Bachelorarbeit, 2011
77 Seiten, Note: 2,6
1. Ausrichtung der Arbeit
1.1 Einleitung
1.2 Situation und Problemstellung
1.3 Abgrenzung der Arbeit
1.4 Zielsetzung
1.5 Gang derArbeit
2. Der Musikmarkt
2.1 Der Musikmarkt in Zahlen
2.1.1 Der Weltmarkt
2.1.2 Umsatz und Absatz in Deutschland
2.2 Umwelt- und Wettbewerbsanalyse
2.2.1 Marktstruktur
2.2.2 Mikro-Umfeld
2.2.2.1 Hersteller - Majors und Independents
2.2.2.2 Lieferanten - Musiker und Texter
2.2.2.3 Nachfrager - Händler und Kunden
2.2.3 Makro-Umfeld
2.2.3.1 Politisch-rechtliche Komponente
2.2.3.2 Ökonomische Komponente
2.2.3.3 Sozio-kulturelle Komponente
2.2.3.4 Technologisch-physische Komponente
3. Die Kernpunkte des Marketing in der Musikindustrie
3.1 Wertschöpfungskette
3.2 Artist & Repertoire (A&R)
3.3 Recording / Production
3.4 Marketing
3.4.1 Produkt
3.4.2 Preis
3.4.3 Kommunikation
3.4.4 Distribution
4. Die Veränderung der Musikindustrie in den letzten 20 Jahren
4.1 Digitalisierung und Hintergründe
4.2 Peer-to-Peer-Netzwerke und Download-Piraterie
4.3 Copyrights und Lizenzmanagement
4.4 Digital Rights Management
4.5 iTunes und andere externe Firmen
5. Herausforderungen für die Zukunft der Musikindustrie
6. Managementvorlage
7. Quellenverzeichnis
1: Umsatzanteile der fünf wichtigsten Tonträgermärkte am Weltmarkt (1998-2009)
2: Top10 Umsatzentwicklung 2007/2008 der europäischen Tonträgermärkte
3: Weltweiter Absatz von Alben und Singles (in Millionen Stück 1998-2008)
4: Umsatz und Absatz physischer Tonträger im deutschen Markt
5: Anzahl Downloads im jährlichen Vergleich (in Mio.)
6: GfK-Musikmarkt-Prognose2009
7: Weltmarktanteile der Labels (2006) - Music Recording physisch und digital
8: Künstlergruppen
9: Mikro- und Makro-Umfeld des Musikmarktes
10: Wertschöpfungskette der Musikindustrie
11: Umsatzanteile bei einer CD am Beispiel Bandübernahmevertrag
12: Sources ofAwareness in % für Promotion 2001-2007
„Für mich ist Musik im Grenzbereich zwischen dem Faßbaren und dem Unfaßbaren, zwischen Atem und Körper, zwischen dem Physischen und dem Geistigen, zwischen Intellekt und Intuition, und dieses Grenzgebiet ist unser Lebensbereich“ ... „Sie ist immer ein wesentliches Element unseres Gleichgewichts“ Yehudi Menuhin (1914-1999)
Musik ist vielfältig, emotional , allumspannend. Sie begleitet uns durch unseren Alltag, vom morgendlichen Klingeln des Radioweckers und einigen Liedern am Frühstückstisch über CDs im Auto auf dem Weg zur Arbeit, genauso wie abends in Bars bei einem kühlen Bier, zum Tanz in Diskotheken oder auf Konzerten unserer Lieblingssänger und -gruppen.
Musik verbindet Menschen überall auf der Welt zu Interessengruppen verschiedenster Art, seien es die Musiker selbst, die sich in Bands sämtlicher Stilrichtungen, Orchestren oder Chören zusammenfinden, um ihrem kreativen Hobby gemeinsam nachzugehen, oder all die Zuschauer, die Tag für Tag etliche Hallen füllen, um diesen Menschen für eine Stunde oder zwei ihr Ohr zu leihen und einfach nur zufrieden zuzuhören, mitzusingen oder im Takt mitzuwippen.
Der Musik wird eine harmonisierende Wirkung nachgesagt, sie wird in verschiedenen Therapie- und Erziehungsansätzen genutzt, wirkt heilsam auf die Seele und formt in jungen Jahren auch die Identität einesjeden Einzelnen von uns. Musik ist Erleben auf einem höheren Level, eng verknüpft mit der Persönlichkeit und ihren verschiedenen Facetten, wie Denken oder Fühlen (vgl. Tervooren 2004, S.104).
Nachfrager gibt es also genug für alle verschiedenen Arten der Musik. Der Jingle im Werbeclip im Fernsehen, der Klingelton für das Handy, der Fernsehzuschauer, der seinen Lieblingskandidaten bei der neuen Staffel von .Deutschland sucht den Superstar1 unterstützt, der Konzert- oder Musikfestival-Besucher oder einfach der traditionelle CD-Käufer: sie alle sind Teil des Musikmarktes. Denn mit Musik lassen sich für viele Marktteilnehmer lukrative Gewinne erwirtschaften. Musik ist kommerziell und ein sehr schnelllebiges Geschäft, das sich ständig verändert. Aber so stark wie im vergangenen Jahrzehnt wohl noch nie zuvor.
Durch die Digitalisierung von Musik und die schnelle Datenverbreitung durch Datenkomprimierung über das Internet steht die Musikindustrie einem Wandel gegenüber. Musik ist überall verfügbar und auch schnell aus dem Internet auf das Mobiltelefon geladen. Seit Ende der 1990er kämpft die Musikindustrie daher mit sinkenden Umsätzen, vor allem im traditionellen Bereich, dem Tonträgerhandel. Im Jahr 2002 hatte das Volumen mit US$ 32 Mrd. den niedrigsten Wert seit fast einem Jahrzehnt erreicht und diese Umsätze fallen weiter, besonders im hochmargigen Albummarkt (vgl. Theurer2003).
Die Musikindustrie muss sich daher aus ihrem traditionellen Gerüst befreien und mit neuen Strategien gegen die sinkenden Umsatzzahlen ankämpfen. Es ist notwendig, den Wandel der Zeit anzuerkennen, dem Restrukturierungsdruck nachzugeben und auf den Zug aufzuspringen, anstatt sich gegen die Veränderungen zu wehren. Darüber hinaus verlieren die Major Labels, die den Großteil des Musikmarktes ausmachen, Unsummen durch Datenpiraterie und illegale Downloads im Internet.
Der damit verbundene rechtliche Kampf gegen die Peer-to-Peer-Netzwerke ist sehr kostspielig und der Markteinstieg anderer, externer Firmen, wie z.B. Apple mit ihrem höchst erfolgreichen iTunes-Store, spielt ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Gleichzeitig steht der Musikkonsum weiterhin in Konkurrenz zu anderen Medien wie Film-DVDs, dem bereits genannten Handy oder Computerspielen (Dolata 2008, S. 349). Diese Medien zielen wie die Musik ebenfalls auf Jugendliche und damit die Hauptzielgruppe, welche einen wichtigen Teil des Umsatzes für die Musikindustrie bedeutet.
Der Bereich Musikindustrie umspannt immer mehr Felder des täglichen Lebens. Vor allem kann man drei Themen als besonders aktuell herausstellen: Zum einen sind dort die Casting-Shows, wie Popstars oder DSDS, wozu auch Stefan Raab mit seiner Suche nach der späteren Eurovision-Song-Contest-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut gezählt werden kann. Das Thema ist durchaus interessant, weil es die Unterthemen Medienwirkung und Personenmarken anspricht, wird jedoch in dieser Arbeit nicht schwerpunktmäßig thematisiert.
Als zweiten Schwerpunkt kann man den immer stärker werdenden Einfluss der Mobiltelefone, also den Aspekt „Mobile Music“, nennen. Durch die Möglichkeiten internetfähiger Handys können Lieder an jedem beliebigen Ort schnell und kostengünstig heruntergeladen werden. Dieses Netzwerk ist noch ausbaufähig, wird in den kommenden Jahren wohl immer mehr an Marktmacht dazugewinnen. Dieser Aspekt ist ebenfalls nicht expliziter Teil dieser Arbeit.
Der dritte und wohl wichtigste Punkt ist die Digitalisierung der Musik und die damit verbundenen Probleme. Das Thema ist noch immer sehr aktuell, denn weiterhin kämpfen die Plattenfirmen gegen illegales Downloaden und Musikpiraterie im Internet. Stichpunkte, die es hier zu nennen gilt und die in der Arbeit analysiert werden, sind Kopierschutz digitaler Daten (Digital Rights Management), Tauschbörsen im Internet (Peer-to-Peer-Netzwerke) sowie rechtliche Grundlagen (Urheberrecht, Lizenzen und Copyrights). Als Paradebeispiel für erfolgreiche digitale Distribution ist der iTunes-Store der Firma Apple zu nennen.
Die oben genannten Aspekte beschäftigen die Musikindustrie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt, ohne dass bisher eine konkrete, allumfassende Lösung gefunden worden wäre. Gleichzeitig trifft dieser Schwerpunkt allein die Musikindustrie, und nicht wie oben beschrieben andere Branchen, wie Telekommunikation (Mobile Music) oder Fernsehen (Casting-Shows). Daher kann die Digitalisierung als idealer Kern der Arbeit angesehen werden.
Ziel der Arbeit ist es, dem Leser, sei er Laie oder Experte, einen detaillierten Überblick über die Musikbranche zu geben. Er soll erkennen, wie der Musikmarkt und die verschiedenen Bereiche der Unternehmen strukturiert sind und wo es Probleme und vor allem Handlungsbedarf gibt.
Aktuelle Trends und Veränderungen wie Musikpiraterie durch die Digitalisierung haben einen großen Einfluss auf die Plattenfirmen genommen, der zu beachten und mit dem positiv umzugehen ist, um langfristigen Erfolg auch in der Zukunft sicherzustellen. Diese Probleme sind Chancen, keine Bedrohungen, so, wie sie jahrelang von der Musikindustrie wahrgenommen wurden. Diese Arbeit soll dabei den aktuellen Stand verstehen helfen und Möglichkeiten aufzeigen, wie in Zukunft zu verfahren ist, um Musik an die begeisterten Fans zu bringen.
Zunächst soll, wie auch im klassischen Marketing gängig, der Markt mit seinen Marktteilnehmern analysiert werden. Beginnend mit aktuellen Trends, in Zahlen präsentiert, werden Musiker, Texter, Plattenfirmen und sonstige Teilnehmer genauer betrachtet und in ihre Rolle im Markt eingeordnet. Auch die Rolle des Umfelds mit seinen sieben Komponenten ist Teil der Analyse, um einen guten Überblick über das komplexe System „Musikindustrie“ zu haben.
Im weiteren Verlauf werden dann das Musikunternehmen und seine verschiedenen Bereiche mit Fokus auf das Marketing unter die Lupe genommen. Einige Bereiche sind äußerst speziell, wie z.B. die Talentsuche im A&R-Bereich (Artist&Repertoire), und sollen daher etwas ausführlicher erläutert werden. Jedes einzelne Stück des Puzzles muss ineinandergreifen, damit das Unternehmen seinen maximalen Erfolg haben kann.
Danach wird der Schwerpunkt der Arbeit vor- und dargestellt: die gegenwärtige Transformation der Musikindustrie durch Digitalisierung und die Problematik von Urheberrecht, Lizenzen, Copyrights und Kopierschutz. Das Thema Musikpiraterie ist ebenfalls Teil dieses Abschnitts, welcher durch die Analyse einer erfolgreichen digitalen Musikdistribution wie die des Apple-Konzerns mit seinem iTunes-Store abgeschlossen wird.
Im letzten Abschnitt wird ein Ausblick auf die Zukunft der Musikindustrie mit ihren Problemen und Herausforderungen gegeben. Es wird diskutiert, welche Möglichkeiten die Labels besitzen, um Musik für den Kunden wieder attraktiv zu machen, um sinkenden Umsätzen entgegenzuwirken und aktuellen Trends zu folgen.
Der Musikmarkt hat viele verschiedene Marktteilnehmer, was die konkrete Abgrenzung schwierig macht. Häufig wird der Begriff Tonträgerindustrie mit dem Musikmarkt, beziehungsweise der Musikindustrie, gleichgesetzt. Kritisch zu hinterfragen bleibt, ob man auch Verwerter von Musikprodukten zum Musikmarkt zählen sollte (vgl. Kromer 2008, S. 24). Sicher ist, dass man als Hauptakteure die Künstler, wobei man diese in Musiker, Sänger, Texter und Komponisten unterteilen kann, sowie die Unternehmen der Tonträgerherstellung, also die Plattenlabels (Majors und Independents) und Musikverlage, nennen muss.
Graf erwähnt als zusätzliche Mitglieder der Musikwirtschaft auch Instrumentenbauer und -händler, Musiksendungen in den Medien, Eventveranstalter, inklusive der Bühnen- und Aufnahmetechnik, Merchandise sowie indirekt auch Musikschulen und Diskotheken (vgl. Graf 1996, S. 70). Als neue Teilnehmer können auch Hersteller von Unterhaltungselektronik, vor allem MP3-Player und Handys (Stichwort Mobile Music), sowie alle Werbe- , Verkaufs- und Informationsplattformen rund um das Internet genannt werden (z.B. die Social Media Plattform MySpace oder legale Anbieter von Downloads wie musicload oder iTunes).
Während Steinkrauß/Gmelin/Günnel den Kernbereich der Musikindustrie als „Firmen mit einer Gatekeeper-Funktion und den Kernkompetenzen A&R-Management („Artist & Repertoire“) sowie Marketing und Vertrieb“ (Steinkrauß/Gmelin/Günnel 2008, S.28) beschreiben, ist Kromer etwas weitreichender und damit auch zeitgemäßer. Mit Verweis auf veränderte Rahmenbedingungen und technischen Fortschritt definiert er die Musikwirtschaft als „die Gesamtheit aller Marktteilnehmer, die sich fortlaufend systematisch mit Herstellung, Verkauf und Vermarktung musikalischer Produkte befassen“ (Kromer 2008, S. 26)
Als Besonderheiten der Musikwirtschaft werden drei Merkmale herausgestellt (siehe Graf 1996, S. 70):
- die Vielfältigkeit der agierenden Unternehmen im Markt
- die Vielfältigkeit der angebotenen und nachgefragten Produkte und
- die Schnelllebigkeit des Marktes
Die kurzen Lebenszyklen und das immense Angebot an verschiedenen Produkten machen den Markt extrem unberechenbar und daher sehr risikoreich, dennoch gibt es enorm viele Unternehmen und Künstler, die das Potential zu nutzen versuchen. Gläser erwähnt neben der „hohen Volatilität“, die er auf „starke Modeschwankungen“ zurückführt, die große Abhängigkeit von jugendlichen Zielgruppen, wobei er gleichzeitig anmerkt, dass für diese die Downloads „selbstverständliche Formen der Musikbeschaffung“ seien (vgl. Gläser 2008, S. 247f.)
Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts werden zunächst aktuelle Zahlen und Trends analysiert, um anschließend auf die oben erwähnten Marktteilnehmer genauer einzugehen.
Zunächst wird in diesem Abschnitt ein Blick auf den Weltmarkt geworfen, um anschließend Umsatz und Absatz in Deutschland genauer zu betrachten, Trends festzustellen und Gründe für diese herauszufinden.
Der deutsche Musikmarkt ist im Jahre 2010 mit einem Umsatzvolumen von 1,669 Mrd. Euro nach den USA(1) und Japan (2) der drittgrößte der Welt (vgl. BVMI 2011). Auf den Rängen folgen Großbritannien (hier noch als Nr. 3) und Frankreich (5). Dennoch hat der Weltmarkt seit 2000 (39.963 Mio.US$) mehr als 25% seiner Größe eingebüßt (2008: 27.825 Mio.US$, vgl. IFPI / BVMI 2010, S 51). Bei einem Blick auf den Absturz der USA in Abb. 1 und Großbritannien wird dies besonders deutlich, doch auch in anderen Ländern Europas sind meist zweistellige Umsatzrückgänge der Fall (vgl. Abb. 2). Gründe hierfür sind die zunehmende Digitalisierung, illegale Downloads, das hohe Angebot konkurriender Medien sowie ein ingesamt schwaches Konsumklima (vgl. Briegmann/Jakob 2008, S. 87-91).
Zum Thema Datenpiraterie erwähnen die Autoren die enorm angestiegene Verbreitung von CD-Brennern und nennen einen Wert von ca. 1,2 Milliarden verkaufter illegaler Tonträger im Jahre 2004 (ca. ein Drittel aller verkaufter Tonträger weltweit) laut einer IFPI-Marktstudie. Als Hauptkonkurrenz in der Freizeit werden Computerspiele und Mobiltelefone genannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Umsatzanteile der fünf wichtigsten Tonträgermärkte am Weltmarkt (1998-2009) Quelle: IFPI Recording Industry in Numbers 2009/Bundesverband Musikindustrie e. V.
Deutschland hat mit einem geringen Rückgang von 3,6 % einen eher moderaten Wert erreicht. Die Transformation vom physischen zum digitalen Geschäft verläuft hier im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig langsam, dafür waren die Verluste auch entsprechend geringer (vgl. IFPI / BVMI 2010, S.52).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Top 10 Umsatzentwicklung 2007/2008 der europäischen Tonträgermärkte
Quelle: IFPI Recording Industry in Numbers 2009
Betrachtet man im weiteren Verlauf die Entwicklung im Tonträgermarkt sowie im digitalen Markt, wird deutlich, dass letzterer zwar enorm angewachsen ist, jedoch die Verluste des physischen Tonträgergeschäfts weiterhin nicht kompensieren kann: Abbildung 3 zeigt den weltweiten Absatz von Alben und Singles in Millionen Stück zwischen 1998 und 2008. Insgesamt ist ein Rückgang von fast 20 % zu erkennen, wobei die hochmargigen Alben den größten Teil darstellen. Seit 2004 sind in dieser Statistik ebenfalls die legalen Downloads erfasst, sodass dieser Wert im SingleBereich ab diesem Zeitpunkt deutlich ansteigt. „Die Anzahl der digital vertriebenen Singles oder Einzeltracks übersteigt seit 2005 in Deutschland die physischen SingleVerkäufe“ (vgl. Steinkrauß/Gmelin/Günnel 2008, S.36).
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Abb. 3: Weltweiter Absatz von Alben und Singles (in Millionen Stück 1998-2008) Quelle: IFPI Recording Industry in Numbers 2009 / Bundesverband Musikindustrie e. V.
In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild wie im internationalen Markt: auch hier gehen Absatz und Umsatz physischer Tonträger deutlich zurück, obwohl sie weiterhin mit 78% die absolute Mehrheit aller Erlöse darstellen (vgl. IFPI / BVMI 2010, S. 12, Abb. 4). Die beliebtesten Genres sind Pop und Rock. Kostenpflichtige Downloads nehmen nur rund sieben Prozent des Gesamtumsatzes der Industrie ein. Des
Weiteren kann angemerkt werden, dass auch der starke Rückgang, den die aktuellen Zahlen belegen, nicht auf eine Besserung des Abwärts-Trends hoffen lassen können. Werden diese Zahlen nach den Produktgruppen CD-Album, CD-Single und DVD aufgespalten, ist auch hier ein gravierender Rückgang festzustellen.
Insbesondere die Single hat zwischen 2004 und 2007 mehr als die Hälfte ihrer Umsatzstärke eingebüßt (2004: 100.004.594 € / 2007: 42.628.296 €). Die Gründe hierfür sind verschieden: Zum einen ist eine Maxi-CD verhältnismäßig teuer mit einem Preis von fünf Euro oder sogar mehr für lediglich einen Song, der dann in verschiedenen Versionen („Remix“) auf dem Tonträger erscheint. Dies lässt einen illegalen Download durchaus verlockend erscheinen, insbesondere für Jugendliche, deren Budget knapp ist. Gleichzeitig bieten aber auch die legalen Anbieterwie iTunes oder Musicload einzelne Songs (sogenannte à-la-carte-Downlaods) bereits für 99 Cent an, was um ein Vielfaches preiswerter ist als das physische Produkt (vgl. Altig/Clement/Papies 2008, S.19/20).
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Abb. 4: Umsatz und Absatz physischer Tonträger im deutschen Markt Quelle: Altig/Clement/Papies 2008, S.19
Die digitale Distribution hatte ihren Höhepunkt in den Jahren 2002/2003, als schnelle Internetverbindungen eingeführt wurden sowie die große Beliebtheit von Peer-to- Peer-Netzwerken ihren Einfluss auf das Konsumverhalten nahmen. Auf Grund von massiven juristischen Gegenmaßnahmen gegen die illegalen Tauschbörsen hat sich die Menge heruntergeladener Songs in den Folgejahren um die Hälfte reduziert, stellt jedoch weiterhin die Hauptquelle für Downloads aus dem Internet dar. Parallel dazu werden viele Songs über Internetportale wie z.B. RapidShare zum Download angeboten. In Abbildung 5 ist außerdem ein deutlicher Anstieg der legalen digitalen Distribution von Musik in der jüngsten Vergangenheit zu erkennen, die jedoch im Vergleich zur kostenfreien Konkurrenz weiterhin nur einen unbedeutenden Teil ausmacht. Grund für positive Zahlen auch in der Zukunft sieht der Bundesverband Musikindustrie e.V. vor allem deswegen, weil im Vergleich zu anderen Ländern, bei denen meistens nur ein Anbieter wie iTunes wirklich dominant ist, der legale digitale Markt mit über 40 Anbietern eine unvergleichliche Vielfalt an Online-Stores und - Services aufbietet, die weltweit Spitze ist, noch weit vor Ländern wie Schweden (32), Großbritannien (26) oder der USA (19) (IFPI / BVMI 2010, S.20f.).
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Abb. 5: Anzahl Downloads im jährlichen Vergleich (in Mio.)
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Altig/Clement/Papies 2008, S. 21
Als durchaus positiv wird der Trend für die kommenden Jahre angesehen. Der Gesamtmarkt soll seinen Negativtrend bis 2013 aufgefangen haben und ab diesem Zeitpunkt wieder wachsen (vgl. Abb.6). Dazu soll die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Der Fokus liegt hierbei auf digitalen Alben (sogenannten Bundles), die 2009 um 65% auf 7,6 Millionen verkaufte Einheiten anstiegen (IFPI / BVMI 2010, S.18) und im Umsatzbereich von 2008 auf 2009 einen Zuwachs von elf Punkten erreichten und nunmehr mit 52% mehr als die Hälfte des Umsatzes im digitalen Markt ausmachen (IFPI / BVMI 2010, S. 13).
Gleichzeitig sollen jedoch auch neue Märkte erschlossen werden. Dazu zählen Merchandiseverkäufe, Live-Auftritte oder Werbeverträge mit Streaming-Websites wie YouTube oder MySpace. 2013 wird daher der Einfluss der physischen Tonträger auf zwei Drittel des Gesamtmarkts gesunken sein, während die beiden oben erwähnten Bereiche das letzte Drittel zu gleichen Teilen einnehmen sollen.
Jakob erwähnt hierzu kritisch, dass das Internet ein wenig rentables Geschäftsmodell ist, welches mit hohen Kosten für digitale Aufbereitung, Marketing und Abgabe an Rechteinhaber lediglich bei hohen Stückzahlen Gewinne erziele. Gepaart mit hartem Wettbewerb durch zahlreiche Teilnehmer wird es schwierig, sich international zu etablieren und signifikante Wettbewerbsvorteile aufzubauen (vgl. Jakob 2008, S.82/83, insb. GuV Simulation für den Verkaufeines Musik-Downloads).
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Abb. 6: GfK-Musikmarkt-Prognose 2009, Quelle: BVMI Musikindustrie in Zahlen 2009
Zusammenfassend durchlebt die Musikindustrie die wahrscheinlich schlimmste Krise seit der Einführung der CD, die aber auch später die Schallplatte zufriedenstellend ersetzte (vgl. Tschmuck 2008, S.155). Hoffnung auf Besserung besteht insofern, dass der legale Handel mit Musik über das Internet stetig anwächst, sodass sich die Situation bei konsequenter Marktbearbeitung in den nächsten Jahren entspannen sollte. Ideen für neue Geschäftsmodelle sind vorhanden, jedoch noch in der Erprobungsphase, und benötigen ähnlich der Ausarbeitung des Internetmarktes noch Zeit.
Als zweiten Schritt dieses Abschnitts gilt es nun, die Marktteilnehmer und ihre jeweilige Position im Markt zu untersuchen. Zunächst wird die Marktstruktur hervorgehoben, um im Anschluss auf Hersteller, Lieferanten und Nachfrager genauer einzugehen. Zum Schluss ist es nötig, dieses Wissen in die Makro-Umwelt mit ihren verschiedenen Komponenten einzuflechten.
Die Musikindustrie ist ähnlich der Rohölindustrie ein oligopolistischer Markt. Gerber beschreibt das Oligopol wie folgt:
„In an oligopoly, a handful of firms produce the entire market output. In this case, the pattern of production and trade is very difficult to predict because each firm uses prediction about the actions of its competitor as it formulates its own profit-maximizing strategy“ (Gerber 2008, S. 93)
In der Musikindustrie gibt es aktuell vier große Plattenfirmen, die Major Labels, die etwa 75% des Marktes kontrollieren und den Wünschen zahlreicher Nachfrager nachgehen. Der Rest des Marktes gehört kleineren, so genannten Independent Labels, welche unabhängig von den vier Oligopolisten Sony, Universal, Warner und EMI arbeiten (für eine genauere Beschreibung von Majors und Independents siehe Punkt 2.2.2.1).
Im Oligopol bestehen Tendenzen hin zu Preis- und Produktionsabsprachen (Kollusion), die in Kartellbildungen enden können. Die Preispolitik ist weitestgehend starr, bei Preiserhöhungen und -senkungen sind logischerweise immer alle Oligopolisten betroffen, sodass, wenn eine Firma den Preis erhöht oder senkt, die anderen nachziehen müssen, um ihre eigene Position im Markt nicht zu gefährden.
Bei Kartellbildung wird die Cournotsche Menge zum Monopolpreis gemeinsam von den Oligopolisten produziert, um das gemeinsame Gewinnmaximum zu erreichen (vgl. o.V. 2011). Ohne Absprachen ist es schwierig, die Strategie der Konkurrenz auszumachen, zumeist haben die Beteiligten aber jahrelange Erfahrungen in dieser Form derfriedlichen Zusammenarbeit (vgl. Mankiw/Taylor2008, S.400).
Darüber hinaus gibt es allerlei gesetzliche Regeln zur Wettbewerbssordnung, die Preisabsprachen unter konkurrierenden Unternehmen in der Regel als illegal und wettbewerbswidrig bezeichnen.
Die Majors werden gerade auf Grund ihrer festgefahrenen Strukturen häufig kritisiert, gerade jetzt in einer Zeit, in der das Internet neue Vertriebswege ermöglicht, welche ihre „nahezu lückenlose Kontrolle der Wertschöpfungskette“ (Dolata 2008, S.348) zu umgehen droht. So wird von vielen Autoren ein Verschlafen des aktuellen Trends vorgeworfen, verbunden mit einem Machtkampf gegen alles, was ihre Marktposition schwächen könnte. Der starke Lobbyismus für das lange Festhalten am traditionellen Geschäft und gegen den technischen Fortschritt kann als klassische Eigenschaft der Marktteilnehmer hervorgehoben werden. Ähnliches war auch bei der Umstellung von Vinyl zu CD zu Beginn der 80er festzustellen.
„Die Plattenfirmen brauchten lange, um zu begreifen, welche Gefahr ihnen durch die Ausbreitung des Internets drohte. Bis 1998 hatten mache Labels für Internet-Aktivitäten überhaupt noch keine Mitarbeiter. Viele hochrangige Manager hielten das Internet - falls sie es überhaupt zur Kenntnis nahmen - für eine vorübergehende Mode wie den CB-Funk der 90er Jahre. (Haring 2002, S.16)
Marcus Breen geht sogar noch weiter, indem er der Industrie vorwirft, nun diejenigen durch den juristischen Rundumschlag zu bedrohen, die sie am meisten braucht, nämlich die Konsumenten (vgl. Breen 2004, S. 81). Forde widerspricht dem Vorwurf, die Musikindustrie sei machtlos und überflüssig im Markt der Zukunft, sieht aber dennoch ein, dass das Problem (speziell der P2P-Netzwerken) sehr komplex und nur schwierig zu bewältigen sei (Forde 2004, S.83f.)
Als Mikro-Umfeld eines Unternehmens werden alle Transaktionspartner bezeichnet, die in engster Zusammenarbeit mit dem Unternehmen agieren. Dies beinhaltet die Teilnehmer auf Beschaffungs- und Absatzmärkten, die Konkurrenz sowie auch Institutionen und Behörden, die Einfluss auf Aktivitäten des Unternehmens ausüben können (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S.45). Im Folgenden wird auf Hersteller, Lieferanten und Nachfrager in der Musikindustrie eingegangen.
Bereit im Abschnitt vorher wurde das Problem des Oligopols dargestellt. Nun sollen die vier internationalen Major-Labels und die Independents, eher unabhängige und kleinere Musikproduzenten, beschrieben werden. Ungeachtet dieser Ungleichheiten koexistieren die zwei Gruppen laut Steinkrauß/Gmelin/Günnel trotzdem in einem friedlichen Miteinander (vgl. Steinkrauß/Gmelin/Günnel 2008. S.31).
Der weltweite Marktführer Universal Music Group ist eine Tochtergesellschaft des internationalen Medienkonzerns Vivendi und entstand 1995 durch die Akquisition von MCA (Music Corporation of America). Laut Geschäftsbericht (vgl. Vivendi 2008) beinhaltet das Label die Geschäftsbereiche Recorded Music (Produktion), Music Publishing and Artist Services/Merchandising. Die Firmensitze befinden sich in Santa Monica und New York in den vereinigten Staaten. In Deutschland ist die Universal Music GmbH mit Präsident Frank Briegmann seit 2004 in Berlin tätig, die Konzentration liegt jedoch auf dem Heimmarkt USA. Universal zeichnet sich vor allem durch langfristige Beziehungen mit Evergreens aus. Außerdem entfallen fast 50% des Umsatzes im Online-Markt auf den Marktführer, der die Zeichen der Zeit besser erkannt hat als seine Konkurrenz (Altig/Clement/Papies 2008, S. 25). Bekannte Künstler, deren Verwertungsrechte Universal innehält, sind beispielsweise ABBA, Guns’n’Roses, Lady Gaga, Queen oder Rihanna.
An zweiter Stelle steht Sony Music Entertainment Inc., eine Tochtergesellschaft der Sony Corporation. Ein 2004 gegründetes Joint-Venture der Bertelsmann Music Group und Sony Music Entertainment (beide Unternehmen waren zuvor voneinander unabhängige Major-Labels) wurde 2008 aufgelöst und Sony übernahm die Anteile (vgl. Musikmarkt 2008). Der internationale Firmensitz befindet sich in New York, der deutsche in München. Das Unternehmen war nach der Fusion Marktführer, verlor diese Position aber später wieder an Universal, vor allem wegen des Mangels an internationalen Topstars im Vergleich zur Konkurrenz (Altig//Clement/Papies 2008, S.25). Steinkrauß/Gmelin/Günnel loben vor allem die ausgenutzten Synergien und nennen als Beispiele das Karaoke-Programm Singstar für die Sony Playstation oder die Durchführung der Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar“ mit der RTL Group (Steinkrauß/Gmelin/Günnel 2008, S.32). Berühmtheiten, die bei Sony unter Vertrag stehen, sind unter anderem AC/DC, Christina Aguilera, Justin Timberlake, Shakira oder Santana.
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