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Bachelorarbeit, 2014
29 Seiten, Note: 1,7
1 Einleitung
2 Definition Gewalt
3 Miguel de Cervantes
4 Novela de la fuerza de la sangre
4.1 Ort und Zeit der Handlung
4.2 Erzählperspektive
4.3 Personen
4.3.1 Hauptfiguren
4.3.2 Nebenfiguren
4.4 Gewaltdarstellung
4.4.1 Physische Gewalt – Entführung und Vergewaltigung
4.4.2 Psychische Gewalt
5 Novela del amante liberal
5.1 Ort und Zeit der Handlung
5.2 Erzählperspektive
5.3 Personen
5.3.1 Hauptfiguren
5.3.2 Nebenfiguren
5.4 Gewaltdarstellung
5.4.1 Strukturelle Gewalt – Gefangenschaft und Korruption
5.4.2 Naturgewalt
5.4.3 Psychische Gewalt
5.4.4 Physische Gewalt
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
7.1 Monographien
7.2 Internetquellen
Gewalt, ein Begriff der jedem Menschen weltweit geläufig ist und den nahezu jeder mit körperlichen Schädigungen assoziiert, die in Form von Straftaten herbeigeführt werden. Hierbei spielen insbesondere die Medien eine bedeutende Rolle, denn sie vergegenwärtigen den Menschen jeden Tag aufs Neue, wie schnell jeder Einzelne von Gewalt betroffen sein kann. Sei es durch Kriege, Mord, Schlägereien oder Vergewaltigungen. Dabei spielt es keine Rolle, welcher gesellschaftlichen Schicht die, von der Gewalt, betroffenen Personen angehören. Es kann sich sowohl um Menschen aus der Unterschicht, dem Mittelstand oder auch der Oberschicht handeln, die zu Tätern oder Opfern werden. Bezüglich der physischen Gewalt existiert vornehmlich das Stereotyp, bei den Tätern handele es sich um Personen der Unterschicht, die zudem aus anderen Nationen stammen. Im Gegenzug dazu werden diverse Berufsgruppen und die Oberschicht vornehmlich der Korruption bezichtigt. Das Korruption ebenfalls eine Form der Gewalt darstellt wird von vielen Leuten jedoch weder bedacht noch in Erwägung gezogen. In gleicher Weise wird der Naturgewalt wenig Bedeutung beigemessen. Es wird vielmehr in Betracht gezogen, dass Naturkatastrophen vornehmlich wirtschaftliche Schäden anrichten können und gelegentlich Todesopfer fordern. Die geringste Beachtung findet jedoch die psychische Gewalt unter der allerdings nahezu jede Person leidet und mit der man tagtäglich im eigenen Leben konfrontiert werden kann. So spiegelt sich diese vornehmlich in Bildungseinrichtungen, an Arbeitsplätzen oder auch in sozialen Netzwerken wieder. Sie ist die Form der Gewalt, die am einfachsten, heutzutage auf anonyme Weise, begangen werden kann. Wer wurde noch nicht Opfer einer verbalen Attacke oder verübte eine solche Tat, wenn auch unbewusst? Und welche verheerenden Auswirkungen kann die psychische Gewalt auf die Opfer haben? Allerdings kann psychische Gewalt auch auf vieles mehr zurückzuführen sein und die Folge von anderen Gewalttaten begünstigen oder sogar selbst die Folge einer anderen Straftat sein. All diese Formen der Gewalt, egal ob physisch, psychisch oder strukturell bestehen seit Menschengedenken und wiederholen sich stets und ständig. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich die Gewalt nicht nur im täglichen Leben wiederspiegelt, sondern auch in anderen Bereichen wie der Kunst, im Film oder aber auch in der Literatur. Dieser Problematik hat sich auch Miguel de Cervantes in seinen Werken, die er bereits im 16. und 17. Jahrhundert verfasste, angenommen. So auch in den Novelas ejemplares, die im Jahr 1613 veröffentlicht wurden (vgl. Peinado 2003: 17 ff.).
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die verschiedenen Gewaltformen an Hand der exemplarischen Novellen La fuerza de la sangre und El amante liberal von Miguel de Cervantes aufzuzeigen und darzustellen, inwieweit die Werke von Cervantes mit seinem Privatleben in Verbindung stehen. Somit erfolgt zu Beginn der Arbeit eine Definition des Begriffs Gewalt und den damit in Zusammenhang stehenden diversen Formen der Gewalt. Danach erfolgt ein kurzer Abriss über die Biografie von Miguel de Cervantes. Im zweiten Teil der Arbeit werden sowohl Ort, Zeit und Erzählperspektive der beiden Handlungen, als auch die Protagonisten näher erläutert. Des Weiteren werden die verschiedenen Formen der Gewalt an Hand der Werke La fuerza de la sangre und El amante liberal dargestellt. Dabei handelt es sich insbesondere um die physische, psychische und strukturelle Gewalt und zusätzlich die Naturgewalt. Am Ende der vorliegenden Arbeit erfolgt schließlich die Auswertung der vorangegangenen Kapitel.
Dem deutschen Duden (2013a, [Online]) nach wird Gewalt als „Macht, Befugnis, das Recht und die Mittel, über jemanden, etwas zu bestimmen, zu herrschen“ oder auch „unrechtmäßiges Vorgehen, wodurch jemand zu etwas gezwungen wird“, beziehungsweise „[gegen jemanden, etwas rücksichtslos angewendete] physische oder psychische Kraft, mit der etwas erreicht wird“ definiert. Neben der physischen und psychischen Gewalt existieren noch andere Formen der Gewalt. Dies können unter anderem die strukturelle, kulturelle, politische, kollektive oder auch die Naturgewalt sein. In den beiden Werken La fuerza de la sangre und El amante liberal von Cervantes sind vor allem die physische und psychische Gewalt vorherrschend, jedoch spielt auch in einem gewissen Maße die Naturgewalt eine Rolle. Bei der bekanntesten Form der Gewalt, nämlich der Physischen, geht es insbesondere darum, anderen Menschen vorsätzlich und körperlich zu schaden. Dieser Hergang kann in drei verschiedene Untergruppen gegliedert werden: der lozierenden, der raptiven und der autotelischen Gewalt.
Die lozierende Gewalt zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person entfernt werden soll, um etwas anderes zu erreichen, wie beispielsweise bei einem Krieg oder einem Mord (vgl. Gudehus / Christ 2013: 1 f.). Ein Mord definiert sich dadurch, dass die Täter bereit sind über Leichen zu gehen, um ihre eigenen Interessen zu wahren und durchzusetzen. Diese Art der Tötung wird als äußerst empörend empfunden, da sie zuvor geplant und entsprechend gewollt ausgeführt wird. Es steht dabei jedoch nicht nur die reine Mordlust im Vordergrund, sondern oftmals auch Habgier oder andere niedere Beweggründe, die zu einem Mord führen. Festzuhalten ist hierbei, dass die Taten aus den verschiedensten Beweggründen verübt werden können: zweckrational, wertrational, affektuell oder traditionell. Personen, die einen Mord verüben, müssen daher nicht zwangsweise eine Psychopathie[1] aufweisen und können somit in die folgenden Kategorien unterteilt werden:
1. Criminal Enterprise Murder
Der persönliche Gewinn steht im Vordergrund (z. B. Erlangung materieller Güter)
2. Personal Cause Murder
Emotionale Konflikte von mindestens zwei Personen (z. B. Rache)
3. Sexual Homicide
Mord in Zusammenhang mit Sexualdelikten (z. B. Triebtäter)
4. Group Cause Homicide
Gruppenmorde (Ein Täter allein ist oftmals nicht in der Lage einen Mord zu begehen.) (vgl. Scheerer 2013: 141 ff.)
Bei der raptiven Gewalt werden bestimmten Körperteilen Gewalt zugefügt, meist in Form von Verletzungen. Diese Art der Gewalt tritt vor allem bei Vergewaltigungen auf (vgl. Gudehus / Christ 2013: 2). Diese definiert Mühlhäuser (2013: 164) wie folgt:
Vergewaltigung bezeichnet die Penetration von Vulva, Vagina, Anus oder Mund, zu der ein oder mehrere Täter eine Person gegen ihren Willen oder ohne ihr Einverständnis zwingen. […] Eine Vergewaltigung kann mit anderen Gewaltpraxen einhergehen, etwa Schlägen und Tritten, dem Einsatz von Waffen, Verbrennungen oder Mord.
Des weiteren beschreibt sie, dass, in einigen Fällen, die Opfer systematisch in einen Zustand gebracht werden, bei dem sie nicht mehr Herr ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten sind, beispielweise bei der Bewusstlosigkeit. Bekannt ist hier heutzutage besonders der Einsatz von K.-o.-Tropfen. Während dieses Zustandes sind die Opfer nicht fähig, ihre Ablehnung gegen den sexuellen Akt zum Ausdruck zu bringen. Zudem handelt es sich bei den Opfern fast ausschließlich um Frauen und Mädchen. Ferner wurde eine Vergewaltigung bis in die 1960er selten als einen Akt der Gewalt angesehen, sondern vielmehr als natürlicher Ausdruck der männlichen Sexualität (vgl. Mühlhäuser 2013: 164, 168). Einer Vergewaltigung kann jedoch noch eine andere Form der raptiven Gewalt vorrausgegangen sein, um die Person für weitere Zwecke, beziehungsweise die eigenen Interessen, einzusetzen. Bei der gemeinten Gewaltform handelt es sich um eine Entführung, bei der ein Individuum, meist gewaltsam, von einer anderen Person, beziehungsweise Personen, an einen bestimmten Ort verschleppt wird (vgl. Duden 2013b, [Online]). Bei der dritten Kategorie der physischen Gewalt, der autotelischen, wird die Gewalt nur ihrer Selbstwillen verübt. Einfach weil die Möglichkeit dazu besteht. Zu dieser Sparte zählt beispielsweise die Folter (vgl. Gudehus / Christ 2013: 2).
Neben der physischen Gewalt ist die psychische Gewalt ein wichtiger Bestandteil der vorliegenden Arbeit, denn sie entsteht oftmals in Folge von erfahrener physischer Gewalt. Diese wird von dem Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (2014, [Online]) wie folgt definiert: „Psychische Gewalt beschreibt alle Formen der emotionalen Schädigung und Verletzung einer Person, beispielsweise durch direkte psychisch-verbale Drohungen, Beleidigungen oder einschüchterndes und kontrollierendes Verhalten.“. Dabei handelt es sich um eine Form der Gewalt, die zunächst nicht offen sichtbar ist und oftmals mit physischer Gewalt einhergeht, denn häufig werden Personen erst verbal angegriffen und im Anschluss körperlich. Letztendlich möchte der Täter, der die psychische Gewalt ausübt, sein Opfer in jeglicher Hinsicht herabwürdigen, beispielsweise dessen Aussehen. Diese Art der Gewalt hat für die Opfer oftmals verheerende Folgen. Zum einen begeben sie sich häufig in die soziale Einsamkeit und schotten sich mehr und mehr von ihrem Umfeld ab, aber auch Selbstmordgedanken und schlimmeres können Folgen der psychischen Gewalt sein (vgl. Hoffmann 2014, [Online]). Die physische und psychische Gewalt kann jedoch auch in Folge anderer Gewaltformen auftreten, wie beispielsweise der Naturgewalt. Laut dem deutschen Duden (2013c, [Online]) ist eine Naturgewalt eine „elementare Kraft [bestimmter Erscheinungen] der Natur“. Diese Erscheinungen können Unwetter, Dürren, verschiedene Stürme, Lawinen oder auch Erdrutsche sein. Heutzutage wird diese Form der Gewalt nicht mehr nur allein durch Gott und höhere Gewalt verursacht, sondern auch durch den Menschen und dessen industriellem Fortschritt, der beispielsweise zu einem Klimawandel führt, hervorgerufen. Des Weiteren können die verschiedenen Naturkatastrophen auch andere Formen der Gewalt zum Vorschein bringen. Zum einen die bereits angesprochene physische und psychische Gewalt, die insbesondere durch den Kampf um Ressourcen entstehen und zum anderen kann dadurch die strukturelle Gewalt entstehen. Sie entsteht vor allem durch Ungleichheiten in Staaten. Dies bezieht sich insbesondere auf die Ungleichheit von Wohlstand, Bildungschancen und Ähnlichem, die jedoch keinem eindeutigen Täter zugewiesen werden kann (vgl. Gudehus / Christ 2013: 3, 13). Gewalt existiert jedoch nicht nur ausschließlich in der Realität, sondern auch im Film oder in der Literatur. In der Literatur findet sie sich vor allem in der Darstellung von Handeln und Erleben wieder. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass reale Gewaltereignisse nicht als reine Vorlagen dienen. In der Literatur werden Gewaltereignisse ästhetisiert dargestellt, im Gegensatz zur Berichterstattung in Nachrichten. Die Taten von gewalttätigen Figuren werden nicht immer zwangsläufig detailliert beschrieben, sondern können auch in Form von Herrschafts- und Machtstrukturen dargestellt werden. Zudem werden die verschiedenen Gewaltformen durch definierte Geschlechter dargestellt. Somit wird die physische Gewalt den maskulinen und die psychische Gewalt eher den femininen Figuren zugeordnet (vgl. Geier 2013: 263 ff.).
Miguel de Cervantes Saavedra wurde 1547 in dem spanischen Ort Alcalá de Henares, als Sohn einer verarmten Adelsfamilie geboren. Er studierte in Salamanca und Madrid Theologie und flüchtete 1569, auf Grund von Konflikten mit der spanischen Justiz, nach Rom, wo er zunächst als Kammerdiener arbeitete. Anschließend begab er sich in den Dienst der spanischen Armee und nahm an der Seeschlacht von Lepanto gegen das Osmanische Reich teil (vgl. Art Directory 2014, [Online]). Obwohl bei der Schlacht Cervantes‘ linke Hand schwer verletzt wurde und er dadurch fortan mit einer Behinderung leben musste, diente er weiterhin der spanischen Armee. Im Jahr 1575 trat er zusammen mit seinem Bruder Rodrigo die Heimreise nach Spanien an. Auf der Schiffsreise wurden sie jedoch überfallen und als Gefangene nach Algerien gebracht. Dort blieb er von Folter und Misshandlungen auf Grund eines Empfehlungsschreiben verschont, denn die Geiselnehmer hielten ihn für eine bedeutende Person, für die sie ein hohes Lösegeld fordern konnten (vgl. Krauss 1966: 30). Er verbrachte fünf Jahre in Gefangenschaft, bis er schließlich von einem Trinitarier-Orden freigekauft wurde und nach Spanien zurückkehrte. Zurückgekehrt nach Spanien begann er mit dem Schreiben. Ab 1587 arbeitete er als Beamter für die spanische Flotte, in dem er Öl und Getreide kaufte. In den folgenden Jahren kam er, auf Grund von Missernten der Bauern, zunehmend unter Druck. Durch das harte Durchgreifen von Cervantes wurde er mehrmals bezichtigt, ungeziemende Methoden anzuwenden und Gelder zu veruntreuen. In den folgenden Jahren wurde er mehrmals wegen angeblichen Betruges verhaftet und wieder freigelassen. Nach diversen beruflichen Tätigkeiten wurde es ab dem Jahr 1606 ruhiger um Cervantes und er trat kurze Zeit später in eine Bruderschaft ein, bis er schließlich 1616 in Madrid verstarb. Neben seinen ständig wechselnden Wohnorten und seinen hohen Schulden, die er durch die Gefangenschaft in Algier besaß, litt er außerdem an mehreren Krankheiten. Des Weiteren war er verheiratet und hatte eine uneheliche Tochter (vgl. Strosetzki 1991: 15 ff.).
„Una noche de las calurosas del verano volvían de recrearse del río en Toledo un anciano hidalgo con su mujer, un niño pequeño, una hija de edad de diez y seis años, y una criada. La noche era clara, la hora las once, […].” [115][2] Mit diesen Worten beginnt die Handlung des Werkes La fuerza de la sangre. Sie erstreckt sich über mehrere Jahre und vollzieht sich, wie bereits der Textauszug deutlich macht, in der spanischen Stadt Toledo. Neben einer kurzen Szenerie am Fluss, dem Rathausplatz oder dem Haus von Leocadia vollzieht sich die Handlung hauptsächlich in dem Haus von Rodolfos Eltern. Es werden jedoch auch andere Orte wie Barcelona, Genua, Rom und Neapel erwähnt, die jedoch lediglich als Reiseziele in Erscheinung treten. In diesem Zusammenhang wird neben Italien auch Frankreich erwähnt.
Die Handlung der Novela de la fuerza de la sangre wird von einem auktorialen Erzähler in der dritten Person Singular erzählt. Er ist allwissend und weiß somit über alle Protagonisten und deren Gedanken, Gefühlen und allen übrigen Sachverhalten Bescheid. Jedoch werden vor allem die Gefühle der Protagonisten, wie Leocadia, oftmals von ihnen selbst preisgegeben.
In der Novela de la fuerza de la sangre stehen zu Beginn der Handlung zwei Hauptfiguren, zum einen Leocadia und zum anderen Rodolfo im Vordergrund. Die beiden sind durch eine gewaltsame Entführung und die daraus resultierende Vergewaltigung miteinander verbunden. Einige Zeit später rückt Rodolfo aus dem Blickfeld des Lesers und Leocadia wird zur alleinigen Hauptfigur bis Rodolfo, durch einen Zufall, wieder in das Geschehen am Ende der Novelle eingreift.
Leocadia ist ein sechzehnjähriges Mädchen, dass von einer Adelsfamilie aus Toledo abstammt. Sie ist nicht nur eine Augenweide mit ihren langen dunkelblonden Haaren, sondern auch klug, besonnen und sittsam. Jedoch verliert sie auf Grund der Vergewaltigung von Rodolfo ihre Ehre und lebt einige Jahre isoliert.
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