Examensarbeit, 2007
44 Seiten
1. Vorbemerkung
2. Theoretische Grundlegung.
2.1 Einblick in den geschichtlichen Hintergrund.
2.2 Methodische und didaktische Vorüberlegungen
3. Unterrichtspraktische Umsetzung
3.1 Lehrplanbezug
3.2 Vorbereitung des Besuchs der Gedenkstätten
3.2.1 Stellung von Behinderten in der Gesellschaft - heute und früher (1. UE)
3.2.2 Das nationalsozialistische Euthanasieprogramm (2. UE)
3.2.3 Lebensspuren in Hartheim (3. UE)
3.2.4 Das Konzentrationslager Mauthausen (4. UE)
3.3 Besuch der Gedenkstätten
3.3.1 Schloss Hartheim
3.3.2 Konzentrationslager Mauthausen
3.4 Nachbereitung
3.4.1 Bischof von Galen (5.UE)
3.4.2 Fächerübergreifende Thematisierung
4. Reflexion und Fazit
4.1 Schülerbeobachtungen
4.2 Persönliche Reflexion
Anhang / Materialien
Literaturverzeichnis
Abbildungsnachweis
Ein wichtiges Charakteristikum, das eine zivilisierte Gesellschaft auszeichnet, ist der respektvolle Umgang mit behinderten Menschen. Die Beseitigung von Dis- kriminierung, das Bewusstsein für die Rechte dieser Menschen und die Be- fürwortung der Integration in unsere Gesellschaft ist verbunden mit der rassistischen Erbpolitik, die in der Vergangenheit eine große Rolle spielte. Im Nationalsozialismus wurde unter dem Deckmantel einer rassenhygienischen Gesetzgebung eine Be- hindertenvernichtungspolitik betrieben. Die Beseitigung von „minderwertigen“ Menschen begann mit Zwangssterilisation, beinhaltete Zwangsabtreibung und führte schließlich zum Krankenmord. Es wurden Menschen grundlos verdächtigt erbkrank zu sein. Diese gerieten in die Mühlen der nationalsozialistischen Erbjustiz und wurden auf scheinbar legalem Wege durch Gerichtsbeschluss ihrer Fortpflanzungs- fähigkeit beraubt. Die Zielvorstellung der Anhänger der Nationalsozialisten war die Aufnordung des deutschen Volkes. Diese hatte zur Folge, dass behinderte Menschen weder ein Recht auf Würde noch auf körperliche Unversehrtheit hatten. Der Rassismus wurde in Gesetze gekleidet und gerichtlich beschlossen. Auch in der näheren Umgebung der Hauptschule Schöllnach, in Passau, gab es ein Erbgesund- heitsgericht, an dem unmenschliches Recht gesprochen wurde. Des Weiteren gab es noch ein Städtisches Krankenhaus, wo die gerichtlichen Beschlüsse zur Un- fruchtbarmachung und Abtreibung durchgeführt werden mussten. Dies erfolgte natürlich gegen den Willen der Betroffenen. Passau war zur damaligen Zeit eines von über 200 Erbgesundheitsgerichten im Deutschen Reich.
Nach dieser menschenverachtenden Politik des Nationalsozialismus im Deutschen Reich dürfen Menschen niemals wieder in rassisch Wertvolle und Minderwertige selektiert werden.
Im Oktober 1939 hatte Hitler folgenden Erlass auf privatem Briefbogen niedergeschrieben und auf dem 1.September 1939 zurückdatiert:
Adolf Hitler Berlin, 1.September 1939
Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt
sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmenderärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann.
gez. Adolf Hitler1
Hitlers Geheimbefehl blieb die einzige Grundlage für die unmittelbar danach ein- setzende Vernichtung unwerten Lebens, die von nationalsozialistischen Rasse- hygienikern schon lange vor Kriegsausbruch gefordert worden war. Bereits in „Mein Kampf“ hatte Hitler seine Absichten angekündigt: „Wer körperlich und geistig nicht gesund und würdig sei, dürfe sein Leid nicht im Körper seines Kindes verewigen. Es sei der entschlossene Wille, den Volkskörper zu reinigen und krankhafte Erbanlagen allmählich auszumerzen.“ Ganz offen konnte aber dieser beabsichtige Massenmord auch im Krieg kaum durchgeführt werden. Diese Aktion musste also möglichst ge- heim gehalten werden. Aus diesem Grund gab es viele Tarnorganisationen wie „die Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten, zuständig für Leitung und Organisation der Tötungsmaschinerie.“2 Die Direktoren solcher Anstalten besaßen Decknamen, die Behörde legte sich ein unscheinbares Haus in Berlin- Charlottenburg zu. Die Zentrale lag in der Tiergartenstraße 4 (T4-Zentrale).
Im Laufe der Zeit wurden mehr und mehr Vernichtungsanstalten eingerichtet. Man nannte sei zynisch „Gemeinnützige Stiftungen für Anstaltspflege.“ Die Namen dieser berüchtigten Orte wurden im üblichen Schriftverkehr kaum ausgeschrieben, sondern zur Tarnung durch Buchstaben ersetzt. Die erste dieser „Stiftungen“ wurde in Gra- Grafeneck (=A) in Württemberg eingerichtet, an deren Stelle im Frühjahr 1941 eine weitere Tötungsanstalt in Hadamar (= E) bei Limburg, die anderen in Brandenburg an der Havel (= B) eingerichtet wurden. Auch in Hartheim (=C) bei Linz wurde eine solche Anstalt eingerichtet.3
Die Mitarbeiter der Tötungsanstalten gehörten zu der Tarnorganisation „Allgemeine Stiftung für Anstaltswesen“. Ein weiteres Unternehmen für die vielen Transporte von Menschen wurde gegründet: „Gemeinnützige Kranken-Transport-GmbH“, die so ge- nannte „Gekrat“. Zu dieser Transport-GmbH gehörten ominöse graue Reichspost- Busse, deren Scheiben zur Tarnung mit undurchsichtiger Farbe bestrichen waren. 1939 wurde vom Reichsminister des Inneren ein Erlass an alle Heil- und Pflege- anstalten geschickt. Diese mussten nun auf eigens konzipierten Meldebögen „genaue Auskunft über jeden Heimbewohner“4 erstatten. Dabei wurde nach Staats- angehörigkeit, Rasse, Diagnose, Art der Beschäftigung, Dauer des Aufenthalts, Vor- strafen, nach Anschrift der nächsten Angehörigen, nach Vormundschaft, nach gesetzlichem Vertreter und nach dem Kostenträger Auskunft gefordert.
Aufgrund dieser ominösen Meldebögen fiel in der T4-Zentrale die Entscheidung über Leben und Tod. Die Beschäftigten in dieser Zentrale fällten ihr Urteil, ohne dass sie je die Todeskandidaten gesehen oder untersucht hatten.
Seit dem Sommer 1940 gab es trotz aller Geheimhaltung immer mehr Mitwisser die- ser Aktionen. Zunächst passierten bei der Benachrichtigung der Angehörigen durch die T4-Zentrale peinliche Fehler. So wurde beispielsweise Hinterbliebenen als To- desursache „Blinddarmentzündung“ mitgeteilt. Allerdings hatten diese Ermordeten schon Jahre lang keinen Blinddarm mehr. Mehrere betroffene Familien stellten fest, dass sie exakt gleichlautende Benachrichtigungen mit demselben Datum und der- selben Todesursache erhalten hatten. Vor allem aber die Häufung der Sterbefälle erregte den Verdacht der Angehörigen. Hitler brach schließlich selbst die Aktion T4 am 24. August 1941 ab.
Ein Jahr später begann man aber in bestimmten Anstalten, Schwerbehinderte regel- recht auszuhungern. Den verurteilten Männern und Frauen wurde die so genannte E-kost (Entzugskost) verabreicht: in Wasser gekochter Kohl und Kartoffeln ohne Fett und Vitamine.
Bilanz der Mordaktionen:
Bis zum 1. September 1941 wurden „desinfiziert“: Personen 70273
Diese Zahl, verteilt auf die einzelnen Anstalten für die Jahre 1940 und 1941 ergibt folgende Aufstellung:
Anstalt 1940 1941 Sa
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie aus der Statistik ersichtlich, wurden in Hartheim die meisten Menschen er- mordet. Aus diesem Grund sind die Euthanasieanstalt Hartheim, aber auch das nahegelegene Konzentrationslager Mauthausen historische Orte, zugleich aber auch Gedenkstätten und authentische Lernorte. Sie bieten die Möglichkeit, Geschichte hautnah zu erleben. Jugendliche können sich hier ein eigenes Bild von Überresten der Geschichte machen und sich eben diese Geschichte weitgehend selbst erschließen.
Was sind historische Orte?
Viele Didaktiker haben historische Orte unterschiedlich definiert. Aber bei aller Spezifizierung gibt es eine Fülle dieser Art außerschulischer Lernorte. Folgendes zählt zu den historischen Orten:
- Orte, an denen sich sog. große Geschichte ereignete
- Die in der Fachliteratur traditionell so bezeichneten „historischen Stätten“, d.h. Orte, in denen sich Ergebnisse menschlichen Handelns in realen Zeugnissen manifestieren
- Orte, die für die lokale oder regionale geschichtliche Entwicklung Bedeutung haben
- Orte, an denen selbst keine wahrnehmbaren Überreste vorhanden sind, ob- wohl sich hier Geschichtliches ereignete, wie z.B. Straßenverläufe, Schlacht- felder usw.
Das geschichtsdidaktische Potenzial historischer Orte
Die Bedeutung historischer Orte für die Schülerinnen und Schüler liegt darin, „dass die Lernenden im Aufspüren, Entdecken und bewusstem Wahrnehmen von Spuren der Geschichte erleben und erkennen können, dass geschichtliche Entwicklungen auch durch räumliche Gegebenheiten beeinflusst werden und sich auf die räum- lichen Verhältnisse auswirken.“5 Es gibt besondere geschichtsdidaktische Aspekte, die den Umgang mit historischen Orten im Geschichtsunterricht unumgänglich ma- chen.
Realität und Permanenz
Die beiden Begriffe sollen den Wirklichkeitscharakter und die Dauerhaftigkeit der historischen Überreste zum Ausdruck bringen. Historische Orte erlauben den Schü- lerinnen und Schülern ein echtes Lernen mit allen Sinnen. Solche Orte kann man besehen, begehen, anfassen, begreifen, betasten, beriechen, vermessen usw. Auch die emotionale Seite dieser Orte soll hier angesprochen werden. Bei solchen histori- historischen Orten handelt es sich „um Altes, manchmal auch ehrwürdiges Altes, das einmal von wirklichen Menschen erdacht, hergestellt und genutzt wurde.“6 Die Permanenz der Orte hat auch einen unterrichtlichen Affekt: Sie stehen prinzipiell immer zur Verfügung und können zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter aufgesucht werden. Die unterschiedlichen Stimmungen, die durch bestimmte Tageszeiten aus- gelöst werden können, können in die Gesamterfassung eines Objektes mitein- bezogen werden.
Originalität, Anschaulichkeit und Imagination
Mit dem Wirklichkeitscharakter hängen weitere Besonderheiten des historischen Ortes zusammen, die über den nur vordergründig formalen Aspekt der lokalen Immobilität hinausreichen. Es geht hierbei um Originalität unter den Aspekten von Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit, um Anschaulichkeit sowie um Nutzung und Förderung der Vorstellungskraft.
Es besteht laut Mayer ein enormer Unterschied zwischen den immobilen Objekten vor Ort und den mobilen Sachquellen. Museale Exponate befinden sich in der Regel nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort und in ihrem ursprünglichen Verwendungs- zusammenhängen. Dies wird oft künstlich in Museen hergestellt, indem Er- läuterungen angebracht werden. Im Gegensatz dazu sind die historischen Orte in der Regel nicht mit Erläuterungen versehen. Sie ermöglichen deshalb eine unmittel- bare Begegnung und Auseinandersetzung mit historischen Zeugnissen.
In der Regel werden bei originalen Schauplätzen keine Deutungen vorgegeben. Aufgrund dessen kann der Gegenstand auf ganzheitliche und gleichzeitig differenzierte und individuelle Weise wahrgenommen werden. Dies bedeutet eine „Einlösung des geschichtsdidaktischen Prinzips der Multiperspektivität.“7 Historische Stätten, die gut zugänglich sind, regen durch Lage und Beschaffenheit zu entdeckend-erforschendem Lernen an. Sie besitzen eine Anschaulichkeit hinsichtlich originaler Farbe, Form, Größe und Dreidimensionalität. Diese räumliche Erfahrung kann kein Medium vermitteln.
Die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit betrifft einen wichtigen Faktor im histo- rischen Lernen: die Imagination. Zum einen nutzt die Begegnung vor Ort die von den von den Lernenden bereits mitgebrachte Vorstellungskraft, um durch Anschauung historischen Begriffen eine sinnliche Kraft zu geben. Andererseits kann die Anschaulichkeit des historischen Orts insgesamt das Vermögen fördern, sich über die Imagination realistische Vorstellungen von früheren Lebensumständen und damals handelnden Menschen zu machen.
Authentizität und Historizität
Reale Schauplätze enthalten ein hohes Maß an Authentizität. Die üblichen gedruckten schriftlichen Quellen, Bildquellen und auch bildliche Reproduktionen von gegenständlichen Quellen und historischen Stätten können nicht einmal den Anschein von Authentizität vermitteln. Diese Quellen ermöglichen weder kognitiv noch emotional einen Zugang zur ursprünglichen Situation. Gerade in dieser Hinsicht sind jedoch die historischen Zeugnisse authentische Objekte, die Faszination und Neugier, ein Gespür für das Wesen geschichtlicher Überlieferungen und Motivation für historische Fragestellungen bewirken.
An einem historischen Ort findet man meist keine bildlichen oder sprachlichen Deu- tungen. Sie sind nicht didaktisch-methodisch aufbereitet und ermöglichen somit ei- gene Erkenntnisarbeit, wie sie an anderen Quellenarten nicht geleistet werden kann. Aus schulpädagogischer Sicht würde man davon sprechen, dass sich der Lehrende und Lernende den Ort in seiner Bedeutung selbst aufbereitet. Kaum eine andere Art des historischen Lernens kann also die historische Authentizität so gut gewährlei- sten wie der Besuch historischer Orte. Weil es sich auch leicht organisieren lässt, sollten deshalb die Gelegenheiten des lokalen und regionalen Nahraums für das historische Lernen vor Ort genutzt werden. Durch Begehungen solcher Art kann nicht nur das Interesse am eigenen Nahraum verstärkt werden, sondern es kann auch die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Geschichte allgemein erreicht werden.
Historische Orte vermitteln das Prinzip der Historizität. Wenn sich das Gebäude noch am originalen Ort befindet, so existiert es meist nicht mehr in der originalen Gestalt und Funktion. Häufig sind die Stätten durch Ergänzungen, Umbauten, Teil- abrisse und Umnutzungen stark verändert worden und haben dadurch „einen sehr komplexen Quellencharakter erhalten.“8
Was kann man vor Ort an Historischem lernen?
Schülerinnen und Schüler sollen vor Ort zutreffende, fachlich korrekte Einzelkenntnisse in Erfahrung bringen. Die Begegnung mit dem real Feststellbaren zielt also die unter der Oberfläche des Begeh- und Erfahrbaren verborgenen Zusammenhänge und Entwicklungen an.
Die Jugendlichen sollen nicht nur Fakten erwerben, sondern sie sollen elementare Einsichten in das Wesen historischer Erkenntnisse erhalten.
Es ergeben sich Ziele auf verschiedenen Ebenen: Die Schülerinnen und Schüler sollen angestoßen werden, sich längerfristig für Geschichte zu interessieren. Sie sollen sensibilisiert werden für die bewusste Wahrnehmung historischer Überreste. Ihnen sollen Vorstellungen über historische Gegebenheiten und Erkenntnisse über historische Zusammenhänge vermittelt werden. Des Weiteren sollen Schülerinnen und Schüler elementare historische Denk- und Arbeitsweisen einüben und Ver- ständnis für die Einmaligkeit und Schutzwürdigkeit historischer Orte erhalten.9
Im Rahmen des GSE-Unterrichts der 8. Jahrgangsstufe wird der Themenbereich 8.6 Demokratie und NS-Diktatur behandelt. Ausgehend von einem demokratischen System, der Weimarer Republik, das ins Wanken gerät, erfahren die Schüler, wie allmählich die NS-Diktatur errichtet werden konnte und diese immer mehr Zu- stimmung in der Bevölkerung erhält. Den Jugendlichen wird das unermessliche Leid vieler Menschen, das durch Diskriminierung und Verfolgung hervorgerufen wurde, bewusst. Durch den Besuch der Euthanasieanstalt Hartheim und des Konzentrationslagers Mauthausen machen sich die Jugendlichen ein eigenes Bild von Überresten des vermutlich finstersten Kapitels deutscher Geschichte.
Im Abschnitt „Grundwissen und Kernkompetenzen“ ab der Jahrgangsstufe 8 führt der Lehrplan folgende Punkte auf:
- wissen, dass im Nationalsozialismus mit terroristischen, menschenverachtenden Mitteln Herrschaft gesichert und ideologische Vorstellungen durchgesetzt wur- den
- wissen, dass der Zweite Weltkrieg (1939-1945) unsägliches Leid über die Men- schen brachte
Eine zentrale und bedeutende Aufgabe unserer heutigen Gesellschaft ist die Inte- gration von behinderten Menschen. Diese erste, in die Thematik einführende Unter- richtseinheit, soll den Schülern bewusst machen, dass Behinderte in der Geschichte nicht immer als „gleichwertige“ Menschen angesehen wurden. Ausgehend von der gegenwärtigen Situation, in der Behinderten ein großes Maß an Akzeptanz und Toleranz entgegengebracht werden, wird den Schülern die Gegensätzlichkeit während des Dritten Reiches vor Augen geführt. Behinderte Menschen (egal welche (egal welche Form von Beeinträchtigung sie haben) wurden als ‚unwertes Leben’ bezeichnet und aus rassehygienischen Gründen ermordet oder zwangsweise sterilisiert.
Umsetzung im Unterricht
Zum Einstieg in die Unterrichtsstunde hält der Lehrer exemplarisch Gegenstände bereit, die behinderte Menschen im Alltag gebrauchen, um einen höheren Anteil an Lebensqualität zu erreichen oder die ihnen ein eigenständiges Leben ermöglichen (Brailleschrift z.B. auf Medikamentenpackungen, Blindenstock, Informationen zur Gebärdensprache, Rollstuhl, Gehhilfen etc.). Aus praktischen Gründen können auch Bilder verwendet werden. Durch die Auseinandersetzung mit derartigen Materialien, machen sich die Schüler über verschiedene Formen von Behinderung Gedanken und rufen sich diese wieder ins Gedächtnis.
Anschließend erstellen die Jugendlichen eine Art Cluster, in der sie über die Stellung von behinderten Menschen in der Gesellschaft im Jahr 2007 reflektieren und über- legen, welche Mittel und Möglichkeiten es gibt, mit Behinderungen zu leben und sich im Alltag zurechtzufinden (M1). Für die Schüler wird diese Sichtweise vermutlich selbstverständlich sein. Dass diese größtmögliche Eingliederung der Behinderten in unsere Gesellschaft im Laufe der Geschichte nicht immer so war, erfahren die Schüler anhand eines Textes, der von einem geistig zurückgebliebenen Kind während der ersten Kriegsjahre handelt (M2). Er vermittelt einen konkreten Ein- druck, welchen Wert behinderte Menschen damals hatten und wie sie behandelt wurden. Im Unterrichtsgespräch werden elementare Aussagen, die die Sichtweise und das Denkmuster der Bevölkerung in Bezug auf Menschen mit Behinderung be- schreiben, herausgearbeitet.
Dass diese Rassenideologie bereits in der Schule propagiert wurde, zeigen Rechenaufgaben, in denen berechnet wird, welche Belastungen erbkranke Menschen für ein Volk bedeuten. Es soll aufgezeigt werden, welche Kosten zum Beispiel durch die Unterbringung Geisteskranker in Anstalten entstehen und wie dieses Geld „sinnvoller“ verwendet werden könnte. (M3)
An der Tafel entwickeln die Schüler jetzt ein zweites Cluster über die Stellung von behinderten Menschen in der Gesellschaft im Dritten Reich (M4). So wird auch rein optisch der Kontrast zwischen heute und früher sichtbar.
[...]
1 Hampel, Johannes: Der Nationalsozialismus. Das bittere Ende. Band 3.: S. 329
2 Hampel, Johannes: Der Nationalsozialismus. Das bittere Ende. Band 3.: S. 331
3 vgl. ebd. S. 331
4 Hampel, Johannes: Der Nationalsozialismus. Das bittere Ende. Band 3.: S. 331
5 Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte. In: Mayer, Ulrich / Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard: Handbuch - Methoden im Geschichtsunterricht. S. 392
6 ebd. S. 392
7 Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte. In: Mayer, Ulrich / Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard: Handbuch - Methoden im Geschichtsunterricht. S. 393
8 Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte. In: Mayer, Ulrich / Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard: Handbuch - Methoden im Geschichtsunterricht. S. 395
9 Vgl. Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte. In: Mayer, Ulrich / Pandel, Hans-Jürgen / Schneider, Gerhard: Handbuch - Methoden im Geschichtsunterricht. S. 396
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