im fünften Kapitel kritisch zu diskutieren und zu bewerten. Abschließend werden in einem Fazit die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse mit eigenen Schlussfolgerungen zusammengefasst.
Die Terminologie des Change Managements ist seit Mitte der 1990er Jahre weltweit aktuell und hält mit großer Bedeutung Einzug in Unternehmen.12 Change Management stammt aus dem Angelsächsischen und kann in die deutsche Sprache gleichbedeu- tend mit Veränderungsmanagement oder Transformationsmanagement übersetzt wer- den.13 Change Management beschreibt im Allgemeinen einen Managementansatz zum professionellen Umgang mit Veränderungsprozessen im organisationalen Umfeld.14 Dieser sehr allgemeine Definitionsansatz wird von VAHS weitaus differenzierter be- trachtet. Er stellt heraus, dass Veränderungsmaßnahmen gezielt sowie ganzheitlich analysiert und geplant werden müssen, bevor sie zur Umsetzung gelangen. Ebenso zählt die anschließende Evaluierung der umfassenden Maßnahmen zu einem wichti- gen Aspekt, da somit die Weiterentwicklung von Veränderungsmaßnahmen ermöglicht wird.15
KOSTKA/MÖNCH führen weiter aus, dass Change Management die planmäßige mittel- und langfristige Veränderung von Fähigkeiten und Verhaltensmustern fokussiert, um eine zielgerichtete Optimierung von Prozessen und Kommunikationsstrukturen in Un- ternehmen zu erwirken.16 Dies impliziert eine aktive Beeinflussung eines für Organisa- tionen tiefgreifenden Wandels, welcher oftmals eine strategische Ausrichtung ver- folgt.17 Sie betonen in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Perspektive dieses Managements.18 VAHS versteht unter „Ganzheitlichkeit“ die Einbe- ziehung der Kultur, Strategie, Organisation als auch die Technologie eines Unterneh- mens. Folglich ist seinen Ausführungen nach ein erfolgreicher Veränderungsprozess nur dann möglich, wenn neben den strategisch, analytischen Aspekten auch der Faktor Mensch Berücksichtigung findet.19 In Anlehnung an LAUER wird damit der Leitgedanke unterstrichen, dass die Umsetzung des Change Managements nicht als mechanischer Prozess anzusehen ist, sondern der aktiven Einbeziehung von Mitarbeitern bedarf, welche mit ihren Vorstellungen, Bedürfnissen und Charakteren in sozialen Strukturen integriert sind.20 Vor diesem Hintergrund wird besonders in Veränderungsprozessen an Führungskräfte appelliert, ihre Einstellung zu verändern. Sie sollten Abstand nehmen von dem Gedanken, dass sich solche Prozesse autonom gestalten lassen und mehr Zeit in die interaktive Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern investieren.21
Um sämtliche wichtige Facetten des Change Managements ganzheitlich zu erfassen, soll als Leitfaden der Arbeit nicht nur die Definition von VAHS sowie KOSTKA/MÖNCH angesehen werden, sondern auch der Einwand von LAUER Berücksichtigung finden. Veränderungsprozesse implizieren zwar den Wandel von Problembereichen in Unter- nehmen, sie können jedoch nur dann zum Erfolg führen, wenn sich die Verhaltenswei- sen und Einstellungen im Bewusstsein der Beteiligten ändern und die neuen Strukturen verinnerlicht werden.22 Die Betroffenen müssen für den Veränderungsprozess gewon- nen und motiviert werden.23 Dazu bedarf es dem einschlägigen Wissen der Führungs- kräfte und Top Manager, dass und insbesondere wie die Beteiligten in sozialen Struk- turen eingebettet sind.24
Die Bedingungen, unter denen heutzutage unternehmerisch erfolgreiches Handeln stattfindet, unterscheiden sich stark von denen, die in den letzten Jahrzehnten vorherrschten.25 Durch die rasante Geschwindigkeit, mit der sich die Weltwirtschaft heutzutage verändert, sind Unternehmen permanenten Veränderungen ausgesetzt.26 Die Märkte sind allgemein dynamischer geworden und auch die Komplexität nimmt stetig zu.27 Diese voranschreitende Dynamik des Marktes führt zu zunehmenden Fusionen und Übernahmen, Restrukturierungen sowie Umstrukturierungen auf Unternehmens ebene.28 Viele Unternehmen sind mit der Herausforderung konfrontiert, sich den stetig ändernden Rahmenbedingungen und Anforderungen innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens durch strategisch orientierte Veränderungsprojekte anzupassen.29 Folglich lassen sich Veränderungsprozesse in externe und interne Auslöser differenzieren.30
Die externen Rahmenbedingungen von Unternehmen sind im Allgemeinen nicht statisch.31 Konkurrenzverhältnisse oder die gesamtwirtschaftliche Situation unterliegen ständigen Veränderungen.32 Als Beispiel für externe Ursachen lassen sich der Druck des Marktes und des Wettbewerbs sowie der fortschreitende gesellschaftliche Wandel anführen.
Druck des Marktes und des Wettbewerbs Sinkende Absatzpreise und der Kampf um Marktanteile machen deutlich, dass der Druck des Marktes und des Wettbewerbs für eine Vielzahl von Unternehmen stetig zunimmt und sie an die Grenzen ihrer Existenz treibt.33 Dieser Umstand ist der stei- genden Liberalisierung des Welthandels sowie der immer weiter fortschreitenden Glo- balisierung geschuldet.34 Die Anzahl an geschlossenen Märkten oder Wirtschaftsberei- chen, in denen früher einzelne Unternehmen als Monopolisten agierten, wird zuneh- mend geringer.35 Dies bedeutet insbesondere für ehemalige staatliche Monopolisten, sich in einem neuen Marktumfeld zu orientieren, um langfristig ihre Existenzsicherung zu gewährleisten.36 Hinzu kommt der wachsende Konkurrenzdruck durch die aufstre- benden fernöstlichen Märkte in den Bereichen der Konsum- und Investitionsgüter so- wie der industriellen Massengüter, beispielsweise in der Unterhaltungselektronik. Auch die Öffnung der Grenzen zu den osteuropäischen Staaten hat dazu geführt, dass neue Anbieter, welche ihre Produkte meist zu weitaus geringeren Kosten produzieren kön- nen, auf den Markt drängen. Da diese ihre Produktqualität ebenso stetig steigern kön- nen, etablieren sie sich weiter auf den Weltmärkten.37 Zuletzt fordert der Wandel von einem Verkäuferzu einem Käufermarkt von den Unternehmen Flexibilität und die Erkenntnis, dass der Kunde vermehrt in den Fokus unternehmerischen Handelns rücken muss.38 Folglich stellen veränderungsfähige Organisationen eine wichtige Voraussetzung für unternehmerisch erfolgreiches Handeln dar.39
Gesellschaftlicher Wertewandel
Einen weiteren Bereich für externe Treiber von Veränderungsprozessen stellt der gesellschaftliche Wertewandel dar.40 Seit dem Ende der 60er Jahre ist dieser insbesondere in den westlichen Industrienationen durch ein erhebliches Wohlstands- und Bildungsniveau gekennzeichnet.41
Die Veränderung von Werten hat dazu geführt, dass das existenzielle Arbeiten durch den Wunsch nach Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung abgelöst wurde. Dies impliziert, dass der Mensch heutzutage nicht mehr arbeitet, um zu überleben, sondern sich mit seiner Arbeit identifizieren möchte. Folglich arbeitet er, um sich ein besseres Leben zu ermöglichen.42 Der Wunsch nach Abwechslungsreichtum in den Tätigkeiten, der Arbeit in effizienten Teams sowie der Beteiligung an betrieblichen Entscheidungs- prozessen nimmt immer mehr zu und löst traditionelle Werte wie Pünktlichkeit, Fleiß und Unterordnung weitgehend ab.43 Dies impliziert für Unternehmen, die Organisati- onsstrukturen den neuen Werten anzupassen, um das Leistungsvermögen der Mitar- beiter voll auszuschöpfen. Veränderte, organisatorische Rahmenbedingungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, im Wettbewerb um hoch qualifizierte Mitarbeiter in Zu- kunft mitzuhalten.44
Auch innerhalb von Unternehmen können Probleme den Impuls für organisatorische Veränderungsmaßnahmen geben. Als Anstoß für interne, organisatorische Verände- rungsprozesse lassen sich nach VAHS in erster Linie Fehlentscheidungen der Vergan- genheit, eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie sowie neue Management- oder Führungskonzepte identifizieren, welche nachfolgend näher ausgeführt werden:
Fehlentscheidungen der Vergangenheit
Fehlentscheidungen bilden erhebliche Indizien für die Entstehung interner Probleme und können durch Fehlinvestitionen oder eine falsche Absatzpolitik gekennzeichnet sein. Fehlentscheidungen können zu ernsthaften Krisensituationen führen, welche die zukünftige Existenz des Unternehmens substantiell und nachhaltig gefährden können.45 In solchen Fällen führt die Krise zu Handlungsbedarf, welcher häufig in Form von radikalen Veränderungsprozessen endet.46
Neuausrichtung der Unternehmensstrategie
Auch eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie hat erhebliche Auswirkungen auf die Organisation. Neue Strategien erfordern Planung sowie vor allem flexible Struk- turen und Prozesse. Zur erfolgreichen Realisierung lassen sich alte Muster mit neuen Abläufen nur äußerst selten vereinen, so dass Veränderungsprozesse unabdingbar werden.47
Neue Management- oder Führungskonzepte
Die Implementierung neuer Management- oder Führungskonzepte, wie z. B. der „Lean- Management-Ansatz“48 unterstreicht die Notwendigkeit von organisatorischen Verände- rungsprozessen. Derartige Ansätze haben zur Aufgabe, Schwachpunkte zu identifizier- ten, anschließend zu eliminieren und tragen somit entscheidend zu Veränderungen in Unternehmen bei.49
Aus den zuvor skizzierten externen sowie internen Ursachen von Veränderungspro- zessen lassen sich zahlreiche Ziele ableiten, welche Unternehmen im Rahmen von Veränderungsvorhaben anstreben. Zu den allgemeinen, übergeordneten Change- Management-Zielen zählen u.a. die Verbesserung der Produkt- und Servicequalität, die Steigerung des Effizienzniveaus sowie die Kostenreduzierung.50 Diese Ziele werden von VAHS/LEISER sowie SCHLEUTER/STOSCH detaillierter betrachtet, so dass die folgen- den Hauptziele herausgestellt werden können, die in Veränderungsprozessen als ent- scheidend angesehen werden:51
- Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
- Rentabilitätssteigerung
- Umsatzsteigerung
- Stärkere Markt- und Kundenorientierung
Darüber hinaus werden Ziele verfolgt, welche in einer Zweck-Mittel-Beziehung zuei- nander stehen. So trägt die Optimierung der Kosten- und Ertragssituation als Mittel zu dem übergeordneten Ziel der gesicherten Wettbewerbsfähigkeit bei.52 Es dominieren folglich ökonomische Ziele, die auf Kostensenkungen und auf die Beschleunigung von Geschäftsprozessen ausgerichtet sind. Dem wirtschaftlichen Druck, welchem Unter- nehmen heutzutage ausgesetzt sind, wird dadurch Rechnung getragen. ROSENSTIEL sowie MOHR/WOEHE merken jedoch an, dass durch den Fokus auf die harten, be- triebswirtschaftlichen Ziele („hard facts“) die mitarbeiterbezogenen weichen Ziele („soft facts“) oftmals vernachlässigt werden, obwohl insbesondere Mitarbeiter in Verände- rungsprozessen die wichtigste Ressource darstellen.53 Folglich sollten nach ROSEN- STIEL Humanziele wie die Gesundheit am Arbeitsplatz, die Optimierung der Mitarbei termotivation sowie die Persönlichkeitsförderung vermehrt in den Fokus von Unternehmen rücken.54
Um aus den internen sowie externen Auslösern von Veränderungen konkrete Verände- rungsvorhaben entstehen zu lassen, sind der Veränderungsbedarf, die Veränderungs- bereitschaft sowie die Veränderungsfähigkeit notwendige Voraussetzungen für ein er- folgreiches Change Management.55 Für ein besseres Verständnis zeigt Abbildung 2-1 die vielfältigen Wechselwirkungen und Zusammenhänge der einzelnen Elemente.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Drei Voraussetzungen für Veränderungen56
Ausgangspunkt eines Wandlungsvorhabens bildet der Veränderungsbedarf, folglich die erkennbare Notwendigkeit zur Veränderung.57 Er impliziert einerseits den Umfang der notwendigen Veränderungen der Organisation und ihrer Mitglieder. Zusätzlich zu diesem objektiven Erfordernis der Veränderung muss jedoch auch der subjektive Veränderungsbedarf jedes einzelnen zum Vorschein treten.58 Es gilt schließlich, dass Veränderungsprozesse nur dann erfolgreich realisiert werden können, wenn der Veränderungsbedarf nicht nur erkannt, sondern auch akzeptiert wird.59
Es ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass jede Ursache auch zur Einleitung einer Veränderung führt.60 Neben einer objektiven Notwendigkeit bedarf es der subjek- tiven Veränderungsbereitschaft, des Willens der von der Veränderung betroffenen Geschäftseinheiten sowie der Mitarbeiter, den Prozess zu initiieren und zu begleiten.61 Insbesondere an dieser Stelle sind die Einstellungen der Beteiligten gegenüber den Zielen und Maßnahmen des Veränderungsprozesses sowie ihr daraus resultierendes Verhalten von Relevanz, so dass die Veränderungsbereitschaft eine entscheidende Rolle in Veränderungsprozessen einnimmt.62 Anhand der Veränderungsbereitschaft wird ersichtlich, wer den Gegnern, Befürwortern oder Unentschlossenen angehört.63
Ist die Veränderungsbereitschaft gegeben, muss der Veränderungsbedarf durch den Aspekt der Veränderungskompetenz ergänzt werden.64 Die Veränderungsfähigkeit impliziert dabei das Können, das persönliche Wissen der Beteiligten als auch die Fä- higkeit einer Organisation als Ganzes, Veränderungsvorhaben beginnen zu lassen, neue Strukturen zu entwickeln und diese letztendlich zu implementieren.65 Umfassende und komplexe Veränderungsprozesse verlangen einer Unternehmung dabei Fähigkei- ten ab, über die sie nicht automatisch verfügt.66 Aufgrund fehlender Erfahrung und zunehmenden Erwartungen an angestrebte Veränderungsprozesse greifen Unterneh- men häufig auf die Unterstützung externer Berater oder so genannter Krisenmanager zurück.67 MENZ/SCHMID/MÜLLER-STEWENS/LECHNER machen hier darauf aufmerksam, dass ungenügende oder fehlende Fähigkeiten der Betroffenen, neue Strukturen oder Prozesse umzusetzen, Ängste schüren und folglich auch zu einer mangelnden Verän- derungsbereitschaft führen können. Um diesen Resistenzen reduzierend begegnen zu können, empfehlen sie den erfahrenen Einsatz von Change-Management-Methoden.68
Der Drei-Phasen-Ansatz, welcher als Grundlage der meisten sozialen Veränderungs- modelle gelten kann, wurde erstmals in den 1940er-Jahren von dem Sozialpsycholo- gen Kurt Lewin als Diagnose- und Problemlösungstechnik entwickelt.69 Lewin ergrün- dete in seinem Stabilitätsparadigma die bewusste Steuerung von Individuen und Grup- pen in einem Veränderungsprozess und leitete zentrale Grundsätze für eine erfolgrei- che Gestaltung von organisatorischen Wandelprozessen ab.70 Die Analyse menschli- chen Verhaltens im Rahmen von psychologischen Kräftefeldern stand dabei im Fokus seiner Betrachtung.71 Der in Abbildung 2-2 dargestellte Kraftfeld-Ansatz, welcher in der englischen Sprache auch als Force Field Analysis72 bekannt ist, basiert auf einer Gleichgewichtsvorstellung und unterscheidet die drei Phasen des „Auftauens“ (engl.: “Unfreezing“), des „Änderns“ (engl.: “Changing“) und des „Wiedereinfrierens“ (engl.: “Refreezing“).73
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Wandel als Veränderung von Gleichgewichtszuständen74
Nach LEWIN sind in jeder Situation Kräfte wirksam, die den Wandel antreiben (engl.: “driving forces“) und solche, die den Wandel hemmen (engl.: “restraining forces“).75
Gelingt es, die Summe aller verhaltensbeeinflussenden Kräfte in ein Gleichgewicht zu bringen, beschreibt dies den Status quo.76 Um eine langfristige Existenzsicherung von Organisationen zu gewährleisten, sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den vorantreibenden und den widerstrebenden Kräften bestehen.77 Überwiegen die wider- strebenden Kräfte, scheitern notwendige Veränderungsprozesse an existenten Wider- ständen78. Existiert hingegen ein Überschuss an vorantreibenden Kräften, entwickelt sich die Organisation zu einem fortlaufenden Wandelprozess, so dass sie nicht zur Ruhe kommt und eine notwendige Systemstabilität verhindert wird.79 Ist es nun das Ziel, einen bestehenden Gleichgewichtszustand zugunsten eines neuen aufzugeben, muss das im Status quo vorherrschende Kräfteverhältnis zunächst „aufgetaut“ und dann auf einem höheren Niveau erneut stabilisiert werden.80
Phase 1: Auftauen
Die Zielsetzung der ersten Phase besteht darin, die bisherigen Verhaltensweisen aus dem Status quo abzulegen und die Mitglieder durch rationale Informationen zur Not- wendigkeit einer Veränderungsbereitschaft zu sensibilisieren.81 Im Fokus steht die In- fragestellung alter Sichtweisen82, der Aufbau einer Lernbereitschaft, welche dazu bei- trägt, die in Veränderungsprozessen entstehende Unsicherheit zu akzeptieren sowie die Bildung von Zuversicht, um die internen Kräfte in Veränderungsprozessen zu mobi- lisieren.83 Die Phase des „Auftauens“ ist nach MOHR/WOEHE in der Regel die schwie- rigste und langwierigste, da es in der Natur des Menschen liegt, in seinem gewohnten „Arbeitstrott“ zu verharren, um die Routine, die für das menschliche Verhalten so wich- tig ist, beizubehalten.84 Nach VAHS hängt der Erfolg von Veränderungsprozessen maß- geblich davon ab, ob die Organisationsmitglieder von dem Erfordernis eines Wandels überzeugt werden können und ihnen die Konsequenzen eines Verharrens im Status quo bewusst gemacht werden können. Befindet sich das Unternehmen beispielsweise in einer Liquiditätskrise und bleibt alten Strukturen treu, kann sich dies existenzgefähr- dend auf das Unternehmen auswirken.85 Wird die erste Phase des „Auftauens“ in Ver- änderungsvorhaben übersprungen, ist die Gefahr des Scheiterns in der Praxis häufig hoch.86
Phase 2: Ändern
Sind die veralteten Strukturen in der ersten Phase erfolgreich aufgebrochen worden, erfolgt in der Phase des „Änderns“ die Herausbildung neuer Reaktionsweisen und Muster.87 Hier gilt es, das System neu zu strukturieren, voranzutreiben und die neuen Organisationsstrukturen zu implementieren. Neuartige Standards müssen entwickelt und für die eigenen Handlungsweisen als wesentlich angenommen werden.88 Die Ein- gewöhnungszeit in geänderte Strukturen kann dazu führen, dass das Effizienzniveau zunächst abfällt (s. Abbildung 2-2).89 An diesem Punkt wird den Führungskräften die Aufgabe zuteil, die Belegschaft ausreichend zu motivieren und Ihnen die Unsicherhei- ten zu nehmen, so dass zum Abschluss dieser Phase wieder eine Näherung in Rich- tung des idealen Niveaus hin zur Stabilisierung auf dem angestrebten, höheren Effi- zienzniveau erfolgen kann.90 Voraussetzung ist jedoch, dass sich die antreibenden Kräfte im Überschuss befinden.
Phase 3: Wiedereinfrieren
Die letzte Phase des „Wiedereinfrierens“ zielt darauf ab, implementierte Verhaltens- und Organisationsänderungen langfristig in die Persönlichkeit zu integrieren und zu stabilisieren.91 Nach SCHREYÖGG bestünde ansonsten die Gefahr, dass die Organisati- on nach einer Weile der „Macht der Gewohnheit“ erliegt und in alte Strukturen zurück- fällt.92 Die erfolgreiche Stabilisierung eines höheren Effizienzniveaus setzt eine gelun- gene Durchführung der angeführten Phasen sowie den subjektiven Eindruck des Ver- änderungserfolgs voraus, welche sich beispielgebend in einer optimierten Zusammen- arbeit ausdrücken kann.93 Zu beachten ist, dass das „Wiedereinfrieren“ keine starre Fixierung der neu gewonnenen Strukturen impliziert, sondern den Ausgangspunkt für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Organisation bildet.94 Die Stabilisierung der neuen Verhaltensweisen bedarf dabei einer langfristigen Sichtweise, da die veralteten Strukturen durch individuelle Verlern- und Aneignungsprozesse ersetzt werden müs- sen.95
Aus dem betrachteten Modell wird ersichtlich, dass Veränderungsprozesse schwer zu initiieren sind. Widerstrebende Kräfte, welche in Unternehmen mehr oder weniger stark ausgeprägt sein können, stellen in allen Phasen eine ständige Begleiterscheinung dar, mit denen umgegangen werden muss.96 Das Modell von Lewin bereitet die Mitglieder somit mental auf Anstrengungen in der Veränderung vor und verdeutlicht die Bedeutung einer herbeizuführenden Veränderungsbereitschaft in Unternehmen, wie zuvor insbesondere in Abschnitt 2.3 herausgestellt wurde.97
Der prozessuale Ansatz des Acht-Stufen-Modells nach John P. Kotter gründet auf dem Stabilitätsparadigma von Kurt Lewin und versucht, ausgehend von den acht Gründen des Scheiterns von organisatorischen Veränderungsprozessen, acht anwendungsbe- zogene Schritte für einen erfolgreichen Veränderungsprozess zu vermitteln.98 Während die ersten vier Schritte der Entzerrung des im Unternehmen fest verankerten Status quo dienen, werden in den Schritten fünf bis sieben Implementierungsmaßnahmen abgeleitet, welche es im letzten Schritt langfristig in die Unternehmenskultur zu integ- rieren gilt (s. Abbildung 2-3).99
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Der Acht-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels100
In der ersten Stufe seines Modells betrachtet Kotter die Schaffung eines Dringlichkeits- gefühls, welches seiner Auffassung nach den elementarsten Bestandteil des Verände- rungsprozesses darstellt.101 Dringlichkeit wird für die erforderliche Kooperationsbereit- schaft jedes einzelnen benötigt, um die Bedeutung des Wandels zu erkennen. Darüber hinaus ist Dringlichkeit nach Kotter für die Gründung einer Gruppe notwendig, welche die Lenkung der Prozesse und die Bestimmung von Schlüsselfiguren übernimmt, welche die Vision einer Veränderung vorantreiben.102 Diese Sichtweise impliziert den hohen Stellenwert einer Führungskoalition, welche von Kotter in seiner zweiten Stufe detaillierter beschrieben wird.
Die Bewältigung fundamentalen Wandels ist nach Kotter äußerst komplex, so dass es dem Aufbau einer energischen Führungskoalition, einer so genannten „Guiding Coali- tion“, bedarf.103 Sie bereitet die Grundlage für alle weiteren Veränderungsschritte und sollte spezifische Charakteristika von Menschen miteinander vereinen: eine breite fach- liche Expertise, eine hohe Glaubwürdigkeit mit ausgeprägter sozialer Kompetenz sowie eine starke Leadership- und Managementkompetenz mit hierarchischer Kraft, um ge- meinsam erarbeitete Ziele auf großer Vertrauensbasis auch überzeugend kommunizie- ren und realisieren zu können.104 Dazu bedarf es der Entwicklung einer Vision - einem richtungsweisenden Zukunftsbild - durch die Führungskoalition, welches den Fokus seiner dritten Stufe bildet.
Die Erarbeitung einer Vision ist nach Kotter wesentlicher Bestandteil effektiver Führung in Veränderungsprozessen und vermittelt den Menschen die nötige Motivation und Überzeugung für die Realisierung der Vision, die z.B. die Entwicklung neuer Produkte oder neuer Qualitätsprogramme beinhaltet.105 Die Vision verleiht den Mitarbeitern die Richtung und Orientierung für den angestrebten Weg der Veränderung.106 Sie sollte zu ihrer erfolgreichen Realisierung daher zum einen klar definiert sein, um effektive Maß- nahmen ableiten zu können.107 Zum anderen sollten die Machbarkeit der anvisierten Ziele sowie die Vorstellbarkeit zur Vermittlung des Zukunftsbildes sichergestellt sein.108 Zugleich bedarf es der nötigen Flexibilität, um die Richtung der Vision über einen län- geren Zeitraum weisen zu können sowie im Besonderen der einfachen Kommunizier- barkeit an alle Beteiligten des Change Prozesses.109 Der Aspekt der Kommunikation durch die Führungskoalition, welcher im Rahmen von Veränderungsprozessen einen weitreichenden Erfolgsfaktor darstellt, wird von Kotter in seiner vierten Stufe weiter ausgeführt.110
Die entwickelte Vision gilt es demnach an alle Beteiligten zu kommunizieren, so dass sie für alle einfach und verständlich ist.111 Die Nutzung verschiedenster Kommunikati- onskanäle sowie die Repetition der Informationen tragen hier zur Erreichung der Ver- breitung einer Botschaft bei, z.B. über Großveranstaltungen oder Zeitschriften.112 Selbst bei erfolgreicher Umsetzung der vorangegangen Stufen können verschiedenste Hindernisse der Erzeugung des notwendigen Wandels immer noch im Wege stehen, wie z.B. defizitäre formale Strukturen oder mangelnde Fähigkeiten der Mitarbeiter. Die Eliminierung solcher Hindernisse bildet nach Kotter die fünfte Stufe eines erfolgreichen Veränderungsprozesses.113
Das Ziel in der fünften Stufe muss es folglich sein, hinderliche Systeme und Strukturen so weit wie möglich für die Implementierung der Vision zu eliminieren, so dass die Mit- arbeiter auf breiter Basis zum Handeln befähigt werden können.114 Auch die aktive Par- tizipation der Mitarbeiter an der Bildung neuer Prozesse und Strukturen sollte einen wesentlichen Beitrag für erfolgreiche Veränderungsvorhaben darstellen. Um den Ver- änderungsprozess voranzutreiben, sollten ihre Eigeninitiative und Risikobereitschaft in dieser Stufe des Veränderungsprozesses gestärkt werden. Schnelle und sichtbare Er- folge können dabei für die Beteiligten dienlich sein. Diese sind Bestandteil der sechs- ten Stufe und dienen dazu, Anstrengungen langfristig aufrechtzuerhalten und die not- wendige Glaubwürdigkeit zu unterstreichen.115 Sie sollten jedoch auch konsolidiert und dazu eingesetzt werden, weitere Veränderungen einzuleiten.
Die Konsolidierung dieses Aspektes bildet den Fokus seiner siebten Stufe. Der wach- sende Glaube an das Veränderungsvorhaben, welcher durch sichtbare und schnelle Erfolge erzielt wird, soll dazu genutzt werden, Veränderungen von allen Systemen an- zustoßen, die nicht im Einklang mit der angestrebten Vision stehen.116 Nach Kotter sollten die Personen eingestellt, befördert und entwickelt werden, welche zur Realisie- rung der Veränderungsvision beitragen können. So sei es möglich, dem Prozess mit neuen Themen und Projekten einen Impuls zu geben und weiterzuentwickeln.117 Zuletzt sei es Aufgabe aller Beteiligten, die neuen Ansätze in die Unternehmenskultur zu verankern.
Die achte und letzte Stufe des Veränderungsprozesses zielt nach Kotter demnach da- rauf ab, den Zusammenhang zwischen neuen Strukturen und dem durch die Verände- rung resultierten Unternehmenserfolg zu identifizieren.118 Die neuen Prozesse und Verhaltensweisen könnten so in die Unternehmenskultur verankert werden. Zur Stabili- sierung sei es notwendig, Maßnahmen zur Sicherung der Führungsentwicklung- und nachfolge zu ergreifen, um darauf aufbauend die Weichen für weitere Veränderungs- vorhaben zu stellen.119
Es sei erwähnt, dass auch das beschriebene Modell ebenso kein „Patentrezept“ in Veränderungsprozessen darstellt. Jedoch lässt es den hohen Grad an Komplexität solcher Vorhaben erkennen. Die in diesem Kapitel betrachteten Modelle von Lewin und Kotter lassen den Stellenwert der im Hauptkapitel zu betrachtenden Einflüsse von Kommunikation - besonders in Kotters Acht-Stufen-Modell - auf die Widerstände - be- sonders in Lewins Stabilitätsparadigma - in Change-Managementprozessen erkennen.
Widerstand ist eng mit Veränderungen verbunden und kann als Reaktion auf diesen verstanden werden.120 In einem stabilen Umfeld streben Menschen danach, sich weiter zu entwickeln, sich selbst und ihre Träume zu verwirklichen.121 Diesen Sachverhalt verdeutlicht die Maslowsche Bedürfnispyramide (s. Abbildung 3-1).122 Demnach stellt das Streben nach Selbstverwirklichung das oberste aller menschlichen Ziele dar und bildet die höchste Ebene der Pyramide.123 Darunter gliedern sich die so genannten Defizitbedürfnisse. Gelingt es nicht, diese zu befriedigen, resultiert daraus ein Span- nungszustand bei den Betroffenen.124 Besonders ausgeprägt ist das Widerstandsver- halten, sobald die Grundbedürfnisse als Bestandteil der Defizitbedürfnisse gefährdet sind.125
Folglich ist es das Ziel eines jeden Menschen, seine Bedürfnisse zu befriedigen, um Zufriedenheit empfinden zu können, dies gilt auch für berufliche Belange.126 Veränderungsprozesse werden von Betroffenen zunächst jedoch erst einmal als Bedrohung oder Gefahr interpretiert und mit Skepsis aufgenommen, da zudem die Abnabelung von Gewohnheitsmustern befürchtet wird.127 Ablehnende und defensive Reaktionen der Mitarbeiter sind dann die Folge. Sie verspüren die Angst, dass ihre Defizitbedürfnisse angegriffen und nach der Veränderung nicht mehr gedeckt werden könnten. Aus diesem Grund versuchen Betroffene zu Beginn häufig, einem Veränderungsprozess zunächst entgegenzusteuern.128 Dieser Umstand lässt nachvollziehen, dass Widerstände mit jedem Veränderungsvorhaben einhergehen und als natürliche Erscheinung von Neuerungen und Veränderungen anzusehen sind.129
Die nachfolgende Grafik (s. Abbildung 3-1) veranschaulicht in Anlehnung an die Maslowsche Bedürfnispyramide, durch welche Veränderungen sich Mitarbeiter in der Entfaltung ihrer Bedürfnisse bedroht fühlen können.130
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3-1: Bedrohte Bedürfnisse der Mitarbeiter131
Für ein besseres Verständnis des komplexen Sachverhalts „Widerstand“ erfolgt zu- nächst dessen Definition. Es lassen sich diverse wissenschaftliche Definitionsansätze des Widerstands finden. Die in der einschlägigen Literatur von unterschiedlichen Auto- ren immer wieder zitierte Definition von Widerstand stammt von DOPPLER/LAUTERBURG und lautet wie folgt:
„Von Widerstand kann immer dann gesprochen werden, wenn vorgesehene Entscheidungen oder getroffene Maßnahmen, die auch bei sorgfältiger Prüfung als sinnvoll, „logisch“ oder sogar dringend notwendig erscheinen, aus zunächst nicht ersichtlichen Gründen bei einzelnen Individuen, bei einzelnen Gruppen oder bei der ganzen Belegschaft auf diffuse Ablehnung stoßen, nicht unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugen oder durch passives Verhalten unterlaufen werden.“132
[...]
1 Vgl. Schweizer, G., Iberer, U., Keller, H., (Lernen 2007), S. 241
2 Vgl. Gonschorrek, U., Hoffmeister, W., (Management 2006), S. 208
3 Vgl. Scheer, A.-W., Abolhassan, F., Jost, W., Kirchmer, M., (Change 2003), S. S. 2
4 Vgl. DGFP e.V., (Change 2011), S. 29 f.
5 Vgl. Doppler, K., Fuhrmann, H., Lebbe-Waschke, B., Voigt, B., (Unternehmenswandel 2002), S. S. 11
6 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 31
7 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 7
8 Vgl. Rigall, J., Wolters, G., Goertz, H., Tarlatt, A., Schulte, K., (Change 2005), S. 21
9 Vgl. Bernecker, M., Eckrich, K., (Projektmanagement 2003), S. 424
10 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 15
11 Vgl. Haberzettl, M., Schinwald, S., (Change 2011), S. 6
12 Vgl. Kostka, C., Mönch, A., (Change 2009), S. 8; Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 9
13 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 14
14 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 14f.
15 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 281
16 Vgl. Kostka, C., Mönch, A., (Change 2009), S. 9
17 Vgl. Rosenstiel, L.v., (Grundlagen 2007), S. 451
18 Vgl. Kostka, C., Mönch, A., (Change 2002), S. 9
19 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 281 u. 415 f.
20 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 4
21 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 4
22 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 7
23 Vgl. Gfeller, L., (Handbuch 2007), S. 138; Stolzenberg, K., Heberle, K., (Change 2009), S. 4
24 Vgl. Stolzenberg, K., Heberle, K., (Change 2009), S. 3 ff.
25 Vgl. Schmidt, K., Gleich, R., Richter, A., (Gestaltungsfeld 2009), S. 86
26 Vgl. Rischar, K., (Veränderungsmanagement 2005), S. 2
27 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 303
28 Vgl. Koch, A., (Change 2004), S. 91; Doppler, K., Lauterburg, C., (Change 2008), S. 41; Pfannenberg, J., (Veränderungskommunikation 2009), S. 12
29 Vgl. Schuh, G., (Change 2006), S. 114
30 Vgl. Rischar, K., (Veränderungsmanagement 2005), S. 2
31 Vgl. Kaune, A., (Change 2004), S. 14
32 Vgl. Bergmann, R., Garrecht, M., (Organisation 2008), S. 188
33 Vgl. Doppler, K., Lauterburg, C., (Change 2008), S. 35
34 Vgl. Berndt, R., (Unternehmen 1998), S. 306; Doppler, K., Lauterburg, C., (Change 2008), S. 35; Scheer, A.-W., Abolhassan, F., Jost, W., Kirchmer, M., (Change 2003), S. S. 24
35 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 12
36 Vgl. Bergmann, R., Garrecht, M., (Organisation 2008), S. 188
37 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 297
38 Vgl. Doppler, K., (Change 2011), S. 12; Bergmann, R., Garrecht, M., (Organisation 2008), S. 188
39 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 297
40 Vgl. Schleuter, W., Stosch, J.v., (Change 2009), S. 22; Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 35
41 Vgl. Frühauf, H., Friedrichsmeier, H., (Veränderung 2009), S. 69
42 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 298
43 Vgl. Edtinger, B., Mayr, F.P., Wagner, K., (Veränderungen 2004), S. 10; Haberzettl, M., Schinwald, S., (Change 2011), S. 2
44 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 297 f.
45 Vgl. Staehle, W.H., (Management 1999), S. 902
46 Vgl. Berndt, R., (Unternehmen 1998), S. 307. Ein radikaler Wandel ist durch reaktive, anweisende und kurzfristige Maßnahmen durch das Top Management gekennzeichnet, welche häufig mit Macht- und Zwangsstrategien einhergehen. Vgl. Werkmann-Karcher, B., Rietiker, J., (Psychologie 2010), S. 121
47 Vgl. Pfannenberg, J., (Veränderungskommunikation 2009), S. 12
48 Lean Management wird übersetzt mit „schlankes Management“. Nach den Grundprinzipien der Dezentralisierung und Simultanisierung werden als Ziele die Kundenorientierung und Kostensenkung für die gesamte Unternehmung verfolgt. Die Prinzipien beziehen dabei die gesamte innerbetriebliche Wertschöpfungskette mit ein.
49 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 301
50 Vgl. Philipp, A., Osmetz, D., Winter, W., (Change 2004), S.9; Doppler, K., Lauterburg, C., (Change
2002), S. 21; Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 36; Ostreicher, K., (Kommunikation 2010), S. 34
51 Vgl. Vahs, D., Leiser, W., (Change 2004), S. 29; Schleuter, W., Stosch; J.v., (Change 2009), S. 24 f.
52 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 302
53 Vgl. Rosenstiel, L.v., (Grundlagen 2000), S. 419; Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 11. Exemplarisch stehen harte Ziele für Zahlen, Daten und Fakten in Unternehmen, wohingegen weiche Ziele auf die Menschen mit ihren Werten abzielen, wie Arbeits-, Kommunikations- und Informationsver- halten.
54 Vgl. Rosenstiel, L.v., (Grundlagen 2000), S. 419
55 Vgl. Robus, A., (Veränderungsmanagement 2009), S. 169
56 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kneubühl, D., Züger, R.-M., (Organisation 2012), S. 100
57 Vgl. Berger, M., Chalupsky, J., Hartmann, F., (Change 2008), S. 19
58 Vgl. Krüger, W., (Excellence 2000), S. 19
59 Vgl. Krüger, W., (Excellence 2009), S. 28
60 Vgl. Kneubühl, D., Züger, R.-M., (Organisation 2012), S. 100
61 Vgl. Menz, M., Schmid, T., Müller-Stewens, G., Lechner, C., (Initiativen 2011), S. 153
62 Vgl. Kneubühl, D., Züger, R.-M., (Organisation 2012), S. 101
63 Vgl. Hobel, B., Schütte, S., (Business-Wissen 2006), S. 68
64 Vgl. Pfannenberg, J., (Veränderungskommunikation 2009), S. 32
65 Vgl. Menz, M., Schmid, T., Müller-Stewens, G., Lechner, C., (Initiativen 2011), S. 153
66 Vgl. Kneubühl, D., Züger, R.-M., (Organisation 2012), S. 101
67 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 321
68 Vgl. Menz, M., Schmid, T., Müller-Stewens, G., Lechner, C., (Initiativen 2011), S. 153
69 Vgl. Kostka, C., Mönch, A., (Change 2009), S. 7
70 Vgl. Große Peclum, K.-H., Krebber, M., Lips, R., (Change 2012), S. 69
71 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 36
72 Vgl. Anwander, A., (Strategien 2001), S. 59
73 Vgl. Schreyögg, G., Koch, G., (Grundlagen 2010), S. 377f.
74 Eigene Darstellung in Anlehnung an Vahs, D., (Organisation 2007), S. 359
75 Vgl. Staehle, W.H., (Management 1999), S. 591
76 Vgl. Schleuter, W., Stosch; J.v., (Change 2009), S. 30
77 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 56
78 Die detaillierte Betrachtung von Widerständen in Veränderungsprozessen erfolgt in Kapitel 3.
79 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 56
80 Vgl. Staehle, W.H., (Management 1999), S. 591
81 Vgl. Rosenstiel, L.v., Comelli, G., (Führung 2003), S. 147 ff.; Große Peclum, K.-H., Krebber, M., Lips, R., (Change 2012), S. 69
82 Vgl. Bergmann, R., Garrecht, M., (Organisation 2008), S. 195
83 Vgl. Schreyögg, G., (Grundlagen 2012), S. 205
84 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 37
85 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 359
86 Vgl. Schreyögg, G., Koch, G., (Grundlagen 2010), S. 377
87 Vgl. Staehle, W.H., (Management 1999), S. 593
88 Vgl. Schreyögg, G., (Grundlagen 2012), S. 205
89 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 37
90 Vgl. Lauer, T., (Change 2010), S. 57
91 Vgl. Becker, H., Langosch, I., (Produktivität 1995), S. 65; Große Peclum, K.-H., Krebber, M., Lips, R., (Change 2012), S. 70; Staehle, W.H., (Management 1999), S. 593
92 Vgl. Schreyögg, G., Koch, G., (Grundlagen 2010), S. 378; Bergmann, R., Garrecht, M., (Organisation 2008), S.196
93 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 361
94 Vgl. Kohlöffel, K.M., August, H.-J., (Veränderungskonzepte 2012), S 242
95 Vgl. Vahs, D., (Organisation 2007), S. 361
96 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 38
97 Vgl. Anwander, A., (Strategien 2001), S. 60
98 Vgl. Große Peclum, K.-H., Krebber, M., Lips, R., (Change 2012), S. 70
99 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 19
100 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 19
101 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 128
102 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 31
103 Vgl. Schleuter, W., Stosch; J.v., (Change 2009), S. 42
104 Vgl. Kostka, C., Mönch, A., (Change 2009), S. 26
105 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 131
106 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 91
107 Vgl. Stolzenberg, K., Heberle, K., (Change 2009), S. 49
108 Vgl. Mohr, N., Woehe, J.M., (Widerstand 1998), S. 91
109 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 63
110 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 60 ff.
111 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 132
112 Vgl. Eberhardt, D., (Führung 2012), S. 12
113 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 87
114 Vgl. Schott, E., Campana, C., (Projektmanagement 2005), S. 203
115 Vgl. Bornemann, M., Reinhardt, R., (Handbuch 2008), S. 206
116 Vgl. Kraus, G., Becker-Kolle, C., Fischer, T., (Change 2006), S. 136
117 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 121
118 Vgl. Pfannenberg, J., (Veränderungskommunikation 2009), S. 32
119 Vgl. Kotter, J.P., (Leading 1996), S. 123 ff.
120 Vgl. Heyse, V., Metzler, H., (Veränderung 1995), S. 191
121 Vgl. Weiner, B., (Motivationspsychologie 1994), S. 13 u. 339
122 Vgl. Jetter, F., Skrotzki, R., (Führungskompetenz 2008), S. 116. Abraham Maslow, der Gründervater der humanistischen Psychologie, postuliert in seiner Bedürfnispyramide, dass die grundlegenden physiologischen Bedürfnisse, wie Nahrung und Schlaf, befriedigt sein müssen, bevor die Bedürfnisse nach Liebe, Anerkennung und Selbstverwirklichung in der nächst höheren Hierarchiestufe relevant werden. Vgl. Krüger, J., (Kooperation 2012), S. 331
123 Vgl. Maltby, J., Day, L., Macaskill, A., (Psychologie 2011), S. 249
124 Vgl. Krüger, J., (Kooperation 2012), S. 331
125 Vgl. Haberzettl, M., Schinwald, S., (Change 2011), S. 141; Kuster, J., Huber, E., Lippmann, R., Schmid, A., Schneider, E., Witschi, U., Wüst, R., (Projektmanagement 2011, S. 279
126 Vgl. Reuter, M., (Psychologie 2011), S. 164
127 Vgl. Doppler, K., Fuhrmann, H., Lebbe-Waschke, B. Voigt, B., (Unternehmenswandel 2002), S. 210
128 Vgl. Große Peclum, K.-H., Krebber, M., Lips, R., (Change 2012), S. S. 66
129 Vgl. Jetter, F., Skrotzki, R., (Führungskompetenz 2008), S. 115
130 Vgl. Jetter, F., Skrotzki, R., (Führungskompetenz 2008), S. 116
131 Eigene Darstellung in Anlehnung an Jetter, F., Skrotzki, R., (Führungskompetenz 2008), S. 116
132 Doppler, K., Lauterburg, C., (Change 2008), S. 336
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