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Bachelorarbeit, 2013
68 Seiten, Note: 1,3
Abkürzungen und Formelzeichen
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
2.1 Zuverlässigkeit
2.2 Weibull-Analyse
2.2.1 Weibull-Verteilung
2.2.2 Zuverlässigkeitsanalyse
2.3 Lebensdauer-Last-Beziehungen
3 Lebensdauer-Last-Beziehungen im Detail
3.1 Arrhenius-Beziehung
3.2 Eyring-Beziehungen
3.2.1 Allgemeine Form
3.2.2 Vereinfachte Form für Temperatur oder Feuchte
3.2.3 „Inverse Power Law“ und exponentielles Modell für Spannung
3.2.4 Temperatur-Spannung-Modelle
3.2.5 Elektromigrationsmodell
3.2.6 Temperatur-Feuchte-Modell
3.2.7 Three-Stress-Modell
3.2.8 Modell für Bruch von Festkörper unter Zugbelastung
3.2.9 Modell für Korrosion von Aluminium und Aluminiumlegierungen
3.2.10 Modell für HCI-Effekt bei MOSFETs
3.3 Inverse Power Law - Beziehungen
3.3.1 Allgemeine Form
3.3.2 Modell für Lebensdauer von Wälzlager
3.3.3 Coffin-Manson-Modell
3.3.4 Modifiziertes Coffin-Manson-Modell
3.4 Modelle für multi- und zeitvariable Belastungen
3.4.1 Proportional-Hazard-Modell
3.4.2 General-Log-Linear-Modell
3.4.3 Step-Stress-Methode, Cumulative-Damage-Modell
3.5 Taylor-Werkzeuglebensdauermodell
3.5.1 Allgemeine Form
3.5.2 Erweiterte allgemeine Form
3.5.3 Erweiterte Form mit Berücksichtigung der Werkstoffhärte
3.5.4 Abhängigkeit der Taylor-Konstante von der Geometrie des Schneidewerkzeugs
3.5.5 Weitere auf Taylor-Formel basierende Werkzeuglebensdauermodelle
3.6 Abhängigkeit der Werkzeuglebensdauer von Temperatur
3.7 Werkzeuglebensdauermodelle bei Trockenbearbeitung und Minimalmengenschmierung
3.7.1 Werkzeuglebensdauermodell bei Trockenbearbeitung
3.7.2 Werkzeuglebensdauermodell bei Minimalmengenschmierung
3.8 Werkzeuglebensdauermodell für CBN- und PKD-Werkzeuge
4 Lebensdauer-Last-Beziehungen im Überblick
5 Zusammenfassung und Ausblick
5.1 Zusammenfassung
5.2 Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Viele Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Produktionsanlagen intensiver zu nutzen und Produktivität deutlich zu steigern. Fertigungstechnologien und –anlagen werden immer komplexer und kostenintensiver. Entsprechend wachsen auch die Anforderungen an die Instandhaltung. Dieser Bereich steht vor immer schwierigeren Aufgaben, da die wachsenden Investitionen in komplexere Produktionsprozesse sich nur dann finanziell rechtfertigen lassen, wenn eine sehr hohe Anlagenverfügbarkeit gewährleistet werden kann [Röt-05].
Eine große Vielfalt der Produktionsanlagen, welche zunehmend individuell auf Kundenanforderungen angepasst bzw. speziell nach Kundenwunsch entwickelt werden, führt zur noch größeren Vielfalt einzelner Komponenten. Innovations- und Produktlebenszyklen werden immer kürzer, gleichzeitig bilden Maschinen- und Anlagenkomponenten mit ihren Vorgänger- und Nachfolgeversionen ein komplexes System mit unterschiedlichen Lebenszyklen. Dadurch wird die Prognose des Ersatzteilebedarfs immer schwieriger und unsicherer [Nig-10].
Zu den Hauptaufgaben einer leistungsfähigen Instandhaltung gehören die Gewährleistung einer hohen Anlageverfügbarkeit und das Halten der Maschinenstillstände auf einem niedrigen Niveau. Das wird heutzutage teuer erkauft, entweder durch erhöhte Bestände von Ersatzteilen im Lager mit entsprechend hohen Kapitalbindungs- und Lagerkosten, oder durch kalkulierte Risiken, verbunden mit Vertragsstrafen und Imageschäden als Folgen von Produktionsausfällen und Unterbeständen [Röt-05; Nig-10]. Auf der anderen Seite, wird von Kunden zunehmend gefordert, dass Maschinenhersteller, neben den Produktionsanlagen, auch entsprechende immer umfassenderen vertraglich abgesicherten Verfügbarkeitsgarantien anbieten [Waw-7 ].
Um Ausfälle der Maschinenkomponenten möglichst genau voraussagen zu können, sind vor allem große Mengen an Betriebsdaten notwendig. Steigender Individualisierungsgrad hat zur Folge, dass Verkaufszahlen einzelner Maschinentypen niedrig sind. Aufbau einer soliden Datenbasis für statistische Auswertung der Lebensdauer wird dadurch sehr kompliziert. Ausfallratenkataloge, wie z.B. in Elektroindustrie, welche als Richtwerte benutzt werden können, sind im Maschinenbaubereich nicht vorhanden, da hier die Erfahrungswerte fehlen, welche Zuverlässigkeit und Lebenszykluskosten betreffen. Eine Anwendung bestehender Methoden der Zuverlässigkeitsberechnung kann im Werkzeugmaschinenbereich zu stark unterschiedlichen Ergebnissen führen, wie eine Studie in der Abbildung 1.1 zeigte [Lan-10; Waw-7 ]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.1: Ergebnisvergleich der Zuverlässigkeitsmethoden [Lan-10]
Außerdem, werden die Belastungen, welchen Maschinen- und Anlagenkomponenten während des Betriebs ausgesetzt sind, nicht in die Zuverlässigkeitsberechnung integriert. Dabei tragen sie die Hauptverantwortung für die Lebensdauer der Maschinenkomponenten. Die belastungsabhängige Lebensdauer ist einer der bedeutendsten Faktoren für moderne Instandhaltungstätigkeiten, welcher bisher nur ungenügend beachtet wurde. Es existieren viele unterschiedliche Ansätze, um die Abhängigkeit der Lebensdauer von der Belastung zu beschreiben, allerdings ist dieses Wissen über viele hochspezialisierte Literaturwerke breit verstreut bzw. die existierenden Standardwerke, z.B. von Nelson [Nel-04], sind inzwischen nicht mehr auf dem neuesten Stand.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die verschiedenen bestehenden Belastungsarten der Maschinen und Werkzeuge zu identifizieren und die entsprechenden Lebensdauer-Last-Beziehungen zu ermitteln. Die Belastungsarten werden den Industriezweigen zugeordnet, in welchen sie besondere Relevanz haben. Damit wird ein Überblick der Belastungsarten nach Industriezweigen und der Gesamtheit aller existierenden Lebensdauer-Last-Beziehungen erarbeitet, um sie in Betrachtung der Zuverlässigkeit zu integrieren.
Mit Kenntnis der relevanten Belastungsarten mit entsprechenden Einflussgrößen und daraus resultierenden Lebensdauer-Last-Beziehungen wird ihre Einbindung in die Lebensdauerberechnung bzw. in Planung der Instandhaltung möglich. Die benötigten Instandhaltungsaufgaben können dann entsprechend effizienter gestaltet werden, die Prognosen werden deutlich genauer bzw. realistischer.
Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel zuzüglich Literaturverzeichnisses gegliedert. Im Kapitel 2 werden Grundlagen der Zuverlässigkeit und Zuverlässigkeitsanalyse dargestellt sowie der Begriff der Lebensdauer-Last-Beziehung erläutert. Kapitel 3 behandelt jede Lebensdauer-Last-Beziehung im Einzelnen. Anschließend werden die Lebensdauer-Last-Beziehungen im Überblick in einer Tabellenform im Kapitel 4 aufgeführt. Zusammenfassung und Ausblick bilden das fünfte und letzte Kapitel der Arbeit.
In diesem Kapitel werden vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit die wesentlichen Aspekte der Zuverlässigkeitstheorie mit entsprechenden Definitionen und Kenngrößen dargestellt.
Es existieren mehrere unterschiedliche Definitionen der Zuverlässigkeit in aktuellen Normen. Laut DIN EN 60300 ist die Zuverlässigkeit ein „zusammenfassenden Ausdruck zur Beschreibung der Verfügbarkeit und ihrer Einflussfaktoren Funktionsfähigkeit, Instandhaltbarkeit und Instandhaltungsbereitschaft“ [DIN EN 60300-1]. Diese Definition umfasst sowohl das Ausfallverhalten als auch das Instandsetzungsverhalten einer Einheit.
Nach DIN 40041 ist die Zuverlässigkeit die Beschaffenheit eines Gegenstands der Betrachtung bezüglich seiner Eignung, während oder nach vorgegebenen Zeitspannen bei vorgegebenen Anwendungsbedingungen die Zuverlässigkeitsforderung zu erfüllen [DIN 40041]. Das Ausfallverhalten wird hier weniger beachtet. In der Norm DIN EN 13306 wird eine ähnliche Formulierung verwendet, demnach ist die Zuverlässigkeit eine „Fähigkeit, eine geforderte Funktion unter gegebenen Bedingungen für eine gegebene Zeitspanne zu erfüllen“, allerdings mit einer Anmerkung, dass die Zuverlässigkeit auch als eine Wahrscheinlichkeit oder ein Leistungsindikator definiert und quantitativ bestimmt werden kann[DIN EN 13306].
Military Standard 785 definiert die Zuverlässigkeit als eine Wahrscheinlichkeit oder eine Dauer des fehlerfreien Betriebs eines Gegenstands unter gegebenen Betriebsbedingungen [MIL-STD-785B]. Diese Definition beschreibt nur das Ausfallverhalten und die Wahrscheinlichkeit, dass während der gegebenen Zeitspanne kein Versagen eintritt. [Waw-7 ] Bertsche und Lechner definieren die Zuverlässigkeit als „Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Produkt während einer definierten Zeitdauer unter gegebenen Funktions- und Umgebungsbedingungen nicht ausfällt“ [Ber-04].
Mit Zuverlässigkeit ist auch der Begriff der Störung verbunden. Laut DIN EN 13306 ist Störung ein „Zustand einer Einheit, gekennzeichnet durch ihre aus irgendeinem Grund vorhandene Unfähigkeit, eine geforderte Funktion nicht zu erfüllen“ [DIN EN 13306]. dagegen ist Verfügbarkeit eine „Fähigkeit, unter gegebenen Bedingungen und wenn erforderlich in einem Zustand zu sein, eine geforderte Funktion zu erfüllen, vorausgesetzt, dass die erforderlichen externen Hilfsmittel bereitgestellt sind.“ [DIN EN 13306] Störung wird oft als Synonym zum Begriff Ausfall verwendet [Waw-7 ]. Nach DIN EN 13306 ist die Betriebszeit bis zu einem Ausfall oder die Time To Failure (TTF) eine „aufsummierte Spanne der Betriebszeit einer Einheit, von der ersten Inbetriebnahme der Einheit bis zum Ausfall oder vom Zeitpunkt der Wiederherstellung bis zum nächsten Ausfall [DIN EN 13306]. Die mittlere Dauer bis zum Ausfall (MTTF – Mean Time To Failure) bzw. die mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen (MTBF – Mean Time Between Failure) berechnet sich zu [DIN EN 61703]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-1
In der Formel 2-1 beschreibt f(t) die Wahrscheinlichkeitsdichte der Dauer bis zum Ausfall der Einheit. Die Verteilungsfunktion F(t), welche aus dem Integral über die Wahrscheinlichkeitsdichte f(t) ergibt, wird als Ausfallwahrscheinlichkeit bezeichnet. Sie beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit welcher die Ausfälle zum Zeitpunkt t insgesamt auftreten [Ber-04]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-2
Im Bereich der Zuverlässigkeit ist die Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) von großer Bedeutung. Sie beschreibt die zeitabhängige Wahrscheinlichkeit R(t) für den Nicht-Ausfall [Ber-04]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-3
Die Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) ist komplementär zur Ausfallwahrscheinlichkeit F(t):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) als Komplement zur Ausfallwahrscheinlichkeit [Ber-04]
Mit der Funktion R(t), welche oft als „Zuverlässigkeit R(t)“ bezeichnet wird, kann der oft nur qualitativ verwendete Begriff Zuverlässigkeit quantitativ und objektiv beschrieben werden [Ber-04].
Die Ausfallrate λ(t) ist das Verhältnis der Anzahl der Ausfälle f(t) zur Summe der noch funktionsfähigen Einheiten R(t):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-5
Die Ausfallrate zum Zeitpunkt t ist zu verstehen als die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einheit ausfällt, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt bereits überlebt hat. Wenn ein bestimmter Zeitpunkt t betrachtet wird, gibt die Ausfallrate eine Aussage darüber, wie viele Ausfälle in der nächsten Zeit eintreten [Ber-04].
Um das Ausfallverhalten eines Produkts zu beschreiben, werden unterschiedliche Zuverlässigkeitsmethoden verwendet, sowohl qualitative als auch quantitative. Für Bestimmung der Ausfallverteilung technischer Komponenten wird am häufigsten die Weibull-Analyse herangezogen.
Die Weibull-Verteilung wurde zwischen 1930 und 1950 als Ergebnis verschiedener Ermüdungsversuche empirisch entwickelt [Ber-04]. Sie wird durch den Formparameter β, welcher den Verlauf der Ausfalldichtefunktion bestimmt und über die Art des Fehlers aussagen kann, und den Lageparameter η, genannt „charakteristische Lebensdauer“, beschrieben. In der Abbildung 2.2 sind die Dichtefunktion f(t), die Ausfallwahrscheinlichkeit F(t), die Ausfallrate λ(t) sowie die Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) für unterschiedliche Werte von β dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Funktionen der Weibullverteilung [Ber-04]
Zum Zeitpunkt η sind immer ca. 63,2% der Einheiten ausgefallen, was an dem Schnittpunkt der Verteilungsfunktionen in Abbildung 2.2 zu sehen ist [Lan-11].
Für funktionale Zusammenhänge der Dichtefunktion f(t), der Ausfallwahrscheinlichkeit F(t), der Ausfallrate λ(t), der Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) und des Erwartungswerts der Weibullverteilung gilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-9
Die Weibull-Analyse ist eine der wichtigsten Methoden der Zuverlässigkeitstheorie. In DIN EN 61649 ist die Vorgehensweise komplett beschrieben [DIN EN 61649]. Mithilfe der Weibull-Analyse werden die Verteilungsparameter β und η der zweiparametrigen Weibullverteilung bestimmt. Als Grundlage dafür dienen Ausfalldaten, welche aus Lebensdauertests, Ersatzteilverkäufen oder Service- und Instandhaltungseinsätzen gewonnen werden. Die Auswertung erfolgt dann mittels Maximum-Likelihood-Methode oder Rangregressionsverfahren [Nig-10; Lan-11; Waw-7 ; Ber-04; DIN EN 61649]. Das Ausfallverhalten kann besonders einfach grafisch dargestellt werden, indem die Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) der zweiparametrigen Weibullverteilung als Gerade auf einem speziellen „Weibullwahrscheinlichkeitspapier“ gezeichnet wird [Ber-04; Lan-11]. Um die Funktion der Ausfallwahrscheinlichkeit F(t) (Formel 2-7) in linearisierte Form zu bringen, wird doppelt logarithmiert [Ber-04; Lan-11; DIN EN 61649]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-10
Eine Geradengleichung hat die Form y=mx+c. Koeffizientenvergleich liefert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 2-11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Stichprobe und Datenverteilung im doppellogarithmischen System [Lan-11]
In der Abbildung 2.3 ist eine einfache Logarithmierung auf der Abszisse und eine doppelte auf der Ordinate zu erkennen. Die Ausfallzeiten t mit den entsprechenden Werten von F(t) werden für die Analyse eingezeichnet und mit einem Lineal wird eine Linie gezogen. Der Schnittpunkt der Linie mit der gestrichelten 63,2%-Ausfallwahrscheinlichkeitslinie bestimmt die charakteristische Lebensdauer η. Formparameter β wird näherungsweise durch eine Parallelverschiebung der Gerade zu der Skala nach rechts [Ber-04; Lan-10].
Lebenszyklus eines Produkts bezüglich seiner Zuverlässigkeit wird meistens in drei Phasen unterteilt. Jede Phase besitzt eigene Ausfallfunktion. Zusammen bilden sie eine sogenannte „Badewannenkurve“ [Ber-04]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4: Badewannenkurve [Ber-04]
Die Abbildung 2.4 zeigt den Lebenszyklus eines Produkts in Abhängigkeit von dem Formparameter β. In der Phase der Frühausfälle sind unterschiedliche Produktionsfehler für die Ausfälle verantwortlich (β<1). In der Phase der Zufallsausfälle ist das Ausfallverhalten exponentialverteilt (β=1). Schließlich, mit zunehmender Alterung bzw. Ermüdung beginnt die Phase der Verschleißausfälle, in welcher die Ausfallwahrscheinlichkeit zunimmt (β>1) [Ber-04; Lan-10; Nig-10; DIN 40041].
Die Lebensdauer eines Produkts wird in erster Linie von den Belastungen bestimmt, welchen es im Betrieb ausgesetzt ist. Um die Zuverlässigkeit eines Produkts oder einer Maschine möglichst genau zu beschreiben, ist es notwendig, die einwirkenden Belastungen zu kennen. Eine Belastung wird als eine „Einwirkung, der eine Betrachtungseinheit unterliegt“, definiert [VDI 4001-2]. Eine Beanspruchung ist eine „Gesamtheit oder Teilgesamtheit der Einwirkungen, denen eine Einheit ausgesetzt ist, wird oder ausgesetzt sein kann“ [DIN 40041]. Die Belastungen werden meistens nach Belastungsart aufgeteilt: mechanische, thermische und chemische sowie Kombinationen dieser Typen [VDI 3822]. Maschinen und Anlagen werden in Betrieb hauptsächlich mechanisch belastet, aber auch thermische und chemische Belastungen haben eine große Bedeutung. So wird z.B. das Ausfallverhalten mechanischer Komponenten stark von der Bearbeitungs- und Umgebungstemperatur beeinflusst. Die Feuchte der Umgebungsluft kann die Lebensdauer der elektronischen aber auch mechanischen Komponenten stark beeinträchtigen (chemische Belastung durch Korrosion). Außerdem, die Art der Bearbeitung bzw. die Schnittgeschwindigkeit hat einen großen Einfluss auf die Lebensdauer der Maschine bzw. Maschinenkomponenten. Bei Schneidewerkzeugen übt z.B. die Schnittgeschwindigkeit den größten Einfluss auf die Lebensdauer aus.
Um den Einfluss der Belastungen auf die Lebensdauer bzw. die Zuverlässigkeit einer Maschinenkomponente oder einer Maschine zu berücksichtigen, sind also Modelle notwendig, welche eine Abbildung der sogenannten Lebensdauer-Last-Beziehungen ermöglichen. Diese Modelle wurden auf dem Gebiet der beschleunigten Lebensdauerprüfung erarbeitet. Im Bereich des Maschinenbaus werden sie bis jetzt für Zuverlässigkeitsanalysen selten angewendet. Um die Zeit und den Aufwand einer Lebensdauerprüfung zu verkürzen, werden bei einer beschleunigten Lebensdauerprüfung Versuche mit erhöhter Belastung durchgeführt. Mit Hilfe eines physikalisch begrünbaren Modells wird aus den Versuchsergebnissen die Lebensdauer bei realen Betriebsbedingungen abgeleitet. Da es viele Belastungsarten bzw. deren Kombinationen gibt, existieren bereits verschiedene Modelle zur Beschreibung der Abhängigkeit der Lebensdauer von der Belastung. Die Modelle haben zwei Bestandteile: eine Beschreibung des Ausfallverhaltens des Versuchsgegenstands bei verschiedenen Laststufen und eine Beschreibung der Lebensdauer-Last-Beziehung [Ber-04; ReliaSoft-13; Nig-10; Nel-04]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.5: Lebensdauer-Last-Beziehung [ReliaSoft-13]
In der Abbildung 2.5 ist eine Lebensdauer-Last-Beziehung beispielhaft dargestellt. Es wurden Versuche mit drei ansteigenden Belastungsstufen (BS1<BS2<BS3) durchgeführt und mit Hilfe einer Verteilungsfunktion ausgewertet. Mit einer geeigneter Lebensdauer-Last-Beziehung ist es jetzt möglich, die Lebensdauer für andere Belastungsstufen zu bestimmen [ReliaSoft-13; Nig-10].
Bereits in den Anfängen industrieller Produktion wurde der Zuverlässigkeit der Maschinen und Werkzeuge eine große Bedeutung zugeschrieben. Es ist offensichtlich, dass die Lebensdauer einer Maschine, einer Maschinenkomponente oder eines Werkzeugs in erster Linie von der Belastung abhängt, welcher sie oder es während eines Produktionsvorgangs ausgesetzt wird. Im Laufe der Jahre wurden viele Zusammenhänge erarbeitet, welche die Lebensdauer eines Produkts in Verbindung mit den darauf einwirkenden Belastungen beschreiben. Nachfolgend werden alle bei der Literaturrecherche ermittelten Lebensdauer-Last-Beziehungen mit ihren Anwendungsgebieten detailliert dargestellt.
Die Arrhenius-Beziehung ist ein weit verbreitetes und bekanntes Ausfallmodell. Ursprünglich wurde sie zur Beschreibung der Reaktionsgeschwindigkeit bei chemischen Prozessen in Abhängigkeit von der Temperatur benutzt. Es wird angenommen, dass ein Produkt versagt, wenn eine in seinem Inneren stattfindende Reaktion oder Diffusion ein kritisches Maß erreicht [Nel-04].
Unter Annahme, dass die Zeit bis zum Ausfall umgekehrt proportional zur Reaktionsgeschwindigkeit ist, hat die Arrhenius-Beziehung die Form [Nel-04; ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-1
Die Aktivierungsenergie Ea ist vom Ausfallmechanismus und verwendeten Werkstoff abhängig, die Werte liegen zwischen 0,3 und 1,5 oder höher.
Die Gleichung (Formel 3-1) lässt sich durch Logarithmieren als Geradengleichung darstellen:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-2
Abbildung 3.1 zeigt ein beispielhaftes Arrhenius-Weibull-Modell, dargestellt auf einem sogenannten Arrhenius-Papier.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Arrhenius-Weibull-Modell [ReliaSoft-13]
Das Arrhenius-Modell lässt sich sehr gut auf Ausfallmechanismen nichtmechanischer Art anwenden, welche auf chemischen Prozessen, Diffusion und Elektromigration basieren [NIST].
Zu den Anwendungen gehören [Nel-04]:
- elektrische Isolierungen und Dielektrika
- Halbleiter
- Batteriezellen
- Schmiermittel und Fette
- Kunststoffe
- Glühlampenwendeln.
Um Ausfallmechanismen zu beschreiben, welche von der Temperatur und weiteren Belastungsarten verursacht werden, ist die Eyring-Beziehung sehr gut geeignet [Nel-04].
Während die Arrhenius-Beziehung auf empirischen Untersuchungen basiert, hat das Modell von Eyring Chemie und Quantenmechanik als Grundlagen. Wenn ein chemischer Prozess (Reaktion, Diffusion, Korrosion etc.) für den Ausfall verantwortlich ist, beschreibt das Modell von Eyring, wie die Ausfallgeschwindigkeit bzw. die Lebensdauer mit sich ändernder Belastung variieren. Das Modell beinhaltet immer die Temperatur als Belastungsart und kann um weitere Belastungsarten erweitert werden [Nel-04; Eyr-41].
Die Eyring-Beziehung für die Lebensdauer in Abhängigkeit von der Temperatur hat die Form [ReliaSoft-13; Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-3
Die generalisierte Eyring-Beziehung für die Temperatur und eine weitere Belastungsart hat die Form [NIST; ReliaSoft-08]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-4
α, B und C bestimmen die Degradationsbeziehungen zwischen den verschiedenen Belastungskombinationen. S1 stellt eine zusätzliche Belastungsfunktion (Spannung, Strom oder Ähnliches) dar.
Wenn noch eine zusätzliche Belastung hinzukommt, wird die Gleichung erweitert [NIST]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-5
Bei weiteren Belastungsarten wird die Formel um entsprechende Terme erweitert. Hier ist es zu beachten, dass diese allgemeine Formel Terme beinhaltet, wo Temperatur mit anderen Belastungsarten in Wechselwirkung steht, mit anderen Worten, die Wirkung einer Temperaturänderung ist vom Grad anderer Belastungsarten abhängig. Die meisten in der Praxis verwendeten Modelle beinhalten aber keine Wechselwirkungsterme, so dass eine relative Änderung einer Belastung vom Grad anderer Belastungen unabhängig ist. Dies ist sicherlich nicht ganz richtig, aber für eine erste Näherung ausreichend [NIST; ReliaSoft-13].
Die Eyring-Beziehung eignet sich sehr gut zur Beschreibung der Prozesse, welche zum Ausfall führen, verursacht von mehreren Belastungen. Der Parameter Ea wurde weitgehend untersucht und für viele bekannten Ausfallmechanismen und Werkstoffe bestimmt.
Als Nachteil dieser Beziehung erweist sich die Tatsache, dass selbst bei zwei Belastungsarten insgesamt fünf Parameter zu bestimmen sind (vgl. Formel 3-4), die Beschreibung jeder weiteren Belastungsart fügt zwei Parameter hinzu (vgl. Formel 3-5). In der Praxis wird die Eyring-Beziehung dann oft für jeden konkreten Ausfallmechanismus angepasst bzw. vereinfacht [NIST; Nel-04].
Aus diesem Grund existieren bereits mehrere auf Eyring basierende Modelle, auf welche jetzt näher eingegangen wird.
ReliaSoft benutzt in seinen Softwarelösungen zur beschleunigten Lebensdauerprüfung folgende, Schreibweise für die Formel 3-3 für eine Belastungsart (Temperatur oder Feuchte) [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-6
Diese Formel ist der Arrhenius-Beziehung (Formel 3-1) ähnlich. Die Ähnlichkeit kommt zum Vorschein, wenn die Formel 3-4 umgeschrieben wird [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-7
bzw.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-8
Die Arrhenius-Beziehung (Formel 3-1), in ähnlicher Schreibweise dargestellt:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-9
Es ist zu erkennen, dass der einzige Unterschied zwischen den Formeln 3-8 und 3-9 der Faktor 1/V ist. Tatsächlich, die beiden Beziehungen führen zu ähnlichen Ergebnissen. Auf einem Arrhenius-Papier dargestellt, würde die Eyring-Beziehung (Formel 3-6) eine Form wie in der Abbildung 3-1 annehmen [ReliaSoft-13].
Dieses Modell wird z.B. zur Bestimmung der Lebensdauer von Kondensatoren oder Isolierungen verwendet und hat die Form [NIST; Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-10
Die Formel 3-10 stellt eine stark vereinfachte Form der generalisierten Eyring-Formel dar (Formel 3-4), mit α=Ea=C=0, S=ln(U), β=-B [NIST].
In manchen Fällen kann die Abhängigkeit der Lebensdauer von der Spannung mit dem exponentiellen Modell besser dargestellt werden [NIST]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-11
Auf Eyring-Beziehung basierende Modelle mit Temperatur und Spannung als Belastungsarten sind weit verbreitet. Sie finden Anwendung bei der Zuverlässigkeitsanalyse von [Nel-04]:
- Kondensatoren
- elektrischen Isolierungen (fest und flüssig)
- Kabel
- Elektromotoren
- Generatoren und weiteren elektrischen Komponenten.
Spannung geht dabei entweder direkt oder logarithmisch in die Beziehung ein [NIST; Nel-04; ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-5
bzw.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-6
Die Formel 3-6 stellt gleichzeitig eine Kombination der Arrhenius- mit der IPL-Beziehung dar. ReliaSoft verwendet sie für Analyse der Belastungsvorgänge mit Temperatur und nicht nur Spannung, sondern auch mit Vibration und anderen nichtthermischen Belastungsarten.
In ReliaSoft-Schreibweise hat die Formel 3-6 folgende Form [ReliaSoft-13]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 3-7
Die Beziehung aus Formel 3-7 kann durch Logarithmieren linearisiert werden [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-8
Die Lebensdauer ist in diesem Fall eine Funktion von zwei Belastungen, aus diesem Grund kann der Lebensdauer-Last-Plot nur dann gebildet werden, wenn eine Belastung konstant gehalten und die andere verändert wird. Wenn die nichtthermische Belastung konstant gehalten wird, nimmt die Formel 3-8 die Form einer Arrhenius-Beziehung ein [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-9
Wenn dagegen die thermische Belastung konstant ist, hat die Beziehung aus der Formel 3-8 die Form einer IPL-Beziehung [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-10
Abbildung 3.2 zeigt ein Beispiel solcher Darstellung [ReliaSoft-13]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.2: Abhängigkeit der Lebensdauer von Temperatur und einer nichtthermischen Belastung
Metallleiterbahnen in integrierten Schaltkreisen versagen oft aufgrund dort auftretender Elektromigration. Sie tritt in Erscheinung, wenn ein Leiter mit hoher Stromdichte belastet wird. Hohe Stromdichte begünstigt eine Wanderung der Metallatomen in einem Leiter, dadurch findet an einigen Stellen eine Materialabtragung und an den anderen Materialanhäufung statt, was schließlich zur Stromkreisunterbrechung bzw. zum Kurzschluss führt[Nel-04]. Dieser Effekt verstärkt sich mit erhöhter Temperatur und Stromdichte [NIST].
Die von Black vorgeschlagene Gleichung hat die Form [NIST; Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-11
Alternativ wurde von Shatzkes und Lloyd folgende Beziehung vorgeschlagen [Nel-04]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Formel 3-12
Typische Werte von Ea liegen zwischen 0,5 und 1,2 eV [NIST].
Im Luftraum ist nicht nur Luft, sondern auch Wasser in Form vom Wasserdampf enthalten. Auch für Maschinen und Werkzeuge ist diese Tatsache von großer Bedeutung, weil einige Ausfallmechanismen auf Korrosion und auf bestimmter chemischer Degradation basieren und haben somit die Feuchte als eine Belastungsart [Esc-06].
Da der Sättigungsdampfdruck temperaturabhängig ist, gibt es für eine bestimmte Menge Luft eine Höchstmenge Wasserdampf, welcher bei entsprechender Temperatur dort enthalten sein kann. Fast immer ist das Wasserdampf-Luft-Gemisch nicht mit Wasserdampf gesättigt. Wenn eine Sättigung eintritt, gleicht der Partialdruck vom Wasserdampf dem Sättigungsdampfdruck vom Wasser bei jeweiliger Temperatur [Dob-03].
Absolute Luftfeuchte φ ergibt sich zu:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-13
Für Beschreibung der Belastungen mit Feuchte ist der Begriff der relativen Feuchte φrel wichtig:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-14
Die relative Feuchte oder Sättigungsgrad zeigt, wie viel Masse vom Wasserdampf von der maximal möglichen Masse vom Wasserdampf in der Luft enthalten ist [Dob-03]. Je höher sie ist, desto mehr Wasser entsteht an den Oberflächen bzw. im Inneren der Maschinen und Werkzeuge bei sinkender Temperatur bzw. bei steigendem Luftdruck, was zu einer Beeinträchtigung der Lebensdauer führen kann. Somit ist die relative Luftfeuchte als messbarer Belastungsparameter für die jeweilige Anwendung sehr gut geeignet.
Verschiedene Ausfallmodelle mit Feuchte als Belastungsparameter wurden ausgearbeitet, die meisten auf Grundlage von empirischen Untersuchungen, einige auf physikalischer Basis. Hervorgebracht wurden sie durch Bedenken über die Wirkung der Feuchtigkeit auf die Lebensdauer von elektronischen Geräten und Komponenten. Die meisten Modelle beschreiben die Feuchte in Verbindung mit Temperatur. In den meisten Modellen, wo die Feuchte als Belastungsparameter genutzt wird, führt die Erhöhung der Feuchte zur Verkürzung der Lebensdauer. Für Anwendungen, wo dagegen die Trocknung einen Ausfallmechanismus darstellt, kann eine künstliche Umgebung mit niedrigerer Feuchte zur Erhöhung der Belastung benutzt werden [Esc-06].
Peck (1986) hat folgende Beziehung vorgeschlagen [Nel-04; Pec-86]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-15
Intel (1988) benutzt eine andere Formel [Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-16
ReliaSoft benutzt in seinen Softwarelösungen zur beschleunigten Lebensdauerprüfung folgenden Zusammenhang [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-17
Die Beziehung (Formel 3-17) kann mittels Logarithmieren beider Seiten linearisiert werden [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-18
Da die Lebensdauer jetzt eine Funktion der zwei Belastungen ist, kann der Lebensdauer-Last-Plot nur dann gebildet werden, wenn eine Belastung konstant gehalten und die andere verändert wird. Die Abbildung 3.3 stellt ein Beispiel der Abhängigkeit der Lebensdauer von der Temperatur bei konstanter Feuchte (links) und die Abhängigkeit der Lebensdauer von der Feuchte bei konstanter Temperatur (rechts) dar [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Abbildung 3.3: Abhängigkeit der Lebensdauer von Temperatur und Feuchte [ReliaSoft-13]
Das z.B. für Untersuchung von Brennstoffzellen verwendete Three-Stress-Modell hat Temperatur, Feuchte und Spannung als Belastungsparameter [NIST]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-19
Die generalisierte Eyring-Formel diente als Basis (vgl. Formel 3-4), dabei haben ihre Parameter folgende Werte [NIST]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zhurkov schlug 1965 eine Beziehung vor, die beschreibt, wie die Zeit bis zum Bruch eines Festkörpers von einer Zugbelastung S und Temperatur T abhängt [Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-20
Als Grundlage wurde hier die allgemeine Eyring-Formel benutzt (vgl. Formel 3-4) mit C=0 und negativem Vorzeichen für D.
Diese Beziehung (Formel 3-20) wird mit kinetischen Grundlagen der physikalischen Chemie begründet. B wird als Energie interpretiert, welche für den Bruch der Bindungen zwischen den Molekülen verantwortlich ist. D stellt ein Maß der Desorientierung in der molekularen Struktur dar [Nel-04].
Elektronische Komponenten aus Aluminium oder Aluminiumlegierungen mit kleinen Anteilen von Kupfer bzw. metallisierte Halbleiter können ein durch Korrosionsvorgänge verursachtes Ausfallverhalten aufweisen. Solche Ausfälle können mit folgender Beziehung beschrieben werden [ReliaSoft-08]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-21
Als „Hot Carrier Injection“ (HCI) werden Vorgänge bezeichnet, welche manchmal bei Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren (MOSFETs) in Erscheinung treten. Dabei gewinnt ein Ladungsträger ausreichend Energie, um in die Isolierungsschichten der Elektroden einzudringen. Dadurch entstehen Schäden, welche die elektrischen Eigenschaften des Transistors dauerhaft verändern bzw. seine Funktion beeinträchtigen oder zum Ausfall führen [ReliaSoft-08].
Für n-Kanal-MOSFETS hat die vorgeschlagene Beziehung folgende Form [ReliaSoft-08]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-22
Für p-Kanal-MOSFETs ist die Lebensdauer-Last-Beziehung gegeben durch [ReliaSoft-08]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-23
Die „Inverse Power Law“ (IPL) oder „Power Law“ – Beziehung wird oft zur Beschreibung der Lebensdauer in Abhängigkeit von einem nichtthermischen Belastungsparameter verwendet.
Anwendungsgebiete sind vielfältig, z.B.:
- Elektrische Isolierungen und Dielektrika in Spannungsdauertests
- Wälzlager
- Glühlampen und Blitzlampen
- Materialermüdung, verursacht durch mechanische Belastungen
In den meisten Fällen basiert die Beziehung nicht auf Theorie, sondern auf empirischen Untersuchungen [Nel-04; Esc-06].
Vorausgesetzt, die Belastungsvariable V ist positiv. Die IPL-Beziehung zwischen der „nominellen“ Lebensdauer tf vom Produkt und der Belastung V ergibt sich zu:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-24
A0 und γ sind produktspezifische Parameter, abhängig von geometrischen Eigenschaften, Herstellungsart, Testmethode etc. [Nel-04].
ReliaSoft verwendet für IPL folgende Beziehung [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-25
In einer logarithmischen Darstellung erscheint IPL als eine Gerade mit der Steigung n. Die Geradengleichung ist gegeben durch:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-26
Abbildung 3.4 zeigt ein Beispiel einer IPL-Beziehung in logarithmischer Darstellung:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Abbildung 3.4: IPL [ReliaSoft-13]
Durch den Parameter n wird die Wirkung der Belastung auf die Lebensdauer bestimmt. Positive Werte von n zeigen auf eine starke Einwirkung der Belastung auf die Lebensdauer, negative deuten dagegen auf eine steigende Lebensdauer bei zunehmender Belastung (Abbildung 3.5). Werte von n nahe bzw. gleich Null bedeuten, dass die betrachtete Belastung nur geringe bzw. keine Einwirkung auf die Lebensdauer hat [ReliaSoft-13]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
Abbildung 3.5: Parameter n und seine Wirkung auf die Lebensdauer
Die Lebensdauer eines Wälzlagers hängt von der Belastung, Betriebsbedingungen und der statistischen Zufälligkeit des Eintritts des ersten Schadens ab. Große Mengen gleicher Lager wurden unter gleichen Prüfbedingungen untersucht, was zum Ergebnis führte, dass die Laufzeiten bis zum Auftreten erster Ermüdungserscheinungen weit gestreut waren. Aus diesem Grund sind nur Aussagen über eine Wahrscheinlichkeit über die Laufzeit eines Lagerkollektivs möglich [Muh-07].
Eine nominelle Lebensdauer L10 bzw. L10h ist die Anzahl in Millionen Umdrehungen bzw. Stunden, die 90% einer größeren Menge gleicher Lager erreichen [DIN ISO 281].
Sie errechnet sich zu:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-27
Dynamische Tragzahl C ist die Last, konstant in Größe und Richtung, die ein Wälzlager theoretisch für eine nominelle Lebensdauer von 106 Umdrehungen aufnehmen kann [DIN ISO 281].
Dynamisch äquivalente Lagerbelastung P ist die Last, konstant in Größe und Richtung, unter deren Einfluss ein Wälzlager die gleiche Lebensdauer erreichen würde wie unter den tatsächlichen Lastverhältnissen [DIN ISO 281].
Die Formel 3-17 wurde erstmals 1924 von Palmgren vorgeschlagen.
Bestimmte Ausfallmechanismen basieren auf zyklischen Änderungen der Temperatur. Zyklische Temperaturänderungen verursachen Wärmeausdehnung bzw. Wärmeschrumpfung, was zu einer Ermüdung, Deformation oder Rissbildung bzw. Versagen des Bauteils führen kann.
Zu solchen Ausfallmechanismen zählen z.B.:
- Ein-/Ausschaltvorgänge elektronischer Bauteile können Komponenten und Lötstellen beschädigen
- erhöhte Wärme, die beim Abheben in einem Strahltriebwerk entsteht, kann eine Rissbildung bzw. eine Rissausbreitung in Komponenten des Triebwerks verursachen
- häufiges Hoch- und Runterfahren bzw. Lastwechsel bei Atomkraftwerken kann zur Materialermüdung und Rissbildung in Wärmetauschern und Turbinenkomponenten führen [Esc-06]
Diese Modelle ermöglichen, die Amplitude oder die Frequenz der zyklischen Belastung als Belastungsparameter zu betrachten.
Die am häufigsten benutzte Form stellt die Coffin-Manson Beziehung dar [Nel-04]:
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Formel 3-28
Ursprünglich wurde diese Beziehung zur Beschreibung der Wirkung von Temperaturschwankungen auf Lebensdauer von Triebwerkskomponenten bei Düsenflugzeugen als empirisches Modell entwickelt [Esc-06]. Später wurde es unter anderem auf Lötverbindungen sowie auf Kunststoffgehäuse der elektronischen Komponenten angewandt. Es wird angenommen, für einige Metalle ist B[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]2, für Kunststoffe B[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]5 [Nel-04].
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