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Bachelorarbeit, 2014
42 Seiten, Note: 1,3
2 Einleitung
3 Theoretische Grundlagen
3.1 Definition Glücksspiel und Online-Glücksspiel
3.2 Definition und Symptomatik der (Online-) Glücksspielsucht
3.3 Diagnostik
3.4 Erklärungsansätze für die Entstehung von pathologischem Glücksspielverhalten
3.5 Online-Glücksspiel – Eine Einführung
3.5.1 Gefährdungspotenzial von Glücksspielen im Internet
3.5.2 Online-Glücksspielsucht und Computerspielsucht/Internetsucht
4 Online-Beratung: Möglichkeiten und Grenzen
4.1 Der Beratungsprozess
4.2 Online-Beratung bei Online-Glücksspielsucht
4.3 Ausgewählte Online-Beratungsangebote für Online-Glücksspieler
4.3.1 „Check dein Spiel“
4.3.2 Internetforen
5 Fazit
6 Ausblick
7 Literaturverzeichnis
8 Eigenständigkeitserklärung
„Der Spieler ist anscheinend ein unbelehrbarer Optimist,
ein Geschöpf, welches durch Erfahrung ungerührt bleibt.
Sein Glaube an endgültigen Erfolg wird auch nicht durch
finanziellen Verlust gebrochen, egal wie groß.
Er hat heute nicht gewonnen? So was? Morgen wird es besser.
Er hat wieder verloren? Das beweist gar nichts;
der Tag wird kommen, an welchem er gewinnt.“ (dt. Übersetzung)
Edmund Bergler, amerikanischer Psychoanalytiker (The Psychology of Gambling, 1985)
Dieses Zitat Berglers beschreibt auf treffende Art und Weise die Gedanken eines pathologischen Glücksspielers und verdeutlicht zugleich auch die Gefahr, die Glücksspiele mit sich bringen. Doch der von Bergler beschriebene Spieler ist mittlerweile nicht mehr ausschließlich in Kasinos an Spielautomaten oder Roulette-Tischen anzutreffen. Zur Teilnahme an Glücksspielen braucht es heutzutage lediglich einen Computer mit Internetzugang. Durch diese neuartige Dimension des Glücksspiels wird erstmalig zu jeder Uhrzeit eine Spielteilnahme im eigenen Wohnzimmer oder am Arbeitsplatz ermöglicht. Aufgrund einer leichten Verfügbarkeit und hohen Ereignisfrequenz birgt das Glücksspiel im Internet, auch Online-Gambling genannt, nicht zu unterschätzende Gefahren. Auch hier findet sich ein nicht unerheblicher Anteil an Spielern, deren exzessives Spielverhalten pathologische und behandlungsbedürftige Züge annimmt. Daher stellt sich die Frage, ob diese moderne Form der Glücksspielsucht auch neuzeitliche Beratungsangebote fordert. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher der Bereich der Online-Beratung beleuchtet und die Frage geklärt werden, ob es sinnvoll ist Menschen mit einer Online-Glücksspielproblematik auch online zu beraten. Um sich dieser Thematik zu nähern, werden zunächst die Begriffe „Glücksspiel“ bzw. "Online-Glücksspiel“ und „Online-Glücksspielsucht“ definiert. Anschließend wird sowohl auf Symptomatik als auch Diagnostik dieses Störungsbildes eingegangen. Daraufhin werden unter anderem psychoanalytische und integrative Erklärungsansätze vorgestellt, um einen kurzen Einblick in mögliche Entstehungsbedingungen eines pathologischen Spielverhaltens zu geben. Anschließend folgt eine Einführung in den Bereich der Online-Glücksspiele, wobei in besonderem Maße auf strukturelle Merkmale und das damit verbundene Gefährdungspotential eingegangen wird. Außerdem werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen pathologischer Internet- und Computerspielnutzung und Online-Glücksspielsucht herausgearbeitet. Der darauffolgende Abschnitt befasst sich mit dem Bereich der Online-Beratung und beschreibt den Prozess dieser Beratungsform. Auch Vergleiche mit klassischer Face-to-Face Beratung werden angeführt. Den Schwerpunkt dieses Kapitels bildet die Verknüpfung der Online-Beratung mit dem Störungsbild der Online-Glücksspielsucht. Für die Beantwortung der Fragestellung werden mögliche Chancen und Grenzen dieser Konstellation erörtert. Im letzten Unterpunkt werden spezifische Beratungsangebote im Internet vorgestellt. Den Abschluss der Arbeit bilden ein Fazit, in dem die wichtigsten Punkte noch einmal zusammengefasst werden und ein kurzer Ausblick in Bezug auf die weitere Entwicklung dieses, noch relativ unerforschten, Gebietes.
Vorab wird darauf hingewiesen, dass die ersten vier Kapitel vermehrt die allgemeine Glücksspielsucht in den Blick nehmen. Dies ist zum einen damit zu begründen, dass die internetbezogene Glücksspielpathologie ein relativ neues Störungsbild darstellt, weshalb es vor allem an spezifischen Erklärungsansätzen mangelt. Zum anderen weisen beide Störungsbilder eine Reihe von Gemeinsamkeiten und Parallelen auf, weshalb die Online-Glücksspielsucht, insbesondere in den Bereichen der Symptomatik und Diagnostik, der allgemeinen Glücksspielsucht zugeordnet werden kann.
In Nachschlagewerken wird der Begriff „Glückspiel“ als ein „Spiel, bei dem der Erfolg, Gewinn oder Verlust fast nur vom Zufall abhängt“ definiert (Duden, 2013). Hieraus lässt sich erkennen, dass der Spieler keinen Einfluss auf den Verlauf des Spiels und auf die Gewinnausschüttung hat. Glücksspiele sind also prinzipiell als Wetten zu begreifen, da ein Betrag auf das Eintreten eines zufallsbedingten Ereignisses gesetzt wird. Geldeinsätze erhöhen dabei den Reiz und die Erregung (Petry 2003, S. 12). Im deutschen Sprachgebrauch wird das Verb spielen universell für alle Arten des Spielens verwendet, wohingegen im Englischen zwischen dem Spielen (to play) und dem Glücksspielen (to gamble) unterschieden wird. Geschicklichkeitsspiele, wie beispielsweise Dart und Schach sind von Glücksspielen jedoch abzugrenzen, da das Spielergebnis dort maßgeblich von den Fähigkeiten der Spielenden abhängig ist und nicht zufällig eintritt. Obwohl das Pokerspiel als eine Art Mischform angesehen ist, da sowohl Geschicklichkeits- als auch Zufallskomponenten den Spielausgang bestimmen, zählt Poker mit Geldeinsatz in Deutschland als Glücksspiel.
Glücksspiele haben auf die meisten Menschen eine erregende Wirkung. Die Möglichkeit größere Summen zu gewinnen oder zu verlieren führt zu einer inneren Anspannung und sorgt für den gewünschten Nervenkitzel. Besonders die Atmosphäre eines Kasinos trägt zu stimulierenden, rauschähnlichen Zuständen bei. Das gedämpfte Licht, die Licht- und Tonsignale der Automaten, sowie das prasselnde Geräusch ausbezahlter Münzen schaffen ein einzigartiges Ambiente, welches sehr verlockend wirken kann (Meyer, Bachmann 2011, S. 70 f.).
Das Angebot von Glücksspielen ist vielfältig. So sind in Spielbanken vor allem die sogenannten „Großen Spiele“ wie Roulette, Black Jack und Poker, sowie die Glücksspielautomaten („Kleine Spiele“) beliebt. Auch Sportwetten und klassische Lotterien zählen zur Gruppe der Glücksspiele. In den letzten Jahren vergrößerte sich jedoch vor allem der Glücksspielmarkt im Internet. Während es 1996 lediglich 10 Internetseiten gab, auf denen um Geld gespielt werden konnte, stieg die Anzahl im Jahr 2010 auf über 2300 an (Meyer, Bachmann 2011, S. 26). Besonders häufig vertreten sind Internetkasinos, gefolgt von Poker- und Sportwetten-Websites (ebd.).
Die Rechtslage im Bereich Online-Glücksspiel in Deutschland ist derzeit nicht eindeutig. Seit dem 15. Dezember 2011 ist der erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStv) in Kraft getreten, den alle Bundesländer mit Ausnahme von Schleswig-Holstein unterschrieben haben. Dieser verbietet das Glücksspiel im Internet, sowie jegliche Art von Werbung für diese Plattformen. Die einzige Ausnahme stellt der Bereich der Online-Sportwetten dar, für die insgesamt 20 Konzessionen vergeben wurden. Diese Gesetzgebung ist jedoch nicht im Interesse der europäischen Union, die sich zwar für eine Regulierung, aber auch für offene Internetglücksspielmärkte ausspricht. Solange es keine Einigkeit zwischen dem deutschen Gesetz und der EU gibt, existiert auch keine einheitliche Regelung in der Ahndung von Online-Kasinos. Viele Betreiber haben zudem ihren Geschäftssitz in der Karibik, auf Malta oder Gibraltar, um Einschränkungen oder Verboten zu entgehen, weshalb sämtliche Formen des Glücksspiels im Internet vertreten sind (Meyer, Bachmann 2011, S.26). Schleswig-Holstein erließ im Januar 2012 eine eigene Gesetzgebung, nach der nun auch Online-Kasinos 5-jährige Lizenzen des Bundeslandes erwerben können. Dies wurde kontrovers diskutiert, doch die Regierung begründete diese Neuerung mit erwarteten Lizenzabgaben in Höhe von bis zu 60 Millionen Euro (ebd.).
Pathologisches Glücksspielverhalten und somit auch das pathologische Glücksspielen im Internet, wird den Verhaltenssüchten, beziehungsweise substanzungebundenen Süchten zugeordnet. Hierbei kann durch zwanghafte, exzessive Verhaltensweisen ein rauschähnlicher Zustand entstehen, obwohl, im Gegensatz zu den substanzgebundenen Süchten, keine psychotropen Stoffe von außen zugeführt oder eingenommen werden (Thalemann 2009, S. 4). Trotz fehlender Substanzen kann Suchtverhalten erzeugt und aufrechterhalten werden, indem das zerebrale Belohnungssystem auf Dopaminausschüttung reagiert. Positive Reaktionen, wie angenehme Gefühle animieren zur Wiederholung der erfolgreichen Handlung (Meyer, Bachmann 2011, S. 117). Durch diese Mechanismen kann eine psychische Abhängigkeit entstehen, die auch bei substanzgebundenen Suchtformen von zentraler Bedeutung ist. Um diese Gemeinsamkeit zu verdeutlichen beschreiben Meyer und Bachmann (2011):
„Ein süchtiger Mensch strebt nicht den Konsum eines Suchtmittels, bzw. einer Droge um ihrer selbst willen an, sondern den durch den Stoff erzeugten psychischen Zustand – vor allem Entspannung, Rausch und Betäubung. Das eigentliche Suchtpotential besteht in der sofortigen stimmungsdämpfenden, stimulierenden und halluzinogenen Wirkung der Mittel. Sie ermöglichen eine kurzfristige Befriedigung entsprechender Bedürfnisse, sind aber langfristig mit schädlichen Auswirkungen verbunden. Nicht anders verhält es sich mit dem Glücksspiel.“ (Meyer, Bachmann 2011, S. 51).
Dieser Zustand macht, laut der Autoren, das hauptsächliche Suchtpotenzial aus. Diese psychische Abhängigkeit sorgt aufgrund ihrer verhaltensbestimmenden Wirkung für eine hohe Rückfallquote und sollte zentraler Gegenstand aller therapeutischen Behandlungen sein.
Substanzgebundene Süchte weisen nicht nur Gemeinsamkeiten mit pathologischem Spielverhalten auf, sie zeigen zugleich auch die höchsten Komorbiditätsraten. Einige amerikanische Bevölkerungsstudien belegen, dass Personen mit glücksspielbezogenen Problemen eine neunfach höhere Rate an substanzbezogenen Störungen aufweisen als Nichtspieler. Im Rahmen des „National Epidemiologic Survey of Alcohol and Related Conditions“ (NESARC) war bei 73,2% der Spielsüchtigen auch Alkoholmissbrauch, beziehungsweise Alkoholabhängigkeit diagnostizierbar (Meyer, Bachmann 2011, S. 102). Generell ist zu erwähnen, dass 95,5% der pathologischen Spieler eine zusätzliche DSM-Diagnose erhalten. Dieses Störungsbild weist nahezu immer Komorbiditäten, vermehrt auch in Form von Angst- oder Affektiven Störungen, auf und tritt selten als isolierte Erkrankung auf. Vor allem im Anfangsstadium der Suchtentwicklung wird Glücksspielen häufig als positiver Ausgleich gesehen, der die Symptome anderer Störungen erträglicher macht. Später kommt es jedoch oft zum Funktionswandel, der die angenehmen Begleiterscheinungen vermindert und die negativen Nachwirkungen verstärkt. Das Spielen wird zur zusätzlichen Belastung und entwickelt sich durch Eigendynamik zu einem pathologischen Verhalten (Meyer, Bachmann 2011, S. 55, S. 104 ff.). Ein erster Hinweis, vor allem für Angehörige, der für eine Online-Glücksspielproblematik sprechen könnte, ist ein für den Betroffenen untypisches Nutzungsverhalten des Computers. Dies äußert sich vor allem in Bezug auf unerklärlich lange (Arbeits-) Zeiten am PC, insbesondere abends oder nachts. Sogar nächtliches Aufstehen, um sich vor den Computer zu setzen, kann beobachtet werden. Auch die Zeit der Betroffenen scheint immer knapper zu werden. Sowohl private als auch berufliche Termine werden häufiger, und mit meist schwacher Argumentation abgesagt oder vergessen. Ein sozialer Rückzug findet statt, Freunde und Familie werden vernachlässigt, es zeigen sich Stimmungsschwankungen, Gereiztheit und Ungeduld. Doch vor allem die finanzielle Situation kann ein Anzeichen für problematisches Spielverhalten sein. Trotz regelmäßigen Einkommens fehlt den Betroffenen häufig Geld, es werden Kredite aufgenommen oder neue Konten eröffnet, ohne dass nennenswerte Neuanschaffungen erkennbar wären. Auch Angehörige vermissen plötzlich ihre Wertsachen oder Geldbeträge (Meyer, Bachmann 2011, S. 155).
Der Verlauf einer „Spielerkarriere“ bis hin zum pathologischen Glücksspielverhalten kann in drei Phasen unterteilt und auch auf die Entwicklung einer Online-Glücksspielsucht übertragen werden (Meyer, Bachmann 2011, S. 40):
1. Positives Anfangsstadium (Gewinnphase) Der Betroffene hat gelegentlich Kontakt zu Glücksspielen, die durch einen oder mehrere Gewinne als positiv erlebt werden. Eine Steigerung des Selbstwertes wird spürbar, Gewinnphantasien entwickeln sich und das regelmäßige Spielen beginnt.
2. Kritisches Gewöhnungsstadium (Verlustphase) Die Spielintensität steigt, denn Häufigkeit, Einsätze und Spieldauer nehmen zu. Der Spieler versucht Verluste durch höhere Einsätze auszugleichen (Chasing).
3. Suchtstadium (Verzweiflungsphase) Der Spieler verliert die Kontrolle über sein Verhalten, die Gedanken kreisen fast ausschließlich um Glücksspiel und Geldbeschaffung. Soziale Beziehungen und Verpflichtungen werden vernachlässigt und eine Persönlichkeitsveränderung macht sich bemerkbar.
Im Laufe dieser Phasen wird das Spielverhalten von verschiedenen negativen Konsequenzen begleitet, die sich zunehmend dramatisch auf das Leben des Betroffenen auswirken. Am häufigsten genannt werden Schuldgefühle (76,2%) und Einsamkeit (49,9%). Auch steigende finanzielle Schulden (83,3%) spielen ab Beginn des Gewöhnungsstadiums eine große Rolle (Giralt et al. 2011, S. 152). Der permanente Schuldendruck belastet unter anderem das Familienklima und das soziale Umfeld der Spieler. Das permanente Verspielen des Gehalts führt dazu, dass anfallende Rechnungen nicht mehr beglichen werden können. Sind (Ehe-)Partner und Kinder involviert, ist somit nicht nur der Lebensunterhalt des Betroffenen gefährdet. Im Sinne einer Co-Abhängigkeit verschulden sich weitere Familienmitglieder, um die finanzielle Situation zu stabilisieren. Die daraus entstehenden Konflikte enden nicht selten in Trennung oder Scheidung, was oftmals noch zur Steigerung des Spielverhaltens beiträgt. Diese Entwicklung bringt pathologische Spieler nicht selten dazu Delikte zu begehen oder Suizid als letzten Ausweg zu betrachten. (Mayer, Bachmann 2011, S. 154).
Ergebnisse der PAGE-Studie haben ergeben, dass 1,4% (ca.776.000) der 14-64 Jährigen in Deutschland die Kriterien für problematisches Glücksspielverhalten erfüllen. 1,0% der befragten Bevölkerung (ca. 531.000) zeigen pathologische Verhaltensweisen in Bezug auf das Glückspielen (Buth, Kalke, Reimer 2013, S. 23).
Doch nicht jeder Mensch, der Glücksspiele spielt ist automatisch auch abhängig oder auf dem Weg in die Sucht. Verschiedene Merkmale, wie die Spielfrequenz, Symptomatik und Funktionalität sind ausschlaggebend, um zwischen mehreren Formen des Spielens unterscheiden zu können. Nach Shaffer et al. (1997) bilden die Gelegenheitsspieler oder sozialen Spieler die größte Gruppe unter den Glücksspielern. Sie spielen in ihrer Freizeit ohne auffällig hohe Geldeinsätze zum Vergnügen oder zur Unterhaltung. Die professionellen Spieler bilden eine sehr kleine Gruppe, die in Deutschland hauptsächlich im Poker oder im Bereich des illegalen Glücksspiels anzutreffen sind. Diese Spieler verdienen ihr Geld mit Glücksspielen und machen ihre Einsätze kühl und distanziert, ohne dass es einen besonderen Reiz für sie darstellt. Die Gruppe der problematischen Spieler befinden sich in einer Übergangsphase und zeigt bereits erste Anzeichen einer Abhängigkeitsentwicklung wie beispielsweise Schuldgefühle, heimliches Spielen und hohe Ausgaben. Pathologische Spieler hingegen weisen schwerwiegende Probleme im Umgang mit Glücksspielen auf, die den, im Folgenden beschriebenen, diagnostischen Kriterien zuzuordnen sind. Der Übergang vom gelegentlichen zum problematischen Spielen ist meist fließend. Wenn Glücksspiel zum zentralen Lebensinhalt wird und auch wiederholte Abstinenzversuche scheitern, kann von pathologischem Glücksspielverhalten gesprochen werden.
Im Jahr 1980 wurde die Diagnose Pathologisches Glücksspielverhalten als psychische Störung in das psychiatrische Klassifikationssystem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM-III) aufgenommen. 1991 folgte dann die Aufnahme in die „Internationale Klassifikation psychischer Störungen“ (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation. Nach ICD-10 sind die Hauptmerkmale für pathologisches Spielen (F63.0):
1. Dauerndes, wiederholtes Spielen
2. Anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer sozialer Konsequenzen wie Verarmung, gestörter Familienbeziehungen und Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse.
In diesem Diagnosemanual wird das Pathologische Glücksspiel den Impulskontrollstörungen zugeordnet. Weitere Störungsbilder in dieser Kategorie sind beispielsweise pathologische Brandstiftung (Pyromanie) und pathologisches Stehlen (Kleptomanie). Es lassen sich lediglich Ähnlichkeiten in der Beschreibung dieser Störungen erkennen, charakteristische Gemeinsamkeiten gibt es jedoch nicht. Diese, weder theoretisch noch empirisch begründete, Zuordnung ist bereits mehrfach kritisiert worden. Das diagnostische Kriterium der Intensivierung des Verhaltens spielt beispielsweise nur bei pathologischem Spielverhalten eine Rolle. Ebenso erfolgen nach Beendigung des Verhaltens keine Erleichterung beziehungsweise positive Erregung, sondern vielmehr negative Erscheinungen wie Leidensdruck durch das verspielte Geld. Vergleichbare Merkmale spielen bei anderen Störungen dieser Gruppe keine Rolle (Meyer, Bachmann 2011, S. 49). Ausgeprägte Impulsivität und geringe Impulskontrolle gelten zwar als Einflüsse für die Entwicklung von pathologischem Glücksspielverhalten, doch zuzuordnen sind sie den psychischen Störungen, einschließlich stoffgebundener Suchtkrankheiten.
Differenziertere diagnostische Kriterien werden in der vierten Auflage des DSM beschrieben. Dort müssen mindestens fünf der folgenden Merkmale erfüllt sein, um von der Diagnose pathologisches Spielen sprechen zu können.
1. Ist stark eingenommen vom Glücksspiel (z.B. starkes Beschäftigtsein mit gedanklichem Nacherleben vergangener Spielerfahrungen, Nachdenken über Wege, Geld zum Spielen zu beschaffen)
2. Muss mit immer höheren Einsätzen spielen, um die gewünschte Erregung zu erreichen
3. Hat wiederholt erfolglose Versuche unternommen, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben
4. Ist unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder aufzugeben
5. Spielt, um Problemen zu entkommen oder um eine dysphorische Stimmung zu erleichtern
6. Kehrt, nachdem er beim Glücksspiel Geld verloren hat, oft am nächsten Tag zurück, um den Verlust auszugleichen
7. Belügt Familienmitglieder, den Therapeuten oder andere, um das Ausmaß seiner Verstrickung in das Spielen zu vertuschen
8. Hat illegale Handlungen wie Fälschung, Diebstahl, Betrug oder Unterschlagung begangen, um das Spielen zu finanzieren
9. Hat eine wichtige Beziehung, seinen Arbeitsplatz, Ausbildungs- oder Aufstiegschancen wegen des Spielens gefährdet oder verloren
10. Verlässt sich darauf, dass andere ihm Geld bereitstellen, um die durch das Spielen verursachte hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden
[...]