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Bachelorarbeit, 2013
40 Seiten, Note: 2,3
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Five Forces Modell von Porter
2.1 Die Fahrradindustrie - globaler Wettbewerb in regionalen Märkten
2.1.1 Die Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern
2.1.2 Die Verhandlungsstärke der Lieferanten
2.1.3 Markteintrittsbarrieren
2.1.4 Die Verhandlungsstärke der Abnehmer
2.1.5 Die Gefahr durch Substitutionsprodukte
2.2 Das Ergebnis der Branchenstrukturanalyse
3 Eine mögliche Branchenentwicklung des E-Bike Segments
3.1 Der Produktlebenszyklus des E-Bikes
3.2. Rechtliche Rahmenbedingungen und weitere Faktoren, die die Attraktivität des E-Bikes beeinflussen
4 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturrecherche und Datenzugang
Appendix A: Methodik
Appendix B: Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Fahrrad ist seit seiner Erfindung vor mehr als 100 Jahren zu einem der bedeutendsten Individualverkehrsmittel unserer Zeit geworden. Neben der ursprünglichen Funktion, ein Transportmittel für kurze und mittlere Strecken zu sein, erfreut sich das Fahrrad nicht erst seit der Entwicklung des Mountainbikes ebenso als Sport- und Freizeitgerät. Im Laufe der Evolution des Fahrrads hat sich ein großes Spektrum an Modellen und Einsatzmöglichkeiten entwickelt. Eine dieser Modellvarianten steht derzeit besonders im Fokus der Fahrradindustrie - das E-Bike. Dieses Fahrrad, welches den Radfahrer mit Hilfe eines Elektromotors beim Treten unterstützt, scheint in Zeiten von steigenden Benzinkosten und einem wachsenden Umweltbewusstsein eine zunehmende Alternative zu benzinbetriebenen Fahrzeugen zu sein. Für die Fahrradbranche, die in den letzten Jahren von niedrigen Gewinnen gekennzeichnet war (vgl. Handelsblatt 1999), stellt das E-Bike sowohl eine zusätzliche Wachstumsquelle als auch eine Erweiterung ihrer bereits bestehenden Produktportfolios dar.
Betrachtet man aktuelle Zeitungsartikel und Branchennachrichten der letzten zwei Jahre, so fällt auf, dass dem Thema E-Bike bzw. E-Mobilität innerhalb der Fahrradindustrie große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im letzten Jahr konnten in Deutschland rund 310.000 und in Europa knapp 900.000 E-Bikes abgesetzt werden (vgl. ZIV-Präsentation 2012). Gemessen am Absatz von knapp über 4 Millionen Fahrrädern pro Jahr in Deutschland und über 20 Millionen in Europa, macht der Absatz von E-Bikes insgesamt derzeit nur fünf bzw. viereinhalb Prozent am Gesamtabsatz der deutschen bzw. europäischen Fahrradindustrie aus. Prognosen gehen davon aus, dass sich dieser Anteil auf zehn bis fünfzehn Prozent in den nächsten Jahren erhöhen wird (vgl. ZIV-Zahlen-Daten-Fakten 2012). Dies ist insoweit beachtlich und von Bedeutung für die Fahrradindustrie, da deren Absatz in der europäischen bzw. deutschen Fahrradbranche seit Jahren stagniert bzw. kontinuierlich zurückgegangen ist (vgl. Statista 2012). Konnten im Jahre 2000 noch 5,1 Millionen Fahrräder verkauft werden, waren es in den letzten drei Jahren nur noch knapp 4,05 Millionen (vgl. ebd.). Dies entspricht einem mengenmäßigen Rückgang des Fahrradabsatzes von rund zwanzig Prozent. Die gesamte Fahrradindustrie, insbesondere die deutsche Fahrradbranche, setzt deshalb große Hoffnungen in die E-Bikes, da sich mit diesen weitaus höhere Margen als mit traditionellen Fahrrädern erzielen lassen (vgl. Winter 2011). Mathias Seidler, der Vorstandsvorsitzende der Derby Cycle AG, einem der größten deutschen Fahrradhersteller, bezeichnet das E-Bike als größtes Wachstumspotenzial unserer Branche der vergangenen dreißig Jahre (ebd.). Der ehemalige Geschäftsführer der SFM GmbH (ehemals Sachs) ist der Meinung, dass Hersteller, die nicht im E-Bike Segment vertreten sind, aus der Branche verschwinden werden (vgl. Rosenow 2011). Welches Potential die E-Bikes für die deutsche und europäische Fahrradindustrie haben können, lässt sich auch mit einem Blick auf den asiatischen Fahrradmarkt verdeutlichen. Im weltweit größten Absatzmarkt für Fahrräder und E-Bikes befinden sich derzeit schon über einhundert Millionen E-Bikes auf der Straße (vgl. Galbraith 2012). Hier ist das E- Bike längst ein wichtiger Baustein zur Lösung vieler Verkehrs- und Umweltprobleme geworden. Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahre 2018 im dortigen Markt 42 Millionen neue E-Bikes verkauft werden könnten (vgl. Martin 2012). Das E-Bike gilt im asiatischen Raum in erster Linie als günstiges Transportmittel, während es in Europa und den USA überwiegend als Lifestyle-Produkt betrachtet wird (vgl. KF2-Strategy 2013).
Welches Potential das E-Bike Segment auf die Attraktivität und Profitabilität der deutschen Fahrradbranche hat, soll in dieser Arbeit untersucht werden. Um die gestellte Frage beantworten zu können, soll in dieser Arbeit eine Branchenstrukturanalyse der deutschen Fahrradindustrie bzw. des E-Bike Segments durchgeführt werden. Die Branchenanalyse nach dem Five Forces Modell von Porter soll dafür als theoretische Grundlage dienen, die grundlegende Attraktivität bzw. Profitabilität der Fahrradbranche bzw. des E-Bike Segments, als Teilsegment dieser Branche, zu analysieren. Anhand dieser Analysen wird dann versucht, die Forschungsfrage zu beantworten und auf die weiteren denkbaren Entwicklungsmöglichkeiten des E-Bike Segments zu schließen, so dass Folgerungen bezüglich der Zukunftsfähigkeit des E-Bike Segments innerhalb der Fahrradindustrie getroffen werden können.
Im nächsten Abschnitt wird zunächst das Modell der Five Forces nach Porter erklärt und im Anschluss daran soll zunächst ein Überblick gegeben werden, wie die Fahrradindustrie strukturell aufgebaut ist. Hier sollen dann Fragen beantwortet werden, ob und wie der Wettbewerb in dieser Branche entstanden ist. Nach der Definition der Branche und der Abgrenzung der relevanten Märkte wird hierauf aufbauend eine Branchenstrukturanalyse der deutschen Fahrradbranche bzw. des E-Bike Segments als ein strategisches Geschäftsfeld auf Grundlage von Michael Porters Five Forces Modell durchgeführt. Daran anschließend soll eine Analyse der Branchenentwicklung unter Zuhilfenahme des Modells des Produktlebenszyklus zeigen, in welcher Phase sich das E-Bike Segment befindet und welche weiteren Faktoren den Erfolg dieser Fahrräder beeinflussen können.
Bevor ein Unternehmen eine Strategie formuliert, sollte es seine externe Umwelt analysieren, um mögliche Chancen aber auch Gefahren zu identifizieren. Einen nachhaltigen Einfluss für das Verständnis der relevanten Aufgabenumwelt eines Unternehmens übt die von Michael Porter entwickelte Branchenstrukturanalyse aus. Porters Bezugsrahmen für die Analyse der externen Umwelt basiert auf dem von Mason und Bain entwickelten „Structure-Conduct-Performance-Paradigma“ der traditionellen Industrieökonomie (vgl. Bresser 2010, S. 44f.). Diesem Ansatz zufolge werden der Erfolg eines Unternehmens und das Potential einer Branche durch die vorherrschende Branchencharakteristik determiniert. Das Verhalten der Unternehmen spielt in diesem Ansatz und insbesondere in der traditionellen Industrieökonomik nur eine untergeordnete Rolle (vgl. ebd.).
Nach Porter (1992) treten innerhalb einer Branche fünf Wettbewerbskräfte auf, durch deren Einfluss die Wettbewerbsintensität und damit die Rentabilität einer Branche bestimmt werden. Je stärker diese Kräfte sind, desto limitierter sind Unternehmen in ihrer Fähigkeit, Preise zu bestimmen und hohe Umsätze zu generieren (vgl. Wheelen/Hunger 2008, S. 83). Die fünf Wettbewerbskräfte einer Branche umfassen die Rivalität der sich in der Branche befindlichen Anbieter, die Bedrohung durch den Eintritt neuer Anbieter, die Bedrohung durch Substitutionsprodukte, die Verhandlungsmacht der Lieferanten und die Verhandlungsmacht der Abnehmer (vgl. Bresser 2010, S. 45). Die Analyse der fünf Einflussfaktoren, die eine Branche prägen, soll es Unternehmen erlauben, die Attraktivität bzw. das Potential für adäquate und überdurchschnittliche Renditen einzuschätzen (vgl. Ireland/Hoskisson/Hitt 2009, S. 55).
Nach der Analyse der Wettbewerbskräfte empfiehlt Porter, dass die Unternehmen einer Branche sich für eine der drei generischen Wettbewerbsstrategien (Kostenführerschaft, Differenzierung, Fokus) entscheiden müssen, um sich vor den Kräften ihrer Branche zu schützen (vgl. Bresser 2010, S. 44).
Ausgangsvoraussetzung für eine gute Branchenanalyse ist nach Porter (2008), die relevante Industrie zu definieren und sie geographisch und funktional zu anderen Branchen abzugrenzen (vgl. ebd., S. 91). Eine geographische Abgrenzung der Fahrradbranche ist in dieser Arbeit zweckmäßig, da sich die relevanten Märkte der Fahrradindustrie in ihrer Struktur und damit in ihrer Branchencharakteristika unterscheiden. Die Fahrradindustrie bzw. das E-Bike Segment unterscheidet sich in ihrem strukturellen Aufbau, was z.B. die Anzahl der Hersteller oder die Vertriebswege der Fahrräder und E-Bikes betrifft.
Porter (2008) weist in einem zweiten Aufsatz zu seinem Modell auf die Wichtigkeit dieser Abgrenzung in Bezug auf eine aussagekräftige Branchenstrukturanalyse hin. Wenn eine Branche andere Strukturen in unterschiedlichen geographischen Regionen aufweist, kann jede Region eine individuelle Branche sein (vgl. ebd., S. 91). Die Analyse der fünf Wettbewerbskräfte einer Branche für die geographisch unterschiedlichen Märkte, ist im Hinblick auf eine Aussage über die Profitabilität der einzelnen Branchen wichtig. Eine Gesamtbetrachtung der globalen Fahrradindustrie wäre in ihrem Umriss zu weit gefasst und würde den Differenzen der geographischen Regionen bzw. Branchen nicht Rechnung tragen können. (vgl. ebd.). Es wird deshalb im nachfolgenden Abschnitt eine Branchenstrukturanalyse des E-Bike Segments als Teil der deutschen Fahrradindustrie durchgeführt werden.
Bevor im anschließenden Abschnitt die Wettbewerbskräfte der deutschen Fahrradindustrie bzw. des E-Bike Segments analysiert werden, sollen in diesem Abschnitt theoretische Grundlagen für die anschließende Branchenstrukturanalyse gelegt werden. Zunächst wird definiert werden, was unter einer Branche verstanden wird und wie Branchen sich zueinander abgrenzen. Danach soll erläutert werden, welche Faktoren bzw. Bedingungen die heutige Struktur der Fahrradindustrie in der Vergangenheit geprägt haben.
Eine Branche ist eine Gruppe von Unternehmen, die Produkte herstellen, die sich nahezu substituieren können (vgl. Ireland et al. 2009, S. 48). Nach Abell (1980) definiert sich eine Branche über die angesprochenen Kundengruppen, die Funktion der angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen für den Kunden und die zur Erbringung der Leistung verwendete Technologie. Die Abgrenzung der Fahrradindustrie zu anderen Wirtschaftszweigen lässt sich nach Abell’s Definition (vgl. ebd.) über die Funktion des angebotenen Produkts definieren. Das gemeinsam produzierte Produkt ist das Fahrrad bzw. das E-Bike, welches in unterschiedlichen Modell-bzw. Preisvarianten hergestellt und vertrieben wird.
Die Wettbewerbsstruktur, die heute in der Fahrradindustrie herrscht, ist zum Teil im Zuge der Globalisierung der Märkte entstanden. Seit den 1980er Jahren haben sich vor allem in südostasiatischen Staaten neue Schwerpunkte der Fahrradherstellung entwickelt, die die Struktur der Branche und deren Wettbewerbskräfte verändert haben. Vor der Globalisierung der weltweiten Märkte fand der Wettbewerb innerhalb der Fahrradindustrie zunächst regional statt. Traditionelle Produktionsländer für Fahrräder im europäischen Raum waren die Benelux-Staaten, Deutschland und Italien. Seit Anfang der siebziger Jahre verschob sich ein Großteil der globalen Fahrradproduktion, was vor allem Vorerzeugnisse wie Fahrradrahmen und Zubehörteile betrifft, zunehmend in asiatische Länder (vgl. gtai 2012). Dort konnte aufgrund des niedrigeren Lohnniveaus kostengünstiger produziert werden. Zunächst regional aktive Unternehmen, wie z.B. der taiwanesische Hersteller Giant, entwickelten sich zu global tätigen Unternehmen, die nach und nach auch in andere Märkte expandierten. Die Internationalisierung von großen1 Herstellern wie Giant, Merida oder Trek prägen heute die Branchenstruktur der Fahrradindustrie. Diese hat sich gegenwärtig zu einer globalen Branche mit regionalen Märkten entwickelt. In einer globalen Branche wird die Wettbewerbsposition, die ein Unternehmen in einem bestimmten Land innehat, erheblich von seiner Stellung in anderen Ländern beeinflusst und umgekehrt. „Es handelt sich dabei um eine über Ländergrenzen hinweg verknüpfte Gesamtheit von Märkten, auf denen Unternehmen weltweit konkurrieren“ (Engelhard 2013).
Daneben ist die Struktur der Fahrradindustrie ebenso durch Wachstums- und Rückgangsphasen geprägt worden. Nach einer Wachstumsphase der Fahrradindustrie in den siebziger Jahren ausgelöst durch die Entwicklung des Mountainbikes (vgl. NBDA 2011) war die globale Branche in den neunziger Jahren von sinkenden Umsätzen und stagnierendem Wachstum gekennzeichnet (vgl. Handelsblatt, 1996). Das niedrige Branchenwachstum während dieser Zeit zog eine Konsolidierungsphase nach sich und veränderte die Struktur der Branche nachhaltig. Nur wenige Hersteller konnten sich in der Branche behaupten (vgl. Handelsblatt, 1999). Die europäische bzw. die deutsche Fahrradindustrie werden seit dieser Konsolidierungsphase von einigen teilweise börsennotierten regionalen Unternehmen, wie z.B. der Derby Cycle AG und international tätigen Unternehmen, wie z.B. Giant oder Merida dominiert (vgl. Winter 2011).
Neben der angesprochenen Globalisierung der Märkte hat sich in den letzten Jahrzehnten das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten des Fahrrads z.B. durch die Entwicklung neuer Fahrradmodelle wie dem Mountain oder dem Trekkingbike vergrößert. Die Fahrradindustrie teilt sich deshalb heute in verschiedene Modellgruppen bzw. Segmente auf (vgl. hierzu ZIV-Präsentation 2012).
„Unter Marktsegmentierung ist die Aufteilung eines heterogenen Gesamtmarkts in relativ homogene Käufergruppe mit dem Ziel der differenzierten Ansprache dieser Gruppen“ (Kuß/Kleinaltenkamp 2011, S. 151) zu verstehen. Eines dieser Segmente der Fahrradbranche ist das angesprochene E-Bike Segment Bevor im folgenden Abschnitt die Branchencharakteristik des E-Bike Segments analysiert wird, muss angemerkt werden, dass aufgrund der Zugehörigkeit des E-Bike Segments zur Fahrradbranche teilweise eine analoge Betrachtung der Wettbewerbskräfte der Branche und des Teilsegments durchgeführt wird. Vier der fünf Wettbewerbskräfte des E-Bikes Segments entsprechen größtenteils denen der gesamten Fahrradbranche. So stehen die Wettbewerber innerhalb der Fahrradbranche in den jeweiligen Modellsegmenten und damit auch im E-Bikes Segment in Rivalität zueinander. Die Markteintrittsbarrieren und die Abnehmer der Hersteller können ebenfalls analog zur Fahrradbranche betrachtet werden. Einzig bei den Lieferanten der Hersteller treten im E-Bike Segment, neben die Lieferanten der Komponenten, die der elektrischen Antriebssysteme, die deshalb in der Analyse zusätzlich betrachtet werden müssen.
Im folgenden Abschnitt soll nun die einleitend angesprochene Branchenstrukturanalyse des E-Bike Segments bzw. der deutschen Fahrradbranche durchgeführt werden. Wie hoch der Grad der Rivalität unter den in diesem Abschnitt genannten Wettbewerber innerhalb des E-Bike Segments ist, wird im nächsten Abschnitt analysiert werden.
„Die direkte Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern senkt die Attraktivität innerhalb der Branche“ (Dillerup/Stoi 2008, S. 190). Porter sieht den Wettbewerb zwischen den Unternehmen als zentrale Triebkraft der Branche an (vgl. ebd.). Der Wettbewerb innerhalb der deutschen Fahrradindustrie bzw. im E-Bike Segment findet, wie im vorherigen Abschnitt schon festgestellt wurde, zwischen Wettbewerbern unterschiedlicher Größe und geographischer Herkunft statt. Diese Wettbewerber konkurrieren innerhalb der Branche bzw. in den einzelnen Modellsegmenten teilweise mit unterschiedlichen Geschäftsfeldstrategien. Diese können unter Verwendung der Typologie von Porter (1992) zusammengefasst werden. Die Verwendung der drei generischen Wettbewerbsstrategien durch die Wettbewerber können sowohl in der gesamten Fahrradbranche als auch in den jeweiligen Modellsegmenten beobachtet werden. Die Wettbewerber im E-Bike Segment lassen sich, was die Wahl ihrer Strategie innerhalb der Fahrradbranche, in zwei Kategorien einteilen. Zum einen gibt es zumeist kleine Hersteller, die sich auf bestimmte Modellvarianten konzentrieren und somit als Spezialisten innerhalb der Branche bezeichnet werden können. Zu nennen sind hier z.B. E-Bike Hersteller wie Flyer, Grace oder Gocycle. Zum anderen agieren große Hersteller wie die Derby Cycle AG oder Giant innerhalb der Fahrradbranche als Komplettanbieter. Sie haben alle Modellvarianten in den jeweiligen Preisklassen (Niedrig-, Mittel-, Hochpreissegment) in ihrem Produktportfolio. Diese Heterogenität der Wettbewerber in Bezug auf ihre Strategie ist eine Bedingung, die den Grad der Rivalität zwischen den bestehenden Wettbewerber erhöhen kann (vgl. ebd., S. 43).
Die Rivalität zwischen den etablierten Wettbewerbern begegnet dem Betrachter meist in Form von Positionskämpfen. Diese können durch den Einsatz unterschiedlicher Taktiken hervorgerufen werden. Bekannteste Beispiele für solche sind z. B. Preiswettbewerbe, Werbeschlachten oder die Einführung neuer Produkte (vgl. ebd.).
Mit einer intensiven Rivalität ist mit dem Auftreten folgender struktureller Faktoren zu rechnen: Befinden sich zahlreiche oder gleich ausgestattete Wettbewerber in der Branche, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass einige Unternehmen glauben, sie könnten Maßnahmen ergreifen, ohne dass die Wettbewerber davon Notiz nehmen (vgl. ebd.). Bei einer geringen Anzahl von Wettbewerbern ist es dagegen denkbar, dass diese sich stillschweigend einigen, um keinen instabilen Zustand zu schaffen, als in hochkonzentrierten Branchen, wo einzelne Wettbewerber den Branchenwettbewerb durch ein aggressives Verhalten bestimmen können (vgl. Kuß/Kleinaltenkamp 2011, S. 130). Die deutsche Fahrradbranche wird wie zuvor analysiert wurde, von einigen produktions- und umsatzstarken Unternehmen dominiert. Diese Wettbewerber wie z.B. Derby Cycle, Giant oder Merida können im Hinblick auf ihre Größe und ihre Mittel als relativ ausgeglichen angesehen werden. Einen Branchenprimus, der disziplinierend oder kooperierend eingreifen könnte, ist derzeit im E-Bike Segment bzw. der deutschen Fahrradbranche nicht zu finden (vgl. Porter 1992, S. 43). Die angesprochenen ausländischen Unternehmen wie bspw. Giant oder Merida spielen eine wichtige Rolle in der Branche und im E-Bike Segment, was auch die hohe Importquote unterstreicht (vgl. ZIV-Präsentation 2012). Wenngleich ausländische Wettbewerber einige Besonderheiten aufweisen können, werden sie zweckmäßigerweise als inländische Konkurrenten behandelt (vgl. Porter 1992, S. 43). Diese analysierten Bedingungen sprechen nach Porter grundsätzlich für eine hohe Rivalität zwischen den bestehenden Wettbewerbern innerhalb einer Branche.
Eine weitere strukturelle Bedingung, die eine intensive Rivalität zwischen den bestehenden Wettbewerbern auslösen kann, ist ein langsames Branchenwachstum. Dieses mündet in erster Linie in einem Wettbewerb für Unternehmen, die expandieren wollen oder müssen (vgl. ebd.). Die Konsolidierungsphase, die die europäische bzw. die deutsche Fahrradindustrie Ende der 90er Jahre durchmachen musste, lässt darauf schließen, dass in dieser Zeit eine intensive Rivalität innerhalb der Branche herrschte.
Dies ist auf das langsame Branchenwachstum zurückzuführen, in der die Expansion (durch M&A) von Herstellern wie der Derby Cycle AG, dem größten deutschen Fahrradhersteller, in erster Linie der Steigerung von Marktanteilen diente (vgl. Handelsblatt 1996). Derzeit befindet sich die deutsche Fahrradbranche aufgrund der steigenden Absätze im E-Bike Segment in einer Wachstumsphase (vgl. ZIVBranchengespräch 2011). In Zeiten von schnellem Wachstum, in der alle Unternehmen ihr Ergebnis verbessern können, ist die Rivalität innerhalb der Branche nicht so intensiv wie bei langsamen Wachstum (vgl. Porter 1992, S. 43).
Neben diesem Faktor können hohe Fix- oder Lagerkosten Druck auf alle Unternehmen ausüben, ihre Kapazitäten möglichst stark auszulasten. Vorhandene Überschusskapazitäten führen nicht selten zu starken Preissenkungen (vgl. ebd.). Derzeit ist das E-Bike Segment von Unterkapazitäten geprägt, da viele E-Bike Hersteller der hohen Nachfrage nicht nachkommen können (vgl. Fehlau 2013, S. 2). Dieser Punkt spricht derzeit noch gegen einen hohen Grad an Rivalität innerhalb des E- Bike Segments.
Fehlende Differenzierung oder geringe Umstellungskosten, in der das Produkt oder die Leistung der Branche als einfacher Gebrauchsgegenstand angesehen wird, führt aufgrund der Käuferentscheidung, die sich dann zumeist auf den Preis und den Service beschränken dazu, dass bei diesen Faktoren ein intensiver Wettbewerbskrieg zu befürchten ist (vgl. Porter 1992, S. 44). Eine Produktdifferenzierung wäre gerade bei den E-Bikes denkbar. Bei den genannten Spezialanbietern von E-Bikes kann prinzipiell von einer hohen Produktdifferenzierung ausgegangen werden. Die Komplettanbieter der Branche habe es deutlich schwerer Umstellungskosten bei den Kunden aufzubauen, da sich ihre Produkte meist ähneln, was die Ausstattung und den Preis betrifft. Eine bewusste Differenzierung könnte eine Art Isolierschicht gegen einen Wettbewerbskrieg sein, wenn die Kunden den Anbieter oder in diesem Fall den Hersteller dauerhaft bevorzugen (vgl. ebd., S. 44). Der Aufbau von Umstellungskosten bzw. einer Isolierschicht konnte bislang innerhalb der deutschen Fahrradbranche bzw. des E-Bike Segments nicht realisiert werden (vgl. Reidl 2013).
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1 In Bezug auf Produktions- und Umsatzzahlen