Masterarbeit, 2013
95 Seiten, Note: 5.5
Danksagung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
1 Einleitung
2 Aufbau der Masterarbeit
2.1 Modul- und evaluationsspezifische Abgrenzung
2.2 Fragestellungen
2.3 Literaturrecherche
2.4 Ziel der Masterarbeit
2.4.1 Das „mentalJUDO“ Programm
3 Forschungsstand
4 Theoretischer Hintergrund
4.1 Psychologische Anforderungen der Sportart Judo
4.1.1 Psychologische Anforderungen im Training und der Lebensführung
4.1.2 Psychologische Anforderungen im Wettkampf
4.1.3 Konklusion und Übersicht
4.2 Sportpsychologisches Training
4.2.1 Definition und Abgrenzung
4.2.2 Legitimation sportpsychologischen Trainings
4.3 Sportpsychologische, leistungsbeeinflussende Faktoren
4.4 Stress
4.4.1 Definition von Stress
4.4.2 Kognitive Bewertung von Stress
4.4.3 Coping-Strategien
4.4.4 Auswirkungen von Stress auf den Sport
4.5 Emotionen
4.5.1 Definition von Emotion
4.5.2 Emotionsformen
4.5.3 Emotionen im Sport
4.6 Entspannung
4.6.1 Definition von Entspannung
4.6.2 Entspannung und Sport
4.6.3 Anspannungsniveau
4.6.4 Beispiele von Entspannungstechniken
4.6.5 Integration in den Trainingsprozess
5 Methodik
5.1 Studiendesign
5.2 Methodik der Vorevaluation
5.2.1 Untersuchungspopulation und Stichprobe
5.2.2 Messinstrumente
5.2.3 Analyseverfahren
5.3 Methodik der Intervention und Evaluation
5.3.1 Ablauf der Intervention
5.3.2 Interventionsgruppe
5.3.3 Messinstrumente
5.3.4 Analyseverfahren
6 Ergebnisse
6.1 Ergebnisse der Vorevaluation
6.1.1 Allgemein
6.1.2 Wettkampfsituationen
6.1.3 Motivation und Zielsetzung
6.1.4 Konzentration und Rituale
6.1.5 Visualisieren
6.1.6 Emotionen und Gedanken
6.1.7 Entspannung und Erholung
6.2 Ergebnisse der Intervention und Evaluation
6.2.1 Judokabefragung - Design des Athletentools
6.2.2 Judokabefragung - Handhabung des Athletentools
6.2.3 Judokabefragung - Design der Präsentationen
6.2.4 Trainerbefragung - Design und Handhabung des Athletentools
6.2.5 Trainerbefragung - Design und Handhabung des Trainertools
7 Diskussion
7.1 Hauptbefunde
7.1.1 Vorevaluation
7.1.2 Intervention und Evaluation
7.2 Methodenkritik
7.2.1 Vorevaluation
7.2.2 Intervention und Evaluation
8 Schlusswort
Literaturverzeichnis
Anhang
An erster Stelle möchte ich meinen Dank an Herrn Tim Hartmann richten, welcher meine Arbeit als Erstgutachter betreute und mich stets unterstützte. Dank seiner Hilfe und seinem Engagement konnten die Interventionen und Evaluationen mit dem Nachwuchskader in der Nippon Schule Basel durchgeführt werden.
Weiter gilt auch einen herzlichen Dank an alle Judokas, welche sich für die Interventionen und Interviews zur Verfügung gestellt haben.
Herrn Leo Held und Frau Monika Kurath danke ich für die interessanten Interviews, welche für diese Arbeit von hoher Wichtigkeit waren.
Marly Rodenberg und René Lieb danke ich für das Korrekturlesen und konstruktive Feedback.
Einen besonderen Dank gilt auch an Herrn Julien Hirano, mit welchem ich das ganze Projekt lancierte und das „mentalJUDO“ Programm entwickelte.
Hinweis an den Leser / die Leserin:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personen-bezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
Abb. 1 Aufmerksamkeit des Athleten im Training und im Wettkampf.
Abb. 2 Übersicht zu einzelnen modulspezifischen Übungen.
Abb. 3. Faktoren, welche die „Kampfbereitschaft“ und den „idealen Wettkampfzustand“ bei hoch klassifizierten und weniger klassifizierten Sportlern unterscheiden.
Abb. 4. Beziehung von Anspannung und Leistung.
Abb. 5. Antworten zu Item 1: Der Begriff Mentales Training ist mir bekannt.
Abb. 6. Antworten zu Item 8: Sportpsychologisches Training führen wir im Judo regelmässig durch.
Abb. 7. Antworten zu Item 58: Ich würde gerne mit den vorgestellten Trainingskarten für Mentales Training im Judo arbeiten.
Abb. 8. Antworten zu Item 15: Meine Leistungen sind im Training oft besser als im Wettkampf.
Abb. 9. Antworten zu Item 14: Vor einem Wettkampf fühle ich mich oft gestresst.
Abb. 10. Antworten zu Item 16: Ich setze mir für jedes Training ein Ziel, dass ich erreichen möchte.
Abb. 11. Antworten zu Item 33: Ich kann mir einen Wurf mit allen Sinneswahrnehmungen vorstellen (Sehen, Hören, Fühlen).
Abb. 12. Antworten zu Item 51: Wenn mir im Training etwas unangenehm ist, spreche ich es an.
Abb. 13. Antworten zu Item 54: Ich wende regelmässig Übungen an, um mich zu entspannen.
Abb. 14. Antworten zu Item 55: Nach jedem Training und Kampf führe ich eine kurze Erholungs- oder Entspannungsphase durch.
Abb. 15. Antworten zu Item 1: Die Lernkarten sprechen mich optisch an.
Abb. 16. Antworten zu Item 5: Das Kartenmaterial ist gut gewählt.
Abb. 17. Antworten zu Item 11: Ich finde schnell zu den Übungen, welche ich durchführen möchte.
Tab. 1. Psychologische Regulationskomponenten eines Judokas
Tab. 2. Beispiel für die Integration von Entspannungstechniken in den Trainingsprozess im Judo.
Tab. 3. Kreuztabelle zu Geschlecht und Kader.
Tab. 4. Ausgewählte Übungen für die modulspezifischen Interventionen.
Tab. 5. Kreuztabelle: Kader und Item 8. Sportpsychologisches Training führen wir im Judo regelmässig durch.
Hintergrund: Die Sportart Judo stellt mit ihrem komplexen Anforderungsprofil in zahlreichen Faktoren (Kondition, Technik, Mentale Stärke, u.a.) einen extrem vielseitigen Anspruch an die Athleten. Gerade der psychologische Faktor ist ein anerkanntes und nicht zu vernachlässigendes Element für eine optimale Leistungserbringung. Im schweizerischen Nachwuchs der Sportart Judo existieren bis anhin keine einheitlichen Programme für die Einführung und den Umgang mit sportpsychologischen Trainingsmethoden.
Ziel: Das im Rahmen dieser praxisorientierten Arbeit entwickelte Programm soll ein einfaches, integriertes sportpsychologisches Programm direkt im Judotraining ermöglichen. Zusätzlich erhalten die Athleten die Möglichkeit, auch ausserhalb des Trainings Übungen für ihre individuellen Bedürfnisse im mentalen Bereich durchzuführen. Es soll ein Trainer- und ein Athletentool entwickelt werden.
Methode: Um die Bedürfnisse und das Vorwissen in sportpsychologischen Bereichen der Nachwuchsjudokas abzuklären, wurde vorgängig eine quantitative Fragebogenerhebung mit dem National- und Sichtungskader der Schweiz durchgeführt (n=42, ♀=28, ♂=14). Das Programm selbst wurde einer zweiwöchigen Intervention unterzogen (Stammkader des Regionalen Leistungszentrum Judo beider Basel) und durch die Triangulationsmethode (quantitativer Fragebogen und Leitfadeninterview) bezüglich Design und Handhabung evaluiert (n=11, ♀=7, ♂=4).
Ergebnisse: Sportpsychologische Trainingsmethoden scheinen ein grosses Bedürfnis für die Nachwuchsathleten zu sein. Viele der befragten Judokas können ihre Leistung im Wettkampf nicht optimal abrufen.
Das Athletentool ist handlich, übersichtlich und aufgrund des gewählten Fächersystems kompakt. Das ganze Programm ist mit den modulspezifischen Farben sehr einheitlich und für Trainer und Athleten motivierend zum Arbeiten.
Diskussion: Diese Arbeit mit dem entwickelten „mentalJUDO“ Programm stellt zwar nach wie vor ein Pilotprojekt dar, konnte jedoch zum Untersuchungszeitpunkt positive Ergebnisse bezüglich den genannten Aspekten Design und Handhabung erzielen. Es wurde ein Programm entwickelt, welches die Bedürfnisse der Nachwuchsjudokas in sportpsychologischen Bereichen abdecken konnte. Wie sich eine langfristige Integration des „mentalJUDO“ Programms in den Trainingsprozess entwickeln würde, wäre zu untersuchen.
Background: The sport judo puts high requirements on the athletes especially considering its high requirement profil, which is composed by multiple factors (such as physical condition, technique skills, mental strength, among others). Especially the psychological factor is a renowned and non-negligible component in order to perform on the highest level. Up until now there doesn’t exist a uniform program for the introduction and the implementation of a sport psychological training method in Swiss Judo for up-and-coming athletes.
Goal: In the context of this practice-oriented project a sports psychological program shall be developed which allows an easy and immediate integration into judo practice.
Additional the athletes should be given the opportunity to exercise a different individual program outside off the official practice, which can be adapted to their individual mental strength and weaknesses. The goal is to develop a tool for athletes as well as trainers and coaches.
Method: In order to evaluate the needs and the previous knowledge of a psychological program of the up-and-coming athletes, a quantitative questionnaire was made with the Swiss national junior squad (n=42, ♀=28, ♂=14). The program itself was tested in a two week intervention and with the triangulation evaluated with reference to design and handling (n=11, ♀=7, ♂=4).
Results: There seems to be a great demand for sport psychological training methods by up-and-coming athletes. Many of the interviewed judokas aren’t able to reach their optimal performance during competition.
The tool is handy and clearly arranged due to it’s separate compartments. The tool is due to the theme specific color arrangement very consistent and motivating to work with.
Discussion: This project with its developped „mentalJUDO“ program is a pilot project, however at the time of testing positive results were shown in terms of design and handling. The program meets the needs of the up-and-coming judokas regarding their sport psychological needs. However a long term integration of the program „mentalJUDO“ into the process of training, would still have to be examined.
Sportpsychologisches Training ist heute in den meisten Sportarten und vor allem im Spitzensport ein fester Bestandteil des Trainingsprogramms. Es ist nebst den konditionellen oder taktischen Inhalten ebenfalls ein entscheidender und anerkannter Faktor, welcher zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit führt (Mayer, 2011). Held (Interview, 9. April 2013) führt aus: „[…] egal welches Training ich mache, ob ich Krafttraining mache, ob ich Ausdauertraining mache, ob ich Techniktraining mache, der mentale Teil oder der psychische Teil ist immer ein integrativer Bestandteil dessen“. Gerade aber bei Wettkampf-situationen wird die mentale Stärke eines Sportlers zur massgebenden Komponente und kann über Sieg oder Niederlage entscheiden. Die Wichtigkeit der mentalen Stärke wird in der Literatur stets betont. Gold wird auch im Kopf gewonnen (Birrer, Ruchti & Morgan, 2010; Engbert, 2011; Hartmann, 2011; Nittinger, 2009; Wetzel, 2010).
Oft haben Sportler Schwierigkeiten, in mit Stress belasteten Situationen (meist Wettkampfsituationen), ihre volle Leistung abzurufen. Im Wettkampf wird die Aufmerksamkeit oft nicht nur auf die eigentliche Aufgabe gerichtet, wie es im Training meist problemlos möglich ist (vgl. Abb 1). Die Fertigkeit, wie man in bestimmten Situationen reagiert, kann aber erlernt und trainiert werden (Mayer, 2009).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Aufmerksamkeit des Athleten im Training und im Wettkampf (Mayer, 2011, S. 9).
In der Schweiz sind bei der Sportart Judo sportpsychologische Trainingsmethoden noch nicht so stark verbreitet, wie es gerade diese Einzelsportart eigentlich verlangen würde. Kaum eine andere Sportart stellt komplexere sportpsychologische Anforderungen an den Athleten wie die Sportart Judo (Blumenstein et al., 2005).
In der Literatur existieren viele Inhalte zu einer sportpsychologischen Thematik, diese beinhalten aber vor allem theoretische und allgemeine sport-psychologische Ansichten und Methoden. Es fehlt ein mögliches Lehr- und Lernmittel für ein spezifisches sportpsychologisches Training im Judo, mit welchem direkt und integrativ im Training oder auch im Wettkampf gearbeitet werden kann. Die Auseinandersetzung eines Judokas mit sportpsychologischen Methoden und somit der Verbesserung seiner mentalen Stärke soll bereits im jugendlichen Alter stattfinden und nicht am Fehlen von entsprechenden Mitteln scheitern (Alfermann & Stoll, 2005; Birrer, Ruchti & Morgan, 2010; Nittinger, 2010; Suinn, 1989; Wetzel, 2010).
Diese praktisch orientierte Arbeit soll die beschriebene Problematik aufgreifen und zusätzlich ein praktikables Programm entwickeln, mit dem Hauptziel, den Nachwuchsathleten (U18 / U21) im Judo einen vereinfachten Zugang zum sportpsychologischen Training zu verschaffen.
Dank der Arbeit und dem entwickelten Produkt soll ein integriertes sportpsychologisches Programm direkt im Judotraining stattfinden. Zusätzlich erhalten die Athleten die Möglichkeit, auch ausserhalb des Trainings Übungen für ihre individuellen Bedürfnisse im mentalen Bereich durchzuführen.
Das „mentalJUDO“ Programm wurde in Zusammenarbeit mit Herrn Julien Hirano entwickelt. Die Richtlinien des Instituts für Sport und Sportwissenschaften an der Universität Basel verlangen, dass die Masterarbeit nur durch eine Person erstellt wird. Aufgrund dieser Tatsache wurde bei der Erarbeitung des theoretischen Hintergrunds modulspezifisch aufgeteilt. In dieser Arbeit werden die Themen bzw. Module Umgang mit Stress, Emotionen & Gedanken und Entspannung behandelt. Die Evaluation des „mentalJUDO“ Programms wurde ebenfalls unterteilt. Herr Julien Hirano befasst sich mit den inhaltlichen Aspekten, während diese Arbeit die Gestaltung und die Handhabung des „mentalJUDO“ Programms evaluiert.
- Welches Vorwissen, welche Erfahrungen und welche Bedürfnisse besitzen Nachwuchsathleten der Sportart Judo in der Schweiz bezüglich sportpsychologischen Trainingsmethoden?
- Wie beurteilen Athleten und Trainer die grafische Darstellung, Handhabung und Umsetzung des „mentalJUDO“ Programms?
- Ist die Umsetzung bezüglich Material, Kartengrösse, Format und Fächerform praktikabel?
Die Datenlage für ein mentales respektive für ein sportpsychologisches und judospezifisches Training fällt noch bescheiden aus. Die Recherche erfolgte somit zwingend breiter und wurde auf sportpsychologische Komponenten in Kampfsportarten und später auch in Einzelsportarten erweitert. Es wurden die Datenbanken Pubmed, Spofor und Spomedia zur Literatursuche verwendet. So konnte eine Literaturliste erstellt werden, welche entsprechend der Relevanz und dem Erscheinungsjahr der einzelnen Ergebnisse aussortiert wurde. Die Suche wurde auf Bücher, das Internet, den Katalog des Universität Basel und auf Literatur aus Vorlesungen ausgeweitet. Schlagwörter für die Suche waren folgende: „judo“, „mental“, „sport psychology“, „martial arts“, „toughness“, „emotions“, „sport“, „relaxation“, „stress“. Diese wurden mit den Verknüpfungen „AND“ und „OR“ und auch in deren deutschen Übersetzung verwendet. Zudem wurden Experteninterviews mit Leo Held und Monika Kurath geführt. Durch ihre eigenen Erfahrungen als Judokas, aber auch als Trainer von Spitzensportlern und Coachs in sportpsychologischen Bereichen, konnten ihre Aussagen als zusätzliche wertvolle Quellen benutzt werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, Judokas (vorwiegend Nachwuchsathleten) durch das entwickelte Programm einen einfacheren Zugang zum sportpsychologischen Training zu ermöglichen. Das Programm bietet eine aktive und integrative Auseinandersetzung mit dem Thema im Training und fördert eine erhöhte Interaktionsmöglichkeit von Trainern und Athleten. Das Programm soll auch den Trainern die Möglichkeit bieten, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und sportpsychologisches Training vereinfacht im Training durchzuführen. Die Judokas sollen zudem auch ausserhalb des Trainings die Möglichkeit erhalten, selbständig Übungen für ihre mentale Stärke durchzuführen. Nur durch die Integration von sportpsychologischen Methoden im Training kann auch langfristig die Leistung im Wettkampf verbessert werden.
Diese Masterarbeit soll als Pilotprojekt verstanden werden. Bis anhin gibt es keine vergleichbaren Programme für die Sportart Judo. Diese Arbeit soll zusätzlich mit ihrem Programm eine motivierende Grundlage für das Entwickeln weiterer, praktikabler Methoden für den Einstieg in ein sportpsychologisches Training im Judo, wie auch in weiteren Sportarten, sein.
Das sportpsychologische Programm „mentalJUDO“ besteht aus einem Athletentool und mehreren Trainertools, welche nachfolgend erläutert werden.
Das Athletentool
Für die Athleten wurden Lernkarten mit verschiedenen Übungen für die mentale Stärke erstellt, welche leicht in die Praxis umzusetzen sind. Die Lernkarten sollen zwar eine Verbindung von Theorie und Praxis sein, jedoch liegt das Hauptmerkmal für die Athleten in der praktikablen und einfachen Umsetzung der Übungen. Damit soll der Zugang für ein sportpsychologisches Training erleichtert werden. Die Lernkarten können und sollen so auch ausserhalb des eigentlichen Trainings individuell eingesetzt werden. Durch die häufige und wiederholte Anwendung der sportpsychologischen Übungen im und ausserhalb des Trainings soll die mentale Stärke der Athleten verbessert werden. Die Übungen wurden aus dem J&S-Lehrmittel Psyche (Birrer, Ruchti & Morgan, 2010), dem mentalen Pocket Coach (Nittinger, 2010), einem Handbuch zur mentalen Wettkampf-vorbereitung (Frester & Wörz, 1997) und weiteren Büchern und Broschüren zusammengetragen (Beckmann & Elbe, 2008; Engbert, 2011) und nach sportpsychologischen Grundsätzen judospezifisch modifiziert und teils neu entwickelt.
Um eine gute Strukturierung und einen besseren Überblick der Lernkarten zu erreichen, werden die einzelnen Übungen verschiedenen Modulen zugeteilt. Jedes Modul erhält eine Modulübersichtskarte, anhand welcher Begriffe, Methoden und Wichtigkeit des Moduls beschrieben werden. Jedes Modul umfasst ungefähr 8-10 Übungen. Das ganze Kartenset besteht aus über 70 Karten.
Der Athlet ist nicht verpflichtet, die Reihenfolge zu beachten und kann direkt zu den Kapiteln vorgehen, welche er als wichtig erachtet. Dieser Aufbau dient somit auch der individuellen Trainingsgestaltung und den individuellen Bedürfnissen jedes einzelnen Athleten.
Aufgrund der vorhandenen Literatur und der Vorevaluation wurde das Athletentool in folgende Module unterteilt.
- Motivation
- Konzentration
- Visualisieren
- Umgang mit Stress
- Emotionen & Gedanken
- Entspannung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Übersicht zu einzelnen modulspezifischen Übungen.
Das Trainertool
Das Trainertool besteht aus einem Dokument mit Hintergrundinformationen, PowerPoint-Präsentationen und einer digitalen Version aller Übungen.
Hintergrundinformationen
In diesem Begleitdokument erhält der Trainer theoretische Informationen zu sportpsychologischem Training und nützliche Tipps für die Präsentation und das Verwenden des Athletentools. Komplexe Inhalte sind einfach erklärt und können für die Einführung ins Thema mit den vorhandenen Präsentationen genutzt werden.
Präsentationen
Die Präsentationen sind als Einführung in das sportpsychologische Training im Judo zu verwenden. Sie dienen dem Trainer und den Athleten als Unterstützung für das Verständnis der theoretischen Hintergründe. Entsprechend dem Athletentool sind die Präsentationen in die gleichen Module unterteilt. So kann jeweils das bevorzugte Modul ausgewählt werden. Der Trainer erhält zudem die Möglichkeit, die Präsentationen individuell an sich und seine Athleten anzupassen.
Übungen in digitaler Form
Um die Arbeit im Training zu erleichtern, kann der Trainer auf alle Übungen in digitaler Form zurückgreifen. Er kann so einzelne Übungen auswählen und direkt in seine Präsentationen einbauen. Einzelne Übungen lassen sich beispielsweise auch ausdrucken und vergrössern. Dank den digitalen Übungen bleibt der Trainer flexibel und kann auch ohne das Athletentool des „mentalJUDO“ Programms sportpsychologisches Training durchführen.
Psychologisches Training im Kampfsport und dessen Auswirkung auf die Leistung ist schon lange bekannt. Je komplexer eine Sportart wird, desto entscheidender scheint laut Tiwald (1981) ein psychologisches Training zu sein. Im Kampfsport Judo haben Blumenstein, Yacobovitz-Balva und Zach (2007) ein Trainingsprogramm (psychologisches Fertigkeitstraining) entwickelt und inte-grativ in das bestehende Training eingeführt. Verschiedenste Spitzensportler haben dieses Programm absolviert und positive Entwicklungen in vielen mentalen Bereichen gezeigt. Blumenstein et al. empfehlen auf jeden Fall, das psychologische Training in den bestehenden Trainingsprozess und somit in den Alltag zu integrieren, um möglichst viele praxisnahe und wettkampfähnliche Situationen zu provozieren. Sie zeigen zwar in ihren Ergebnissen auf, wie Techniken des sportpsychologischen Trainings in den Trainingsprozess integriert werden können. Aus der Studie geht allerdings nicht hervor, was und wie diese Methoden trainiert werden sollten.
Für Held (Interview, 9. April 2013) ist ein integratives, sportpsychologisches Training ebenfalls unabdingbar. Sportpsychologische Methoden sollen direkt in das Training (inkl. Taktik, Kondition und Technik) integriert und nicht isoliert behandelt werden
Einen weiteren integrativen Weg im sportpsychologischen Training im Judo haben Delow und Brand (2010/2011) gewählt. Sie begleiteten und unterstützten 70 Athleten (♂=32, ♀=38) des U17-Kaders des DJB (Deutscher Judobund) während der Vorbereitungs- und Wettkampfphase für die EM 2010 in Teplice (Tschechien). Dabei wurden kontinuierlich, konsequent und klar strukturiert sportpsychologische Methoden (Grundlagen und Fertigkeiten) in den Trainings-prozess der Nachwuchsjudokas integriert. Die Ergebnisse des Projekts waren durchwegs positiv, was für einen Ausbau solcher integrativen sport-psychologischen Methoden im Judosport spricht.
Minnix (2010) erkennt die Wichtigkeit der mentalen Stärke im Kampfsport. Er untersuchte in seiner Studie u.a. die Bedeutung und die Ausbildungsfähigkeit der mentalen Stärke bei Kampfsportlern (n=174). Sein Zwei-Phasen-Ansatz bestand aus Fragebogen und Interviews. Die qualitative Analyse aus der Studie legt nahe, dass u.a. Vorfreude und Lernverhalten entscheidende Komponenten für die mentale Stärke sind. In der Literatur sind weitere Themen wie Glaube, Motivation, Konzentration, Umgang mit Angst und Leistungsdruck als Unter-suchungsgegenstände zu finden. Glaube und Motivation sind sowohl in der Literatur, wie auch in der Studie von Minnix als wichtigste Faktoren für die mentale Stärke eingestuft. Allerdings sind diese sehr schwierig zu vermitteln. Sportpsychologen und Trainer sollten laut Minnix Programme entwickeln, welche den Kontext der genannten Komponenten berücksichtigen. In der Arbeit von Minnix ist zudem eine erweiterte und vollständigere Übersicht zur bestehenden Literatur bzgl. mentaler Stärke im Kampfsport zu finden (vgl. Minnix, 2010). Creasy (2005) hat herausgefunden, dass eine hohe mentale Stärke zu einem enormen Selbstvertrauen und zur Fähigkeit führt, seine für den Wettkampf gesetzten Ziele zu erreichen.
Connaughton et al. (2008) waren die ersten, die eine Untersuchung mit dem primären Fokus auf die Entwicklung der psychischen Belastbarkeit im Kampfsport bereits in der Kindheit durchführten (n=10). Jeder Teilnehmer unterzog sich einem halbstrukturierten Interview über ihre Wahrnehmungen zur Entwicklung der mentalen Stärke. Auch bei dieser Studie war der Glaube an sich selbst der entscheidende Faktor in Verbindung mit Erfahrungen, sozialer Unterstützung und dem Führungsstil des Trainers. Realistische, aber anspruchsvolle Ziele der Trainer verbesserten die mentale Stärke der Athleten.
Khafagy (2005) untersuchte in seiner Studie das von dem sport-wissenschaftlichen Institut der Otto von Guericke Universität Magdeburg entwickelte Computerprogramm „Mental-Judo“. Dieses Programm wurde für die Kampfsportart Judo konzipiert, das in Form eines Lernsystems sowohl auf die Entwicklung der kognitiven als auch der motorischen Komponente der Bewegungsrepräsentation Einfluss nehmen soll. Deren Niveaus und Veränderungen sind quantitativ darstellbar (n=24, ♀=12, ♂=12). Es interessierte konkret, wie der sportmotorische Lernprozess unter den Bedingungen der Wurftechnik „O-Goshi“ effektiviert werden konnte. Die Ergebnisse sind eine Verbesserung der Handlungsgenauigkeit und eine zunehmende Stabilität der bildlich-räumlichen Struktur der Bewegungsmuster. Er bestätigte die positive Wirkung von Mentalem Training auf die motorische Optimierung der Bewegung. Für detailliertere Angaben der Methodologie und Ergebnisse empfiehlt sich, seine Dissertation herbeizuziehen (Khafagy, 2005).
Engelmann (2012) führte eine psychometrische Analyse durch, um Mental Toughness-Skalen (SMTQ und MTQ48) und Zusammenhänge mit sportlichem Erfolg am Beispiel von Taekwondo-Athleten zu untersuchen (n=100, ♀=37, ♂=63). Seine Ergebnisse zu Mental Toughness haben gezeigt, dass lediglich der SMTQ – wenn auch nur geringfügig – sportliche Leistung aufklären kann.
In der Schweiz gibt es bis anhin noch keine solchen Studien. Es besteht auch kein praxisnahes sportpsychologisches Programm für den Judosport. Das Bundesamt für Sport erstellte 2006 eine DVD zum mentalen Training im Leistungssport (eine Auswahl verschiedener Athleten und Sportarten). Das Videomaterial zeigt zwar anschaulich verschiedene Wege des sport-psychologischen Trainings auf, konzentriert sich dabei aber bei der Vermittlung v.a. auf die Wichtigkeit von sportpsychologischem Training.
Im der Sportart Tennis existieren praktikable Materialien für Trainer und Athleten für ein integratives sportpsychologisches Training, welches durch Nittinger (2009) entwickelt wurde. Ebenfalls wurde durch Nittinger (2010) ein allgemeines sportpsychologisches Hilfsmittel entwickelt (My Pocket Coach Mental). Dieses Hilfsmittel in Kartenform soll den Athleten vieler Sportarten zur Verfügung stehen und so deren mentale Stärke verbessern. Da jede Sportart unterschiedlich ist und unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden muss, ergibt sich daraus eine Problematik. Zu unspezifisch sind die Inhalte, Übungen müssen teilweise selbst entwickelt oder adaptiert werden.
Es existiert also kein sportpsychologisches Programm für den Judosport in der Schweiz, welches einen einfachen Zugang zu dieser Thematik für Trainer und Athleten bietet, integrativ ist, sich aber auch individuell ausrichten lässt.
Um den Hintergrund der Theorie und des „mentalJUDO“ Programms besser zu verstehen, scheint es notwendig, die psychologischen Anforderungen der Sportart Judo zu erläutern. Birrer und Morgan (2009) sprechen von zwei objektiven psychologischen Anforderungsstrukturen mit entsprechenden psychischen Regulationskomponenten, welche sich auch auf die Sportart Judo übertragen lassen. Ersteres bezieht sich auf den Trainingsprozess und die Lebensführung. Die zweite psychologische Anforderungsstruktur mit ent-sprechenden psychischen Regulationskomponenten beinhaltet die Wettkampf-leistung.
Die Sportart Judo ist enorm trainingsintensiv und kann bei Spitzensportlern bis zu 30 Stunden Training pro Woche fordern (Kurath, 2009). Randori-, Kraft- und Ausdauertraining nehmen dabei die meiste Zeit in Anspruch. Trainer beschreiben das Training als „hart „ bis „sehr hart“. Zudem muss sehr lange trainiert werden, bis es zu einem internationalen Erfolg kommen kann (ø= 15.2 Jahre). Weiter sind der Professionalisierungsgrad und die gesellschaftliche Bedeutung der Judokas gerade in der Schweiz sehr tief, so dass die Judokas sozio-ökonomisch vom Umfeld abhängig sind. Auch stellt diese Zweikampfsportart eine Partner-abhängigkeit (Gegner) voraus, um einen sportlichen Fortschritt zu erreichen (Kurath, 2010).
Wettkampfsituationen stellen nebst dem Training weitere, zusätzliche psychologische Anforderungen an den Judoka. Der Wettkampf dauert oft unterschiedlich lang und auch die Pausen variieren von mindestens 10 Minuten bis zu mehreren Stunden. Ein Kampf dauert fünf Minuten mit ca. 10 Sekunden Unterbrüchen nach 20-30 Sekunden Kampf mit maximaler Intensität (Kurath, 2010). Der Athlet muss sich im Wettkampf Gemütszuständen und Störfaktoren stellen, welche im Training nicht gegeben sind. Grabov et al. (2007) zeigte auf, dass die emotionale Anspannung bei Ringern, nebst der körperlichen Ermüdung, den höchsten Einfluss auf die Leistung hat. Im Wettkampf wird der Judoka mit ständig wechselnden Bedingungen konfrontiert (Aktion und Reaktion des Gegners, Veränderung der Ausgangslage, Kampfstile, morphologische Unterschiede der Kämpfer, u.a.). Komplexität und Variabilität sind enorm hoch an einem Wettkampf. Die Sportart Judo kann zudem dem Fertigkeitstyp 4 (Klassifizierungsmodell nach Mechling, 1988) zugeordnet werden, welches den höchsten Grad azyklischer und offener Fertigkeiten, sowie Kombination der Bewegungen verlangt. Hartmann (2011) sieht spezifisch für den Nachwuchssport ein hohes Mass an Durchsetzungsvermögen, Härte und die situative Adaptionsfähigkeit als entscheidend an. Blumenstein (2005) ergänzt: „Wettkämpfe im Elite-Judo erfordern schnelle Reaktionen sowie ein hohes Ausmass an Aufmerksamkeit, Selbstkontrolle, Beständigkeit und Entschlossen-heit“. Zudem muss der Judoka in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1. Psychologische Regulationskomponenten eines Judokas (nach Kurath, 2010).
Aus den Beschreibungen lassen sich folgende 15 psychologische Regulationskomponenten eines Judokas definieren:
Sportpsychologisches Training
Sportpsychologisches Training befasst sich mit dem regelmässigen und systematischen Trainieren von mentalen und psychologischen Fertigkeiten im Sport (Alfermann & Stoll, 2005). Umgangssprachlich wird für ein sport-psychologisches Training oft irrtümlich der Begriff Mentales Training verwendet.
Mentales Training
Mentales Training als Modebegriff meint fälschlicherweise sportpsychologische Trainingsmethoden. Eigentlich ist Mentales Training lediglich eine Komponente des sportpsychologischen Trainings. Weineck (2010, S. 915) definiert Mentales Training folgendermassen: „Unter MT versteht man das Erlernen oder Verbessern eines Bewegungsablaufes durch intensives Vorstellen ohne gleichzeitiges tatsächliches Üben“. Man spricht auch von Vorstellungstraining oder Visualisieren (Birrer, Ruchti & Morgan, 2010).
Um Missverständnisse vorzubeugen, verwendet der Autor den Begriff „sportpsychologisches Training“ und meint damit das Fördern aller psycho-logischen Faktoren zur Erbringung der optimalen Leistung.
Ziel des psychologischen Trainings ist es, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen (Alfermann & Stoll, 2005). Dabei sollen spezifische Methoden eingesetzt werden, welche langfristig und wiederholt geübt werden müssen, um durch ein solches sportpsychologisches Training Erfolge zu erzielen (Loosch, 1997).
Mentale Stärke
Im Zusammenhang mit sportpsychologischen Aspekten wird oft auch der Begriff der mentalen Stärke benutzt. Loehr (1994, S. 20) beschreibt diesen folgendermassen: „Mentale Stärke ist die Fähigkeit, sich ungeachtet der Wettkampfbedingungen an seiner oberen Leistungsgrenze zu bewegen“. Diese Definition ist nicht ganz zufriedenstellend, da es eine Beherrschung der mentalen Komponenten bereits voraussetzt. Etwas spezifischer versucht es Beckmann und Elbe (2001, S. 19) zu erklären: „Ganz allgemein wird unter mentaler Stärke das Verfügen über effektive Selbstregulationsfertigkeiten verstanden, die es Individuen ermöglichen, auch unter ungünstigen Bedingungen ihr LeistungsPotential abzurufen.
Die mentale Stärke eines Individuums ist also die Komponente, welche durch ein sportpsychologisches Training trainiert und verstärkt werden soll.
Weineck (2010, S. 26) führt aus: „Die mentale Vorbereitung und die richtige positive Herangehensweise an den Wettkampf unterscheiden erfolgreiche Athletinnen und Athleten von weniger erfolgreichen“. Die richtige positive Herangehensweise beschreibt er als Fähigkeit, sich im Wettkampf in einen sogenannten „Flow“-zustand zu versetzen. Dadurch fallen alle Störfaktoren weg und der Fokus liegt nur auf einem Ziel, nämlich der bestmöglichen Leistung. Die Abbildung 3 zeigt deutlich, dass mentale Faktoren den Ausschlag für Spitzenleistungen geben. Friedrich (2005) ergänzt, dass je nach Sportart bzw. Disziplin psychische Faktoren mehr oder weniger starken Einfluss auf die Leistung ausüben. Er sieht u.a. Angst, Stress, Entspannung, Motivation und Konzentration als bedeutende Faktoren für die sportliche Leistungsfähigkeit an. Blumenstein (2007) bestätigt die signifikanten positiven Leistungseffekte von sportpsychologischen Methoden in Mannschaft- und Einzelsportarten, u.a. bei Spitzensportlern auf olympischem Niveau. Held (Interview, 9. April 2013) meint zudem, dass früh genug mit sportpsychologischem Training begonnen werden muss, da wie bei anderen Techniken, später nicht alles aufgeholt werden kann.
In den nachfolgenden drei Kapiteln werden die aus der Literatur und für diese Arbeit relevanten sportpsychologischen und leistungsbeeinflussenden Faktoren erläutert. Es existieren unzählig viele psychische Leistungskomponenten, welche sich aber einzelnen Bereichen zuordnen lassen. Wie im „mentalJUDO“ Programm beschrieben, werden die Bereiche Stress, Emotionen und Entspannung verwendet.
Nach Lazarus und Launier (1981) ist Stress als Transaktion zu verstehen. Diese Transaktion findet zwischen der Umwelt und der Person statt. Die subjektive Bewertung ist dabei das entscheidende Merkmal. Je nach Individuum kann eine Situation ganz unterschiedlich wahr- bzw. aufgenommen werden. Sie kann eine Situation als schädigend, bedrohlich oder herausfordernd einstufen. Stressreaktionen sind unspezifisch, d.h. jede Person kann anders reagieren, weil jede Person eine Situation unterschiedlich bewertet. Es findet demnach eine individuelle kognitive Bewertung statt (Aldwin, 2007).
Die kognitive Bewertung (engl. cognitive appraisal) lässt sich in zwei Bereiche bzw. Einschätzungen unterteilen. Alfermann und Stoll (2005) erläutern zum einen die primäre Einschätzung, in welcher analysiert wird, was die Situation fordert und was auf dem Spiel steht. Es wird zunächst das Ereignis oder die Situation wahrgenommen. Primär handelt es sich um Informationen aus der Umwelt.
Die sekundäre Einschätzung überprüft, welche Möglichkeiten zur Bewältigung der Situation vorhanden sind. Vorwiegend sind es Persönlichkeiten und Eigenschaften der Person selbst (Selbstvertrauen, Kompetenzen, usw.), welche der Person in der Stresssituation helfen. Soziale Kontakte sind aber auch entscheidend (Freunde und Familie). Die beschriebenen Bewertungen treten gleichzeitig auf (Schwarzer, 1993). Die Person kann nun die Situation neu bewerten und entsprechend handeln. Dadurch entstehen Strategien, wie man die Situation bewältigt, auch als sogenanntes Coping (Stressbewältigung) benannt (Nicholls & Polmann, 2007).
In der Literatur finden sich vielzählige verschiedene Begrifflichkeiten und diverse Abgrenzungen zu den verschiedenen Coping-Strategien. Coping lässt sich grob in drei Strategien unterteilen; dem problemorientierten, dem emotionsorientierten und dem bewertungsorientierten Coping (Alfermann & Stoll, 2005; Kowalski & Crocker, 2001). Wirksame Coping-Strategien sind in der Literatur v.a. durch Einzelsportarten bestätigt worden, da hier der Einfluss eines Mitspielers entfällt (Nicholls et al., 2008).
Problemorientieres Coping
Die Situation wird aktiv analysiert und als Problem erkannt. Die betroffene Person kann nun zum Beispiel nach einer Lösung suchen, Entscheidungen treffen, Ziele setzen, Informationen gewinnen, usw. Diese Coping-Strategie sollte v.a. in subjektiv kontrollierbaren Situationen angewendet werden (Alfermann & Stoll, 2005; Nicholls, 2011).
Emotionsorientiertes Coping
In Situationen, welche subjektiv eher nicht oder weniger kontrollierbar sind, sollte nach Lazarus und Folkman (1984) diese Methode angewendet werden. Es wird versucht, sich von der Situation abzulenken. Gefühle und Emotionen werden versucht abzubauen, ohne dabei das eigentliche Problem anzugehen.
Bewertungsorientiertes Coping
Bei dieser Methode wird die belastende Situation neu positiv bewertet. So können zum Beispiel negative Rufe der Zuschauer motivierend wirken. Der Sportler sieht dies als Anreiz und strengt sich mehr an. Das bewertungsorientierte Coping kann laut Nicholls (2011) auch dem problemorientierten Coping zugeordnet werden.
Naive Bewältigungsstrategien
Die beschriebenen Coping-Strategien sind oft naive Bewältigungsstrategien, d.h. unwissenschaftliche Methoden, welche jede Person bewusst oder unbewusst fast täglich anwendet. Alfermann und Stoll (2005) unterteilt diese naive Bewältigungsstrategie in personenorientierte und umweltorientierte Strategien. Bei ersterem handelt der Sportler selbst. Er versucht zum Beispiel seine Anspannung durch Selbstgespräche abzubauen. Bei der umweltorientierten Bewältigungsstrategie würde er sich beispielsweise an einen ruhigen Ort setzen und Musik hören.
Nach Alfermann und Stoll (2005) kann davon ausgegangen werden, dass Stress im Wettkampf (wie auch Angst) zu einer Verminderung der Leistung führt. Stress blockiert unser Gehirn bzw. unser kognitives Denken in gewisser Hinsicht. In entscheidenden Situationen kann dies dazu führen, dass wir nicht mehr analytisch und zielgerichtet handeln können und den falschen Weg für eine Lösung wählen. Gemäss Monika Kurath (Interview, 3. Juni 2013), mehrfache Medaillengewinnerin internationaler Wettkämpfe und Meisterschaften, National-kadertrainerin und Verantwortliche für die Judotrainer-ausbildung in der Schweiz, stellt Stress spezifisch um Judo noch eine stärkere psychologische Komponente dar als in einer Mannschaftssportart, wo man sich den Rückhalt des Teams holen kann. Im Judo ist man ganz auf sich alleine gestellt. Man hat direkten Kontakt mit dem Gegner.
„Und dann gibt es einen Kampfverlauf, es gibt einen Kampfrichter der nicht immer in der Lage ist, hundertprozentig objektiv zu urteilen, weil es nicht messbar ist. Und man hat vielleicht einen Vorsprung, einen Rückstand, einen Gleichstand, eine bestimmte Zeit, die noch bleibt. Und eine Sportart, wo es sich halt ständig ändert, die Situation. Wo ich zwar meine Pläne, meine Absichten hab, den Kampf ja vorbereitet hab, aber der Gegner hat das auch. Und diese Interaktion ständig lesen zu können und möglichst optimal darauf zu reagieren, kann viel Stress bedeuten“ (Monika Kurath, Interview, 3. Juni 2013).
Eine eindeutige und allgemeingültige Definition für Emotion scheint bisher nicht zu existieren. Es handelt sich in der Wissenschaft viel mehr um Phänomenbeschreibungen, als um klare Definitionen. Psychophysiologische Emotionstheorien gehören aber zu den am besten evaluierten Ansätzen der Emotionsforschung. Wie auch bei Stress, sind Emotionen Reaktionen auf ein Ereignis oder eine Situation (Alpers, Mühlberger & Pauli, 2009; Engbert, 2011). Das Individuum kann mit verschiedenen Affekten auf eine Wahrnehmung reagieren. Diese Affekte verlaufen immer auf den folgenden drei Ebenen:
- verbal-kognitive Ebene
- Verhaltensebene
- physiologische Ebene
Die Ausprägung ist aber nie auf allen Ebenen gleich. Dies ist entscheidend, wenn versucht wird, Emotionen fassbar zu machen. Dann nämlich müssen immer alle Ebenen berücksichtigt werden (Alpers, Mühlberger & Pauli, 2009).
Eine Auswahl verschiedener Emotionen nach Schmidt-Atzert (2009):
- Freude und Glück
- Zuneigung
- Angst
- Unruhe
- Ärger
- Verachtung
- Überraschung
- Abneigung und Ekel
Alfermann und Stoll (2005) unterteilt in positive und negative Emotionen, welche sich in der Regel fördernd bzw. hemmend auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirken können. Negative Emotionen scheinen öfters und spezifischer vorzukommen als positive (Euler, 2009). Die in der Literatur am häufigsten erwähnten negativen Emotionen sind Angst und Ärger.
Angst, als negativer emotionaler Zustand, führt im Sport u.a. zu einer verminderten Bewegungskoordination, irrationalen Entscheidungen und zu einer Beeinträchtigung der Lernfunktion (Beckmann & Elbe, 2011). Alfermann und Stoll (2005) sehen gerade den Ärger im Sport als entscheidenden Faktor der sportlichen Leistungsfähigkeit. Wie beim Stress bzw. bei den Coping-Strategien, soll auch der Ärger mit Ärgerbewältigungsstrategien gebändigt werden. Das Ziel dient der bewussten Wahrnehmung von Situationen, sowie der Kontrolle von entsprechenden Bewältigungsstrategien, wie z.B. dem Problemlösetraining. Bei diesem werden negative Gedanken und Emotionen nicht als mögliches Schicksal angesehen, sondern als Problem, wodurch auch die Möglichkeit einer Lösung dessen entsteht. Dadurch können gerade in einem Wettkampf negative Emotionen in positive umgewandelt werden (Engbert, 2011).
Monika Kurath sieht Emotionen und die damit verbundenen Gedanken als extrem wichtig an (Interview, 3. Juni 2013): „Mit welcher Haltung, mit welchen Gedanken, mit welchen Formen von Selbstgesprächen bestreitest du deinen Tag, dein Training, deine Einstellung zum kommenden Wettkampf und wie gehst du damit um, mit dem was rauskommt, beim Training oder Wettkampf. […] Und wenn ich es dann nicht schaffe mit meinen Gedanken und Instruktionen konstruktiv und positiv zu bleiben, dann ist verloren“.
Der Ausdruck von Emotionen wird im Sport noch entscheidender, wenn dessen grossen Einfluss auf die Körpersprache betrachtet wird (Heilmann, 2009). In der Sportart Judo können somit Emotionen ein Abbild des persönlichen emotionalen Zustandes nach aussen (dem Gegner) zeigen. Emotionen und Körperausdruck beeinflussen sich zudem oft gegenseitig.
Die Emotionskontrolle stellt im Sport also ein unabdingbares Element des sportpsychologischen Trainings dar. Nur so kann der Athlet seine ganze Leistung auch im Wettkampf abrufen.
Dorsch (1992, S. 176) erläutert: „[…] kurzfristiger (phasisch) oder länger anhaltender Zustand reduzierter metabolischer, zentralnervöser unbewusster Aktivität. Entspannung ist auf subjektiv-verbaler, physiologischer und motorischer Ebene mess- und definierbar. […] Muskuläre, autonome und subjektive Entspannung müssen nicht korrelieren“. Entspannung kann in drei Reaktionsebenen eingeordnet werden, nämlich dem körperlichen Verhalten, der Kognition und den Emotionen (Zimbardo, 1995).
Um die maximale Leistung im Training und vor allem im Wettkampf abzurufen, braucht der Sportler ein entsprechendes Mass an Entspannung und Erholung (Regeneration). Dabei geht es nicht mehr nur um eine physische Regeneration. Es muss ein psychischer Ausgleich der Beanspruchung im Training und im Wettkampf gewährleistet sein (Beckmann & Elbe, 2008). Definiert wird die Erholung nach Kellmann (2002, S. 10) als ein „inter- und intraindividueller auf verschiedenen Ebenen (psychisch, physisch, sozial) angesiedelter Prozess in der Zeit zur Wiederherstellung von Leistungsfähigkeit.“
Für diese Arbeit von höherer Relevanz sind die Prozesse und Übungen der physischen und psychischen Entspannung. Beispiele sind Atementspannung, Progressive Muskelrelaxation (PMR) oder Autogenes Training (AT). So empfiehlt bereits Horst Tiwald (1981) vor über 30 Jahren ein richtiges Atmen als Mittel zur Entspannung. Mit richtigem Atmen meint er die tiefe Bauchatmung, welche heute allgemein anerkannt ist. Friedrich (2005) führt aus, dass Entspannungsübungen es ermöglichen, sich auf sich selbst, den eigenen Körper und seine Verfassung zu konzentrieren und dass Entspannungsübungen erlernt werden können.
Für das Training und den Wettkampf ist es allgemein wichtig, dass der Sportler sich selbst einzuschätzen lernt und sein optimales Anspannungsniveau kennt (vgl. Abb. 4). In den meisten Fällen gilt es für die Sportler in Wettkampf-situationen, ihre Anspannung zu reduzieren und auf ein tieferes Niveau zu bringen (Engbert, 2011).
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Progressive Muskelrelaxation (PMR)
Die PMR ist ein Entspannungsverfahren, bei welcher der Ausübende willkürlich seine Muskeln an- und entspannt, mit dem Ziel, einzelne Muskelgruppen besser wahrzunehmen und Verspannungen zu reduzieren (Beckmann & Elbe, 2008). Bei dieser Methode soll es zu einer Wiederherstellung und Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit kommen (Weineck, 2010).
Autogenes Training (AT)
Das autogene Training ist ein komplexeres Entspannungsverfahren und gilt v.a. der Vorstellung von Spannungszuständen des eigenen Körpers. Der Ausübende stellt sich Zustände vor, welche bei Entspannung vorkommen. Es soll die Bewusstheit für die Spannungszustände geschult werden (Beckmann & Elbe, 2008).
Eine weitere Möglichkeit zur Entspannung bietet die Mitchell-Technik, dies sind nach der Physiotherapeutin Laura Mitchell benannte Entspannungsübungen. Diese Technik soll den in Stress entwickelten Muskelverspannungen und Körperstellungen (sogenannt Punching Positions) entgegenwirken und wird durch das Prinzip der reziproken Hemmung ausgeübt. Dadurch kann eine Entspannung der primär angespannten Muskeln herbeigeführt werden (Clough & Strycharczyk, 2012).
Laut Blumenstein, Yacobovitz-Balva und Zach (2007) soll die Entspannung der mentalen Erholung, Beruhigung, Konzentration und der Erregungskontrolle dienen. Entspannungsübungen sind in allen Trainings- und Wettkampfphasen einzusetzen (vgl. Tab. 2). So sollen Entspannungsübungen beispielsweise nach dem letzten Training, am Vorabend des Wettkampfs und nach jedem Kampf angewendet werden.
Tab. 2. Beispiel für die Integration von Entspannungstechniken in den Trainingsprozess im Judo. AVP & SVP: allgemeine bzw. spezifische Vorbereitungsphase, WP: Wettkampfperiode, ÜP: Übergangsperiode (Blumenstein, Yacobovitz-Balva und Zach, 2007, S. 28).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Speziell im Judo, erklärt Monika Kurath (Interview, 3. Juni 2013), wo so starke Belastungen (physisch und psychisch) auf den Athleten wirken, hohe Trainingsumfänge und Schmerzen normal sind, ist eine entsprechende Entspannung und Erholung unabdingbar. Somit kann den erwähnten Belastungen ein Gleichgewicht geboten werden.
Um die Nachhaltigkeit des beschriebenen Programms zu gewährleisten wurde vorgängig im Dezember 2012 eine Befragung mit Nachwuchsjudokas durchgeführt. So konnten die Bedürfnisse der jungen Athleten für den Kontext des „mentalJUDO“ Programms abgeklärt werden. Daraus folgte die Entwicklung des „mentalJUDO“ Programms, welches einer Intervention mit weiteren Nachwuchsjudokas im August 2013 mit anschliessender Evaluation unterzogen wurde. Somit werden entsprechend den Fragestellungen die Methodik der Vorevaluation und die Methodik der Intervention und Evaluation des „mentalJUDO“ Programms getrennt betrachtet.
Für die Vorevaluation wurden Nachwuchsathleten des Sichtungskaders und des Nationalkaders der Sportart Judo ausgewählt (n=42). Es handelte sich nicht um eine zufällige Stichprobenziehung. Die Erhebung erfolgte an einem Trainings-wochenende der Judokas am 9. Dezember 2013 in St. Gallen. Die Teilnehmer stammen alle aus verschiedenen Regionen der Schweiz (25 deutschsprachige und 17 französischsprachige Athleten). Die Anzahl der männlichen Athleten überwiegte (♀=28, ♂=14). Die Teilnehmer waren zwischen 13 und 19 Jahren alt (M=16.5 Jahre), in 14 unterschiedlichen Gewichtskategorien eingeteilt und über 75% von ihnen besitzen den braunen oder schwarzen Gürtel.
Tab. 3. Kreuztabelle zu Geschlecht und Kader (fehlend: 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anhand eines standardisierten Fragebogens mit 56 geschlossenen (nach dem Prinzip der Likert-Skala erstellt) und zwei offenen Fragen wurden vorgängig das Interesse und die möglichen inhaltlichen Schwerpunkte für das im ersten Teil dieser Arbeit vorgestellten „mentalJUDO“ Programms ermittelt (Items=58). Der Fragebogen ist für eine quantitative Erhebung geeignet, da er mit geringen Kosten und Aufwand verbunden ist. Der Fragebogen wurde in nachfolgend beschriebene Bereiche unterteilt, welche eine quantitative Auswertung zulassen. Der Fragebogen ist im Anhang ersichtlich.
- soziodemografische Merkmale
- allgemeines Wissen über sportpsychologisches Training (6 Items)
- sportpsychologisches Training im Judo (4 Items)
- themenspezifische (Motivation, Stress, etc.) Bereiche (45 Items)
- sportpsychologische Hilfsmittel (3 Items)
Die Auswertung der Datenerhebung erfolgte durch das Statistikprogramm SPSS. Da es sich bei allen Werten bzw. dem Messniveau um nominal skalierte Daten handelt, ist eine Auswertung per t-Test nicht möglich. Die Analyse der Daten erfolgte ausschliesslich durch deskriptive Statistikmethoden, nämlich die Berechnung und Darstellung in Häufigkeits- und Kreuztabellen. Die so gewonnenen Daten lassen Rückschlüsse über Vorwissen, Interesse und Umgang mit sportpsychologischem Training im Judo in Zusammenhang mit den soziodemografischen Merkmalen zu. Die Ergebnisse lassen sich weiter in relative und absolute Häufigkeiten unterteilen. Da die einzelnen Variablen nur eine geringe Anzahl unterschiedlicher Werte aufweisen können, ist die Darstellung in Balkendiagrammen sinnvoll.
Das entwickelte „mentalJUDO“ Programm wurde im August 2013 über zwei Wochen an jeweils drei Terminen pro Woche in der Judo Schule Nippon Basel durchgeführt. Die Interventionsgruppe erhielt eine kurze interaktive Einführung (ca. 15 Minuten Theorie) in das jeweilige Thema respektive Modul durch die entwickelten Präsentationen des „mentalJUDO“ Programms. Danach wurden eine bis zwei Übungen aus dem Athletentool des „mentalJUDO“ Programms ausgewählt, durchgeführt und im Anschluss aller Interventionstage quantitativ und qualitativ evaluiert. Zudem erhielten alle Teilnehmer das Athletentool, um sich auch ausserhalb der Interventionszeiten mit dem Programm zu befassen. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht zu den Interventionstagen und durchgeführten Übungen. Die genauen Instruktionen und Inhalte der Übungen sind dem Athletentool zu entnehmen.
Tab. 4. Ausgewählte Übungen für die modulspezifischen Interventionen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Interventionsgruppe bestand aus dem Stammkader des Regionalen Leistungszentrum Judo beider Basel. Die Teilnehmerzahl an den jeweiligen Interventionstagen bewegte sich zwischen 11 und 18 Athleten. Es waren Teilnehmer der Jahrgänge 1993 bis und mit 2000 vertreten. Sieben der Teilnehmer sind in Schulen der Sekundarstufe II. Zwei Teilnehmer besitzen den schwarzen Gürtel und zwei den blauen Gürtel, der Rest der Teilnehmer ist im Besitz des braunen Gürtels. Es waren über zehn verschiedene Gewichtskategorien vertreten. Zudem war auch immer der Trainer vor Ort, welcher ebenfalls an der Intervention teilnahm. Der Fragebogen selbst wurde von 11 Athleten ausgefüllt. Die Anzahl der männlichen Athleten überwiegte (♀=7, ♂=4).
Es werden mehrere Messinstrumente als Verfahren genutzt. Es handelt sich bei den Messverfahren um eine methodologische Triangulation. Es werden verschiedene Methoden als eigenständige Verfahren eingesetzt und getrennt analysiert (Flick, 2011). In dieser Arbeit ist es die Kombination aus quantitativer Erhebung mittels Fragebogen und qualitativer Erhebung anhand von Interviews.
Fragebogen
Als erstes Messinstrument dient ein standardisierter Fragebogen mit 30 geschlossenen Fragen und einer offenen Frage (Items=31), welcher auf den Inhalt und die Gestaltung und Handhabung des Athletentools einging. Anhand dieses Fragebogens können quantitative Auswertungen vorgenommen werden. Der Fragebogen wird nach dem Prinzip der Likert-Skala erstellt und in folgende Bereiche unterteilt:
- soziodemografische Merkmale
- Inhalt der Lernkarten (13 Items)
- Inhalt der Präsentationen (5 Items)
- Gestaltung und Handhabung der Lernkarten (11 Items)
- Gestaltung Präsentationen (1 Item)
- persönliche Bemerkungen (1 Item)
Für diese Arbeit von Wichtigkeit sind lediglich der erste und die letzten drei Bereiche.
Interviews
Zusätzlich zu den Fragebogen werden die Teilnehmer einem kurzen qualitativen Messverfahren unterzogen. In einem mit Audioaufnahmen begleiteten Interview werden alle Teilnehmer ein kurzes Feedback zur erlebten Intervention abgeben. Das Interview ist unstrukturiert und enthält keine weiteren Fragen des Interviewers. Durch diese qualitative Ergänzung können eventuell fehlende Informationen im Fragebogen erschlossen werden.
Der Trainer wird anhand eines mündlichen Leitfadeninterviews befragt. Es wird die qualitative Technik des problemzentrierten Interviews gewählt (nach Mayring, 2002). Hier sind zwar die Fragen vorgegeben, der Trainer konnte diese jedoch offen beantworten. Der Vorteil des Leitfadeninterviews liegt darin, dass die interviewte Person trotz der vorgegebenen Fragen neue Aspekte einbringen und ein Interview erweitern kann. Dies ist für die Evaluation des „mentalJUDO“ Programms von hoher Wichtigkeit, da so auch das Wissen eines Trainers miteinfliessen kann. Für die Evaluation der im Trainertool enthaltenen Hintergrundinformationen wurde zusätzlich die asynchrone schriftliche Interviewform per e-Mail gewählt.
Fragebogen
Die Auswertung der Datenerhebung durch die Fragebogen erfolgt durch das Statistikprogramm SPSS. Es handelt sich bei allen Werten bzw. dem Messniveau um nominal skalierte Daten. Eine Auswertung per t-Test ist nicht möglich. Die Analyse der Daten erfolgt ausschliesslich durch deskriptive Statistikmethoden, nämlich die Berechnung und Darstellung in Häufigkeits- und Kreuztabellen. Mittels diesen Tabellen können quantitative Rückschlüsse zu den gewonnen Daten gezogen werden. Diese Analyseverfahren erlauben zudem einfache Auswertungen und können durch Balkendiagramme ergänzt werden.
Interviews
Die Interviews mit den Athleten und dem Trainer werden alle mit Audioaufnahmen aufgezeichnet und im Anschluss mit der Transkriptionssoftware „f5“ (für Mac OS X) transkribiert. Es wird die wörtliche Transkriptionsmethode nach Mayring (2010) angewendet. Der Inhalt der Umschrift wird anschliessend mit einer einfachen Textanalyse in Bezug auf die Fragestellung analysiert und ausgewertet. Eine Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse wird nicht in Betracht gezogen, da gerade bei den Athleteninterviews der Umfang der Antworten viel zu gering ausfällt.
Die qualitativen und quantitativen Erhebungen werden bei den Ergebnissen sinnvollerweise synthetisiert und zusammen erläutert.
Wie bereits in der Methodik erläutert, sind auch hier die Ergebnisse der Vorevaluation und der Intervention des „mentalJUDO“ Programms getrennt dargestellt.
Die Vorevaluation enthielt noch keine definitiven Modul- und Themenbezeichnungen, wie sie im „mentalJUDO“ Programm beschrieben sind. Die Themen bzw. Module wurden erst dank dieser Vorevaluation konkretisiert und bestätigt. Somit sind folgend alle Ergebnisse der Vorevaluation beschrieben.
Es zeigt sich deutlich, dass den Befragten sportpsychologisches Training bzw. Mentales Training ein Begriff ist (vgl. Abb. 5). Auch gaben sie an, Visualisierungstechniken, Techniken zur Bewältigung von Wettkampfstress, Techniken zur Konzentrations- und Motivationssteigerung und Entspannungs-techniken zumindest als Begriff zu kennen.
Lediglich bei Techniken zur Emotionssteuerung gaben knapp 40% der Befragten an, diese nicht bzw. eher nicht zu kennen.
Sportpsychologisches Training bereits im Rahmen eines Judotraining durchgeführt haben über 70%. Lediglich 22% aber führen ein solches Training auch regelmässig durch (vgl. Abb. 6). Der Unterschied vom National- zum Sichtungskader ist dabei vernachlässigbar (vgl. Tab. 5)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 5. Kreuztabelle zu Kader und Item 8: Sportpsychologisches Training führen wir im Judo regelmässig durch (fehlend: 4).
Auf die Frage, ob sie ein solches Training gerne einmal ausprobieren würden, gaben erstaunlicherweise 19 Judokas die Antwort „weiss nicht“ an. Dies könnte vermutlich auf eine gewisse Wissenslücke und fehlende Informationen bezüglich dem Inhalt und der Wirksamkeit von sportpsychologischem Training zurückzuführen sein. Dennoch ist für 81% der Befragten sportpsychologisches Training von Bedeutung. Auch zum Inhalt eines sportpsychologischen Trainings im Judo sind sich die Befragten einig. Es sollten Themen wie Visualisieren, Wettkampfvorbereitung, Rituale, Umgang mit Stress, Konzentration, Motivation, Entspannung, Emotionen und Gedanken behandelt werden. 40 der 42 Athleten würden gerne ein bis zwei Mal pro Woche sportpsychologisches Training durchführen.
62% können sich vorstellen, selbständig mit entsprechenden Hilfsmitteln ein sportpsychologisches Training oder einzelne Übungen durchzuführen. Erst gerade eine Person aller Befragten hatte bis dahin mit Hilfsmitteln gearbeitet. 70% würden gerne mit dem vorgestellten Programm „mentalJUDO“ sportp-sychologisches Training im Judo durchführen und damit arbeiten (vgl. Abb. 7).
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