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Bachelorarbeit, 2009
50 Seiten, Note: 1,3
1. Einleitung
1.1 Zielsetzung
2. Weiterbildung als Baustein Lebenslangen Lernens
2.1 Der Begriff der Weiterbildung
2.3 Die Beteiligung an Weiterbildung
2.3 Der Begriff des Lebenslangen Lernens
2.4 Weiterbildung und Lebenslanges Lernen im Zusammenhang
3. Zwischenfazit
4. Programmplanungshandeln in der Weiterbildung
4.1 Der Begriff Programm in der Weiterbildung
4.2 Der Begriff Programmplanung
4.3 Programmplanung als Koppelung von Wissensinseln
5. Bedarfsermittlung als Planungsinstrument
5.1 Der Begriff des Bedarfs
5.2 Methoden der Bedarfsermittlung
6. Empirische Studie zur Bedarfserhebung des Deutschen Institutes zur Weiterbildung Technischer Assistentinnen und Assistenten in der Medizin e.V. (DIW-MTA)
6.1 Vorstellung des DIW-MTA
6.2 Die Idee und Vorüberlegungen zur Studie
6.3 Leitfadenentwicklung und Vorüberlegungen zur Vorgehensweise der Bedarfserkundung
6.4 Durchführung der Bedarfserhebung
6.4.1 Teilnehmerbefragung als Instrument der Bedarfsermittlung
6.5 Präsentation und Auswertung der Ergebnisse
6.6 Kritische Anmerkungen zur Studie und Beurteilung der gewählten Methode
7. Fazit und Ausblick
7. Abbildungsverzeichnis
8. Tabellenverzeichnis
Anhang
Weitere Abbildungen zur Studie
Mit einem sich epidemieartig ausbreitenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandel, gekennzeichnet durch ungeahnte Innovationsenergien, globalisierte Wirtschaftsaktivitäten, einer verstärkten Fokussierung von Wertschöpfungsprozessen und Beschäftigung auf den Dienstleistungssektor sowie einem gar unermesslichen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien, scheint sich ein Grundgerüst einer wissensbasierten Gesellschaft zu entwickeln. Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung Bonn betont, dass aufgrund solch weit- reichender Veränderungsprozesse in der Arbeits- sowie in der privaten Lebenswelt,- vor allem die berufliche Weiterbildung,- nicht nur als Schlüsselressource für Individuen und Gesellschaft fungiert, sondern zudem eine bedeutende Stellung als Gefolge des Konzeptes Lebenslanges Lernen einnimmt. Besonders im beruflichen Sektor fallen Schlagwörter wie „Kompetenzentwicklung“, „fachübergreifende Kompetenz“, „Soft Skills“ oder „personale Qualifikationen“. Im Berufsbildungsbericht 2006 wird über „rasche Veränderungen in Technik, Prozess- und Arbeitsabläufen“ diskutiert, welche „eine kontinuierliche Anpassung der Qualifikationen und Kompetenzen, um Beschäftigungsfähigkeit auf Dauer halten zu können“ voraussetzen. Die geforderten neuen Qualifikationsprofile und Schlüsselkompetenzen bedürfen zudem einer neuen inhaltlichen Schnittmenge der Bildungsangebote. Interdisziplinäre Verbindungen, von zum Beispiel beruflicher, allgemeiner und gesundheitlicher Bildung, sind keine Seltenheit mehr. Sie sind gefragter denn je. Doch wie genau entstehen solche Bildungsangebote? Weiterbildung wird zwar zu Recht ein hoher Stellwert zugesprochen, doch darf die, zumeist im Hintergrund ablaufende, planerische Aktivität, nicht übersehen werden. Nach welchen Kriterien wird eine Weiterbildung ausgerichtet, das heißt eine Veranstaltung organisiert? In der Planung von weiterbildenden Veranstaltungen ist zu analysieren, welchen gesellschaftlichen, bildungspolitischen und adressatenbezogenen Bedürfnissen eine solche Veranstaltung entspricht. „Interessen, Bedürfnisse und Defizite sind Ausgangspunkt und Objekte der Erwachsenenbildung […]“ (Langosch 1993, S.40, Z.5f). Weiterbildungsinhalte richten sich nach dem Bedarf der jeweiligen Zielgruppe. Trotz der bereits erkannten Bedeutsamkeit der Bedarfsermittlung,- ist ihr Siegeszug bis in die Praxis nicht vollends vorgedrungen. Sie ist im Verhalten der handelnden Akteure nicht routiniert oder stößt auf Barrieren genereller, methodischer sowie psychischer Natur (vgl. Gerhard 1992, S.9). Was also bringt es, wenn Bedarfsermittlungen im Kontext der Wissenschaft als ein „Methodisches-Muss-Vorgehen“ angesehen werden, in der Praxis jedoch keine Anwendung finden? Sie werden meist beiläufig, ungezielt, unsystematisch und nicht ausreichend fundiert vollzogen (ebd. S.9f). Nicht immer ist Desinteresse Hauptursache, sondern Mangel an personellen, finanziellen, und zeitlichen Ressourcen sowie ein „Nicht-Herangetraue“, zurückzuführen auf Erfahrungsarmut.
Es ist aber nicht immer von einer Praxisleere auszugehen. Dass die Theorie des Planungshandelns als fruchtbares Gedankengut einer Berufspraxis und als Bestandteil einer Bildungsplanungswirklichkeit geltend gemacht werden kann, ist mit der Arbeit zu beweisen. Hierzu soll die am Deutschen Institut zur Weiterbildung Technischer Assistentinnen und Assistenten in der Medizin e.V.[1] durchgeführte Bedarfsanalyse zur Einführung des Weiterbildungsgangs „Fachwirt/in für Medizinische Informationstechnologien“, als Teilprozess eines Programmplanungshandelns in der Weiterbildung, vorgestellt werden. Vorab gilt es, mit der Thematik in Zusammenhang stehende Begriffe, zu erläutern. Hierzu sei der Versuch einer Definition des Begriffes Weiterbildung gewagt. Zudem sei das Konzept des „Lebenslangen Lernens“[2] präsentiert, das heißt der Frage nachgegangen, warum Lebenslanges Lernen notwendig ist und welche Ziele damit verfolgt werden. Bevor die Ergebnisse der Studie zur Bedarfsermittlung vorgestellt werden, ist ein Blick auf das Feld der Programmplanung zu werfen, der Begriff Bedarf zu klären, sowie Methoden und Instrumente der Bedarfserhebung in der Weiterbildung vorzustellen.
Mit der Arbeit, die ihren Fokus auf die Erhebung von Bedarf in der Weiterbildung legt, sollen insbesondere folgende Ziele verfolgt beziehungsweise die folgenden Fragestellungen beantwortet werden:
1. Die Arbeit soll die Bedeutung der Bedarfserhebung für die Konzeption von Weiterbildungsangeboten beurteilen können.
2. Inwiefern ist die gewählte und in der Arbeit präsentierte Methode zur Bedarfserhebung in ihrer Reichweite und Leistungsfähigkeit zu bewerten?
3. Die Ergebnisse der Studie und somit die mögliche Bedarfsfeststellung zur Weiterbildung „Medizinische Informationstechnologien“ sollen interpretiert, kritisch betrachtet und in einem Bezug zum Lebenslangen Lernen gesetzt werden.
Zumeist wird der Begriff Weiterbildung als die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer Bildungsphase, die unterschiedlich ausgedehnt sein kann (vgl. Deutscher Bildungsrat, 1970), definiert. Die Definition mag zutreffend sein, reicht aber bei weitem nicht aus. Die Beschreibung der Weiterbildung als ein Phasenbegriff kann als Prozessbegriff neu aufgefasst werden. Weiterbildung wird dann als ein lebensbegleitender Lernprozess, der sich nicht im Verantwortungskreis der primären und sekundären Bildungsbereiche finden lässt, gesehen (vgl. Sächs. Weiterbildungsgesetzt). Die Berührung eines lebensbegleitenden Lernprozess-Charakters weist explizit darauf hin, dass sich Weiterbildung nicht auf die Zeit nach dem Abschluss einer ersten Bildungsphase beschränken lässt. Nicht immer wird Weiterbildung als positiv gewertet, sondern mit Assoziationen und persönlichen Empfindungen wie „Muss ich machen, um beruflich fit zu bleiben“, „Hab genug gelernt“ oder „Bringt ja doch nichts“ in Verbindung gebracht (vgl. Schröder u.a. 2004, S.140ff).
Da die definitorischen Ansätze zum Thema Weiterbildung in der Literatur vielseitig vertreten sind, möchte ich mich im Folgenden ausschließlich auf Weinberg und Wittpoth beziehen. Um Weiterbildung strukturell fassen zu können, typologisiert Wittpoth Weiterbildung nach Inhaltsbereichen, Trägerschaften (d.h. nach dem Grad ihrer Offenheit) und nach dem Grad ihrer Formalisierung (es wird zwischen formalem, informalem und nicht-formellem Lernen unterschieden). Die Typologisierung in Inhaltsbereiche soll für einen allgemeinen Überblick genügen. Weiterbildung wird hierbei in allgemeine und politische Weiterbildung, welche den nicht-beruflichen Weiterbildungszweig (Erwachsenenbildung) ausmachen und in berufliche Weiterbildung differenziert (vgl. Wittpoth 2006, S.109f.). Allgemeine und Politische Weiterbildung spielen zum einen auf den Erhalt und den ständigen Ausbau von Grundausstattungen wie Lesen und Schreiben an und zum anderen auf die Fähigkeit zur Urteilsbildung zu bestimmten Problemlagen, wie zum Beispiel zu politischen Angelegenheiten, die einer öffentlichen Auseinandersetzung bedingen (vgl. Weinberg 2000, S.11f.). Der Bereich der beruflichen Bildung, der in sich die Sektoren der Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung (Lernen am Arbeitsplatz) unterteilt, zielt auf berufliche Anpassungsfähigkeit, Neuorientierung und Aufstiegsmöglichkeit durch eine Verbesserung von Qualifikationen.
Zur gedanklichen Anregung im Bezug auf Weiterbildung,- stellen sich die Fragen: Seit wann gibt es Weiterbildung? Übt Weiterbildung eine ausschließlich gesellschaftliche Funktion aus oder löst sie ein Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlichen Anforderungen (z.B. Arbeitsmarkt) und individuellen Ansprüchen (Berufswunsch) aus?
Bevor der Versuch gemacht wird, die Begriffe Weiterbildung und Lebenslanges Lernen synthetisch zusammenzuführen, sei vorab ein Blick auf die aktuelle Weiterbildungsbeteiligung geworfen.
Mit einem Blick auf die Weiterbildungsbeteiligung lassen sich Fragen, die sich damit beschäftigen, welche Gruppe bevorzugt an Weiterbildung partizipiert und inwieweit Weiterbildung als Bestandteil des Alltags gilt, klären. Meist handelt es sich viel mehr um grobe Schätzungen, wie viel Geld Arbeitergeber/innen und Arbeitnehmer/innen in Weiterbildung investieren (vgl. Siebert 2006, S.30). Ein ebenso für die Datenerhebung nicht unproblematischer Aspekt gestaltet sich in der Frage, was zu dem Bereich Weiterbildung zu zählen sei. Wer bestimmt, ob ein Messebesuch, das Anhören eines Einzelvortrages oder gar das Anschauen einer musikalischen Darbietung als eine anzuerkennende Weiterbildungsveranstaltung gilt (ebd. S.30)? Es ergeben sich jedoch noch weitere Konflikte. Zum einen sei zu beachten ob die Teilnehmer/innen die Veranstaltung bis zum Schluss besuchen oder vorzeitig abbrechen und zum anderen inwiefern sich Lernformen (formelles, informelles Lernen) differenzieren lassen (ebd. S. 30). Auch das könnte eine Weiterbildungsstatistik verfälschen.
Der vorangegangene Absatz soll für Schwierigkeiten, mit denen sich das Berichtsystem Weiterbildung konfrontiert sieht, sensibilisieren.
Des Weiteren soll das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebene Berichtssystem Weiterbildung IX zur Erschließung der Thematik dienen. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Teilnahme an Weiterbildung insgesamt im Jahr 2003 bei einem Wert von 43 Prozent lag, was bundesweit eine Zahl von 20,4 Millionen Teilnehmern/innen ausmachte. Verglichen mit dem Jahr 2000 ist hier ein Rückgang von zwei Prozent zu verzeichnen (vgl. Berichtssystem Weiterbildung IX 2004, S.14). Die jahrelange Expansion im Weiterbildungsbereich, besonders von 1979 bis 1997, in denen sich die Teilnehmerquote fast verdoppelte, konnte sich jedoch nicht mehr fortsetzen (ebd. S.47ff.). Werden die Berichtergebnisse der periodisch erfassten Erhebungen längerfristig betrachtet, kann von einem stark wachsenden Weiterbildungsbereich ausgegangen werden (ebd. S. 47f). Als Gründe dafür werden der Zugewinn an Freiheit, die Möglichkeit der Teilnahme an Bildungsreisen, der Zuwachs und die Anerkennung pädagogischen Personals, die Schaffung von Lernimpulsen, vor allem durch eine multikulturelle und globalisierte Gesellschaft beeinflusst, sowie der höhere Anspruch an Qualifikationen in Schule und Beruf, genannt (vgl. Siebert 2006, S.41). Um genauer zu verdeutlichen,- welche Bevölkerungsteile von der Weiterbildungspraxis wirklich erreicht werden, kann die erwachsenenpädagogische Milieustudie von Tippelt herangezogen werden. Ein klassisches Klientel an Weiterbildungsteilnehmern/innen gibt es schon lange nicht mehr als Zielgruppe (vgl. Arnold/ Pätzold 2008, S.156f.). Mit dem Modell der Sinus-Milieus kann die Weiterbildungsbeteiligung in Abhängigkeit von Lebenswelten, Lebensauffassungen und Lebensstilen untersucht werden. Eine Weiterbildungsbeteiligung kann ebenfalls nach der Kategorie Geschlecht analysiert und durch die Betrachtung einer bestimmten Teilnehmerstruktur (Kuwan unterscheidet hierbei zwischen Ost- und Westdeutschland) in Abhängigkeit gesetzt werden.
Wie der Begriff Lebenslanges Lernen schon impliziert, geht es um Bildung über die Lebensspanne, oft auch als Pädagogisierung der Lebensführung betitelt. Im Kontext einer Pädagogisierung der gesamten Lebensführung findet das Symptom des zunehmenden Reflexiv-Werdens des Lernens enorme Bedeutung (vgl. Kade u.a. 2007, S.30). Eindrücke, Erfahrungen, Informationen werden während des gesamten Lebenszyklus eines Menschen aufgenommen, erschlossen, interpretiert und zugeordnet (vgl. Arnold, R. u.a. 2001). Der Begriff Lebenslanges Lernen, auch vom englischen Leitbegriff „longlife learning“ oder „lifelong education“ bekannt, hat seit den 1970er die Bildungsdiskussionen im Europarat, in der UNESCO[3], der OECD[4] und der Europäischen Union bestimmt (vgl. Alheit u. Dausien: in Tippelt 2002, S.565 ff.). Dass der Begriff Lebenslanges Lernen auch in Dokumenten und Berichten Diskussionsanlass ist, belegt der im Rahmen der UNESCO 1972 vorgelegte Faure-Report. Der Report, der einem humanistischen Ideal von Bildung folgt, beschäftigt sich im Kern mit der Frage, wie Bildungsstrukturen so verändert werden können, dass ein Lebenslanges Lernen realisierbar ist (ebd. S.566ff.). Im Faure-Report wird insbesondere die Position vertreten, dass ein zentrales Ziel jeder Bildungsarbeit und jedes menschlichen Lernens auf die Entwicklung menschlicher Kompetenz setzt. Die Entwicklung von Kompetenzen ist die Förderung einer aktiven, verantwortungsbewussten und demokratischen Mitwirkung der Menschen unumgänglich und trägt so zur Sicherung einer friedlichen, humanen Zukunft bei (vgl. Dohmen 1996, S.15). Der sich anschließende Delors-Report „Learning: The treasure within“ greift Ansätze des Faure-Report auf und entwickelt sie weiter. Sowohl die vier zentralen Säulen von Bildung, „Lernen, Wissen zu erwerben“, „Lernen, zu handeln“, „Lernen, zusammenzuhalten“ und „Lernen zu lernen“, als auch Empfehlungen den Zugang zu Bildung durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zu ermöglichen, werden thematisiert. Nur so lässt sich Lebenslanges Lernen verwirklichen (ebd. S.566f.). Eine weite Verbreitung erfährt der Begriff des Lebenslangen Lernens zudem durch das von der Europäischen Kommission 2000 veröffentlichte Memorandum über Lebenslanges Lernen. In diesem wird geschlussfolgert, dass ein erfolgreicher Übergang zu einer wissensbasierten Gesellschaft mit einer Orientierung zum Lebenslangen Lernen einhergehen muss (vgl. Memorandum über Lebenslanges Lernen, S.3). Lebenslanges Lernen wird hier als zielgerichtete Lerntätigkeit definiert, die zu einer kontinuierlichen Verbesserung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen beiträgt (ebd. S. 3ff.).[5] Gerade vor dem Hintergrund eines sich beschleunigenden Gesellschaftswandels und der beobachtbaren Umschichtung der Lernzeit von der Jugend in die frühere, mittlere und späte Phase des Lebens der Erwachsenen, lässt die Maxime eines Lebenslangen Lernens zu einem gesellschaftlichen Leitbild werden (vlg. Kade u.a. 2007, S.30). Dass das Konzept eines Lebenslangen Lernens schon seit Längerem Akzeptanz findet, beweist insbesondere seine Wirkungskraft auf politischen Gefilden. „Wissen ist heute die wichtigste Ressource in unserem rohstoffarmen Land. Wissen können wir aber nur durch Bildung erschließen […]“ (Aus einer Rede des Alt-Bundespräsidenten Roman Herzog vom 5.11.1997, gehalten auf dem Berliner Bildungsforum). Doch es muss im Gegenzug betont werden, dass wenn auch der Begriff neuartig erscheint, die Idee zum Lebenslangen Lernen schon lange existiert. Beispiele hierfür finden sich unter anderem in Platons Schriften. Platon geht davon aus, dass der Philosoph das Wahre nur durch ein stetiges Lernen erkennen kann. Der Philosoph wird als Suchender, fortwährend Lernender dargestellt. Lebenslanges Lernen beschreibt alles formale, nicht-formale und informelle Lernen an unterschiedlichen Lernorten von der frühen Kindheit an bis ins hohe Alter (vgl. Schüßler & Thurnes 2005, S. 51). Lernen wird hierbei als konstruktives Verarbeiten bestimmter Informationen und gewonnenen Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen verstanden (ebd. S. 51).
Zusammenfassend versucht der Begriff Lebenslanges Lernen zu verdeutlichen, dass sich Bildungswege nicht nur aus aufeinander folgenden Abschnitten zusammensetzten lassen, die jeweils mit einem Schul- oder Universitätsabschluss enden. Wir sind und bleiben lebenslange Lerner (vgl. Alheit u. Dausien in: Tippelt 2002, S.567f.).
Da ein Lebenslanges Lernen den Wiedereinstieg ins Berufsleben und die Wiederaufnahme bestimmter Bildungswege ermöglicht, gestaltet sich in diesem Zusammenhang die Weiterbildung als wichtiges Element des Konzeptes. Die Begriffe Weiterbildung und Lebenslanges Lernen gilt es im Folgenden zusammenzuführen.
Wenn wir vorab vom Konzept eines Lebenslangen Lernens sprachen, fielen im gleichen Zuge Begriffe wie Bildung über die Lebensspanne und Pädagogisierung der gesamten Lebensführung. Ebenso wurde verdeutlicht, dass Lebenslanges Lernen mit bildungspolitischen Forderungen in Verbindung steht und zudem das Ziel einer Erhöhung der Bildungsteilhabe verfolgt. Des Weiteren gilt es zum Zwecke der Chancengleichheit, dem Menschen, in seiner Individualität,- gesellschaftliche als auch berufliche Entwicklung zu ermöglichen. Das klingt sehr utopisch, aber in jeder guten Utopie steckt auch ein Antrieb zur Realisierung. Weiterbildung kann daher als unterstützendes Instrument zum Lebenslangen Lernen gewertet werden.
Es ist zu betonen, dass ohne lebensweltliche und organisatorische Gelegenheitsstrukturen, gemeint sind hier die Orte, Räumlichkeiten und Institutionen, welche eine Pädagogisierung der Lebensführung begleiten, eine generelle Bereitschaft zum Lebenslangen Lernen nicht möglich wäre (vgl. Kade/ Nittel/ Seitter 2007, S. 28). Durch die zunehmende Anerkennung eines Lebenslangen Lernens hat sich die Bedeutung des Lernens für den Einzelnen verändert. Das heißt, dass sich Lernanlässe, Lernziele, Lernumgebungen, Lern/Lehrmethoden geändert und sich neue Begriffe, wie selbstgesteuertes Lernen, etabliert haben (vgl. Behrmann u. Schwarz 2003, S. 19ff). Die Kunst besteht nun darin, diese Bedingungen an die Strukturen von Weiterbildung anzupassen oder im Gegenzug die Strukturen in der Weiterbildungslandschaft an den gegebenen Konditionen anzupassen. Im 1979 vorgelegten Strukturplan des Deutschen Bildungsrates wird die Notwendigkeit des Lebenslangen Lernens damit begründet, dass aufgrund einer sich beschleunigenden Veralterung des Wissens die bisher erworbenen schulischen Leistungen und die berufliche Ausbildung nicht mehr für das gesamte Leben ausreichen. Das heißt, es muss die Möglichkeit gewährt bleiben sich neuen Anforderungen anzupassen. Wie kann das realisiert werden? Durch Weiterbildung. Wie sich das Verhältnis zwischen Lebenslanges Lernen und Weiterbildung darstellen lässt, steht in den Sternen. Gewiss ist jedoch, dass Lernen gleichzeitig impliziert, sich weiterzubilden. Wenn Weiterbildung nicht mit einem nicht-beruflichen Bereich gleichgesetzt wird, kann das Individuum sich ebenso durch „eigenständiges“ Lernen weiterbilden. Daher könnte die Tätigkeit „sich weiterzubilden“ mit der Tätigkeit „zu lernen“ synonym verwendet werden.
Nicht mehr von der Hand zu weisen sind die sich immer weiter differenzierenden Bildungsanforderungen. Nicht nur der berufliche Bereich wird durch eine dynamisierende Welle neuer Medien und Technologien überrollt, sondern die Gesellschaft generell unterliegt rasanten Veränderungsprozessen. Wissen und Bildung können hier als Bindungsglied zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fokussiert werden. Weiterbildung muss demnach nicht nur eine hohe Anerkennung beigemessen werden, sondern gleichzeitig sie muss gleichzeitig im Prozess eines Lebenslangen Lernens als unabdingbare Größe gehandelt werden. Doch warum werfen die Zahlen der Weiterbildungsbeteiligung ein eher diffuses Bild auf diesen Befund? Ein Blick auf die Weiterbildungsbeteiligung lässt auf zum Teil alarmierende Zahlen stoßen: Während von 1979 bis 1997 ein Anstieg der Teilnahme auf 48 Prozent erfasst wurde (hierbei handelt es sich um fast die Hälfte der Bevölkerung zwischen 19 und 64 Jahren), ließ sich bis zum Jahr 2003 ein Absinken auf 41 Prozent verzeichnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt in seinem Bericht zur aktuellen Weiterbildungssituation an, dass Umfragen der Bevölkerung eine positive Einstellung gegenüber Weiterbildung bescheinigen. 94 Prozent der Befragten bejahen die Notwendigkeit von Weiterbildungen. An dieser Stelle wäre zu diskutieren, inwiefern der sich allgemein darstellende Weiterbildungsbedarf mit den Bedürfnissen der deutschen Bevölkerung zusammenfällt. Darüber hinaus könnte danach gefragt werden, ob die Angebote der jeweiligen Weiterbildungsinstitutionen in ihren Lernarrangements an den Bedürfnissen der Teilnehmer/innen angepasst sind oder überhaupt Beachtung finden. Es ließe sich sonst auch unterstellen, dass die verschiedenen Angebote dem tatsächlichen existierenden Bedarf nicht entsprechen. Was jedoch deutlich geworden ist, ist, dass die Wertschätzung an Weiterbildung höher ist, als die Beteilung selbst. Es öffnet sich eine Schere zwischen der allgemeinen Wertschätzung an Weiterbildung und der tatsächlichen Bildungsbeteiligung (vgl. Schlutz 2006, S.39), die Schulenberg bereits 1978 feststellte. Dieser Befund erweist sich als beachtenswert in der Ermittlung von Bedarfe, denn es gilt zu berücksichtigen, dass ein allgemeines Interesse an Weiterbildung noch lange nicht zu einer konkreten Nachfrage führen muss. Inwiefern sich eine passgenauere Programmplanung durch die Erschließung von Weiterbildungsbedarf als Lösungsansatz anbietet, soll im weiteren Verlauf diskutiert werden.
Der Semantik des Wortes folgend, wird „Programm“ für etwas Geplantes als auch für die Zusammenstellung von Grundsätzen gebraucht (vgl. Höffer-Mehlmer in Tippelt 1994: Handbuch der Erwachsenenpädagogik). Zudem wird mit einem Programm etwas Geordnetes umschrieben, zum Beispiel ein „Konzertprogramm“, durch welches die musikalische Veranstaltung in ihrem zeitlichen Rahmen festgelegt ist (ebd. S.629).
Programme stellen makrodidaktisch konzipierte Angebote dar (vgl. Arnold u.a 2001). Diese Angebote lassen sich durch eine Mixtur von Lernarrangements, Projekten, Veranstaltungen, Gesprächsrunden und Zielgruppenkonzeptionen kennzeichnen, die im Prozess der Planung aufgegriffen und unter Schwerpunktsetzung gebündelt werden (ebd.). Eine Institution mit Weiterbildungsangeboten stellt sich sozusagen mit diesem Programm vor. Sie legt innerhalb des Programms dar, wie sie Bildung und Qualifizierung von Erwachsenen anbietet und ist demnach Ausdruck eines bestimmten Lernkonzeptes der jeweiligen Einrichtung (vgl. Arnold u.a. 2001). Das Programm kann von Inhalten, Fachstrukturen, von alltäglichen Situationen, von verschiedenen Verwertungsinteressen und Qualifikationsansprüchen Dritter im beruflichen Kontext beeinflusst werden (vgl. Gieseke 2003, S.192). Darüber hinaus kann der Darlegung eines Programms eine Zuweisungsfunktion zugesprochen werden. Das Programm verweist auf allgemeine Zugangsmöglichkeiten und steht dabei gleichzeitig zu einem Konzept des Lebenslangen Lernens, indem es als sichtbares und institutionalisiertes Faktum präsentiert wird (ebd. S.192). Die in der Weiterbildungslandschaft zu findenden Programme zeigen nicht ausschließlich die Leitidee einer Institution auf, sondern ebenso die nach bestimmten Schwerpunkten geplanten Angebote (ebd. S.189). Strukturierungsmotive sind hierbei vielseitig: ein Angebot kann fachspezifisch ausgelegt sein (Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften), sich nach bestimmten Schlüsselqualifikationen richten (Gesundheit, Berufe) oder zielgruppenspezifisch konzipiert sein (Mütter, Arbeitslose) (ebd. S.189). Kopplungen der einzelnen Strukturierungsprinzipien werden nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil: dies kommt in der Praxis häufiger vor.
Programme spiegeln dementsprechend auch die weiterbildende Institution selbst wider, indem sie verdeutlichen was im Vorder- und im Hintergrund steht und welche Bereiche die Institution genauer oder undeutlich wahrnimmt (vgl. Höffer-Mehlmer in Tippelt 1994: Handbuch der Erwachsenenpädagogik, S.629). Es geht also bei der Organisation und Planung von solchen Weiterbildungsprogrammen nicht nur darum, zeitlich, methodisch, thematisch und strukturiert vorzugehen, sondern im gleichen Zuge um die Entwicklung institutioneller Identität (ebd. S.630).
Allgemein fungieren Programme für den potentiellen Weiterbildungsteilnehmer als „Überblickshandwerkszeug“, indem sie Zeitstrukturen vorgeben, Seminarinhalte benennen und,- auf Verwendungszusammenhänge, Nutzungsmöglichkeiten und Zugangsbedingungen aufmerksam machen.
Doch wie werden solche Programme genau entwickelt und geplant? Wer entscheidet darüber, welcher Kurs angeboten wird? Wie entsteht ein Programmprofil? Zur Untersuchung und gleichzeitigen Beantwortung der Fragen interessiert im weiteren Verlauf das Feld der Programmplanung.
[...]
[1] Im weiteren Verlauf der Arbeit kann hierfür die Abkürzung DIW-MTA gebraucht werden.
[2] Lebenslanges Lernen wird im Verlauf der Arbeit als eigenständiger Begriff verwendet.
[3] United Nations of Educational, Scientific and Cultural Organization
[4] Organisation for economic cooperation and development
[5] Im Memorandum werden weiterhin die Prioritäten eines Lebenslangen Lernens herausgearbeitet. Auch die Bedeutung des Lernens in der Herausforderung einer Wissensgesellschaft wird debattiert. Für den Einstieg zur Einführung eines Lebenslangen Lernens empfehlenswert.