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Bachelorarbeit, 2014
59 Seiten, Note: 1,0
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Charakterisierung der Geldpolitik
2.2 Die geldpolitischen Ziele und Strategien der EZB
2.2.1 Das oberste Ziel: Stabilität des Preisniveaus
2.2.2 Die Strategie: Das Zwei-Säulen-Konzept
2.3 Die geldpolitischen Ziele und Strategien der FED
3 Die geldpolitischen Instrumente der EZB und der FED
3.1 Offenmarktpolitik
3.2 Mindestreservepolitik
3.3 Ständige Fazilitäten der EZB
3.4 Diskontpolitik der FED
4 Allgemeine Auswirkungen aktiver Geldpolitik
4.1 Auswirkungen auf Banken und Unternehmen
4.2 Einfluss auf Finanz- und Devisenmärkte
4.3 Auswirkungen auf Marktzinsen und Referenzzinssätze
4.4 Beeinflussung der Inflationsrate und dessen Folgen
4.4.1 Die Ursache der Inflation
4.4.2 Die Auswirkungen der Inflation
4.5 Wirkungsweise im IS-LM-Modell und AS-AD-Modell
5 Globale Auswirkungen der Geldpolitik im Zuge der Finanzkrise ab 2008
5.1 Ursachen der Krise
5.2 Auswirkungen der Finanzkrise auf die Weltwirtschaft
5.3 Geldpolitische Maßnahmen der Zentralbanken
5.3.1 Allgemeine eingeleitete Maßnahmen
5.3.2 Monetäre Lockerung durch Ankaufprogramme
5.3.3 Auswirkungen der Kaufprogrammdrosselung
5.3.4 Wirksamkeit der Kaufprogramme
5.3.5 Kritische Betrachtung der ergriffenen Maßnahmen
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abb. 1: Die Zwei-Säulen-Strategie der EZB
Abb. 2: Erfüllung des Mindestreserve-Solls
Abb. 3: Entwicklung der Zentralbank- und Tagesgeldzinsen
Abb. 4: Transmissionsprozess von Leitzinsänderungen
Abb. 5: Verschiebung der LM-Kurve im IS-LM-Modell
Abb. 6: Verschiebung der AD-Kurve im AS-AD-Modell
Abb. 7: Wechselwirkung durch Verschiebung der AD-Kurve auf die AS-Kurve
Abb. 8: Wechselwirkung von Verschiebungen innerhalb des IS-LM- und des AS-AD-Modells
Abb. 9: Verlauf des BIP-Wachstums einzelner Staaten
Abb. 10: Verlauf der Leitzinsentwicklung einzelner Volkswirtschaften
Abb. 11: Einfluss der QE-Programme auf bestimmte wirtschaftliche Indikatoren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Globalisierung hat dazu geführt, dass die Volkswirtschaften näher aneinandergerückt sind, als es in früheren Zeiten der Fall war. Die Welt wurde zu einem globalen Dorf, in dem die Kommunikation schneller abläuft und Wirtschaftsräume stärker miteinander vernetzt werden. Damit betreffen Krisen fortan nicht mehr nur lokale Märkte, sondern sämtliche international ausgerichteten Länder gleichermaßen.
Die Finanzkrise im Jahr 2008/2009, die in den USA ausgelöst wurde, hat gezeigt, dass ein Wirtschaftsschock, der ursprünglich von einem einzigen Land ausgeht, die gesamte Weltkonjunktur beeinflussen und in eine globale Rezession münden kann. Die Auswirkungen der Krise waren so weitreichend und umfassend, dass drastische Maßnahmen als notwendig erachtet wurden, um das internationale Finanzsystem vor dem Kollaps zu bewahren.
Der einzige Ausweg schien darin zu bestehen, dass die größten und einflussreichsten Zentralbanken, wie das Federal Reserve System oder die Europäische Zentralbank, in die Situation eingriffen. Dabei stellte sich jedoch die Frage, inwieweit die Zentralbanken tatsächlich Einfluss auf die realwirtschaftlichen Faktoren nehmen konnten und sollten.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den makroökonomischen Auswirkungen, die sich ergeben, wenn Zentralbanken aktiv in die Weltkonjunktur eingreifen, und hat zum Ziel, diese Auswirkungen hinsichtlich ihrer Effektivität zu beurteilen. Am Beispiel der Finanzkrise von 2008/2009 soll detailliert auf die Maßnahmen der FED und der EZB eingegangen werden, die einerseits das Entstehen der Krise begünstigten und es andererseits im Nachgang eindämmen sollten.
Zunächst soll ein Überblick über die verschiedenen Ziele und Strategien der beiden Zentralbanken gegeben sowie ihre Maßnahmen im Rahmen der Geldpolitik beschrieben werden. Im nächsten Schritt werden die generellen makroökonomischen Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik behandelt. Dieses Kapitel bildet die Grundlage für die weitere Betrachtung der Thematik am Beispiel der Finanzkrise. Nachdem das aktive Eingreifen der Zentralbanken in den Wirtschaftsprozess kritisch beleuchtet wurde, soll zum Abschluss eine Empfehlung in Hinblick auf die Intervention formuliert werden.
Der folgende Abschnitt soll allgemein in die Thematik geldpolitischer Maßnahmen einführen, um die Auswirkungen derartiger Handlungen zu verdeutlichen. Des Weiteren soll auf die Strategie und die Ziele der EZB und der FED eingegangen werden.
Die Geldpolitik einer Zentralbank vereint sämtliche wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die dazu dienen, die jeweils festgesetzten Ziele zu erreichen. Die Wahrung der Preisstabilität sowie die Gewährleistung der Geldversorgung und des Kreditangebots an Geschäftsbanken im Hinblick auf die „vorgegebenen makroökonomischen Ziele mit möglichst geringer Friktion“1 sind hierbei für die EZB und die FED die Hauptziele. Wenn das Geldmengenwachstum das Produktionspotential einer Volkswirtschaft übersteigt, kommt es zu dem monetären Phänomen der Inflation, das die Notenbank zum Eingreifen zwingt. Ihre Entscheidungen, die sie auf der Grundlage einer geldpolitischen Strategie trifft, werden durch verschiedene Instrumente umgesetzt und unterstützt, welche im Nachgang erläutert werden.
Die Europäische Zentralbank (EZB) vereint seit dem 01. Januar 1999 alle nationalen Zentralbanken des Euroraums und koordiniert als supranationales Institut die geldpolitischen Maßnahmen.2 Ihre Hauptaufgaben gliedern sich gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Art. 127 Abs. 2, wie folgt: Ausführung und Festlegung der Geldpolitik, Durchführung von Devisengeschäften, Halten und Verwalten offizieller Währungsreserven der Mitgliedsstaaten sowie Förderung eines reibungslosen Ablauf des Zahlungssystems.3
Die EZB richtet ihre gesamte Geldpolitik an dem vorrangigen Ziel aus, das Preisniveau konstant zu halten. Zu diesem Zweck wurde durch den EZB-Rat im Jahr 1998 eine Definition des von der EZB gewünschten Preisniveaus veröffentlicht:
„Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2 % gegenüber dem Vorjahr. Preisstabilität muss mittelfristig gewährleistet werden.“4
Diese Definition wurde im Jahr 2003 dahingehend erweitert, dass sich die jährliche Preissteigerungsrate „unter, aber nahe 2 %“5 befinden soll. Diese vage Formulierung verdeutlicht, dass es der EZB nicht möglich ist, die Inflationsrate kurzfristig feinzusteuern, sondern dass sie dazu auf Instrumente angewiesen ist, welche mittel- und langfristig wirken.
Der erwähnte Preisindex setzt sich aus den Preisniveauentwicklungen repräsentativer Güterkörbe der verschiedenen Volkswirtschaften des Euroraums zusammen und eignet sich als „zentraler Indikator zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Preisstabilität innerhalb der Eurozone“.6
Als untergeordnetes Ziel soll die Geldpolitik der EZB außerdem, „soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist“, „die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union“ unterstützen, „um zur Verwirklichung der Ziele der Union beizutragen“. Zu diesen Zielen gehören unter anderem „Vollbeschäftigung“ sowie ein „ausgewogenes Wirtschaftswachstum“.7
Um das Hauptziel mittelfristig zu erreichen, bedient sich die EZB einer festgesetzten geldpolitischen Strategie, die als „Zwei-Säulen-Konzept“8 bezeichnet wird. Diese Strategie wurde festgelegt, um den jeweils notwendigen Beschlüssen eine einheitliche Regelung zu Grunde zu legen.
Um die Preisniveaustabilität gemäß der oben genannten Definition zu sichern, zieht die EZB diverse Indikatoren heran, anhand derer sich die gegenwärtigen Risiken für eine Volatilität des Preisniveaus beurteilen lassen. Die Grundlage für etwaige geldpolitische Beschlüsse bilden die wirtschaftliche sowie die monetäre Analyse.9
Die wirtschaftliche Analyse führt alle konjunkturell und finanziell relevanten Daten zusammen, um bestehende oder mögliche Risiken beurteilen zu können. Dabei werden zahlreiche Daten berücksichtigt, die eine Aussage über das gesamtwirtschaftliche Angebots- und Nachfrageverhältnis zulassen, die Entwicklung des Wechselkurses und der Weltkonjunktur darstellen sowie Rohstoffpreise und Lohnentwicklungen widerspiegeln. Ähnlich der Definition der Preisniveaustabilität, veröffentlicht die EZB zweimal im Jahr eine sogenannte „gesamtwirtschaftliche Projektion“,10 um geldpolitische Entscheidungen transparent darlegen zu können. Diese Beurteilung der mittelfristigen wirtschaftlichen Entwicklung basiert auf der Einschätzung von Wechselkursentwicklungen, Markterwartungen an Zentralbankzinsen sowie auf Preisveränderungen bei Rohstoffen.11
Im Gegensatz zu der wirtschaftlichen Analyse, bei der ein kurzfristiger Zeithorizont beobachtet wird, ist die monetäre Analyse auf mittel- und langfristige Entwicklungstendenzen ausgelegt. Da das Geldmengenwachstum relativ mit der Preisentwicklung zusammenhängt, fließen die Zuwächse der Geldmenge als Inflationsindikator in die Analyse mit ein.12 McCandless Jr. und Weber bewiesen im Zeitraum von 1960 bis 1990 empirisch durch Datenerhebungen in 110 Ländern die Korrelation von Geldmenge zu Inflation: „There is a high (almost unity) correlation between the rate of growth of the money supply and the rate of inflation“13. Sie ermittelten für alle beobachteten Länder einen Korrelationskoeffizienten von 0,95, was den hohen linearen Zusammenhang verdeutlicht.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die Zwei-Säulen-Strategie der EZB15
In den 1990er Jahren stieß die Aussagekraft der Geldmengensteigerung als Indikator für die zukünftige Preisentwicklung allerdings an ihre Grenzen. Aufgrund von Innovationen an den Finanzmärkten, die zu einem veränderten Verhalten verschiedener Marktteilnehmer führten, kam es zu einer Verschiebung der Geldströme. Nichtbanken finanzierten anstehende Investitionen nun vorrangig direkt über den Finanzmarkt, und in der Konsequenz gingen die Bankeinlagen zurück, und die im Umlauf befindliche Geldmenge verlor als Inflationsindikator an Bedeutung.16 Hinzu kommt die Tatsache, dass kreditfinanzierte, spekulative Erwartungshaltungen der Wirtschaftssubjekte im Hinblick auf die Entwicklung von Wertpapieren eine Geldvermehrung bewirken können. Allerdings wirkt sich das daraus geschöpfte Buchgeld nicht auf das Angebot von oder die Nachfrage nach Gütern aus, sondern führt lediglich zu erhöhten Preisen für diese Vermögenswerte. Die entsprechende Geldmengenausweitung ist daher ungeeignet, um eine kurzfristig gültige Aussage zur Entwicklung des Preisniveaus zu treffen.17
Das Federal Reserve System (FED) ist das Zentralbanksystem der Vereinigten Staaten. Der Aufgabenbereich entspricht im Wesentlichen demjenigen der EZB, besteht also darin, das Finanzsystem aufrechtzuerhalten, die im Umlauf befindliche Geldmenge zu überwachen und die geldpolitischen Strategien umzusetzen.
Im Gegensatz zur EZB verfolgt das Federal Reserve System jedoch eine breiter aufgestellte Strategie, um verschiedene gleichrangige Ziele in gleicher Intensität anzustreben. Den Zielen „maximum employment, stable prices, and moderate long-term interest rates”18 wurde vom Board of Governors des FED oberste Priorität eingeräumt. Allerdings wurden sie bislang nicht operationalisiert, wie es durch den EZB-Rat geschehen ist. Demnach ist nicht transparent, inwieweit einzelne Werte angestrebt werden und welches Niveau grundsätzlich überhaupt akzeptabel ist. Marktteilnehmer müssen daher über den aktuellen Kurs der FED spekulieren und haben keine Möglichkeit, nachzuvollziehen, welche Größen dafür als relevant angesehen werden.19
Um Prognosen zur zukünftigen Entwicklung von Preisniveau und Konjunktur treffen zu können, bedient sich die FED diverser Indikatoren. Dieser „Multi-Indikatoren-Ansatz“20 berücksichtigt reale Variablen zur Analyse. An erster Stelle stehen dabei die Realzinsen und die Zinsstruktur, die aber keine eigenständigen Zwischenziele darstellen. Dieses Verfahren wird von Ruckriegel und Seitz (2002) als „looking at everything“21 bezeichnet.
Um die festgelegten Ziele zu erreichen, stehen den Zentralbanken verschiedene Instrumente zur Verfügung. Durch die Steuerung von makroökonomischen Variablen wie Geldmenge, Zinssätze und Liquidität der Geschäftsbanken können sie monetäre Impulse setzen, die sich auf reale wirtschaftspolitische Ziele indirekt auswirken, so z. B. auf ein stabiles Preisniveau, eine hohe Beschäftigungsquote und ein angemessenes Wirtschaftswachstum.22 Unsicher ist jedoch, in welchem Umfang die Variablen durch den Transmissionsmechanismus beeinflusst werden und in welcher Wechselwirkung sie zueinander stehen.23
Sowohl die EZB als auch die FED betreiben Offenmarktgeschäfte, um die verfügbare Geldmenge und die Zinssätze innerhalb der jeweiligen Währungsräume zu beeinflussen. Dies geschieht dadurch, dass die beiden Zentralbanken am Markt für Zentralbankgeld intervenieren, an dem die Geschäftsbanken ihr Guthaben halten und untereinander handeln können.
Die EZB nutzt allerdings nicht exakt das gleiche Instrumentarium wie das FED. Ihre Offenmarktoperationen bezeichnen vielmehr verschiedene Arten von Transaktionen. Die Abwicklung befristeter Transaktionen und endgültiger Käufe bzw. Verkäufe sowie von Devisenswapgeschäften, die Emission von EZB-Schuldverschreibungen und schließlich auch Termineinlagen beeinflussen sowohl die kurzfristigen Zinsen als auch die Liquidität der Geschäftsbanken.24 Die EZB tätigt überwiegend befristete Transaktionen. Aus diesem Grund ist die Geschäftsbank, die jeweils als Verkäufer auftritt, verpflichtet, die jeweiligen Wertpapiere nach Ablauf der Frist zurückzukaufen. Aufgrund dieser Rückkaufvereinbarung wird eine solche Transaktion auch als Wertpapierpensionsgeschäft oder Repurchase Agreement (Repo) bezeichnet.25
Des Weiteren lassen sich die Offenmarktgeschäfte des Eurosystems entsprechend ihrer Zielsetzung, der Häufigkeit ihrer Durchführung und der jeweiligen Verfahren in vier Kategorien unterteilen: Hauptrefinanzierungsgeschäfte, längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, Feinsteuerungsoperationen und strukturelle Operationen.26 Auf die jeweiligen Verteilungsmechanismen, etwa die verschiedenen Tenderverfahren, soll im Folgenden jedoch nicht weiter eingegangen werden.
Ein Großteil der benötigen Liquidität wird im Eurosystem über die Hauptfinanzierungsgeschäfte bereitgestellt. Deshalb wird der Liquidität ein besonderer Status zugesprochen, der zugleich über den aktuellen geldpolitischen Kurs der EZB Aufschluss gibt. Zum Liquiditätsangebot gehören sowohl kurzfristige liquiditätszuführende Kredite, die durch Hinterlegung eines Pfandes abgesichert werden müssen, als auch An- und Verkauf von Wertpapieren am Kapitalmarkt. Die Laufzeit dieser Geschäfte beträgt jeweils eine Woche, dann werden sie erneut durchgeführt, immer im wöchentlichen Rhythmus.27
Das Gegenstück zu den Hauptfinanzierungsgeschäften stellen die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte dar, deren Laufzeit bis zu drei Jahre beträgt. Mit ihrer Hilfe beziehen die Geschäftsbanken langfristige Zentralbankliquidität, was ihnen eine längerfristige Finanzplanung ermöglicht.
Feinsteuerungsoperationen sollen die generelle Funktionsfähigkeit des Geldmarktes gewährleisten und unerwartete Liquiditätsschwankungen ausgleichen, indem kurzfristig Zentralbankliquidität zu- oder abgeführt wird. Sie werden je nach Bedarf in unregelmäßigen Abständen durchgeführt.28
Als letzte Kategorie sind die strukturellen Operationen zu nennen. Diese Transaktionen sollen den Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankliquidität auf langfristige Sicht beeinflussen und werden in Form von emittierten EZB-Schuldverschreibungen, befristeten Transaktionen oder endgültigen Käufen und Verkäufen durchgeführt.29
Im Gegensatz zur EZB nutzt die FED als Hauptfinanzierungsgeschäft vor allem endgültige Käufe und Verkäufe von US-Staatsanleihen, hypothekenbesicherten Wertpapieren (Mortgage Backed Securities; MBS) und Regierungsanleihen (Agency-Anleihen). Die sogenannten „Permanent Open Market Operations“30 werden in Programmen zusammengefasst, die wiederum als „QE“-Maßnahmen (quantitative easing) angekündigt werden. Die Wirkungsweise dieser Transaktionen ähnelt derjenigen der Hauptrefinanzierungsgeschäfte der EZB: Wenn eine Geschäftsbank von einer anderen Wertpapiere kauft, erhöht sich dadurch die Reserve der verkaufenden Bank bei der FED, denn diese zahlt der Geschäftsbank den Kaufpreis. Umgekehrt führt ein Verkauf von Wertpapieren dazu, dass sich der Bestand an Reserven verringert.
Die Feinsteuerung wird bei der FED im Wesentlichen durch den Einsatz von kurzfristigen Repo-Geschäften gewährleistet, auch „Temporary Open Market Operations“31 genannt.32
Das geldpolitische Instrument der Mindestreserve ist in beiden Währungsräumen ähnlich gestaltet. Die Geschäftsbanken werden jeweils dazu verpflichtet, für bestimmte Verbindlichkeiten eine Mindestreserve auf ihrem Zentralbankkonto verfügbar zu halten, um die entsprechende Verpflichtung zu erfüllen. Die Reserve kann flexibel genutzt werden und darf an einzelnen Tagen das Mindestreserve-Soll unterschreiten. Im Durchschnitt einer Erfüllungsperiode muss sie aber vorgehalten werden. Da sie sich an den Mindestreservesatz anpassen müssen, sind die Geschäftsbanken darauf angewiesen, am Refinanzierungsgeschäft des jeweiligen Währungsraumes teilzunehmen. Dies ermöglicht es den Zentralbanken, den Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankgeld zu beeinflussen.33
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Erfüllung des Mindestreserve-Solls34
Um die Offenmarktgeschäfte des Eurosystems zu ergänzen, bietet die EZB ständige Fazilitäten an, die sowohl die Spitzenrefinanzierungsfazilität als auch die Einlagefazilität umfassen. Ihr Zweck besteht darin, auf Initiative der Geschäftsbanken je nach Bedarf Übernachtliquidität bereitzustellen oder abzuschöpfen. Die Zinssätze der beiden Fazilitäten bilden die Ober- und Untergrenze – auch Zinskorridor genannt – für kurzlaufende Interbankenkredite und geben zudem Aufschluss über den derzeitigen geldpolitischen Kurs der EZB. Die Kreditvergabe durch Spitzenrefinanzierungsfazilität wird den Geschäftsbanken angeboten, um ihnen bei Bedarf über Nacht Liquidität bereitzustellen. Ein solcher Kredit muss per Pfand abgesichert und am nächsten Tag getilgt werden. Zugleich stellt er die Obergrenze für den Tagesgeldzins dar. Die Einlagefazilität wiederum gibt den Banken die Möglichkeit, überschüssige Einlagen auf ihrem Zentralbankkonto zu hinterlegen und bis zum nächsten Geschäftstag gemäß dem Einlagefazilitätssatz verzinsen zu lassen. Sie stellt also die Untergrenze der Geldmarktzinsen dar.35
Die Diskontpolitik der FED, auch discount window genannt, agiert in ähnlicher Weise wie die Spitzenrefinanzierungsfazilität der EZB und hat auch ähnliche Auswirkungen: Auch hier können die Geschäftsbanken gemäß dem aktuellen Zinssatz (discount rate) über Nacht Kredite von der Zentralbank beziehen. Diese Kreditprogramme existieren in drei Formen: als primäre, sehr kurzfristige Übernachtkredite, als sekundäre, höher verzinste kurzfristige Übernachtkredite und als saisonale Kredite. Letztere kommen vor allem bei kleinen Instituten zum Einsatz und dienen dazu, einen saisonalen Bedarf an Liquidität zu decken. Die überwiegende Regulierung durch die FED erfolgt hauptsächlich über das primäre Kreditprogramm (primary discount window).36
Wenn eine Zentralbank durch Straffung oder Lockerung ihrer Geldpolitik in die Realwirtschaft eingreift, hat dies entscheidende Auswirkungen auf die Konjunktur der betroffenen Volkswirtschaften. Entscheidungen international bedeutender Zentralbanken wie der FED oder der EZB können die Weltkonjunktur zudem auch über die Grenzen ihrer jeweiligen Währungsräume hinweg stark beeinflussen. Ähnlich wie bei einer aktiven Geldpolitik kann es aber auch eine Gefahr für die Realwirtschaft darstellen, wenn die Zentralbank eine Steuerung der Geldpolitik unterlässt. Dies kann zu Finanzkrisen oder Wirtschaftsschocks führen, wenn eine ungünstige geldpolitische Ausrichtung zu lange beibehalten wird.
[...]
1 Bofinger, Reischle, & Schächter, 1996, S. 4
2 Vgl. Europäische Zentralbank – Eurosystem, 2014
3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Art. 127 Abs. 2
4 Europäische Zentralbank, 2011, S. 69
5 Ebd, S. 69
6 Statistisches Bundesamt, 2014
7 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Art. 127 Abs. 1
8 Europäische Zentralbank, 2011, S. 69
9 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 74
10 EZB, 2013, S. 1
11 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2012, S. 169-171
12 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2012, S. 171
13 McCandless Jr. & Weber, 1995, S. 2
14 Vgl. McCandless Jr. & Weber, 1995, S. 4
15 In Anlehnung an Europäische Zentralbank, 2011, S. 170
16 Görgens, Ruckriegel, & Seitz, 2008, S. 169
17 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2012, S. 172
18 Board of Governors of FED, 2009
19 Vgl. Mishkin, 2007
20 Ruckriegel & Seitz, 2002, S. 26
21 Ebd.
22 Vgl. Anderegg, 2007, S. 343 f.
23 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 68
24 Vgl. ebd., S. 116
25 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2012, S. 178
26 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 112 f.
27 Vgl. Anderegg, 2007, S. 357
28 Vgl. Anderegg, 2007, S. 358
29 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 117
30 Board of Governors of FED, Open market operations, 2014
31 Ebd.
32 Vgl. ebd.
33 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 110-112
34 Enthalten in: Deutsche Bundesbank, 2012, S. 177
35 Vgl. Europäische Zentralbank, 2011, S. 117-120
36 Vgl. Board of Governors of FED, Discount window, 2014