Examensarbeit, 2011
74 Seiten, Note: 2,0
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in ausgewählten Novellen der Gegenwart. Sie analysiert, wie verschiedene Autoren die NS-Thematik in ihren Werken behandeln und welche gattungsspezifischen Merkmale der Novelle dabei zum Einsatz kommen. Der Zeitraum der Analyse erstreckt sich von 2000 bis 2011, wobei auch Werke aus den 1980er Jahren berücksichtigt werden, die als wichtige Vorläufer für die spätere Entwicklung der Novelle dienen.
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und erläutert die Auswahlkriterien für die zu analysierenden Novellen. Die Entwicklung der Novelle nach 1945 wird im zweiten Kapitel beleuchtet, wobei die Annahme, die Novelle sei nach dem Zweiten Weltkrieg aus der deutschen Literatur verschwunden, widerlegt wird. Im dritten Kapitel wird die Frage nach der Erzählbarkeit des Holocaust und der Thematisierung der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in der deutschen Gesellschaft behandelt. Dabei werden verschiedene Aspekte der Erinnerungskultur und die Herausforderungen der Auseinandersetzung mit dem Holocaust beleuchtet.
Im vierten Kapitel wird Hartmut Langes Novelle „Das Konzert" aus dem Jahr 1986 analysiert. Die Handlung spielt in einer Parallelwelt, in der sich Tote in der Nachkriegszeit bewegen. Die Novelle beschäftigt sich mit der Konfrontation von Opfern und Tätern, der Frage nach Schuld und Sühne und der Unmöglichkeit, die Vergangenheit zu vergessen. Lange greift dabei auf traditionelle gattungsspezifische Merkmale der Novelle zurück, wie die Darstellung des Einzelnen, die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt.
Im fünften Kapitel wird Thomas Lehrs Novelle „Frühling" aus dem Jahr 2001 betrachtet. Die Novelle zeichnet sich durch einen experimentellen Sprachstil aus, der die Verwirrtheit und die Erregung des Protagonisten widerspiegelt. Der Bruch der Rechtschreibkonventionen und die besondere Interpunktionsstruktur unterstreichen den geistigen Zustand des Sterbenden. Das Schweigen des Vaters über seine Vergangenheit im Nationalsozialismus belastet die beiden Söhne und führt schließlich zum Selbstmord. Lehrs Werk bezieht sich auf die Tradition der Novelle, insbesondere auf Heinrich von Kleist, und greift auf Merkmale wie die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt zurück.
Im sechsten Kapitel wird Günter Grass' Novelle „Im Krebsgang" aus dem Jahr 2002 analysiert. Die Novelle erzählt die Geschichte des Untergangs der Wilhelm Gustloff und thematisiert die deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs. Die Erzählung zeichnet sich durch eine krebsende Erzählweise aus, die immer wieder in die Vergangenheit zurückblickt. Die Novelle bricht Tabus und stellt die deutsche Opfergeschichte in ein neues Licht. Auch hier werden traditionelle Merkmale der Novelle wie die unerhörte Begebenheit und der Wendepunkt deutlich.
Im siebten Kapitel wird Marlene Streeruwitz' Novelle „Morire in levitate" aus dem Jahr 2004 betrachtet. Die Protagonistin Geraldine Denner leidet unter der Vergangenheit ihres Großvaters, der als Bahnlogistiker an der Organisation der Deportationszüge beteiligt war. Die Novelle ist geprägt von Melancholie und Selbstmitleid, das sich aus der Schuld der Tätergeneration ableitet. Der Aspekt des kollektiven Schweigens spielt eine wichtige Rolle. Auch Streeruwitz greift auf traditionelle Elemente der Novelle zurück, wie die unerhörte Begebenheit und die Darstellung des Einzelnen.
Im achten Kapitel wird Arno Surminskis Novelle „Die Vogelwelt von Auschwitz" aus dem Jahr 2008 analysiert. Die Geschichte handelt von der Begegnung eines polnischen KZ-Häftlings und eines SS-Wachmanns, die beide ein Interesse an der Vogelwelt haben. Die Novelle zeichnet sich durch eine groteske sprachliche Gestaltung aus, die die Gegensätze und die Grausamkeit des Lagers hervorhebt. Die Begegnung der beiden Protagonisten kann als unerhörte Begebenheit betrachtet werden.
Das neunte Kapitel befasst sich mit Hartmut Langes Werk „Im Museum" aus dem Jahr 2011. Die Novelle erzählt sieben verschiedene Geschichten, die sich im Deutsch-Historischen Museum in Berlin ereignen. Die Vergangenheit wird lebendig und die Figuren werden von unheimlichen Erlebnissen und unlösbaren Rätseln konfrontiert. Der Schatten Adolf Hitlers taucht auf und symbolisiert die ungesühnte Schuld der Vergangenheit. Langes Werk greift auf traditionelle Merkmale der Novelle zurück, wie die unerhörte Begebenheit und den Wendepunkt. Das Museum stellt einen wichtigen Ort der Erinnerung und der Vergegenwärtigung der Geschichte dar.
Die Schlussbetrachtung fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und beleuchtet die Bedeutung der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Gegenwartsliteratur. Die Novelle erweist sich als eine flexible und vielseitige Gattung, die sich hervorragend eignet, um die unerhörten Begebenheiten des Holocaust und die damit verbundenen Themen wie Schuld, Sühne, Erinnerung und Vergessen darzustellen. Die in der Arbeit vorgestellten Novellen zeigen die Aktualität der Novelle in der Gegenwart und ihren Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Novelle, die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit, den Holocaust, die Erinnerungskultur, Schuld und Sühne, das Unheimliche, die sprachliche Gestaltung, das Schweigen und die gattungsspezifischen Merkmale der Novelle. Die Analyse beleuchtet die unterschiedlichen Ansätze der Autoren, die NS-Thematik in ihren Werken zu behandeln, und zeigt die Bedeutung der Novelle als Gattung, die sich hervorragend eignet, um die unerhörten Begebenheiten des Holocaust und die damit verbundenen Themen zu verarbeiten und zu reflektieren.
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