Bachelorarbeit, 2013
74 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Thematische Hinführung und Herleitung der Fragestellung
1.2 Operationalisierung der Fragestellung und Gang der Untersuchung
2. Grundlagen zur Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung
2.1 Qualität und ihre Eigenschaften
2.1.1 Unternehmerisches Qualitätsverständnis
2.1.2 Multidimensionalität der Qualität
2.2 Prozesse und ihre Eigenschaften
2.2.1 Definition des Fachbegriffs Prozess
2.2.2 FAU-Prozessmodell: Führungs-, Ausführungs- und Unterstützungsprozesse
2.3 Einflussgrößen auf das Prozessverhalten und die Prozessqualität
3. Betriebe und ihre Gliederungsmöglichkeiten
3.1 Definition, Klassifizierung und Typisierung von Betrieben
3.2 Gliederung der Industrie- und Handwerksbetriebe nach Produktionstypen
3.2.1 Bestimmung unterschiedlicher Produktionstypen
3.2.2 Produktionstyp 1 – Auftragsorientierte Einzelfertigung
3.2.3 Produktionstyp 2 – Marktorientierte Massenfertigung
3.2.4 Produktionstyp 3 – Gemischte Serienfertigung
3.2.4.1 Ausprägungsformen der gemischten Serienfertigung
3.2.4.2 Mass-Customization
4. QM-Strategien zur Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung
4.1. QM-Strategie Kaizen
4.1.1 Philosophie von Kaizen
4.1.2 Beseitigung von Muda, Muri und Mura
4.1.3 Personenorientiertes Kaizen
4.1.4 Gruppenorientiertes Kaizen
4.2 QM-Strategie Poka-Yoke
4.2.1 Philosophie von Poka-Yoke
4.2.2 Prozessorientiertes Poka-Yoke
4.2.3 Produktorientiertes Poka-Yoke
4.3 QM-Strategie Prozesswirkungsgradanalyse
4.3.1 Philosophie der Prozesswirkungsgradanalyse
4.3.2 Leistungsarten der Prozesse
4.3.3 Vorgehensweise zur Gewinnung des Prozesswirkungsgrades
4.4 QM-Strategie Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse
4.4.1 Philosophie der Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse
4.4.2 Risikobewertung mit der Risikoprioritätszahl
4.4.3 Vorgehensweise der Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse
4.5 QM-Strategie Six-Sigma
4.5.1 Philosophie von Six-Sigma
4.5.2 Verteilungstypen – Approximation und nicht-lineare Transformation
4.5.3 DMAIC-Standardmethode
4.5.4 Design-for-Six-Sigma
4.6 Abschließende Bemerkungen zu den QM-Strategien
5. Einsatz und Nutzen der QM-Strategien bei den unterschiedlichen Betriebstypen
5.1 Einsatz und Nutzen der QM-Strategien bei auftragsorientierter Einzelfertigung
5.1.1 Vorbemerkungen
5.1.2 Kaizen – Auftragsorientierte Einzelfertigung
5.1.3 Poka-Yoke – Auftragsorientierte Einzelfertigung
5.1.4 Prozesswirkungsgradanalyse – Auftragsorientierte Einzelfertigung
5.1.5 Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse – Auftragsorientierte Einzelfertigung
5.1.6 Six-Sigma – Auftragsorientierte Einzelfertigung
5.2 Einsatz und Nutzen der QM-Strategien bei marktorientierter Massenfertigung
5.2.1 Vorbemerkungen
5.2.2 Kaizen – Marktorientierte Massenfertigung
5.2.3 Poka-Yoke – Marktorientierte Massenfertigung
5.2.4 Prozesswirkungsgradanalyse – Marktorientierte Massenfertigung
5.2.5 Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse – Marktorientierte Massenfertigung
5.2.6 Six-Sigma – Marktorientierte Massenfertigung
5.3 Einsatz und Nutzen der QM-Strategien bei Mass-Customization
5.3.1 Vorbemerkungen
5.3.2 Kaizen – Mass-Customization
5.3.3 Poka-Yoke – Mass-Customization
5.3.4 Prozesswirkungsgradanalyse – Mass-Customization
5.3.5 Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse – Mass-Customization
5.3.6 Six-Sigma – Mass-Customization
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Abb. 1.: Die Unternehmensleistung
Abb. 2.: Gesamtmodell: Unternehmerisches Qualitätsverständnis
Abb. 3.: Herausforderungen bei der Optimierung der unternehmerischen Qualität
Abb. 4.: Dichtefunktion und Verteilungsfunktion der Normalverteilung
Abb. 5.: Grundlegende Produktionssituationen
Abb. 6.: Fußballschuh F50-Adizero
Abb. 7.: Beispiel für eine Poka-Yoke-Gestaltungsmaßnahme an einem Bauteil
Abb. 8.: Die vier Prozessleistungsarten und ihre Eigenschaften
Abb. 9.: Fehlerentstehung und Kosten der Fehlerbehebung
Abb. 10.: Zentrierung der Prozesslage und Minimierung der Prozessstreuung
Abb. 11.: Kaizen – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 1
Abb. 12.: Poka-Yoke – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 1
Abb. 13.: Prozesswirkungsgradanalyse – Einsatz und beim Produktionstyp 1
Abb. 14.: FMEA – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 1
Abb. 15.: Six-Sigma – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 1
Abb. 16.: Kaizen – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 2
Abb. 17.: Poka-Yoke – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 2
Abb. 18.: Prozesswirkungsgradanalyse – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 2
Abb. 19.: FMEA – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 2
Abb. 20.: Six-Sigma – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 2
Abb. 21.: Kaizen – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 3
Abb. 22.: Poka-Yoke – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 3
Abb. 23.: Prozesswirkungsgradanalyse – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 3
Abb. 24.: FMEA – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 3
Abb. 25.: Six-Sigma – Einsatz und Nutzen beim Produktionstyp 3
Abb. 26.: Anwendbarkeit der QM-Strategien bei den drei (Ideal-)Produktionstypen
Neben den Wettbewerbsfaktoren „Kosten“ und „Zeit“ hat in den letzten Jahren die „Qualität“, der dritte Wettbewerbsfaktor des sog. magischen Dreiecks der Betriebswirtschaftslehre, zunehmend an Bedeutung gewonnen und sich zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor entwickelt. In der einschlägigen Literatur werden viele Wege und Vorgehensweisen zur Steigerung der Qualität ausführlich diskutiert. Allerdings werden die mit den unterschiedlichen Strategien und Methoden des Qualitätsmanagements verbundenen Potentiale im Allgemeinen unabhängig von Wirtschaftsbereichen und -abschnitten vorgestellt und so (unbewusst) der Anschein erweckt, dass diese einen universellen Charakter haben und in jedem Betrieb Anwendung finden können. Einige Autoren äußern sogar bewusst, dass die von ihnen propagierten Methoden und Strategien universell einsetzbar sind, wie beispielsweise Töpfer/Günther: „Lean Six Sigma ist auf alle Prozesse anwendbar.“[1] Das Statistische Bundesamt zählt in ihrem statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 insgesamt 43.738 Betriebe[2] des verarbeitenden Gewerbes.[3] Jeder dieser Betriebe verfügt über einen ausgeprägten Individualcharakter – unter anderem geschuldet durch betriebsindividuelle Leistungsprogramme und historisch gewachsene Strukturen – und stellt so ein Unikat dar. Dieser Sachverhalt macht deutlich, dass die einzelnen Betriebe unterschiedliche „Einsatzbedingungen“ hervorrufen, welche evtl. die Anwendung von manchen Strategien des Qualitätsmanagements zur Prozessoptimierung und Qualitätssteigerung einschränken oder gar gänzlich ausschließen können. Die vorliegende Bachelor-Thesis möchte Anhaltspunkte über den Einsatz und Nutzen ausgewählter Strategien des Qualitätsmanagements zur Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung bei unterschiedlichen Betriebstypen geben. Die der Arbeit zugrunde liegende Forschungsfrage lautet:
Inwieweit lassen sich die Strategien und Methoden von „Kaizen“, „Poka-Yoke“, „Prozesswirkungsgradanalyse“, „Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse“ und „Six-Sigma“ zur Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung bei Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, bezogen auf den Leistungs-erstellungsprozess, anwenden?
Die Forschungsfrage wird im nachfolgenden Abschnitt operationalisiert und der Untersuchungsverlauf in prägnanter Form erörtert.
Zur Beantwortung der obigen Forschungsfrage ist es notwendig die unterschiedlichen Strategien und Methoden von Kaizen, Poka-Yoke, Prozesswirkungsgradanalyse, Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse und Six-Sigma ausführlich auf ihre Denk- und Vorgehensweisen hin zu untersuchen.[4] Des Weiteren ist zu klären, was unter den Fachbegriffen „Betrieb“ und „verarbeitendes Gewerbe“ zu verstehen ist. Außerdem gilt es die Fachbegriffe „Qualität“ und „Prozess“ aufgrund ihrer zentralen Rolle zu definieren sowie ihre wesentlichen Eigenschaften zu erörtern, was zudem zu einem einheitlichen Begriffsverständnis führt. Aufgrund der Vielfältigkeit der Betriebe und ihrem extrem hohen Individualitätscharakter, sollen im Rahmen dieser Bachelor-Thesis zur Beantwortung der Forschungsfrage keine konkreten Betriebe betrachtet und analysiert werden, sondern vielmehr durch eine realitätsvereinfachende Modellbetrachtung unter Zuhilfenahme von (Ideal-)Produktionstypen Anhaltspunkte für den Einsatz und Nutzen der QM-Strategien bei Betrieben des verarbeitenden Gewerbes gewonnen werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit die (Ideal-)Produktionstypen herzuleiten und auf ihre Merkmale und Merkmalsausprägungen hin zu analysieren. Die Klärung der Forschungsfrage soll dabei durch schlüssige Überlegungen und anhand der Merkmalsausprägungen der (Ideal-)Produktionstypen erfolgen. Der hohe Abstraktionsgrad, der durch das Heranziehen der realitätsvereinfachenden Produktionstypen entsteht, soll bei der Diskussion bezüglich der Anwendbarkeit der QM-Strategien durch einen gezielten Rückgriff auf zahlreiche Beispiele stellenweise aufgehoben werden, um eine bessere Nachvollziehbarkeit der Ausführungen und Überlegungen zu gewährleisten und einen Praxisbezug sicherzustellen.
Die Bachelor-Thesis umfasst insgesamt sechs Kapitel. Nachfolgend wird der Untersuchungsverlauf kurz beschrieben und auf die wesentlichen Inhalte der einzelnen Kapitel eingegangen. In Kapitel 2 wird ein unternehmerisches Qualitätsverständnis hergeleitet und der Fachbegriff „Qualität“ definiert. Auf Basis des unternehmerischen Qualitätsverständnisses werden drei Gestaltungsfelder der Qualität identifiziert und daraus die drei Dimensionen der Qualität (Produkt-, Prozess- und Systemqualität) abgeleitet. Des Weiteren wird der Fachbegriff „Prozess“ definiert. Außerdem werden die Prozesse unterschiedlichen Hierarchieebenen zugeordnet, sowie hinsichtlich ihres Beitrags zur Wertschöpfung unterschieden und die Einflussgrößen auf das Prozessverhalten und die Prozessqualität erörtert. In Kapitel 3 wird der Fachbegriff „Betrieb“ definiert sowie die grundsätzlichen Gliederungsmöglichkeiten der Betriebe diskutiert und geklärt, was unter dem verarbeitenden Gewerbe zu verstehen ist. Anschließend werden drei (Ideal-)Produktionstypen hergeleitet und ausführlich auf ihre Merkmale und Merkmalsausprägungen hin analysiert. In Kapitel 4 werden die fünf QM-Strategien ausführlich auf ihre unterschiedlichen Denk- und Vorgehensweisen hin untersucht. Auch wird auf Gemeinsamkeiten hingewiesen und grundsätzliche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz der QM-Strategien werden angesprochen. In Kapitel 5 wird die Anwendbarkeit der fünf QM-Strategien bei den drei (Ideal-)Produktionstypen ausführlich diskutiert. In Kapitel 6 erfolgt eine wertende Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und es wird ein strukturierter und umfassender Überblick über den Einsatz und Nutzen der fünf QM-Strategien bei den drei (Ideal-)Produktionstypen gegeben.
Gewohnt an die Rolle des Konsumenten ist man dazu geneigt, Qualität als ein Satz subjektiv wahrgenommener Produkteigenschaften wie „hochwertig“, „funktional perfekt“ oder „langlebig“ zu definieren. Dieses Qualitätsverständnis ist allerdings sehr unpräzise und greift für eine unternehmerische Sichtweise zu kurz, weshalb nachfolgend, orientierend an den Ausführungen von Pfeifer/Schmitt, ein unternehmerisches Qualitätsverständnis hergeleitet wird.[5] Jedes Unternehmen verfolgt nach dem Grundverständnis der Betriebswirtschaftslehre das Ziel der nachhaltigen Gewinnmaximierung zur Gewährleistung der Unternehmensexistenz. Um Ziele zu erreichen bedarf es Maßnahmen zur zielorientierten Ausrichtung aller dafür notwendigen Aktivitäten. Jedes Unternehmen verfügt demnach über eine Unternehmensausrichtung bestehend aus untereinander abgestimmten Gestaltungsfeldern, wie der Unternehmensmission, -identität, -grundsätzen, -oberzielen etc. Durch Einsatz von entsprechenden Mitteln und Ressourcen sollen unter ökonomischen Gesichtspunkten die anvisierten Ziele bzw. Soll-Zustände realisiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 .: Die Unternehmensleistung
Quelle: in Anlehnung an Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 116
Unter den Unternehmensfähigkeiten werden alle dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen subsummiert, beispielsweise Sach- und Geldmittel, sowie Mitarbeiter mit ihrem Wissen oder eingesetzte Technologien und Methoden. Das Unternehmen muss somit nicht nur ein Ziel erreichen wollen, es sollte auch die Fähigkeiten besitzen, die dafür notwendigen Aktivitäten umzusetzen. Der Deckungsgrad zwischen dem „Wollen“ und dem „Können“ ist die Unternehmensleistung (siehe obige Abbildung). Unter diesen Begriff fallen alle Produkte und Dienstleistungen, die am Markt angeboten und dort abgesetzt werden. Die Unternehmensleistung muss sich am Markt mit seinen Forderungen gegenüber dem Unternehmen messen lassen. Denn nur weil ein Unternehmen etwas will und es auch noch kann, ist das nicht gleichbedeutend, dass es dies auch soll. Aus diesen Überlegungen lässt sich unternehmerische Qualität wie folgt definieren: Unternehmerische Qualität ist der gegenwärtige Überdeckungsgrad von Marktforderungen, der Unternehmensausrichtung und den Unternehmensfähigkeiten. Oder: Unternehmerische Qualität ist der gegenwärtige Überdeckungsgrad von der tatsächlich erbrachten Unternehmensleistung mit expliziten oder impliziten Marktforderungen. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht diesen Sachverhalt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 .: Gesamtmodell: Unternehmerisches Qualitätsverständnis
Quelle: in Anlehnung an Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 116
Dieses Qualitätsverständnis verleiht der Qualität einen mehrdimensionalen Charakter und ermöglicht die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven für eine differenziertere Gestaltung bzw. Verbesserung dieser. Qualität muss gezielt erzeugt werden und nicht „erprüft“ und wird dadurch zur Managementaufgabe. Das Qualitätsmanagement (QM) umfasst somit, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, die Gesamtheit aller Aktivitäten zur Sicherstellung und Verbesserung der unternehmerischen Qualität.[6] An dieser Stelle sei erwähnt, dass Begriffe und Definitionen längerfristig einem zeitlichen Bedeutungswandel[7] unterliegen, welche durch unterschiedliche kulturellgeschichtliche Ereignisse[8] hervorgerufen werden. Auch der Begriff „Qualität“ kann sich diesem Effekt nicht entziehen und ist dadurch immer ein Spiegel der Gesellschaftsentwicklung.[9]
Aus den oben erläuterten Überlegungen ergeben sich zur Optimierung der unternehmerischen Qualität drei Gestaltungsfelder. Dabei lassen sich je nach Konstellation dieser – nach dem hier zugrunde liegenden Modell – drei Herausforderungen ableiten. Eine dieser Herausforderung besteht darin, die Marktforderungen bzw. die Kundenerwartungen an die Unternehmensleistung aus Kundensicht zu identifizieren und diese entsprechend auf ein (neues) Produkt[10] zu übertragen. Eine weitere Herausforderung liegt in der strategischen (Neu-) Ausrichtung eines Unternehmens. Im Extremfall – beispielsweise aufgrund einer Diversifikation (horizontal, vertikal oder lateral) – könnte dies zu einer völligen Änderung der Unternehmensmission, -identität und -grundsätze führen, welche auf einander abgestimmt werden müssen, sodass ein in sich stimmiges Gesamtkonzept vorliegt. Die letzte Fallkonstellation bzw. Herausforderung bezieht sich auf mangelnde Unternehmensfähigkeiten und dem Scheitern an der (fehlerfreien) technologischen Umsetzung eines (neuen) Produktes. Die folgende Abbildung stellt die eben erläuterten Fallkonstellationen grafisch dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 .: Herausforderungen bei der Optimierung der unternehmerischen Qualität
Quelle: eigene Darstellung
Diese Gestaltungsfelder bzw. Herausforderungen lassen sich durch die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven gezielt bearbeiten. Jede Perspektive legt dabei einen Fokus auf eine bestimmte Dimension der Qualität. Die Marktperspektive konzentriert sich auf die Marktforderungen und damit verbunden die Zufriedenstellung der Kunden durch eine entsprechende Unternehmensleistung. Um eine hohe Kundenzufriedenheit generieren zu können, darf keine große Diskrepanz zwischen den Kundenerwartungen und der wahrgenommenen Leistung herrschen, da ansonsten eine Enttäuschung der Kunden eintreten würde, welche zur Unzufriedenheit dieser führen könnte.[11] Indem der Kunde so früh wie möglich in den Produktentwicklungsprozess eingebunden wird, soll dieser Effekt vermieden werden.[12] Der Fokus liegt demnach auf der Produktqualität (erste Dimension). Nach Garvin setzt sich die Produktqualität aus acht bzw. – durch Pfeifer/Schmitt modifiziert – neun „Teilqualitäten“ zusammen, die gleichzeitig Kategorien darstellen, denen der Großteil der Kundenanforderungen und -erwartungen (allg. Marktforderungen) zugeordnet werden kann:[13]
- Leistung / Gebrauchsnutzen - Nachhaltigkeit - Lebensdauer
- Ausstattung - Serviceleistung - Konformität
- Zuverlässigkeit - Ästhetik - Qualitätsimage.
Es ist darauf zu achten, dass kein „customer-mismatch“, ein Produkt mit unzureichenden Eigenschaften oder im gegenteiligen Fall „over-engineering “, ein Produkt mit zu vielen ungenutzten Eigenschaften entsteht. Ersteres wird von Kunden hart „bestraft“, da die Unzufriedenheit aufgrund der unzureichenden Eigenschaften des Produktes hoch ist und deshalb die wahrgenommene Produktqualität entsprechend gering ausfällt. Das „over-engineering“ wird hingegen von den Kunden zwar durchaus als positiv wahrgenommen, sie sind aber nicht bereit diese „unnützen“ Zusatzleistungen, welche sich oft in einem höheren Produktpreis widerspiegeln, zu honorieren. Das „optimale“ Ergebnis ist ein Produkt mit einem wettbewerbsfähigen Preis, welches so ausgestaltet ist, dass der Kunde eine positive Gesamtwahrnehmung erfährt, es seinen Erwartungen entspricht, er dadurch zufriedengestellt wird und das Produkt deshalb als qualitativ hochwertig ansieht.[14]
Für das gezielte Erzeugen von Qualität ist eine effektive Organisation unerlässlich. So müssen unzählige qualitätsrelevante Informationen erfasst, analysiert, verdichtet und weitergeleitet werden. Daraus sind koordinierte Maßnahmen zu bestimmen und zu dokumentieren, zu deren Umsetzung es einer Definition von Zuständigkeiten bedarf etc.[15] Wie die Unternehmensausrichtung mit ihren Ausprägungen gestaltet werden muss, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Gestaltung einer begeisternden Unternehmensleistung ermöglichen, kann durch die Einnahme der Führungsperspektive beantwortet werden.[16] Im Mittelpunkt liegt dabei die Errichtung eines funktionsfähigen Qualitätsmanagementsystems. Vereinfacht ausgedrückt gilt es, auf der strategischen Ebene Voraussetzungen zu schaffen, damit auf der operativen Ebene die „richtigen Dinge getan“ werden. Der Fokus liegt hierbei auf der sog. Systemqualität (zweite Dimension).[17] Ob allerdings die Unternehmensfähigkeiten genügen, sprich die Dinge „richtig gemacht“ werden, lässt sich nur mit Einnahme der Betriebsperspektive betrachten. Sie setzt den Fokus auf die Prozessqualität (dritte Dimension). Mittels vorbeugender, überwachender und korrigierender Tätigkeiten ist dabei die Prozessqualität zu sichern und zu steigern, da nur dadurch eine gleichbleibend hohe Produktqualität gewährleistet werden kann.[18] Im nachfolgenden Abschnitt wird aufgrund der zentralen Rolle der Prozesse zur Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses der Fachbegriff „Prozess“ definiert und ausführlich auf wichtige Eigenschaften von Prozessen eingegangen.
Fischermanns beschreibt einen Prozess als: Eine Struktur von durch eine logische Folgebeziehung verknüpften Elementen, die – ausgelöst durch ein Startereignis – dazu dient, ein nutzenbringendes Ergebnis für einen Kunden zu schaffen und durch zeitliche, räumliche und mengenmäßige Dimensionen bestimmt wird.[19] Diese Prozessdefinition umfasst fünf wesentliche Bestandteile:
- Ein Prozess besteht aus Elementen mit Folgebeziehungen
- Ein Prozess hat ein Startereignis und ein Ergebnis
- Ein Prozess ist wertschöpfend
- Ein Prozess hat (mindestens) einen Kunden
- Ein Prozess wird von Dimensionen konkretisiert.
Aufgaben stellen die wesentlichen Elemente eines Prozesses dar. Nach der Organisationslehre sind Aufgaben dauerhafte Aufforderungen Verrichtungen an bestimmten Objekten durchzuführen, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Aufgaben bestimmen mit ihren spezifischen Ausprägungen die zur Aufgabenerfüllung notwendige Ausprägung der weiteren Prozesselemente, wie die Aufgabenträger, die die Aufgaben erledigen sowie die Sachmittel und die Informationen, die zur Erledigung der Aufgaben benötigt werden.[20] Im Mittelpunkt steht dabei die sachlich bedingte Reihenfolge (logische Folgebeziehung) der Aufgaben. Dabei können drei Ausprägungen einer logischen Folgebeziehung von Aufgaben unterschieden werden. Muss eine Aufgabe erst komplett abgeschlossen sein, bevor die nachfolgende begonnen werden darf bzw. kann, so handelt es sich um eine sog. Und-Nacheinander Folgebeziehung. Ist eine gleichzeitige Bearbeitung von Aufgaben erlaubt, so wird unter dieser Bedingung von einer Und-Nebeneinander Folgebeziehung gesprochen. Eine Oder-Neben-einander Folgebeziehung ist vorhanden, wenn mindestens zwei alternative Aufgaben gegeben sind, auf denen der Prozess „entweder oder“ fortgeführt werden kann.[21] Der zuletzt genannte Folgebeziehungstyp führt zu einer Verästelung des Prozesses, mit einem sog. Hauptast („Routine- bzw. Normalfall“) und Nebenästen („Sonderfälle“). Daraus resultieren viele Wege (Prozessvarianten), auf denen ein Prozess durchlaufen werden kann.[22]
Kunden eines Prozesses sind sowohl alle unternehmensinternen, als auch -externen Organisationseinheiten oder Personen, die eine Leistung von diesem empfangen.[23] Unternehmensinterne und -externe Kunden werden nachfolgend allgemein unter dem Begriff Prozesskunden subsummiert. Das Wort „Leistung“ impliziert, dass das Ergebnis eines Prozesses für den Prozesskunden von Nutzen und somit der Prozess wertschöpfend sein muss, da es sich ansonsten um eine Verschwendung von wertvollen Ressourcen handeln würde. Die zeitliche Dimension eines Prozesses bestimmt die Zeitpunkte und Zeiträume, an denen der Prozess stattfindet sowie seine Zeitdauer. An welchen Orten bzw. Arbeitsplätzen die Aufgaben eines Prozesses erfüllt werden, wird durch die räumliche Dimension beschrieben. Die mengenmäßige Dimension gibt an, wie oft ein Prozess in einem bestimmten Zeitraum stattfindet.[24] Prozesse können auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden, um dadurch verschiedene Detailgrade zu erhalten. In der Literatur existieren nebeneinander viele unterschiedliche Vorschläge zur Bildung von Hierarchieebenen. Allen gemein ist, dass Hauptprozesse in Teilprozesse zerlegt werden, die wiederum in einzelne Prozessschritte (Arbeitsabläufe) untergliedert werden können, wobei definitionsgemäß die Aufgaben die letzte Gliederungsebene darstellen.
Prozesse können nicht nur unterschiedlichen Hierarchieebenen zugeordnet werden, vielmehr ist auch eine differenzierte Betrachtung der Prozesse hinsichtlich ihres Beitrags zur Wertschöpfung möglich. So unterteilt das von Porter entwickelte Wertschöpfungskettendiagramm Prozesse hinsichtlich primärer und sekundärer Wertschöpfungsaktivitäten. Die Primäraktivitäten umfassen bei einem (Industrie-)Betrieb die Beschaffungs- und Distributionslogistik, die Produktion, das Marketing und den Vertrieb sowie den Kundenservice und dienen der direkten Befriedigung der Kundenwünsche. Die Sekundäraktivitäten hingegen erfüllen eine Unterstützungsfunktion und dienen der Aufrechterhaltung der Primäraktivitäten. Dazu zählen die Unternehmensinfrastruktur, die Personalwirtschaft, die Technologieentwicklung und der Einkauf.[25]
Fischermanns differenziert mittels des FAU-Prozessmodells die Sekundäraktivitäten noch einmal, sodass sich eine branchenneutrale Dreiteilung der Prozesse in Führungs-, Ausführungs-, und Unterstützungsprozesse ergibt.[26] Die Wertschöpfung erfolgt in den sog. Ausführungsprozessen. Zu dieser Prozesskategorie zählen der Akquisitions- und Verkaufsprozess, der Leistungserstellungsprozess, der Kundenserviceprozess und der Entwicklungsprozess. Die Ausführungsprozesse zielen auf eine effiziente Herstellung kundenbedürfnisgerechter Produkte ab. Hauptaufgabe der Unterstützungsprozesse ist die Bereitstellung der sog. Grundressourcen (Personal, Kapital, Material, Betriebsmittel und Informationen), sodass die Ausführungs-, aber auch die Führungsprozesse reibungslos funktionieren. Dadurch sind die Unterstützungsprozesse indirekt an der Wertschöpfung beteiligt. Die Koordination und die übergreifende Lenkung der Ausführungs- und Unterstützungsprozesse übernehmen die Führungsprozesse. Im Rahmen dieser Bachelor-Thesis erfolgt die Bewertung der Anwendbarkeit der in dieser Arbeit betrachteten Strategien und Methoden des Qualitätsmanagements zur Qualitäts- und Prozessoptimierung ausschließlich bezogen auf den Leistungserstellungsprozess.
[...]
[1] Töpfer, A./Günther, S. (2009), S. 5.
[2] Betriebe von Unternehmen mit im Allgemeinen 20 tätigen Personen oder mehr, einschließlich Handwerk.
[3] Vgl. Statistisches Bundesamt (2012), S. 535.
[4] Eine strikte Trennung der Begriffe „Kaizen“, „Poka-Yoke“, „Prozesswirkungsgradanalyse“, „Fehler- Möglichkeits-und Einflussanalyse“ und „Six-Sigma“ in Strategien, Methoden, Techniken oder Instrumente des Qualitätsmanagements wird in dieser Bachelor-Thesis nicht vollzogen, da eine eindeutige Zuordnung dieser ohnehin nicht möglich ist. Die Begriffe werden daher unter dem Terminus „QM-Strategien“ (Qualitätsmanagement-Strategien) subsummiert.
[5] Vgl. Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 113-122.
[6] Vgl. Benes, G./Groh, P. (2012), S. 91.
[7] Ausführlich dazu Keller, R./Kirschbaum, I. (2003).
[8] Darunter fallen geänderte Wertevorstellungen der Menschen, die Errungenschaften neuer Technologien oder wirtschaftliche Phänomene wie ein Marktwandel weg von einem Herstellermarkt hin zu einem Kundenmarkt.
[9] Vgl. Benes, G./Groh, P. (2012), S. 34.
[10] Da die Kernaussagen durch eine differenziertere Betrachtung von Sach- und Dienstleistungen unberührt bleiben, wird im weiteren Text auf eine Unterscheidung verzichtet und primär von Produkten gesprochen.
[11] Vgl. Rothlauf, J. (2010), S. 135.
[12] Vgl. Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 152f.
[13] Vgl. Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 160ff.
[14] Vgl. Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 143.
[15] Vgl. Benes, G./Groh, P. (2012). S. 101.
[16] Vgl. Pfeifer, T./Schmitt. R. (2010), S. 271.
[17] Vgl. Benes, G./Groh, P. (2012), S. 98.
[18] Vgl. Benes, G./Groh, P. (2012), S. 139.
[19] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 12.
[20] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 16f.
[21] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 17.
[22] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 227f.
[23] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 15.
[24] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 18.
[25] Vgl. Porter, M. (1989), S. 57-92.
[26] Vgl. Fischermanns, G. (2012), S. 99ff.
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