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Diplomarbeit, 2012
72 Seiten, Note: 3,0
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Weg des Euro
2.1. Die europäische Währungsunion (EWU)
2.2. Warum eine einheitliche Währung?
2.3. Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP)
3. Die „Eurokrise“ – Wie alles begann
3.1. Gründe der Krise
3.2. Krisenstaaten im Überblick
3.2.1. Griechenland
3.2.2. Irland
3.2.3. Portugal
3.2.4. Italien
3.2.5. Spanien
3.2.6. Zypern
4. Maßnahmen gegen die Krise
4.1. EU Rettungsmaßnahme „Euro-Rettungsschirm“
4.1.1. 1. Griechenland-Hilfspaket
4.1.2. Problem: Nichtbeistandsklausel
4.1.3. Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)
4.1.4. Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)
4.1.5. Fiskalpakt
4.1.6. Schuldenschnitt für Griechenland
4.1.7. Europäische Bankenunion
4.2. Maßnahmen der Krisenländer
4.2.1. Griechenland
4.2.2. Irland
4.2.3. Portugal
4.2.4. Italien
4.2.5. Spanien
4.2.6. Zypern
5. Meinungen und weitere Vorschläge zur „Eurokrise“
5.1.1. Harald Langenfeld, Vorstand der Sparkasse Leipzig
5.1.2. Hinrich Holm, Vorstand der Norddeutschen Landesbank
5.1.3. Hans-Werner Sinn, Chef des Instituts für Wirtschaftsförderung
5.1.4. IWF
5.1.5. Mario Draghi, Chef der EZB
5.1.6. Jens Weidmann, Präsident der deutschen Bundesbank
6. Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Anhang IV
Anhang V
Eidesstattliche Versicherung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Wort „Krise“ stammt aus dem Griechischen und leitet sich aus dem Verb krínein ab. „Krise“ bedeutet: schwierige Lage, Situation, Zeit [die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt]; Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung.[1]
Aktuell wird dieses Wort heutzutage oft in Verbindung mit der europäischen Währung Euro gebracht.
Nach Beruhigung einer schweren Finanzkrise in den USA im Jahre 2007, wurde im Jahr 2009 eine Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone sichtbar. Zu sehen war dies vorerst nur an Griechenland, welches hoch verschuldet war und um finanzielle Hilfe der EU und des IWF bat, um eine Staatsinsolvenz zu vermeiden.
Nach Griechenland gab auch nun Irland und Portugal bekannt, ihre Schulden nicht mehr alleine bezahlen zu können. Auch Italien hat ein hohes Maß an Staatsschulden, doch bis zum heutigen Zeitpunkt kann Italien noch ohne Hilfe der EU seine Schulden bedienen. Spanien zog hinterher, sowie letztendlich auch Zypern. Es zählen somit also mittlerweile sechs Euro-Staaten als sogenannte Krisenstaaten und es ist noch nicht abzusehen, ob eventuell weiter Länder der EU folgen werden.
Um der „Eurokrise“ entgegenzuwirken wurden mehrere sogenannte Rettungsschirme verabschiedet. Darunter zählen Das erste Griechenland-Hilfspaket, die 2010 eingerichtete europäische Finanzstabilisierungsfazilität ESFS, der Vertrag zum europäischen Stabilitätsmechanismus, die Einführung eines weiteren Vertrages zur Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalpakt), eine Einführung einer zentralen Bankenaufsicht in der EU und ein Schuldenerlass für Griechenland. Einige dieser Rettungsschirme wurden bereits in Kraft gesetzt, über andere wird in Zukunft noch entschieden werden.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Entstehung der „Eurokrise“. Es werden Gründe der Krise aufgezeigt und die Lage der betroffenen Staaten beschrieben. Auch die oben genannten getroffenen und geplanten Rettungsmaßnahmen werden genauer dokumentiert. Weiterhin werden Meinungen und weitere Vorschläge von Forschungsinstituten, Banken und internationalen Organisationen zur Eurokrise vorgestellt.
Die derzeitige „Eurokrise“ ist ein aktuelles Thema.
Die europäische Gemeinschaftswährung ist angeschlagen und die hohen Schulden einiger EU-Länder geben den Anschein, dass die Währung Euro in Gefahr ist. Somit wird die Frage gestellt, ob diese Strategien ausreichend sind, um die Krise zu bewältigen oder, ob vielleicht einige Länder aus der Euro-Zone austreten sollten oder die Währung Euro insgesamt vielleicht zum Scheitern verurteilt ist.
Dieses Kapitel soll einen kleinen geschichtlichen Einblick in Bezug auf die Entstehung des Euro bzw. der europäischen Währungsunion und dem daraus entstandenen Stabilitäts- und Wachstumspakt schaffen.
Die europäische Währungsunion, kurz für europäische Wirtschafts- und Währungsunion, ist eine Vereinigung von europäischen Staaten auf dem Gebiet der Geld- und Währungspolitik.
Eine einheitliche europäische Währung war schon seit längerem geplant bzw. bereits eine Idee von vielen Regierungsmitgliedern, die aber bisher nicht durchgesetzt werden konnte.
Mit Unterzeichnung im Jahr 1992 und Verabschiedung im Bundestag im Jahr 1993 des Vertrages von Maastricht ist diese Idee nun in die Tat umgesetzt worden, denn der wichtigste Teil dieses Vertrages betrifft die Einführung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, d. h. eine gemeinsame Währung für europäische Staaten. Diese Einführung erfolgte später in 3 Stufen:[2]
- 1998 - Einigung über die Teilnehmer der EWWU und über die Umrechnungskurse
- 1999 - Einführung der Gemeinschaftswährung Euro als Verrechnungs- und Buchgeld
- 2001 - Umtausch der Währung als Bargeld
Elf europäische Staaten machten den Anfang und errichteten die EWU im Jahr 1999: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien.
Bis zum heutigen Zeitpunkt sind sechs weitere Staaten hinzugekommen: Griechenland (2001), Slowenien (2007), Malta und Zypern (2008), Slowakei (2009) und Estland (2011).
Die restlichen Staaten der EU, die den Euro noch nicht eingeführt haben, sind grundsätzlich verpflichtet, der EWU beizutreten, sobald sie die im EG-Vertrag festgelegten Konvergenzkriterien (Preisstabilität, Höhe der langfristigen Zinsen, Haushaltsdisziplin und Wechselkursstabilität) erfüllen. Dänemark und Großbritannien haben eine Sonderstellung ausgehandelt („Opting-out-Klausel“). Beide Länder können selbst entscheiden, ob sie der Währungsunion beitreten, wenn sie die Konvergenzkriterien erfüllen.[3]
Alle Länder, die den Euro als Währung eingeführt haben, bezeichnet man auch Euro-Zone.
Die Einführung des Euro ist ein Ergebnis einer ca. 40jährigen währungspolitischen Diskussion. Im Jahr 2002 war es dann endlich soweit und für ca. 300 Millionen Menschen in Europa wurde der Euro zum Zahlungsmittel.
In Deutschland beispielsweise, wurde die stabile D-Mark abgelöst, in Griechenland die Drachme oder in Spanien die Peseten. Aufgrund der immer stärker zunehmenden wirtschaftlichen Integration des europäischen Kontinents, musste etwas getan werden. Es war zu befürchten, dass eine europäische Währungsunion mit den vielen verschiedenen Währungen nicht haltbar gewesen wäre.[4]
Eine entscheidende Überlegung zur Einführung des Euro war auch die Förderung der gesamteuropäischen Einheit.
Somit sollte durch die Einführung des Euro der Binnenmarkt gestärkt, der Warenverkehr in und zwischen den einzelnen Ländern vereinfacht, Geldwechselkosten und Kursschwankungen beseitigt und die Geldwertstabilität in Europa gefördert werden (der Euro ist mittlerweile die zweitwichtigste Währung, neben dem Dollar, in der Weltwirtschaft).
Durch die Einführung des Euro soll den Menschen auch die Möglichkeit gegeben worden sein, sich leichter in Europa zu bewegen. Der Euro also bringt viele Vorteile mit sich.
Natürlich gibt es aber auch Nachteile, wie zum Beispiel, dass im Falle einer Staatsverschuldung eines Landes, andere Länder der Eurozone Bürgschaften für das verschuldete Land abgeben müssen.
In den ersten Jahren wurde der Euro gerne als „Teuro“ von der Wirtschaft und den Verbrauchern bezeichnet und die Menschen hatten Angst vor einer Inflation. Vieles ist entsprechend teurer geworden, doch es gibt den Unterschied zwischen gefühlter und tatsächlicher Inflation.
Einige Güter sind sichtlich teurer geworden nach Einführung des Euro, doch dies sind solche Güter, deren Preise im Fokus der Öffentlichkeit stehen (z. B. Gaststätten), gleichzeitig sind jedoch die Preise der Güter kaum gestiegen, die im Alltag weniger wahrgenommen werden (wie Mieten, Strom, Wasser). Das Risiko einer Inflation war vor Einführung des Euro im Durchschnitt höher als heute.[5]
Hier ein Vergleich der Verbraucherpreisänderung vor und nach Einführung des Euro in Deutschland: (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der SWP ist ein Übereinkommen für die Koordinierung der nationalen Finanzpolitik in der EWWU. Ziel dieses Paktes ist, solide öffentliche Finanzen, die eine wichtige Voraussetzung für das fehlerlose Funktionieren der EWWU sind, zu garantieren.
Der Pakt beinhaltet zwei Komponenten. Zum einen die präventive Komponente
(Die Mitgliedstaaten müssen jährlich Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme vorlegen. Diese legen offen, wie sie mittelfristig, unter Berücksichtigung der drohenden Auswirkungen des Alterns der Bevölkerung auf den Haushalt, eine solide Haushaltslage erreichen oder zu sichern beabsichtigen können.) und zum anderen die korrektive Komponente (Ein sog. „Defizitverfahren“, ein Verfahren bei übermäßigem Haushaltsdefizit, welches bei Überschreitung von der festgelegten Haushaltsdefizitgrenze von 3% des BIP eingeleitet wird.).[6]
Der SWP wurde in naher Vergangenheit neu reformiert. Die neue Reform des SWP soll für die Zukunft sicherstellen, dass mehr Budgetdisziplin nicht nur gefordert, sondern auch tatsächlich durchgesetzt wird. Nun kann ein „Defizitverfahren“ schon eingeleitet werden, wenn das Mittelfristziel eines ausgeglichenen Haushalts eines Staates nicht erreicht wird und, wenn die Gesamtschulden eines Landes zu hoch sind (Mitgliedstaaten mit einer Schuldenquote von über 60% des BIP sind künftig verpflichtet, jährlich 1/20 des über dieser Grenze liegenden Teils der Quote abzubauen, bis ihre Schulden nur noch 60% der Wirtschaftsleistung des Landes betragen). Weiterhin wurde vereinbart, dass Sanktionen früher eingesetzt, schneller greifbar, umfassender und quasi automatisch vollzogen werden.[7]
Eine Reformierung des SWP war notwendig, da dieser in seiner bisherigen Form eine Staatsschuldenkrise in einigen EU-Ländern nicht verhindern konnte.
Eine Vielzahl von Mitgliedstaaten verstößt derzeit gegen die Maastricht-Kriterien, sowohl beim jährlichen Haushaltsdefizit als auch bei der Gesamtverschuldung. Somit mussten „Defizitverfahren“ gegen diese Staaten eingeleitet werden. Im Februar 2009 leitete die EU-Kommission „Defizitverfahren“ gegen die fünf Euro-
Länder Frankreich, Spanien, Irland, Griechenland und Malta, sowie das Nicht-Euro-Land Lettland ein.
Weitere Verfahren folgten im Sommer 2009 gegen Polen, Rumänien und Litauen und auch das Defizitverfahren gegen Ungarn wurde verlängert. Weiterhin wurden auch am 7. Oktober 2009 Defizitverfahren gegen Deutschland, Österreich, Belgien, Italien, die Niederlande, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Tschechien eröffnet. Somit hatten 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht mehr erfüllt.[8]
Im Folgenden Abschnitt werden Gründe für die Entstehung der „Eurokrise“ genannt. Weiterhin wird der Zustand bzw. die damalige und aktuelle Lage einiger Krisenländer beschrieben.
Zunächst ist aber noch anzuführen, dass die Bezeichnung „Eurokrise“ fachlich gesehen nicht richtig ist, da sich die Währung Euro nicht in einer Krise befindet.
Tatsächlich ist es so, dass es sich hier um eine Staatsschuldenkrise einiger Länder handelt. Das Wort „Eurokrise“ ist nur eine Alternativbezeichnung. Die Länder, die sich in solch einer Staatsschuldenkrise befinden, sind jene Länder, die den Euro eingeführt haben und somit wurde die Bezeichnung „Eurokrise“ ein Synonym für die Staatsschuldenkrise für einige Länder der Euro-Zone. Dies lässt sich in den kommenden Abschnitten auch herauslesen.
Für die Entstehung der „Eurokrise“ kann es gewiss viele Gründe geben.
Wer oder was ist an der derzeitigen „Eurokrise“ schuld? Haben die verschuldeten Staaten vielleicht falsch gewirtschaftet und gaben mehr Geld aus als sie hatten? Haben sie das Geld falsch angelegt? Ist der Kapitalismus, die Staatspolitik oder das Finanzsystem schuld? Wo ist das Geld der Staaten geblieben? Oder ist vielleicht sogar die Einführung des Euro schuld an dieser Misere?
Der Grund der „Eurokrise“ wirft viele Fragen auf.
Hierzu zum Beispiel die Theorie des Herrn Max Otte, Ökonom, Professor für allgemeine und internationale Betriebswirtschaftslehre und Leiter des 2003 von ihm gegründeten Instituts für Vermögensentwicklung (IFVE).[9]
Er verweist darauf, dass es sich bei der derzeitigen „Eurokrise“ nicht um eine solche Krise in dem Sinne handelt, sondern um eine Bankenkrise. Im Herbst 2008 erlebte die Weltwirtschaft eine erschütternde Finanzkrise, wobei es schien, dass das Geld- und Bankensystem völlig zusammenbrechen würde. Durch rasch geschnürte staatliche Rettungsprogramme wurde dies aber „vorläufig“ verhindert.
Nach diesem Schrecken wäre eine Reform des Finanzsektors notwendig wesen, doch dies fand nicht statt. Folglich ging es in der Finanzwirtschaft weiter wie bisher. Die zivile Weltmacht besteht aus einer Finanzoligarchie, d. h. aus Investmentbanken, Hedgefonds, Schattenbanken, Ratingagenturen und weiteren Akteuren. Dabei sind diese unregulierten Finanzmärkte höchst gefährlich, da Spekulation die Realwirtschaft massiv schädigen kann. Ein Staat gibt z. B. Anleihen aus, wobei sie Investmentbanken beraten, zu welchen Konditionen ein solches Wertpapier angelegt werden kann. Die Bank bringt also Anbieter (z.B. Investmentgesellschaften) und Nachfrager (Staat) zusammen und kassiert dafür eine Provision. Diese Investmentgesellschaften investieren dann das Vermögen des Staates in Wertpapiere oder Anlageobjekte. Leider passiert es oft, dass diese Investmentgesellschaften mit diesem geliehenen Geld arbeiten, d. h. riskante Wetten eingehen oder an der Börse spekulieren. Sie „verzocken“ sozusagen das Geld Ihrer Anleger. Somit sind die Banken auf die Zahlungen der Anleger angewiesen.
Durch die Einführung des Euro sollte vieles vereinfacht werden, unter anderem auch die Zinskonditionen unter den Ländern der Euro-Zone. Griechenland, Spanien, Portugal und Irland z. B. bekamen auf einmal niedrige garantierte Zinsen. Dies führte dahin, dass immer mehr Kredite zu niedrigen Zinsen aufgenommen wurden und die betroffenen Staaten ihre Zinsen an die Banken weiter abbezahlen konnten bzw. können oder auch ihr Geld in weitere Staatsanleihen[10] investieren.
Als Griechenland bekannt gab zahlungsunfähig zu sein und aus diesem Grund Rettungspakete geschnürt wurden, floss das Geld dieser Rettungspakete in dem Sinne also wieder an die Banken.
Auch weitere Annahmen von Finanzspezialisten beruhen darauf, dass die Staatsschuldenkrise eine Wirkung der Finanzkrise im Jahr 2007 ist und, dass die Banken eine große Mitverantwortung der derzeitigen „Eurokrise“ ist.
Aber natürlich können die Banken nicht der einzige Auslöser der Krise sein. Auch die EU als Gesamtes trägt dazu bei. Finanzexperte Wolfgang Münchau weist darauf hin, dass die EU nicht verstanden habe, welche Dynamik hinter einer Wirtschafts- und Währungsunion steckt und, dass dies Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik der Länder hat. Kein Land musste zum Beispiel bei Einführung des Euro seine politischen Strukturen anpassen. Man einigte sich auf eine legere Vereinbarung mit den EU-Staaten. „Man hätte außerdem von Anfang an eine gemeinsame Finanzpolitik auf den Weg bringen müssen, also eine Fiskalunion“, sagte Münchau.[11]
Die Gründe basieren natürlich nicht nur auf Fremdeinwirkung auf die Krisenstaaten, Im folgenden Gliederungspunkt werden weitere innerstaatliche Gründe der Krisenländer für die Ursachen zur Entstehung der Eurokrise genannt.
Vorab ein Vergleich der Staatsschuld der Euroländer im Jahre 2010:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle:http://logicorum.files.wordpress.com/2011/09/
eu-staatsschuld-per-bip-2010.jpg
An dieser Grafik lässt sich erkennen, dass mehrere Länder gegen die Kriterien des SWP verstoßen, d. h. eine Schuldenquote von über 60 % des BIP aufweisen. In den folgenden Unterpunkten wird beschrieben, was die Ursachen für eine so hohe Staatsverschuldung in den einzelnen Euroländern sind.
Zu Beginn des Jahres 2001 trat Griechenland der Eurozone bei. Griechenland trickste bei den Zahlen, um in die Eurozone aufgenommen zu werden. Dies stellte im Jahre 2004 die Behörde Eurostat[12] fest. US-Banken hatten Griechenland bei der Verschleierung der Zahlen geholfen.[13]
In Griechenland fand 2009 ein Regierungswechsel statt, wobei kurz darauf angegeben wurde, dass das Haushaltsdefizit deutlich höher ist, als die Vorgängerregierung angegeben hatte.
Gegen Griechenland wurde somit ein Defizitstrafverfahren eingeleitet und beschlossen, dass der griechische Haushalt unter EU-Kontrolle zu stellen ist.[14]
Zum einen wurde die Krise dadurch verschärft, weil Spekulanten es ausnutzen, um auf die Kosten der Allgemeinheit gegen Griechenland und gegen den Euro zu spekulieren. Sie trieben die Kosten für die Aufnahme neuer Kredite an den Finanzmärkten dermaßen in die Höhe, dass Griechenland „die Waffen strecken“ musste.
Zum Beispiel musste Griechenland den Anlegern im Jahr 2010 über neun Prozent Rendite[15] bieten, damit Athen seine Staatsanleihen loswurde. Zwei Jahre zuvor waren es noch ca. sieben Prozent. Jeder weitere Prozentpunkt mehr an Zinsen, um Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen, verschlimmert die angespannte Finanzsituation weiter. Kaum noch ein Investor wird den Griechen noch Geld leihen und wenn nur noch gegen sehr hohe Zinsen.[16]
Nach mehrheitlicher Meinung liegen aber die wahrscheinlichsten Hauptgründe für die griechische Finanzkrise in folgenden innergriechischen Ursachen:
- Steuerhinterziehung ( Die Steuerquote 2007, also der Anteil der Steuern am BIP, lag bei 32 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt hingegen bei 40 Prozent. Dies sind geschätzte 30 Milliarden Euro Steuerhinterziehung),
- Schattenwirtschaft (D. h., das Geld wird schwarz erwirtschaftet. Auch hier beläuft es sich auf geschätzte 30 Milliarden Euro)
- Zu hohe Staatsausgaben (Hierbei handelt es sich um überdurchschnittlich hohe Lohnerhöhungen im privaten und öffentlich Bereich, um überdurchschnittlichen Konsum, unterdurchschnittliche Investitionen und hohe Rüstungsausgaben)
- Korruption (Es sind ungenügende Kontrollmechanismen bei Auftragsvergabe des Staates zu verzeichnen)
- Geringe Staatseinnahmen (Hier z. B. Steuersenkungen)
Weitere Gründe für die Krise in Griechenland können auch EU-basierende Ursachen hervorgerufen haben, wie zum Beispiel:[17]
- Unzureichende Sanktions- und Motivationsmechanismen bei Vertragsverletzung (Es gibt keine automatischen Sanktionen für Haushaltssünder)
- Unzureichende Überwachung der Verträge (Es werden keine frühzeitigen Gegenmaßnahmen gefördert und es wird nicht auf die Einhaltung der Verträge bestanden)
- Unzureichende Eingriffsmöglichkeiten in die Fiskal[18] - und Haushaltspolitik der Euroländer
Im April 2010 beantragte die griechische Regierung letztendlich offiziell Finanzhilfe und es wurde öffentlich bekannt, dass sich Griechenland in einer Staatsschuldenkrise befindet.
Nachdem Griechenland offiziell in einer Staatsschuldenkrise steckt und mit einem Milliardenpaket gerettet werden musste, gab nun auch Irland an, nicht mehr zahlungsfähig zu sein.
Im Gegensatz zu Griechenland, welches nach mehrheitlicher Meinung in Deutschland selbst schuld an der Misere ist, durch z. B. zu hohe Löhne, Schummelei und Steuerhinterziehung, war Irland bisher, was dies betrifft, ein Vorzeigeland. Die Gründe für die Zahlungsunfähigkeit des irischen Staates sind somit nicht dieselben wie in Griechenland.[19]
Irland musste zum Beispiel im Vergleich zu Griechenland nach eigenen Angaben erstmal keine neuen Kredite aufnehmen und ist dazu international wettbewerbsfähig, Irland exportiert also mehr Waren ins Ausland als es einführt. Dafür aber haben irische Banken deutlich höhere Schulden bei ausländischen Instituten als griechische Banken. Bei Irland liegen die Hauptgründe somit in erster Linie im irischen Bankensystem.[20]
Im Jahre 2010 wurde dann bekannt, dass die einheimischen Banken Irlands sich am Immobilienmarkt verspekuliert hatten und Irland nach Schätzungen für die Rettung der Banken etwa 50 Milliarden Euro aufbringen musste (Zum Vergleich: Das BIP Irlands beträgt 160 Milliarden Euro). Weiterhin sind die Steuereinnahmen drastisch zurückgegangen. Der irische Staat hatte somit ein sehr hohes Haushaltsdefizit und beantragte im November 2010 Staatshilfen.
Als die Staatsschuldenkrise Irland traf, gab es schon Vermutungen, dass es auch bald Portugal treffen könnte, da das Land ebenso einen hohen Schuldenstand verzeichnete. Durch diesen hohen Schuldenstand sind die Risikoaufschläge der Staatsanleihen für Portugal, ähnlich wie in Griechenland, sehr hoch.
Portugal hat schon Jahrelang mit niedrigen Wachstumsraten zu kämpfen, da es Schwächen in der veralteten Struktur der portugiesischen Wirtschaft gibt. Dafür sind der Dienstleistungssektor und der Tourismus in Portugal von großer Bedeutung. Sie machen einen großen Teil des BIP aus. Doch dies reicht nicht aus, da unter anderem das Problem Arbeit bzw. Lebensstandard besteht. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 76 Prozent des EU-Mittelwertes und nur etwa 14 Prozent der Portugiesen haben einen Hochschulabschluss, weiterhin sind die Lohnstückkosten um 44 Prozent seit Einführung des Euro gestiegen. Trotz dessen leistet sich das Land soziale Wohltaten, die folglich „auf Pump“ finanziert wurden.[21],[22]
Nachdem für Griechenland und Irland Rettungspakete geschnürt wurden und die EU neue Pläne zur Überwindung der Schuldenkrise schaffte, wird in Portugal im Jahr 2010 ein strenger Sparplan beschlossen, um das Haushaltsdefizit bis 2013 auf 2,8 Prozent zu senken und so noch eine Krise abzuwenden.[23]
Dieser Sparplan beinhaltet hauptsächlich Ausgabenkürzungen. Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst sollen gekürzt werden, im Bereich Soziales und Gesundheit sollen Einsparungen durchgesetzt werden, bauliche Maßnahmen werden verschoben bzw. andere Investitionen entfallen komplett und Kommunen und staatseigene Unternehmen dürfen nur noch in Not- und Ausnahmefällen neue Schulden machen. Weiterhin sind höhere Einnahmen vorgesehen, z. B. Steuererhöhungen für „Besserverdiener“ und Einnahmen durch Privatisierung.[24]
Im April 2011 wurde aber bekannt, dass Portugal im vergangenen Jahr ein Haushaltsdefizit von 8,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verbuchen musste, dies sind 1,3 Prozentpunkte mehr, als die Regierung in Lissabon ursprünglich geplant hatte. Dadurch wurde an den Märkten weiteres Misstrauen gegenüber Portugal erweckt und die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen stiegen weiter an. Um Portugal vor einer solch enormen Zinslast „zu schützen“, beantragte die portugiesische Regierung im April 2011 nun auch Staatshilfen.
Italien hatte schon Jahre lang mit hohen Schulden zu kämpfen. Doch dies gab bisher keine größeren Probleme, da die Kredite überwiegend durch Ersparnisse der Italiener finanziert wurden. Somit ist Italien nicht so stark auf ausländische Anleger angewiesen.
Im Gegensatz zu Griechenland hat Italien auch kein Problem bei der Haushaltsdisziplin. Die Neuverschuldung soll im Jahr 2012 auf 3,2 Prozent und 2013 unter die Drei-Prozent-Marke sinken.[25] Das Hauptproblem Italien sind dessen Verbindlichkeiten.
Das Land leidet schon immer an Wachstumsproblemen. Folglich hat auch die Wettbewerbsfähigkeit stark gelitten. Weiterhin gibt es wie in Griechenland auch in Italien große Einnahmeverluste aufgrund von Schattenwirtschaft und Korruption.
Anlässlich der Schuldenkrisen in Griechenland, Irland und Portugal sind jedoch die Anleger ohnehin schon nervös. Hinzu kommen weitere Korruptionsaffären der italienischen Regierung. Aus diesen Gründen wird auch die Kreditwürdigkeit Italiens herabgestuft.
[...]
[1] http://www.duden.de/rechtschreibung/Krise, Stand 26.03.2012
[2] Vgl. Hüfner, Massenberg, Thiele, Waigel u.a.: Eine Währung für Europa – 10 Jahre Euro-Bargeld, Köln 2011
[3] http://www.bundesbank.de/eurosystem/eurosystem_aufgaben_ewu.php, Stand 27.03.2012
[4] Vgl. Hüfner, Massenberg, Thiele, Waigel u.a.: Eine Währung für Europa – 10 Jahre Euro-Bargeld, Köln 2011
[5] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Magazine/MagazinEuropapolitik/057/sw-3-euro-vorteile-fuer-wirtschaft-und-verbraucher.html, Stand 29.03.2012
[6] http://ec.europa.eu/economy_finance/economic_governance/sgp/index_de.htm, Stand 30.03.2012
[7] http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_4540/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Europa/
Der__Euro/16334.html#1, Stand 30.03.2012
[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Stabilit%C3%A4ts-_und_Wachstumspakt#cite_note-8, Stand 30.03.2012
[9] Vgl. i. F. Max Otte: Stoppt das Euro Desaster!, Berlin 2011
[10] Erklärung Staatsanleihen – siehe Anhang I (Erklärungen)
[11] Vgl. fluter (Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung), Heft Nr. 41, Thema Geld,, Seite 27/28, „Ohne Euro wird es noch teurer“, Ausgabe Winter 2011-2012
[12] Erklärung Eurostat - siehe Anhang I (Erklärungen)
[13] Vgl. Wilfried Moeller: Die Eurokrise, Norderstedt 2011
[14] Vgl. Wilfried Moeller: Die Eurokrise, Norderstedt 2011
[15] Erklärung Rendite – siehe Anhang I (Erklärungen)
[16] Vgl. http://www.lpb-bw.de/finanzkrise_griechenland.html, Stand 13.06.2012
[17] Vgl. Wilfried Moeller: Die Eurokrise, Norderstedt 2011
[18] Erklärung Fiskalpolitik – siehe Anhang I (Erklärungen)
[19] Vgl. http://www.fr-online.de/schuldenkrise/schuldenkrise-in-irland-drei-wege-in-den-abgrund,1471908,4859638.html, Stand 13.06.2012
[20] Vgl. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/schuldenkriseirlandfaq100.html, Stand 14.06.2012
[21] Vgl. http://www.ftd.de/politik/europa/:krise-in-europa-ansteckungsgefahr-fuer-portugal/50197114.html, Stand 14.06.2012
[22] http://www.stern.de/wirtschaft/news/euro-rettungsschirm-warum-die-portugiesen-in-die-krise-schlitterten-1672565.html, Stand 14.06.2012
[23] Vgl. http://www.fr-online.de/schuldenkrise,1471908,4861632.html, Stand 01.07.2012
[24] Vgl. http://www.n-tv.de/wirtschaft/Portugal-zieht-Notbremse-article765308.html, Stand 01.07.2012
[25] http://www.stern.de/wirtschaft/news/3-ueberschuldet-und-herabgestuft-die-gruende-fuer-italiens-misere-1729980.html, Stand 02.07.2012