Bachelorarbeit, 2014
32 Seiten, Note: 1
Abstract
Einleitung
Theorieteil
Dialekte und Vorurteile
Stereotype Content Model
Wärme- und Kompetenzbewertungen von Dialektsprechern
Empirieteil
Methode
Stichprobe
Matched-guise-technique
Materialien und Stimuli
Design des Experiments
Ablauf des Experiments
Ergebnisse
Kompetenz- und Wärmebeurteilung
Zusatzanalysen
Diskussion
Interpretation der Hauptergebnisse
Interpretation der Ergebnisse der Zusatzanalysen
Praktische Implikationen
Kritik
Fazit
Literatur
Anhang
Dialektsprecher scheinen im Alltag oft wegen ihrer Sprechweise ausgelacht zu werden. Daher sollte in der vorliegenden Studie wissenschaftlich untersucht werden, ob negative Vorurteile gegenüber Dialekten bestehen. Empirische Evidenz deutet darauf hin, dass die Standardsprache im Vergleich zu Dialekten stets positiver bewertet wird. Nur in Bereichen der Wärme, des Vertrauens und in sozialen Kompetenzen allgemein wurden auch teilweise die Dialektsprecher höher eingeschätzt. Das Ziel dieser Arbeit war, die Einschätzung des bayerischen Dialekts mit der hochdeutschen Standardsprache auf den Dimensionen Wärme und Kompetenz zu vergleichen. Dazu fand das Stereotype Content Model (SCM) Anwendung. Eine bayerische und eine hochdeutsche Aufnahme einer Sprecherin wurden auf den Dimensionen Wärme und Kompetenz nach dem SCM von den Versuchspersonen bewertet. Es wurde erwartet, dass Bayerischsprecher wärmer eingeschätzt werden als Hochdeutschsprecher und, dass Hochdeutschsprecher für kompetenter als Bayerischsprecher befunden werden. Methodisch wurde der Vergleich von Hochdeutsch und Bayerisch mit der matched-guise-technique durchgeführt. An der Studie nahmen 68 Studierende als Versuchspersonen teil. Die Auswertungen zeigten, dass die Sprecherin in der hochdeutschen Version kompetenter als in der bayerischen Version bewertet wurde. Auf der Wärmedimension gab es überaschenderweise keine signifikanten Unterschiede.
„Jede Provinz liebt ihren Dialect: denn er ist doch eigentlich
das Element, in welchem die Seele ihren Athem schöpft.“
Johann Wolfgang von Goethe, 1812
Montagmorgen, Seminar in Sozialpsychologie am Psychologischen Institut in Würzburg. Circa 25 Studierende warten auf den Beginn des Referats der Kommilitonin. Die ansprechend gestaltete Titelfolie und das Thema lassen auf einen interessanten Vortrag hoffen. Aber sobald die Referentin zu sprechen beginnt, nimmt das Gekicher aus den Reihen der Zuhörer kein Ende. Warum? Die Referentin kann oder will ihre schwäbische Herkunft nicht verstecken. Das gerollte „r“ und einige „sch-Laute“ an für Nichtschwaben ungewohnten Stellen erheitern die Seminargruppe.
Solche und ähnliche Szenarien sind kein Einzelfall. Im Alltag kann man des Öfteren beobachten, dass Dialektsprecher mit diversen Vorurteilen zu kämpfen haben oder zumindest wegen ihrer Mundart durch den Kakao gezogen werden. Dieses Verhalten mutet in Anbetracht der Tatsache, dass Dialekte wieder an Bedeutung zu gewinnen scheinen, seltsam an. Von Seiten der Bildungspolitik wird versucht, dem sogenannten „Dialektsterben“ mit Unterrichtsfächern zum Dialekterhalt Einhalt zu gebieten (Göttert, 2012) . Linguisten betonen die positiven Effekte der „inneren Mehrsprachigkeit“, also der Beherrschung der Standardsprache und eines oder mehrerer Dialekte (Göttert, 2012) . Trotz dieser Dialektoffensiven scheint eine positive Bewertung der Dialekte noch nicht in der Bevölkerung angelangt zu sein.
Um diese Alltagsbeobachtungen wissenschaftlich zu überprüfen, wurde die vorliegende Studie zur Bewertung von Bayerischsprechern im Vergleich zu Hochdeutschsprechern durchgeführt.
Um der Frage nach der Bewertung der Bayerischsprecher und Hochdeutschsprecher auf den Grund zu gehen, wurde zuerst nach sozialpsychologischen Studien gesucht, die sich mit dem Thema Dialekten und Vorurteilen befassen.
In einer Metaanalyse untersuchten Fuertes, Gottdiener, Martin, Gilbert und Giles (2012) die Effekte von Akzenten von Sprechern auf die Bewertung dieser Sprecher. In die Metaanalyse wurden nur Studien mit Akzenten der englischen Sprache eingeschlossen. Fuertes et al. (2012) fassten die unterschiedlichen Bewertungen von Standardsprache und Nicht-Standardsprache zu den drei Dimensionen Status, Solidarität und Dynamik zusammen. Status beinhaltet Eigenschaften wie Intelligenz, Kompetenz und soziale Schicht. Dynamik beschreibt das Aktivitätslevel und die Lebendigkeit. Solidarität bezieht sich auf Vertrauenswürdigkeit, Gutmütigkeit und Attraktivität. Die Mehrzahl der eingeschlossenen Studien beschäftigte sich mit nicht-muttersprachlichen Akzenten, weniger Studien behandelten regionale Akzente. Durchgehend wurden Standardsprecher höher auf den Dimensionen Status und Dynamik bewertet. Angesichts dessen zeigt sich ein großer Vorteil, den Standardsprecher gegenüber Nicht-Standardsprechern haben. Bei der Dimension Solidarität waren die Effekte nicht eindeutig. Fuertes et al. (2012) berichten zudem, dass manche regionale Dialekte eine besondere Stellung besitzen und gerade auf der Solidaritätsdimension des Öfteren hoch bewertet zu werden scheinen. Ist es also manchmal doch von Vorteil, einen Dialekt zu sprechen?
Dieser Frage gingen Heaton und Nygaard (2011) auf den Grund. Sie verglichen die Persönlichkeitseinschätzungen von Sprechern mit Standard-Amerikanisch-Englisch und einem Südstaaten-Akzent. Die Sprecher der Standardsprache wurden als intelligenter und gebildeter eingeschätzt, die Südstaatensprecher eher als sozial, freundlich, höflich, witzig und nett. Beeinflusst wurde diese Einschätzung zudem von der Art des Kontextes. Sprachen die Standardsprecher von typischen Südstaaten-Themen wie Jagen oder Kochen wurden auch sie sozialer eingeschätzt im Vergleich zu einem neutralen Inhalt. Im Englischen scheint also die Tendenz, die Standardsprache eher mit Intelligenz und Status zu verbinden, den Dialekt eher mit sozialen Fertigkeiten, deutlich belegt zu sein. Lässt sich etwas Ähnliches auch im deutschsprachigen Raum finden?
Die Studie untersucht, ob negative Vorurteile gegenüber Dialektsprechern bestehen. Konkret wird die Einschätzung des bayerischen Dialekts mit der hochdeutschen Standardsprache auf den Dimensionen Wärme und Kompetenz verglichen.
Das Stereotype Content Model (SCM) wird in der Studie verwendet, um die Dimensionen Wärme und Kompetenz bei der Bewertung von Dialektsprechern zu messen.
Es wurde die matched-guise-technique verwendet, um Hochdeutsch und Bayerisch zu vergleichen. Dabei wird dieselbe Sprecherin in beiden Sprachvarianten aufgenommen und von Versuchspersonen bewertet.
An der Studie nahmen 68 Studierende als Versuchspersonen teil.
Die Sprecherin wurde in der hochdeutschen Version als kompetenter bewertet als in der bayerischen Version. Auf der Wärmedimension gab es keine signifikanten Unterschiede.
Die Studie zitiert unter anderem Fuertes et al. (2012) zur Metaanalyse von Akzenten, Heaton und Nygaard (2011) zum Vergleich von Standard-Amerikanisch-Englisch und Südstaaten-Akzent, sowie Rakić, Steffens und Mummendey (2011) zum Einfluss von Dialekten in Bewerbungssituationen.
Die Sprecher wurden auf den Dimensionen Wärme und Kompetenz bewertet.
Die "innere Mehrsprachigkeit" bezieht sich auf die Beherrschung der Standardsprache und eines oder mehrerer Dialekte.
Frühere Studien haben gezeigt, dass Dialektsprecher in Bewerbungssituationen oft als weniger kompetent eingeschätzt werden, obwohl es Ausnahmen wie Bayerischsprecher in Bezug auf sozio-intellektuellen Status geben kann.
Die Studie liefert Erkenntnisse darüber, wie Dialekte im Vergleich zur Standardsprache wahrgenommen werden und welche Auswirkungen dies auf die Bewertung von Sprechern haben kann. Die Ergebnisse können Implikationen für Bildungspolitik und den Umgang mit Dialekten im öffentlichen Raum haben.
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