Masterarbeit, 2013
48 Seiten, Note: 2,0
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Einleitung
1) Grundlegende Definitionen
1a) Definition Personalentwicklung
1b) Was ist Change Management?
1c) Personalentwicklung in Bezug auf Change Management
2) Analyse der notwendigen Schritte zur Gewinnung der berufserfahrenen Bewerber und Kandidaten
2a) Ermittlung des Personalbedarfs
2b) Analyse des Arbeitsmarktes
2c) Maßnahmen zur Gewinnung neuer Mitarbeiter
3) Allgemeine Grundlagen für die Durchführung eines Change 13
Management Prozesses
4) Umsetzung von Veränderungsprozessen in der Personalgewinnung – Von einer dezentralen zu einer zentralen Organisation
4a) Erster Schritt: Diagnose der geplanten Veränderung
4b) Zweiter Schritt: Konzeption einer Strategie für die Veränderung
4c) Dritter Schritt: Detailplanung des Prozesses
4d) Vierter Schritt: Umsetzung
4e) Fünfter Schritt: Ergebnisbewertung
5) Resümee
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Pendlerverhalten der Sozialversicherungpflichtigen Beschäftigten nach Bundesländern am 30.06.2009
Abbildung 2: Altersprofil der Ost-West-Migration nach Geschlecht, 2009
Tabelle 1: Arbeitslosenzahlen in Deutschland und den Bundesländern
In vielen Berufsgruppen fällt es Unternehmen heutzutage schwer, qualifizierte Bewerber für offene Vakanzen zu gewinnen. Als eine mögliche Ursache hierfür ist die demographische Entwicklung zu nennen, auf Grund derer es ein Ungleichgewicht zwischen den aus dem Berufsleben ausscheidenden Mitarbeitern und den nachrückenden Fachkräften gibt. Unternehmen können hierauf unter anderem dadurch reagieren, dass sie die Personalgewinnung zentralisieren. Dies ermöglicht es ihnen, Bewerber auf alle Vakanzen im Unternehmen zu prüfen, die dem Profil des Bewerbers entsprechen.
Der Impuls für das Thema dieser Masterarbeit ist der Veränderungsprozess der Deutschen Bahn AG, die aktuell eine Restrukturierung der Personalgewinnung durchläuft und im Rahmen der Konzernstrategie DB 2020 eine zentrale Personalgewinnungsorganisation etabliert. Hierbei wird eine neue Organisationseinheit gegründet, die für die Rekrutierung aller Berufsbilder zuständig ist, die bei mehr als einer Konzerntochter benötigt werden.
Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Masterarbeit mit Change Management Prozessen in der Personalgewinnung von Konzernen, die das Ziel verfolgen, sich durch eine Zentralisierung der Personalgewinnungsorganisation effektiver auf die Gewinnung berufserfahrener Mitarbeiter auszurichten.
Hierbei wird aufgezeigt, welche Schritte im Vorfeld der Veränderung durchgeführt werden müssen, um den Personalbedarf sowie den relevanten Arbeitsmarkt zu erfassen und welche Möglichkeiten den Unternehmen zur Verfügung stehen, berufserfahrene Mitarbeiter anzusprechen. Am Beispiel der Rekonstruktion einer Personalgewinnung wird der allgemeine Ablauf von Change Management Prozessen erläutert und verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten der Organisation dargestellt.
Diese Masterarbeit beleuchtet Change Management Prozesse in der Personalgewinnung als Teil der Personalentwicklung. Hierzu werden zunächst die Begriffe Personalentwicklung und Change Management definiert und herausgearbeitet, wie sich beide gegenseitig beeinflussen und wie beide auf die Funktion der Personalgewinnung einwirken.
Für den Begriff der Personalentwicklung existiert in der Literatur bisher keine einheitliche Definition. Je nach Autor werden verschiedene Aspekte berücksichtigt bzw. unterschiedlich stark gewichtet.
Holtbrügge sieht den Gegenstand der Personalentwicklung in jeglichen geplanten und zielgerichteten Aktionen der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, die das Ziel verfolgen, diese individuell beruflich zu entwickeln und zu fördern. Hierdurch sollen ihnen alle Qualifikationen vermittelt werden, die notwendig sind, damit sie ihre gegenwärtigen und/ oder zukünftigen Aufgaben wahrnehmen können. Laut Holtbrügge bezieht sich dies ausschließlich auf bereits im Unternehmen vorhandene Mitarbeiter, weswegen er den Hinzugewinn an Fähigkeiten und Qualifikationen durch Personalgewinnung bei seiner Eingrenzung des Begriffs der Personalentwicklung explizit ausklammert.[1]
Drumm definiert Personalentwicklung ebenfalls als Förderung der vom Unternehmen benötigten Kompetenzen und Fertigkeiten der Mitarbeiter. Er setzt die Personalentwicklung allerdings auch in einen Zusammenhang mit der Organisationsentwicklung, indem er aufzeigt, dass es zwingend notwendig ist, alle betroffenen Personen zu entwickeln, wenn ein Unternehmen seine Organisation ändert, um sich auf neue Strategien oder ein verändertes Umfeld anzupassen.[2]
Becker hingegen hat die am weitesten gefasste Definition für Personalentwicklung: „Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden.“[3] Der primäre Unterschied zwischen Holtbrügge, Drumm und Becker besteht darin, dass Holtbrügge und Drumm die Personalentwicklung als einen Prozess definieren, der von der Veränderung der Organisation oder des Umfelds initiiert wird, während Becker die Veränderung der Organisation als einen Bestandteil der Personalentwicklung sieht, weswegen ich mich im Rahmen der Masterarbeit an seiner Definition orientieren werde.
Unternehmen sind in kürzer werdenden Abständen damit konfrontiert, dass sich die Märkte, auf denen sie aktiv sind, verändern. Da Unternehmen nicht immer so schnell an neue Gegebenheiten angepasst werden können, wie es die Veränderungen am Markt erfordern, steigt das Spannungsverhältnis zwischen dem Bedarf der Anpassung des Unternehmens und seiner Fähigkeit dies zu tun. Um diese Differenz so klein wie möglich zu halten, ist es notwendig, die Ursachen für die eingeschränkte Anpassungsfähigkeit zu finden und mit geeigneten Maßnahmen so weit wie möglich die bestehenden Hemmnisse abzubauen.[4] Gemäß dem Gabler Wirtschaftslexikon handelt es sich bei Change Management Prozessen um eine ständige Adaption von Strukturen und Strategien eines Unternehmens an sich verändernde äußere Rahmenbedingungen. Diese Adaption tritt gemäß Gabler Wirtschaftslexikon nicht mehr wie früher in Ausnahmefällen auf, sondern hat sich vielmehr zu einer Art Dauererscheinung entwickelt. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine langsame Anpassung handelt oder um einen radikalen Umbruch.[5] Jones beschreibt Change Management als einen Prozess, mit dem sich Unternehmen vom aktuellen Status zu einem gewünschten, zukünftigen Status hin verändern, um Ressourcen und Fähigkeiten sinnvoller einsetzen zu können. Für ihn kommen nicht nur äußere Impulse als Initiator für Veränderungsprozesse in Betracht, sondern auch selbst auferlegte Zielvorgaben.[6] Jones nennt vier mögliche Ansatzpunkte für die Veränderung:[7]
1. Personal des Unternehmens (z.B. Investition in Trainings- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Steigerung der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, Anpassung der Normen und Werte an multikulturelle Bedürfnisse, Anpassung von Bonussystemen und Anpassung von Managementstrukturen an veränderte Gegebenheiten)
2. Funktionale Ressourcen (z.B. Übertragen von Verantwortung für bestimmte Produkte an Teams in der Produktentwicklung, Einführung eigenverantwortlicher Teams in der Fertigung)
3. Technologische Fähigkeiten (z.B. Anpassung bestehender Produkte oder Einführung neuer Produktlinien, Optimierung der Produktion zur Steigerung von Qualität und Zuverlässigkeit)
4. Organisatorische Verbesserungen (z.B. Anpassung von Prozessen, Strukturen und Verfahren, Veränderungen der Unternehmenskultur durch Wechsel im Top Management).
Um die oben genannten Ansatzpunkte umsetzen zu können, gibt es laut Schreyögg und Koch drei mögliche Herangehensweisen im Rahmen von Change Management Prozessen: Change Management durch die Veränderung vorgegebener Ziele, durch die Überwindung von bestehenden generellen Widerständen gegen Wandel sowie durch die Förderung organisatorischen Lernens.
Im ersten Fall wird die Veränderung von einer zentralen Stelle geplant und anschließend umgesetzt, indem den Mitarbeitern Ziele vorgegeben werden, deren Erreichung teilweise durch Auslobung von Bonuszahlungen oder Prämien gefördert werden. Die zweite Herangehensweise zielt auf die Beseitigung von Widerständen, die sowohl emotionale als auch mikropolitische Ursachen haben können. Hierbei ist es notwendig Maßnahmen einzuleiten, welche auf die Veränderung menschlichen Verhaltens abzielen. Der letzte Punkt richtet die Aufmerksamkeit auf die Relevanz einer permanenten Bereitschaft flexibel zu agieren und sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Hierbei besteht eine entscheidende Aufgabe des Change Managements darin, aus einem Unternehmen eine lernfähige Organisation zu machen, die kontinuierlich an sich arbeitet und sowohl die eigenen Erwartungen als auch die Regeln und Prozesse während dieser Entwicklung überdenkt.[8]
Bei der Planung und Durchführung von Veränderungsprozessen gilt es zu beachten, dass Veränderungen leider nie reibungslos und geradlinig ablaufen, sondern dass es im Prozess immer wieder Fort- und Rückschritte gibt. Kuster et al. beschreiben im Handbuch Projektmanagement, dass sich Veränderungsprozesse an das Change-Modell von Virginia Satir anlehnen lassen, welches in fünf Phasen untergliedert ist. Das Modell beginnt mit einem bestehenden Gleichgewicht, in dem man sich sicher und produktiv fühlt. Daher versucht man Änderungen der externen Rahmenbedingungen zu ignorieren, um seine Komfortzone nicht verlassen zu müssen. In der zweiten Phase wird den betroffenen Personen bewusst, dass sich die externen Umstände so weit verändert haben, dass eine Anpassung der internen Prozesse erforderlich wird. Basierend auf dieser Erkenntnis wird nun ein Lösungsansatz entwickelt und die Bereitschaft der Beteiligten, sich selbst und das Unternehmen entsprechend zu verändern, muss hergestellt werden. Die dritte Phase stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Die betroffenen Personen, die nicht an der Entwicklung des Lösungsansatzes in Phase zwei beteiligt waren, müssen nun in den Prozess integriert werden. Da teilweise veraltete Methoden auf neue Rahmenbedingungen treffen, kann es im Arbeitsalltag zu zeitweilig chaotischen Verhältnissen kommen. Das Erzielen erster Erfolge führt bei den Mitarbeitern aber zu mehr Sicherheit und leitet den Wechsel in die vierte Phase ein. Durch die Wiederholung neuer Abläufe verringern sich schrittweise die Reibungsverluste und die Implementierung der Prozesse wird abgeschlossen. In der fünften Phase ist wieder ein Gleichgewicht eingetreten, in dem die Erfahrungen des vorangegangenen Prozesszyklusses durch die Mitarbeiter reflektiert werden können, um daraus Rückschlüsse für zukünftige Veränderungen ziehen zu können. Alle Beteiligten müssen sich hierbei bewusst sein, dass es immer wieder zu Rückfällen in die dritte Phase kommen kann. Diese Rückfälle sollten aber mit dem Voranschreiten im Zyklus seltener vorkommen.[9]
Unter Punkt 1a wurde herausgestellt, dass Personalentwicklung alle Maßnahmen aus den Bereichen Bildung, Förderung oder Organisationsentwicklung beinhaltet, die zielgerichtet von Personen und Unternehmen eingesetzt werden.[10]
„Change Management umfasst grundsätzlich die
- Gestaltung/Planung
- Organisation
- Umsetzung
von Veränderungsprozessen in Organisationen“.[11] Die Definitionen von Becker und Ansorge zeigen, dass Change Management einen wichtigen Bestandteil der Personalentwicklung darstellt. Im Change Management werden neue Prozesse eingeführt oder bestehende abgeändert, um zum Beispiel produktiver agieren oder sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen zu können. Die Personalentwicklung unterstützt alle Beteiligten dabei, indem sie dabei hilft, die notwendigen Fähigkeiten zu vermitteln, um sich generell an Veränderungen anpassen zu können. Sie ermöglicht den Gewinn spezieller Kenntnisse, die notwendig sind, um eventuelle neue Systeme oder Prozesse zu beherrschen. In allen Phasen des Change Management Prozesses werden die Beteiligten von der Personalentwicklung begleitet und betreut, wobei der komplette Werkzeugkasten der Personalentwicklung von einfachen Schulungen bis hin zu Moderationen, Coachings und Workshops zur Anwendung kommen kann, je nachdem wie komplex die Veränderungen sind, die von den Beteiligten gemeistert werden müssen.
Jede Personalgewinnung beginnt mit der Gewinnung der relevanten Informationen. Hierzu zählen der Personalbedarf, die Situation auf dem Arbeitsmarkt bzw. den Teilarbeitsmärkten sowie die Positionierung der Firma am relevanten Arbeitsmarkt.[12] Hat man diese Daten gesammelt und ausgewertet, kann man seine Personalgewinnungsaktivitäten zielgerichtet einsetzen. Wie diese Prozesse im Einzelnen aufgebaut werden, wird im folgenden Teil genauer beleuchtet.
Das Ziel der Ermittlung des Personalbedarfes durch die Personal- und Fachabteilungen ist es, zusammen mit der Personalgewinnung die benötigten personellen Kapazitäten sowohl quantitativ und qualitativ als auch in Bezug auf den richtigen Ort, den richtigen Zeitpunkt sowie für die richtige Dauer zur Verfügung zu stellen.[13] Dies ist besonders wichtig, da die Personalgewinnung eines Unternehmens erfolgreicher durchgeführt werden kann, wenn sowohl der zukünftige Personalbedarf, als auch die aktuelle sowie die zu erwartende Verfügbarkeit analysiert werden[14]. Als erstes wird nun die Ermittlung des Personalbedarfs im Fokus stehen und anschließend die Analyse des Arbeitsmarktes.
Es gibt vier primäre Arten des Personalbedarfs: Dies sind der Brutto- und Nettobedarf, der Ersatzbedarf sowie der Neubedarf. Unter dem Bruttobedarf versteht man die Gesamtzahl der benötigten Personen. Errechnet man das Saldo aus Bruttobedarf und Bestand, ergibt sich der Personalnettobedarf des Unternehmens. Der Neubedarf beschreibt die Anzahl der Personen, die das Unternehmen zusätzlich zu den bereits vorhandenen Mitarbeitern benötigt, während der Ersatzbedarf die Summe an Personen angibt, die eingestellt werden müssen, weil Mitarbeiter das Unternehmen verlassen werden.[15]
Der erste Schritt bei der Ermittlung des Personalbedarfs ist die Bestimmung des Bruttopersonalbedarfs. Hierzu wird ermittelt, welche Ausbringungsmenge des Produkts oder der Dienstleistung generiert werden soll, wie viel Personal dazu mit der verfügbaren oder geplanten Technologie benötigt wird und wie viel Personal im administrativen Bereich zur Unterstützung notwendig ist. Diese Größe wird als Einsatzbedarf bezeichnet. Hinzu kommt der sogenannte Reservebedarf. Hierunter werden die Personen zusammengefasst, die benötigt werden, um unvermeidliche Fehlzeiten oder Zeiten mit geringerer Produktivität abzufangen. Diese sind zum Beispiel Urlaubstage der Mitarbeiter oder die Zeiträume der Einarbeitung, in der sowohl der einarbeitende Mitarbeiter nicht seine volle Leistung in die Produktion einbringen kann, da er einer anderen Person die Abläufe zeigen muss und in der die Person, die eingearbeitet wird, noch nicht den Kenntnis- oder Fertigkeitsstand hat, um die Arbeit in der geplanten Quantität und Qualität zu erbringen. Wurde der Bruttobedarf ermittelt, errechnet man den Nettobedarf, indem man vom künftigen Personalbedarf den Personalbestand zum betrachteten Zeitpunkt abzieht.[16] Hierzu prüft man, wie viele der aktuellen Mitarbeiter im Beobachtungszeitraum in Ruhestand gehen werden, wie viele Mitarbeiter im Durchschnitt das Unternehmen von sich aus verlassen und welche Mitarbeiter weiterqualifiziert werden können, um sie mit höherwertigen Aufgaben zu betrauen. Im Rahmen dieses Prozesses wird ein Stellenplan angefertigt, der angibt, welche Positionen in welcher Quantität in Zukunft benötigt werden. Zudem wird ein Stellenbesetzungsplan generiert, der einem Auskunft darüber erteilt, welche der Stellen mit dem vorhandenen Personal zum relevanten Zeitpunkt besetzt werden können. Legt man beide Pläne übereinander, zeigt sich, welche Stellen als Nettobedarf über den externen Arbeitsmarkt besetzt werden müssen, und zwar sowohl quantitativ als auch qualitativ.[17]
Als Letztes gilt es festzulegen, über welche Beschaffungsmaßnahme der Personalbedarf gedeckt werden kann. Bei Positionen, die permanent benötigt werden, ist es sinnvoll, diese auch mit festangestellten Mitarbeitern zu besetzen. Handelt es sich hingegen nur um das Abfangen von Kapazitätsspitzen, so werden diese Vakanzen in der Regel mit temporärem Personal, wie z.B. Aushilfskräften oder Zeitarbeitskräften besetzt. Bei der Planung der Dauer des Bedarfs gilt es immer zu berücksichtigen, wie lange man benötigt, um die eingestellten Personen so weit zu schulen, dass sie die Aufgabe in der benötigten Geschwindigkeit und Qualität erfüllen können.[18]
Neben dem externen Arbeitsmarkt gibt es, vor allem für große Firmen und Konzerne, die Möglichkeit, vakante Stellen über den internen Arbeitsmarkt zu besetzen.
Der interne Arbeitsmarkt beschreibt alle Mitarbeiter im Unternehmen, die sich beruflich verändern möchten, sowie die Summe aller Positionen, die im Unternehmen frei sind bzw. werden. Er entsteht, wenn Unternehmen die Besetzung freier oder frei werdender Stellen durch interne Mitarbeiter als bevorzugte Variante gegenüber der externen Besetzung ansehen.[19] Auch wenn der interne Arbeitsmarkt ein starkes Instrument zur Mitarbeiterbindung ist und im Rahmen der Personalentwicklung als ein wichtiges Werkzeug eingesetzt werden kann, so wird sich diese Masterarbeit nur mit dem externen Markt befassen, da die Gewinnung neuer Mitarbeiter im Vordergrund dieser Masterarbeit steht.
Als erstes gilt es, den relevanten Markt zu erfassen, damit sich das Unternehmen am Markt entsprechend ausrichten kann. Als Arbeitsmarkt gilt die Gesamtheit aller Personen, die Arbeitsplätze suchen, sowie aller Unternehmen, die Arbeitsplätze anbieten. Strukturiert wird der jeweilige Arbeitsmarkt durch staatliche Rahmenbedingungen (Grenzen und Reglementierungen), durch die Summe der Anbieter und Nachfrager innerhalb bestimmter Berufsgruppen sowie durch deren örtliche Verteilung.[20] Die Strukturierung des Arbeitsmarktes ermöglicht es Unternehmen, den Arbeitsmarkt sowohl als Ganzes zu betrachten als auch sich auf spezielle Segmente zu fokussieren. Je dringlicher bestimmte Berufsgruppen sind, desto detaillierter sollten die Analysen ausfallen, um sicherstellen zu können, dass die ergriffenen Maßnahmen möglichst geringe Streuverluste erzeugen. Unternehmen, die vor einer Neuausrichtung ihrer Personalgewinnung stehen, sollten vor einer solchen Reorganisation eine genaue Prüfung des relevanten Arbeitsmarktes durchführen. Hierzu müssen gemäß Drumm neun Aufgaben gelöst werden.
Zuerst gilt es aufzudecken, wie sich die einzelnen Arbeitskräftekategorien in qualitativer und quantitativer Hinsicht auf die relevanten Arbeitsmärkte verteilen, wobei der relevante Arbeitsmarkt von lokal bis global variieren kann. Als nächstes muss geprüft werden, wo Personen der gesuchten Berufsgruppe ansässig sind, die tendenziell bereit sind, am relevanten Standort tätig zu werden. Der dritte Schritt besteht darin, von einer Beschreibung des aktuellen Arbeitsmarktes zu einer Prognose des zukünftigen Arbeitsmarktes zu gelangen. Basierend hierauf müssen im vierten Schritt relevante Veränderungen des Arbeitsmarktes erfasst und dokumentiert werden. Im fünften Schritt gilt es, die Einflüsse der regional vorliegenden Kulturen auf Angebot von und Nachfrage nach Arbeitskräften aufzudecken. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitsmarkt über nationale oder religiöse Grenzen hinweg ausgedehnt wird. Als Folge hiervon muss im sechsten Schritt eruiert werden, ob es auf bestimmten Arbeitsmärkten Funktionsbarrieren gibt, die es erschweren, Mitarbeiter aus dem Arbeitsmarkt für bestimmte Funktionen einzusetzen. Sollten solche Barrieren bestehen, ist es notwendig, Lösungen hierfür zu erarbeiten. Im siebten Schritt gilt es zu klären, in wie weit der Staat beabsichtigt in die Struktur des Arbeitsmarktes einzugreifen, indem zum Beispiel rechtliche Rahmenbedingungen verändert, Bildungsmöglichkeiten ausgedehnt oder Ansiedlungen von Firmen in bestimmten Regionen gefördert werden. Sofern möglich müssen im Schritt acht unterschiedliche Lohnstrukturen aufgedeckt werden, wenn der untersuchte Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit Tätigkeiten steht, die sehr lohnintensiv sind. Als Abschluss müssen im neunten Schritt die Arbeitsmärkte nach qualitativen Merkmalen typisiert werden, um eine Einschätzung ihrer Attraktivität abgeben zu können. Durch eine solche detaillierte Erarbeitung des externen Arbeitsmarktes erhalten Unternehmen ein klares Bild der relevanten Arbeitsmärkte sowie der eigenen Stellung in selbigem.[21]
Um einen Überblick über die Lage am Arbeitsmarkt zu erhalten, sollte man sich der Materie schrittweise nähern, wobei die Größe des Unternehmens und die Art sowie Anzahl der zu besetzenden Vakanzen einen Anhaltspunkt dafür geben, welchen Ausgangspunkt der Betrachtung das Unternehmen wählen kann. Ein kleines Handwerksunternehmen wird tendenziell eher in der relativen Nachbarschaft nach neuen Mitarbeitern suchen, während große Konzerne auch in der Lage sind, bundesweit oder gar im Ausland potentielle Bewerber anzusprechen. Je größer der Suchradius ist, desto komplexer wird dabei die vorzunehmende Analyse. Diese muss das Unternehmen aber nicht zwingend alleine durchführen, sondern es kann sich dabei externe Hilfe einholen, zum Beispiel bei der Bundesagentur für Arbeit. Ist das Unternehmen groß genug, um sich eine eigene Personalgewinnungsorganisation zu leisten, sollte die Beobachtung des Arbeitsmarktes, wie sie oben beschrieben wurde, kontinuierlich durchgeführt werden, damit die Möglichkeit besteht, auf unvorhergesehene Änderungen der zu besetzenden Vakanzen kurzfristig reagieren zu können.[22] Sicherlich ist dies auch für kleinere Unternehmen empfehlenswert, allerdings sind hier die meisten Mitarbeiter im Personalbereich in der Regel so sehr in andere operative Prozesse eingebunden, dass eine gründliche und permanente Analyse des Arbeitsmarktes aufgrund von Kapazitätsproblemen oftmals nicht umsetzbar ist.
Die Personalgewinnung ist ein mehrstufiger Prozess. Am Anfang steht das Personalmarketing, mit dem potentielle Bewerber auf das Unternehmen und die dortigen freien Vakanzen aufmerksam gemacht werden sollen. Hierbei gilt es, den angesprochenen Personen die Vorteile des potentiellen zukünftigen Arbeitgebers zu veranschaulichen, ohne dabei Hoffnungen zu wecken, die später nicht erfüllt werden können. Hat man genügend Personen dazu motiviert, eine Bewerbung im Unternehmen einzureichen, ist es notwendig, die richtige/n Person/en für die freie/n Stelle/n auszuwählen. Je nach Bekanntheitsgrad und Image des Unternehmens variieren die Bedeutung und die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Stufen im Prozess. So müssen Unternehmen mit einem sehr guten Image und Bekanntheitsgrad die eingehenden Bewerbungen steuern bzw. aus der Vielzahl der Bewerbungen auswählen. Unternehmen, die eher unbekannt sind oder keinen guten Ruf haben, müssen hingegen mehr Aufwand in der Werbung für sich und die zu besetzenden Stellen machen.
Wenn ein Unternehmen beabsichtigt, die Personalgewinnung zu verändern, muss sich das Unternehmen zuerst einen Überblick darüber verschaffen, welche Möglichkeiten es gibt, potentielle neue Mitarbeiter zu gewinnen. Aus diesem Grund folgt nun eine Übersicht möglicher Kanäle, die man in der Adressierung von zukünftigen Mitarbeitern einsetzen kann, wobei zu beachten ist, dass diese Liste nicht als vollständig zu betrachten ist.
Die Veröffentlichung von Stellenanzeigen in Printmedien (Zeitungen und Zeitschriften) ist eine Möglichkeit, die durchaus erfolgreich sein kann, wenn man vier Punkte beachtet. Diese sind als erstes eine aussagekräftige Gestaltung der Inhalte der Anzeige mit genauen Angaben über das Unternehmen sowie über die Aufgaben und die Erwartungen an die sich bewerbende Person. Weiterhin gilt es, auf eine ansprechende formale Gestaltung zu achten, wobei man durch die Auswahl aussagekräftiger Bildelemente einen besseren Einblick vermitteln kann. Dies betrifft besonders die durch die Größenvorgaben, schwer schilderbare Aspekte des Unternehmens, wie zum Beispiel die Unternehmenskultur. Weiterhin ist die zielgruppenorientierte Auswahl des Mediums ebenso bedeutsam wie der richtige Zeitpunkt der Veröffentlichung, bei dem es Urlaubszeiten, Kündigungsfristen oder eventuell funktionsspezifische Zeiten mit besonders hohem Arbeitsaufkommen zu berücksichtigen gilt. So müssen zum Beispiel in der Buchhaltung und im Controlling oftmals am Jahreswechsel der Monats-, Quartals- und Jahresabschluss gleichzeitig erstellt werden, wodurch diese Personen keine Zeit haben, den Stellenmarkt zu verfolgen.
Bei der Auswahl der Medien hat man die Möglichkeit, in Tageszeitungen als auch in Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Hier gilt es, die spezifischen Zielgruppen und Leserkreise der Zeitungen und Fachzeitschriften zu beachten.[23] Bei Fachzeitschriften habe ich, im Rahmen meiner vorherigen Tätigkeit in der Personalberatung, die Erfahrung gemacht, dass die Anzeigen durch die richtige Auswahl der Fachzeitschrift zwar sehr zielgenau steuerbar sind, der Bewerbungseingang aber zögerlich erfolgt. Vermutlich besteht die Ursache darin, dass die Fachzeitschriften primär von Firmen abonniert und jeweils nur ein Exemplar in der Abteilung zur Verfügung gestellt wird, welches dann langsam von Kollege zu Kollege weitergegeben wird, wodurch manche interessierte Kandidaten erst sehr spät von der Schaltung der entsprechenden Anzeige erfahren haben.
Eine weitere Möglichkeit der externen Personalbeschaffung ist die Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Die Bundesagentur bietet ein breites Spektrum an Leistungen in den Bereichen der Beobachtung des Arbeitsmarktes sowie in der Vermittlung von Auszubildenden und Arbeitskräften. Weiterhin veröffentlicht die Bundesagentur Stellenanzeigen von Arbeitgebern sowie Stellengesuche von Arbeitnehmern. Hinzu kommen spezielle Dienstleistungen für bestimmte Zielgruppen, z.B. Fachvermittlungsdienste für Hochschulabsolventen oder JOB-Vermittlungsbörsen für Nebenbeschäftigungen.[24]
Beabsichtigt das Unternehmen gezielt auf Studenten und Absolventen zuzugehen, um Studenten mit Erfahrungen aus einer vorherigen Berufstätigkeit anzusprechen, oder Stellen zu besetzen, für die es nicht möglich war, Personen mit Berufserfahrung zu rekrutieren, bieten sich die Maßnahmen aus dem Bereich des Hochschulmarketings oder des Campus-Recruitings an. Hierzu zählen zum Beispiel die Unterstützung der Lehre durch das Entsenden von Mitarbeitern, die Fachvorträge in Seminaren und Vorlesungen halten. Weiterhin können die Unternehmen die Studenten bei der Anfertigung von wissenschaftlichen Arbeiten unterstützen. Hierbei kann die Unterstützung von der Beantwortung von Fragebögen bis zur Stellung eines Themas für Abschlussarbeiten und dessen Umsetzung reichen. Andere Möglichkeiten sind die Organisation von Besichtigungen der Firma sowie das Anbieten von Praktikums- oder Werksstudentenplätzen. Abschließend können die Unternehmen an speziellen Karrieremessen für Absolventen teilnehmen.[25]
Möchte sich das Unternehmen hingegen eher an Personen wenden, die bereits sehr spezielle Berufserfahrung gesammelt haben oder gar schon in Führungspositionen sind, bietet sich der Einsatz von Personalvermittlern oder Headhunter an. Diese können im Rahmen der vom Gesetzgeber festgelegten Möglichkeiten direkt auf potentielle Kandidaten zugehen, während das Unternehmen erst mal anonym bleiben kann.[26]
Handelt es sich bei dem Personalbedarf um eine temporäre Angelegenheit, wie saisonbedingte Auftragsspitzen, einen hohen Krankenstand oder Ähnliches, bietet sich der Einsatz von Zeitarbeitsfirmen an. Diese stellen die Mitarbeiter ein und verleihen sie an das Unternehmen. Zu beachten ist hier, dass das Unternehmen nicht nur die Vorteile erhält, indem es schnell Mitarbeiter zur Verfügung gestellt bekommt, die die Firma auch schnell wieder an das entleihende Unternehmen zurückgeben kann, wenn der Bedarf nicht mehr vorhanden ist. Man erkauft sich diesen Vorteil mit dem Nachteil, dass man die entliehenen Mitarbeiter zunächst an die neuen Aufgaben heranführen und sie einarbeiten muss.[27]
Eine weitverbreitete Methode der Ansprache von potentiellen Bewerbern ist die Schaltung einer Anzeige in Online-Portalen. Die Unternehmen können hierbei sowohl die eigene Firmenhomepage wählen, als auch Portale externer Betreiber, die sich entweder an bestimmte Zielgruppen richten oder an die breite Masse der potentiellen Bewerber. Vorteilhaft sind hier vor allem die Schnelligkeit und Aktualität des Mediums, der relativ kostengünstige Preis der Stellenanzeigen sowie die Verknüpfung von Stellenportal und Bewerberdatenbank, die es potentiellen Bewerbern und Kandidaten ermöglicht, ihr Profil im Portal zu hinterlegen, um von interessierten Firmen angesprochen werden zu können.[28]
[...]
[1] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 102
[2] Vgl. Drumm, H. J., Personalwirtschaft, 2005, Seite 400 f.
[3] Siehe Becker, M., Personalentwicklung, 2009, Seite 4
[4] Vgl. Bronner, R., Staminski, H. (HRSG), Evolution steuern – Revolution planen, 1999, Seite 63
[5] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/2478/change-management-v8.html (09.12.2012, 14:07)
[6] Vgl. Jones, G., R., Organizational Theory. Design, and Change, 2007, Seite 269
[7] Vgl. Jones, G., R., Organizational Theory. Design, and Change, 2007, Seite 270
[8] Vgl. Schreyögg, G., Koch, J., Grundlagen des Managements, 2007, 362 f.
[9] Vgl. Kuster, J., et al., Handbuch Projektmanagement, Seite 244 ff.
[10] Vgl. Becker, M.: Personalentwicklung, 2009, Seite 4
[11] Siehe http://www.itb.uni-bremen.de/changeman/download/Handout_Ansorge.pdf (06.02.2013, 09:52), Folie 4
[12] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Personalwirtschaftslehre 1, 2001, Seite 245
[13] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Personalwirtschaftslehre 1, 2001, Seite 246
[14] Vgl. Nel, P. S., Human Resources Management, 2004, Seite 214
[15] Vgl. Drumm, H. J., Personalwirtschaft, 2005, Seite 239
[16] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., 2001, Personalwirtschaftslehre 1, Seite 246 f.
[17] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., 2001, Personalwirtschaftslehre 1, Seite 247
[18] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., 2001, Personalwirtschaftslehre 1, Seite 247
[19] Vgl. Drumm, H. J., Personalwirtschaft, 2005, Seite 94
[20] Vgl. Drumm, H. J., Personalwirtschaft, 2005, Seite 92
[21] Vgl. Drumm, H. J., Personalwirtschaft, 2005, Seite 93 f.
[22] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Personalwirtschaftslehre 1, 2001, Seite 248
[23] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 87
[24] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 88
[25] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 88
[26] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 89
[27] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 89 f.
[28] Vgl. Holtbrügge, D., Personalmanagement, 2005, Seite 90 ff.
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