Bachelorarbeit, 2015
65 Seiten, Note: 1,7
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas und Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit
2. Urbanisierung
2.1 Verstädterung
2.2 Verstädterungsgrad
2.3 Definition Urbanisierung
2.3.1 Veränderung der Bevölkerung
2.4 Suburbanisierung
2.5 Megacities – Geballte Wirtschaftskraft
2.6 E-Commerce – mehr oder weniger Verkehr?
3. Güterverteilzentren
3.1 Definition
3.2 Funktionen
3.3 Entwicklung des Güterverkehrs
3.4 Bestehende Konzepte zur Verteilung in Ballungsgebieten
3.4.1 Urban Hub
3.4.2 Cross Docking Station
4. Verschiedene Konzepte zur Lösung des Problems der letzten Meile
4.1 Erläuterung der letzten Meile
4.2 Unterscheidung KEP
4.3 Entwicklung des KEP-Marktes seit 2000
4.3.1 Sendungsvolumen
4.3.2 Umsatzentwicklung
4.4 Problemdarstellung bei KEP-Dienstleistern
4.5 Herausforderung der gesetzlichen Restriktionen
4.5.1 Umweltzonen
4.5.2 Zeitliche Zufahrtsbeschränkungen
4.6 Zukunftsorientierte Lösungskonzepte der letzten Meile
4.6.1 Horizontale Transportlogistik-Kooperationen
4.6.2 Alternative Lösungsansätze
4.6.3 Effizienz Cluster Logistik Ruhr
5. Nachhaltigkeit
5.1 Definition Nachhaltigkeit
5.2 Zusammenhang Nachhaltigkeit und Logistik
5.2.1 Der wachsende ökonomische Wert der Nachhaltigkeit
5.2.2 Politische Maßnahmen fördern eine „grünere“ Logistik
5.3 Routenmanagement als Beitrag zur Nachhaltigkeit
5.4 Lieferzeit
5.5 Nachhaltige Unternehmenskonzepte
5.5.1 BMW GROUP – EFFIZIENTE TRANSPORTLOGISTIK
5.5.2 LANXESS AG – EFFIZIENTERE LOGISTIK DURCH „GRÜNE REIFEN“
6. Robustheit von Logistiksystemen und ihre Risiken
6.1 Definition Logistiksystem
6.2 Definition Robustheit
6.3 Einfluss auf die Robustheit durch Risiken
6.4 Robustes Logistiksystem durch Kooperation in Netzwerken
6.5 Folgen beim Fehlen von Robustheit
7. Auswirkungen der Urbanisierung auf Robustheit von Logistiksystemen
8. Zusammenfassung und Ausblick
9. Handlungsempfehlung
10. Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Prozentsatz der sich in den Städten und Ballungsgebieten lebenden Leute nach Größe von 1990 (United Nations, 2014)
Abbildung 2: Prozentsatz der sich in den Städten und Ballungsgebieten lebenden Leute nach Größe von 2014 Quelle: (United Nations, 2014)
Abbildung 3: Urbane Entwicklung in Prozent von 1950-2045 Quelle: (Offnews)
Abbildung 4: Bevölkerung nach Stadt und Land von 2003 bis 2013 in China Quelle: (Statista 11.08.2015)
Abbildung 5: Die Megacities weltweit inkl. historischer Entwicklung und Prognose Quelle: (Reset)
Abbildung 6: Entwicklung des Güterverkehrsaufkommens nach Modi zwischen 1995 bis 2005 Quelle: (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur)
Abbildung 7: Eigene Darstellung eines Cross Docking Centers
Abbildung 8: Wettbewerbsmatrix Spediteur/Integrator Quelle: (Bjelicic, 2005)
Abbildung 9: Erwartete Entwicklung der KEP-Sendungsvolumina bis 2018 Quelle: (KE-CONSULT Marktanalyse, 2014)
Abbildung 10: Umsatz der KEP-Branche (2000 bis 2013) Quelle: (KE-CONSULT Marktanalyse, 2014)
Abbildung 11: Umsätze des KEP-Marktes nach Marktsegmenten (2013) Quelle: (KE-CONSULT Marktanalyse, 2014)
Abbildung 12: Entwicklung der einzelnen Marktsegmente im deutschen Paketmarkt (nationale Paketsendungen) zwischen 2009 und 2013 Quelle: (KE-CONSULT Marktanalyse, 2014)
Abbildung 13: Grafische Darstellung "Tower 24" Quelle: (MM Logistik, 2007)
Abbildung 14: Darstellung einer CargoCap Quelle: (CargoCap)
Abbildung 15: Darstellung Rohrvortriebsprinzip Quelle: (CargoCap)
Abbildung 16: Politische Maßnahmen mit Auswirkung auf die CO2-Bilanz von Transport und Logistik Quelle: (Deutsche Post AG 2010, S. 64)
Abbildung 17: Eigene Darstellung: Zusammenhang zwischen der Umweltbelastung und dem Auslastungsgrad in Anlehnung an (Van Meensel, 2008)
Abbildung 18: Bereitschaft für eine längere Lieferzeit Quelle: (Keuschen / Klumpp 2011, S. 14)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die urbane Logistik, auch City-Logistik genannt, beschäftigt sich insbesondere damit, wie die in einer Stadt oder in einem Ballungsgebiet lebenden Menschen bedarfsgerecht, innerhalb kürzester Zeit, effizient und umweltverträglich versorgt werden können. Zudem ist relevant, wie der Warenverkehr in der Stadt organisiert werden kann, ohne die Infrastruktur nachträglich zusätzlich zu belasten und dadurch die Auslieferung durch die Kurier Express Paket (KEP)-Logistik effizient zu gestalten. Das Thema ist seit vielen Jahren aktuell,. sodass beispielsweise schon in den 1990er Jahren Projekte in Stuttgart, Hamburg, Augsburg oder auch in der Hauptstadt Berlin durchgeführt wurden. Leider wurden viele dieser Projekte inzwischen wieder eingestellt, mangels der nicht gegebenen Rentabilität für die Unternehmen und mangels Vertrauen zwischen den Transporteuren untereinander. Nach dem Scheitern der Projekte rückte das Thema „urbane Logistik“ mehr und mehr in den Hintergrund. Jedoch wird es heutzutage, unter anderem wegen des Megatrends „Urbanisierung“ und des damit verbundenen steigenden Verstädterungsgrads, stark in der Öffentlichkeit diskutiert und es sorgt auch auf internationalen Logistikmessen immer mehr für Gesprächsstoff. Experten prophezeien die urbane Logistik sogar als wichtiges Zukunftsthema. So waren beispielsweise beim Zukunftskongress Logistik in Dortmund, der am 06./07. September 2011 stattfand, „Herausforderungen und Smart Supply Solutions für urbane Logistik“ das Tagesthema. Hier wurden Ansätze von Verbundprojekten vorgestellt und Lösungsansätze der Handelslogistik für die urbane Versorgung der Zukunft aus Sicht der Metro präsentiert. (Heckel, 2014)
Da laut Statistiken schon heute mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten lebt und diese Zahl den Experten zufolge Jahr für Jahr zunehmen wird, gilt als großes Ziel für die Logistik, umweltfreundliche und effektivere Konzepte zur Versorgung von sogenannten Ballungsräumen zu entwickeln. Besonders beschäftigt dabei die Logistiker das Problem der letzten Meile. Das ist der Abschnitt von der Paketstation des Postdienstleisters bis in die Hände des Kunden oder in die Regale einer City-Filiale. Während sich die Anzahl der Stopps pro Tour von KEP-Fahrzeugen erhöht hat, hat sich zugleich die Entfernung zwischen den Stopps verringert. Das Problem ist dabei allerdings, dass die Unternehmen miteinander kooperieren müssen, um die Anzahl der zugestellten Sendungen sowie die Stopps pro Tour zu maximieren. (Wöhrle, www.dvz.de, 2014) Neben einem effizienteren Einsatz der Auslieferungsfahrzeuge im Stadtverkehr sollte das Thema Nachhaltigkeit auch eine besondere Rolle bei der Ausarbeitung möglicher Konzepte spielen. Denn der Druck aus Brüssel steigt und Punkte wie Emission und Lärm stehen bei der Europäischen Union (EU) ganz oben auf der Agenda.
Neben der steigenden Zahl der Population in urbanen Räumen spielt vor allem auch die steigende Kaufkraft der Menschen eine signifikante Rolle. Während im Jahr 2014 insgesamt ca. 2,7 Milliarden Pakete von Tür zu Tür geliefert wurden, waren es im Jahr 2000 noch 60 Prozent weniger. (Heckel, 2014) Dieser rasche Anstieg ist besonders auf die Digitalisierung zurückzuführen. Diese erlaubt es den Konsumenten, ihre Einkäufe oder Anschaffungen bequem und einfach über das Internet statt in einem Laden in der Stadt zu besorgen. Dies stellt eine wachsende Herausforderung für die Logistik dar. Als Ansatzpunkt gilt neben einer verbesserten Ausnutzung der vorhandenen Transporter auch, dass die Prozesse untereinander schlanker gemacht werden sollten. Das heißt, dass überflüssige Prozessschritte vermieden oder gar eliminiert werden sollen oder dass Fahrzeuge, die mangels fehlender Ware noch nicht beladen werden können oder die gerade noch nicht gebraucht werden, außerhalb der Stadt platziert werden und erst bei Bedarf die Stadt „belasten“.
Neben den zahlreichen Befürwortern des Themas City-Logistik gibt es auf der anderen Seite auch eine beträchtliche Anzahl an Kritikern. Diese befürchten, dass der städtische Wirtschaftsverkehr nicht zwangsläufig dafür verantwortlich ist, dass die Staus in den Städten zugenommen haben. So hat sich nämlich der Verkehr seit den 90er Jahren effizient verbessert und es werden schon heute Verteilzentren in Vorstädten genutzt, um die Konsumenten mit Hilfe von kleinen Nutzfahrzeugen und vielen kleinen Stopps zu versorgen. Zudem sind die Kritiker der Meinung, dass Kooperationen zwischen den Unternehmen nicht zu signifikanten Verbesserungen führen, sondern die Prozesse untereinander deutlich verkomplizieren würden. So sagte beispielsweise Kay Schiebur, Vorstand für Einkauf und Logistik beim Convenience-Großhändler Lekkerland, auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin: „Denn die Citylogistik-Ansätze in den 90er Jahren sind in erster Linie daran gescheitert, dass Fragen der Finanzierung nicht vollständig geklärt werden konnten und die Egoismen der Beteiligten einer Lösung im Weg standen.“ (Wöhrle, Bereit für Citylogistik 2.0, 2012) Das Thema urbane Logistik ist somit zu einem viel diskutierten Thema geworden, welches immer mehr an Wichtigkeit gewinnt und dessen Bearbeitung ernsthaft von Logistikexperten in Angriff genommen werden muss, um einen Verkehrsinfarkt in Großstädten zu verhindern.
Der Zukunftstrend nachhaltige Logistik richtet sich insbesondere an Geschäftsführer, Meinungsführer und alle, die sich für das Thema nachhaltige Logistik interessieren. Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich ein besseres Verständnis der Herausforderungen für die Logistik auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft in Ballungsräumen und ein Bewusstsein für mögliche und notwendige Schritte schaffen. Zudem möchte ich verdeutlichen, wie Logistik mit Nachhaltigkeit und Urbanisierung in Verbindung steht und wie sich diese Faktoren gegenseitig beeinflussen können. Außerdem möchte ich ein zukunftsträchtiges Logistiksystem vorstellen, dass die Versorgung in der Stadt für den Handel und die Speditionen leichter macht. Neben bereits praxiserprobten Studien werden auch mögliche Szenarien dargestellt, die bisher noch nicht in die Praxis umgesetzt wurden.
Die vorliegende Bachelorarbeit behandelt vor allem mögliche Lösungskonzepte für eine nachhaltige Logistik in urbanen Ballungsräumen. Somit ist die Stadt das zentrale Objekt dieser Arbeit. Bevor es jedoch um die detaillierte Ausformulierung möglicher Konzepte geht, ist vorab zu klären, wie es zu dieser Problemstellung kam. Das erste Kapitel befasst sich daher zunächst mit dem Thema Urbanisierung. Neben einer historischen Entwicklung der Bevölkerungsentwicklung, werden weitere Daten zur wachsenden Belastung der Städte betrachtet und es wird dargelegt, welche Folgen diese mit sich bringt. Danach wird das Thema Güterverteilzentren behandelt, indem ein Einblick in den Ablauf eines solchen Zentrums gegeben wird. Zudem werden die bereits bestehenden Konzepte zur Belieferung von Ballungsräumen vorgestellt. Ob diese Konzepte in Zukunft weiterhin Bestand haben, wird im Laufe dieser Bachelorarbeit in Frage gestellt. Dabei geht es vor allem um folgende Diskussion: Wie muss eine Versorgung der Städte aussehen, die diese Veränderungen in ökonomischer und ökologischer Hinsicht erfolgreich bewältigt? Im Folgenden werden verschiedene Lösungsansätze zur logistischen Bewältigung der letzten Meile vorgestellt. Bevor es jedoch zu einer detaillierten Beschreibung verschiedener theoretischer oder auch praxiserprobter Lösungskonzepte kommt, wird das Thema „letzte Meile“ definiert. Ferner werden die Volumina der sogenannten KEP-Dienstleister präsentiert, wobei KEP für Kurier Express Paket (KEP) steht. Da sich heutzutage immer mehr Firmen mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und zunehmend auch hohen Wert auf eine nachhaltige Logistik legen, wird in diesem Kapitel aufgezeigt, wie Logistik und Nachhaltigkeit in Zusammenhang und auch im Konflikt zueinander stehen. Zudem wird eine Übersicht über die Entwicklung von Nachhaltigkeit in urbanen Räumen gegeben. Um die Logistik aufrechtzuerhalten, bedarf es eines robusten Logistiksystems, womit sich Kapitel 6 befasst. Hier geht es vor allem um die Beurteilungskriterien für die Robustheit eines Logistiksystems, mögliche Einflüsse auf das System und darum, welche Folgen das Fehlen der Robustheit von Logistiksystemen hat. Kapitel 7 befasst sich mit dem Thema, welche Auswirkungen die Urbanisierung auf die Robustheit eines Logistiksystems hat. Hierbei wird unterschieden zwischen Variablen, die das Unternehmen beeinflussen kann, und Variablen, die nicht beeinflussbar sind. Zum Schluss erhält der Leser noch einen Ausblick aus Sicht des Autors, wie sich die Logistik in urbanen Räumen verändern muss, um zukünftig dem immer größer werdenden Verstädterungsgrad zu trotzen und eine robuste Logistik aufrechtzuerhalten, sodass das Konsumverhalten befriedigt werden kann, ohne dass Transportdienstleister oder Konsumenten darunter leiden.
Logistik spielt in allen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle. Beginnend bei der Arbeitswelt zum Bewegen der Warenströme oder dem Errichten von neuen Produktionsstädten über die Mobilität, über die Energieversorgung bis hin zu unserer Freizeitbeschäftigung gibt es kaum einen denkbaren Bereich, der ganz ohne die Logistik auskommt. Das besondere Ziel dabei ist das Werteversprechen, das die Supply Chain Tag für Tag abgibt – die Pünktlichkeit. Um dieses Ziel jederzeit erreichen zu können, reicht es nicht, sich nur auf den Transport der Waren von Punkt A zu Punkt B zu konzentrieren. Es muss auch der stetige Wandel der Gesellschaft, der technischen Innovationen sowie der Wirtschaft betrachtet werden. Nicht nur das Mitverfolgen ist wichtig, man muss auch auf die Veränderungen reagieren können, um konkurrenzfähig zu bleiben oder, besser noch, zukünftige Entwicklungen voraussehen können, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. Das Streben nach Innovationen sollte demnach als Grundstein in der Unternehmenskultur gesetzt werden. Somit gilt als Kernherausforderung der Logistik die bestmögliche Gestaltung der logistischen Wertketten unter Einhaltung der Restriktionen und der gesetzlichen Standards, zum bestmöglichen Preis und bei minimaler Belastung des Menschen und der Umwelt. Jedoch unterliegt die Logistik, wie alle Bereiche in unserem Leben, den sogenannten Megatrends. In der Soziologie steht der Begriff „Trend“ für eine Veränderung bzw. eine zukünftige Grundrichtung von Veränderungen (K.H., 2007, S. 907). Für nachhaltige Trends, insbesondere für gesellschaftliche und technische Veränderungen entwickelten Zukunfts- und Trendforscher den Begriff „Megatrend“. So prägte der US-amerikanische Trendforscher John Naisbitt bereits 1982 diesen Terminus und definierte ihn als Entwicklungen, die unser Leben über viele Jahre hinweg prägen würden (Lehmacher, 2015, S. 1ff). Einer dieser Trends ist, dass sich immer mehr Menschen von den ländlichen Gebieten in die Städte begeben. Der in der Literatur verwendete Begriff „Urbanisierung“ oder auch „Verstädterung“ wird wie folgt definiert.
„Die Verstädterung beschreibt die Ausdehnung, Vermehrung und/oder Vergrößerung der Städte eines Raumes nach Zahl, Fläche und Einwohnern [...]. Der Begriff Verstädterung wird zur Beschreibung des Wachstumsprozesses städtischer Siedlungen sowie des erreichten Zustandes benutzt, der sich im Verstädterungsgrad ausdrückt. Verstädterung ist ein in fast allen Teilen der Erde zu beobachtendes Phänomen. In der Regel ist er mit dem Prozess der Urbanisierung verbunden.“ (Diercke, 2005)
Das Thema Urbanisierung als ein Hauptbestandteil dieser Bachelorarbeit wird später behandelt. Gründe für die Verstädterung sind, dass es in der Stadt ein dichteres Angebot von Bildungseinrichtungen, Sport- und Freizeitmöglichkeiten gibt und eine bessere Vereinbarkeit mit der Familie, da sich der Weg zur Arbeit drastisch reduziert. Zudem ist das Angebot der Mobilität viel größer, da hier fast im Minutentakt Bahnen oder Busse fahren, während sie in ländlichen Gebieten nur in größeren Zeitabständen, zur Verfügung stehen.
Der Verstädterungsgrad beschreibt das Ausmaß der Verstädterung in einem Raum, der am Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung gemessen wird. Will man den Verstädterungsgrad zahlenmäßig wiedergeben, wird das in der Fachsprache mit dem Begriff „Verstädterungsquote“ ausgedrückt. (Diercke, 2005) Zu differenzieren ist der Verstädterungsgrad von der Verstädterungsrate, welche die Zuwachsrate der städtischen Bevölkerung bzw. des Verstädterungsgrades angibt.
Verstädterung und Urbanisierung werden häufig als Synonyme füreinander verwendet. Jedoch werden die beiden Begriffe in der deutschsprachigen Geographie verschieden beschrieben. Während sich die Verstädterung mit der räumlichen und bevölkerungsmäßigen Ausdehnung in Städten beschäftigt, bezieht sich die Urbanisierung auf die städtische Vermehrung der urbanen Wirtschafts-, Lebens- und Verhaltensweisen. In deutschen Fachbüchern wird die Urbanisierung wie folgt definiert.
„Die Urbanisierung ist im weiteren Sinne die Verstädterung mit Ausbreitung städtischer Lebens. Und Verhaltensweisen der Bevölkerung und daraus resultierenden räumlich wirksamen Prozessen und Raumstrukturen. Über seine sozioökonomische und sozialpsychische Komponente hinaus ist die Urbanisierung ein Prozess, der sich von der baulichen Infrastruktur her gesehen als Landschaftsverbrauch ausdrückt, in welchem die Landschaftsökosysteme in Stadtökosysteme umgewandelt werden, die völlig andere Funktionsweisen als die Ökosysteme im Freiland zeigen. Durch die Urbanisierung wird in den überbauten Gebieten das Leistungsvermögen des Landschaftshaushaltes stark eingegrenzt. Außerdem ergeben sich Umweltbelastungen und Umweltgefährdungen die den Umweltschutz nötig machen.“ (Diercke, 2005, S. 1008)
Betrachtet man jedoch die englischsprachige Literatur, werden die Begriffe „Verstädterung“ und „Urbanisierung“ jedoch als Synonyme verwendet. Aus diesem Grund wird in dieser Bachelorarbeit auch keine weitere Begriffsabgrenzung vorgenommen und es gelten beide Begriffe.
Wenn man sich näher mit dem Thema befasst, stellt man sich die Frage: „Aus welchen Gründen bevorzugen die Menschen die Stadt im Gegensatz zu ländlichen Regionen?“ In den Vororten der Städte gibt es große Grünflächen und die Lärmbelastung ist auch nicht so hoch. Somit bringt die Stadt viele Vorteile mit sich. Neben den höheren durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten gibt es in der Stadt ein besseres Angebot an Bildung, Kultur und ärztlicher Versorgung. Während die Zeit in den ländlichen Regionen stehenzubleiben scheint, offeriert die Stadt neue Lebens- und Wohnformen, wie die sogenannten Wohnungsgemeinschaften (WG). Wie rasant die Weltstadtbevölkerung steigt, zeigt der Vergleich von Abbildung 1 und Abbildung 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Prozentsatz der sich in den Städten und Ballungsgebieten lebenden Leute nach Größe von 1990 (United Nations, 2014)
Abbildung 1 zeigt die Bevölkerungsstruktur aus dem Jahre 1990. Es ist zusehen, dass große Flächen in Nord- und Südamerika hellbraun schraffiert sind. Das bedeutet, dass in diesen Regionen ca. 60 bis 80 Prozent der Menschen in urbanen Räumen leben.
Vergleicht man Abbildung 2, welche Zahlen aus dem Jahre 2014 bereitstellt, mit Abbildung 1, ist sofort zu erkennen, dass sich die Menschen in Amerika zunehmend in die Stadt bewegen und sich viele der Großstädte mit Einwohnerzahlen von fünf bis zehn Millionen zu sogenannten Megacities mit über zehn Millionen Einwohnern entwickelt haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Prozentsatz der sich in den Städten und Ballungsgebieten lebenden Leute nach Größe von 2014 Quelle: (United Nations, 2014)
Ein aussagekräftiges Beispiel bietet China. Während im Jahr 1990 noch knapp 26 Prozent der Bevölkerung in Städten lebten, waren es 2012 bereits ca. 52,6 Prozent. Glaubt man den Experten, könnte diese Zahl bis 2020 auf über 60 Prozent steigen – dies entspricht einem Anstieg von 90 Mio. Menschen seit 2014. Der zeitliche Verlauf von China, USA, Brasilien, West Europa und Süd-Ost-Asien ist in Abbildung 3 nochmals grafisch dargestellt. (Online, 2012) Für die Logistik stellt diese Zuwanderung eine Herausforderung dar, da all diese Menschen pünktlich und schnell mit Waren beliefert werden wollen und auch die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern stets gegeben sein soll.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Urbane Entwicklung in Prozent von 1950-2045 Quelle: (Offnews)
Bei der Betrachtung der Bevölkerungsverteilung Land/Stadt in Industrie- und Entwicklungsländern sollte zuerst eine Unterscheidung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern vorgenommen werden. Ein Entwicklungsland kann laut Experten nicht einheitlich definiert werden, es zeichnen sich jedoch folgende Merkmale ab. Hauptaugenmerk liegt in der Armut und der Unterentwicklung in diesen Staaten oder Ländern. Neben einem sehr niedrigen Pro-Kopf-Einkommen mangelt es besonders an einer guten Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und einer guten Gesundheitsversorgung, woraus eine geringe Lebenserwartung und eine hohe Kindersterblichkeitsrate resultieren. Zudem mangelt es an Bildungsmöglichkeiten, die zur Entwicklung solcher Länder essentiell sind, um ein höheres wirtschaftliches Niveau zu erlangen. Wegen der schlechten Qualität der Ausbildung und mangelnder Wirtschaft nimmt auch die Arbeitslosigkeit stetig zu, wodurch die Kriminalitätsrate zusätzlich in die Höhe getrieben wird. In einem Industrieland dagegen sind viele dieser Merkmale durch die Regierung geregelt und es gibt Programme, die diese Probleme behandeln, um die Wirtschaft des Landes zu stärken. (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 2015)
China ist ein sehr geeignetes Beispiel, da es sich über die letzten Jahrzehnte von einem Entwicklungsland hin zu einem Industrieland entwickelt, wobei es stark davon abhängig ist, in welcher Region sich der Mensch in diesem großen Land befindet. Experten sind sich nicht einig, ob es sich um ein Entwicklungs-, Schwellen- oder Industrieland handelt. (Geinitz, China ist kein Schwellenland, 2013) In Fachkreisen spricht man vielmehr von einer hybriden Leitwirtschaft. (Geinitz, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2013) Abbildung 4 zeigt die Bevölkerungsstruktur in China im Zeitraum 2003 bis 2013. Klar zu erkennen ist, dass sich in diesen zehn Jahren eine Großzahl der auf dem Land lebenden Menschen in die Stadt bewegt haben und dies auch in Zukunft weiter tun, aufgrund der im vorherigen Kapitel erwähnten Gründe der Urbanisierung.
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Abbildung 4: Bevölkerung nach Stadt und Land von 2003 bis 2013 in China Quelle: (Statista 11.08.2015)
Entwicklungsländer zeigen dagegen ganz andere Entwicklungstendenzen. Eine große Anzahl der Entwicklungsländer befindet sich nach der Liste der Least Developed Countries (LDC), einer Liste der Vereinten Nationen mit den am wenigsten entwickelten Ländern, in Afrika und in Asien. Zwar leben hier im Vergleich die meisten Menschen, der Grad der Urbanisierung ist hier jedoch mit 40 Prozent in Afrika und 46 Prozent in Asien viel geringer als beispielsweise in Europa mit 72 Prozent. Daraus lässt sich schließen, dass hier die Attraktivität der Städte nicht besonders hoch ist, da sie keine besseren Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit bieten. (Statista, 2015)
Nach Diercke wird der Begriff Suburbanisierung wie folgt beschrieben. „Suburbanisierung beschreibt den Prozess der Dekonzentration von Agglomerationsräumen bzw. Stadtregionen. Verursacht durch den Prozess der Stadt-Rand-Wanderung von Bevölkerung und Wirtschaftsbetrieben, führt die Suburbanisierung zu einem flächenhaften Wachstum größerer Städte und Agglomerationsräumen über die Stadtgrenzen hinaus in den suburbanen Raum (Stadtrand, Umlandgemeinden) wobei aufgrund gleichzeitiger Entleerungstendenzen der innerstädtischen Betriebe die Gesamtzahl der Einwohner und Arbeitsstätten häufig gar nicht oder nur gering anwächst. Der Prozess der Suburbanisierung wurde zuerst in den USA beobachtet und zeigt sich heute mehr oder weniger stark in allen westlichen Industrieländern." (Diercke, 2005) Komprimiert man diese ausführliche Definition, versteht man unter dem Begriff eine Zunahme der Bevölkerung und Unternehmen in den Umlandgemeinden bzw. die Ausdehnung von Großstädten in ihr Umland. In den vergangenen Jahrzehnten haben unzählige Unternehmen einen suburbanen Produktionsstandort gewählt, um die Verkehrsstaus in den Ballungsgebieten und zu hohe Bodenpreise zu umgehen. Auch die Menschen folgten in Deutschland ab dem 2. Weltkrieg dem Prozess der Suburbanisierung, besonders mit dem Zeitalter der Industrialisierung aufgrund der gestiegenen Lebensstandards und des Wunschs, ein eigenes Heim „draußen im Grünen“ zu besitzen. Der ehemalige ländliche Raum im Einzugsbereich der urbanen Zentren wechselte seinen Charakter er „verstädterte“ über die Zeit. (Arno, S. 278f) Diese Entwicklung leistet einen Beitrag zur Dämpfung metropolitaner Verkehrsprobleme, da der Arbeitnehmer nun die Wahl zwischen verschiedenen Arbeitsstandorten hat. (Stefan, 2007) Jedoch wird durch die Suburbanisierung das Verkehrsaufkommen rund um die Stadt verschärft, wodurch sich die Fahrzeit zur Arbeit aufgrund von Verkehrsstaus maximiert. Diese Entwicklung hat das Logistiksystem in der Güterdistribution stark verändert. So bedarf es einer Prozess-orientierten Optimierung in der Verteilung von Gütern (Distribution) auf der letzten Meile. Die Ausbreitung des Stadtraumes gilt dabei als Störfaktor, da Raumwiderstände und Transportkosten zu reduzieren sind. Aus all diesen Gründen ist es schwer zu sagen, ob sich der Prozess der Suburbanisierung in Zukunft als positiv oder negativ im Bereich der Logistik herausstellen wird.
Laut einer Prognose von UN-Habitat werden im Jahr 2030 über zwei Drittel der Weltbevölkerung in den Städten wohnen. Vgl. (Behrends, 2014) In der heutigen Zeit ist immer öfter die Rede von sogenannten Megacities. Eine umfassende Definition des Begriffes gibt es derzeit nicht. Während dieses Kriterium im Jahr 1960 nur New York und Tokyo erfüllten, lag die Zahl der Megacities im Jahr 2005 schon bei 20 und 2012 bei 30. Die steigende Zahl von Megacities bezeichnet man als Megapolisierung. Eine Vielzahl dieser Städte ist in Asien und Lateinamerika angesiedelt. Im Einzelnen sind das Bagdad, Bangkok, Buenos Aires, Delhi, Dhaka, Istanbul (teils europäisch, teils asiatisch), Jakarta, Karatschi, Kolkata, Manila, Mexiko-Stadt, Mumbai, Ōsaka-Kobe-Kyōto, Peking, Rio de Janeiro, São Paulo, Seoul, Shanghai, Teheran und Tokio-Yokohama. Megastädte in Europa sind London und Paris. Abbildung 5 verdeutlicht die Situation der Megastädte. Mit der Hoffnung auf verbesserte Lebensbedingungen zieht es immer mehr Menschen in die Stadt, denn hier finden tatsächlich viele Menschen eine feste Stelle im Gegensatz zu ländlichen Regionen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind hier oftmals Teil eines leistungsfähigen Wirtschaftssystems. Beispielsweise Sao Paulo und Mexiko Stadt erwirtschaften laut Berechnungen der OECD rund 50 Prozent des Landeseinkommens von Mexiko, wodurch auch die Mittelschicht stetig wächst, welche als Motor der Wirtschaft bekannt ist. „Doch der Satz "Stadtluft macht frei" will oft nicht mehr passen. Manche der urbanen Riesen sind zunehmend von Chaos, Armut und Umweltproblemen geprägt.“ (Bundeszentrale für politische Bildung, kein Datum). So bestehen in Städten des Südens seit Jahrzenten Slums – Gebiete am Rande von Großstädten, in denen große Armut herrscht und deren Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und sanitäre Versorgung eine große Herausforderung darstellt. Im Norden dagegen wächst die exklusive Nachbarschaft – umzäunte und bewachte Nachbarschaft – und auch der Wohlstand und die Kaufkraft in urbanen Räumen wächst stetig. (Jungblut, 2012) (Lehmacher, 2015, S. 6) Abbildung 5 verdeutlicht das schnelle Wachstum der Großstädte. Die hellblau gefärbten Kreise stellen die Megacities im Jahr 2015 da. Dabei ist klar zu erkennen, dass viele dieser Städte im Vergleich zum Jahr 2008 (etwas dunkleres Blau) in ihrer Population stark angestiegen sind. Viele der Städte befinden sich dabei im asiatischen und amerikanischen Lebensraum. Jedoch soll im Rahmen der Bachelorarbeit Bezug auf europäische Städte, insbesondere auf Deutschland, genommen werden, da hier die Möglichkeiten im Bezug auf die Realisierung von Projekten zum Thema Smartcities durch die Regierung stärker eingeschränkt sind und das Land als Exportmeister ein riesiges Transportaufkommen aufweist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Die Megacities weltweit inkl. historischer Entwicklung und Prognose Quelle: (Reset)
Durch den Kauf der Ware im Internet entfällt für den Konsumenten der Weg zum Geschäft wodurch auch das Verkehrsaufkommen sinkt. Jedoch wird dabei nicht nur der stationäre Handel vernachlässigt, da das Geld bei den Onlineanbietern landet, sondern auch der Transport der Ware wird nicht berücksichtigt. Dank New Economy und E-Commerce soll es dennoch möglich sein, physischen Verkehr durch virtuellen Datenverkehr zu ersetzen. Hier wird der elektronische Handel als ein Mittel gesehen, die Verkehrsbelastung durch eine Verschiebung der Verkehrsströme zu reduzieren. Fahrten der Kunden zu den jeweiligen Handelsstätten werden durch die Lieferung der Waren an den Kunden ersetzt, wodurch ein großer Teil des individuellen Verkehrsaufkommens substituiert werden soll. (Florian, 2003) Das ist allerdings nur das Wunschdenken der Menschen, denn hier wird nicht berücksichtigt, dass die spontanen Kundenwünsche immer häufiger mit immer kleineren Sendungen beliefert werden müssen und deshalb die Verkehrsbelastung durch häufigere Fahrten und eine Verlängerung der Transportweiten steigt. Was im Bereich des Einkaufsverhaltens an Verkehr durch den E-Commerce vermieden wird, wird durch zunehmende Lieferfrequenzen im Waren- und Güterverkehr vermutlich wieder kompensiert. Das größte Potenzial liegt dabei in China. Rund 513 Mio. Menschen nutzen dort das Internet, 164 Mio. beziehen Waren über das Internet und generieren dabei einen Umsatz von 23 Mrd. US-Dollar. Deutschland, wo der Online-Handel mittlerweile zum selbstverständlichen Konsumverhalten geworden ist, generiert derzeit rund 26,3 Milliarden US-Dollar über den Internethandel. Anlässlich dieser Zahlen sowie der Technologisierung und Internationalisierung des E-Commerce werden der Logistik aber auch neue, schnellere Strukturen abverlangt.
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